L 5 KR 551/22

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KR 551/22
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 551/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.03.2022 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Im Streit steht die langfristige Genehmigung von Heilmitteln.

 

Der 0000 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.

 

Am 22.09.2016 beantragte er bei der Beklagten die Erteilung einer Langfristgenehmigung zum Erhalt von längerfristigen physiotherapeutischen Leistungen nach § 32 Abs. 1a SGB V i.V.m. § 8 Abs. 5 Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) i.d.F. vom 17.12.2015.

 

Er werde seit dem 17.03.2015 physiotherapeutisch behandelt aufgrund von Schleudertrauma, Facettenreizung, sowie Bandscheibenvorfällen L5/S1 und HW 3/4. Die physiotherapeutischen Leistungen würden durch den Orthopäden G., W., verordnet.

 

Beigefügt war neben Berichten des behandelnden Physiotherapeuten eine Heilmittelverordnung des Arztes für Orthopädie G. vom 19.09.2016. Die Verordnung erfolgte „außerhalb des Regelfalls“. Sie wies eine Verordnungsmenge von fünf, als Heilmittel Krankengymnastik Einzelbehandlung und eine Anzahl pro Woche von „2-3“ aus.

Als Indikationsschlüssel war „ws2a“ aufgeführt, als verordnungsbegründende Diagnose der ICD10-Code S 13.4 G [= Verstauchung/Zerrung der HWS]. Im Textfeld wurden als Diagnosen „Schleudertrauma (S 13.4 G), Facettenreizung im HWS-Bereich (M 47.22 G), muskuläre Dysbalance (M 62.90 G) sowie Schmerzen aufgeführt.

 

Das Therapieziel sei „Schmerzlinderung, Muskelaufbau und Übungsprogramm für zu Hause“. Als medizinische Begründung für die Verordnung außerhalb des Regelfalls führte G. auf: „Schwere des Falls“.

 

Mit Bescheid vom 26.09.2016 lehnte die Beklagte die langfristige Genehmigung ab. Ein langfristiger Heilmittelbedarf bestehe in der Regel dann, wenn es sich um eine Erkrankung aus der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in der Anlage zur HeilM-RL veröffentlichten Diagnoseliste handele. Auch bei nicht gelisteten Erkrankungen könne eine langfristige Heilmittelbehandlung in Betracht kommen, wenn die Schwere und Dauerhaftigkeit der Schädigungen mit den in der Liste aufgeführten Diagnosen vergleichbar seien.  Diese Voraussetzungen seien bei dem Kläger nicht erfüllt. Im Übrigen sei bei bestimmten schwerwiegenden Erkrankungen eine gleichbleibende Therapie über mindestens 12 Monate nicht indiziert, weil diese an den aktuellen Krankheitsstatus regelmäßig angepasst werden müsse. 

 

Hiergegen erhob der Kläger am 18.10.2016 Widerspruch. Die Beklagte habe die besondere Schwere und Langfristigkeit seiner Erkrankungen gar nicht geprüft. Er leide an einer komplexen Schmerzsituation. Eine Therapiepause werde sich nach Einschätzung seiner behandelnden Ärzte negativ auswirken, bis hin zu einer Immobilisierung.

 

Die Beklagte holte daraufhin ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser verneinte unter dem 02.11.2016 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 HeilM-RL (a.F.). Zwar sei die vorliegende Schädigung dauerhaft. Die Schwere der Schädigung sei mit den vom G-BA gelisteten Erkrankungen aber nicht vergleichbar. Der Kläger könne ausreichend innerhalb des Regelfalls und ggf. auch außerhalb des Regelfalls nach § 8 Abs. 4 HeilM-RL versorgt werden. Therapiefreie Intervalle seien aus sozialmedizinischer Sicht vertretbar und könnten durch Übungen in Eigenverantwortung überbrückt werden. Das Erlernen eines häuslichen Übungsprogramms sei in der Heilmittelverordnung sogar als Therapieziel angegeben.

 

Die Beklagte teilte dem Kläger das Ergebnis des Gutachtens mit. Der Kläger erhielt den Widerspruch aufrecht. Er stütze seinen Antrag in erster Linie auf verschiedenartige rheumatische Erkrankungen, namentlich die bei ihm vorliegende Psoriasis-Arthritis, Psoriasis-Arthropathie und Psoriasis vulgaris. Er erhalte jetzt seit 10 Jahren ärztliche Verordnungen. Der behandelnde Rheumatologe N. gehe davon aus, dass eine Therapiepause zu einem weiteren Funktionsdefizit und Immobilität führe. Weiter bestünden degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und ein chronisches Schmerzsyndrom. In der Gesamtschau werde der erforderliche Schwergrad der Erkrankungen erreicht. Nachfolgend verwies der Kläger mit Schreiben vom 02.03.2017 darauf, dass er den Antrag mit Blick auf die der Beklagten bereits bekannte Diagnoseliste gestellt habe und nicht nur gestützt auf die in der Verordnung durch G. bezeichnete Wirbelsäulenerkrankung. Hilfsweise erweitere er nunmehr seinen Antrag hierauf.

 

Am 27.03.2017 beantragte der Kläger die Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlung nach § 8a der HeilM-RL (in der Fassung vom 16.03.2017). Er legte eine weitere Verordnung des G., datierend vom 16.03.2017, vor. Darin wurde wiederum als Indikationsschlüssel „WS2a“ bezeichnet und als verordnungsbegründende Diagnose der ICD 10 Code „S 13.4“. Neben zahlreichen Diagnosen die Wirbelsäule betreffend ist nunmehr auch im Diagnosetext eine Psoriasis-Arthritis mit dem ICD Code M 07.3 ausgewiesen. Das Therapieziel wurde nach wie vor mit „Schmerzlinderung, Muskelaufbau und Übungsprogramm für zu Hause“ bezeichnet. Die Verordnung erfolgte wiederum außerhalb des Regelfalls. Zur Begründung führte G. erneut „Schwere des Falls“ aus. Er verordnete sechs Einheiten Krankengymnastik, mit einer Anzahl pro Woche von „2-3“.

