Bei einem Handwerker, der auf Baustellen des Auftraggebers verschiedenste Bautätigkeiten ausführt, die Tätigkeiten jedenfalls teilweise zusammen mit anderen Arbeitern des Auftraggebers verrichtet, dabei kein eigenes Personal und kaum eigene Arbeitsmittel einsetzt, fast ausnahmslos gestellte Materialien verwendet, nicht nennenswert werbend am Markt auftritt und über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßige pauschale Zahlungen vom Auftraggeber erhält, die den Lebensunterhalt sichern, ist von dem Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auszugehen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. März 2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 hinsichtlich seiner Tätigkeiten auf Baustellen der Klägerin in der Zeit vom 1. April 2013 bis zum 30. Juni 2015 und die hierauf beruhende Beitragsnachforderung der Beklagten in Höhe von 20.937,73 Euro.
Die Klägerin ist ein Bauunternehmen mit Schwerpunkt Gebäudesanierungen und -umbauten. Die Bauarbeiten erledigt die Klägerin teilweise mit festangestellten Mitarbeitern und teilweise mithilfe von Dritten, die bei Bauvorhaben projektweise hinzugezogen werden und nach dem Willen der Klägerin als selbständige Subunternehmer gelten sollen. Der Beigeladene zu 1 gehörte bis ins Jahr 2004 zu den festangestellten Mitarbeitern der Klägerin. Ab dem Jahr 2007 und auch im streitigen Zeitraum gehörte er zur Gruppe derer, die projektweise für die Klägerin tätig wurden.
Der im Jahr geborene Beigeladene zu 1 ist gelernter Fliesenleger. Im Jahr 2007 meldete er ein Gewerbe für die Tätigkeiten „Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Abrissarbeiten und Entsorgung, Bauhilfsarbeiten, Hausmeisterservice“ an. Als Betriebsstätte nannte er seine Wohnung. Mit Gewerbeummeldung im Jahr 2008 erweiterte er sein Gewerbe um die Tätigkeiten „Trockenbau, Schrottannahme“ und gab erneut seine Wohnung als Betriebsstätte an.
Für die Klägerin und den Beigeladenen zu 1 war dieselbe Buchhalterin tätig. Diese erstellte für einzelne Projekte schriftliche Leistungsangebote des Beigeladenen zu 1 an die Klägerin und Schlussrechnungen des Beigeladenen zu 1 für die konkret erbrachten Leistungen. Daneben rechnete der Beigeladene zu 1 der Klägerin gegenüber Teilleistungen im Wege pauschaler (Abschlags-)Rechnungen ab. Darüber hinaus existieren keine (schriftlichen) Vereinbarungen über die Zusammenarbeit.
Auf den Baustellen der Klägerin führte der Beigeladene zu 1 im Rahmen der einzelnen Projekte verschiedenste Arbeiten wie Abbruch-, Maurer-, Fliesenleger- und Trockenbauarbeiten aus. Arbeiten, die alleine verrichtet werden konnten, z.B. Stemmarbeiten, führte er alleine aus. Größere Arbeiten verrichtete er zusammen mit anderen Arbeitern auf der Baustelle. Er verfügte über eigenes (Klein-)Werkzeug wie Bohrmaschinen und einen Stemmhammer, zudem über einen VW-Transporter. Die zu verarbeitenden Materialien erhielt er in der Regel von der Klägerin. Arbeitskleidung der Klägerin trug er nicht. Seine Arbeitskleidung unterschied sich jedoch äußerlich kaum von der, die die anderen Arbeiter auf den Baustellen trugen. Im streitigen Zeitraum machten die Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin etwa 50 Prozent seiner Gesamttätigkeit aus.
