L 2 AS 2075/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1511/24
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 2075/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Juli 2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung über das Nichtbestehen einer Erstattungsforderung des Beklagten.

Mit Bescheiden vom 16. November 2023 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum 1. September bis 31. Oktober 2023 abschließend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und teilte mit, dass erhaltene Leistungen in Höhe von 903,60 € zu erstatten seien. Widerspruch gegen die genannten Bescheide erhob der Kläger nicht.

Ein Schreiben des Klägers vom 31. Januar 2024 legte der Beklagte als einen Antrag auf Überprüfung der bestandskräftigen Bescheide aus und lehnte diesen mit Bescheid vom 1. Februar 2024 ab. Dem hiergegen seitens des Klägers mit Schreiben vom 20. Februar 2024 erhobenen Widerspruch half der Beklagte zu einem geringen Teil ab, sodass sich die Erstattungsforderung auf 836,67 € reduzierte; im Übrigen wies er den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 2024 zurück.

Mit - nach Erlass der Widerspruchsentscheidung beim Beklagten eingegangem - Schriftsatz vom 3. April 2024 nahm der Kläger den Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 1. Februar 2024 zurück. Die gleichwohl gegen den Widerspruchsbescheid am 2. April 2024 erhobene Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg (- S 15 AS 1164/24 -) nahm der Kläger mit Schreiben vom 20. Mai 2024 zurück.

Zwischenzeitlich hatte die vom Beklagten mit der Forderungsdurchsetzung beauftragte Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit R1/Inkasso-Service - den Kläger mit Zahlungserinnerung vom 26. März 2024 darauf hingewiesen, dass u.a.  die sich aus dem „Aufhebungs- und Erstattungsbescheid“ vom 16. November 2023 ergebende Forderung noch nicht beglichen sei. Die Zahlung werde spätestens zum 11. April 2024 erwartet. Sollte der Zahlungstermin erfolglos verstreichen, seien weitere Schritte zu prüfen.

Am 2. Mai 2024 erhob der Kläger nebst einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gleichzeitig Feststellungsklage (- S 15 AS 1303/24 -). Die Feststellungsklage wurde mit Gerichtsbescheid vom 24. Mai 2024 abgewiesen; die hiergegen beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen L 2 AS 1671/24 geführte Berufung ist noch anhängig.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2024 hat der Kläger erneut Feststellungsklage zum SG erhoben und sinngemäß neuerlich vorgetragen, der in der Zahlungserinnerung aufgeführte Bescheid des Beklagten sei ihm bis heute nicht zugegangen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2024 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei aus mehreren Gründen unzulässig.
Während der Rechtshängigkeit sei ein weiteres Verfahren zwischen denselben Beteiligten über denselben Streitgegenstand unzulässig. Betroffene hätten nur einen Anspruch darauf, dass ihnen ein Gericht zur Überprüfung ihres Anliegens zur Verfügung gestellt werde. Das Begehren des Klägers, eine gerichtliche Feststellung über das Nichtbestehen der Forderung des Beklagten in Höhe von 836,67 € betreffend den Leistungszeitraum 1. September bis 31. Oktober 2023 zu treffen, sei bereits Gegenstand des anhängigen Verfahrens mit dem erstinstanzlichen Aktenzeichen S 15 AS 1303/24. Gegen den am 24.  Mai 2024 ergangenen Gerichtsbescheid habe der Kläger unter dem Aktenzeichen L 2 AS 1671/24 Berufung zum LSG erhoben. Das Berufungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen, sodass die Einleitung eines zweiten Klageverfahrens unzulässig sei.
Hiervon unabhängig bestehe aber auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte gerichtliche Feststellung über das Nichtbestehen der der Zahlungserinnerung zugrunde liegenden Erstattungsforderung des Beklagten. Der Kläger begehre vorliegend die Feststellung, dass die sich aus der Zahlungserinnerung ergebende Forderung nicht bestehe. Hierin sei eine Feststellungsklage gemäß § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu sehen, die gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage grundsätzlich subsidiär sei. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, den der Forderung zugrunde liegenden Bescheid nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bzw. - im Falle ihrer Bestandskraft -  eines Überprüfungsverfahrens einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Insoweit sei festzustellen, dass der Bescheid vom 16. November 2023 durch den Beklagten im Rahmen des Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) einer Überprüfung unterzogen worden sei. Die gegen den ablehnenden Überprüfungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides erhobene Klage (- S 15 AS 1164/24 -) habe der Kläger zurückgenommen, sodass der Erstattungsbescheid vom 16. November 2023 bindende Bestandskraft erlangt habe. Es sei auch weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass der Streitfall mit der begehrten gerichtlichen Feststellung einer endgültigen Klärung zugeführt werden könne. Auch für eine sogenannte vorbeugende Feststellungsklage, die für statthaft erachtet werde, wenn sich der Forderungsschuldner gegen die Vollstreckung schlechthin wende, bestehe vorliegend kein Rechtsschutzbedürfnis; weder der Beklagte noch die von ihm beauftragte Bundesagentur für Arbeit hätten zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits konkrete Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet.

Gegen den dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 3. Juli 2024 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. Juli 2024 beim SG per Fax Berufung erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen im Klageverfahren und führt weiter aus, es sei unklar, ob das Schreiben des Beklagten vom 1. Februar 2024 ein Bescheid sei oder nicht. Es sei eine neue Lebenserfahrung, wie eine Transformation eines vorläufigen Leistungsbescheides hin zu einem feststellenden Leistungsbescheid beim Beklagten und beim SG zu funktionieren habe. Weder eine Zahlungsaufforderung noch eine Mahnung habe er bezüglich der Forderung der Beklagten jemals erhalten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1. Juli 2024 aufzuheben und festzustellen, dass die Forderung des Beklagten wie aus dem Schreiben vom 26. März 2024 ersichtlich nicht besteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober2024 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 14. August 2024 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Feststellungsklage des Klägers als unzulässig abgewiesen.

Zutreffend hat das SG in seiner Begründung ausgeführt, dass ein Klageverfahren zwischen denselben Beteiligten über denselben Streitgegenstand im Sinne der doppelten Rechtshängigkeit unzulässig ist (vgl. § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -). Weiter zutreffend ist das SG in seiner Begründung des Gerichtsbescheides vom 1. Juli 2024 davon ausgegangen, dass der Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis im Sinne eines Feststellungsinteresses an der begehrten gerichtlichen Feststellung über das Nichtbestehen der der Zahlungserinnerung vom 26. März 2024 zugrundeliegenden Erstattungsforderung des Beklagten hat. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus §193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.  


 

Rechtskraft
Aus
Saved