Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.10.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Beitritt des Klägers zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Der Kläger (* 00.00.0000) war zuletzt als gesetzlicher Betreuer selbständig erwerbstätig und währenddessen privat krankenversichert. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse, deren Satzung vom 01.07.2016 auszugsweise wie folgt lautet:
§ 8 Mitgliederkreis
Zum Kreis der bei der [Beklagten] versicherten Personen gehören
- Arbeitnehmer und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, wenn sie versicherungspflichtig oder versicherungsberechtigt sind,
- alle anderen Versicherungspflichtigen oder Versicherungsberechtigen.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V [Sozialgesetzbuch Fünftes Buch] versicherungsberechtigte schwerbehinderte Menschen können der [Beklagten] nur dann beitreten, wenn sie das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Seit 00.00.0000 bezieht der Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer privaten Versicherung. Zuletzt wurde bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt (Bescheid des Z. vom 01.06.2021).
Unter dem 30.08.2021 beantragte der Kläger daraufhin bei der Beklagten seinen Beitritt zur freiwilligen Versicherung. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil der Kläger sein 45. Lebensjahr bereits vollendet habe (Bescheid vom 14.09.2021). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück. Dass Altersgrenzen nicht versicherungspflichtige schwerbehinderte Menschen über- und unterhalb derselben ungleich behandelten, sei aus Gründen der Missbrauchsabwehr und der Sicherung der Leistungsfähigkeit der Krankenkassen sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe u.a. mit der Möglichkeit einer Altersgrenze ausschließen wollen, dass Betroffene sich zunächst günstig privat versicherten und dann im Alter die erhöhten Gesundheitsrisiken auf die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten übertrügen. Die Festlegung einer willkürlichen Altersgrenze sei wegen der Bindung an den Zweck der Satzungsermächtigung ausgeschlossen (Widerspruchsbescheid vom 12.04.2022).
Der Kläger hat hiergegen am 20.04.2022 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Er hat geltend gemacht, die Satzung der Beklagten verstoße gegen das Altersdiskriminierungs- sowie das Willkürverbot. Die Regelung, die das Beitrittsrecht allein vom Alter abhängig mache, sei offenkundig eine Diskriminierung. Dies gelte umso mehr, als gerade für schwerbehinderte Menschen die Möglichkeit habe geschaffen werden sollen, in die GKV (zurück) zu gelangen; eine Altersgrenze von 45 Jahren widerspreche diesem Willen des Gesetzgebers offenkundig, denn statistisch seien rd. drei Viertel aller schwerbehinderten Menschen bereits 55 Jahre alt. Es erscheine abwegig, dass der Gesetzgeber eine Regelung nur für ein Viertel der Betroffenen habe schaffen wollen. Darüber hinaus sei die Altersgrenze von 45 Jahren willkürlich, was bereits dadurch belegt werden, dass die verschiedenen Krankenkassen verschiedene Altersgrenzen aufgestellt hätten. Er erkenne die grundsätzliche Möglichkeit des Gesetzgebers an, den Kreis der Mitglieder der GKV abzugrenzen, um deren Leistungsfähigkeit zu erhalten. Es bedürfe aber einer konkreten Herleitung, auf welchen Erhebungen, Erkenntnissen und Notwendigkeiten die konkret von der Beklagten festgesetzte Altersgrenze beruhe. Er hat in diesem Zusammenhang bestritten, dass die Festsetzung einer Altersgrenze von 45 Jahren sachgerecht sei.
Während des Klageverfahrens hat das Sozialgericht den Rechtsstreit abgetrennt, soweit er die Mitgliedschaft des Klägers in der sozialen Pflegeversicherung betraf (Beschluss vom 18.10.2022).