 

Dem erneuten Antrag des Klägers war ein Auszug aus der Patientenakte des G. für den Zeitraum von Mai 2015 bis November 2016 beigefügt. Dieser weist unter dem 04.01.2016 und dem 12.04.2016 u.a. die Diagnose Psoriasis-Arthritis mit dem ICD 10 Code M 07.3 aus. In der Auflistung der Diagnosen unter dem 04.01.2016 ist als erstes ein „Chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren“ aufgeführt. G. hatte unter dem Ausdruck handschriftlich mit Stempel und Unterschrift hinzugefügt: „Aufgrund der o.g. Diagnosen ist die Durchführung von Physiotherapie langfristig notwendig.“

 

Die Beklagte beauftragte erneut den MDK mit der sozialmedizinischen Begutachtung. Dieser verneinte erneut die Voraussetzungen eines langfristigen Heilmittelbedarfs.

 

Mit Bescheid vom 24.04.2017 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag des Klägers ab und wies darauf hin, dass der behandelnde Arzt weiterhin die Möglichkeit habe, Heilmittelverordnungen außerhalb des Regelfalls auszustellen.

 

Auch hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch und verwies u.a. auf einen schweren Verkehrsunfall am 12.03.2015. Seither habe sich sein Gesundheitszustand chronisch verschlechtert, er sei dauerhaft arbeitsunfähig und benötige erst recht Krankengymnastik. Der Kläger legte eine Bescheinigung des G. vom 08.05.2017 vor, in der ausführgeführt ist, dass alle in der Verordnung vom 16.03.2017 aufgeführten Diagnosen Hauptdiagnosen seien.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 26.09.2016 als unbegründet zurück. Eine den gelisteten Diagnosen des G-BA vergleichbar schwere und dauerhafte Erkrankung, bei der eine relevante Änderung der Schädigung nicht mehr zu erwarten sei und gleichzeitig ein dauerhafter und kontinuierlicher Therapiebedarf mit Heilmitteln bestehe, liege bei dem Kläger nicht vor. Im Übrigen sei zwar die Diagnose Psoriasis-Arthritis seit dem 01.01.2017 in der Liste über besondere Verordnungsbedarfe aufgeführt. Angesichts des Verfahrensgangs sei aber nicht plausibel, dass G. die Verordnung mit Blick auf die Behandlung einer Psoriasis-Arthritis ausgestellt habe. Vielmehr sei auch in der 16.03.2017 ausgestellten zweiten Verordnung als verordnungsbegründende Diagnose das Schleudertrauma aufgeführt.

 

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2017 hat der Kläger am 05.05.2017 Klage bei dem Sozialgericht erhoben.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2017 hat die Beklagte nachfolgend auch den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 24.04.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen am 07.08.2017 beim Sozialgericht erhobene Klage (Az S 6 KR 732/17 - SG Münster) hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 09.10.2017 zu dem vorliegenden Verfahren verbunden.

 

Der Kläger hat zur Begründung der Klagen im Wesentlichen sein Vorbringen aus den Widerspruchsverfahren wiederholt. Insbesondere mache ihm das multiple Schmerzsyndrom zu schaffen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte die Listung der Psoriasis-Arthritis in der Anlage 2 zur HeilM-RL nicht beachtet habe. Die Psoriasis-Arthritis werde insbesondere von dem Rheumatologen N. behandelt. Dort sei er insbesondere wegen seiner rheumatischen Erkrankungen in Behandlung. Krankengymnastik sei aber auch zusätzlich wegen der orthopädischen Beschwerden erforderlich. Dies gehe selbstverständlich zu Lasten des Budgets des Orthopäden. Aufgrund der Komplexität der Erkrankungen sei in der Gesamtschau eine dauerhafte therapeutische Anleitung unter Berücksichtigung der wechselnden Beschwerden erforderlich. Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich fortwährend.

 

Der Kläger hat nachfolgend weitere ärztliche Bescheinigungen des G. und des N. vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger mitgeteilt, dass er nach wie vor durch Verordnungen im Regelfall krankengymnastische wie auch ergotherapeutische Leistungen erhalte, und zwar dreimal Krankengymnastik in der Woche und zweimal Ergotherapie. 

 

Der Kläger hat beantragt,

 

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2017 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 24.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2017 zu verurteilen, die am 22.09.2016 bzw. am 27.03.2017 beantragte langfristige Heilmittelbehandlung zu bewilligen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

            die Klage abzuweisen.

 

Sie hat darauf verwiesen, dass die in der zweiten Verordnung des G. aufgeführte Psoriasis-Arthritis bei dem Kläger keine führende Diagnose darstelle. Bei den in der Patientenakte des G. im Zeitraum vom 21.05.2015 bis zum 24.11.2016 dokumentierten 29 Terminen sei die Diagnose lediglich zweimal angegeben. Die nahtlose Versorgung des Klägers außerhalb des Regelfalls sei gesichert. Die Beklagte habe auf die Genehmigung solcher Verordnungen verzichtet. Mit Blick auf die Diagnose der Psoriasis-Arthritis, die zu den gelisteten Diagnosen gehöre, sei dem behandelnden Arzt auch eine nicht budgetbelastende Verordnung außerhalb des Regelfalls möglich. 

 

Das Sozialgericht hat ein orthopädisch-traumatologisches Gutachten des Sachverständigen O. nebst einem internistisch-rheumatologischen Gutachten des Sachverständigen X. und einem neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen D. eingeholt.

 

Der Sachverständige O. hat den Kläger am 24.02.2020 untersucht und bei dem Kläger folgende Erkrankungen festgestellt:

 

Funktionseinschränkung der Wirbelsäule

Myostatische Haltungsinsuffizienz mit Rundrückenbildung

Muskulär-statische Lenden-Beckeninsuffizienz bei starker Übergewichtigkeit

Chronisch myofasziales Schmerzsyndrom

Multisegmentale Bandscheiben- und Wirbelgelenksdegeneration.

 

Funktionsstörung der Füße

Senkspreizfüße beids.

 

Das Vorliegen der beschriebenen strukturellen und funktionellen Störungen führe nicht zu einem dauerhaften Heilmittelbedarf in Form von Physiotherapie. Vielmehr sei hier eine intermittierende Anleitung zu Eigenübungen für die Rumpfstabilisierung sinnvoll.

 

Der Sachverständige D. hat den Kläger am 18.06.2020 untersucht und bei dem Kläger nach interdisziplinärer Konferenz mit dem orthopädischen und dem internistisch-rheumatologischen Sachverständigen abschließend eine chronische Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren festgestellt. Testpsychologisch ergäben sich Hinweise auf deutliche psychosomatische Krankheitsaspekte. Insgesamt zeige sich ein im Wesentlichen psychosomatisches Störungsbild. Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehe die Gefahr, dass der Kläger bei Fortführung der physiotherapeutischen Maßnahmen weiter auf eine organische Grundlage seiner Beschwerden fixiert werde. Eine ambulante Psychotherapie erscheine deshalb dringend erforderlich.

