L 1 KR 121/24 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 91 KR 186/24 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 121/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2, die dieser selbst trägt.

 

Gründe

I.

Im Streit steht im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, mit welchen Spitzenorganisationen im Heilmittelbereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie (im Folgenden: 4ST) die Neuverhandlung der zum 30. Juni 2024 gekündigten Vergütungsfestsetzung stattzufinden haben und welche Verbände berechtigt sind, mit dem Antragsgegner die Schiedsstelle für den Bereich 4ST zu bilden.

Die Antragsteller und die Beigeladenen sind Berufsverbände für Berufsträger im Heilmittelbereich der 4ST. In diesem Heilmittelbereich sind verschiedene Berufsgruppen zur Leistungserbringung zugelassen. Die ordentliche Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen zu 1 kann nach § 4 Abs. 1 seiner Satzung  erwerben, wer das Lehrdiplom der Schule Sch-A erworben oder die staatliche Abschlussprüfung für den/die Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/in bestanden hat. Der Antragsteller zu 1 nimmt als ordentliche Mitglieder Logopäden/Logopädinnen sowie alle Personen mit einer Vollzulassung im Bereich 4ST auf (§ 3 Abs. 1 a und b der Setzung). Ordentliche Mitglieder können bei dem Antragsteller zu 2 akademische Sprachtherapeutinnen und Sprachtherapeuten, akademische Logopädinnen und Logopäden, Studierende sprachtherapeutischer/logopädischer Studiengänge oder andere Personen mit einer entsprechenden Qualifikation sein, die im sprachtherapeutischen Bereich freiberuflich oder angestellt tätig sind (§ 2 Nr. 2 der Satzung). Bei dem Antragsteller zu 3 können alle natürlichen und juristischen Personen mit einer Zulassung zur Leistungserbringung im Bereich 4ST „sowie freie Mitarbeiter*innen und Betreiber*innen von Privatpraxen“ ordentliche Mitglieder werden (§ 4 Abs. 1 a der Satzung). Die Satzung des Antragstellers zu 3 enthält ferner in § 3 Abs. 1 die folgende Regelung:

Eine Zustimmung der ordentlichen Mitglieder zu neuen Rahmenverträgen und/oder deren wirtschaftlich relevanter Anlagen in Form einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen ist Voraussetzung für die Unterzeichnung derselben.

Die Antragsteller und der Beigeladene zu 1 gehören zu den Verbänden, die vom GBA in die Liste der anhörungsberechtigten Organisationen für den Bereich Heilmittel aufgenommen worden sind (vertragsärztlich und vertragszahnärztlich).

Die Antragsteller und der Beigeladene zu 1 haben mit dem Antragsgegner die Verhandlungen über den zum 1. Januar 2021 zu schließenden Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung nach § 125 Abs. 1 SGB V n.F. (im Folgenden entsprechend der fortgeführten Bezeichnung durch die Beteiligten auch: Rahmenvertrag) geführt. Zuvor hatte der Antragsgegner unter Nennung von Kriterien durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 10. Mai 2019 (BAnz vom 15.5.2019 AT) in Betracht kommende Spitzenorganisationen zur Meldung aufgefordert. Der Beigeladene zu 2 wurde durch den Antragsgegner nicht beteiligt. Er führt ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin zur Frage seiner Einordnung als maßgebliche Spitzenorganisation i.S.d. § 125 Abs. 1 SGB (S 36 KR 2110/20), ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren ist ohne Erfolg geblieben. Der Vertrag wurde nach Durchführung eines Schiedsverfahrens durch die Schiedsstelle nach § 125 Abs. 6 SGB V mit Schiedsspruch vom 22. März 2021 (Datum der Entscheidung 15. März 2021) festgesetzt. Als Vertragspartner sind in diesem Vertrag der Antragsgegner, die Antragsteller und der Beigeladene zu 1 genannt, die sämtlichst auch Beteiligte des Schiedsverfahrens gewesen sind. Der Vertrag enthält eine Präambel mit folgendem ersten Absatz:

Der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Heilmittelverbände im Heilmittelbereich Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie schließen diesen Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung mit dem Ziel, eine bundesweit einheitliche, qualitativ hochwertige, gerechte, flächendeckende und für alle Vertragspartner wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten.

Die Vergütungsfestsetzung ist in der Anlage 2 des Vertrages geregelt. § 21 des Vertrages enthält u.a. folgende Regelungen:

(1) Dieser Vertrag tritt am 16.03.2021 in Kraft. Er wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten zum Schluss eines Kalenderjahres, erstmals zum 31.12.2022, schriftlich gekündigt werden. Der Vertrag kann durch den GKV-Spitzenverband einerseits oder andererseits durch alle leistungserbringerseitigen Vertragspartner gemeinsam gekündigt werden.  

(3) Vertrag und Anlagen bilden eine Einheit und können nur gemeinsam gekündigt werden. Die Anlage 2 kann abweichend davon erstmals zum 30.06.2024 gesondert gekündigt werden. 

(5) Dieser Vertrag gilt solange fort, bis ein neuer Vertrag geschlossen oder gemäß § 125 Absatz 6 SGB V festgesetzt wurde.

Der Antragsteller zu 3 hat am 21. April 2021 Klage gegen den Schiedsspruch vom 15. März 2021 erhoben und die Aufhebung einzelner Regelungen und entsprechende Neuentscheidung durch die Schiedsstelle beantragt (zunächst erfasst unter L 1 KR 161/21 KL). Nach der Verweisung dieses Rechtsstreits durch den Senat an das Sozialgericht fanden dort im Juni 2022 zwei mündliche Verhandlungen statt. In der ersten Verhandlung erfuhr die Schiedsstelle erstmals von dem Begehren des Beigeladenen zu 2, als maßgebliche Spitzenorganisation beteiligt zu werden. Zudem haben die hiesigen Antragsteller und der Beigeladene zu 1 Angaben zu ihren Mitgliederzahlen gemacht. Insoweit wird auf das Protokoll vom 8. Juni 2022 (S 143 KR 347/22) Bezug genommen.

Der Vertrag vom 15. März 2021 wurde mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2022 um Regelungen zur Erbringung telemedizinischer Leistungen (§ 125 Abs. 2a SGB V) ergänzt. Der Inhalt der Änderungsvereinbarung wurde durch Schiedsspruch vom 15. November 2022 festgesetzt. In diesem Schiedsspruch hat die Schiedsstelle als Vorfrage den Antrag des  Antragstellers zu 3 abgelehnt, festzustellen, dass es sich bei dem Beigeladenen zu 1 für die Regelungen der Telemedizin nach § 125 Abs. 2a SGB V nicht um eine maßgebliche Spitzenorganisation auf Bundesebene handele. Zugleich hat sie festgestellt, dass der Beigeladene zu 2 keine solche maßgebliche Spitzenorganisation sei.

Der Antragsteller zu 3 hat auch gegen diesen Schiedsspruch Klage erhoben, die – nach Begründung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des LSG durch Änderung des § 29 Abs. 4 SGG – durch Beschluss des Senats vom 17. Juli 2023 zu der bereits anhängigen Klage gegen den Schiedsspruch vom 15. März 2021 verbunden worden ist (L 1 KR 47/23 KL).

Die Antragsteller haben den Rahmenvertrag mit Schreiben an den Antragsgegner vom 25. September 2023 gekündigt. Der Beigeladene zu 1 hat sich dieser Kündigung nicht angeschlossen, jedoch – wie die Antragsteller – die Vergütungsvereinbarung (Anlage 2 des Vertrages) mit Wirkung zum 30. Juni 2024 fristwahrend gekündigt.

Der Antragsgegner hat die Kündigung des Rahmenvertrages mangels Kündigung durch den Beigeladenen zu 1 für unwirksam erachtet (Schreiben vom 9. Oktober 2023).

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2023 riefen die Antragsteller die Schiedsstelle mit dem Antrag an, die form- und fristgerechte Kündigung des Rahmenvertrages festzustellen und den Antragsgegner zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen aufzufordern.

Unter dem 31. Oktober 2023 teilten die Antragsteller der Geschäftsstelle der Schiedsstelle mit, dass sie der Besetzung des Schiedsstelle in ihrer zweiten Amtsperiode ab dem 15. November 2023 mit einem Vertreter des Beigeladenen zu 1 nicht zustimmen. Sie regten unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Schiedsstelle an, die Anzahl der Vertreter der Krankenkassen und der Heilmittelerbringer auf drei zu reduzieren.

 Nach Ergänzung des Antrags dahingehend, dass der Beigeladene zu 2 keine maßgebliche Spitzenorganisation sei, hat der Vorsitzende der Schiedsstelle im Namen der unparteiischen Mitglieder eine Antragsrücknahme angeregt (Schreiben vom 14. November 2023).

Mit weiterem Schreiben vom 14. November 2023 wies der Vorsitzende der Schiedsstelle darauf hin, dass die Schiedsstelle für die zweite Amtsperiode von den sie tragenden Organisationen neu zu besetzen sei. Die Beteiligten hätten sich über die Besetzung zu einigen, die Schiedsstelle besetze sich auch dann nicht selbst, wenn die Beteiligten sich nicht verständigen könnten. Bei Nichterreichen einer Einigung sei die Aufsichtsbehörde zuständig, es spreche nichts dagegen, den Fall der Nichteinigung über eine Besetzung mit anderen als den unparteiischen Mitgliedern die Regelungslücke durch eine entsprechende Anwendung von § 89 Abs. 5 Satz 7 SGB V zu schließen.

Die unparteiischen Mitglieder und die Vertreter der Krankenkassen wurden jeweils einvernehmlich bestellt. Mit der entsprechenden Meldung an die Träger und das Bundesministerium für Gesundheit wurde mitgeteilt, dass die Besetzung der Schiedsstelle für den hier betroffenen Leistungsbereich konfliktiv und insoweit nicht abgeschlossen sei. 

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2023 an den Antragsgegner hielten die Antragsteller an ihrer Auffassung fest, dass die Schiedsstelle durch sie und den Antragsgegner zu bilden sei. Da sie als maßgebliche Spitzenorganisationen auf Bundesebene zur gemeinsamen Bildung der Schiedsstelle bereit seien, könne auch der Auffassung, es läge ein Fall des § 89 Abs. 5 SGB V vor, nicht gefolgt werden.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2023 bat der Antragsgegner den Beigeladenen zu 1 um Mitteilung, ob er sich weiter als maßgebliche Spitzenorganisation verstehe und ebenfalls an allen damit verbundenen Aufgaben beteiligt werden wolle. Der Beigeladene zu 1 hat dies bestätigt.

Am 9. Februar 2024 haben die Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ausschließlich mit ihnen in Vertragsverhandlungen über ab dem 1. Juli 2024 geltende Preise der Heilmittel im Heilmittelbereich 4ST und der neuen Anlage 2 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V zu treten sowie den Antragsgegner zu verpflichten, die Schiedsstelle nach § 125 Abs. 6 SGB V im betroffenen Heilmittelbereich vorläufig ausschließlich mit den Antragstellern, insbesondere ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1, zu bilden.