Der Kläger hat daraufhin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.042022 zu verpflichten, seinem Antrag auf freiwillige Mitgliedschaft zur gesetzlichen Krankenversicherung stattzugeben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.10.2022). Das Begehren des Klägers sei dahingehend auszulegen, dass er im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Beklagten die Feststellung seiner freiwilligen Mitgliedschaft aufgrund seines entsprechenden Antrags begehre. Der Kläger habe jedoch kein Recht zum Beitritt, weil er im Zeitpunkt seines Mitgliedsantrages, die in der Satzung der Beklagten festgelegte Altersgrenze überschritten habe. Weder § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V als Ermächtigungsgrundlage noch die Satzung verstießen gegen höherrangiges Recht und fänden deshalb auch im vorliegenden Fall Anwendung. Das Hauptziel der Beschränkung sei, die Leistungsfähigkeit der Krankenkassen zu sichern, wobei zu berücksichtigen sei, dass schwerbehinderte Menschen ein besonders ungünstiges Risiko in der Krankenversicherung darstellten. Die Regelung sei auch nicht willkürlich. Es sei vielmehr sachgerecht, davon auszugehen, dass Beschäftigte i.d.R. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres ihren Beruf aufgenommen hätten, sodass dann davon auszugehen sei, dass mit der Vollendung des 45. Lebensjahres eine berufliche Verfestigung erfolgt sei. In der Regelung sei auch kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip zu erblicken. Entgegen der Auffassung des Klägers führe die von der Beklagten gewählte Altersgrenze auch gerade nicht dazu, dass schwerbehinderten Menschen nahezu nie der Beitritt zur GKV ermöglicht werde. Denn einerseits sei ein Großteil der schwerbehinderten Menschen vor Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft bereits pflichtversichert, andererseits gelte es zu berücksichtigen, dass das Beitrittsrecht gerade nicht bezwecke, schwerbehinderten Menschen eine umfassende Beitrittsmöglichkeit zur GKV zu eröffnen. Der Kläger verkenne diesbezüglich, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit eines Beitritts zur GKV nur sehr restriktiv Gebrauch habe machen wollen. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Norm u.a. eine Vorversicherungszeit und die Möglichkeit einer Altersgrenze gerade vorsähen. Dadurch solle ausgeschlossen werden, dass Betroffene das erst im höheren Alter realisierte Risiko auf die Solidargemeinschaft übertrügen, nachdem sie zuvor das "günstigere" Risiko privat versichert hätten. Die Altersgrenze solle mithin nur eine sehr eingeschränkte Möglichkeit für solche Personengruppen bieten, die sich bewusst im jungen Alter gegen eine Absicherung in der GKV entschieden hätten, um von den zumeist zunächst günstigeren Beiträgen in der privaten Krankenversicherung (PKV) zu profitieren. Unerheblich sei, ob andere Krankenkassen möglicherweise andere Altersgrenzen vorsähen; wäre eine einheitliche Altersgrenze aus Rechtsgründen notwendig, hätte der Gesetzgeber diese bereits im Gesetz festlegen können.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.12.2022 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 23.12.2022 eingelegten Berufung.
Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.10.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2022 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte ihn als freiwillig versichertes Mitglied zu führen hat.
Die Beklagte beantraget,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Klagegegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 14.09.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2022 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Statthaft ist insoweit die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Zu Recht ist bereits das Sozialgericht insoweit davon ausgegangen, dass es einer Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verurteilt würde, dem Beitrittsantrag des Klägers stattzugeben, nicht bedarf, weil ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB V bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen allein durch die Anzeige des Beitritts wirksam wird (§ 188 Abs. 1 SGB V; Peters in BeckOGK-SGB V <Stand: VIII/2019>, § 9 Rn. 50); einer förmlichen Feststellung der Krankenkasse bedarf es nicht (Vossen in Krauskopf, SozKV <Stand: IV/2022>, § 9 Rn. 40).
2. Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und der Kläger nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beitritt zur freiwilligen Versicherung bei der Beklagten.
Nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 1 SGB V können schwerbehinderte Menschen i.S.d. Sozialgesetzbuches Neunten Buches der Versicherung beitreten, wenn sie, ein Elternteil, ihr Ehegatte oder ihr Lebenspartner in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren, es sei denn, sie konnten wegen ihrer Behinderung diese Voraussetzung nicht erfüllen. Der Kläger ist zwar ein schwerbehinderter Mensch im vorgenannten Sinne; dies steht aufgrund des Bescheides des Z. vom 01.06.2021 fest, der bei dem Kläger einen GdB von 50 feststellte. Ob der Kläger auch die übrigen Voraussetzungen eines Beitritts erfüllte, bedarf dagegen vorliegend keiner Entscheidung des Senats. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob der vom Kläger im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Umstand, dass seine Mutter seit Beginn ihrer Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner zum 00.00.0000 bis zu ihrem Tode am 00.00.0000 bei der Beklagten pflichtversichert war, ausreicht, die Vorversicherungszeit i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 1 SGB V zu erfüllen (gegen eine einschränkende Auslegung insoweit Bayerisches LSG, Urteil vom 20.01.2006 – L 4 KR 141/02, juris Rn. 18 ff.).
Ein Beitritt des Klägers zur freiwilligen Versicherung ist jedenfalls durch die in der Satzung der Beklagten vorgesehene Altersgrenze wirksam ausgeschlossen. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 2 SGB V kann die Satzung das Recht zum Beitritt von einer Altersgrenze abhängig machen. § 8 S. 2 der Satzung der Beklagten sieht insoweit eine Altersgrenze von 45 Jahren vor. Es ist unstreitig, dass der am 00.00.0000 geborene Kläger diese Altersgrenze bereits überschritten hatte, als er der Beklagten unter dem 30.08.2021 – und damit nach Vollendung bereits seines 55. Lebensjahres – seinen Beitritt anzeigte. Bedenken, dass die Satzung insoweit gegen höherrangiges Recht verstieße, bestehen nicht.
§ 8 S. 2 der Satzung ist – wie andere untergesetzliche Rechtsvorschriften grds. auch – anlässlich des vorliegenden Rechtsstreits vom Senat inzident auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 28.09.1993 – B 1 KR 34/92, juris Rn. 13), dies gebietet schon die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 des Grundgesetzes (GG; dazu BVerfG, Beschluss vom 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 u.a., juris Rn. 41). Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang – anders als die Beklagte offenbar meint –, dass das Bundesversicherungsamt (heute: Bundesamt für Soziale Sicherung) die Satzung einschließlich der hier streitbefangenen Regelung über die Altersgrenze genehmigt hat (§ 195 Abs. 1 SGB V, § 34 Abs. 1 S. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch). Die Gerichte sind an diese Entscheidung nicht gebunden (vgl. Peters in BeckOGK-SGB V <Stand: III/2017>, § 195 Rn. 11); die Genehmigung kann eine ungesetzliche Satzungsbestimmung nicht wirksam werden lassen (Kaempfe in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl. 2022, § 195 Rn. 4).
Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Altersgrenze in § 8 S. 2 der Satzung mit höherrangigem Recht, insbesondere mit verfassungs- und völkerrechtlichen Diskriminierungsverboten. Dies gilt sowohl mit Blick auf die Anknüpfung an die Schwerbehinderteneigenschaft (dazu a) als auch für die an das Alter (dazu b). Im Übrigen unterliegt die Abwägung des Satzungsgebers nicht der gerichtlichen Nachprüfung (dazu c).
