Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 31.07.2024 geändert.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 01. September 2024 bis zum Ende des Monats der Zustellung der vorliegenden Entscheidung monatlich über die bewilligten 228 € hinaus weitere 15 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Volker Gerloff, Berlin, zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen ansässigen Rechtsanwalts bewilligt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG.
Die Antragstellerin lebt seit 2009 in Deutschland. Ihr Asylantrag vom 29.06.2009 wurde mit bestandskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 01.09.2009 abgelehnt; die Antragstellerin ist seither vollziehbar ausreisepflichtig, und ihre Abschiebung wurde angedroht. Nach Angaben des Beigeladenen (Ausländerbehörde) hat sie bereits 2010 einen Antrag auf Ausstellung eines Passersatzpapieres ausgefüllt und angegeben, bei der Auslandsvertretung Guineas damit vorgesprochen zu haben. Ein Nationalpass habe aber ohne Vorlage von Identitätspapieren nicht ausgestellt werden können. Es gebe nur eine am 17.09.2015 von der Botschaft Guineas in Berlin ausgestellte Konsularkarte (Carte d‘Identité Consulaire), jedoch keinen Nationalpass oder sonstige Identitätsdokumente. Eine Kopie der Konsularkarte sei der Antragstellerin am 04.11.2021 zur Beantragung eines Nationalpasses ausgehändigt worden. Die Zentrale Ausländerbehörde E. habe mitgeteilt, dass die Antragstellerin durch die guineische Auslandsvertretung identifiziert worden sei, jedoch kein Passersatzpapier ausgestellt werden könne; die Antragstellerin möge aufgefordert werden, selbständig bei der Auslandsvertretung vorzusprechen, um ein Rückreisedokument zu beantragen. Weitere Informationen über das Passbeschaffungsverfahren in Guinea lägen dem Beigeladenen nicht vor.
Die Antragstellerin erhielt regelmäßig befristete ausländerrechtliche Duldungen und ist auch derzeit im Besitz einer Duldung (§ 60a AufentG) wegen fehlender Reisedokumente. Sie bezieht laufend Leistungen nach dem AsylbLG unter Einschluss einer Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft.
Laut Niederschrift einer Vorsprache der Antragstellerin beim Beigeladenen vom 09.11.2023 äußerte die Antragstellerin dort, keine weiteren Bemühungen um die Beschaffung von Identitätsdokumenten unternommen zu haben. Nach Hinweis auf ihre diesbezügliche gesetzliche Mitwirkungspflicht gebe sie an, dass sie sich jetzt mit Hilfe der Caritas um solche Dokumente bemühen möchte. Sie benötige zunächst eine Geburtsurkunde, um einen Nationalpass beantragen zu können. Da ihre Eltern bereits verstorben seien und sie niemanden sonst in Guinea kenne, gestalte sich das schwierig. Ihr werde eine Liste von Rechtsanwälten aus Guinea ausgehändigt, an die – oder an andere Anwälte – sie sich wenden könne. Bis zur nächsten Vorsprache müsse sie schriftliche Nachweise über die Kontaktaufnahme zu einem Anwalt vorlegen, z.B. in Form einer E-Mail. Laut Niederschrift über die nächste Vorsprache am 11.12.2023 gab die Antragstellerin dann an, keine Rechtsanwälte in ihrem Heimatland kontaktieren zu können. Auch Frau D. (offenbar von der Caritas) könne ihr nicht helfen. Als Grund gab sie an, es sei verboten, afrikanische Dokumente in Deutschland vorzuzeigen. Nach erneutem Hinweis auf ihre Mitwirkungspflicht habe sie bei der nächsten Vorsprache Nachweise um ihre Bemühungen vorzulegen. Laut Niederschrift über die nächste Vorsprache beim Beigeladenen am 09.01.2024 gab die Antragstellerin dort an, sie habe weiterhin keine Rechtsanwälte in Guinea kontaktiert. Eine Begründung dafür könne sie nicht angeben. Sie werde auch in Zukunft keinen dortigen Rechtsanwalt kontaktieren. Sie habe auch nicht vor, weitere Bemühungen um die Beschaffung von Identitätspapieren zu unternehmen. Sie gebe an, krank zu sein; was sie genau habe, könne sie nicht erklären, auch keine Atteste vorlegen. Nach erneutem Hinweis auf ihre Mitwirkungspflicht habe sie bei der nächsten Vorsprache Nachweise um ihre Bemühungen vorzulegen. Die Unterschrift unter die Niederschrift vom 09.01.2024 verweigerte die Antragstellerin. Laut Niederschrift über die nächste Vorsprache am 29.02.2024 gab die Antragstellerin an, keine weiteren Bemühungen um Identitätsdokumente unternommen zu haben. Als Grund gebe sie an, dass der Kontakt von ihr zur Botschaft „verboten“ sei. Sie werde weiterhin aufgefordert, die Botschaft schriftlich zu kontaktieren. Auch hier verweigerte die Antragstellerin die Unterschrift.
Mit Bescheid vom 15.02.2024 „über die Gewährung von Leistungen gemäß § 1a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1“ AsylbLG teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, ab dem 01.03.2024 erhalte sie für die Dauer von sechs Monaten bis zum 31.08.2024 nur Leistungen für das zum Leben Unerlässliche. Die Hilfeleistung gemäß „§ 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 oder 2 AsylbLG“ (Taschengeldbetrag) werde eingestellt. Die Antragstellerin sei nach „§ 1 Abs. 5 Nr. 2 AsylbLG“ als Inhaberin einer Duldung wegen fehlender Reisedokumente leistungsberechtigt; es sei davon auszugehen, dass sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkomme. Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach „§ 1a Abs. 2 AsylbLG“ gelte die Rechtsfolge des § 1a Abs. 1 AsylbLG entsprechend. Die Antragstellerin erhalte als das zum Leben Unerlässliche nur Leistungen zur Deckung ihrer Bedarfe an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege; der „Taschengeldbetrag“ („§ 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 oder 2 AsylbLG“) werde „ab sofort eingestellt“. Der monatliche Anspruch belaufe sich auf 253 € (zzgl. Unterkunft und Heizung). Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, könnten auch andere Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden. Die Leistungseinschränkung werde gemäß § 14 Abs. 1 AsylbLG auf sechs Monate befristet.
