Die im Vergleich zur Vergütung entsprechender psychotherapeutischer Leistungen nach Kapitel 35.2 EBM-Ä geringere Vergütung der neuropsychologischen Therapie ist im Quartal III/2017 im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die entsprechenden psychotherapeutischen Leistungen genehmigungspflichtig sind (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2023, B 6 KA 1/22 R, zitiert nach juris, Rn. 33).
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2020 aufgehoben. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten (noch) über die Höhe der Vergütung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen der Gebührenordnungsposition (GOP) 30932 (Neuropsychologische Therapie [Einzeltherapie]) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) im Quartal III/2017.
Die Klägerin nimmt seit dem 1. Oktober 2013 im Rahmen einer Sonderbedarfszulassung als Psychologische Psychotherapeutin an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teil. Im streitigen Quartal III/2017 erbrachte sie unter anderem Leistungen der mit 819 Punkten bewerteten GOP 30932.
Gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2017 erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die Vergütung der neuropsychologischen Einzelbehandlung nach der GOP 30932 sei zu niedrig. Die entsprechenden Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä (z.B. Verhaltenstherapie, Einzelbehandlung) würden höher bewertet (mit 841 Punkten). Auch erhalte sie nicht den Strukturzuschlag nach der GOP 35571, der den Einzelbehandlungen nach dem Kapitel 35.2 EBM-Ä automatisch zugesetzt werde. Die unterschiedliche Vergütung verstoße gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 GG sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Genehmigungsbedürftigkeit der Leistungen nach Kapitel 35.2 EBM-Ä könne seit dem Inkrafttreten der neuen Psychotherapierichtlinie ab dem 1. April 2017 nicht mehr als Grund für eine Ungleichbehandlung herangezogen werden, da die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen der psychotherapeutischen Sprechstunde (GOP 35151) und psychotherapeutischen Akutbehandlung (GOP 35152) mit den Leistungen nach dem Kapitel 35.2 EBM-Ä vergütungsmäßig gleichgesetzt worden seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2019 zurück. Lediglich in Fällen, in denen sich zweifelsfrei feststellen lasse, dass der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt habe oder ein Beschluss nicht mit gesetzlichen Regelungen in Einklang stehe, bestehe Anlass zur Korrektur von EBM-Regelungen. Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor. Die punktzahlmäßige Bewertung der neuropsychologischen Einzelbehandlung nach der GOP 30932 sei nicht zu beanstanden.
Gegen den ihr am 11. Juli 2019 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 12. August 2019 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend zur Begründung ausgeführt: Die geringere Vergütung, insbesondere die Nichtgewährung des Personalaufwendungen deckenden Strukturzuschlags, verstoße gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit und den Gleichheitsgrundsatz. Zum 1. April 2017 seien mit der psychotherapeutischen Sprechstunde (GOP 35151) und der psychotherapeutischen Akutbehandlung (GOP 35152) neue psychotherapeutische Leistungen ins GKV-System implementiert worden. Diese Leistungen würden entsprechend der Richtlinienpsychotherapie bzw. der Einzelbehandlung vergütet. Sie seien aber nicht genehmigungsbedürftig. Damit entfalle das wesentliche Argument für die Ungleichbehandlung der neuropsychologischen Einzelbehandlung und der Einzelbehandlung im Rahmen der Richtlinientherapie, nämlich die Genehmigungsbedürftigkeit der im Übrigen gleichen Leistungen. Dementsprechend werde die neuropsychologische Einzelbehandlung auch nicht angemessen i.S.d. § 87 Abs. 2c SGB V vergütet. Zudem sei die Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses im Jahr 2015, nur die Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä rückwirkend höher zu bewerten, willkürlich.
Mit Beschluss vom 16. Januar 2020 hat das Sozialgericht eine die Vergütung neuropsychologischer Einzelbehandlungen im Quartal I/2016 betreffende Klage der Klägerin (gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2017, S 83 KA 318/17) zum vorliegenden Verfahren verbunden.