Sie haben im erstinstanzlichen Verfahren u.a. die Auffassung vertreten, dass die Schiedsstelle nicht für die Entscheidung zuständig sei. Es gebe auch (hinsichtlich der Besetzung der Schiedsstelle) keine Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde, § 125 Abs. 6 SGB V enthalte nur einen Verweis auf § 89 Abs. 6 SGB V, nicht auf Abs. 5. Unter den nach Ansicht der Antragsteller maßgeblichen Organisationen gebe es keinen Dissens. Die Klärung der Maßgeblichkeit obliege den Gerichten bzw. der Schiedsstelle als Vorfrage einer Entscheidung, die Aufsichtsbehörde sei auch über § 89 Abs. 5 SGB V nicht zuständig für die Klärung der Maßgeblichkeit eines Verbandes (Bezugnahme auf Senatsurteil vom 18. Januar 2018 – L 1 KR 316/31; BSG, Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 16/18 R). Hinsichtlich des subjektiven Anspruchs haben die Antragsteller auf das Urteil des zur Entscheidung berufenen Senats vom 18. Januar 2018 (L 1 KR 316/13) verwiesen (betreffend die Beteiligung an Verhandlungen im Hebammenbereich, § 134a SGB V). Der Beigeladene zu 1 habe sich für die erste Verhandlung auf die Vermutung der Gesetzesbegründung zum Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) stützen können (BT-Drs. 19/8351 Seite 198), wo es u.a. heißt:

Die Beschränkung auf die maßgeblichen Spitzenorganisationen gewährleistet effiziente Vertragsverhandlungen. Als maßgeblich sind für die erstmaligen Verhandlungen insbesondere die Verbände oder Organisationen anzusehen, die bereits nach dem bisherigen Recht als maßgeblich eingestuft worden sind und am Abschluss der Rahmenempfehlungen nach § 125 Absatz 1 in seiner bisherigen Fassung beteiligt waren oder sich haben vertreten lassen.

Diese für die ersten Verhandlungen geltenden Vermutungen setzten sich für die nun anstehenden Neuverhandlungen der Preise und die Bildung der Schiedsstelle nicht fort. Bei ausweislich des Schiedsspruches vom 15. November 2022 ca. 9.800 Praxen und nach eigener Aussage nur 139 zugelassenen Mitgliedern des Beigeladenen zu 1 erfülle dieser die vom Senat aufgestellten Voraussetzungen offensichtlich nicht. Der Beigeladene zu 1 erfülle auch die satzungsmäßigen Voraussetzungen nicht. Aus § 1 und § 2 seiner Satzung ergebe sich nicht ausreichend die nicht nur nachrangige bundesweite Mitwirkung an der Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Beteiligung an Stellungnahmeverfahren nach § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V durch den GBA spreche ebenfalls nicht für Maßgeblichkeit. Die Regelung verweise auf § 125 Abs. 1 SGB V. Der Beigeladene zu 1 vertrete auch keine maßgeblichen Sonderinteressen. Die Vorsitzende des Antragstellers zu 1 verfüge über die Ausbildung nach Schlaffhorst-Andersen, die Antragsteller würden auch solche Therapeuten aufnehmen. Sie haben auf ihre Satzungsbestimmungen verwiesen. Die Zahl der Mitglieder habe der Beigeladene zu 1 bis heute nicht belegt. Der Antragsteller zu 1 habe im November 2022 69 zugelassene Praxisinhaberinnen und –inhaber mit dem Abschluss der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen vertreten. Die Antragsteller zu 2 und 3 verträten eine geringe zweistellige Zahl von Mitgliedern mit diesem Abschluss. Der Rahmenvertrag enthalte keine Regelungen von Sonderinteressen bestimmter Ausgebildeter. Auch ohne die Beteiligung des Beigeladenen zu 1 bestünde keine Gefahr, dass die von ihm vertretenen Stimmlehrer nicht mehr zulassungsfähig wären. Der Schiedsspruch vom 15. November 2022 begründe kein Präjudiz für den vorliegenden Rechtsstreit. Diese Entscheidung habe sich ausschließlich auf die Vorfrage der Nichtmaßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 für die zu treffenden Regelungen über telemedizinische Leistungen bezogen. Nur die Entscheidung hierüber sei Streitgegenstand (eingehend Antragstellerschriftsatz vom 6. März 2024). Eine Dringlichkeit für den Antrag zu 1 bestehe bereits wegen der Kündigung der Anlage 2. Dringlichkeit hinsichtlich der Bildung der Schiedsstelle ergebe sich aus dem Ablauf der Amtsperiode am 14. November 2023 und § 125 Abs. 5 SGB V. Die vorläufige Bildung einer Schiedsstelle mit der Beigeladenen zu 2 sei den Antragstellern nicht zumutbar. Die paritätische Besetzung der Schiedsstelle habe verfassungsrechtliche Dimensionen. Die Mitwirkung einer nicht mehr maßgeblichen Organisation würde der Schiedsstelle die verfassungsrechtliche Legitimation nehmen. Für den Beigeladenen zu 1 wäre die vorläufige Bildung der Schiedsstelle ohne ihn nicht mit erheblichen Nachteilen verbunden. So vertrete sie nach eigener Aussage nur 139 zugelassene Leistungserbringende, während die Antragsteller zusammen 5000 zugelassene Mitglieder verträten. Im Übrigen bliebe es dem Beigeladenen zu 1 unbenommen Verhandlungsergebnisse und Schiedsstellenentscheidungen mit dem ihm zustehenden Rechtsbehelfen anzugreifen.  Der Offenheit der übrigen Verbände (für Mitglieder unabhängig von der Ausbildung) zeuge deutlich, dass keine wesentlichen Unterschiede unter den Ausbildungswegen der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie bestünden. Kein anderer Ausbildungsweg bedürfe somit zur Wahrnehmung seiner Interessen eines nur auf seine eigene Ausbildung beschränkten Berufsverbandes. Die Antragsteller haben auf den Arbeitskreis Berufsgesetz verwiesen, dessen Hauptziel die Schaffung eines bundeseinheitlichen Berufsgesetztes für das gesamte Feld der Logopädie/Sprachtherapie zur hochschulischen Ausbildung sei. Auch dieses Vorhaben zeige deutlich die Einheitlichkeit der Berufsgruppe. Sie haben zudem auf die Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit auf eine Petition des Beigeladenen zu 2 zur Frage der Anforderungen an eine maßgebliche Spitzenorganisation verwiesen und diese dem Sozialgericht vorgelegt.

Der Antragsgegner hat erstinstanzlich u.a. ausgeführt, die Feststellung der Schiedsstelle vom 15. November 2022 stehe auch dem hier geltend gemachten Anordnungsanspruch entgegen. Der Antragsteller zu 3 habe dort allgemeine Einwendungen geltend gemacht, nicht begrenzt auf telemedizinische Festlegungen. Bei der Auswahl der Leistungserbringer sei nach § 2 Abs. 3 SGB V ihre Vielfalt zu beachten. Der Beigeladene zu 1 sei der einzige Verband, der ausschließlich die Interessen der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer vertrete. Die Antragsteller hätten nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Interessen dieser Berufsgruppe ausreichend mitrepräsentierten. Deshalb werde man diese auch nicht auf rein theoretische Mitgliedschaft in einem der drei Verbände verweisen können (Bezugnahme auf BSG, B 3 KR 16/18 R; Rn. 54). Nach seinem Erachten liege auch kein Anordnungsgrund vor. Er hat die Frage aufgeworfen, wieso eine Beteiligung des Beigeladenen zu 1 den Antragstellern unzumutbar sein solle, ein Ausschluss für diesen aber nicht. Für die Klärung, ob es sich bei dem Beigeladenen zu 1 um eine maßgebliche Spitzenorganisation handele, sei ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht der geeignete Entscheidungsweg.

Der Beigeladene zu 1 ist dem Antrag erstinstanzlich unter Stellung eines Abweisungsantrags entgegengetreten. Der Schiedsspruch vom 15. November 2022 sei für die Antragsteller zu 1 und 2 bestandskräftig. Den Antragstellern sei es zuzumuten, den Ausgang des Verfahrens L 1 KR 47/23 KL abzuwarten. Er hat auf seine Erwiderungen im dortigen Verfahren Bezug genommen. Bereits bei der Verabschiedung des Logopädengesetzes habe der Gesetzgeber keine Verdrängung der verwandten Berufsgruppen gewollt (Bezugnahme auf BR-Drs. 44/80; Entschließung). Er hat auf die Aufnahme in die Liste der stellungnahmeberechtigten Organisationen durch den GBA und die Begründung für die Aufnahme 2015 für den zahnärztlichen Heilmittelbereich verwiesen. Der Beigeladene zu 1 vertrete seit 1949 ausschließlich die Interessen der besonderen Leistungserbringergruppe der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen. Der Beigeladene zu 1 hat Zweifel an der Einordnung des Antragstellers zu 3 als maßgebliche Spitzenorganisation geltend gemacht. Zur Maßgeblichkeit gehöre auch, dass eine Spitzenorganisation in der Weise verfasst sei, die die erforderliche Leistungsfähigkeit gewährleiste. Dies sei bei dem Antragsteller zu 3 nicht der Fall, weil die Satzung die Zustimmung zu den Verträgen durch eine Mitgliederbefragung vorsehe. Der Antrag stelle den systemwidrigen Versuch dar, die Bindungswirkung des Schiedsspruchs (vom 15. November 2022), der materiell-rechtlich allein durch das LSG Berlin-Brandenburg zu überprüfen sei, zu unterlaufen.  Eine (beantragte) vorläufige Bildung einer Schiedsstelle widerspreche schon dem Wesen einer Schiedsstelle und eines Schiedsverfahrens. Der Beigeladene zu 1 habe mit den Antragstellern in der Vergangenheit erfolgreiche Vertrags- und Vergütungsverhandlungen geführt. Dabei sei es durchaus gelebte Praxis gewesen, dass der Beigeladene zu 1 im Auftrag aller Antragsteller Verträge bis zur Unterschriftsreife verhandelt habe. Die Beteiligung des Beigeladenen zu 1 habe keinerlei negative Auswirkungen auf die Verhandlungsergebnisse im ökonomischen Sinne gehabt. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Ausschluss von Verhandlungen sowie von der für die Dauer der Amtszeit ohne den Beigeladenen zu 1 gebildeten Schiedsstelle eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde. Seine Rechte würden insoweit endgültig vereitelt.