Mit Bescheid vom 21.02.2024 bewilligte die Antragsgegnerin mit entsprechender Begründung wie im Bescheid vom 15.02.2024 monatliche Geldleistungen für März bis August 2024 in Höhe von 228 €. Mit „Rücknahmebescheid“ vom 26.02.2024 nahm die Antragsgegnerin den Bescheid vom 15.02.2024 nach § 44 SGB X zurück, weil der Leistungsbetrag bei der Anspruchseinschränkung nicht richtig berechnet worden sei. Mit weiterem Bescheid vom 26.02.2024 schränkte sie jedoch den Leistungsanspruch erneut für die Zeit von März bis August 2024 „gem. § 1a AsylbLG“ befristet auf sechs Monate ein; die monatlichen Geldleistungen betrügen 253 €. Mit Bescheiden vom 22.03.2024, 24.05.2024 bzw. 21.06.2024 bewilligte sie Geldleistungen von 228 € jeweils für die Monate April, Juli und August 2024. Die Leistungsberechnung in diesen monatlichen Bescheiden weist jeweils eine „Grundleistung“ von 460 € aus, bei der eine „Kürzung des Regelbedarfs“ um 232 € vorgenommen werde. Daneben trug die Antragsgegnerin die Kosten für die Unterbringung der Antragstellerin in einer Gemeinschaftsunterkunft von monatlich 185,99 €. Die Geldleistungen für März, Mai und Juni 2024 von jeweils 228 € wurden (soweit ersichtlich) nicht durch schriftliche Bescheide bewilligt, sondern bescheidlos ausgezahlt.
Gegen den Bescheid vom 15.02.2024, den Bescheid vom 22.03.2024 (für April 2024), die Leistungsbewilligungen durch Auszahlung für Mai 2024 und Juni „2023“ (richtig wohl 2024) sowie gegen „alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide bezüglich der Leistungszeiträume bis Februar 2024“ legte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten am 31.05.2024 Widerspruch ein. Die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 15.02.2024 weise nicht darauf hin, dass der Widerspruch auch „per EGVP“ erhoben werden könne. Wenn in der Belehrung mit dem Hinweis auf „die elektronische Poststelle der Behörde“ das EGVP gemeint sein solle, sei dieser Hinweis nicht ausreichend verständlich; seit dem 01.01.2024 sei es zudem fehlerhaft, zu behaupten, es bedürfe zwingend einer qualifizierten elektronischen Signatur. Es gelte für den Widerspruch mithin die Jahresfrist. Gleiches gelte für den Bescheid vom 22.03.2024; dieser sei mangels Angabe einer Rechtsgrundlage im Übrigen nichtig, und es bleibe offen, welche Bedarfe mit 228 € gedeckt sein sollten. Für bestandskräftige Bescheide über Leistungszeiträume ab dem 01.01.2023 werde eine Überprüfung nach § 44 SGB X beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist, Bezug genommen.
Am 31.05.2024 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Duisburg die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten beantragt. Vieles spreche dafür, dass ihr Leistungen nach § 2 AsylbLG (sog. Analogleistungen) zuständen; für das Eilverfahren würden indes Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 und 2, jeweils Satz 1 Nr. 1 AsylbLG (sog. Grundleistungen) verfolgt. Leistungsbewilligungen von 228 € monatlich durch schlichte Auszahlung erschienen derart unstatthaft, dass von nichtigen Verwaltungsakten auszugehen sei; eine Leistungsbewilligung nach § 1a AsylbLG müsse schriftlich erfolgen. Der Bescheid vom 15.02.2024 sei nie aufgehoben worden. Im Übrigen sei er offensichtlich rechtswidrig, da schon nicht klar werde, welche Rechtsgrundlage die Antragsgegnerin anwenden wolle. Benannt würden § 1a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5, und eine dieser Rechtsgrundlagen sei „hier abwegiger als die andere.“ Ein Anordnungsgrund ergebe sich aus der andauernden Unterdeckung des menschenwürdigen Existenzminimums. Es stehe eine Verletzung des Verbots unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC) im Raum; 228 € könnten unmöglich die essenziellsten Bedarfe decken. Die Verfassungswidrigkeit des § 1a AsylbLG sei so offensichtlich, dass im Wege der Folgenabwägung Grundsicherungsleistungen zu gewähren seien. Wegen der Eindeutigkeit des Anordnungsanspruchs gingen die Anforderungen an den Anordnungsgrund ohnehin gegen Null. Es dränge sich im Übrigen der Eindruck auf, dass kein ernsthafter Abschiebewille, sondern nur ein Sanktionswille bestehe, was für eine Leistungseinschränkung aber nicht ausreiche.
Die Antragstellerin hat beantragt (Schriftsatz vom 31.05.2024),
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig ab dem 31.05.2024 Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 und 2, jeweils Satz 1 Nr. 1 AsylbLG zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat sinngemäß beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat vorgetragen, seit der Ablehnung des Asylantrages erhalte die Antragstellerin Duldungen wegen fehlender Reisedokumente. Sie sei durch die Ausländerbehörde des Kreises S. immer wieder aufgefordert worden, ihre „aktuellen Heimatdokumente“ zu beantragen. Bereits am 16.07.2016 habe sie bei einer Vorsprache mitgeteilt, nicht freiwillig ausreisen zu wollen und nicht bei der Botschaft ihres Herkunftslandes vorzusprechen. Auch sonst habe sie keine Nachweise zur Beschaffung von Identitätsnachweisen vorgelegt. An einer Vorführung in der Botschaft Guineas im Jahre 2017 habe sie allerdings teilgenommen und identifiziert werden können. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen hätten bisher wegen fehlender Rückreisedokumente nicht durchgeführt werden können; Bemühungen zu deren Beschaffung seien nicht vorgenommen worden. Am 09.09.2021 habe die Auslandsvertretung Guineas mitgeteilt, für die Ausstellung eines Reisedokuments sei eine eigenständige Vorsprache der Antragstellerin nötig. Deshalb hätten einzig durch das Verhalten der Antragstellerin bisher keine Dokumente ausgestellt werden können. Bei der vorgenommenen Leistungseinschränkung handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Als Ende 2023 der Antragstellerin die Beschaffung einer Geburtsurkunde aufgegeben worden sei, habe sie noch uneingeschränkte Grundleistungen bezogen; für Reisekosten zur Botschaft oder Passgebühren hätte sie Leistungen nach § 6 AsylbLG beantragen können. Eine entsprechende Anfrage sei indes nie erfolgt.