Mit Urteil vom 29. Juli 2020 hat das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet, das Honorar für das Quartal III/2017 neu festzusetzen. Im Übrigen, hinsichtlich des Quartals I/2016, hat es die Klage abgewiesen. In Bezug auf das Quartal III/2017 hat das Sozialgericht ausgeführt: Die Vergütung der GOP 30932 EBM-Ä sowie die Nichtberücksichtigung der neuropsychologischen Leistungen bei der Berechnung des Strukturzuschlags (GOP 35571 EBM-Ä) im Quartal III/2017 verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Bewertungsausschuss habe die Bewertung der mit Wirkung zum 1. April 2017 in den EBM-Ä aufgenommenen psychotherapeutischen Sprechstunde (GOP 35151) und psychotherapeutischen Akutbehandlung (GOP 35152) so begründet, dass es sich bei diesen Leistungen zwar nicht um genehmigungspflichtige Leistungen handele, die Bewertung aber dennoch auf Basis der Leistungsbewertungen der antrags- und genehmigungspflichtigen Einzeltherapieleistungen erfolge. Damit habe er deutlich gemacht, dass er bezogen auf die Vergütungshöhe nicht mehr an dem Unterscheidungsmerkmal der Genehmigungsbedürftigkeit festhalte. Er könne sich folglich nicht mehr auf die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit als Grund für die geringere Vergütung der neuropsychologischen Leistungen berufen. Die Vergütungen der GOP 30932 und der GOP 35150 seien zwar durch Beschluss vom 23. April 2019 angeglichen worden. Es sei aber bereits eine Angleichung zum 1. April 2017 erforderlich gewesen.
Gegen das ihr am 4. August 2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte (soweit sie zur Neufestsetzung des Honorars für das Quartal III/2017 verpflichtet worden ist) am 2. September 2020 Berufung eingelegt. Die Klägerin hat gegen das Urteil (soweit die Klage hinsichtlich des Quartals I/2016 abgewiesen worden ist) ebenfalls Berufung eingelegt. Am 4. September 2024 hat die Klägerin ihre Klage hinsichtlich des Quartals I/2016 zurückgenommen.
Die Beklagte verweist zur Begründung ihrer Berufung auf den Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2019 und trägt darüber hinaus im Wesentlichen vor: Die unterschiedliche Vergütung sei auch ab dem 1. April 2017 gerechtfertigt. Der Bewertungsausschuss sei bei der Einführung der Leistungen nach den GOP 35151 und 35152 davon ausgegangen, dass es zu Einsparungen bei den psychotherapeutischen Gesprächen und bei den antragpflichtigen Leistungen kommen könne. Sie hätten dazu beitragen sollen, antragspflichtige Therapieverfahren zu vermeiden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2020 zu ändern, soweit sie verpflichtet wurde, den Honorarbescheid für das Quartal III/2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2019 zu ändern und das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2017 neu festzusetzen, sowie die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren. Das Urteil des Sozialgerichts sei hinsichtlich des noch streitigen Quartals III/2017 zutreffend. Dafür spreche, dass der Bewertungsausschuss die geforderte Gleichbewertung von Richtlinientherapie und Neuropsychologie ab dem 1. Januar 2019 selbst angeordnet habe. Auch § 87 Abs. 2c Satz 6 SGB V aF fordere eine Gleichstellung der Vergütung der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä und der Leistungen der neuropsychologischen Therapie nach der GOP 30932. Die Ungleichbehandlung in Bezug auf die neu eingeführte psychotherapeutische Sprechstunde und psychotherapeutische Akutbehandlung (GOP 35151 und 35152) könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass durch diese Leistungen Wartezeiten überbrückt oder längerfristige Behandlungen überflüssig gemacht werden sollten. Nichts anderes folge aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. Dezember 2023 (B 6 KA 1/22 R). Dort sei die Vergütung im Quartal II/2013 streitig gewesen. Hinsichtlich des Quartals III/2017 liege lediglich ein uneindeutiges obiter dictum vor. Das Bundessozialgericht habe festgestellt, dass die Antrags- und Genehmigungspflicht als Unterscheidungsmerkmal für die Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen an Gewicht verloren habe.