Das Sozialgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 8. April 2024 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsteller hätten einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da der Beigeladene zu 1 nach Auffassung des Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine maßgebliche Spitzenorganisation auf Bundesebene sei. Der Begriff „maßgebliche Spitzenorganisation“ werde im Gesetz selbst nicht näher definiert. Aus dem Sinn und Zweck der mit Wirkung vom 11. Mai 2019 durch das TSVG eingeführten Regelung ergebe sich, dass nicht bereits sämtliche nach eigenem Verständnis die Eigenschaft einer Spitzenorganisation aufweisenden Vereinigungen von Heilmittelerbringern an der Bildung der Schiedsstelle (§ 125 Abs. 6 SGB V) bzw. an dem Abschluss eines Vertrages über die Einzelheiten der Versorgung mit dem jeweiligen Heilmittel (§ 125 Abs. 1, 2 SGB V) sowie eines Vertrages über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung (§ 125a SGB V) zu beteiligen seien. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit vom 13. März 2019 (BT-Drs. 19/8351, S. 198ff.) solle es durch die Einführung von Kollektivvertragsverhandlungen auf Bundesebene für die Heilmittelversorgung zu einer Reduzierung der bisherigen Vielzahl von Verträgen und dadurch zu mehr Transparenz und einer deutlichen Reduzierung des Aufwandes für die Vertragsverhandlungen kommen. Unmittelbar aus dem Gesetz lasse sich ableiten, dass ein Berufsverband zunächst einen gewissen Einfluss in der Öffentlichkeit erlangt haben müsse, denn seine Maßgeblichkeit müsse bereits vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Krankenkassenseite vorhanden sein und könne sich daher nicht nur durch Aktivitäten auf den weiteren neben den Vertragsverhandlungen für einen Berufsverband typischen Betätigungsfeldern ergeben. Erforderlich für die Anerkennung als maßgeblicher Berufsverband sei darüber hinaus, dass der Berufsverband eine hinreichende Zahl von Heilmittelerbringern vertrete, für die der zu schließende Vertrag Geltung erlangen solle (Bezugnahme auf Senatsurteil vom 18. Januar 2018 – L 1 KR 316/13). Unter Berücksichtigung der Vertretung ausschließlich der Interessen der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen und der Aufnahme in die anhörungsberechtigten Organisationen durch den GBA hatte das Sozialgericht keine Zweifel, dass der Beigeladene zu 1 sich bisher ausreichend in der Öffentlichkeit als berufener Vertreter der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen positioniert habe.

Nach der Auffassung des Gerichts vertrete der Beigeladene zu 1 Sonderinteressen. Die Gruppe der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen sei nach seinen Angaben so klein, dass sie in keinem anderen der Verbände eine kritische Größe mit der Möglichkeit der wirksamen Vertretung erreichen könnte. Schließlich sei der Beigeladene als maßgeblich anerkannt und jahrzehntelang als Verband der ersten Stunde am Abschluss der ersten Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V in allen seinen Fassungen beteiligt gewesen. Auch der Schiedsspruch vom 15. November 2022 bestätige die Auffassung des Gerichts. Darüber hinaus sei auch kein Anordnungsgrund erkennbar.

Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 8. April 2024 zugestellten Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 24. April 2024 bei dem Landessozialgericht eingegangenen Beschwerde. Sie wiederholen und vertiefen ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Sie weisen darauf hin, dass die Zahl von 139 zugelassenen Mitgliedern vom Beigeladenen zu 1 stamme und weder belegt noch glaubhaft gemacht sei. Es müsse bestritten werden, dass dem Beigeladenen zu 1 überhaupt nach § 124 Abs. 1 SGB V zugelassene Heilmittelerbringer als Mitglieder angehörten. Sie gehen davon aus, dass diese Zahl nicht mehr zutreffe. Hinsichtlich des Stellungnahmerechts gegenüber dem GBA spreche vieles dafür, dass dieses bei Feststellung der Nichtmaßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 erlösche. Vor Einführung des TSVG sei eine Feststellung oder Prüfung der maßgeblichen Spitzenorganisationen nicht erfolgt. Der Beigeladene zu 1 sei eher geduldet worden, ohne dass eine Feststellung der Maßgeblichkeit in der Vergangenheit erfolgt wäre. Die Änderung der Zuständigkeiten (der maßgeblichen Spitzenorganisationen nach § 125 Abs. 1 SGB V) spreche deutlich gegen eine vom Gesetzgeber beabsichtigte automatische Fortschreibung des Status als maßgebliche Spitzenorganisation oder gar einen Bestandsschutz. Der Gesetzgeber habe nur aus Praktikabilitätsgründen für die „erstmaligen Verhandlungen“ auf die bisher am Abschluss der Rahmenempfehlungen beteiligten Verbände abgestellt. Diese Vermutung setze sich für die anstehenden Neuverhandlungen und die zweite Amtsperiode der Schiedsstelle nicht fort. Die Antragsteller wenden sich gegen die Annahme eines Sonderinteresses durch das Sozialgericht. Dieses lege nicht dar, warum die ausschließliche Interessenvertretung eines bestimmten Ausbildungswegs ein für die Regelung der Versorgung im Bereich der GKV anerkanntes Sonderinteresse sein solle. Für keinen anderen zur Heilmittelerbringung im Bereich 4ST zugelassenen Ausbildungsweg sei eine maßgebliche Spitzenorganisation anerkannt worden, welche nur seine Auszubildenden vertrete. Die ärztlichen Verordnungen im Bereich 4ST unterschieden nicht nach bestimmten Methoden. Die im Rahmen der Leistungserbringung in Betracht kommenden Methoden seien dabei vollkommen unabhängig von einem bestimmten Ausbildungsweg. Der Beigeladene zu 1 habe bis heute auch keine ein Sonderinteresse begründende Methode benannt. Das BSG habe herausgearbeitet, dass die Pluralität der Interessen gerade nicht dazu führe, dass jeder Verband, welcher von einem Vertrag betroffene Unternehmen vertrete, als maßgeblich anzusehen sei (Bezugnahme auf Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 16/18 R). Es bestehe auch ein Anordnungsgrund. Die Beteiligung des Beigeladenen zu 1 an den Verhandlungen und der Bildung der Schiedsstelle wäre für die Antragsteller nicht zumutbar.  Auch bei offenem Ausgang der Hauptsache würde die Interessenabwägung zugunsten der Antragsteller ausfallen. Bei späterer Feststellung der Nichtmaßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 wären allein durch die Teilnahme die Gestaltungsrechte der Antragsteller grundsätzlich und unwiderruflich beeinträchtigt, da die Antragsteller im Sinne ihrer Mitglieder und Leistungserbringenden dennoch – unter zumindest teilweiser Aufgabe ihrer Rechte und Interessen – versuchen müssten, ein Verhandlungsergebnis zu erzielen. Der Beigeladene zu 1 würde im Verfahren L 1 KR 47/23 KL die Auffassung vertreten, dass eine einmal vorgenommene Berufung der Schiedsperson selbst dann nicht mehr zurückgenommen werden könnte, wenn während ihrer Amtsperiode die Nichtmaßgeblichkeit des berufenden Verbandes festgestellt würde. Dieser Auffassung folge offenbar auch der Antragsgegner. Dem folgend wäre eine einmal erfolgte Bestellung durch den Beigeladenen zu 1 für die gesamte zweite Amtsperiode von vier Jahren nicht mehr zu ändern. Wegen der Unterstützung in allen Verfahren zur Maßgeblichkeit durch den Antragsgegner sei nicht auszuschließen, dass die vom Beigeladenen zu 1 in die Schiedsstelle entsandte Vertreterin dann den Interessen des Antragsgegner folge und mit der Kassenseite stimme. Die Beweislast für die Betroffenheit des Beigeladenen zu 1 im Falle der Stattgabe des einstweiligen Rechtsschutzes sowie die Unzumutbarkeit einer solchen Entscheidung obliege diesem. Seine Nichtbetroffenheit und die Zumutbarkeit der Stattgabe hätten die Antragsteller dargelegt. Der Beigeladene zu 1 müsste hierauf zumindest qualifiziert erwidern.

 

Die Antragsteller und Beschwerdeführer beantragen zuletzt,

den Beschwerdegegner unter Aufhebung des Beschlusses vom 8. April 2023 vorläufig zu verpflichten:

  1. ohne den Beigeladenen zu 1 mit den Beschwerdeführern in Vertragsverhandlungen über die neuen Preise der Heilmittel im Heilmittelbereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie nach der zum 30.06.2024 gekündigten Anlage 2 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V vom 15. März 2021, in der Fassung vom 01.12.2022, zu treten;
  1. a) eine Schiedsstelle im Heilmittelbereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie nach § 125 Abs. 6 SGB V ohne den Beigeladenen zu 1 zur Festsetzung der neuen Preise im Heilmittelbereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie nach der zum 30.06.2024 gekündigten Anlage 2 des Vertrages nach § 125 Abs. 1 SGB V vom 15. März 2021, in der Fassung vom 01.12.2022, für den Fall der vollständigen oder teilweisen Nichteinigung der Vertragspartner über diese Preise zu bilden;

b) hilfsweise, die Schiedsstelle nach § 125 Abs. 6 SGB V im Heilmittelbereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie vorläufig ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1 mit den Beschwerdeführern zu bilden.

Der Antragsgegner beantragt,

           die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Antragsteller hätten auch weiterhin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Soweit es um die Verhandlungen zur Anlage 2 gehe, habe das Sozialgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine Verfolgung gegenläufiger ökonomischer Interessen durch den Beigeladenen zu 1 mit der Folge erheblicher wirtschaftlicher Nachteile für die Antragsteller nach deren Vortrag nicht ersichtlich seien. Die Frage, ob der eigentliche Vertrag und seine übrigen Anlagen wirksam gekündigt worden seien, sei auch aus Sicht der Antragsteller nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Antragsgegner habe im Verfahren L 1 KR 43/23 KL nicht die Auffassung vertreten, eine einmal erfolgte Bestellung eines Schiedsstellenmitglieds sei während einer Amtsperiode nicht mehr zu ändern, auch wenn im Laufe dieser Amtsperiode die Nichtmaßgeblichkeit eines an der Bestellung beteiligten Verbandes bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt werde. Die Satzungsbestimmung des Antragstellers zu 3 sei dem Antragsgegner nicht von vornherein bekannt gewesen. In der zur Einschätzung der Maßgeblichkeit vorgelegten Satzung vom 18. März 2017 sei sie nicht enthalten gewesen. Erst im Schiedsverfahren (Schriftsatz vom 20. Januar 2021) hätte sich der Antragsteller zu 3 auf einen (angeblich) festgelegten Grundsatz berufen, nach dem „Zustimmungen zu Kassenverhandlungen vom direkten Votum der Mitglieder abhängig“ wären. Eine Satzungsregelung, die die Handlungsfähigkeit des Vorstands in den Verhandlungen nach § 125 SGB V beschneide und eine Mitgliederbefragung erforderlich mache, fände sich erstmals in der Satzung vom 18. September 2021.