 

Schließlich hat der Sachverständige X. den Kläger am 18.08.2020 untersucht und auf internistisch-rheumatologischem Fachgebiet folgende Erkrankungen festgestellt:

 

Lungenfunktionsstörung

Asthma bronchiale, normale Blutgaswerte

 

Herz- und Kreislauffunktionsstörung

Bluthochdruck mit normaler linksventrikulärer Funktion

 

chronische Schmerzstörung

bei vorbeschriebener Psoriasis-Arthritis (unter Cosentyx und hochdosierten Cortikoiden ohne klinische oder laborchemische Aktivität)

gute Funktionalität

 

nächtliche Schlafatemstörung

 

Fettleber bei Überernährung.

 

Mit Blick auf das verordnete Heilmittel ergebe sich hieraus keine therapierelevante Diagnose. Unabhängig von der jeweiligen Diagnosesicherheit lasse sich auf seinem Fachgebiet keine Gesundheitsstörung herausarbeiten, die den langfristigen Heilmittelbedarf begründe. Unter der aktuellen Medikation zeige die vorbeschriebene Psoriasis-Arthritis klinisch und laborchemisch keine Aktivität. Röntgenmorphologisch ergäben sich im Bereich der Hände und Füße keine arthritischen Hinweise oder gar Direktzeichen. Immunologische Marker für eine übergeordnete entzündliche Erkrankung (HLA B 27, anti CCP-AK) seien negativ. Hieraus abgeleitete funktionelle Einschränkungen ließen sich nicht sichern.

 

Funktionelle/strukturelle Beeinträchtigungen seien primär auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet zu verorten.

 

Zusammenfassend hat O. als Hauptsachverständiger ausgeführt, dass sich die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer dauerhaften begleitenden krankengymnastischen Behandlung nicht ergebe.

 

Der Kläger hat sich umfänglich gegen die Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen gewandt. Die Einschätzungen der gerichtlichen Sachverständigen seien in sich widersprüchlich und widersprächen insbesondere der Einschätzung seiner behandelnden Ärzte. Es bedürfe daher einer neutralen Begutachtung, dies auch vor dem Hintergrund seines sich weiter verschlechternden Gesundheitszustands.

 

Nachfolgend hat der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des Rheumatologen N. vom 03.02.2021 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, es sei „gegenwärtig“ zu einer deutlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers gekommen. Deshalb müsse die langwirksame antirheumatische Therapie eskaliert werden. Der Kläger sei massiv körperlich beeinträchtigt und könne deshalb keine Termine wahrnehmen. Weiter hat der Kläger u.a. rheumatologische Laborbefunde aus dem Jahr 2002 vorgelegt. Dort wird die Testbestimmung des HLA B 27 – Antigens als positiv bezeichnet und durch einen PCR-Test bestätigt.

 

Mit Urteil vom 25.03.2022 hat das Sozialgericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

 

„Die Klagen sind zulässig, aber nicht begründet.

Statthafte Klageart ist zur Überzeugung der Kammer jeweils die kombinierte Anfechtungs­- und Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Zur Beseitigung der dem Anliegen des Klägers entgegenstehenden Bescheide einerseits vom 26.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.4.2017 sowie andererseits vom 24.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.8.2017 bedarf es zunächst deren Anfechtung (vgl. zutreffend nur LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2.9.2020 - L 9 KR 214/17 - juris Rn. 46). Darüber hinaus bedarf es zur Verwirklichung des Rechts­schutzziels des Klägers der Erhebung einer mit den Anfechtungsklagen verbundenen Verpflichtungsklagen (pro Verpflichtungsklage bereits SG Osnabrück, Urteil vom 9.3.2016 -S 34 KR 246/14 - juris Rn. 16; Butzer, in: Becker/Kingreen, SGBV, 8. Auflage 2022, §32 Rn. 31; pro Leistungsklage - allerdings ohne Begründung - LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 18.2.2020 - L 11 KR 162/19 - juris Rn. 21; LSG Hessen, Beschluss vom 15.12.2017 - L 8 KR 218/17 - juris Rn. 31), was sich bereits aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenspiel der untergesetzlichen Grundlagen in § 8 HeilM-RL vom 19.5.2011 i.d.F. vom 21.10.2021 ergibt. Denn beim Kläger ist zur Überzeugung der Kammer keine Diagnose gestellt worden, die den in der Anlage 2 zur HeilM- RL gelisteten Diagnosen entspricht. Soweit aber nicht gelistete Schädigungen vorliegen, die denen der Anlage 2 zur HeilM-RL vergleichbar sind, entscheidet die Krankenkasse gem. § 8 Abs. 3 HeilM-RL auf Antrag des Versicherten, ob ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt und die notwendigen Heilmittel genehmigt werden (vgl. Knispel, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, 64. Edition [Stand: 1.3.2022], SGB V, § 32 Rn. 18). Die Erforderlichkeit einer Genehmigung sieht zudem auch die Regelung in § 8 Abs. 5 S. 7 HeilM-RL, der ausdrücklich von einer „Genehmigung des langfristigen Heilmittelbedarfs nach Absatz 3“ ausgeht (vgl. zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 8a HeilM-RL nur LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 65). Für die Erforderlichkeit eines - das Genehmigungsverfahren abschließenden und mit einer Verpflichtungsklage erstreitbaren - Genehmigungsbescheides spricht schließlich auch der Wortlaut des § 8 Abs. 7 S. 3 HeilM-RL, der den zwingenden Inhalt eines solchen Genehmigungsbescheides benennt. Demgegenüber findet gem. § 8 Abs. 2 S. 2 HeilM-RL ein solches Antrags- und Genehmigungsverfahren gerade nicht statt, wenn eine in der Anlage 2 zur HeilM-RL gelistete Diagnose in Verbindung mit der jeweils aufgeführten Diagnosegruppe des Heilmittelkatalogs vorliegt, da in diesen Fällen gem. § 8 Abs. 2 S. 1 HeilM-RL vom Vorliegen eines langfristigen Heilmittelbedarfs i.S.d. § 32 Abs. 1a SGB V auszugehen ist; ein langfristiger Heilmittelbedarf gilt in diesen Fällen als von vornherein genehmigt (vgl. nur Butzer, a.a.O., Rn. 29).

