L 5 KR 787/23 NZB KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 15 KR 3205/22 KH
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 5 KR 787/23 NZB KH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.08.2023 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 147,25 Euro festgesetzt.

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Vergütung einer vorstationären Krankenhausbehandlung in Anspruch.

 

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses. Dieses behandelte die bei der Beklagten versicherte K. (im Folgenden: Versicherte) am 28.09.2021 wegen Ösophagitis und Achalasie. Der Behandlung der aus R. stammenden Versicherten war zuvor eine stationäre Krankenhausbehandlung im Hause der Klägerin vom 27.05.2021 bis zum 01.06.2021 wegen sonstiger Erkrankungen des Ösophagus unter Durchführung einer peroralen endoskopischen Myotomie (POEM) vorausgegangen.

 

Unter dem 23.09.2021 wies der behandelnde Facharzt für Innere Medizin Dr. V. die Versicherte in das Krankenhaus der Klägerin ein. Auf der Verordnung ist ausdrücklich „Belegarztbehandlung“ vermerkt; als Diagnosen werden „Ösophagitis (K20 G), Achalasie (K22.0 G)“ aufgeführt. Am 28.09.2021 erfolgte bei der Versicherten im Hause der Klägerin eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD). Als Indikation gab der behandelnde Arzt eine „Kontrolle nach POEM“ und „subjektiv deutliche Beschwerdebesserung, nur noch selten Krampfartige Beschwerden“ an (Ambulanzbrief vom 05.10.2021).

 

Im November 2021 stellte die Klägerin der Beklagten für eine vorstationäre Behandlung einen Betrag in Höhe von 147,25 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst und teilte der Klägerin u.a. mit, dass die erbrachten Leistungen dem niedergelassenen Sektor zuzuordnen seien (Schreiben vom 08.12.2021). Am 10.12.2021 verrechnete die Beklagte den Rechnungsbetrag mit einem unstreitigen Vergütungsanspruch.

 

Im Klageverfahren hat die Klägerin u.a. vorgetragen: Eine vorstationäre Behandlung sei erforderlich gewesen. Die behandelnden Hausärzte hätten die Versicherte aus R. nach Ü. geschickt und das Krankenhaus der Klägerin ausdrücklich als das „nächsterreichbare, geeignete Krankenhaus“ benannt. Der Grund hierfür liege wohl darin, dass das Haus der Klägerin ein bundesweit anerkanntes Zentrum für Erkrankungen des Schluckbereichs und die Versicherte dort bereits mehrere Monate vorher behandelt worden sei. Sofern die verordnenden Ärzte durch die Verordnung ihre vertragsärztlichen Pflichten verletzt haben sollten, bleibe es der Beklagten unbenommen, gegen diese Ärzte vorzugehen. Unschädlich sei, dass sie - die Klägerin - keine Vergleichsberechnung nach der GOÄ vorgenommen habe. Denn eine Abrechnung auf Grundlage der GOÄ hätte mit 161,68 Euro einen höheren Betrag ergeben. Soweit auf der streitigen Verordnung „Belegarztbehandlung“ angekreuzt sei, habe es sich wohl um ein Versehen gehandelt, zumal im Krankenhaus der Klägerin keine Belegärzte tätig seien und die Notwendigkeit der Untersuchung nicht zweifelhaft sei. Mit medizinischen Einwendungen sei die Beklagte schon deswegen ausgeschlossen, weil sie entgegen § 275 Abs. 1c SGB V a.F. kein Prüfverfahren durch den MDK eingeleitet habe.

 

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 147,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2021 zu zahlen.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat entgegnet: Ausweislich der Rechtsprechung des BSG vom 17.09.2013 – B 1 KR 21/12 R – sei eine vorstationäre Behandlung nicht erforderlich, wenn sich aus der Verordnung der Krankenhausbehandlung und den beigefügten Unterlagen ohne Weiteres ergebe, dass die notwendige vertragsärztliche Diagnostik nicht ausgeschöpft sei. Die Klägerin habe eine „Untersuchung als Kontrolle“, also eine Verlaufskontrolle durchgeführt. Eine vorstationäre Behandlung zur Abklärung künftigen Behandlungsbedarfs habe demgegenüber gerade nicht stattgefunden. Angesichts des Umstandes, dass auf der Verordnung „Belegarzt“ angekreuzt sei, hätten die aufnehmenden Ärzte gründlich prüfen müssen, ob die fachärztliche Diagnostik tatsächlich ausgeschöpft gewesen sei.