Der Beigeladene zu 1 stellte der Klägerin folgende Beträge in Rechnung:
Rechnungsdatum |
Betrag |
01.04.2013 |
921,58 Euro |
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07.05.2013 |
1.934,10 Euro |
07.05.2013 |
201,60 Euro |
07.05.2013 |
214,20 Euro |
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03.06.2013 |
201,60 Euro |
03.06.2013 |
1.115,10 Euro |
03.06.2013 |
406,35 Euro |
03.06.2013 |
333,90 Euro |
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01.07.2013 |
2.205,00 Euro |
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01.08.2013 |
1.011,15 Euro |
01.08.2013 |
529,20 Euro |
26.08.2013 |
1.816,89 Euro |
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01.09.2013 |
1.953,00 Euro |
01.09.2013 |
1.726,20 Euro |
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04.11.2013 |
1.234,80 Euro |
04.11.2013 |
138,60 Euro |
04.11.2013 |
403,20 Euro |
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02.12.2013 |
100,80 Euro |
02.12.2013 |
478,80 Euro |
02.12.2013 |
504,00 Euro |
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05.01.2014 |
69,30 Euro |
05.01.2014 |
104,21 Euro |
05.01.2014 |
200,00 Euro |
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04.03.2014 |
1.000,00 Euro |
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02.04.2014 |
1.051,20 Euro |
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04.05.2014 |
1.284,80 Euro |
04.05.2014 |
963,60 Euro |
04.05.2014 |
130,31 Euro |
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01.06.2014 |
1.898,00 Euro |
07.06.2014 |
262,80 Euro |
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03.07.2014 |
481,80 Euro |
03.07.2014 |
1.040,25 Euro |
03.07.2014 |
912,50 Euro |
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05.08.2014 |
686,20 Euro |
05.08.2014 |
94,90 Euro |
05.08.2014 |
766,50 Euro |
05.08.2014 |
116,80 Euro |
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08.09.2014 |
36,50 Euro |
09.09.2014 |
204,40 Euro |
09.09.2014 |
2.445,50 Euro |
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01.10.2014 |
876,00 Euro |
01.10.2014 |
36,50 Euro |
01.10.2014 |
620,50 Euro |
01.10.2014 |
109,50 Euro |
01.10.2014 |
189,80 Euro |
01.10.2014 |
233,60 Euro |
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01.11.2014 |
124,10 Euro |
01.11.2014 |
441,65 Euro |
01.11.2014 |
759,20 Euro |
01.11.2014 |
306,60 Euro |
01.11.2014 |
532,90 Euro |
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03.12.2014 |
1.335,90 Euro |
03.12.2014 |
357,00 Euro |
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01.01.2015 |
300,00 Euro |
04.01.2015 |
956,30 Euro |
04.01.2015 |
248,20 Euro |
04.01.2015 |
1.511,10 Euro |
04.01.2015 |
43,80 Euro |
04.01.2015 |
43,80 Euro |
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05.02.2015 |
2.204,60 Euro |
05.02.2015 |
58,40 Euro |
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03.03.2015 |
996,45 Euro |
03.03.2015 |
87,60 Euro |
03.03.2015 |
554,80 Euro |
03.03.2015 |
627,80 Euro |
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07.04.2015 |
1.043,90 Euro |
07.04.2015 |
87,60 Euro |
07.04.2015 |
956,30 Euro |
07.04.2015 |
87,60 Euro |
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04.05.2015 |
87,60 Euro |
04.05.2015 |
1.795,80 Euro |
04.05.2015 |
233,60 Euro |
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01.06.2015 |
102,20 Euro |
01.06.2015 |
467,20 Euro |
01.06.2015 |
65,70 Euro |
01.06.2015 |
102,20 Euro |
01.06.2015 |
87,60 Euro |
01.06.2015 |
759,20 Euro |
01.06.2015 |
584,00 Euro |
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01.07.2015 |
2.014,80 Euro |
03.07.2015 |
817,60 Euro |
Hinsichtlich der Einzelheiten der Leistungsangebote, Abschlagsrechnungen und Schlussrechnungen wird auf Bl. 187-192 der Verwaltungsakte (Angebot D), Bl. 19-21 der Verwaltungsakte (Schlussrechnung D), Bl. 181 der Verwaltungsakte (Angebot Neubau Gewerbeeinheit), Bl. 193 der Verwaltungsakte (Rechnung) sowie auf Bl. 23-109 der Verwaltungsakte verwiesen.
Mit Bescheid vom 15. November 2016 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Prüfzeitraum 1. April 2013 bis 30. Juni 2015 nach Anhörung Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 26.550,73 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 5.613 Euro) nach. Der Beigeladene zu 1 sei gegen Entgelt beschäftigt gewesen. Es habe wegen dieser Beschäftigung Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden. Zwar spreche für eine selbständige Tätigkeit, dass dem Beigeladenen zu 1 erlaubt gewesen sei, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Er habe die Möglichkeit gehabt, die Übernahme bestimmter Aufträge abzulehnen. Seine Preise habe er selbst bestimmen können. Es sei zum 1. März 2007 ein Gewerbe angemeldet worden und Werbung erlaubt gewesen. Eine regelmäßige Arbeitszeit sei nicht einzuhalten gewesen und die Arbeiten seien nicht kontrolliert worden. Für eine abhängige Beschäftigung spreche jedoch, dass der Beigeladene zu 1 fast jeden Monat und damit regelmäßig für die Klägerin tätig gewesen sei. Er sei verpflichtet gewesen, die Arbeit persönlich auszuführen. Über eigene Geschäftsräume oder ein häusliches Arbeitszimmer habe er nicht verfügt. Ihm seien hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeiten Weisungen erteilt worden und es hätten Stundennachweise geführt werden müssen. Er habe die gleichen Arbeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter ausgeführt und bei plötzlicher Verhinderung habe die Klägerin informiert werden müssen. Eigenes Kapital habe der Beigeladene zu 1 nicht eingesetzt. Das Risiko des Beigeladenen zu 1, keine Aufträge zu erhalten, stelle kein unternehmerisches Risiko dar. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwögen daher. Wegen der Berechnung der streitigen Forderung wird auf Bl. 161-165 der Verwaltungsakte verwiesen.