Der Kläger kann auch eine jeweilige Beschwer i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 2 SGG durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten einerseits vom 26.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.4.2017 sowie andererseits vom 24.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.8.2017 geltend machen, ist also klagebefugt, da jedenfalls die Möglichkeit besteht, dass er durch die behauptete Rechtswidrigkeit der o.g. angefochtenen Bescheide in eigenen, subjektiven Rechten betroffen ist (vgl. nur Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage 2022 [Stand: 15.6.2022], §54 Rn. 40; vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, §54Rn. 9f.; Groß, in: Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 54 Rn. 10). Denn es besteht die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Klägers durch die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten (vgl. Söhngen, a.a.O., Rn. 42). So kann im Falle der Ablehnung einer Leistung durch die Behörde nach einer Prüfung in der Sache gegenüber demjenigen, der einen eigenen Anspruch geltend macht, die Klagebefugnis stets unterstellt werden, da dann, wenn die Verwaltung bereits von der Möglichkeit eines Anspruchs ausgeht, nach dessen Ablehnung diese Möglichkeit nicht in Frage gestellt werden kann (Söhngen, a.a.O.). Die Möglichkeit eines Anspruchs des Klägers auf Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung in § 32 Abs. 1a SGB V, dem sich entnehmen lässt, dass der oder die Versicherte einen entsprechenden Antrag auf eine langfristige Genehmigung bei der Krankenkasse stellen kann, wobei gerade die Antragstellung als formales Element mit der vom Gesetzgeber gewollten subjektiven Rechtsposition, die er den Versicherten mit dem Ziel hat zukommen lassen, Klarheit darüber zu erhalten, dass vertragsärztliche Heilmittelverordnungen nicht nur vereinzelt und innerhalb oder außerhalb des Regelfalls, sondern auch langfristig unter bestimmten Voraussetzungen beansprucht werden können, korrespondiert (LSG Saarland, Urteil vom 13.4.2016 - L 2 KR 176/14 -juris Rn. 28). Vor diesem Hintergrund wäre es auch mit der von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Rechtsschutzgarantie, die in ihrer Gestalt als Leistungsgrundrecht jedermann den effektiven und lückenlosen gerichtlichen Rechtsschutz gegen behauptete rechtswidrige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in seine Rechte gewährleistet (vgl. nur Antoni, in: Hörmig/Wolff, GG, 13. Auflage 2022, Art. 19 Rn. 12; vgl. auch Enders, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 51. Edition [Stand: 15.5.2022], Art. 19 Rn. 51), nicht vereinbar, die Ablehnung einer langfristigen Genehmigung durch die Krankenkasse der gerichtlichen Kontrolle zu entziehen und insoweit eine Justiziabilität auszuschließen und damit letztlich die Regelung des § 32 Abs. 1a SGB V ins Leere laufen zu lassen (zutreffend LSG Saarland, a.a.O.).

Schließlich hat der Kläger auch ein Rechtsschutzinteresse, wie es jede Rechtsverfolgung voraussetzt, auch wenn dies im SGG nur vereinzelt zum Ausdruck gebracht worden ist (vgl. nur Keller, a.a.O., Vorb. vor § 51 Rn. 16a). Denn auch wenn der Kläger in der Vergangenheit bereits die in der Sache begehrten physikalischen Therapieeinheiten erhalten hat, entfaltet die von ihm begehrte Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs nach wie vor Rechtswirkung für die Zukunft und ist insbesondere insoweit keine Erledigung der begehrten Genehmigung durch Zeitablauf eingetreten (vgl. nur erneut LSG Saarland, a.a.O., Rn. 29 sowie SG Fulda, Urteil vom 19.1.2017 - S 11 KR 42/13 - juris Rn. 22).

 

Die kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen sind allerdings unbegründet.

 

Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide einerseits vom 26.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.4.2017 sowie andererseits vom 24.4.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.8.2017 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da die Bescheide nicht rechtswidrig ist. Er hat keinen Anspruch auf Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs im Sinne eines Anspruchs auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V, die auch die Versorgung mit Heilmitteln gem. § 11 Abs. 1 Nr. 4, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und § 32 SGB V insbesondere auch in Gestalt der vom Kläger begehrten Krankengymnastik erfasst (§ 19 Abs. 3 Nr. 3 HeilM-RL). Denn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 27 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1a SGB V i.V.m. § 8a HeilM-RL liegen zur Überzeugung der Kammer nicht vor.

Nach § 32 Abs. 1a SGB V regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Richtlinie nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V das Nähere zur Heilmittelversorgung von Versicherten mit langfristigem Heilmittelbedarf. Diese nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Folge der gesetzlichen Ermächtigung des § 32 Abs. 1a SGB V beschlossene HeilM-RL ist eine untergesetzliche Rechtsnorm (BSG, Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 13/05 R - juris Rn. 28), wobei an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Erlass derlei Richtlinien keine grundsätzlichen Zweifel bestehen (vgl. schon BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 1 KR 24/06 R - juris Rn. 14). Durch diese wie auch weitere Richtlinien entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 92 Abs. 1 S. 1 SGB V über die ausreichende zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, wobei § 92 Abs. 6 S. 1 SGB V den Inhalt der HeilM-RL durch eine nicht abschließende Aufzählung konkretisiert (vgl. nur Filges, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Auflage 2020 [Stand: 27.7.2021], § 92 Rn. 92). Letztlich wird durch diese aufgrund von

§ 92 Abs. 1 S. 1 SGB V zu schaffenden Richtlinien der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.5.2014 - L 11 KR 4072/13 - juris Rn. 34; SG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 2.8.2018 - S 27 KR 4067/18 - juris Rn. 23). Ausdrücklich hat der Gesetzgeber dem Gemeinsamen Bundesausschuss in § 32 Abs. 1a S. 2 SGB V aufgegeben, zu bestimmen, wann ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt, und festzulegen, ob und inwieweit ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Dadurch werden einheitliche, für alle Krankenkassen geltende Bestimmungen getroffen (Knispel, a.a.O.).