 

Durch Urteil vom 03.08.2023 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt:

 

„(…) a) Zur Überzeugung der Kammer stützte sich die vorstationäre Behandlung bereits nicht auf eine hinreichende Verordnung vorstationärer Krankenhausbehandlung, wie die Beklagte zutreffend in ihrer Klageerwiderung ausgeführt hat.

 

Die diesbezüglichen Maßstäbe hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17.09.2013 – B 1 KR 21/12 R –, juris, Rn. 11 erkannt und in seinem Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 28/13 R –, Rn. 10 wie folgt präzisiert:

 

„Die von § 115a Abs 1 SGB V geforderte ‚Verordnung von Krankenhausbehandlung‘ setzt eine begründete Verordnung eines Vertragsarztes oder eines sonstigen an der vertragsärztlichen Versorgung Teilnehmenden voraus (vgl BSG NZS 2014, 219, RdNr 11; zur Notwendigkeit einer vertragsärztlichen Verordnung zB Becker in ders/Kingreen, SGB V, 3. Aufl 2012, § 115a RdNr 7; Hänlein in LPK-SGB V, 4. Aufl 2012, § 115a RdNr 5; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 2013, § 115a RdNr 2; Hess in Kasseler Komm, Stand 1.3.2013, § 115a SGB V RdNr 3). Die vertragsärztliche Versorgung umfasst ausdrücklich ua auch die Verordnung von Krankenhausbehandlung (§ 73 Abs 2 S 1 Nr 7 Fall 6 SGB V). Die Begrenzung auf im dargelegten Sinne vertragsärztliche Verordnungen von Krankenhausbehandlung sichert die vertragsärztliche Pflicht, Krankenhausbehandlung nur zu verordnen, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht (§ 73 Abs 4 S 1 SGB V). Im gleichen Sinne wirkt die damit ebenfalls abgesicherte vertragsärztliche Pflicht, die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bei der Verordnung zu begründen (§ 73 Abs 4 S 2 SGB V).“

 

Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an. Überdies hat das Sozialgericht Duisburg in seinem Urteil vom 14.03.2019 – S 17 KR 1642/17 – den Zweck des Erfordernisses einer begründeten Verordnung gemäß § 73 Absatz 4 Satz 2 SGB V zum Zweck der Regelung überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt:

 

„Dadurch soll verhindert werden, dass Versicherte unter Berufung auf die Möglichkeit der vor- bzw. nachstationären Behandlung ohne Einschaltung eines Vertragsarztes oder aufgrund einer Gefälligkeitsbescheinigung unmittelbar in die Krankenhausbehandlung übernommen und auf diesem Wege ambulante Behandlungen unter Missachtung des Vorrangs der niedergelassenen Vertragsärzte in das Krankenhaus verlagert werden (Steege in: Hauck/Noftz, SGB, 11/17, § 115a SGB V, Rn. 8).“

 

Die von der Klägerin vorgelegte, am 23.09.2021 von dem Facharzt für Innere Medizin K. ausgestellte Verordnung von Krankenhausbehandlung entspricht nicht den Vorgaben von § 73 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 6 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 22.05.2017, zuletzt geändert am 08.06.2017 (Krankenhauseinweisungs-Richtlinie). Es fehlt an einer hinreichenden Begründung für die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung. Zu dieser gehört nach § 6 Abs. 1 S. 5 Krankenhauseinweisungs-Richtlinie die Angabe der Hauptdiagnose, der Nebendiagnose und der Gründe für die stationäre Behandlung. Zwar dürfte die Benennung der Diagnosen „Ösophagitis“ (K20 g) und „Achalsie“ (K22.0 g) noch gerade zureichen, auch wenn Haupt- und Nebendiagnose nicht kenntlich gemacht ist. Zu Gunsten der Klägerin unterstellt die Kammer, dass die Hauptdiagnose die erstgenannte und die Nebendiagnose die zweitgenannte Diagnose ist. Jedenfalls erklärt sich hieraus nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung. Bei den genannten Erkrankungen kommt zur Überzeugung ambulante Behandlung in Betracht und dementsprechend behandelte und untersuchte die Klägerin den Versicherten auch ambulant. Überdies ergibt sich aus der Verordnung auch keinerlei Hinweis, warum Krankenhausbehandlung notwendig sein soll. Selbst wenn in der Verordnung eine ÖGD erbeten worden sein sollte, so handelt es sich um eine Behandlung, die grundsätzlich auch durch einen spezialisierten Vertragsarzt erbracht werden kann. Gerade weil nicht umfassend Krankenhausbehandlung, sondern lediglich „Belegarztbehandlung“ also Behandlung durch einen niedergelassenen Arzt im Krankenhaus und die Klägerin keine Belegärzte beschäftigt, hat sich vorliegend die fehlende hinreichende Begründung der Verordnung zur Überzeugung der Kammer geradezu aufgedrängt.