Dagegen erhob die Klägerin am 19. Dezember 2016 Widerspruch mit folgender Begründung: Für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 lägen schriftliche Vereinbarungen vor. Zu jedem Auftrag gebe es ein Auftragsleistungsverzeichnis. Der Beigeladene zu 1 sei nicht verpflichtet, die Arbeiten persönlich auszuführen. Er erhalte auch keine Weisungen zur Ausführung seiner Arbeiten. Es würden lediglich Weisungen im Sinne der Qualitätssicherung gegeben, d.h. es seien die Verarbeitungshinweise des Materialherstellers, die einschlägigen technischen Vorschriften, die DIN und die VOB/Teil C zu beachten. Der Beigeladene zu 1 sei zeitlich und organisatorisch nicht zwingend an die Abläufe der Klägerin gebunden gewesen. Vorgaben zur Arbeitszeit seien nicht gemacht worden. Er habe sich nur an vereinbarte Vertragsfristen halten müssen. Eine Meldepflicht bei plötzlicher Verhinderung bestehe nicht. Der Beigeladene zu 1 bringe Kapital in Höhe von 7.000 Euro auf. Werbung betreibe der Beigeladene zu 1 ohne Einschränkung durch die Klägerin. Eine monatliche Rechnungslegung sei ein normaler Vorgang bei länger gehenden Projekten. Die Möglichkeit der Ablehnung von Aufträgen bedeute unternehmerische Handlungsfreiheit und beeinflusse das Gewinnrisiko. Die Klägerin habe mit dem Beigeladenen zu 1 eine Reihe von Bauverträgen als Subunternehmervertrag geschlossen. Er sei aufgrund der erbrachten Bauleistungen und nicht schlicht nach Zeitaufwand bezahlt worden. Es sei auch vorgekommen, dass der Beigeladene zu 1 trotz Aufforderung, ein Angebot für bestimmte Bauleistungen zu unterbreiten, nicht reagiert habe, also kein Angebot unterbreitet habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2017 zurück. Der Beigeladene zu 1 habe keine Arbeitnehmer beschäftigt. Dass er keine detaillierten Weisungen erhalten habe, sei unbeachtlich, da ihm die auszuführenden Arbeiten auf den Baustellen aus den bisherigen Tätigkeiten bekannt gewesen seien. Eigenverantwortung werde auch von Beschäftigten erwartet. Die Baustellen seien vorgegeben gewesen. Die Möglichkeit der Ablehnung von Aufträgen begründe kein Unternehmerrisiko. Ein solches Risiko habe auch deshalb nicht bestanden, weil der Beigeladene zu 1 monatlich eine Vergütung erhalten habe. Der Einsatz eines privaten KfZ und die damit verbundenen Kosten begründeten ebenfalls kein unternehmerisches Risiko. Derartige Kosten müssten auch von Arbeitnehmern getragen werden. Ebenso wenig sei der Einsatz eigenen (Klein-)Werkzeugs ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit.
Am 11. August 2017 hat die Klägerin Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 15. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 erhoben. Sie hat geltend gemacht: Der Beigeladene zu 1 sei an keinerlei Weisungen hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit sowie der Art und Weise der Ausführung der Tätigkeiten gebunden gewesen. Er habe die Möglichkeit gehabt, Aufträge durch angestellte Mitarbeiter auszuführen, für andere Auftraggeber tätig zu sein und werbend am Markt aufzutreten. Ihm habe es freigestanden, ihr – der Klägerin – Angebote zu machen oder ihre Angebote abzulehnen. Sein Gewerbe habe er ordnungsgemäß angemeldet und sei auf dieser Grundlage in unterschiedlichem Umfang seit 2007 von ihr beauftragt worden.
In einem Strafverfahren wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, das gegen den Geschäftsführer der Klägerin wegen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin im Zeitraum 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2015 geführt worden ist, hat das Amtsgericht Frankfurt (Oder) die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom 5. September 2018 abgelehnt. Die Auffassung der Beklagten, es habe sich um eine abhängige Beschäftigung gehandelt, sei nicht zwingend. Der für eine Verurteilung erforderliche Vorsatz könne nicht nachgewiesen werden.