Das Sozialgericht (das mit Beschluss vom 21.06.2024 der Antragstellerin Prozesskostenhilfe bewilligt hatte) hat mit Beschluss vom 21.06.2024 den Kreis S. (Ausländeramt) nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen, weil dessen Interessen durch die Entscheidung berührt würden.
Mit Beschluss vom 31.07.2024 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen könnten bei der Antragstellerin aus von ihr selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden. So habe die Auslandsvertretung von Guinea unter dem 09.09.2021 mitgeteilt, ein Reisedokument könne nur bei eigenständiger Vorsprache der Antragstellerin ausgestellt werden. Eine solche Mitwirkungshandlung – die sich vorbehaltlich weiterer Ermittlungen im Hauptsacheverfahren als hinreichend konkret darstelle – habe die Antragstellerin nicht vorgenommen. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die Botschaft generell eine Rückreise der Antragstellerin verhindern wolle, seien nicht erkennbar. Einwände der Antragstellerin insbesondere gegen eine Verfassungsmäßigkeit des § 1a AsylbLG und zur Auslegung von § 14 AsylbLG könnten nicht zum Erfolg ihres Antrags führen. Zwar habe das erkennende Gericht nach seiner ursprünglichen Rechtsprechung (Beschluss vom 22.02.2022 – S 48 AY 59/21 ER) unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine unbegrenzte Kette von Anspruchseinschränkungen in Auslegung von § 14 Abs. 2 AsylbLG für unzulässig gehalten. Diese Entscheidung sei durch das Landessozialgericht im Beschwerdeverfahren jedoch geändert worden; es widerspräche dem Sinn und Zweck der Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG (Verhinderung einer rechtswidrigen Inanspruchnahme von Leistungen), wenn der Ausländer gänzlich unabhängig von seinem Verhalten jedenfalls nach Ablauf eines gewissen Zeitraums ungekürzte Grundleistungen erhielte (Beschluss vom 29.04.2022 – L 20 AY 10/22 B ER), und einer verfassungskonformen Auslegung mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) sei § 1a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG nicht zugänglich. Diesen Erwägungen schließe sich das erkennende Gericht an.
Gegen den am 01.08.2024 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 02.08.2024 Beschwerde erhoben und zugleich Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Wenn der Bescheid vom 15.02.2024 ausführe, es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkomme, so gehe es nicht unkonkreter. § 14 Abs. 2 AsylbLG verlange im Übrigen eine Ermessensentscheidung. Sei § 1a Abs. 1 AsylbLG offensichtlich verfassungswidrig, so müsse von einem Erfolg im Hauptsacheverfahren ausgegangen und dem Eilantrag – jedenfalls im Wege der Folgenabwägung – stattgegeben werden. Es sei im Übrigen unzulässig, von der Antragstellerin Mitwirkungshandlungen zu verlangen, welche Kosten auslösten, ihr andererseits aber alle Geldmittel zu streichen, mit denen jene Handlungen finanziert werden könnten. Wenn es früher schon Bemühungen gegeben habe, die Antragstellerin abzuschieben, müssten seinerzeit auch die Voraussetzungen dafür vorgelegen haben. Es sei also durchaus möglich, die Voraussetzungen für eine Abschiebung zu schaffen, auch ohne ihre Mitwirkung. Wenn das Bundessozialgericht im Urteil vom 12.05.2017 – B 7 AY 1/16 R eine Leistungseinschränkung gemäß der alten Fassung des § 1a Nr. 2 AsylbLG (Absenkung auf das unabweisbar Notwendige) für rechtmäßig erachtet habe, so sei dies vom Bundesverfassungsgericht im nachfolgenden Verfassungsbeschwerdeverfahren hingenommen worden, weil das Gesetz jedenfalls die Möglichkeit belassen habe, im Einzelfall auch Leistungen in Höhe der Grundleistungen zu gewähren. Nach der jetzigen Gesetzesfassung sei dies indes nicht möglich; dies sei mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar. Im Übrigen seien auch sog. „Brot-Bett-Seife“-Leistungen bei § 1a Abs. 1 AsylbLG nicht mit 253 €, sondern mit 266 € monatlich zu bemessen; hierzu wird wegen der Einzelheiten auf den erstinstanzlichen Schriftsatz der Antragstellerin vom 18.07.2024 Bezug genommen, der drei verschiedene Berechnungsweisen benennt („ArgeFlü“ = Länderarbeitsgemeinschaft für Migration und Flüchtlingsfragen: 242 €, „Schwabe“ = ZfF 2024, 29, 43: 258 €; „Gerloff“ = vom Bevollmächtigten der Antragstellerin zunächst selbst angesetzter Betrag: 266 €). Mit Schriftsatz vom 30.10.2024 hat die Antragstellerin mitgeteilt, der hilfsweise beantragte monatliche Leistungsbetrag sei auf 267 € zu korrigieren (Abt. 1 und 11: insges. 210,76 €, Abt. 6: 21,49 €, Abt. 12: 34,30 €, Summe gerundet: 267 €; wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen).