 

Grundsätzlich sieht § 7 HeilM-RL vom 19.5.2011 i.d.F. vom 21.10.2021 kein Genehmigungsverfahren für Verordnungen von Heilmitteln mehr vor, da die in der Vergangenheit- sofern überhaupt - durchgeführten Genehmigungsverfahren für Verordnungen außerhalb des Regelfalls mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden (vgl. BT- Drs. 19/8351, S. 175). Damit entfällt insbesondere die zuvor gegebene Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen Verordnungen innerhalb und außerhalb des Regelfalls bei gleichzeitiger Einführung des Begriffs der orientierenden Behandlungsmenge, welche die bisherige indikationsbezogene Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls ersetzt, wobei die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung der bisherigen Verordnungsmenge je Diagnose entspricht und Verordnungen über die orientierende Behandlungsmenge hinaus bei medizinischer Notwendigkeit stets möglich sind (vgl. Abschlussbericht des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Beschluss über eine Änderung der HeilM-RL vom 9.1.2020, S. 3f.; BT-Drs. 19/8351, S. 185).

Darüber hinaus eröffnet § 8 HeilM-RL die Möglichkeit der Versorgung von Versicherten mit langfristigem Heilmittelbedarf für einen längeren Zeitraum. Langfristiger Heilmittelbedarf i.S.d. § 32 Abs. 1a S. 2 SGB V liegt nach § 8 Abs. 1 HeilM-RL vor, wenn sich aus der ärztlichen Begründung die Schwere und Langfristigkeit der funktionellen/strukturellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und der nachvollziehbare Therapiebedarf des Versicherten ergibt. Vom Vorliegen eines langfristigen Heilmittelbedarfs ist nach § 8 Abs. 2 S. 1 HeilM-RL auszugehen, wenn eine in der Anlage 2 der HeilM-RL gelistete Diagnose in Verbindung mit der jeweils aufgeführten Diagnosegruppe des Heilmittelkatalogs vorliegt. In diesem Fall findet gem. § 8 Abs. 2 S. 2 HeilM-RL ein Antrags- und Genehmigungsverfahren nicht statt. Demgegenüber trifft die Krankenkasse gem. § 8 Abs. 3 HeilM-RL bei schweren dauerhaften funktionellen/strukturellen Schädigungen, die mit denen in der Anlage 2 vergleichbar und dort nicht gelistet sind, die Feststellung darüber, ob ein langfristiger Heilmittelbedarf i.S.d. § 32 Abs. 1a SGB V vorliegt und die notwendigen Heilmittel langfristig genehmigt werden können. Die gem. § 8 Abs. 7 S. 3 HeilM-RL durch Genehmigungsbescheid zu erteilende Genehmigung kann nach § 8 Abs. 7 S. 1 HeilM-RL unbefristet oder gem. § 8 Abs. 7 S. 2 HeilM-RL auf mehrere Jahre befristet, jedoch nicht für weniger als ein Jahr erteilt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Diagnoseliste in Anlage 2 der HeilM-RL Diagnosegruppen und Indikationsschlüssel benennt und die Art des grundsätzlich in Betracht kommenden Heilmittels regelt; die von § 8 Abs. 3 HeilM-RL geforderte Vergleichbarkeit der Schädigungen mit denen der Anlage 2 muss sowohl hinsichtlich der Diagnose als auch der Diagnosegruppe bzw. des Indikationsschlüssels gegeben sein (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 30.6.2020 - L 11 KR 4345/19 - juris Rn. 32 sowie vom 18.2.2020 - L 11 KR 162/19 - juris Rn. 28).

 

Der Kläger leidet unter den von den drei Sachverständigen O., X. und D. in ihren jeweiligen Gutachten genannten Gesundheitsstörungen, ohne dass bei dem Kläger eine in der Anlage 2 der HeilM-RL gelistete Diagnose zu stellen ist. Insbesondere zählt jene von dem Sachverständigen X. in seinem fachinternistisch-rheumatologischen Gutachten vom 20.8.2020 beim Kläger gestellte Diagnose einer chronifizierten Schmerzstörung bei vorbeschriebener Psoriasis Arthritis bzw. die von dem ihn behandelnden Arzt für Neurologie und Psychiatrie K. gestellte Diagnose einer Psoriasis und Psoriasis-Arthropathie - insoweit wohl entgegen der Auffassung des Klägers - gerade nicht zu jenen in der Anlage 2 der HeilM-RL gelisteten Diagnosen. Unerheblich ist im Rahmen der Beantwortung der streitgegenständlichen Frage hinsichtlich der Erforderlichkeit eines langfristigen Heilmittelbedarfs i.S.d. § 8 HeilM-RL, dass die Verordnung von Heilmitteln grundsätzlich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung gem. § 106b SGB V unterliegt und entsprechende Rahmenvorgaben besondere Verordnungsbedarfe für die Verordnung von Heilmitteln festlegen, die bei den Prüfungen nach § 106b Abs. 1 SGB V anzuerkennen sind, worauf allein die Beklagte mit Schreiben vom 25.1.2017 hingewiesen hat. Denn gem. § 2 Abs. 3 der Anlage 2 der Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen bleiben die Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses gem. § 32 Abs. 1a SGB V in der HeilM-RL nach § 92 Abs. 2 Nr. 6 SGB V von den Regelungen der Rahmenvorgaben ausdrücklich unberührt.

Insgesamt ist die Kammer unter Würdigung der von den behandelnden Ärzten des Klägers bei diesem beschriebenen Gesundheitsstörungen einerseits und der gutachtlichen Ausführungen der drei von Amts wegen gehörten Sachverständigen O., X. und D. andererseits der Überzeugung, dass der Kläger an keiner Gesundheitsstörung leidet, die das Stellen einer in der Anlage 2 der HeilM-RL gelisteten Diagnose rechtfertigen würde. Zum Einen findet sich die einzige von dem auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gehörten Sachverständigen D. gestellte Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren ebenso wenig wie die von dem auf orthopädischen Fachgebiet gehörten Sachverständigen O. gestellten Diagnosen einer Funktionsstörung der Wirbelsäule sowie einer Funktionsstörung der Füße unter jenen in Anlage 2 der HeilM-RL gelisteten Diagnosen. Insbesondere stellt auch die von dem auf internistisch- rheumatologischem Fachgebiet gehörten Sachverständigen X. beschriebene Lungenfunktionsstörung mit normalen Blutgaswerten keine Gesundheitseinschränkung dar, die einer unter der Diagnosegruppe „Störungen der Atmung“ in der Anlage 2 der HeilM-RL gelisteten Diagnosen entspräche, da der Sachverständige X. bei der im Rahmen der körperlichen Untersuchung und Begutachtung des Klägers durchgeführten Lungenfunktionsprüfung einen FEV1-Wert von 54 % des Sollwerts dokumentieren konnte, wohingegen jede der vier in der Diagnosegruppe „Störungen der Atmung“ gelisteten Diagnosen einen FEV1-Wert von < 35 % des Sollwerts erfordert.