Mit Schreiben vom 8. August 2019 hat die Beklagte das Klagebegehren hinsichtlich der Säumniszuschläge in Höhe von 5.613 Euro anerkannt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. März 2021 abgewiesen und dies wie folgt begründet: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Es habe zumindest für einen Teil der vom Beigeladenen zu 1 erbrachten Leistungen Angebote gegeben, die nach Menge und Stückzahl der zu erbringenden Leistungen berechnet worden seien. Auch habe der Beigeladene zu 1 Abschlagszahlungen erhalten. Dies deute auf werkvertragliche Verhältnisse und damit auf eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 hin. Dieses Indiz werde allerdings dadurch abgeschwächt, dass der Beigeladene zu 1 so gut wie kein eigenes Baumaterial verwendet, sondern ähnlich wie ein angestellter Arbeitnehmer nur seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe. Der Einsatz eigener Handwerkzeuge sei auch bei angestellten Arbeitnehmern im Baugewerbe nicht unüblich. Dasselbe gelte für die Anfahrt zur Baustelle mit einem eigenen Pkw. Dass der Beigeladene zu 1 ein klar abgrenzbares Gewerk gefertigt und hierfür auch die notwendigen Materialien besorgt habe, sei nicht ersichtlich. Vielmehr ergebe sich aus dem Vergleich der vorliegenden Angebote mit den Endabrechnungen des Beigeladenen zu 1 im Wesentlichen dessen arbeitsteilige Mitarbeit auf den Baustellen der Klägerin. Während in den Angeboten ganze Stückzahlen enthalten gewesen seien, beschränke sich die Abrechnung auf prozentuale Anteile, z.B. „Geschosstreppe aus Stahlbeton als Fertigteil: 0,14 Stk“. Dies ziehe sich bei allen Rechnungspunkten durch. Der Beigeladene zu 1 habe dementsprechend angegeben, Arbeiten, die er nicht allein habe erledigen können, in Zusammenarbeit mit den fest angestellten Arbeitnehmern der Klägerin erbracht zu haben. Weiterhin werde aus den vorliegenden Rechnungen ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1 nicht für konkrete Gewerke wie z.B. das Stellen des Dachstuhls beauftragt worden sei, sondern ähnlich einem angestellten Bauarbeiter alle möglichen Arbeiten wie Maurer-, Maler- und Tischlerarbeiten, die auf der jeweiligen Baustelle gerade angefallen seien, verrichtet habe. Zudem sei die Höhe der Entlohnung nicht nur vom Leistungserfolg, sondern nicht unwesentlich vom Arbeitsaufwand abhängig gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin den Beigeladenen zu 1 zwar nicht anderen Baustellen zuweisen können und habe der Beigeladene zu 1 die Möglichkeit gehabt, einzelne Aufträge abzulehnen und seine Arbeitszeit freier als fest angestellte Mitarbeiter einzuteilen. Der Beigeladene zu 1 habe jedoch zu Beginn der Bauarbeiten eingewiesen werden müssen. Da er nach den eingereichten Angeboten und Endabrechnungen im Wesentlichen Teilleistungen einer der Klägerin obliegenden Gesamtleistung erbracht habe, sei es der Klägerin durch ihren Geschäftsführer und ihre Vorarbeiter zumindest faktisch möglich gewesen, die vom Beigeladenen zu 1 konkret zu verrichtende Tätigkeit des Gesamtgewerks einseitig festzulegen und ihn insoweit anzuweisen. Der Beigeladene zu 1 sei im Hinblick auf die von ihm im Wesentlichen nur anteilig erbrachten Leistungen in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert gewesen. Dies werde dadurch bestätigt, dass der Beigeladene zu 1 über den gesamten Prüfzeitraum hinweg – arbeitnehmertypisch – regelmäßig und in vergleichbar großem Umfang für die Klägerin tätig gewesen sei. Dies ergebe sich aus der Vielzahl der monatlichen Abschlagsrechnungen. Für eine abhängige Beschäftigung spreche weiter, dass der Beigeladene zu 1 für die Klägerin Tätigkeiten ausgeübt habe, die zum normalen Betrieb eines Bauunternehmens gehört hätten. Die Klägerin habe mit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 also nicht die Fachkompetenz einer anderen Branche genutzt, die sie mit ihrem Unternehmen und eigenen Arbeitsnehmern nicht habe abdecken können. Der Beigeladene zu 1 sei auch wirtschaftlich in erheblichem Maße von der Klägerin abhängig gewesen. Denn die Tätigkeit für die Klägerin sei dessen Haupteinnahmequelle gewesen und habe ihm über den gesamten Prüfzeitraum relativ stabil die wirtschaftliche Lebensgrundlage gesichert. Ferner spreche für eine abhängige Beschäftigung, dass der Beigeladene zu 1 seine selbständige Tätigkeit unprofessionell gestaltet habe. Er habe keine Werbemaßnahmen durchgeführt und über keinen Internetauftritt verfügt. Ebenso wenig habe er ein eigenes Büro oder eine eigene Betriebsstätte vorgehalten. Die übertragenen Aufgaben habe der Beigeladene zu 1 auch höchstpersönlich geschuldet. Realistisch gesehen seien die Klägerin und der Beigeladene zu 1 davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 1 alle von ihm geschuldeten