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 31.07.2024 zu ändern und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig ab dem 31.05.2024 Grundleistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG in Höhe von monatlich 460 € – hilfsweise: eingeschränkte Leistungen in Höhe von monatlich 267 € – zu gewähren,
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Befristung der Leistungseinschränkung nach § 14 Abs 1 AsylbLG sei keine Ermessensentscheidung. Dies zeige der Gesetzeswortlaut („sind auf sechs Monate zu beschränken“). Die Antragsgegnerin halte die Leistungseinschränkung nach § 1a AsylbLG nicht für verfassungswidrig. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum werde auch durch die reduzierten Leistungen noch gewahrt, da alle physischen Notwendigkeiten des Lebens abgedeckt seien und auch „ein Mindestmaß an kultureller Teilhabe nicht vollständig ausgeschlossen“ sei. Die Leistungseinschränkung sei im Falle der Antragstellerin auch verhältnismäßig. Die Sanktionierung solle sie zur Mitwirkung bewegen, und eine Mitwirkung erscheine nicht von vornherein unmöglich. Stichhaltige Gründe, warum sie bisher nicht bei der Botschaft Guineas vorgesprochen habe, habe die Antragstellerin nicht benannt. Anhaltspunkte dafür, dass die Botschaft keinen Pass aushändigen werde, gebe es jenseits der Behauptung der Antragstellerin nicht. Zu den Geldleistungssätzen hätten sich die Bundesländer bei einer Herbstsitzung der ArgeFlü vom 23.11.2023 auf eine weitgehend einheitliche Anwendung der Leistungssätze nach dem AsylbLG verständigt. Es gebe insoweit eine enge und eine weite Auslegung des Begriffs der Körperpflege (Abt. 6 nach § 5 RBEG). Bei weiter Auslegung ergebe sich für Körperpflege ein monatlicher Betrag von 34,22 €, bei enger Auslegung von 19,75 €. Die Antragsgegnerin sowie auch die übrigen kreisangehörigen Kommunen hätten sich für die enge Auslegung ausgesprochen (eine Begründung hierfür gibt die Antragsgegnerin nicht). Die Geldleistungen (Barscheck) von 228 € setzten sich zusammen aus 195,30 € (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren; Abt. 1), 12,95 € (Gesundheitspflege/anteilig; Abt. 6) sowie 19,75 € (nur Körperpflege; Abt. 12). Bei Anwendung der weiten Auslegung des Körperpflegebegriffs würde sich nicht der von der Antragsgegnerin für zutreffend angesehene monatliche Geldleistungsbetrag von 228 €, sondern von 242 € ergeben.
Der Beigeladene verweist auf den Beschluss des Sozialgerichts sowie seinen erstinstanzlichen Vortrag. Die Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen sei ohne eine Ausstellung von Passersatzpapieren nur mit Mitwirkung der Antragstellerin möglich, welche jedoch ausbleibe.
Nach einem Hinweis des Senats u.a. darauf, dass mit Bescheid vom 26.02.2024 wiederum ein monatlicher Zahlbetrag von 253 € für die Monate März bis August 2024 angegeben worden und der weitere Bescheid vom 26.02.2024 über die Rücknahme des Bescheides vom 15.02.2024 ohne Anhörung der Antragstellerin ergangen sei, hat die Antragsgegnerin ein Teilanerkenntnis über 100 € abgegeben (monatlich 25 € als Differenzbetrag von 253 ./. 228 € für Mai bis August 2024), welches die Antragstellerin angenommen hat.
Der Beigeladene hat der Antragsgegnerin am 06.08.2024 mitgeteilt, die Antragstellerin habe weiterhin keine Bemühungen unternommen, „um ihre Identität zu klären“. Sie habe des Öfteren angegeben, dass sie freiwillig ausreisen wolle. Da mit ihr „kein normales Gespräch möglich“ sei, habe ihr nicht erklärt werden können, wie sie für die Ausreise am besten vorgehe (einmaliges Rückreisedokument bei Botschaft beantragen, Flugticket). Vielleicht sei der Antragsgegnerin ein ungezwungenes Gespräch möglich. Da die Mittel der Antragstellerin begrenzt seien, würden sicherlich auch Hilfen durch die IOM (Internationale Organisation für Migration) benötigt werden. Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 07.08.2024 die Geldleistungen an die Antragstellerin ab dem 01.09.2024 erneut für die Dauer von sechs Monaten „gem. § 1a AsylbLG“ eingeschränkt. Es würden nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Der monatliche Anspruch betrage 228 €. Mit Bescheid vom 23.08.2024 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin für September 2024 Geldleistungen von 228 € bewilligt. In der Berechnung der Gesamtleistungen werden 219,78 € als Kosten der Gemeinschaftsunterkunft berücksichtigt, daneben ein „Leistungssatz § 1a“ von 228 €. Mit Bescheid vom 20.09.2024 ist eine entsprechende Bewilligung für Oktober 2024 erfolgt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sowie Ausländerakte des Beigeladenen) Bezug genommen. Der Inhalt liegt der vorliegenden Entscheidung zugrunde.
II.
1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet.
Zwar hat es das Sozialgericht zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Grundleistungen nach dem AsylbLG ohne Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG zu gewähren. Die Höhe der der Antragstellerin einstweilen zu erbringenden eingeschränkten Leistungen übersteigt jedoch – im Anschluss an das von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren abgegebene Teilanerkenntnis nur für die Zeit ab 01.09.2024 – diejenige der von der Antragsgegnerin bewilligten Leistungen.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen deshalb – wenn auch nicht in dem Umfang, wie von der Antragstellerin beantragt – vor.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich sind danach die Glaubhaftmachung (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines sog. Anordnungsanspruchs (d.h. des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs) sowie eines sog. Anordnungsgrundes (i.S. einer Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Regelung). In der Regel findet eine summarische Prüfung statt; können jedoch ohne Eilrechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung des Anordnungsanspruchs vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 Rn. 24 f.). Bleibt der Ausgang einstweilen offen, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, welche die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG, a.a.O. Rn. 26).
b) Ausgehend hiervon hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ab dem 31.05.2024 ungekürzte Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zustehen (= Anordnungsanspruch i.S.v. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).
Gemäß § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 (= Inhaber einer Duldung nach § 60a AufenthG) bzw. Nr. 5 (= vollziehbar Ausreisepflichtige), bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1 der Vorschrift. Nach § 1a Abs. 1 AsylbLG besteht für den in der Vorschrift genannten Personenkreis – zu dem auch die Antragstellerin gehört – unter den dort genannten Voraussetzungen ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag kein Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG. Vielmehr werden den hiervon betroffenen Personen bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt (Abs. 1 Satz 2). Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden (Satz 3). Die Leistungen sollen als Sachleistung erbracht werden (Satz 4).
