Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2023 geändert.
Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 12. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2019 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 4. April 2019 bis 21. Juni 2019 sowie vom 2. Juli 2019 bis 2. Dezember 2019 Krankengeld zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Krankengeld (Kg) für den Zeitraum vom 4. April 2019 bis zum 2. Dezember 2019.
Der 1976 geborene Kläger, der im Streitzeitraum in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis als Hörgeräteakustiker stand, ist bei der Beklagten krankenversichert. Er war erstmalig ab 16. April 2013 aufgrund einer somatoformen Störung mit einem Kopfschmerzsyndrom (ICD-Diagnoseschlüssel: F 45.9, G 44.8) arbeitsunfähig erkrankt. Vom 10. September 2014 bis 8. März 2016 bezog er von der Beklagten Kg wegen einer rezidivierenden depressiven Störung. Anschließend bescheinigte die Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie T dem Kläger fortlaufend (mindestens) bis zum 2. Dezember 2019 die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit (AU) mit den angeführten Diagnosen (F 33.1G, F 34.1G). Vom 8. März 2017 bis 7. März 2018 bezog er Arbeitslosengeld (Alg) und vom 8. März 2017 bis 13. November 2018 Arbeitslosengeld II. Die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg (DRV) bewilligte ihm mit Bescheid vom 14. März 2017 dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA). Ab 11. Juni 2018 nahm er an einer Maßnahme für die Erweiterte Berufsfindung und Arbeitserprobung (EBA) und ab dem 14. November 2018 an einem beruflichen Training im Beruflichen Trainingszentrum Berlin teil. Vom 21. Februar 2019 bis 22. Februar 2019 war der Kläger wegen einer akuten Infektion der oberen Atemwege krankgeschrieben. Ab 27. Februar 2019 wurde ihm AU wegen eines akuten Abdomens bescheinigt und er wurde sodann wegen eines Appendixabzesses stationär bzw. poststationär im Klinikum im Friedrichshain behandelt. Am 15. März 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Kg. Die Trainingsmaßnahme wurde zum 15. April 2019 abgebrochen. Vom 13. August 2019 bis 2. September 2019 befand sich der Kläger zu einer Anschlussheilbehandlung in der „Klinik S“ in R.
Der Kläger bezog vom 14. November 2018 bis zum 3. April 2019 Übergangsgeld (vgl. Bescheid vom 16. April 2019). Der Kläger wurde wegen der Folgen des Appendixabzesses und einer Peritonitis erneut im Klinikum im F vom 4. Juni 2019 bis 14. Juni 2019 stationär (Wiederanschlussoperation) und bis 21. Juni 2019 nachstationär behandelt. Im Übrigen war er in der Zeit vom 4. April 2019 bis 2. Dezember 2019 mit Ausnahme des Zeitraums vom 22. Juni 2019 bis 1. Juli 2019, für den der Beklagten keine ärztliche Feststellung der AU ohne F-Diagnose vorliegt, mit „Nicht-F-Diagnosen“ krankgeschrieben.
Mit Bescheid vom 30. April 2019 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er seit dem 10. September 2014 arbeitsunfähig gewesen sei und der Höchstanspruch in der Dreijahresfrist vom 10. September 2014 bis zum 9. September 2017 am 8. März 2016 abgelaufen sei. Da der Kläger danach nicht mindestens für 6 Monate arbeitsfähig gewesen sei, seien die Voraussetzungen für einen erneuten Anspruch auf Kg nach Beginn der sich anschließenden Dreijahresfrist vom 10. September 2017 bis zum 9. September 2020 nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er sozialmedizinische Stellungnahmen für die Bundesagentur für Arbeit vom 21. November 2016 und vom 16. Februar 2017 einreichte, die ihm eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeit bescheinigten. Mit Bescheid vom 12. Juli 2019 hob die Beklagte den Bescheid vom 30. April 2019 auf und blieb dabei, dass ein Kg-Anspruch nicht bestehe, da er am 8. März 2016 geendet habe. Nach Ablauf des Dreijahreszeitraums, der mit dem erstmaligen Eintritt der AU am 16. April 2013 begonnen und am 15. April 2016 geendet habe, hätte der Kläger Kg wegen derselben Krankheit nur erhalten können, wenn er zwischenzeitlich erwerbstätig gewesen oder der Arbeitsvermittlung zu Verfügung gestanden und für mindestens sechs Monate keine AU aufgrund dieser Krankheit bestanden hätte. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Bei den ab dem 21. Februar 2019 aufgetretenen Akuterkrankungen handele es sich um „hinzugetretene Erkrankungen", da der Kläger laufend von der Fachärztin T arbeitsunfähig geschrieben worden sei. Auf Nachfrage der Beklagten teilte diese Ärztin mit Schreiben vom 24. September 2019 mit, dass sie eine AU für den Arbeitsplatz des Klägers festgestellt habe. Arbeitsfähigkeit für eine Teilnahme am beruflichen Training ab dem 14. November 2018 habe indes bestanden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2019 zurück. Die gesetzliche Regelung zur Bezugsdauer von Krankengeld mache deutlich, dass für den Fall der AU wegen derselben oder einer währenddessen hinzugetretenen Krankheit eine zeitliche Höchstbezugsdauer von 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren (Blockfrist) gelte. Das Kg solle nicht den Charakter einer rentenähnlichen Dauerleistung erhalten. Der Anspruch sei mit Ablauf des 8. März 2016 erschöpft. In den folgenden Blockfristen vom 16. April 2016 bis zum 15. April 2019 und vom 16. April 2019 bis zum 15. April 2022 sei ein neuer Kg-Anspruch ausgeschlossen, weil der Kläger in der Zwischenzeit nicht mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsfähig und erwerbstätig gewesen sei.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Die fortwährend durch seine behandelnde Neurologin festgestellte AU aufgrund psychischer Einschränkungen (F-Diagnosen) beziehe sich lediglich auf seinen alten Beruf, den er nicht mehr ausüben könne. Ab der Inanspruchnahme der LTA habe sich die Verbindung zur zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Maßstab zur Beurteilung der AU gelöst. Eine Teilnahme an der Maßnahme sei nur bei Arbeitsfähigkeit möglich gewesen, welche durch die sozialmedizinischen Stellungnahmen auch bestätigt worden sei. Ein Weiterwirken der für die alte Tätigkeit bescheinigten AU in das berufliche Training würde dessen Anliegen konterkarieren. Die insoweit bestehende AU müsse Ausgangspunkt bei der Anwendung des § 48 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung -(SGB V) sein. Daher sei aufgrund der AU-Bescheinigungen mit „Z"- Diagnosen ab dem 4. April 2019 Kg zu gewähren.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2023 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 30. April 2019 in der Fassung des Bescheids vom 12. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2019 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kg im Zeitraum vom 4. April 2019 bis zum 2. Dezember 2019. Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V erhielten Versicherte Kg ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der AU wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an. In Satz 2 heiße es, dass die Leistungsdauer nicht verlängert werde, wenn während der AU eine weitere Krankheit hinzutrete. Nach § 48 Abs. 2 SGB V bestehe für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen hätten, nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Kg wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten AU mit Anspruch auf Kg versichert seien und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig gewesen seien und 2. erwerbstätig gewesen seien oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hätten. Der Kläger habe wegen der depressiven Störung bereits 78 Wochen Kg erhalten. Er sei nachfolgend durchgehend weiterhin wegen der depressiven Störung krankgeschrieben, auch im folgenden Dreijahreszeitraum, in welchem ein neuer Kg-Anspruch wegen dieser Erkrankung ausgeschlossen gewesen sei, da der Kläger nicht in der Zwischenzeit sechs Monate nicht arbeitsunfähig gewesen sei und erwerbstätig oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe (§ 48 Abs. 2 SGB V). Es sei bereits zweifelhaft, dass die Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben Erwerbstätigkeit darstellen könnten, die nach Ablauf von sechs Monaten ggf. einen neuen Anspruch auf Kg auslösen könnte. Denn Erwerbstätigkeit liege vor, wenn eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt oder eine Tätigkeit als Selbstständiger mit Arbeitseinkommen ausgeübt werde Das Bundessozialgericht (BSG) sehe die Teilnahme an einer Umschulung, auch wenn sie im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation erfolge, als Erwerbstätigkeit iSd § 48 Abs. 2 SGB V an, wenn der Versicherte in der maßgeblichen Zeit mindestens sechs Monate lang an der Maßnahme unter Bezug der vorgesehenen Lohnersatzleistung teilgenommen habe (BSG, Urteil vom 3. November 1993 – 1 RK 10/93 -, juris Rn. 19). Wenn man dem folgte und die Teilnahme an der Maßnahme unter Bezug von Übergangsgeld als Erwerbstätigkeit ansehen würde, wären die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 SGB V dennoch nicht gegeben. Denn der Kläger habe Übergangsgeld nur vom 14. November 2018 bis zum 3. April 2019 bezogen, also weniger als sechs Monate. Dass der Kläger an den Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben habe teilnehmen können, ändere nichts daran, dass er im Hinblick auf seine Beschäftigung als Hörgeräteakustiker arbeitsunfähig gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis als Hörgeräteakustiker sei entgegen der Auffassung des Klägers maßgeblich für die Beurteilung der AU. Rechtsgrund für die Gewährung des Kg sei das konkrete Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt der Entstehung des streitigen Kg-Anspruchs. Der Anspruch auf Kg setze eine Versicherung voraus, die mit einer Berechtigung zum Bezug von Kg verbunden sei. Das konkrete Versicherungsverhältnis bestimme dabei nicht nur, ob der Versicherungsschutz einen Kg-Anspruch umfasse. Es sei auch Maßstab bei der Beurteilung der AU. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck des Kg, das durch die AU entfallende Arbeitsentgelt zu ersetzen. Das vorliegend maßgebliche Versicherungsverhältnis ergebe sich aufgrund des durchgehend bestehenden Beschäftigungsverhältnisses als Hörgeräteakustiker aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Die für den hier streitgegenständlichen Kg-Anspruch relevante AU (aufgrund der F-Diagnosen) habe nach der Stellungnahme der behandelnden Neurologin vom 24. September 2019 durchgehend seit dem 7. März 2016 vorgelegen. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Kg-Anspruchs sei die Tätigkeit als Hörgeräteakustiker Rechtsgrund für die Gewährung des Kg gewesen. Vor diesem Hintergrund komme die vom Kläger geltend gemachte unterschiedliche Beurteilung der Arbeits(un)fähigkeit für die Teilhabeleistung einerseits und die Tätigkeit als Hörgeräteakustiker andererseits nicht in Betracht. Die weiteren ebenfalls eine AU begründenden Erkrankungen könnten als hinzutretende Krankheiten nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V die Leistungsdauer nicht verlängern.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Mit Eintritt der AU am 10. September 2014 sei er nicht mehr iSv § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V beschäftigt gewesen und habe mithin auch kein Arbeitsentgelt bezogen. Die Beklagte habe diese Vorschrift für den streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht als Grundlage des Versicherungsverhältnisses gesehen. Dass es auf dem Papier noch einen Arbeitsvertrag gegeben habe, ändere nichts daran. Seine Zeit als Hörgeräteakustiker sei nicht als Versicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu bewerten, sodass die Erkrankung Appendixabszess keine „hinzutretende“ Krankheit sein könne.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2023 und des Bescheides vom 12. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2019 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 4. April 2019 bis zum 2. Dezember 2019 Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das angegriffene Urteil.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet.
Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die gemäß § 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht der Zulassung bedurfte, ist zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger hat im tenorierten Umfang einen Anspruch auf Gewährung von Kg. Im Übrigen ist sie unbegründet und war zurückzuweisen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 iVm Abs. 4 SGG) ist der den Bescheid vom 30. April 2019 gemäß § 86 SGG ersetzende Bescheid vom 12. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2019, mit dem die Beklagte die Gewährung von Kg abgelehnt hat.
Rechtsgrundlage des Kg-Anspruchs sind die §§ 44 ff. SGB V. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Kg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus oder einer Vorsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtung stationär behandelt werden. Der Anspruch auf Kg entsteht bei stationärer Behandlung von Beginn an, im Übrigen vom Tag der ärztlichen Feststellung der AU an (§ 46 Abs. 1 SGB V). Diese Voraussetzung liegen in den Zeiträumen vom 4. April 2019 bis 21. Juni 2019 sowie vom 2. Juli 2019 bis zum 2. Dezember 2019 vor. Der Kläger wurde in diesen Zeiträumen auf Kosten der Beklagten entweder stationär behandelt oder es lagen ärztliche Feststellungen der AU vor. Entgegen der Auffassung des SG steht § 48 SGB V seinem Anspruch auf Kg nicht entgegen. Das SG hat dargelegt, dass der Kläger aufgrund des von ihm innegehabten Beschäftigungsverhältnisses als Hörgeräteakustiker und des damit verbundenen Versicherungsverhältnisses gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V keinen Anspruch auf Kg haben könne. Denn der Kläger sei zwar in Bezug auf dieses Beschäftigungsverhältnisses (auch) im streitbefangenen Zeitraum arbeitsunfähig gewesen; ein (neuer) Anspruch auf Kg nach Erschöpfung des „wegen derselben Krankheit“ bezogenen Kg habe indes nicht entstehen können, weil der Kläger aufgrund einer bereits am 16. April 2013 aufgetretenen