Leistungen selbst erbringen und im Krankheitsfall keine Vertretung stellen würde, selbst wenn ihm dies nach der Vertragsgestaltung theoretisch möglich gewesen wäre. Nach außen sei der Beigeladene zu 1 nicht wie ein Selbständiger aufgetreten. Seine Arbeitskleidung habe sich äußerlich kaum von der Arbeitskleidung der festangestellten Mitarbeiter unterschieden. Im Übrigen habe ein wesentliches eigenes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1 nicht bestanden. Größere Werkzeuge und Hilfsmittel seien von der Klägerin gestellt worden. Gegenüber Lieferanten von Baumaterialien habe er keine nennenswerten Verbindlichkeiten mit Verlustrisiko eingehen müssen. Die Gewerbeanmeldung könne nicht als wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit herangezogen werden, ebenso wenig das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung sei nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächlich Chancen einer Einkommenserzielung verbunden seien. Daran fehle es hinsichtlich des Beigeladenen zu 1. Insgesamt spreche daher entscheidend mehr für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als dagegen. Die Berechnung der streitigen Sozialversicherungsbeiträge, gegen die die Klägerin keine Einwände erhoben habe, ergebe sich aus der Anlage zum streitigen Bescheid.
Gegen das ihr am 29. März 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. April 2021 Berufung eingelegt.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2021 hat die Beklagte das von ihr in der ersten Instanz erklärte Anerkenntnis hinsichtlich der Säumniszuschläge umgesetzt und den angefochtenen Bescheid insoweit zurückgenommen.
Die Klägerin macht zur Begründung der Berufung geltend: Der Beigeladene zu 1 sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 30. Juni 2015 bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt gewesen. Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig. Der Beigeladene zu 1 habe sich die Arbeitszeit ebenso wie die Arbeitsdauer selbst einteilen können. Er habe bei mehreren Aufträgen bestimmen können, wo er tätig sei. Die konkrete Art und Weise der Ausführung seiner Arbeitsleistung sei ihm überlassen gewesen. Er habe Aufträge ablehnen und eine Konkurrenztätigkeit ausüben können. Urlaub sei ihm nicht erteilt worden. Auch habe der Beigeladene zu 1 ein Unternehmerrisiko getragen und klar abgrenzbare Aufträge erfüllt. Der Beigeladene zu 1 sei zur Kooperation mit den am Bau Beteiligten verpflichtet gewesen. Diese erfordere eine Abstimmung, die nicht zu verwechseln sei mit der Erteilung von Weisungen. Der Beigeladene zu 1 sei nicht arbeitsteilig in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Arbeitnehmereigenschaft bestehe nur dann, wenn statt der freien Tätigkeitsbestimmung die Einbindung in eine fremde Arbeitsorganisation vorliege, die sich im Weisungsrecht des Auftraggebers bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit zeige. Der Beigeladene zu 1 habe stets selbst frei bestimmen können, welche Aufträge er überhaupt annehme, zu welchen konkreten Zeiten er die Leistungen selbst erbringe oder durch einen Dritten ausführen lasse, auf welche Art und Weise er die Leistungen erbringe und inwieweit Aufträge von anderen Auftragnehmern angenommen würden. Unvertretbar sei die Auffassung, dass es nicht auf die Möglichkeit ankomme, Aufträge ablehnen zu können, sondern auf die Rechtsbeziehungen nach Übernahme eines Auftrags. Dies gelte allenfalls bei Rahmenvereinbarungen, durch die die Freiheit, einen Auftrag anzunehmen oder abzulehnen, aufgegeben werden könne. Vorliegend sprächen genau genommen alle Kriterien, welche bei der Bewertung der Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien, für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. Soweit darauf abgestellt werde, dass die Arbeitsteilung größeres Gewicht als die strenge Weisungsunterworfenheit gerade bei Diensten höherer Art habe, lasse sich daraus für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Die handwerklichen Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1 seien keine Dienste höherer Art. Im Baubereich sei die Arbeitsteilung technisch bedingt unausweichlich. Beispielsweise könne ein Fliesenleger die Fliesen nicht verlegen, wenn der Estrichleger seine Arbeiten nicht erledigt habe. Unerheblich sei, ob der Beigeladene zu 1 wesentliche eigene Betriebsmittel habe aufwenden müssen. Zu berücksichtigen sei vielmehr, ob der Auftragnehmer wie im vorliegenden Fall – anders als der Arbeitnehmer – überhaupt eigene Betriebsmittel aufzuwenden habe. Unerheblich sei auch, welchen Inhalt die Abrechnungen des Auftragnehmers hätten und inwieweit dort Abweichungen vom erteilten Auftrag enthalten seien. Abweichungen in der Schlussrechnung seien, wenn z.B. eine Mauer