Der Beigeladene zu 1 beantragt,

           die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

 

Der von der Rechtsprechung vorgezeichnete Weg zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Maßgeblichkeit führe über eine Entscheidung der Schiedsstelle. Das Sozialgericht habe (im Verfahren S 143 KR 347/22; Az. des Verfahrens L 1 KR 161/21 KL nach Verweisung an das SG; nunmehr L 1 KR 47/23 KL) eine formelle Entscheidung der Schiedsstelle gefordert. Der Antragsteller zu 3 habe ausdrücklich im Schiedsverfahren mit Schriftsatz vom 13. Juli 2022 eine Entscheidung der Schiedsstelle (über die Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 2) gefordert. Würde man der Auffassung der Antragsteller folgen, Gerichte müssten auf Zuruf von angreifenden Verbänden, die anderen die Maßgeblichkeit absprächen, hierüber entscheiden, wäre Chaos vorprogrammiert. Er verweist auf die verschiedenen von den Antragstellern geführten Verfahren. Die Antragsteller seien nicht unstreitig maßgebliche Spitzenorganisationen. Dem Antragsteller zu 3 fehle in Hinblick auf die besondere Satzungslage die erforderliche organisatorische Leistungsfähigkeit. Die prozessrechtlichen Erwägungen der Antragsteller betreffend den Schiedsspruch vom 15. November 2022 gingen am Kern der Sache vorbei. Entscheidend sei, dass materiell-rechtlich die Frage der Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 in allen Kontexten nur einheitlich zu beurteilen sei. Relevante Änderungen hätten sich seit dem Zeitpunkt des Schiedsspruches nicht ergeben. Die Behauptung, der Beigeladene zu 1 sei „eher geduldet worden“, sei völlig aus der Luft gegriffen und ohne jedwede Substanz. Der Beigeladene zu 1 werde in der Kommentarliteratur als maßgebliche Spitzenorganisation erwähnt (Bezugnahme auf Becker/Kingreen/Butzer, 8. Auflage 2022, SGB V, § 125 Rn. 6). Aus der Gesetzesbegründung folge die Vermutung, dass die Maßgeblichkeit Bestand haben solle, es sei denn, es gebe zu einem späteren Zeitpunkt substantielle Änderungen. Zurecht habe das Sozialgericht die Vertretung von Sonderinteressen angenommen. Die Situation, dass heute noch eine Lage bestehe, in der alle Abschlüsse der Berufsgruppen, die uneingeschränkt zulassungsfähig seien ein Niveau aufwiesen, das zur Leistungserbringung qualifiziert, sei u.a. dem Umstand geschuldet, dass den Berufsgruppen – insbesondere auch dem Beigeladenen zu 1 – die Möglichkeit gegeben gewesen sei, an dem Zustandekommen der hierfür maßgeblichen Leistungsbeschreibung (Inkrafttreten 01. Februar 2003) mitzuwirken. Auch nach Auffassung des Beigeladenen zu 1 sei die Frage, ob der Rahmenvertrag wirksam gekündigt worden sei, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die laufenden juristischen Auseinandersetzungen seien zum nicht unerheblichen Teil auch auf die verkürzte Verhandlungsmacht des Vorstands des Antragstellers zu 3 zurückzuführen. Vereinbarte Kompromisse hätten nicht umgesetzt werden können, weil die Mitglieder des Antragstellers zu 3 nicht zugestimmt hätten.

Der Beigeladene zu 2 hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und einen Antrag nicht gestellt.

Der Berichterstatter des Senats hat mit den Beteiligten am 19. Juni 2024 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Termin ist u.a. das Problem erörtert worden, dass die Antragsteller den Ausschluss eines Vertragspartners des jedenfalls nach seinem § 21 Abs. 5 fortwirkenden Rahmenvertrages von der Verhandlung der Anlage 2 begehren. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll Bezug genommen. Hiernach geführte Einigungsgespräche sind nach Mitteilung der Antragsteller und des Beigeladenen zu 1 gescheitert.

Die Antragsteller haben in der Folge ausgeführt, dass der Vorrang des Gesetzes und hier § 125 Abs. 1 SGB V beachtet werden müsse. Für die Regelung der Preise sollten auf Leistungserbringerseite nur die maßgeblichen Spitzenorganisationen zuständig sein. Die Präambel des Vertrags könne nicht die gesetzlichen Regelungen abändern. Die Erwägungen des LSG im Urteil vom 29. Juni 2023 (L 4 KR 166/22 KL) könnten nicht überzeugen. Streitgegenstand dort sei eine originär vertragliche – nicht gekündigte – Vereinbarung. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage müsse auch für die Preise gelten.

Wegen des weiteren Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Akten der Verfahren S 91 KR 256/24 (Sozialgericht Berlin) und L 1 KR 47/23 KL Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

 

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der mit der Beschwerde in der zuletzt gestellten Fassung weiterverfolgte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG ist zulässig. Zwischen den Beteiligten besteht ein streitiges Rechtsverhältnis, das einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zugänglich ist.

Ein zwischen den Hauptbeteiligten streitiges Rechtsverhältnis in diese Sinne bestand indes von Anfang an nicht hinsichtlich der Beteiligung des Beigeladenen zu 2 an den Verhandlungen zur Neufassung der Anlage 2 des Rahmenvertrages und der Bildung der Schiedsstelle. Insoweit begehren die Antragsteller ausweislich des zuletzt gestellten Antrags jedoch auch keine gerichtliche Regelung mehr.

Auch für die Antragsteller zu 1 und 2, die den Schiedsspruch vom 15. November 2022 nicht angefochten haben, ist die hier u.a. im Streit stehende Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 nicht bestandskräftig festgestellt. Abgesehen davon, dass es insoweit wegen der nach § 125 Abs. 6 Satz 10 i.V.m. § 129 Abs. 9 Satz 7 SGB V fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen Schiedsspruch der Schiedsstelle nach § 125 Abs. 6 SGB V auf Bestandskraft nicht ankommt und die vorläufige Wirkung des Schiedsspruchs auch durch den Antragsteller zu 3 zu beachten ist, ist eine Regelung der Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 für den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht Teil des Verfügungssatzes des Schiedsspruchs vom 15. November 2022. Der Tenor des Schiedsspruchs vom 15. November 2022 beschränkt sich insoweit auf die Ablehnung des Antrags des Antragstellers zu 3, festzustellen, dass es sich bei der Beigeladenen zu 1 für die Regelungen der Telemedizin nach § 125 Abs. 2a SGB V nicht um eine maßgebliche Spitzenorganisation auf Bundesebene handele. Die Schiedsstelle hat keine positive Feststellung der Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 tenoriert. Insoweit hat sie hier über eine vorgreifliche Frage im Rahmen eines konkret bei ihr anhängigen Schiedsverfahrens in der Sache entschieden, für die ihr auch im Rahmen des § 125 Abs. 5 SGB V eine Annexkompetenz zukommen dürfte (vgl. zu § 130b Abs. 9 SGB V: BSG, Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 16/18 R). Die unmittelbare Wirkung beschränkt sich vorliegend auf Zeitpunkt und Reichweite der Sachentscheidung, hier die Ablehnung des Nichtbestehens von Maßgeblichkeit zum Zeitpunkt des Schiedsspruches hinsichtlich der erstmaligen Aufnahme von Bestimmungen über telemedizinische Leistungen nach § 125 Abs. 2a SGB V in den Rahmenvertrag. Dass die Begründung der Schiedsstelle für die Annahme der Maßgeblichkeit auch für andere Zeitpunkte Geltung beanspruchen kann, lässt die temporal und prozedural beschränkte Wirkung des Schiedsspruchs unberührt. Dem steht nicht entgegen, dass das BSG davon ausgegangen ist, die Schiedsstelle könne sich auch in nachfolgenden Schiedsverfahren auf diese Feststellung berufen (BSG aaO. Rn. 30). Abgesehen davon, dass hier eine positive Feststellung nicht getroffen worden ist, vermag der Senat dies nicht dahingehend zu verstehen, dass die getroffene Feststellung unbefristete Regelungswirkung hat. Vielmehr ist es der Schiedsstelle möglich, bei fehlenden Änderungen sich in künftigen Verfahren auf die Feststellungen und Begründung ihrer ausdrücklichen Entscheidung zu berufen. Dies ändert aber nichts daran, dass sie auch in weiteren Schiedsverfahren eine inzidente Entscheidung über die maßgeblichen Spitzenorganisationen trifft. Bestätigt wird dies durch den Vergleich der Feststellung durch die Schiedsstelle mit der Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO. Denn deren Rechtskraft reicht ebenfalls nicht weiter als die Vorgreiflichkeit des festgestellten Rechtsverhältnisses für die Hauptsache (so BGH, Urteil vom 9. März 1994 – VIII ZR 165/93 – Rn. 15).

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 2. April 2009 (B 2 U 20/07 R) zutreffend ausgeführt haben, dass eine aufgespaltene Bestandskraft des Schiedsspruchs hier ausscheidet. Der Vertrag nach § 125 Abs. 1 SGB V für einen bestimmten Heilmittelbereich hat für die zugelassenen Leistungserbringer normative Wirkung, weil sie zu seiner Anerkennung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 SGB V verpflichtet sind. Es kann nach der Konzeption des Gesetzes nur einen Vertrag geben, weshalb in einem Klageverfahren gegen einen diesbezüglichen Schiedsspruch unabhängig von der Person des Klägers ein mehrseitiges Rechtsverhältnis Gegenstand ist. Die Rechtskraftwirkung einer gerichtlichen Entscheidung erstreckt sich auf alle notwendig zu beteiligenden Personen, die am Vertragsverhältnis und Schiedsverfahren beteiligt gewesen sind.  

Ein Verweis auf ein neues Schiedsverfahren und eine entsprechende Vorabentscheidung der Schiedsstelle scheidet bereits deshalb aus, weil die Schiedsstelle gegenwärtig nicht handlungsfähig ist. Sie ist auf Seiten der Spitzenorganisationen für die zweite Amtsperiode nicht vollständig besetzt worden. Das Gesetz enthält auch keine Regelung, dass die bisherigen Mitglieder der Schiedsstelle bis zur Ernennung ihrer Nachfolger im Amt bleiben. Vielmehr sieht das Gesetz eine Amtsdauer von vier Jahren (§ 125 Abs. 6 Satz 4 SGB V) vor, ohne eine Regelung zur vorläufigen Weiterführung des Amts. Eine Rechtsverordnung nach § 125 Abs. 6 Satz 11 SGB V ist nicht ergangen. Auch die vorliegende Entscheidung des Senats führt nicht unmittelbar zur Besetzung der Schiedsstelle.

Die Befugnis der Schiedsstelle, über die Frage der Maßgeblichkeit und der Vertragspartner als vorgreifliche Frage ausdrücklich zu entscheiden, steht dem vorliegenden Antrag zu 1 auch nicht entgegen. In der Rechtsprechung des BSG selbst ist ausdrücklich offen gelassen worden, ob eine unmittelbare gerichtliche Klärung zwischen den vermeintlichen Spitzenorganisationen und dem Antragsgegner möglich ist (BSG, Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 16/18 R). Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist indes hinsichtlich der an den Verhandlungen zu beteiligenden Verbände nicht eine abstrakte Feststellung, sondern eine vorläufige Regelung allein für die Verhandlungsphase. § 125 Abs. 5 SGB V vermag der Senat nicht zu entnehmen, dass die Schiedsstelle vor dem Erklären des Scheiterns der Verhandlungen oder Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit bereits angerufen werden kann. Dass nunmehr durch Ablauf der Kündigungsfrist ein Schiedsverfahren (nach Bildung der Schiedsstelle) einzuleiten sein dürfte, steht der Zulässigkeit des Antrags zu 1 auch nicht entgegen. Denn die Verhandlungsphase endet nicht mit der Einleitung eines Schiedsverfahrens kraft Gesetzes. Selbst bei Erfolg mit dem nur in einem Handlungsbefehl an den Antragsgegner bestehenden Regelungsantrag zu 1 wäre die Schiedsstelle hieran im Übrigen nicht gebunden. Die Auffassung des Beigeladenen zu 1, dass Chaos vorprogrammiert wäre, wenn über die Geltendmachung der fehlenden Maßgeblichkeit jeweils in einzelnen Verfahren gerichtlich zu entscheiden wäre, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Relevanz des Bestehens oder Nichtbestehens eines bestimmten Rechtsverhältnis für mehrere nicht streitgegenstandsidentische Rechtsstreitigkeiten ist nicht ungewöhnlich. Das Prozessrecht enthält hinreichende Vorkehrungen, widersprüchliche Entscheidungen zu verhindern (z.B. §§ 114 Abs. 2, 180, 181 SGG, §§ 202 Abs. 1 SGG i.V.m. § 251 ZPO).          