 

Soweit der Klägervertreter meint, das Fehlen einer zureichenden Begründung würde einen Schadensersatzanspruch gegen den verordnungsausstellenden Vertragsarzt begründen, hat dies keine Implikationen auf den Vergütungsanspruch der Klägerin. Die begründete Verordnung eines Vertragsarztes oder eines sonstigen an der vertragsärztlichen Versorgung Teilnehmenden ist nach den bereits in Bezug genommen BSG-Urteilen zwingende Voraussetzung der Abrechnung vorstationärer Leistung nach § 115a Absatz 1 SGB V. Darüber hinaus statuiert das Bundessozialgericht umfangreiche Begründungspflichten für die stationäre Erbringung ambulanter Leistungen, die zuletzt auch im Urteil zur Aufwandspauschale vom 07.03.2023 – B 1 KR 11/22 R – akzentuiert worden. Zudem besteht für das Krankenhaus die Möglichkeit, eine etwaige unzureichende vertragsärztliche Begründung durch Rücksprache mit dem einweisenden Vertragsarzt ggf. ergänzen zu lassen.

 

b) Darüber hinaus war die vorstationäre Behandlung des Versicherten zur Überzeugung der Kammer nicht medizinisch erforderlich.

 

Diesbezüglich hat das BSG in seinem Urteil vom 17.09.2013 – B 1 KR 21/12 R –, juris, Rn. 16 für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt: 

 

„Das SGB V regelt zwar nicht ausdrücklich entsprechend § 39 Abs 1 S 2 SGB V für vor- und nachstationäre Leistungen, dass sie ‚erforderlich‘ sein müssen. Dies folgt aber aus den allgemeinen Vorgaben für das Leistungsrecht im Zusammenspiel mit § 115a SGB V. Nach § 115a Abs 1 S 1 SGB V kann das Krankenhaus bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in ‚medizinisch geeigneten Fällen‘ - wie bereits dargelegt - ohne Unterkunft und Verpflegung vor- und nachstationär behandeln. Medizinisch geeignete Fälle sind nicht allein solche, die die weiteren, in § 115a SGB V genannten Anforderungen erfüllen. Sie müssen zusätzlich vor- und/oder nachstationäre Leistungen erfordern. Nach den allgemeinen Anforderungen stellen nämlich die KKn den Versicherten die im Dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (vgl § 2 Abs 1 S 1 SGB V). Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die KKn nicht bewilligen (vgl § 12 Abs 1 SGB V). Die KKn und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (vgl § 70 Abs 1 SGB V).“

 

Den Begriff der Erforderlichkeit konkretisiert das BSG in seinen Urteilen vom 17.09.2013 – B 1 KR 21/12 R –, juris, in Rn. 18 und vom 14.10.2014 – B 1 KR 28/13 R –, juris, Rn. 12 insbesondere dahingehend, dass vorstationäre Behandlung nicht erforderlich ist, „wenn stattdessen eine vertragsärztliche Versorgung ausreichend ist“. Das Gericht hat dabei zur Beurteilung der medizinischen Erforderlichkeit im Rahmen einer ex-ante Sicht auf den im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und        Kenntnisstand des verantwortlichen aufnehmenden Krankenhausarztes abzustellen (BSG, Urteil vom 17.09.2013 – B 1 KR 67/12 R –, juris, Rn. 26 und vom 14.10.2014 – B 1 KR 28/13 R –, juris, Rn. 17).

 

Dem schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.