nicht in der ursprünglich vorgesehen Länge errichtet oder eine Treppe nach teilweiser Fertigung doch aus einem anderen Material eingebaut worden sei, üblich. Auch komme es relativ häufig vor, dass Bauverträge gekündigt würden. Es dürften in diesen Fällen nur tatsächlich erbrachte Leistungen abgerechnet werden. Es stelle eine unzulässige Spekulation dar, wenn gemutmaßt werde, dass eine Teilleistung deshalb abrechnet worden sei, weil die Restleistung von anderen Personen erbracht worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. März 2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2016 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 5. Juli 2017, dieser in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 18. Mai 2021, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Sozialgericht habe die Klage mit zutreffender und überzeugender Begründung abgewiesen. Der Beigeladene zu 1 habe für die Klägerin verschiedene Bauarbeiten nach ihren Vorgaben und ohne Einsatz wesentlicher eigener Ressourcen verrichtet. Er habe lediglich seine Arbeitskraft verwertet, hierbei mit weiteren Beschäftigten der Klägerin zusammengearbeitet und kein unternehmerisches Risiko getragen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen im Verhandlungstermin nicht erschienen sind. Sie sind auf diese Möglichkeit in den Ladungen hingewiesen worden.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig.
Gegenstand des Verfahrens sind das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts vom 10. März 2021 sowie der Betriebsprüfungsbescheid der Beklagten vom 15. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017. Hinsichtlich der ursprünglich von der Beklagten geforderten Säumniszuschläge hat sich der Rechtsstreit in erster Instanz durch angenommenes Anerkenntnis erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 SGG) zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Betriebsprüfungsbescheid der Beklagten vom 15. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2017 ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sowie §§ 1 und 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Klägerin vor seinem Erlass ordnungsgemäß schriftlich angehört worden (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X).
Der angefochtene Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowie der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI). Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 12) setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.
Das Sozialgericht hat ausgehend davon zutreffend erkannt, dass im vorliegenden Fall die für eine abhängige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen. Auf die Urteilsgründe wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend bemerkt der Senat:
Soweit der Beigeladene zu 1 die Möglichkeit hatte, Aufträge der Klägerin abzulehnen, ist dies für die Frage der Weisungsgebundenheit oder der Eingliederung in den Betriebsablauf nicht entscheidend. Bei Vertragsgestaltungen, in denen die Übernahme einzelner Aufträge individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende „entgeltliche“ Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung besteht, Tätigkeiten für den Auftraggeber auszuüben, und dieser umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hat (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 14). Da Anknüpfungspunkt für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung das einzelne angenommene Auftragsverhältnis ist, stellt die Freiheit zur Auftragsannahme oder -ablehnung kein maßgebliches Indiz für Selbständigkeit dar (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015, B 12 KR 16/13 R, zitiert nach juris, Rn. 28; Urteil des Senats vom 11. Oktober 2023, zitiert nach juris, Rn. 76; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 1 BA 7/21, zitiert nach juris, Rn. 42; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 28. Januar 2022, L 4 BA 4153/19, zitiert nach juris, Rn. 44, und vom 20. März 2023, L 4 BA 2021/21, zitiert nach juris, Rn. 47).
Ebenfalls nicht maßgeblich ist die von der Klägerin angegebene Möglichkeit des Beigeladenen zu 1, für die Durchführung von Aufträgen Dritte als Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Die bloße Befugnis zur Delegation allein ist kein entscheidendes Kriterium, weil sie nichts darüber aussagt, inwieweit von ihr Gebrauch gemacht wird und überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2017, L 11 R 2507/16 ZVW, zitiert nach juris, Rn. 59; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Juli 2023, L 8 R 541/17, zitiert nach juris, Rn. 58). Tatsächlich ist im vorliegenden Fall nichts dafür ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1 Erfüllungsgehilfen eingesetzt hätte.