Die Beigeladene zu 1 macht geltend: Die unterschiedliche Bewertung der genehmigungspflichtigen Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä einerseits und der zum Kapitel 30.11 EBM-Ä gehörenden GOP 30932 andererseits sei auch im streitigen Quartal III/2017 nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht habe der Klage insoweit zu Unrecht stattgegeben. Eine identische Vergütungshöhe sei nicht aufgrund von § 87 Abs. 2c Satz 6 SGB V aF erforderlich. Die Leistungen unterschieden sich maßgeblich durch die Antrags- und Genehmigungsbedürftigkeit der Richtlinienverfahren. Die Unterschiede seien ab dem Quartal II/2017 nicht weggefallen. Die Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde und der psychotherapeutischen Akutbehandlung (GOP 35151 und 35152) hätten an der Genehmigungspflicht der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä nichts geändert. Soweit die GOP 35151 und 35152 wie die Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä bewertet würden, obwohl sie nicht genehmigungspflichtig seien, beruhe dies darauf, dass mit ihnen längerfristige Behandlungen substituiert und Einsparungen erzielt werden sollten. Sie hätten deshalb insbesondere in der Anfangsphase besonders gefördert werden sollen. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 92 Abs. 6a SGB V aF sowie aus den Begründungen der maßgeblichen Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses. Aus diesem Grund seien sie auch in den Strukturzuschlag einbezogen worden. Nichts anderes folge daraus, dass die Vergütungshöhe seit dem 1. Januar 2019 identisch sei. Eine Verpflichtung zur Angleichung habe nicht bestanden. Ebenso zulässig wäre es gewesen, keine Angleichung vorzunehmen.
Der Beigeladene zu 2 hat sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 1 angeschlossen und führt ergänzend aus: Die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Bewertungsausschuss die Genehmigungspflicht als Differenzierungskriterium ab dem 1. April 2017 aufgegeben habe, treffe nicht zu. Es seien andere Gründe (als die behauptete Aufgabe des Differenzierungskriteriums) gewesen, die dafür gesprochen hätten, die psychotherapeutische Sprechstunde und Akutbehandlung gleich hoch wie die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zu bewerten, wie insbesondere die Förderung dieser Leistungen und erwartete Substitutions- und Einspareffekte. Überdies folge aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. Dezember 2023 (B 6 KA 1/22 R), dass im streitigen Quartal III/2017 die Genehmigungspflicht unverändert ein die unterschiedliche Vergütungshöhe rechtfertigender Sachgrund sei. Dies gelte unabhängig davon, welchen konkreten (späteren) Zeitpunkt das Bundessozialgericht mit seinem Hinweis in Rn. 33 des Urteils „jedenfalls bezogen auf den Zeitraum bis zur Abschaffung der Antrags- und Genehmigungspflicht für die Gruppenbehandlung“ in Bezug genommen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zu-lässig.
Gegenstand des Verfahrens sind der Honorarbescheid für das Quartal III/2017 in Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2019 sowie das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2020. Soweit sich das Urteil des Sozialgerichts vom 29. Juli 2020 auf den Honorarbescheid für das Quartal I/2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2017 bezieht, ist es nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Insoweit hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und ist das Urteil gegenstandslos (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Zivilprozessordnung – ZPO).
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, das Honorar für das Quartal III/2017 neu festzusetzen. Der Honorarbescheid für das Quartal III/2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2019 ist nicht zu beanstanden.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin rügt mit ihrer – nur noch auf das Quartal III/2017 bezogenen – Klage allein eine zu niedrige Bewertung der GOP 30932 EBM-Ä (Neuropsychologische Therapie, Einzelbehandlung) im Vergleich zur Bewertung der entsprechenden Leistungen nach dem Kapitel 35.2 EBM-Ä (819 Punkte im Vergleich zu 841 Punkten), die fehlende Einbeziehung dieser Leistung in den Strukturzuschlag (GOP 35571) und den daraus aus ihrer Sicht folgenden zu geringen Honoraranspruch. Eine solche Beschränkung auf ein Teilelement eines Honorarbescheides ist zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2023, B 6 KA 1/22 R, zitiert nach juris, Rn. 12).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die beanstandete Vergütung der neuropsychologischen Therapie im Quartal III/2017 verstößt entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin insbesondere nicht gegen § 87 Abs. 2c Satz 6 SGB V aF und Art. 3 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG).