Auch dem Antrag des Antragstellers zu 3 steht nicht eine fehlende Antragsbefugnis entgegen. Eine solche könnte sich allenfalls aus den von dem Beigeladenen zu 1 vorgebrachten Zweifeln an der Einordnung des Antragstellers zu 3 als maßgebliche Spitzenorganisation i.S.d. § 125 Abs. 1 SGB V ergeben, die – angesichts der offenkundig hinreichenden Anzahl der Mitglieder des Antragstellers zu 3 – allein auf die organisatorische Handlungsfähigkeit als Spitzenorganisation in Hinblick auf die satzungsmäßig vorgesehene Mitgliederbefragung beim Abschluss neuer Verträge bzw. Vergütungsvereinbarungen gestützt sind. Die Antragsbefugnis wäre dem Antragsteller zu 3 indes nur dann abzusprechen, wenn nicht einmal die Möglichkeit bestünde, dass dieser weiterhin als maßgebliche Spitzenorganisation i.S.d. § 125 Abs. 1 SGB V anzusehen ist. Den Zweifeln des Beigeladenen zu 1 vermag der Senat jedoch nicht einmal ansatzweise näherzutreten. Entgegen der Beschreibung durch den Antragsgegner liegt keine rechtlich relevante Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Antragsstellers zu 3 vor. Dieser ist im Außenverhältnis durch seine Vorstandsmitglieder uneingeschränkt handlungsfähig. Er ist als eingetragener Verein verfasst und verfügt ausweislich § 9 Abs. 1 seiner Satzung über einen Vorstand mit drei Mitgliedern, die jeweils allein vertretungsberechtigt sind. Eine Beschränkung der Außenvertretungsmacht liegt durch die vom Beigeladenen zu 1 in Bezug genommen Regelungen in § 3 der Satzung („Mitgliederbeteiligung und Transparenz“) nicht vor. Dort ist zwar geregelt, dass eine Zustimmung der ordentlichen Mitglieder zu den genannten Verträgen Voraussetzung für die Unterzeichnung derselben sei. Hierin liegt jedoch keine Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis, weil eine solche – nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB mögliche – Beschränkung in der Satzung eindeutig sein müsste (vgl. eingehend BGH, Urteil vom 22. April 1996 – II ZR 65/95 – Rn. 6 bei juris m.w.N.). Fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, die die Wirksamkeit von Vertretungshandlungen beschränkt, dann betrifft ein satzungsmäßiges Zustimmungserfordernis allein die interne Handlungsmacht des Vorstands. Vorliegend spricht die Formulierung der Zustimmung der einfachen Mehrheit der ordentlichen Mitglieder „für die Unterzeichnung“ gerade dafür, dass der Vorstand nur intern an der Abgabe der (schriftlichen) Willenserklärung nach außen gehindert ist. Seine Vertretungsmacht wird hingegen nicht ausdrücklich beschränkt, was ohne weiteres im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Vertretung des Vereins möglich gewesen wäre. Gehört § 3 der Satzung des Antragstellers zu 3 jedoch zu den Vorschriften über die interne Meinungsbildung, ergibt sich kein wesentlicher Unterschied zu anderen Berufsverbänden. Es besteht stets eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das von einem Verhandlungen führenden Team erreichte Ergebnis, bei der weiteren Prüfung im gesamten Berufsverband nicht auf Zustimmung stößt. Das Vorsehen einer basisdemokratischen Beteiligung ist eine dem Antragsteller zu 3 offenstehende Form der Ausgestaltung des vereinsinternen Meinungsbildungsprozesses. Soweit tatsächlich Vertragsentwürfe regelmäßig nicht auf die Zustimmung der ordentlichen Mitglieder des Antragstellers zu 3 treffen sollten und dies tatsächlich regelmäßig zu Schiedsverfahren führen sollte, ist dies als Ausdruck der Divergenz der Erwartungen der im Antragsteller zu 3 zusammengeschlossenen zugelassenen Leistungserbringer und den praktisch erreichbaren Verhandlungsergebnissen hinzunehmen. Soviel Basisdemokratie muss das Vertragsschlussregime des § 125 SGB V nach Auffassung des Senats aushalten.

Den Anträgen steht auch nicht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegen. Den Antragstellern steht kein anderer gleich effektiver Weg zur Verfügung, die Beteiligungsberechtigung des Beigeladenen zu 1 an den Verhandlungen der Neufassung der Anlage 2 und an der Bildung der Schiedsstelle klären zu lassen. Für die Frage, wie die Schiedsstelle zu besetzen ist, ist ein isoliertes Schiedsverfahren in § 125 Abs. 5 SGB V ohnehin nicht vorgesehen. Die Besetzung des Schiedsstelle kann vorliegend auch nicht durch das BMG als Aufsichtsbehörde erfolgen. § 125 Abs. 6 Satz 7 SGB V sieht insoweit nur für den Fall der ausbleibenden Einigung über die unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter eine entsprechende Anwendung von § 89 Abs. 6 Satz 3 SGB V (Bestellung der unparteiischen Mitglieder durch die Aufsichtsbehörde) vor. Angesichts der differenzierten Regelungssystematik in § 89 SGB V scheidet eine entsprechende Anwendung der Regelung für unparteiische Mitglieder auf die von dem Antragsgegner und den maßgeblichen Spitzenorganisationen entsandten Mitglieder aus. Eine analoge Anwendung des § 89 Abs. 5 Satz 7 SGB V scheidet in der hier bestehenden Konstellation aus, weil die Regelung angesichts der gesetzlich festgeschriebenen Organisationen, die dort die Schiedsstelle bilden, sich nicht auf die Bestimmung dieser Organisationen erstreckt. Angesichts der auch in vergleichbaren Schiedsstellenregelungen fehlenden Anordnung entsprechender aufsichtsrechtlicher Befugnisse für die Bestellung der „parteiischen“ Mitglieder spricht vieles bereits gegen eine planwidrige Regelungslücke (vgl. § 75 Abs. 3c, § 111b Abs. 2, § 129 Abs. 8, § 130b Abs. 5 SGB V, § 132a Abs. 3 SGB V, § 132l Abs. 4 SGB V, § 134 Abs. 3 und § 134a Abs. 4 SGB V).

Schließlich ist der Antrag 2 a auch nicht deshalb unzulässig, weil das Gesetz die Schiedsstelle nach § 125 Abs. 6 SGB V als dauerhafte Einrichtung ausgestaltet hat und diese nicht anlassbezogen für einzelne Verfahren gebildet wird. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist es dennoch nicht von vornherein unmöglich, dass gerichtlich im Rahmen des bestehenden Ermessens nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine Regelung wie die beantragte getroffen wird.

2.

Die Anträge sind jedoch unbegründet.

Ein Anspruch auf Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist nur gegeben, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu muss der Antragsteller gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der ZPO einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs ist auszugehen, wenn nach (summarischer) Prüfung die Hauptsache Erfolgsaussicht hat. Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn dem Antragsteller unter Abwägung seiner sowie der Interessen Dritter und des öffentlichen Interesses nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Eine einstweilige Anordnung ist jedoch auch dann zu treffen, wenn der Anordnungsanspruch nach Auffassung des Gerichts nicht glaubhaft gemacht ist, die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vielmehr als offen zu bewerten sind. Zur Vermeidung des Eintritts unwiederbringlicher Rechtsnachteile bedarf es in diesen Fällen einer Abwägung, ob dem Antragsteller trotz nicht feststehender Erfolgsaussichten vorläufig Leistungen zu gewähren sind, um den effektiven Schutz der Grundrechte sicherzustellen. Eine solche Abwägung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05) und des Senats im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere dann durchzuführen, wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt sich im Eilverfahren nicht vollständig aufklären lässt.

Bei Anwendung dieses Maßstabs sind die begehrten einstweilige Anordnungen nicht zu erlassen.

1.

Die Antragsteller haben einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Führung von Verhandlungen ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1 nicht glaubhaft gemacht. Die Erfolgsaussichten eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens erscheinen nach dem Kenntnisstand des Senats im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegenwärtig gering.

Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Abwehranspruch ist hier § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach schließt der Antragsgegner mit bindender Wirkung für die Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene für jeden Heilmittelbereich einen Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung mit dem jeweiligen Heilmittel. Wie von dem Senat bereits für § 134a SGB V entschieden, schließt die durch die Vorschrift vorgenommene Aufgabenzuweisung ein subjektives-öffentliches Recht der maßgeblichen Berufsverbände ein, von dem Antragsgegner zu Verhandlungen herangezogen zu werden. Die in § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Parteien schulden einander jedenfalls den ernsthaften Versuch, zu einer Einigung über die nach Auffassung der Beteiligten und den gesetzlichen Vorgaben zu regelnden Fragen zu kommen, insbesondere auch der Festsetzung der Vergütung. Denn der Gesetzgeber hält das Zustandekommen eines Vertrags für unabdingbar. Das zeigt sich daran, dass er in § 125 Abs. 5 SGB V für den Fall des Nichtzustandekommens einer Einigung zwingend die Durchführung eines Schiedsverfahrens und die Weitergeltung des bisherigen Vertrags vorgesehen hat, so dass ein vertragsloser Zustand vermieden wird. Das Recht der maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Verhandlungen schließt ein Abwehrrecht gegen die Teilnahme eines nicht maßgeblichen Berufsverbandes an den Verhandlungen ein (siehe hierzu insgesamt Senatsurteil vom 18. Januar 2018 – L 1 KR 316/13). Wie bereits ausgeführt, gibt es nach der gesetzlichen Konzeption nur einen Vertrag und eine Vergütungsregelung für jeden Heilmittelbereich. Dies führt zur gleichberechtigten Beteiligung der maßgeblichen Spitzenorganisationen und damit einer weitgehenden Rechtsposition etwa dahingehend, durch Verweigerung des Einverständnisses ein Schiedsverfahren herbeizuführen. Insoweit wird jede Spitzenorganisation auch in ihren Gestaltungsmöglichkeiten auch bereits in der Verhandlungsphase beschränkt.

Die Voraussetzungen dieses Abwehranspruchs sind jedoch vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr ergibt sich ein Anspruch des Beigeladenen zu 1 auf Beteiligung an den Verhandlungen der Neufassung der Anlage 2 aus seiner Stellung als Vertragspartner des Rahmenvertrages (sogleich a). Zudem ist das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die fehlende Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist, was auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens zutrifft (sogleich b).

a)

Streitig im vorliegenden Verfahren sind ausdrücklich nur die Verhandlungen der Anlage 2 des Rahmenvertrages, die zum 30. Juni 2024 gekündigt worden ist. Die Frage der Kündigung des Rahmenvertrages selbst ist zwischen den Hauptbeteiligten ebenfalls streitig und Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG Berlin zum Aktenzeichen S 91 KR 256/24. Unabhängig davon, ob die Kündigung des Rahmenvertrages nur durch die Antragsteller wirksam ist oder nicht, beansprucht dieser gegenwärtig noch Wirkung. Für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung ist dies offenkundig und für den Fall der Wirksamkeit ergibt sich dies aus § 21 Abs. 5 des Rahmenvertrages selbst. Kraft vertraglicher Vereinbarung wirkt der Vertrag zwischen allen Vertragspartnern bis zu seiner Ersetzung durch einen neuen Vertrag oder einen Schiedsspruch fort. Da diese vertragliche Regelung einen vertragslosen Zustand verhindert, bedarf es eines Rückgriffs auf § 125 Abs. 5 letzter Satz SGB V nicht.