 

Vorliegend war die Versicherte unter Berücksichtigung des Wissens- und Kenntnisstandes des aufnehmenden Arztes auf eine vertragsärztliche Behandlung zu verweisen. Wie bereits ausgeführt konnte die ÖGD auch ambulant von einem Vertragsarzt durchgeführt werden. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der aufnehmende Arzt die Verordnung des überweisenden Vertragsarztes geprüft hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass bei dem Versicherten die Durchführung einer vorstationären Behandlung erforderlich war. Ausweislich der beigezogenen Patientenakte erfolgte die vorstationäre Behandlung der Versicherten einzig auf der Grundlage der Verordnung. Befunde oder Untersuchungsergebnisse des einweisenden Arztes sind von der Klägerin nicht beigezogenen worden, obschon § 5 Krankenhauseinweisungsrichtlinie zur Unterstützung der Diagnostik und Therapie, zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen und zur Verkürzung der Verweildauer ein Erfordernis der Beiziehung entsprechender vertragsärztlicher Unterlagen ausdrücklich vorsieht. Für den aufnehmenden Arzt war daher zu erkennen, dass bei der Versicherten die vertragsärztliche Diagnostik noch nicht ausgeschöpft worden ist, sondern diese erst im Rahmen der vorstationären Behandlung erfolgen sollte. Überdies ergibt sich aus dem Ambulanzbrief vom 28.09.2021 – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – , dass gar nicht die Abklärung stationärer Behandlungsbedürftigkeit Ziel der Untersuchung war, sondern die Nachkontrolle nach POEM und Auswertung des Erfolgs der Behandlung. Eine entsprechende Verlaufskontrolle ist indes – da die Voraussetzungen nachstationärer Behandlung bereits mangels entsprechenden Bestimmungsbescheides und der übrigen Voraussetzungen des § 116b SGB V nicht vorliegen – über die Fallpauschale des stationären Aufenthaltes abgegolten und nicht als „verdeckte“ vorstationäre Behandlung abrechnungsfähig. Es war dem aufnehmenden Arzt im Rahmen der Erforderlichkeit der Prüfung zuzumuten, die Versicherten auf diesen Umstand hinzuweisen bzw. Rücksprache mit dem einweisenden Arzt zu nehmen und eine Behandlung der Versicherten zunächst    abzulehnen (BSG, Urteil vom 17.09.2013 – B 1 KR 21/12 R –). Hierfür war auch angesichts des zeitlichen Verlaufs auch hinreichend Möglichkeit, worauf die Beklagte gleichfalls zu Recht hingewiesen hat (…)“.

 

Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat die Klägerin am 11.08.2023 Beschwerde erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, ferner sei das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abgewichen. Darüber hinaus seien dem Sozialgericht Verfahrensfehler unterlaufen.

 

Die Beklagte sieht keine Zulassungsgründe und beantragt hilfsweise für den Fall der Zulassung der Berufung, die Klägerin im Wege der Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 147,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2022 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

 

Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten.

 

II.

 

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

 

A. Gemäß § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

 

Die Berufung ist nicht kraft Gesetzes zugelassen, weil sich der hier streitige Zahlbetrag in der Hauptsache lediglich auf einen Wert von 147,25 Euro beläuft und die Klägerin keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.

 

Gründe für eine Zulassung der Berufung im Sinne von § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Danach ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf der Abweichung beruht, oder (3) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

 

Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.

 

I. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Klärungsbedürftigkeit), und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Ein Individualinteresse genügt nicht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 144 Rn. 28 f. m.w.N. aus der Rspr.). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. z.B. BSG, Beschluss v. 15.05.1997 - 9 BVg 6/97 zum im Wesentlichen gleichlautenden § 160 SGG; zum Ganzen vgl. LSG NRW, Beschluss v. 07.10.2011 - L 19 AS 937/11 NZB, juris Rn. 17).

 

1. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht gegeben. Die wesentlichen Fragen zu den Anforderungen an die Begründungspflicht einer vertragsärztlichen Verordnung zur vorstationären Behandlung (§ 115a Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sind bereits geklärt, so dass sich die Frage der grundsätzlichen Bedeutung insoweit nicht (mehr) stellt (vgl. hierzu die bereits im erstinstanzlichen Verfahren und in dem angefochtenen Urteil ausführlich und erschöpfend herangezogene Rechtsprechung des BSG in den Urteilen v. 14.10.2014 – B 1 KR 18/23 R Rn. 10 und v. 17.09.2013 – B 1 KR 21/12 R Rn. 11).