I. Viel spricht dafür, dass dies bereits aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. Dezember 2023, B 6 KA 1/22 R, dort Rdnr. 33, folgt. Das Bundessozialgericht hat in diesem Urteil die im Vergleich zur Vergütung entsprechender psychotherapeutischer Leistungen nach Kapitel 35.2 EBM-Ä geringere Vergütung der neuropsychologischen Therapie im Hinblick darauf – unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung – als gerechtfertigt angesehen, dass die entsprechenden psychotherapeutischen Leistungen genehmigungspflichtig sind. Dies gilt nach Auffassung des Bundessozialgerichts – entgegen der Sichtweise der Klägerin – auch über den Zeitpunkt der Einführung der psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung (GOP 35151 und GOP 35152 EBM-Ä) zum 1. April 2017 hinaus. Das Bundessozialgericht hat insoweit klargestellt (zitiert nach juris, Rn. 32 f.):
„Zwar verliert die Antrags- und Genehmigungspflicht als Unterscheidungsmerkmal für die Bewertung der prägenden psychotherapeutischen Leistungen seit einigen Jahren an Gewicht. So hat der eBewA mit Beschluss vom 29.3.2017 (50. Sitzung, DÄ 2017, A 1273) mWv 1.4.2017 die nicht antrags- und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Sprechstunde (GOP 35151 EBM-Ä) und die psychotherapeutische Akutbehandlung (GOP 35152 EBM-Ä) - nicht jedoch die probatorischen Sitzungen - je Zeiteinheit mit gleicher Punktzahl (mindestens 25 Minuten, 421 Punkte) wie die antrags- und genehmigungspflichtigen Einzeltherapien (50 Minuten, 841 Punkte) bewertet und dazu in den im Internet auf der Seite des Instituts des BewA veröffentlichten Gründen ausgeführt: "Obwohl es sich nicht um genehmigungspflichtige Leistungen handelt, erfolgt die Bewertung dieser Leistungen auf Basis der Leistungsbewertungen der antrags- und genehmigungspflichtigen Einzeltherapieleistungen gemäß Abschnitt 35.2 EBM". Zudem bestimmt der mit dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung vom 15.11.2019 (BGBl I, 1604) eingeführte § 92 Abs 6a Satz 5 SGB V, dass für Gruppenbehandlung ab dem 23.11.2019 kein Gutachterverfahren mehr stattfindet. Damit ist die Genehmigungspflicht bezogen auf die Gruppenbehandlung, die auch im Rahmen der neuropsychologischen Therapie erbracht und abgerechnet werden kann (GOP 30933 EBM-Ä) inzwischen kein geeignetes Differenzierungskriterium mehr. Nach § 92 Abs 6a Satz 6 SGB V hat der GBA darüber hinausgehend sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Abs 2a SGB V eingeführt hat.
[…] Jedenfalls bezogen auf den Zeitraum bis zur Abschaffung der Antrags- und Genehmigungspflicht für die Gruppenbehandlung hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, nach der die besonderen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütung uneingeschränkt allein auf die sowohl antragspflichtigen als auch genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen zu beziehen sind und dass eine abweichende Vergütung psychotherapeutischer Leistungen, die zwar zeitgebunden aber nicht genehmigungsbedürftig sind, dem entsprechend nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG verstößt (vgl BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 35/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R - BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 55; vgl auch BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - BSGE 124, 218 = SozR 4-2500 § 87 Nr 35, RdNr 61 mwN, teilweise aufgehoben, jedoch nur im Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen genehmigungsbedürftigen Leistungen und anderen Leistungen der Psychotherapeuten beim Auslastungsgrad als Faktor für die Höhe des sogenannten Strukturzuschlags, soweit dieser rückwirkend eingeführt wurde: BVerfG Kammerbeschluss vom 20.3.2023 - 1 BvR 669/18, 1 BvR 732/18 - juris RdNr 17 ff, Revisionen beim BSG anhängig unter Az B 6 KA 6/23 R und B 6 KA 7/23 R). Damit kann die Unterscheidung zwischen der neuropsychologischen Einzeltherapie und der Einzeltherapie in einem Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht willkürlich sein.“
Der Senat versteht diese Ausführungen so, dass der Zeitraum, in dem die beanstandete niedrigere Vergütung der neuropsychologischen Einzeltherapie (einschließlich der fehlenden Einbeziehung in den Strukturzuschlag) zulässig ist, mindestens derjenige bis zum 23. November 2019 ist (vgl. auch Czauderna, NZS 2024, 591), und schließt sich diesen Ausführungen an.
