L 5 KR 238/24

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 47 KR 1051/22
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 238/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 21.03.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Kostenübernahme für ein Power-Plate-Vibrationsgerät, ersatzweise für ein Trainingsgerät der Firma Galileo.

 

Die 00.00.0000 geborene Klägerin, die eine solche Versorgung zuvor bereits mehrfach (u.a. LSG, NRW, Urteil vom 18.06.2009 — L 5 KR 189/08, Urteil vom 28.11.2019 — L 16 KR 710/19, Urteil vom 29.07.2021 — L 16 KR 315/21, BSG, Beschluss vom 04.03.2020 — B 3 KR 5/19 BH) erfolglos beantragt hatte, beantragte mit Schreiben vom 02. März 2022 erneut eine Kostenübernahme. Die Klägerin beantragte zunächst auch die Kostenübernahme für eine Therapeutische-Apharese sowie eine Mastzellenuntersuchung, ohne dies zu vertiefen. Zur Notwendigkeit der begehrten Geräte führte sie aus, dass diese ein Passivtraining ermöglichen würden. Dadurch könnten weitere orthopädische Sekundärschäden sowie ein Muskelabbau verhindert werden. Sie verwies insoweit auf sämtlich seit 1991 bei der Beklagten eingereichten Unterlagen.

 

Mit Bescheid vom 15. März 2022 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Power Plate — Vibrationsplatte ab. Hierbei handele es sich um einen handelsüblichen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und nicht um ein Hilfsmittel zur Sicherung der Krankenbehandlung oder zum Behinderungsausgleich. Dies schließe die Leistungspflicht der Beklagten aus. Auch für das Galileo-System sei eine Kostenübernahme nicht möglich. Die Behandlung sei als eine neue Behandlungsmethode einzuordnen, deren diagnostischer oder therapeutischer Nutzen noch nicht nachgewiesen sei.

 

Die Klägerin erhob gegen die Ablehnungsentscheidung der Beklagten Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die begehrte Versorgung mit dem Power—Plate-Gerät bzw. dem Galileo Trainingsgerät sei nicht von der Leistungspflicht der Beklagten umfasst.

 

Hiergegen hat die Klägerin am 01. August 2022 Klage erhoben. Die Klägerin hat vorgetragen, sie leide an einer Chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), Schlafapnoe und einem Chronische Fatigue Syndrom (CFS). Sie sei finanziell und sozial isoliert und aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die einhergehen mit starkem Muskelabbau mit Fettzuwachs, Muskel- und Gelenkschwäche, Deformationen an Füßen sowie Knorpelverschleiß am linken Knie, bettlägerig. Aufgrund ihres CFS müsse sie mit ihren Energien hausalten und es läge eine Störung des autonomen Nervensystems vor, mit der Folge von Mangeldurchblutung der Organe. Die Durchblutung würde durch das Vibrationstraining mit dem begehrten Hilfsmittel ohne eigene Anstrengung verbessert werden.

 

Mit weiterem Bescheid vom 07. August 2022 hat die Beklagte einen weiteren Antrag der Klägerin auf Versorgung mit einem Power-Plate-Gerät abgelehnt und mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2022 auch den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2022 hat sich die Klägerin auch gegen diese Verwaltungsentscheidungen und ihre bisherigen Ausführungen vertieft und wiederholt.

 

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

 

den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.08.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie mit einem Power-Plate-Gerät, hilfsweise mit einem der Galileo Trainingsgerät, im Wege der Sachleistung zu versorgen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Zur Begründung hat sie auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren verwiesen.

 

Mit Gerichtsbescheid vom 21. März 2024 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren bezogen.

 

Die Klägerin hat am 17. April 2024 Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt und ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft.

 

Sie beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 21.03.2024 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.08.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie mit einem Power-Plate-Gerät, hilfsweise mit einem der Galileo Trainingsgerät, im Wege der Sachleistung zu versorgen.

 

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat hat durch den Berichterstatter unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entschieden, da diesem mit Beschluss vom 11. Juni 2024 das Verfahren gemäß § 153 Abs. 5 SGG zur Entscheidung übertragen wurde.

 

Der Senat konnte trotz des Nichterscheinens der Beteiligten n im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2024 - nach angemessener Wartefrist von 15 Minuten (siehe Sitzungsprotokoll) - in die mündliche Verhandlung eintreten und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG.

 

Der Senat weist gemäß § 153 Abs. 2 SGG die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab

 

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das SG und die Beklagte zutreffend darauf abgestellt haben, dass das begehrte Power-Plate-Vibrationsgerät kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sondern einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt. Wesentlich für die Einordnung als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind Zweck und Funktion sowie tatsächliche Verbreitung und Nutzung (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16.09.1999 - Az.: B 3 KR 1/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr. 33). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einordnung als Hilfsmittel oder als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nicht mehr von einem bestimmten Prozentsatz der Verbreitung innerhalb der privaten Haushalte der gesamten Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland abhängig ist (BSG, Urteil vom 16.09.1999, a.a.O.). Es ist Aufgabe der Krankenversicherung, allein die medizinische Rehabilitation sicherzustellen, so dass nur solche Gegenstände als Hilfsmittel zu qualifizieren sind, die spezifisch der Bekämpfung einer Krankheit oder dem Ausgleich einer Behinderung dienen. Was daher regelmäßig auch von Gesunden benutzt wird, fällt auch bei hohen Kosten nicht in die Leistungspflicht der Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 16.09.1999, a.a.O.; Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.02.2005 - Az.: L 4 KR 138/03, Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.06.2007 - Az.: L 9 KR 35/04, sozialgerichtsbarkeit.de).

 

Mithin ist zur Ermittlung der Hilfsmitteleigenschaft in der GKV allein auf die Zweckbestimmung des Gegenstandes abzustellen, die einerseits aus der Sicht der Hersteller, andererseits aus der Sicht der tatsächlichen Benutzer zu bestimmen ist: Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt sowie hergestellt worden sind und die ausschließlich oder ganz überwiegend auch von diesem Personenkreis genutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Umgekehrt ist ein Gegenstand auch trotz geringer Verbreitung in der Bevölkerung und trotz hohen Verkaufspreises als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen, wenn er schon von der Konzeption her nicht vorwiegend für Kranke und Behinderte gedacht ist (BSG, Urteil vom 16.09.1999 - Az.: B 3 KR 9/98 R, SozR 3-2500)

 

Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist das von der Klägerin begehrte Power-Plate-Vibrationsgerät als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zu qualifizieren. Es ist nicht vorwiegend zum Gebrauch durch Behinderte und Kranke bestimmt. Selbst wenn Vibrationsgeräte, etwa wegen des nicht unerheblichen Preises, (noch) nicht verbreitet sein sollten, sind sie auch unter Berücksichtigung bestimmter einzelner - ggf. behindertengerechter - Funktionen vor allem zum Einsatz in Fitnesscentern und sonstigen Wellnesseinrichtungen sowie als Heimtrainer konzipiert.

 

Auch der Umstand, dass das Power-Plate-Vibrationsgerät auch im medizinischen und rehabilitativen Bereich u.a. zur (Mit-) Behandlung zahlreicher Erkrankungen eingesetzt werden kann  , macht das Gerät nicht zum Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Denn seiner Konzeption nach dient das Gerät nicht überwiegend zur Behandlung von Krankheiten und Behinderungen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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