 

2. Soweit die Klägerin mit ihrer Beschwerde geltend macht, die Frage der Begründungstiefe sei bislang noch nicht geklärt, führt auch dies nicht zu der Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung. Wie die Klägerin selbst darlegt, muss sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 14.10.2014 – B 1 KR 18/13 R Rn. 11) das Erfordernis vorstationärer Krankenhausbehandlung aus der Verordnung selbst - also „aus sich heraus“ - ergeben. Geklärt ist durch die Rechtsprechung des BSG schließlich, dass, sofern eine hinreichend begründete vertragsärztliche Verordnung fehlt, das Krankenhaus die vorstationäre Behandlung nicht aufnehmen darf (vgl. auch Bogan in: BeckOK SozR, § 115a SGB V, Rn. 4) und - dies ist die Konsequenz aus den skizzierten Grundsätzen - ein Vergütungsanspruch für eine dennoch durchgeführte vorstationäre Behandlung von vornherein nicht entstehen kann.

 

II. Eine Divergenz  liegt ebenfalls nicht vor. Eine Divergenz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG setzt voraus, dass ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Ein tragender Rechtssatz liegt nur vor bei fallübergreifender, nicht lediglich auf Würdigung des Einzelfalls bezogener rechtlicher Aussage (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 160, Rn. 13 m.w.N). Für die Annahme einer Divergenz genügt es daher nicht, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entspricht, die das Landessozialgericht, das Bundessozialgericht oder das Bundesverfassungsgericht aufgestellt haben oder wenn das Sozialgericht die Rechtsprechung der genannten Gerichte nicht gekannt, übersehen oder verkannt hat (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 160, Rn. 14; Frehse, in: Jansen, SGG, 4. Aufl. 2012, § 144 Rn. 18 jeweils m.w.N. aus der Rspr.). Die Begründung des Gerichts muss vielmehr erkennen lassen, dass es den in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichten widersprochen und von deren rechtlichen Aussagen abweichende, d.h. mit diesen unvereinbare rechtliche Maßstäbe aufgestellt hat (BSG, Beschluss v. 23.06.2015 - B 14 AS 345/14 B, Rn. 3; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 160, Rn. 14: „Widerspruch im Grundsätzlichen“).

 

1. Nach den vorbezeichneten Grundsätzen ist nicht erkennbar, dass das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Es hat vielmehr die einschlägige höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung (teilweise wörtlich) zitiert und diese auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt angewendet. Selbst wenn dem Sozialgericht ein Rechtsanwendungsfehler unterlaufen wäre, könnte dies nicht die Zulassung der Berufung wegen Divergenz begründen.

 

2. Das Beschwerdevorbringen der Klägerin insbesondere

 

  • zur Erforderlichkeit der vorstationären Behandlung,
  • zur ihrer Auffassung nach verfehlten „vertieften inhaltlichen Prüfung“ durch das Sozialgericht,
  • zur vermeintlichen Missachtung von in der PrüfvV vereinbarten Ausschlussfristen im Hinblick auf die Prüfung der Erforderlichkeit der vorstationären Behandlung sowie
  • zum Verstoß gegen das in § 15 Abs. 4 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V geregelte Aufrechnungsverbot

 

deutet darauf hin, dass sie (auch) die inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung beanstandet. Darauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie den Beteiligten bekannt ist und somit keiner weiteren Vertiefung bedarf - nicht gestützt werden (vgl. nur BSG, Beschluss v. 09.06.2023 - B 12 KR 17/22 B, Rn. 15; Wehrhahn, in: jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 144 Rn. 34 m.w.N).