Für eine abhängige Beschäftigung spricht im vorliegenden Fall, dass der Beigeladene zu 1 in die Betriebsstruktur der Klägerin eingegliedert war. Zwar stellt ein Abstimmungsbedarf, wie er insbesondere auf Baustellen notwendig ist, allein noch kein ausreichendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar, dies insbesondere dann nicht, wenn der Abstimmungsbedarf auf (technischen) Sachzwängen beruht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. August 2019, L 7 BA 3027/18, zitiert nach juris, Rn. 60). Jedoch ging im vorliegenden Fall die Eingliederung darüber hinaus:
Wie unter anderem aus den vorliegenden, von der Klägerin eingereichten Rechnungen hervorgeht, übernahm der Beigeladene zu 1 persönlich verschiedenste Tätigkeiten auf den Baustellen der Klägerin (z.B. Gerüstarbeiten, Maurerarbeiten, Beton- und Stahlbetonarbeiten wie das Einziehen einer Stahlbetondecke, Abdichtungsarbeiten, Putzarbeiten, Tischlerarbeiten, Trockenbauarbeiten). Der Beigeladene zu 1 verrichtete diese Tätigkeiten nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht, jedenfalls soweit es sich um nicht allein zu bewältigende Tätigkeiten handelte, mit anderen Arbeitern zusammen. Nach seinen Angaben wurde er von der Klägerin in die Tätigkeiten eingewiesen (siehe auch das Protokoll des Erörterungstermins vom 3. Juni 2020, Seite 4, demzufolge der Geschäftsführer der Klägerin mitgeteilt hat, dass auf den Baustellen grundsätzlich einer „den Hut auf hat“). Er war insoweit funktionaler Teil eines arbeitsteilig zusammenwirkenden Teams der Klägerin. Dies gilt umso mehr, als er nach außen – auch aufgrund ähnlicher Kleidung und mangels Werbung – nicht als selbständig tätiger Subunternehmer in Erscheinung trat (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2021, L 28 BA 122/18, zitiert nach juris, Rn. 37), in der Regel von der Klägerin bereit gestelltes Material nutzte und die Tätigkeiten auf den Baustellen, die er zusammen mit anderen verrichtete, bei lebensnaher Betrachtung von einer vergleichsweise eng abgestimmten Arbeitsteilung mit nur wenigen unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten geprägt waren.
Für eine selbständige Tätigkeit wäre etwa kennzeichnend gewesen, wenn sich das Auftragsverhältnis auf ein bestimmtes Gewerk bezogen hätte, das vom Beigeladenen zu 1 eigenständig übernommen worden wäre. Davon geht auch die Klägerin aus, wenn sie darauf verweist, dass es sich um eine lediglich technisch bedingte Arbeitsteilung handele, wenn beispielweise ein Fliesenleger die Fliesen erst verlege, wenn der Estrichleger seine Arbeiten erledigt habe. Der vorliegende Fall liegt jedoch anders. Denn der Beigeladene zu 1 hat seine Tätigkeiten gerade nicht auf ein bestimmtes Gewerk beschränkt, sondern hat verschiedenste Aufgaben übernommen und bei der jeweiligen Aufgabenerfüllung – jedenfalls teilweise – mit anderen Arbeitern arbeitsteilig zusammengewirkt. Insofern fügten sich seine Tätigkeiten in eine von der Klägerin fremd vorgegebene Arbeitsorganisation ein (vgl. Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, Stand 6. September 2021, § 7 Abs. 1 SGB IV, Stand: 06.09.2021, Rn. 88).
Ob die arbeitsteilige Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zusätzlich deutlich – wie das Sozialgericht dargelegt hat – daraus folgt, dass in den vorgelegten Angeboten enthaltene Einzelleistungen in den Schlussrechnungen jeweils nur in Teilmengen abgerechnet wurden (z.B. Angebot Bl. 183 Verwaltungsakte: Pos. 013.10, 1 Stck Geschosstreppe aus Stahlbeton als Fertigteil, 35 Euro; Rechnung Bl. 195 Verwaltungsakte: Pos. 013.10, 0,14 Stck Geschosstreppe aus Stahlbeton als Fertigteil, 4,91 Euro), kann dahinstehen. Dies erscheint jedoch sehr naheliegend. Die dagegen mit der Berufung erhobenen Einwände überzeugen nicht. Die Klägerin hat insoweit lediglich pauschal übliche Vorgänge in der Baubranche geltend gemacht (es komme beispielweise vor, dass sich ursprünglich kalkulierte Mengen nicht als zutreffend erwiesen, eine Mauer doch nicht wie geplant in voller Länge errichtet werde, eine Treppe nach teilweiser Fertigstellung aus einem anderen Material hergestellt werde oder ein Bauvertrag gekündigt werde). Eine konkrete Erklärung für die erheblichen Mengenunterschiede gerade zwischen den vorgelegten Angeboten und Rechnungen hat die Klägerin nicht gegeben, obwohl ihr dies – da es sich um ihre eigenen Bauprojekte handelte – ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen sein dürfte.