aa) Für die Zeit ab Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht am 31.05.2024 bis zum 31.08.2024 ist der die Leistungseinschränkung ursprünglich verfügende Bescheid vom 15.02.2024 zwar durch den Rücknahmebescheid vom 26.02.2024 zurückgenommen worden. Gleichzeitig hat die Antragsgegnerin jedoch mit weiterem Bescheid vom 26.02.2024 erneut eine entsprechende Leistungseinschränkung verfügt. Dabei dürften die Bescheide vom 26.02.2024 nach § 86 SGG Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens gegen den (zurückgenommenen) Bescheid vom 15.02.2024 geworden sein (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.06.2008 – B 8 AY 11/07 R Rn. 10), so dass bei summarischer Prüfung eine Bestandskraft des nach § 1a AsylbLG ergangenen Bescheides vom 26.02.2024 nicht eingetreten sein und einem etwaigen höheren Geldleistungsanspruch bis Ende August 2024 nicht entgegenstehen können dürfte. Entsprechendes gilt für sämtliche Bescheide, die erneut monatsweise den Anspruch bis Ende August 2024 regeln (Bescheide vom 22.03, 24.05. und 21.06.2024 für April, Juli und August 2024; monatliche Bewilligungen durch faktische Leistungsgewährung für März, Mai und Juni 2024 unterlägen ohnehin nicht der einmonatigen Widerspruchsfrist). Endgültig ist dies im Hauptsacheverfahren zu klären. Dort ist ggf. auch der Frage nachzugehen, ob wegen einer etwa missverständlichen Rechtsbehelfsbelehrung im ursprünglichen Bescheid vom 15.02.2024 für den Widerspruch – von der Antragsgegnerin bislang unwidersprochen – gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG eine Jahresfrist galt, bzw. was mit Blick auf § 86 SGG für die späteren Bescheide galt, sollte der Widerspruch unzulässig sein.
aaa) Aufgrund des im Beschwerdeverfahren erklärten und von der Antragstellerin angenommenen Teilanerkenntnisses besteht indes trotz der monatlichen Bescheide für den Zeitraum von Mai 2024 (= Monat der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht) bis August 2024 ein Geldleistungsanspruch jedenfalls in Höhe von monatlich 253 €, den die Antragsgegnerin auch erfüllt hat.
bbb) Einem darüber hinausgehenden (uneingeschränkten) Anspruch auf Grundleistungen, wie sie die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, steht entgegen, dass die Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 AsylbLG für eine Leistungseinschränkung bei summarischer Prüfung erfüllt sind. Denn die Antragstellerin wirkt bei der Beschaffung von für eine Rückreise nach Guinea notwendigen Identitätspapieren nicht mit, weshalb aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihr selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können.
(1) Die Botschaft Guineas hat zwar im Jahre 2015 für die Antragstellerin eine Konsularkarte (Carte d’Identité Consulaire) ausgestellt. Für die Ausstellung eines guineischen Nationalpasses (oder ersatzweiser Papiere, die für eine Rückkehr nach dort notwendig wären) muss die Antragstellerin jedoch zunächst in Guinea eine Geburtsurkunde beantragen, um dann wiederum bei der Auslandsvertretung Guineas einen Nationalpass beantragen zu können. Hierzu wurde der Antragstellerin durch Aushändigung einer Liste von Anwälten in Guinea und die Aufforderung, z.B. über einen dortigen Anwalt eine Geburtsurkunde zu beantragen, im Rahmen einer Vorsprache vom 09.11.2023 bei der Ausländerbehörde ein geeigneter Weg gewiesen. Die Antragstellerin hat jedoch weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass sie entsprechende – zumutbare – Mitwirkungshandlungen zur Vorbereitung einer Aufenthaltsbeendigung vorgenommen habe. Vielmehr hat sie ausweislich der Niederschriften zu ihren diversen Vorsprachen bei der Ausländerbehörde mehrfach geäußert, entsprechende Bemühungen nicht entfaltet zu haben und dies auch nicht zu wollen. Wenn sie dazu als Grund vorgetragen haben soll, es sei verboten, afrikanische Dokumente in Deutschland vorzuzeigen (so laut Niederschrift vom 11.12.2023), bzw. dass ihr ein Kontakt mit der Botschaft Guineas verboten sei (so laut Niederschrift vom 29.02.2024), so wären solche Hinderungsgründe schlicht nicht nachvollziehbar; sollte die Antragstellerin – wovon der Senat einstweilen ausgeht – Entsprechendes tatsächlich geäußert haben, wären diese Erklärungen als bloße Ausflüchte anzusehen. Sollte sie geäußert haben, sie sei wegen Krankheit an der Beschaffung von Papieren gehindert (so laut Niederschrift vom 09.01.2024), so erschiene dies ebenfalls nicht glaubhaft. Im Rahmen des jetzigen gerichtlichen Verfahrens trägt sie denn auch keinerlei Gründe vor, welche sie an der Beschaffung einer Geburtsurkunde hindern könnten. Die – von ihr ausländerrechtlich erwartete – Mitwirkung bei der Vorbereitung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen wäre ihr vielmehr möglich.
(2) Zwar muss für eine Leistungseinschränkung das Verhalten des Ausländers (die fehlende Mitwirkung) allein kausal sein für die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen (Leopold in Grube/Wahrendorff/Flint, SGB XII, 8. Auflage 2024, § 1a AsylbLG Rn. 77 m.w.N.). Dass jedoch aktuell die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei der Antragstellerin andere Ursachen hat als ihre fehlende Mitwirkung, ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar. Die Ausländerbehörde hat – wie die (im jetzigen Verfahren unwidersprochen gebliebenen) Niederschriften über die Vorsprachen der Antragstellerin vom 09.11 und 11.12.2023 sowie vom 09.01. und 29.02.2024 zeigen – fortlaufend die Mitwirkung eingefordert. Auch wenn es in früheren Jahren Schwierigkeiten seitens der Botschaft Guineas gegeben haben mag, spricht nichts dafür, dass diese die Ausstellung eines Passpapieres verweigern würde, sofern die Antragstellerin über das Beschaffen einer Geburtsurkunde bei der Feststellung ihrer Identität gegenüber der Botschaft mitwirkt. Ohne die verlangte Mitwirkung erscheint es auch nicht möglich, dass die Ausländerbehörde selbst die Voraussetzungen für eine Rückführung schaffen könnte (vgl. dazu Leopold, § 1a Rn. 79).