Die Anlage 2 des Rahmenvertrages ist Teil des Gesamtvertrages mit der einzigen Besonderheit, dass sie isoliert kündbar ist. Die neu vereinbarte Anlage 2 würde zum Teil des Gegenstandes des gegenwärtig mindestens fortwirkenden Rahmenvertrages. Die Neufestsetzung der Vergütung ist insoweit Teil des Vollzugs des Rahmenvertrages. Die isolierte Kündbarkeit trägt grade dem Umstand Rechnung, dass für andere Teile des Rahmenvertrages ein Änderungsbedarf nicht so frequent eintreten dürfte, wie für die Preisanpassung. Zugleich ist die Preisfestsetzung ein wesentliches Element des Vertrages, das im Gesetz ausdrücklich als Vertragsgegenstand und Gegenstand des Schiedsverfahrens genannt ist. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senats bereits aus dem Vertrag selbst, dass für die Dauer seiner Anwendbarkeit die Anlage 2 durch alle Vertragspartner des Rahmenvertrages auszuhandeln ist. Es kann dahinstehen, ob die Präambel des Vertrages als Regelung im Sinne einer gegenseitigen Anerkennung der Maßgeblichkeit zu verstehen ist (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Juni 2023 – L 4 KR 166/22 KL – Rn. 84 bei Juris), jedenfalls ist ihr zu entnehmen, dass die Vertragspartner für die Dauer des Vertrages die Versorgung der Versicherten gewährleisten wollen. Der Vertrag geht von vertrauensvoller Zusammenarbeit aus (§ 23 Abs. 3 des Vertrages) und enthält die Verpflichtung der Vertragspartner, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für eine gewissenhafte Durchführung dieses Vertrages Sorge zu tragen (§ 23 Abs. 4 Satz 1 des Vertrages). Mit dem Inhalt des konkreten Vertrages und allgemeinen vertraglichen Grundsätzen ist daher die Ersetzung eines Teils des Vertrages durch nur einen Teil der Vertragspartner nicht vereinbar.

Dieser vertragsrechtlichen Lage können die Antragsteller bereits nicht unmittelbar die von ihnen behauptete zwischenzeitlich fehlende Maßgeblichkeit des Beigeladenen zu 1 unter Berufung auf den „Vorrang des Gesetzes“ entgegenhalten. Die Relevanz einer (geltend gemachten) Abweichung vom materiellen Recht ist nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 53ff. SGB X zu prüfen und hier maßgeblich § 59 SGB X.

Da der ursprüngliche Vertrag durch Schiedsspruch vom 22. März 2021 festgesetzt worden ist, könnte sich eine Nichtigkeit nur bei Nichtigkeit des Schiedsspruchs (und nicht nach § 58 SGB X) ergeben, was aber auch die Antragsteller nicht geltend machen. Vielmehr gehen sie selbst von einer rechtmäßigen ursprünglichen Beteiligung des Beigeladenen zu 1 aufgrund der Ausführungen in der Gesetzesbegründung zum TSVG aus. Der Schiedsspruch vom 22. März 2021 ist insoweit auch vom Antragsteller zu 3 nicht angefochten worden. Die Nichtigkeit des Schiedsspruchs vom 15. November 2022 machen die Antragsteller ebenfalls nicht geltend, hierfür ist nichts ersichtlich.

Auch bei Festsetzung des Vertrags durch einen Schiedsspruchs kommt jedoch ein Änderungsanspruch bzw. ein Kündigungsrecht aus § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen Änderung der Verhältnisse unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen in Betracht. Hierauf haben die Antragsteller auch – neben anderen Argumenten – ihre Kündigung des Rahmenvertrages ohne entsprechende Erklärung des Beigeladenen zu 1 gestützt. Dem steht die anhängige Klage gegen die Schiedssprüche nicht entgegen, denn Maßstab für die dortige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist der Zeitpunkt der Entscheidung der Schiedsstelle (Senatsurteil vom 19. April 2024 - L 1 KR 9/23 KL – Rn. 154 bei Juris ebenfalls betreffend die Schiedsstelle nach § 125 Abs. 6 SGB V). Änderungen zu späteren Zeitpunkten können die Beteiligten mit den allgemeinen dafür vorgesehenen Gestaltungsrechten geltend machen. Insoweit haben die Schiedssprüche hier unabhängig von ihrer vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit hinsichtlich der Anforderungen an eine maßgebliche Spitzenorganisation für den Prüfungsmaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mittelbar Bedeutung: Eine fehlerhafte Einbeziehung des Beigeladenen zu 1 als Vertragspartner – inzident oder ausdrücklich – durch die Schiedssprüche wäre vom Senat nur im Rahmen eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Schiedsspruch zu prüfen, der nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Anders verhält es sich mit einer späteren Änderung der Verhältnisse.

Den Antragstellern ist insoweit auch zuzugeben, dass sie über die Geltendmachung eines Kündigungsrechtes hinaus, ein entsprechendes Recht aus § 59 SGB X auch bei der Umsetzung des Vertrages grundsätzlich geltend machen können. Neben der unmittelbaren Durchsetzung eines solchen Anpassungsanspruchs aus § 59 SGB X kommt nämlich auch in Betracht, diesen als Einrede einem Anspruch aus dem jeweiligen Vertrag entgegenzuhalten (Becker in Hauck/Noftz SGB X, 1. Ergänzungslieferung 2024, Rn. 83 zu § 59 SGB 10 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 24. September 1997 – 11 C 10/96 – Rn. 29 bei Juris; Beschluss vom 10. Mai 2005 – 4 B 24/95).

Für eine Änderung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.S.d. clausula rebus sic stantibus, d.h. eine Änderung der objektiven Verhältnisse haben die Antragsteller nicht hinreichend substanziell vorgetragen. Insoweit bestreiten sie ins Blaue hinein, dass der Beigeladene zu 1 überhaupt zugelassene Leistungserbringer als Mitglieder habe. Allein die spontanen mündlichen Angaben im Termin vor dem Sozialgericht am 8. Juni 2022 durch die Vorsitzende des Beigeladenden zu 1 sind kein relevantes Indiz. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Erklärung ausweislich des Sitzungsprotokolls ausdrücklich um den Zusatz „Das ist jetzt nur eine Schätzung“ ergänzt worden ist. Der Antragsteller zu 3 hat im Übrigen die Auffassung zur fehlenden Maßgeblichkeit im Wesentlichen auch bereits im Vorfeld des Schiedsspruchs vom 15. November 2022 vertreten. Als rechtliche Änderung kommt hingegen der von den Antragstellern angenommene Wegfall des Bestandsschutzes aufgrund der Begründung des TSVG in Betracht. Insoweit liegt unabhängig vom Zeitpunkt nach Auffassung des Senats keine Rechtsänderung vor. Selbst wenn man die – von den Beteiligten unterschiedlich verstandenen – Ausführungen in der Gesetzesbegründung im Sinne einer Unterscheidung zwischen den Anforderungen für den erstmaligen Vertragsschluss und weitere Verhandlungen verstehen wollte, käme dem keine Bedeutung zu. Denn dieser Wille hat keinerlei Niederschlag im Gesetzestext gefunden. Der Senat schließt sich insoweit dem Bundessozialgericht an, das hierzu u.a. ausgeführt hat (BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – Az.: B 1 KR 2/19 R – Rn. 23 bei Juris):

Gesetzesmaterialien sind mit Vorsicht, nur unterstützend und insgesamt nur insofern heranzuziehen, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen und im Gesetzeswortlaut einen Niederschlag gefunden haben (stRspr, vgl zB BVerfGE 62, 1, 45 mwN; BVerfGE 119, 96, 179 = juris RdNr 219 mwN; vgl auch BVerfG Beschluss vom 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 - juris RdNr 48 = NJW 2019, 351). Der Entstehungsgeschichte kommt zwar zur Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers erhebliches Gewicht zu (vgl BVerfGE 54, 277, 285 ff, unter C.III.1.; BGHZ 197, 21, jeweils mwN). Es genügt aber nicht, dass sich die Voraussetzungen oder Rechtsfolgen allein der Gesetzesbegründung entnehmen lassen. Der sogenannte Wille des Gesetzgebers oder der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat (vgl BVerfGE 62, 1, 45, unter C.II.3.a; BFHE 238, 362 = BStBl II 2013, 165 mwN). Die Gesetzesmaterialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen (vgl BVerfGE 62, 1, 45, unter C.II.3.a; BFHE 254, 319 = BStBl II 2016, 1010, RdNr 20).

Weder ist für § 125 Abs. 1 SGB V ein zeitlich gestaffelter Änderungsbefehl noch eine Übergangsregelung zu den zu beteiligenden Vertragspartnern vorgesehen. Den Gesetzesmaterialien kommt insoweit allein auch keine ausschlaggebende Bedeutung zu (BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004 – Az.: 2 BvR 383/03 – Rn. 190 bei Juris m.w.N.). Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung mögen den zutreffenden Hinweis enthalten, dass die bisherige Mitwirkung an den früheren Rahmenverträgen ein wesentliches Indiz sein kann, sie hat jedoch nicht die Qualität einer Rechtsnorm. Die rechtlichen Anforderungen an eine maßgebliche Spitzenorganisation haben eine Änderung seit Inkrafttreten des § 125 Abs. 1 SGB V in der Fassung des TSVG nicht erfahren.

Soweit für die Antragsteller die subjektive Annahme des Beteiligungsrechtes des Beigeladenen zu 1 nur hinsichtlich der ersten Verhandlungen (teilweise unter Einbeziehung/teilweise Einschluss der Verhandlungen zu den telemedizinischen Leistungen) Geschäftsgrundlage gewesen sein sollte, wäre die künftige Änderung im Übrigen absehbar gewesen ist und nicht unerwartet. Es hätte gerade an der Erwartung unveränderter Verhältnisse als Grundlage des Vertrages bereits anfänglich gefehlt.

Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass sich hieraus nicht ergibt, dass eine nicht (mehr) maßgebliche Spitzenorganisation aufgrund der erstmaligen Einbeziehung in einen Vertrag nach § 125 Abs. 1 SGB V diese Rechtsposition nicht mehr gegen ihren Willen verlieren kann. Abgesehen davon, dass die vertragliche Regelung, dass nur alle Spitzenorganisationen zusammen den Vertrag kündigen können (§ 21 Abs. 1 des Vertrages), keinesfalls zwingend gewesen wäre, muss auch auf Basis dieser Regelung eine Beendigung des Rahmenvertrages möglich sein. Auf welche Grundlage sich ein Kündigungsrecht allein der Antragsteller stützen oder ob ggf. der Beigeladene zu 1  zu einer Zustimmung bzw. Kündigungserklärung verpflichtet sein könnte, wäre – bei Feststellung der Nichtmaßgeblichkeit – vornehmlich im Verfahren S 91 KR 256/24 zu klären, dem vorzugreifen kann Anlass besteht. In jedem Fall aber wäre nach Auffassung des Senats bei einer solchen Feststellung der Antragsgegner unter Beachtung seiner Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet, das ihm zustehende Kündigungsrecht auszuüben. Insoweit ist er nicht nur Interessenvertreter der Krankenkassen, sondern auch der gesetzeskonformen Gestaltung der Verträge nach § 125 Abs. 1 SGB V verpflichtet. In keinem Fall droht daher eine Verstetigung der Beteiligung einer nicht (mehr) maßgeblichen Spitzenorganisation. Dass bis zur Durchsetzung dieser Rechtsfolge der Vertrag mit den bisherigen Vertragspartnern fortwirkt, ist Folge des Umstandes, dass das Gesetz einen vertragslosen Zustand nach dem Erstabschluss der Verträge nicht gestattet (vgl. § 125 Abs. 5 letzter Satz SGB V).   