Jene von diesen drei Sachverständigen beim Kläger insgesamt gesehenen Gesundheitseinschränkungen stehen zudem in widerspruchsfreiem Einklang mit jenen von den ihn behandelnden Ärzten gestellten Diagnosen. So beschreibt der Facharzt für Orthopädie G. in seiner ärztlichen Bescheinigung vom 18.10.2016 beim Kläger ebenfalls ein Schmerzsyndrom sowie verschiedene, die Wirbelsäule des Klägers in ihren verschiedenen Segmenten betreffende Gesundheitseinschränkungen, die einerseits der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige D. mit der genannten Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren erfasst und andererseits der auf orthopädischem Fachgebiet gehörte Sachverständige O. als Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule bei myostatischer Haltungsinsuffizienz mit Rundrückenbildung, muskulär-statischer Lenden-Beckeninsuffizienz bei starker Übergewichtigkeit, mit einem chronisch myofaszialen Schmerzsyndrom sowie bei einer multisegmentalen Bandscheiben- und Wirbelgelenkdegeneration beschreibt.

Auch hat keiner der den Kläger behandelnden Ärzte selbst eine Diagnose gestellt, die in der Anlage 2 der HeilM- RL aufgeführt ist. Unter Berücksichtigung des jeweils auszugsweise wiedergegebenen aktenkundigen medizinischen Befundes erweisen sich die Ausführungen der drei gerichtlich gehörten Sachverständigen O., X. und D. in ihren jeweiligen Gutachten für die Kammer insgesamt als nachvollziehbar und stimmig, indem die Sachverständigen - auch auf der Grundlage einer eingehenden interdisziplinären Konferenz - widerspruchsfrei an die in der Vergangenheit beim Kläger erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen anknüpfen. Da jene beim Kläger vorliegenden Erkrankungen nicht in der Anlage 2 der HeilM-RL aufgeführt ist, ist eine Genehmigung nicht gem. § 8 Abs. 2 HeilM-RL entbehrlich.

 

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten auch keinen Anspruch auf Erteilung einer entsprechend nach § 8 Abs. 3, 7 HeilM-RL erforderlichen Genehmigung. Denn bei ihm liegen gerade nicht schwere dauerhafte funktionelle/strukturelle Schädigungen, die mit denen der Anlage 2 vergleichbar sind, vor und es besteht bei ihm kein langfristiger Heilmittelbedarf i.S.d. § 32 Abs. 1a SGB V. Eine vergleichbare schwere dauerhafte funktionelle/strukturelle Schädigung liegt gem. § 8 Abs. 5 S. 2 HeilM-RL dann vor, wenn die bei dem Antragsteller bestehenden funktionellen/strukturellen Schädigungen vergleichbar mit der Schwere und Dauerhaftigkeit der Schädigungen sind, wie sie bei Diagnosen aus der Anlage 2 der HeilM-RL zu erwarten sind. Eine Schwere und Langfristigkeit i.S.d. § 8 Abs. 3 HeilM-RL kann sich gem. § 8 Abs. 5 S. 3 HeilM-RL auch aus der Summe mehrere einzelner funktioneller/struktureller Schädigungen und Beeinträchtigungen der individuellen Aktivitäten ergeben, die für sich allein die Kriterien nicht erfüllen, sich aus deren Gesamtbetrachtung jedoch ein Therapiebedarf ergibt, der hinsichtlich Dauer und Umfang auch bei Diagnosen der Anlage 2 der HeilM-RL zu erwarten ist. Nach § 8 Abs. 5 S. 4 HeilM-RL ist bei Entscheidungen nach § 8 Abs. 5 S. 2 und 3 HeilM-RL von einer Dauerhaftigkeit oder Langfristigkeit auszugehen, wenn ein Therapiebedarf mit Heilmitteln von mindestens einem Jahr medizinisch notwendig ist.

Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die bei dem Kläger vorliegenden funktionellen/strukturellen Schädigungen hinsichtlich ihrer Schwere und Dauerhaftigkeit nicht vergleichbar mit der Schwere und Dauerhaftigkeit der Schädigungen sind, wie sie bei Diagnosen aus der Anlage 2 der HeilM-RL zu erwarten sind, und im Übrigen keine langfristige Heilmittelbehandlung erfordern. Dies haben alle drei von Amts wegen gehörten Sachverständigen in ihren jeweiligen für das Gericht erstellten Gutachten vom 20.8.2020, vom 14.9.2020 sowie vom 9.11.2020 nachvollziehbar und überzeugend unter jeweils umfassender Auswertung der ihnen vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten sowie aufgrund jeweils einer persönlichen Untersuchung des Klägers dargelegt. Insbesondere diagnostizieren die drei Sachverständigen O., X. und Gerhard jeweils in wesentlicher und widerspruchsfreier Übereinstimmung mit jenen den Kläger in der Vergangenheit behandelnden Ärzten die bereits im Tatbestand aufgeführten Gesundheitsbeeinträchtigungen. Ausdrücklich sieht zunächst der Sachverständige O. nach umfangreicher orthopädischer Befunderhebung und Auswertung der digitalen Radiographie sowie durchgeführter Funktionsdiagnostik beim Kläger keine fortgeschritten ausgeprägten strukturellen Veränderungen an der Wirbelsäule und am Rumpf des Klägers und betont, dass die gesehenen Veränderungen aus funktioneller Sicht keinen wesentlich limitierenden Einfluss auf die Stabilität und segmentale Bewegungsfunktion haben. Die von dem Sachverständigen O. gesehenen funktionellen Einschränkungen führten letztlich nicht zu einem dauerhaften Heilmittelbedarf in Form von Physiotherapie, sondern es sei vielmehr eine intermittierende Anleitung zu Eigenübungen für die Rumpfstabilisierung sinnvoll. Auch jener auf internistisch- rheumatologischem Fachgebiet gehörte Sachverständige X. kommt in seinem Gutachten vom 20.8.2020 in für die Kammer aufgrund des auch von diesem Sach-verständigen in Rahmen einer körperlichen Untersuchung des Klägers umfassend erhobenen körperlichen Untersuchungsbefundes und Objektivierung desselben durch die dokumentierten Labor- und Zusatzbefunde schlüssig nachvollziehbarer und insgesamt überzeugender Weise zu der sachverständigen Einschätzung, dass sich beim Kläger keine Gesundheitsstörung herausarbeiten lässt, die einen langfristigen Heilmittelbedarf auf internistischem oder rheumatologischem Fachgebiet begründet, da insbesondere die auch vom Kläger selbst ausdrücklich beklagte Psoriasis Arthritis klinisch wie laborchemisch keinerlei Aktivität zeigte und aus ihr auch keine funktionellen Einschränkungen abzuleiten seien. Schließlich beschreibt der auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige D. in seinem Gutachten vom 14.9.2020 mit ebenfalls für die Kammer auf Grund des erhobenen Befundes schlüssiger Begründung gar bei Weiterführung der physiotherapeutischen Maßnahmen die Gefahr einer Fixierung des Klägers auf eine organische Grundlage seiner Beschwerden, obgleich bei ihm im Wesentlichen ein psychosomatisches Störungsbild vorliege, dem durch eine ambulante Psychotherapie zu begegnen sei, ohne dass dieser Sachverständige jedoch eine tiefgreifende funktionelle oder strukturelle Störung beim Kläger beschreiben konnte. Letztlich haben alle drei Sachverständigen die aus den von ihnen jeweils festgestellten Erkrankungen des Klägers folgenden funktionellen bzw. strukturellen Schädigungen und Beeinträchtigungen in für die Kammer nachvollziehbar differenzierter Art und Weise herausgearbeitet, indem sie im Rahmen der jeweiligen körperlichen Untersuchung des Klägers umfassend eigene Befunde erhoben und hiervon ausgehend schlüssig etwaig daraus resultierende Störungen beschrieben haben. Insgesamt hält keiner der drei Sachverständigen unter Berücksichtigung der jeweils erhobenen Befunde sowie der jeweiligen Untersuchungsergebnisse der körperlichen Untersuchungen des Klägers die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen für mit den Diagnosen im Sinne der Anlage 2 der HeilM-RL vergleichbar. Dieser Einschätzung der drei gerichtlich gehörten Sachverständigen schließt sich die Kammer nach eigener Überzeugungsbildung unter erneuter Würdigung des medizinisch umfassend ermittelten und bereits dargestellten Sachverhalts an und ist im Ergebnis der Überzeugung, dass die beim Kläger aufgrund der bei ihm zu stellenden Diagnosen eingetretenen Schädigungen hinsichtlich der Diagnosen insgesamt nicht vergleichbar mit irgendeiner der in der Anlage 2 der HeilM-RL genannten Diagnosen und Diagnosegruppen sind. Vielmehr ist die Kammer aufgrund des Beweisergebnisses der Überzeugung, dass die beim Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen bestehenden funktionellen/strukturellen Schädigungen gerade auch nicht mit der Schwere der Schädigungen vergleichbar sind, wie sie bei Diagnosen aus der Anlage 2 der HeilM-RL zu erwarten sind.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. So bilden die drei Gutachten der jeweils von Amts wegen gehörten Sachverständigen O., X. und D. eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung der Kammer und haben ihr die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (vgl. § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 der Zivilprozessordnung [ZPO]), so dass keine weiteren Beweiserhebungen von Amts wegen notwendig waren.“

 

Gegen das ihm am 15.07.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.08.2022 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die behandelnden Ärzte N. und G. hätten eine Vielzahl von Diagnosen gestellt, die weit über die Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen hinausgingen. Die behandelnden Ärzte hielten eine dauerhafte Krankengymnastik für erforderlich, da ein Pausieren negative Auswirkung auf das gesamte Beschwerdebild haben würde. Er sei nicht in der Lage, die erforderlichen krankengymnastischen Übungen in Eigenregie durchzuführen. Nur aufgrund der laufenden Cortisontherapie seien die Entzündungswerte so gering. Schließlich sei der (immunologische) Rheumawert entgegen der Feststellungen des Sachverständigen X. positiv. Er habe gegenüber diesem Sachverständigen auch nicht erklärt, seine rheumatische Erkrankung stünde im Vordergrund. Im Vordergrund stünden vielmehr alle internistischen, neurologischen, orthopädischen und rheumatologischen Erkrankungen in ihrer Gesamtheit. Es lägen schwere Bewegungsstörungen und auch innere Leiden vor, u.a. eine Herzleistungsschwäche und Lungenfunktionsstörung. In der Gesamtheit seiner Erkrankungen liege eine Vergleichbarkeit zu den gelisteten Erkrankungen vor. 

 

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.03.2022 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2017 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 24.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2017 zu verurteilen, die am 22.09.2016 bzw. am 27.03.2017 beantragte langfristige Heilmittelbehandlung zu bewilligen.

 

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

 

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verfahrensakte S 6 KR 732/17 - SG Münster - sowie die ebenfalls beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben, § 124 Abs. 2 SGG.

 

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 25.03.2022 ist unbegründet.

 

Das Sozialgericht hat die Klagen zurecht abgewiesen. Die Bescheide vom 26.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2017 und vom 24.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2017 sind rechtmäßig.

 

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Genehmigung der am 22.09.2016 bzw. am 27.03.2017 beantragten langfristigen Heilmittelbehandlung.

 

Der Senat weist gemäß § 153 Abs. 2 SGG die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

 

Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

 

Die Beklagte wurde zum 01.01.2024 von BKK VBU zu „BKK mkk - meine krankenkasse“ umbenannt, ohne dass sich an ihrer Passivlegitimation etwas geändert hat.

 

Auch zur Überzeugung des Senats ist Gegenstand des Verfahrens die Genehmigung der vom Kläger am 22.09.2016 bzw. am 27.03.2017 beantragten langfristigen Heilmittelbehandlung. Der Regelungsgehalt der beiden angefochtenen Bescheide schließt in zeitlicher Hinsicht nahtlos aneinander an.

 

Damit ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Genehmigung der langfristigen Heilmittelbehandlung zum 22.09.2016 bereits vorlagen oder jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats eingetreten sind. Die Neufassung der HeilM-RL am 16.03.2017 auf der Grundlage von § 32 Abs. 1a SGB V mit der eigenständigen Regelung des langfristigen Heilmittelbedarfs in § 8a (nunmehr wieder § 8 in der aktuellen Fassung der HeilM-RL) hat hierauf ebenso wenig Auswirkungen wie die Änderungen der HeilM-RL zum 01.01.2021.