(3) Der Leistungseinschränkung steht im Übrigen nicht entgegen, dass die notwendigen Mitwirkungshandlungen Kosten verursachen können, die – schon angesichts der vorgenommenen Leistungseinschränkung – von der Antragstellerin nicht aufgebracht werden könnten. Zum einen ist, soweit die Antragstellerin per E-Mail mit einem Anwalt in Guinea zwecks Beschaffung einer dortigen Geburtsurkunde Kontakt aufnehmen sollte, eine sofortige Kostenentstehung nicht ohne Weiteres ersichtlich. Zum anderen wäre, sobald tatsächliche Kosten anfallen (Anwalts- oder Behördenkosten in Guinea, später Passerteilungsgebühren), eine ergänzende Leistungserbringung nach § 6 AsylbLG möglich, sollten die Kosten nicht aus anderen Mitteln (etwa den vom Beigeladenen unter dem 06.08.2024 gegenüber der Antragsgegnerin angesprochenen IOM-Hilfen) gedeckt werden. Letzterem steht die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 AsybLG nicht entgegen. Zwar sollen im Rahmen dieser Anspruchseinschränkung auch Leistungen nach § 6 AsylbLG ausgeschlossen sein (Leopold, a.a.O. Rn. 25). Die Leistungseinschränkung von März bis August 2024 liegt jedoch bereits in der Vergangenheit, ohne dass ersichtlich wäre, dass die Antragstellerin ihrer ausländerrechtlichen Mitwirkungspflicht überhaupt hat nachkommen wollen. Für die Zeit danach (siehe dazu noch sogleich zu bb) sprechen überwiegende Gründe dafür, dass Leistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht (welche zumindest bei Fehlen anderweitiger Kostenübernahme notwendige wirtschaftliche Voraussetzung für eine Mitwirkung wären) in verfassungskonformer Auslegung auch dann gewährt werden können, wenn die sechs Monate der verfügten Leistungseinschränkung noch nicht abgelaufen sind, die Mitwirkungshandlung aber nachgeholt worden ist bzw. (bei Zurverfügungstellung der hierfür nötigen finanziellen Mittel) unmittelbar nachgeholt werden soll, und ein Abbruch der Leistungseinschränkung vor Ablauf der sechs Monate (auch nicht in Form einer Entscheidung i.S.v. § 9 Abs. 4 Satz 2 AsylbLG i.V.m. § 44 SGB X) gesetzlich nicht gewollt sein sollte (in letzterem Sinne möglicherweise Leopold, a.a.O.; § 14 Rn. 7, unter Anführung von insoweit bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken).
ccc) Liegen nach alledem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 AsylbLG seit Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 31.05.2024 vor, so steht einer Leistungseinschränkung nicht von vornherein entgegen, dass die Antragsgegnerin – etwa im Bescheid vom 15.02.2024 – sich innerhalb der §§ 1, 1a und 3 AsylbLG auf Einzelabsätze bzw. Sätze bezieht, die ersichtlich nicht zutreffend sind (z.B. eine Leistungsberechtigung der Antragstellerin nach „§ 1 Abs. 5 Nr. 2 AsylbLG“, „Gewährung von Leistungen gemäß § 1a Abs. 4“, ein Taschengeldbetrag i.S.v. „§ 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 oder 2 AsylbLG“, etc.). Denn im betroffenen Lebenszusammenhang war und ist für die Antragstellerin und ihren Bevollmächtigten jedenfalls zweifelsfrei zu erkennen, dass es um ihre fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätspapieren geht, und dass sich die Leistungseinschränkung hieraus herleitet. Unbeschadet dessen täte die Antragsgegnerin allerdings gut daran, ihre Entscheidungen über Leistungseinschränkungen auf die zutreffenden Normalternativen zu stützen.
ddd) Der Antragsgegnerin war bei der Anspruchseinschränkung – anders als die Antragstellerin meint – zudem keineswegs Ermessen eingeräumt. Denn gemäß § 14 Abs. 1 AsylbLG „sind“ Anspruchseinschränkungen „auf sechs Monate zu befristen“. Dieser klare Gesetzeswortlaut spricht gegen die Einräumung von Ermessen und für eine gebundene Entscheidung.
eee) Der Antragstellerin stehen daher gemäß § 1a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AsylbLG für den Zeitraum 31.05. bis 31.08.2024 allein noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege zu. Besondere Umstände i.S.v. § 1a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG, die im Ermessenswege ausnahmsweise auch andere Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ermöglichen würden, wurden von der Antragstellerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
(1) Dabei kann für den Zeitraum vom 31.05. bis zum 31.08.2024 dahinstehen, ob für die Berechnung dieser eingeschränkten Leistungen bei dem zu berücksichtigenden Bedarf für Körperpflege ein enger oder ein weiter Körperpflegebegriff zugrunde zu legen ist (entsprechend einem Zahlungsbetrag von 12,95 € statt 34,22 € für Körperpflege) und insgesamt ein Geldleistungsanspruch von 228 € oder von 242 €. Denn bis August 2024 hat die Antragsgegnerin ohnehin einen (höheren) Gesamtgeldleistungsanspruch von 253 €/Monat zuerkannt.
(2) Wenn die Antragstellerin (im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 18.07.2024) über 253 € hinausgehende Gesamtmonatsbeträge von 258 € (Schwabe in ZfF 2024, 29, 43) oder von 266 € bzw. im zweitinstanzlichen Schriftsatz vom 30.10.2024 von (aufgerundet) 267 € (Gerloff) benennt, so überzeugt dies bei summarischer Prüfung nicht. Denn die Antragstellerin schließt darin jeweils einen Betrag für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen von 14,66 € ein. Dass ein solcher Leistungsbestandteil – im Sinne der Antragstellerin, die diesen Betrag mit der Auflistung als weiteren Bedarfsposten „Ernährung“ benennt – unter den nach § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG zu deckenden Bedarf für Ernährung fällt, erscheint jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich. Denn zwar können Nahrungsmittel und Getränke auch in Gaststätten erworben und verzehrt werden; der Sanktionscharakter des § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG sowie die systematisch eigene Verortung von Nahrungsmitteln und Getränken in Abt. 1 bei § 5 Abs. 1 RBEG sprechen indes dafür, den Ernährungsbegriff hier eng i.S. der Ernährung allein nach Abt. 1 zu verstehen, nicht aber auch auf mit gastronomischem Service angebotene Lebensmittel i.S.v. Abt. 11 in § 5 Abs. 1 RBEG.