Darüber hinaus spricht gewichtig für eine abhängige Tätigkeit, dass der Beigeladene zu 1 in seinen Tätigkeiten für die Klägerin keinem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt war. Allein der Umstand, dass er keinen Anspruch darauf hatte, von der Klägerin weiter beauftragt zu werden, begründete ein solches Risiko nicht. Denn das Risiko, nicht wie gewünscht arbeiten zu können, weil kein Folgeauftrag angeboten wird, stellt kein spezifisches Unternehmerrisiko dar, sondern eines, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist (vgl. Urteil des Senats vom 11. Oktober 2023, L 9 BA 13/20, zitiert nach juris, Rn. 84; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juli 2021, L 4 BA 75/20, zitiert nach juris, Rn. 81). Im Übrigen hat der Beigeladene zu 1 – wie die vorliegenden Rechnungen zeigen – fast über den gesamten streitigen Zeitraum von mehr als zwei Jahren hinweg in großer Regelmäßigkeit Einnahmen aus seinen Tätigkeiten für die Klägerin insbesondere in Form von pauschalen Abschlagszahlungen erzielt, die den monatlichen Lebensunterhalt sicherten.
Auch sonst ist kein besonderes Gewinn- oder Verlustrisiko des Beigeladenen zu 1 ersichtlich (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2021, L 28 BA 122/18, zitiert nach juris, Rn. 37). Er setzte allenfalls geringfügig eigene Arbeitsmittel wie einen Stemmhammer und einen Pkw ein, verwendete in der Regel keine selbst mitgebrachten und von ihm vorfinanzierten Materialien und beschäftigte kein eigenes Personal. Ebenso wenig unterhielt er eigene Gewerberäume. Des Weiteren trug der Beigeladene zu 1 zwar alleine das Risiko des Ausfalls seiner Arbeitskraft und hatte keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf (bezahlten) Urlaub. Bei diesen Tatsachen handelt es sich jedoch nicht um Umstände, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und der Tätigkeit prägen, sondern um solche, die sich als Rechtsfolge ergeben, wenn keine abhängige Beschäftigung ausgeübt werden soll (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 1 BA 7/21, zitiert nach juris, Rn. 75; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Januar 2024, L 8 R 335/17, zitiert nach juris, Rn. 29).
Dass der Beigeladene zu 1 ein Gewerbe angemeldet hatte, genügt bei nicht nennenswert vorhandenem Unternehmensrisiko nicht, um ein wesentliches Indiz für Selbständigkeit zu begründen. Denn die Gewerbeanmeldung beruht lediglich auf der jeweiligen Willenserklärung der anmeldenden Person (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2021, L 28 BA 122/18, zitiert nach juris, Rn. 37).
Demgegenüber (vor allem gegenüber der Eingliederung des Beigeladenen zu 1 und dem fehlenden Unternehmerrisiko) fällt insbesondere die von der Klägerin geltend gemachte, im Vergleich zu festangestellten Mitarbeitern größere Freiheit des Beigeladenen zu 1 hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsortes (auf verschiedenen Baustellen) sowie hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der Arbeitsaufträge nicht derart bei der vorzunehmenden Abwägung ins Gewicht, dass daraus auf selbständige Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1 zu schließen wäre. Auch darauf hat das Sozialgericht zutreffend hingewiesen. Insoweit ist auch zu beachten, dass in der modernen Arbeitswelt unterschiedliche Modalitäten der Ausgestaltung von Arbeitszeit und -ort noch keine zwingenden Rückschlüsse auf das Vorliegen bzw. Fehlen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zulassen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 9. Oktober 2023, L 2 BA 56/23, zitiert nach juris, Rn. 35).
Dass der Beigeladene zu 1 noch für andere Auftraggeber tätig war, ist im vorliegenden Fall schließlich ebenfalls nicht maßgeblich. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbständigen Tätigkeit Gewicht, wie einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019, B 12 R 11/18 R, zitiert nach juris, Rn. 35; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Januar 2024, L 8 R 335/17, zitiert nach juris, Rn. 30). Der Beigeladene zu 1 ist jedoch soweit ersichtlich nicht, jedenfalls nicht nennenswert, werbend am Markt aufgetreten.
Gegen die Berechnung der Nachforderung hat die Klägerin keine Einwände erhoben. Fehler sind insoweit auch nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.