 

Auch zur Überzeugung des Senats bestand ein solcher Anspruch auf Genehmigung zum 22.09.2016 nicht und ist auch nicht bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats entstanden. 

 

a)

Ebenso wie das Sozialgericht erachtet der Senat die entsprechenden Feststellungen der erstinstanzlich gehörten gerichtlichen Sachverständigen O., X. und D. als schlüssig und überzeugend.

 

Zwar ist dem Kläger dahingehend zu folgen, dass der internistisch-rheumatologische Sachverständige X. ausgeführt hat, der immunologischer Marker HLA B 27 sei negativ, obwohl aus den vom Kläger vorgelegten Laborberichten aus dem Jahr 2002, insbesondere aber auch aus der von X. selbst veranlassten Laboruntersuchung vom 20.08.2020 ersichtlich ist, dass der Wert positiv ist. Hieraus allein ist aber ein langfristiger Heilmittelbedarf im Sinne des § 8 HeilM-RL nicht abzuleiten. Schwerwiegende funktionelle bzw. strukturelle rheumatische Veränderungen sind nicht feststellbar.

X. hat überzeugend ausgeführt, dass unter der aktuellen Medikation die vorbeschriebene Psoriasis-Arthritis klinisch und laborchemisch keine Aktivität zeige. Ebenso wenig ließen sich röntgenmorphologisch arthritische Veränderungen der Hände und Füße nachzeichnen. Dies wird durch die ICD 10 Kodierung der Psoriasis-Arthritis durch G. insoweit gestützt, als dass eine Arthritis mutilans (ICD 10 M 07.1), also eine schwere, zerstörerische Form der Gelenkentzündung – insoweit Listenerkrankung nach Anlage 2 der HeilM-RL in der Fassung vom 16.03.2017 - nicht bezeichnet wurde, sondern eine sonstige psoriatische Arthritis (ICD 10 M 07.3).

 

Der Kläger kann sein Begehren auch nicht darauf stützen, dass seine Erkrankungen im Sinne des § 8 Abs. 5 Satz 3 HeilM-RL in ihrer Gesamtheit schwere dauerhafte funktionelle/strukturelle Schädigungen und Beeinträchtigungen der individuellen Aktivitäten ergeben, die einen Therapiebedarf zeitigen, der hinsichtlich Dauer und Umfang auch bei Diagnosen der Anlage 2 zu erwarten ist.

 

Konkrete funktionelle oder strukturelle Defizite des Klägers werden von den behandelnden Ärzten nicht beschrieben, vielmehr wird auf die Vielzahl der Diagnosen und die Schmerzintensität Bezug genommen. Insbesondere die Begründung des Orthopäden G. für die von ihm ausgestellten Verordnungen beschränkt sich auf die „Schwere des Falls“. Ein Vergleich mit den Schädigungen und Einschränkungen der in der Anlage 2 zur HeilM-RL gelisteten Diagnosen lässt sich damit nicht ziehen. Soweit der Kläger zuletzt eine Herzleistungsschwäche und eine Lungenfunktionsstörung neben seinen orthopädischen und rheumatologischen Erkrankungen angeführt hat, ist vor dem Hintergrund der Feststellungen des Sachverständigen X. nicht ersichtlich, wie sich hieraus ein im Sinne des § 8 HeilM-RL langfristiger Bedarf an Krankengymnastik ableiten lassen soll.

 

Darüber hinaus kann der Senat sich keine Überzeugung davon bilden, dass die vorliegenden - im Detail von den Sachverständigen beschriebenen - Einschränkungen des Klägers einen Therapiebedarf zeitigen, der hinsichtlich Dauer und Umfang auch bei Diagnosen der Anlage 2 zu erwarten ist. Vielmehr hat auch G. als Therapieziel neben Schmerzlinderung und Muskelaufbau ein „Übungsprogramm für zu Hause“ angegeben, was gerade nicht dafür spricht, dass aus seiner Sicht eine lückenlose krankengymnastische Behandlung erforderlich war.

 

Im Übrigen und im Besonderen droht nach den schlüssigen und widerspruchsfreien Feststellungen des Sachverständigen D. bei Fortführung (allein) der physiotherapeutischen Maßnahmen eine fortwährende Fixierung auf eine organische Grundlage seiner Beschwerden. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich der Kläger der von dem Sachverständigen D. angesichts des erheblichen psychosomatischen Beschwerdeanteils dringend angeratenen Psychotherapie unterzogen oder auch nur Bemühungen dahingehend unternommen hätte.

 

Die vorstehenden Feststellungen gelten bis zum Tag der Entscheidung des Senats. Eine mit Blick auf die begehrte Genehmigung wesentliche Veränderung der gesundheitlichen Situation des Klägers ist nicht ersichtlich.

 

b)

Im Übrigen stützt der Senat die Zurückweisung der Berufung auch auf den Umstand, dass die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Verordnungen vom 19.09.2026 und vom 16.03.2017 nicht als Grundlage für die Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlung geeignet sind, worauf der Senat bereits mit Schreiben vom 26.02.2024 hingewiesen hat. Denn die Verordnungen weisen eine Menge von fünf bzw. sechs Einheiten Krankengymnastik aus. Eine Verordnung langfristiger Heilmittelbehandlung im Sinne des § 8 HeilM-RL setzt allerdings eine Verordnung mit einer Laufzeit von jedenfalls einem Jahr voraus, § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4, § 8 Abs. 5 Satz 4 HeilM-RL aktuelle Fassung (bzw. § 8a Abs. 5 Satz 4 HeilM-RL i.d.F. vom 16.03.2017; § 8 Abs. 5 HeilM-RL i.d.F. vom 17.12.2015).

 

Das in einem späteren Zeitpunkt eine geeignete Verordnung erfolgte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. In seiner Stellungnahme zu den erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten hat der Kläger u.a. eine Verordnung des Rheumatologen N. außerhalb des Regelfalls vom 11.10.2019 vorgelegt, in welcher zehn Einheiten Krankengymnastik ausgewiesen sind. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung erster Instanz hat der Kläger vorgetragen, er erhalte nach wie vor Krankengymnastik im Regelfall verordnet.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nrn 1 oder 2 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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