Soweit Schwabe weitere 14,66 € als Ernährungsanteil in Abt. 11 zu § 5 Abs. 1 RBEG berücksichtigt, weil sich der im Leistungssatz enthaltene „Bedarf für Ernährung“ nicht ausschließlich aus der Abt. 1, sondern erst durch Einbeziehung der regelbedarfsrelevanten Bedarfe aus Abt. 11 ergebe, und deshalb für die reduzierten Leistungssätze bei eingeschränkten Leistungen nach § 1a AsylbLG auch die leistungssatzrelevanten Anteile aus der Abt. 11 einfließen müssten, folgt der Senat dem bei summarischer Prüfung nicht (zur Begründung Schwabes siehe ZfF 2024, 29, 41, unter Hinweis auf seine Ausführungen in ZfF 2021, 1, 23, wonach die auswärtige Verpflegung die heimische Verpflegung ersetzt und bei deren Nichtberücksichtigung als Bedarf ein Ausgleich für eine Erhöhung des häuslichen Verpflegungsaufwands zu schaffen sei). Der Wortlaut des § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG („Ernährung“) dürfte vielmehr allein an „Nahrungsmittel, Getränke“ in Abt. 1 und 2 in § 5 Abs. 1 RBEG anknüpfen; der Sanktionscharakter des § 1a AsylbLG legt nicht nahe, letztlich verzichtbare Aufwendungen für „Gaststättenleistungen“ i.S.v. Abt. 11 in § 5 Abs. 1 RBEG in die Berechnung mit einzubeziehen. Verbleibende Zweifel sind insoweit im Hauptsacheverfahren zu klären.
c) Für die Zeit ab September 2024 hat die Antragstellerin einstweilen Anspruch auf um 15 € höhere gemäß § 1a AsylbLG eingeschränkte Leistungen, als sie die Antragsgegnerin mit monatlich 228 € bewilligt hat.
aa) Der Senat geht bei summarischer Prüfung davon aus, dass der Bescheid vom 07.08.2024 sowie darauf fußende monatliche Leistungsbewilligungen in entsprechender Anwendung des § 86 SGG Gegenstand des noch laufenden Widerspruchsverfahrens geworden sind, das (u.a.) den Bescheid vom 15.02.2024 sowie die insoweit schon zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheide (insbes. den Rücknahmebescheid vom 26.02.2024 sowie den erneuten leistungseinschränkenden Bescheid vom 26.02.2024; siehe dazu oben bei aa) betrifft. Denn jedenfalls für die Zeit bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides behält die Verwaltung das Verfahren in der Hand; sie kann und muss in dieser Zeit ohne weiteres alle ergangenen Bewilligungsbescheide überprüfen (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2008 – B 8 AY 11/07 R Rn. 10). Etwa verbleibende Zweifel mit Blick darauf, dass die jeweils betroffene Leistungseinschränkung gemäß § 14 Abs. 1 AsylbLG von vornherein ausdrücklich auf sechs Monate befristet ist, sich mit Ablauf der Frist erledigt (Leopold, a.a.O. § 14 Rn. 5) und eine neue Leistungseinschränkung eine erneute tatsächliche Prüfung durch die Behörde und eine neuerliche Entscheidung nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 AsylbLG voraussetzt, können zumutbar im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Es liegt insoweit im Verantwortungsbereich der Antragstellerin, ob sie gegen ggf. ergehende Leistungseinschränkungen für Folgezeiträume dennoch vorsorglich Widerspruch einlegen und so in jedem Fall sicherstellen will, dass eine Bestandskraft vor Ablauf des jetzt laufenden Widerspruchsverfahrens nicht eintritt.
bb) Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 07.08.2024 ab September 2024 erneut für die Dauer von sechs Monaten eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG verfügt. Ab diesem Monat liegt zugleich eine fortgeltende Bewilligung von monatlichen Geldleistungen in Höhe von 253 € nicht mehr vor; vielmehr erbringt die Antragsgegnerin nur mehr Leistungen in Höhe von 228 €.
aaa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die ab September 2024 erneut verfügte Leistungseinschränkung gemäß § 1a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG liegen vor. Insofern ergeben sich keine Unterschiede zu den Darlegungen unter aa) für die Zeit vom 31.05. bis zum 31.08.2024.
bbb) Soweit die monatlichen Geldleistungsansprüche ab September 2024 auf 228 € festgesetzt wurden, hält dies der Senat bei summarischer Prüfung allerdings für um 15 € zu niedrig berechnet.
(1) Die Antragsgegnerin führt hierzu einzig an, sie habe sich zusammen mit den übrigen Gemeinden ihres Landkreises an Vorgaben der ArgeFlü in der Alternative der Berücksichtigung nur eines engen Körperpflegebegriffes gehalten. Aus welchen Gründen ein solcherart enger Begriff im Rahmen der eingeschränkten Leistungen im Vergleich zu einem weiten Begriff vorzugswürdig sein soll, wird nicht dargelegt. Bei summarischer Prüfung ist dies nicht einsichtig, zumal bereits die Mittel für Körperpflege bei nicht eingeschränkten Grundleistungen diejenigen sind, die der Gesetzgeber als Existenzminimum angesehen hat. Auch für sonstige Bedarfsbemessungen durch die ArgeFlü, die von den in aller Regel in der Verwaltungspraxis herangezogenen Werten nach Schwabe (a.a.O.) abweichen (195,30 € statt 196,10 € für Ernährung – Abt. 1 in § 5 Abs. 1 RBEG – sowie von 12,95 € statt 13,01 € – zu Abt. 6 in § 5 Abs. 1 RBEG –), fehlt eine Begründung.
(2) Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hält es der Senat stattdessen für angebracht, sich an Bedarfseinzelbeträgen zu orientieren, die von Schwabe in der Zeitschrift für das Fürsorgewesen (ZfF 2024, 29 ff.) im Detail dargelegt sind. Denn die Berechnungen Schwabes, die dieser seit dem Jahre 2007 (nach Einführung der Grundsicherungsleistungen im SGB II und SGB XII im Jahre 2005) zu den grundsicherungsrechtlichen Leistungsregimen (seit 2013 einschließlich des AsylbLG) regelmäßig in der genannten Zeitschrift zur Verfügung stellt, werden in der Verwaltungspraxis und Rechtsprechung breit herangezogen und sind – soweit ersichtlich – weitgehend unangefochten.