Bereits aufgrund dieser vertraglichen Lage sind daher die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Beigeladenen zu 1 von der Verhandlung der Anlage 2 nicht mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit gegeben.

b)

Nach dem Erkenntnisstand des Senats im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Beigeladene zu 1 die Voraussetzungen für eine Einordnung als maßgebliche Spitzenorganisation gegenwärtig nicht (mehr) erfüllt.

Nach Auffassung des Senats hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine Spitzenorganisation insoweit in seiner Bekanntmachung vom 15. Mai 2019 zutreffend umschrieben, insbesondere auch hinsichtlich der aktiven Wahrnehmung der Interessenvertretung. Das Vorliegen einer Spitzenorganisation i.S.d. § 125 Abs. 1 SGB V erfordert, dass es sich bei der jeweiligen rechtsfähigen Person um eine solche handelt, deren Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene ist.  Wie sich aus der Systematik des § 125 SGB V erschließt, muss sie jedenfalls auch auf die Wahrnehmung der wirtschaftlichen und weiteren Interessen gerichtet sein, die Gegenstand der Vertragsverhandlungen auf Bundesebene sind. Ausreichend ist, wenn es sich um eine von mehreren gleichberechtigten Zwecksetzungen des Verbandes handelt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Juni 2023 - L 16 KR 341/20 KL – Rn. 21 bei Juris). Eine Organisation, die sich etwa allein die Ausbildungsgestaltung oder die Fortentwicklung des Berufsrechts zur Aufgabe gemacht hat, würde diese Voraussetzung nicht erfüllen. Zutreffend weist der Beigeladene zu 1 darauf hin, dass eine Spitzenorganisation auch tatsächlich zur Aufgabenwahrnehmung in der Lage sein muss, d.h. über eine Organisationsstruktur und Handlungsfähigkeit verfügt, die die Begleitung der komplexen Verhandlungsgegenstände gestattet. Dies dürfte auch Teil der Anforderung des Antragsgegners sein, dass die Interessenvertretung aktiv wahrgenommen wird. Bereits auf dieser Ebene dürften sehr kleine Vereine ohne besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ausscheiden, ohne dass es auf die Frage der Maßgeblichkeit ankommt. Nicht ausgeschlossen ist die Einordnung als Spitzenorganisation durch die Vertretung nur eines bestimmten Teils der Leistungserbringer (vgl. für nur bestimmte pharmazeutische Unternehmen BSG, Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 16/18 R).

Der Beigeladene zu 1 ist als eingetragener Verein verfasst und verfügt nach seinen letzten Angaben im Verfahren S 91 KR 256/24 (Seite 11 des Schriftsatzes vom 2. Mai 2024, im hiesigen Beschwerdeverfahren vorgelegt) über insgesamt ca. 450 Mitglieder, auf den Anteil der zugelassenen Leistungserbringer kommt es an dieser Stelle nicht an. Er hat tatsächlich an den Verhandlungen und Schiedsverfahren nach der Änderung des § 125 Abs. 1 SGB V mitgewirkt. An der organisatorischen Leistungsfähigkeit bestehen daher gegenwärtig keine durchgreifendenden Bedenken. Die Antragsteller weisen zutreffend darauf hin, dass die Vorbereitung und der Abschluss von Verträgen mit Kostenträgern nur eine von mehreren Aufgaben des Beigeladenen zu 1 in § 2 seiner Satzung ist. Diese Aufgaben sind jedoch nach dem Einleitungssatz von § 2 Nr. 1 der Satzung eine Konkretisierung der Aufgabe von § 1 Nr. 3 der Satzung. Insoweit ist die Vereinstätigkeit als Weiterentwicklung der Arbeit von  Schlaffhorst und  Andersen und die Förderung der beruflichen Anerkennung seiner Mitglieder umschrieben. Insgesamt vermag der Senat gegenwärtig nicht zu erkennen, dass sich aus diesem Aufbau der Satzung eine nur nachrangige Wahrnehmung der Interessen im Rahmen der Verhandlungen auf Bundesebene ergeben sollte. Abgesehen von der Einbeziehung in den Schulbetrieb erscheint die Satzung auf eine umfassende Interessenvertretung der ausschließlich vertretenen Atem-, Sprech- und Stimmlehrer gerichtet. Dass hier noch die Formulierung „Verträgen mit den Kostenträgern“ verwandt wird, erscheint unschädlich, denn ausdrücklich genannt ist der eigene Abschluss von Verträgen durch den Verband.

Die Anerkennung einer Spitzenorganisation als maßgeblich setzt – wie vom Senat bereits für Berufsverbände nach § 134a SGB V (Urteil vom 18. Januar 2018 – L 1 KR 316/13) entschieden – zunächst voraus, dass diese zunächst einen gewissen Einfluss in der Öffentlichkeit erlangt haben muss, ehe sie zu den Vertragsverhandlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V hinzuzuziehen ist. Denn die Maßgeblichkeit muss bereits vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Krankenkassenseite vorhanden sein und kann sich daher nur durch Aktivitäten auf den weiteren neben den Vertragsverhandlungen für eine solche Organisation typischen Betätigungsfeldern ergeben haben.

Dass der Beigeladene zu 1 diese öffentliche Bedeutung nicht erlangt hat, ist gegenwärtig nicht erkennbar. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass er gegenwärtig Vertragspartner der Verträge nach § 125 Abs. 1 SGB V ist, wenn auch in Folge einer Festsetzung durch die Schiedsstelle. Er hat seine langjährige Aufgabenwahrnehmung auch hinsichtlich der Gestaltung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Vorlage der Rahmempfehlungen am 1. August 2001 und der Leistungsbeschreibung ab 1. März 2002 nachgewiesen. Der Antragstellervortrag, der Beigeladene zu 1 sei insoweit nur „geduldet“, ist insoweit nicht relevant. Maßgeblich ist, dass der Beigeladene zu 1 tatsächlich beteiligt gewesen ist und mitgewirkt hat. Für die bereits erreichte faktische Bedeutung streitet zudem die Beteiligung durch den GBA als stellungnahmeberechtigte Person, auch wenn ihr weitere rechtliche Bedeutung für die Frage der Maßgeblichkeit nach Ansicht des Senats nicht zukommt. 

Darüber hinaus ist für die Bewertung als maßgeblich grundsätzlich eine Vertretung einer hinreichenden Anzahl von zugelassenen Leistungserbringern als Mitglieder zu verlangen. Dies ergibt sich aus der den maßgeblichen Spitzenorganisationen übertragenen Aufgabe, einen Vertrag mit Wirkung für alle Leistungserbringer im jeweiligen Heilmittelbereich abzuschließen, die ihre Leistungen für die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen. Zusammen mit der durch den Zwang zum Einheitsvertrag einhergehenden Wirkung, dass jede zu den Verhandlungen hinzuziehende Spitzenorganisation das Zustandekommen einer Einigung verhindern kann, erscheint die Repräsentation einer hinreichenden Mindestanzahl von Leistungserbringern hier im Heilmittelbereich 4ST durch die vertragsschließenden Organisationen unabdingbar. Die Bedeutung einer Organisation ergibt sich nicht nur aus der von ihm betriebenen Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch aus seiner Mitgliederzahl (vgl. Senatsurteil aaO. Rn. 27 bei Juris).  Der Senat hat insoweit jedenfalls 5% der maßgeblichen Leistungserbringer als ausreichend angesehen (Senatsurteil aaO.).

Dass der Beigeladene zu 1 bezogen auf die Gesamtzahl der zugelassenen Leistungserbringer keinen solchen Anteil vertritt, ist offenkundig, unabhängig davon ob die Anzahl der Leistungserbringer 9800 (so die Antragsteller im Verfahren S 91  KR) oder wie von der Schiedsstelle auf Seite 9 des Schiedsspruchs vom 15. November 2022 (4 HE 22-22) wiedergegeben 10621 beträgt. Mit den im zweiten Schiedsverfahren genannten 139 als Leistungserbringern zugelassenen Mitgliedern erreicht der Beigeladene jedenfalls keinen relevanten Vertretungsanteil.

Dass die Gesetzesbegründung zum TSVG nicht entscheidend für eine Anerkennung als maßgeblich ist, ist bereits ausgeführt.

Eine Einstufung als „maßgeblich“ ist indes auch dann geboten, wenn die jeweilige Spitzenorganisation auf die Vertretung spezieller Leistungserbringer ausgerichtet ist und diese anerkennenswerten Sonderinteressen vertreten. Das BSG hat dies für den pharmazeutischen Bereich bereits in Hinblick auf die normgleiche Wirkung der zu schließenden Verträge (§ 130b Abs. 9 SGB V) vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Legitimation als geboten angesehen. Es hat eine angemessene Betroffenenpartizipation nur bei rechtmäßiger sachgerechter Repräsentation der verschiedenen Interessen der Betroffenen gewährleistet gesehen (BSG aaO. Rn. 49). Es ist ferner davon ausgegangen, dass, um auszuschließen, dass mangels wirksamer Vertretung die Interessen bestimmter Gruppen von pharmazeutischen Unternehmen in unzumutbarer Weise übergangen werden, regelmäßig auch Vorkehrungen zur Berücksichtigung von Minderheiteninteressen erforderlich seien (Bezugnahme auf BVerfGE 146, 71 Rn. 200 f <teilweise Verfassungswidrigkeit von § 4a Tarifvertragsgesetz>). Zur Gewährleistung einer solchen Berücksichtigung wiederum müsse sichergestellt sein, dass die am Abschluss der Rahmenvereinbarung beteiligten Organisationen die Gesamtheit der pharmazeutischen Unternehmer und ihre jeweiligen Interessen in angemessener Weise repräsentierten. Bei einer bestehenden Interessenpluralität und -heterogenität erfordert dies aber die Beteiligung jedenfalls solcher Organisationen, die auf spezifische schützenswerte Interessen ihrer Mitglieder ausgerichtet sind. Denn anderenfalls bestünde die Gefahr, dass die Interessen der letztgenannten durch die beteiligten Organisationen nicht mitrepräsentiert werden. Deshalb könnten Verbände mit schutzwürdigen Sonderbelangen auch nicht darauf verwiesen werden, sich einer der schon am Entscheidungsverfahren beteiligten Organisationen anzuschließen (BSG aaO. Rn. 51).