 

III. Schließlich ist auch ein Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG) nicht gegeben. Ein Mangel des Verfahrens liegt immer dann vor, wenn das Sozialgericht gegen eine das sozialgerichtliche Verfahren regelnde Vorschrift verstößt. Dabei geht es im Wesentlichen um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (vgl. nur Sommer, in: BeckOGK SGG, § 144 Rn. 44 m.w.N.). Der Verfahrensmangel muss tatsächlich geltend gemacht werden, er ist nicht schon von Amts wegen zu berücksichtigen. Auch wenn die Verfahrensrüge nicht den besonderen Formen entsprechen muss, die für Verfahrensrügen vor dem Bundessozialgericht vorgesehen sind, muss substantiiert dargetan werden, welcher Mangel geltend gemacht wird und inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruht. Ein offensichtlicher, aber nicht gerügter Mangel führt nicht zu einer Zulassung der Berufung. Liegt ein anderer Mangel, nicht aber der gerügte Mangel vor, so ist kein Zulassungsgrund gegeben (zum Ganzen vgl. Sommer, in: BeckOGK SGG, § 144 Rn. 45 f.; Wehrhahn, in: jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 144 Rn. 47, jeweils m.w.N.)

 

1. a) Die Klägerin macht mit ihrer Beschwerde zunächst geltend, das Sozialgericht habe es „in pflichtwidriger Weise unterlassen, den Sachverhalt entsprechend aufzuklären und hier insbesondere die Behandlungsunterlagen des einweisenden Arztes beizuziehen“. Darüber hinaus habe sie - die Klägerin - beantragt, „die Beklagte aufzufordern, eine Übersicht über die (seit Behandlung des Patienten im Haus der Klägerin im Jahr vor der hier streitgegenständlichen Untersuchung durchgeführten Behandlungsmaßnahmen einzuholen“. Den entsprechenden Beweisantrag vom 24.07.2023 habe das Sozialgericht ebenfalls nicht weiter erörtert.

 

b) Die vorbezeichneten Beweisanträge finden sich allerdings in dem Schriftsatz vom 24.07.2023 (und auch in anderen erstinstanzlichen Schriftsätzen) nicht. Die Klägerin hat unter dem 24.07.2023 schriftsätzlich beantragt, den einweisenden Hausarzt zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass die Einweisung nach sorgfältiger medizinischer Prüfung und Abwägung aller Behandlungsalternativen erfolgt sei. Diesen Antrag hat sie auch nach erklärtem Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung aufrechterhaltenen. Dass das Sozialgericht diesen Beweisantrag übergangen habe, hat die Klägerin jedoch mit der Beschwerde nicht gerügt. Sie hat im Zusammenhang mit der Aufklärungsrüge (dazu 2.) in ihrem Schriftsatz vom 29.11.2023 lediglich beanstandet, dass, „das Sozialgericht, wenn es hier von einer unzureichenden Begründung ausgegangen wäre, erst Recht weiter zu ermitteln und den ausstellenden Arzt als Zeugen zu hören gehabt“ hätte. Diesbezüglich hat die Klägerin jedoch nicht dargelegt, ob und inwieweit die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Mangel beruhen soll. Im Übrigen findet sich ein Erfordernis, den ausstellenden Arzt zu den Umständen der Verordnung zu vernehmen (um diese ggf. im Nachhinein „passend“ zu machen), in der hier einschlägigen Rechtsprechung des BSG nicht.

 

2. Soweit man in dem Beschwerdevorbringen auch eine Aufklärungsrüge sehen möchte, ist zu berücksichtigen, dass mit der Aufklärungsrüge u.a. dargelegt werden muss, dass sich das Gericht aus seiner Sicht zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl. Sommer, in: BeckOGK SGG, § 144 Rn. 51 m.w.N.). Diesbezüglich hat die Klägerin zwar einen Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung gerügt, es allerdings versäumt, darzulegen, aus welchen Gründen sich das Sozialgericht aus seiner Sicht (auch angesichts der zitierten Rechtsprechung des BSG) zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen.

 

IV. Letztlich hat die Klägerin bei der Versicherten am 28.09.2021 aufgrund einer nicht hinreichend begründeten Verordnung, die sich zudem auf belegärztliche, nicht aber vorstationäre Behandlung bezieht, eine „Kontrolle bei Zustand nach POEM“ durchgeführt. Dabei wird in dem Untersuchungsbericht vom 05.10.2021 nicht einmal angedeutet, dass die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung geklärt oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung  vorbereitet werden sollte.

 

B. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

 

C. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG

 

D. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG). Mit der Ablehnung der Zulassung wird das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 4 SGG).

Rechtskraft
Aus
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