somatoformen Störung arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, nach erneutem Auftreten dieser Erkrankung in Form von depressiven Episoden ab 10. September 2014 die Kg-Höchstbezugsdauer von 78 Wochen (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V) ausgeschöpft gehabt habe und nicht zwischenzeitlich nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig gewesen sei (§ 48 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Dem SG ist im Ansatz insoweit zuzustimmen, als nach der ständigen Rechtsprechung des BSG das bei Entstehen eines Kg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Kg hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 – B 1 KR 15/10 R -, juris Rn. 9 mwN). Indes bestand entgegen der Auffassung des SG im streitbefangenen Zeitraum kein Beschäftigtenversicherungsverhältnis mehr, was zur Folge hat, das für die Bestimmung des Bezugspunktes des AU-Begriffs nicht mehr auf die Beschäftigung des Klägers als Hörgeräteakustiker abgestellt werden kann. Der Kläger war nach dem Ende des Kg-Bezuges ab 9. März 2016 ungeachtet des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr in der Beschäftigtenversicherung (vgl. §§ 190 Abs. 2, 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), sondern als Bezieher von Alg nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) bzw. hieran anschließend als Alg II-Bezieher nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V pflichtversichert. Bereits mit dem Wechsel in die KVdA entfällt krankenversicherungsrechtlich ein „Berufsschutz“ mit der Folge, dass als arbeitsunfähig iSv § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur solche Versicherte anzusehen sind, die nicht mehr in der Lage sind, Arbeiten zu verrichten, für die sie sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt haben (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2006 – B 1 KR 21/05 R –, juris Rn. 17). Den für den Kläger bezogen auf die frühere Tätigkeit als Hörgeräteakustiker fortlaufend ausgestellten AU-Bescheinigungen kam daher keinerlei Bedeutung mehr zu. Mit dem Wechsel in die „Rehabilitandenversicherung“ nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V zum 11. Juni 2018 änderte sich am Beurteilungsmaßstab für die Arbeits(un-)fähigkeit des Klägers nichts. Insbesondere kam es nicht auf die Teilnahmefähigkeit an der Rehabilitationsmaßnahme an. Die AU richtete sich weiterhin nach dem allgemeinen Kriterium des möglichen und zumutbaren Einsatzes auf dem Arbeitsmarkt, welcher für den schon länger arbeitslosen Kläger zunächst ungeachtet seiner Depressionen - bis zum Eintritt einer anderweitig bedingten AU - im Rahmen des ihm verbliebenen Restleistungsvermögens – wie auch aus den sozialmedizinischen Stellungnahmen der Bundesagentur für Arbeit vom 21. November 2016 bzw. 16. Februar 2017 erhellt – möglich war (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2002 – B 1 KR 11/02 R -, juris Rn. 30). Soweit vom 9. Senat des BSG (vgl. Urteil vom 25. August 2022 – B 9 V 4/21 R –, juris) unter Berufung auf vor der Einführung des SGB V ergangene Rechtsprechung des BSG (zB BSG, Urteil vom 4. Mai 1978 – 4 RJ 69/77 –, juris Rn. 15) die Ansicht wiedergegeben wird, dass während einer Arbeits- und Belastungserprobung keine Lösung vom bisherigen Beruf erfolge und mithin die AU unter Berücksichtigung der zuvor ausgeübten Erwerbstätigkeit zu beurteilen sei, berücksichtigt dies nicht, dass diese Rechtsprechung seit 1. Januar 1989 durch das SGB V überholt ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2002 – B 1 KR 11/02 R –, juris Rn. 19). Da die dem früheren Kg-Bezug zugrundeliegende Krankheit angesichts des veränderten Beurteilungsmaßstabs während der Teilnahme an den Reha-Maßnahmen nicht mehr iSd § 44 Abs. 1 SGB V „arbeitsunfähig machte“, kann diese Krankheit auch keine den Leistungsumfang nach § 48 SGB V limitierende „hinzutretende Krankheit“ sein. Mit Beginn der Teilnahme an den von der DRV gewährten LTA schloss sich ab 11. Juni 2018 eine Pflichtversicherung für Teilnehmer an LTA sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 SGB V an, zu deren Leistungsspektrum mit dem Bezug von Übergangsgeld ab 14. November 2018 auch das Kg gehörte (vgl. § 44 Abs. 1 und 2 SGB V).
Für die Zeit vom 22. Juni 2019 bis 1. Juli 2019 hat der Kläger hingegen keinen Anspruch auf Kg, weil mit Ausnahme der insoweit irrelevanten, weil ausschließlich auf den früheren Arbeitsplatz des Klägers bezogenen, Krankschreibungen (F-Diagnosen) keine ärztliche Feststellung der AU vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass der Kläger nur in unerheblichem Umfang unterlegen ist.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.