Die verfassungsrechtliche Lage stellt sich vorliegend angesichts der allgemeinverbindlichen Wirkung der Verträge über § 124 Abs. 1 Nr. 3 SGB V nicht abweichend dar. Diese Rechtsprechung zu Grunde legend und zugleich die gebotene Abgrenzung zu Einzelinteressen beachtend geht der Senat nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass, im hier betroffenen Heilmittelbereich vorbehaltlich weiterer Erkenntnisse in einem Hauptsacheverfahren ein anerkennenswertes Sonderinteresse bestehender Spitzenorganisationen, die allein Absolventen eines der zugelassenen Ausbildungsgänge vertreten, anzunehmen ist. Im Heilmittelbereich der 4ST besteht die vorgefundene Situation, dass eine Vielzahl von Berufsabschlüssen zur unbeschränkten Erbringung der Leistungen berechtigen. Fünf Berufsgruppen können nach Anlage 5 des Vertrages (wie zuvor) uneingeschränkt zugelassen werden:

  1. Logopädinnen oder Logopäden
  2. Atem-, Sprech- und Stimmlehrerinnen oder –lehrer
  3. Staatlich anerkannte Sprachtherapeutinnen oder Sprachtherapeuten
  4. Medizinische Sprachheilpädagoginnen oder –pädagogen
  5. Diplom-Sprechwissenschaftlerinnen oder -wissenschaftler (Ausbildung an der Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg, staatlicher Abschluss bis zum 3. Oktober 1990; auch mit vor dem 3. Oktober 1990 begonnener Weiterbildung zum Klinischen Sprechwissenschaftler)

Daneben können Angehörige weiterer Berufsgruppen für bestimmte Leistungsbereiche zugelassen werden (Nr. 1.1.2 der Anlage 5 sowie im Einzelfall nach Nr. 1.1.3 i.V.m. Nr. 4 der Anlage 5). Ferner sind Angehörige von Bachelor- und Masterstudiengängen nach einer vom Antragsgegner eigenständig weiterzuentwickelnden und zu veröffentlichenden Liste zulassungsfähig (nach Stand 3.5.2023 auf der Webseite des Antragsteller zu 3 10 Studiengänge, wobei die Zulassung sich teilweise nicht auf alle Störungsbilder/Indikationen erstreckt; https://www.logo-deutschland.de/wp-content/uploads/20230503_SSSST_Anlage_5_Anhang_3.pdf). Nach den in den zwischen den Beteiligten geführten Verfahren vorgelegten Zahlen bilden die Logopädinnen und Logopäden wohl die größte Berufsgruppe.  Der Beigeladene zu 1 ist der einzige Verband, der nur Leistungserbringer eines bestimmten Ausbildungsganges vertritt. Ein Sonderinteresse ergibt sich vorliegend nicht aus einer bestimmten Art (oder Beschränkung) der Leistungserbringung, wie die Antragsteller zutreffend geltend machen. Dennoch vermag der Senat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht festzustellen, dass die Unterschiedlichkeit der Ausbildungsgänge ohne Bedeutung für die Leistungserbringung gegenüber den Versicherten der GKV ist. Die Aufrechterhaltung der pluralen Zugangsmöglichkeiten zur Leistungserbringung sprechen nach Ansicht des Senats grundsätzlich für die Annahme eines Sonderinteresses. Die musisch künstlerische Einbettung der Ausbildung der Mitglieder des Beigeladenen zu 1 und die beschriebene Ganzheitlichkeit des Konzepts (https://www.cjd-schlaffhorst-andersen.de/ein-konzept-wird-zum-beruf/das-konzept-schlaffhorst-andersen/) mag durchaus für Versicherte bei der Wahl des Leistungserbringers Bedeutung haben, jedenfalls eröffnen sie eine Wahlmöglichkeit. Insoweit sieht der Senat hier jedenfalls eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass die Vertretung des bei Inkrafttreten des § 125 Abs. 1 SGB V vorgefundenen Ausbildungsganges bzw. der Leistungserbringer mit dieser Ausbildung ein anerkennenswertes Sonderinteresse rechtfertigt.

Dass die Qualitätsanforderungen an die therapeutischen Leistungen von allen Leistungserbringern einzuhalten sind, steht dem nicht entgegen.

Die Mitglieder des Beigeladenen zu 1 haben sich in Ausübung ihrer Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG (vgl. Senatsurteil aaO. Rn. 24) zusammengeschlossen und hätten bei nunmehr anderer Bewertung des Verbandes zur Sicherstellung ihrer Repräsentation nur die Möglichkeit des Beitritts zu einem der Antragsteller. Angesichts der geringen Zahl wäre eine Mitwirkung faktisch kaum noch gesichert. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Mehrheit in einem der Antragsteller dürfte sich bereits numerisch nicht ergeben. Die Ausbildung der gegenwärtigen Vorsitzenden des Antragstellers zu 1 als Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin belegt einen solchen inhaltlichen Einfluss auch nicht. Angesichts der nicht erkannten oder aktiv bestrittenen Schutzwürdigkeit der „kleinen Berufsgruppe“ (vgl. etwa Schriftsatz des Antragstellers zu 3 vom 19. Dezember 2023 im Verfahren L 1 KR 47/23 KL Seite 2 vorletzter Absatz) bestehen erhebliche Zweifel, dass auf ihre Interessen hinreichend Rücksicht genommen würde.

Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, dass bei einer Beschränkung der Leistungserbringung in den Verträgen den Mitgliedern die gerichtliche Prüfung möglich sei, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass Rechtsschutz Betroffenenpartizipation im Vorfeld ersetzt.

Keine Bedeutung kommt auch dem Umstand zu, dass andere Berufsgruppen nicht durch eine spezielle Spitzenorganisation vertreten sind. Denn entscheidend ist nicht, ob eine solche institutionalisierte Vertretung geboten oder sachgerecht ist, sondern ob eine solche tatsächlich bestehende Vertretung einer bestimmten Berufsgruppe als Sonderinteresse anerkennenswert ist. Bedeutung erkennt der Senat auch nicht für die Entwürfe kommender Berufsgesetzgebungsvorhaben.  

Innerhalb der Berufsgruppe der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer vertritt der Beigeladene zu 1 eine erhebliche Anzahl der zugelassenen Leistungserbringer. Im Verfahren S 91 KR 256/24 sind 1500 Ausgebildete und ca. 450 Mitglieder vorgetragen worden. Ausgehend davon, dass nicht alle 1500 Ausgebildeten selbstständige Leistungserbringer sind, ist der Anteil von 5% dieser Leistungserbringer durch die im Schiedsverfahren genannten 139 Mitglieder deutlich übertroffen, selbst wenn die letztgenannte Zahl leicht gesunken sein sollte.

2.

Die Antragsteller haben auch keinen Anordnungsanspruch auf Bildung der Schiedsstelle für die zweite Amtsperiode ohne den Beigeladenen zu 1 glaubhaft gemacht. Nach § 125 Abs. 6 Satz 1 SGB V bilden der Antragsgegner und die für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene die Schiedsstelle.

Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob der Ausschluss eines Heilmittelverbandes von der Bildung der Schiedsstelle (allein) als Anspruch gegenüber dem Antragsgegner geltend gemacht werden kann. Jedenfalls ist ein solcher Anspruch aus den oben ausgeführten Gründen unter 1 b nicht glaubhaft gemacht.

3.

Es liegen auch nicht die Voraussetzungen dafür vor, den Anträgen trotz der gegenwärtig fehlenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Erfolges in einer (gedachten) Hauptsache ausnahmsweise im Wege der Folgenabwägung zu entsprechen. Für die Verhandlungen ist insbesondere nicht erkennbar, dass die Antragsteller und der Beigeladene zu 1 überhaupt unterschiedliche Ziele gegenüber dem Antragsgegner verfolgen. Ausweislich der Angaben im Erörterungstermin sind insoweit keine Gespräche geführt worden. Soweit unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, hat es jeder Antragsteller in der Hand, ein Schiedsstellenverfahren herbeizuführen und in diesem seine eigene Auffassung zu vertreten. Im Schiedsstellenverfahren wäre eine einzelne Stimme von Verbandsseite im Übrigen nicht geeignet, mit den Vertretern des Antragsgegners eine Mehrheit gegen die drei unparteiischen Mitglieder und die drei Vertreter der Antragsteller in der mit 11 Personen besetzten Schiedsstelle herbeizuführen. Entscheidungen über die Maßgeblichkeit einer Spitzenorganisation durch die Schiedsstelle sind in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Juni 2023 - L 16 KR 341/20 KL – Rn. 18 bei Juris für die Entscheidungen des GBA betreffend die Beteiligung nach § 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V). Auch die Frage der Besetzung der Schiedsstelle dürfte nach gegenwärtiger Auffassung des Senats in einer Klage gegen den Schiedsspruch überprüfbar sein. Anders als bei der Bestimmung einer Schiedsperson durch Verwaltungsakt (hierzu BSG, Urteil vom 27. November 2014 - B 3 KR 6/13 R) erfolgt die Bildung hier nicht durch sofort vollziehbaren und damit jedenfalls vorläufig wirksamen Verwaltungsakt, sondern durch Benennung durch die Beteiligten, soweit nicht ausnahmsweise die Bestimmung der unparteiischen Mitglieder durch die Aufsichtsbehörde erfolgt. In Hinblick auf die Möglichkeiten des Rechtsschutzes gegen eine Schiedsstellenentscheidung und der Möglichkeit, bei (erneuten) Schiedssprüchen die verstrichene Zeit seit der gebotenen Preisanpassung nach § 125 Abs. 5 Satz 3 SGB V zu kompensieren, entstehen jedenfalls keine endgültigen, nicht mehr revidierbaren Folgen in Bezug auf die gegenwärtig zur Verhandlung bzw. zur Entscheidung durch die Schiedsstelle anstehende Anlage 2 zum Rahmenvertrag. Selbst soweit man davon ausgehen wollte, dass die Maßgeblichkeit eines Spitzenorganisation nicht auch hinsichtlich der Besetzung der Schiedsstelle der gerichtlichen Überprüfung im Verfahren gegen den Schiedsspruch unterliegt, sind keine Gründe ersichtlich, wieso ausgehend von der Einschätzung der Erfolgsaussichten dem Ausschluss des Beigeladenen zu 1 der Vorzug zu geben sein sollte. Ihm würde jede Vertretung genommen, für die Antragsteller folgt nur eine geringe Verringerung des Stimmgewichtes der von ihnen versandten Mitglieder in der Schiedsstelle.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Beigeladene zu 1 zur Anerkennung einer Verpflichtung zur Abberufung seines Mitglieds nach § 7 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Schiedsstelle im Rahmen der Vergleichsverhandlungen durchaus bereit gewesen ist. Dass es den rechtlich kompetent vertretenen Beteiligten nicht möglich gewesen ist, zu klären, in welchem gerichtlichen Verfahren die Frage der Maßgeblichkeit in der Hauptsache geklärt werden kann bzw. darf (vgl. Antragstellerschriftsatz vom 27. Juni 2024), vermag der Senat nicht ganz nachzuvollziehen.

Auch eine Folgenabwägung führt daher nicht zum Erlass der begehrten Regelungsanordnungen.

Die Beschwerde war daher insgesamt zurückzuweisen.

 

III.

 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Vorliegend war es billig, den Antragstellern auch die Kosten des Beigeladenen zu 1 aufzuerlegen, der einen Sachantrag gestellt hat. Hingegen gab es keinen Anlass, eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 2 anzuordnen, der sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat.

Die Streitwertfestsetzung bleibt einem gesonderten Beschluss nach Anhörung der Beteiligten vorbehalten.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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