a) Es liegt bereits keine Ungleichbehandlung wegen einer Behinderung i.S.d. Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG vor, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Untersagt sind damit alle Ungleichbehandlungen, die für Menschen mit Behinderungen zu einem Nachteil führen. Eine danach verbotene Benachteiligung liegt nicht nur bei Maßnahmen vor, die die Situation von Menschen mit Behinderung wegen der Behinderung verschlechtern. Eine Benachteiligung kann auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird (BVerfG, Beschluss vom 30.01.2020 – 2 BvR 1005/18, Rn. 35; Beschluss vom 11.01.2011 – 1 BvR 3588/08 u.a., juris Rn. 54; vgl. auch § 33c S. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch <SGB I>). Dies ergibt sich ebenfalls aus dem unmittelbar anwendbaren Art. 5 Abs. 2 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Danach verbieten die Vertragsstaaten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen. Art. 5 Abs. 2 UN-BRK entspricht dabei im Wesentlichen dem Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 3 S. 2 (BSG, Urteil vom 08.03.2016 – B 1 KR 26/15 R, Rn. 24; Urteil vom 15.10.2014 – B 12 KR 17/12 R, Rn. 31; jeweils m.w.N.; zur Heranziehung der UN-BRK als "Auslegungshilfe" vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 30.01.2020, a.a.O. Rn. 40). Gleiches gilt für Art. 25 Buchst. e UN-BRK, wonach die Vertragsstaaten die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen u.a. in der Krankenversicherung verbieten, soweit eine solche Versicherung nach innerstaatlichem Recht zulässig ist, und solche Versicherungen zudem zu fairen und angemessenen Bedingungen anzubieten sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2021 – 1 BvR 1541/20, Rn. 103).
Unterscheidungskriterium nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 2 SGB V i.V.m. § 8 S. 2 der Satzung der Beklagten ist aber nicht eine Behinderung, sondern allein das Lebensalter. Die Beitrittsmöglichkeit steht nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 1 SGB V ohnehin nur schwerbehinderten Menschen offen. Die Altersgrenze i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 2 SGB V wirkt sich mithin allein innerhalb des Kreises der von § 9 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 SGB V erfassten schwerbehinderten Menschen aus. Vergleichsgruppen sind im vorliegenden Fall schwerbehinderte Menschen von unter 45 Jahren auf der einen und solche von über 45 Jahren auf der anderen Seite, nicht aber schwerbehinderte Menschen gegenüber nicht schwerbehinderten. Auch eine mittelbare Benachteiligung, bei der sich der Ausschluss von Betätigungsmöglichkeiten nicht als Ziel, sondern als Nebenfolge einer Maßnahme darstellte (BVerfG, Beschluss vom 30.01.2020, a.a.O. Rn. 35 m.w.N.), ist insoweit nicht ersichtlich.
b) Die Anknüpfung an das Alter verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Dabei ist es mit höherrangigem Recht vereinbar, dass § 8 S. 2 der Satzung der Beklagten an das Alter und nicht (auch) an weitere Kriterien anknüpft (dazu aa). Weiter ist auch die konkrete Altersgrenze von 45 Jahren nicht zu beanstanden (dazu bb).
aa) Eine verbotene Diskriminierung liegt nicht bereits darin, dass § 8 S. 2 der Satzung ausschließlich an das Alter der Betroffenen anknüpft. Vielmehr sieht § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Hs. 4 SGB V ausdrücklich vor, dass die Satzung das Recht zum Beitritt zur freiwilligen Versicherung „von einer Altersgrenze abhängig machen [kann]“. Inwieweit eine Bestimmung, die neben dem Alter noch auf weitere Kriterien abstellte, danach überhaupt von der Satzungsermächtigung gedeckt wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. In jedem Fall ist nicht erkennbar, dass die Anknüpfung allein an das Alter danach mit förmlichem Gesetzesrecht unvereinbar sein könnte (vgl. hierzu auch § 176c Hs. 3 Reichsversicherungsordnung <RVO>, wonach §§ 207, 310 Abs. 2 und 3 RVO nicht galten und die Satzung damit zwar eine Altersgrenze für den Beitritt Schwerbehinderter vorsehen durfte, aber keine Wartezeit, keinen Leistungsausschluss bei vorbestehenden Erkrankung und auch keine Untersuchungspflicht; dazu auch BT-Drs. 7/1992, 11, 15). Verfassungs- oder völkerrechtliche Bedenken gegen die Anknüpfung allein an das Alter greifen ebenfalls nicht durch. Vielmehr ist auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen; dieser ist insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen unvermeidlichen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (st.Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.2013 – 1 BvR 131/13 u.a., Rn. 14 f. m.w.N.). Dass der Gesetzgeber mit der Ermächtigung zum Erlass von Altersgrenzen den ihm eröffneten Typisierungsspielraum überschritten hätte, ist nicht erkennbar. Vielmehr ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber eine Anknüpfung allein an das Alter erlaubt, weil mit zunehmendem Alter sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse und damit auch die soziale Absicherung regelmäßig verfestigt haben (näher dazu unten bb<1>; vgl. zum Ganzen auch BSG, Urteil vom 15.10.2015 – B 12 KR 17/12 R, juris Rn. 33, dort zur Altersgrenze in der Krankenversicherung der Studenten).