II. Das Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Verfahren gibt – unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums des (Erweiterten) Bewertungsausschusses (unten 1.) – keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Die Einführung der nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung (GOP 35151 und GOP 35152 EBM-Ä) zum 1. April 2017 hat zu keiner „Zäsur“ in Bezug auf die Rechtfertigung der niedrigeren Vergütung der neuropsychologischen Einzelbehandlung geführt, weil für die höhere, an den genehmigungspflichtigen Leistungen orientierte Vergütung der psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung – worauf bereits die Beklagte und die Beigeladenen hingewiesen haben – besondere Sachgründe vorlagen (unten 2.).
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts haben die Gerichte die Gestaltungsfreiheit des (Erweiterten) Bewertungsausschusses, wie sie für jede Normsetzung kennzeichnend ist, zu respektieren. Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob sich diese Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in einem groben Missverhältnis zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht, d.h. in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Der (Erweiterte) Bewertungsausschuss überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind – etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird – oder dass es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2023, B 6 KA 1/22 R, zitiert nach juris, Rn. 15, m.w.N.).
2. Ausgehend davon ist die ungleiche Vergütung auch im Quartal III/2017 zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Die Klägerin beruft sich vor allem darauf, dass mit der Einführung der nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung (GOP 35151 und GOP 35152 EBM-Ä) zum 1. April 2017 und deren Vergütung in Höhe der Vergütung der genehmigungspflichtigen Leistungen die Genehmigungspflicht als geeignetes Differenzierungsmerkmal weggefallen sei. Dem ist nicht zu folgen. Die Höhervergütung der neu eingeführten Leistungen war durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt. Mit der Einführung dieser neuen Leistungen wurde bezweckt, eine möglichst frühzeitige Abklärung von Diagnosen zu fördern, Wartezeiten zu verringern, Chronifizierungen zu vermeiden, einen niedrigschwelligen Zugang zur ambulanten Psychotherapie zu schaffen sowie Einsparungen und Substitutionseffekte zu erzielen (vgl. Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses zu § 92 Abs. 6a SGB V aF, BT-Drs. 18/5123, S. 127; entscheidungserhebliche Gründe zum Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 50. Sitzung am 29. März 2017 im Zusammenhang mit der Aufnahme der GOP 35151, 35152 und 35254 in den EBM; Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 SGB V in seiner 407. Sitzung im Zusammenhang mit der Aufnahme der GOP 35151, 35152 und 35254 in den EBM). Mit der Anhebung der Bewertung dieser Leistungen auf das Niveau der Bewertung der genehmigungspflichtigen Leistungen sollten zusätzliche Anreize geschaffen werden, diese Leistungen in ausreichendem Umfang zur Verfügung zu stellen (vgl. entscheidungserhebliche Gründe zum Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 397. Sitzung am 21. Juni 2017 zur Änderung des EBM). Die Besserstellung der psychotherapeutischen Sprechstunde und Akutbehandlung lag unter Berücksichtigung dieser Gründe ohne Weiteres im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses, zumal hier das Quartal III/2017 und damit die Anfangsphase der Neueinführung dieser Leistungen betroffen ist (vgl. zum Prüfungsmaßstab in der Anfangsphase auch BSG, Urteil vom 13. Dezember 2023, B 6 KA 1/22 R, zitiert nach juris, Rn. 34). Eine Aufgabe der Genehmigungspflicht als Differenzierungsmerkmal war damit nicht verbunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 155 Abs. 2 VwGO.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat. Zwar wurde die Vergütung der neuropsychologischen Leistungen mit Wirkung zum 1. Januar 2019 an die der Psychotherapie nach Abschnitt 35.2 EBM-Ä angeglichen. Allerdings handelt es sich bei dem vorliegenden Verfahren nach den Angaben der Klägerin um ein Musterverfahren des Berufsverbandes der Neuropsychologen, das bundesweit noch für viele anhängige Widersprüche Bedeutung hat (vgl. zur Grundsätzlichkeit einer Rechtsfrage bei ausgelaufenem Recht BSG, Beschluss vom 11. Mai 2022, B 8/7 AY 5/21 B, zitiert nach juris, Rn. 8). Die streitige Rechtsfrage wurde durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. Dezember 2023 (B 6 KA 1/22 R) noch nicht ausreichend geklärt. Hinsichtlich des streitigen Quartals III/2017 liegt lediglich ein obiter dictum vor (vgl. Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 160 SGG, Stand: 17. Juli 2024, Rn. 95).