bb) Des Weiteren unterliegt auch die konkrete Altersgrenze von 45 Jahren keinen durchgreifenden Bedenken.
Prüfungsmaßstab ist insoweit Art. 3 Abs. 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2019 – 1 BvR 684/14, Rn. 6; Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 371/11, Rn. 69; jeweils m.w.N.). Speziellere Diskriminierungsverbote sind insoweit nicht einschlägig. § 33c S. 1 SGB I erfasst die Altersdiskriminierung nicht (BSG, Urteil vom 25.06.2009 – B 3 KR 7/08 R, juris Rn. 18). Das Verbot von Benachteiligungen aufgrund des Alters aus § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) tritt im vorliegenden Fall zurück (§ 2 Abs. 2 AGG; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.03.2019 – L 4 KR 2182/18, juris Rn. 36), ebenso die Richtlinie 2000/78/EG (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie).
Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Insoweit verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind; ein solches Merkmal ist das Lebensalter (st.Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.07.2016, a.a.O. Rn. 69 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist eine Altersgrenze von 45 Jahren – auch im Lichte des Art. 25 Buchst. e UN-BRK – nicht zu beanstanden.
(1) Bereits § 176c S. 1 Hs. 1 RVO verwies „hinsichtlich der Altersgrenze“ auf § 176 Abs. 3 RVO und erlaubte damit, dass die Satzungen der Krankenkassen das Recht zum Beitritt schwerbehinderter Menschen von einer bestimmten Altersgrenze abhängig machten. § 9 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 SGB V entspricht in der Sache dieser Rechtslage (dazu BT-Drs. 11/2237, 161; 11/2493, 57). Die Möglichkeit, eine Altersgrenze für den Beitritt zur GKV festzulegen, dient dabei dem Ziel der Missbrauchsabwehr sowie der Sicherung der Leistungsfähigkeit der Krankenkassen (LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 40 ff.; ebenso zur Beitrittsfrist sowie den erforderlichen Vorversicherungszeiten bereits BSG, Urteil vom 19.02.1987 – 12 RK 37/84, juris Rn. 20 ff.).
Zwar weist der Kläger mit Recht darauf hin, dass die Krankenkassen die Altersgrenze wohl nicht so wählen dürfen, dass das Beitrittsrecht faktisch gänzlich ausgeschlossen wäre, etwa durch eine Altersgrenze bereits im Kindesalter. Das Beitrittsrecht soll Schwerbehinderten gerade deshalb einen Beitritt zur freiwilligen Versicherung eröffnen, weil manche von ihnen finanziell kaum für einen tragbaren Versicherungsschutz sorgen können (Baierl in Engelmann/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 9 Rn. 54). Umgekehrt ist aber zu berücksichtigen, dass gerade der Beitritt älterer Menschen die Krankenkassen mit erheblichen Risiken belastet (vgl. zum Ganzen LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 40); diese sollen nicht einseitig zu Lasten der GKV gehen (Baierl, a.a.O.). Hinzu kommt der Schutzzweck der freiwilligen Versicherung als solcher, die nämlich die GKV für solche Personen öffnen will, bei denen ein ähnliches, aber eingeschränktes Schutzbedürfnis besteht wie bei Pflichtversicherten. Von der Versicherungspflicht nicht erfasste Personen können kraft eigener Willensentschließung freiwilliges Mitglied der GKV werden oder sich privat gegen das Risiko der Krankheit versichern (BVerfG, Beschluss vom 15.03.2000 – 1 BvL 16/96 u.a., juris Rn. 80 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 41).
Die Möglichkeit für den Satzungsgeber, eine Altersgrenze für den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung festzulegen, stellt vor diesem Hintergrund darauf ab, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse regelmäßig mit zunehmendem Alter gefestigt sind und dabei auch die soziale Absicherung im Hinblick auf die gesetzliche oder eine private Krankenversicherung geklärt ist. Da es sich um Normgebung handelt, die einer Vielzahl von Fällen gerecht werden muss und nicht auf den Einzelfall abstellen kann, muss die Frage, wann mit einer derartigen Klärung gerechnet werden kann, im Wege einer typisierenden Betrachtung beantwortet werden (LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 42 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2018 – L 6 KR 15/17, juris Rn. 22; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.12.2007 – L 9 KR 167/02, juris Rn. 32; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 22.08.2000 – L 1 KR 37/99, juris Rn. 32).
(2) Vor diesem Hintergrund unterliegt jedenfalls eine Altersgrenze von 45 Jahren, wie sie die Beklagte festgesetzt hat, keinen Bedenken, weil typisierend davon ausgegangen werden kann, dass eine entsprechende Klärung spätestens bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres erfolgt ist (so auch jeweils LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 42; LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. Rn. 22; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. Rn. 32; Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O. Rn. 32; die ebenfalls allesamt eine Altersgrenze von 45 Jahren betrafen). Dies dürfte – ohne dass es für Wirksamkeit der Satzung und damit den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits entscheidungserheblich darauf ankäme – auch auf den Kläger selbst zutreffen, der zuletzt als gesetzlicher Betreuer selbständig tätig und währenddessen privat krankenversichert war. Erst seit dem 00.00.0000, also nach Vollendung seines 52. Lebensjahres bezieht der Kläger eine private Berufsunfähigkeitsrente. Gerade der Bezug dieser privaten Berufsunfähigkeitsrente deutet aber wiederum auf das Vorhandensein einer privaten Absicherung gegen die Wechselfälle des Lebens zumindest hin.
(3) Dass andere Krankenkassen andere Altersgrenzen festgesetzt haben mögen, ist ohne Belang, insbesondere liegt darin keine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung. Vielmehr stellt § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V es ausdrücklich in die Regelungsbefugnis der einzelnen Krankenkasse, unterschiedlich abweichende Regelungen zu treffen. Wäre eine einheitliche Altersgrenze aus Rechtsgründen notwendig, hätte der Gesetzgeber diese bereits in § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB V festlegen können (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Ohnehin verlangt Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung durch voneinander unabhängige juristische Personen (BVerfG, Beschluss vom 15.12.2009 – 2 BvR 1978/09, juris Rn. 13 m.w.N.) und damit auch nicht durch verschiedene Krankenkassen (§ 4 Abs. 1 SGB V).
(4) Die vom Kläger geltend gemachte Statistik, wonach rd. drei Viertel aller schwerbehinderten Menschen die Altersgrenze bereits überschritten hätten, begründet keine andere Beurteilung. Denn selbst wenn diese Zahlen zuträfen, wäre damit nicht gesagt, dass eine Altersgrenze von 45 Jahren das Ziel des Beitrittsrechts nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 1 SGB V vereitelte. Vielmehr lässt sich aus diesen Zahlen schon nicht ableiten, dass bei dieser Personengruppe bis zum 45 Lebensjahr keine Klärung insbesondere der Absicherung gegen Krankheit erfolgt wäre. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass ohnehin nicht alle schwerbehinderten Menschen überhaupt in den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V fallen, denn auch diese können, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, ohne Weiteres anderweitig pflichtversichert sein (vgl. beispielhaft § 5 Abs. 1 Nrn. 1, 7 und 8 SGB V; dazu auch LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 41).
c) Dass die Beklagte im Berufungsverfahren keinerlei Materialien zur Beschlussfassung ihrer Vertreterversammlung über die Altersgrenze vorgelegt hat, ist im Ergebnis ohne Belang. Entgegen dem Vorbringen des Klägers bedarf es im gerichtlichen Verfahren keiner konkreten Herleitung durch die Beklagte, auf welchen Erhebungen, Erkenntnissen und Notwendigkeit die im Streit stehende Satzungsregelung konkret beruht.
aa) Von den Gerichten ist zum einen nicht zu entscheiden, ob die Vertreterversammlung im gesetzlichen Rahmen die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, denn der Grund für die Übertragung der Regelungsbefugnis auf die Selbstverwaltung ist in deren besonderer Sachkunde und Sachnähe zu sehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2011 – B 2 U 18/10 R, juris Rn. 38; Urteil vom 03.04.2014 – B 5 R 5/13 R, juris Rn. 34; jeweils m.w.N.; ebenso auch LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O. Rn. 22). Satzungen sind dementsprechend Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden (BVerfG, Beschluss vom 09.05.1972 – 1 BvR 518/62, juris Rn. 103; Martini in Voßkuhle/Eifert/Möllers, GVwR II, 3. Aufl. 2022, § 33 Rn. 54 f.).
bb) Zum anderen unterliegt es auch nicht der Überprüfung durch die Gerichte, welche Gesichtspunkte die Beklagte bei Verabschiedung ihrer Satzung wie in ihre Abwägungsentscheidungsentscheidung einbezogen hat. Eine Überprüfung der Satzung auf Ermessens- oder Abwägungsfehler ist vielmehr mit dem dem Satzungsgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum (zu diesem sog. Satzungsermessen vgl. Martini, a.a.O. Rn. 73 f.; Mann in Kahl/Ludwigs, HVwR V, 2023, § 154 Rn. 44; Ossenbühl in Isensee/Kirchhof, HStR V, 3. Aufl. 2007, § 105 Rn. 48) unvereinbar (Mann, a.a.O. Rn. 44; ähnlich auch Möstl in Ehlers/Pünder, Allg. VwR, 16. Aufl. 2022, § 19 Rn. 34; a.A. Schmidt-Aßmann in Dürig/Herzog/Scholz, GG <Stand: VIII/2020>, Art. 19 Abs. 4 Rn. 217 f., demzufolge insbes. zu überprüfen ist, ob sich der Normgeber von dem zu regelnden Sachbereich hinreichende Kenntnis verschafft hat; ebenso Ossenbühl, a.a.O. Rn. 49). Bei der richterlichen Kontrolle von (untergesetzlichen) Normen kommt es, soweit keine anderweitigen Rechtsvorschriften bestehen, vielmehr auf das Ergebnis des Rechtssetzungsverfahrens und dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht an, nicht aber auf die Motive derer, die am Erlass der Satzung mitwirken. Das Satzungsermessen wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Regelung in Anbetracht des Zweckes der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Demgemäß beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob diese äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis überschritten sind. Die Rechtsprechung hat zu respektieren, dass der parlamentarische Gesetzgeber in § 9 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 SGB V die Krankenkassen ermächtigt hat, eine Altersgrenze festzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.2006 – 6 C 19/05, juris Rn. 16 m.w.N.). Eigens ausformulierte Abwägungsdirektiven, wie sie etwa das Bauplanungsrecht kennt und aus denen sich eine entsprechende Abwägungsfehlerlehre ableitet, sieht das Gesetz im vorliegenden Zusammenhang nicht vor (vgl. BVerwG, a.a.O.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
4. Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.