(3) Danach ergeben sich für nach § 1a AsylbLG eingeschränkte Leistungen für das Jahr 2024 folgende zu berücksichtigende Bedarfsbeträge:
196,10 € für Ernährung (Abt. 1 zu § 5 Abs. 1 RBEG), 34,20 € für Körperpflege (aus Abt. 12), 13,01 € für Gesundheitspflege (Abt. 6), in der Summe also 243,31 €. In Anwendung von § 3a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ergibt dies einen gerundeten, zu berücksichtigen Bedarf von monatlich 243 €. Dies führt zu einem einstweiligen monatlichen Mehrleistungsanspruch der Antragstellerin seit September 2024 in Höhe von (243 ./. 228 =) 15 €.
Soweit Schwabe (a.a.O.) zusätzlich einen Betrag von 14,66 € als einen Ernährungsanteil aus Abt. 11 zu § 5 Abs. 1 RBEG berücksichtigt und so zu einem Gesamtleistungsanspruch nach § 1a Abs. 1 AsylbLG i.H.v. (gerundet) 258 € gelangt, folgt der Senat dem aus den schon zu aa) benannten Gründen nicht.
c) Ein einstweiliger monatlicher Mehrleistungsanspruch von 15 € begründet zudem bei nach § 1a Abs. 1 AsylbLG bemessenen, eingeschränkten Leistungen, die weit unterhalb dessen liegen, was gesetzgeberisch mit Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG als Existenzminimum bestimmt ist, ohne Weiteres ein Eilbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung.
d) Im Hauptsacheverfahren (und damit im noch laufenden Widerspruchsverfahren) sowie im Falle künftiger weiterer Leistungseinschränkungen wird die Antragsgegnerin näher zu prüfen haben, welcher Geldleistungssatz in Anwendung zu bringen ist. Allein das Berufen auf eine von der ArgeFlü erarbeitete Entscheidungsalternative der engen Auslegung des Körperpflegebegriffs reicht nicht aus, um zu begründen, warum eine enge statt einer weiten Auslegung zutreffend sein soll. Auch die Abweichung beim Leistungsanteil Ernährung (Abt. 1 zu § 5 Abs. 1 RBEG) von 195,30 € von dem von Schwabe (a.a.O. S. 43) errechneten Betrag von 196,10 € sowie entsprechend bei der Gesundheitspflege (Abt. 6) mit 12,95 € gegenüber 13,01 € (Letzteres bei Schwabe, a.a.O.) erklärt und rechtfertigt sich keineswegs von selbst. Wenn die Antragsgegnerin sich insoweit lapidar darauf beruft, sie und die übrigen kreisangehörigen Gemeinden hätten sich für die Berücksichtigung des engen Körperpflegebegriffes entschieden, greift dies schon wegen bestehender verfassungsrechtlicher Vorgaben für die Existenzsicherung von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG (siehe dazu sogleich unter e) zu kurz.
e) Zwar bestehen verfassungsrechtliche Zweifel, ob die Leistungseinschränkung des § 1a Abs. 3 AsylbLG der Höhe nach mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar ist. Denn die nicht eingeschränkten Grundleistungen beschränken sich bereits allein auf das, was der Gesetzgeber im Grundleistungsregime des AsylbLG als (grundsätzlich nicht unterschreitungsfähiges) Existenzminimum bestimmt hat. Dabei gewährleistet der durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen (also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit) als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10 und 2/11 Rn. 64). Selbst eine kurze Aufenthaltsperspektive in Deutschland rechtfertigt es zugleich nicht, den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken. Vielmehr verlangt Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss. Art. 1 Abs. 1 GG garantiert ein menschenwürdiges Existenzminimum, das durch im Sozialstaat des Art. 20 Abs. 1 GG auszugestaltende Leistungen zu sichern ist, als einheitliches, das physische und soziokulturelle Minimum umfassendes Grundrecht. Ausländische Staatsangehörige, die unter das Leistungsregime des AsylbLG fallen, verlieren den Geltungsanspruch als soziale Individuen nicht dadurch, dass sie ihre Heimat verlassen haben und sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf Dauer aufhalten (BVerfG, a.a.O. Rn. 94); auch für sie gilt deshalb die grundrechtliche, ungeteilte Garantie des Existenzminimums.
Vieles spricht deshalb dafür, dass – unabhängig von der Möglichkeit ergänzender Leistungen im Einzelfall i.S.v. § 1a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG – im Grundsatz auch „Taschengeld“-Leistungen (notwendiger persönlicher Bedarf i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 2 AsylbLG) zu den verfassungsrechtlich garantierten existenzsichernden Leistungen gehören. Ob das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums trotz der Leistungseinschränkung gemäß § 1a AsylbLG gleichwohl gewahrt wird, weil die zur Deckung des gesamten existenznotwendigen Bedarfs erforderlichen Leistungen jedenfalls bereitstünden und es in der eigenen Verantwortung der Antragstellerin liegt, in zumutbarer Weise (durch Mitwirkung bei der Beschaffung von Identitätspapieren) die Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Leistung auch nach einer Minderung wieder zu erhalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.11.2019 – 1 BvL 7/16 Rn. 133), kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geklärt werden.
Diesen Bedenken kann vielmehr nur im Hauptsacheverfahren nachgegangen werden. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes können höhere als die gesetzlich vorgesehenen Leistungen nicht zugesprochen werden. Denn § 1a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG ist einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich; der – hier eindeutige – Gesetzeswortlaut ist Grenze jeder Auslegung (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.12.1989 – 12 RK 26/88 Rn. 16). Zugleich kommt eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.10.2010 – BvR 1037/10 zu 3.b). Denn eine zeitnahe Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Eilbedürfnis eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entspräche, wäre nicht zu erwarten. Der Antragstellerin bleibt es indes unbenommen, gegen den vorliegenden Beschluss des Senats Verfassungsbeschwerde einzulegen und im Rahmen jenes Verfahrens ggf. eine einstweilige Regelung durch das Bundesverfassungsgericht zu suchen.
f) Der Senat beschränkt die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin auf die Zeit bis zum Ende des Monats der Zustellung der vorliegenden Entscheidung. Denn es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich die der Entscheidung zugrundeliegenden Umstände ändern. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Antragsgegnerin bei im Wesentlichen gleichbleibenden Umständen – entsprechend der vorliegenden Entscheidung – auch über den zugesprochenen Zeitraum hinaus bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens einstweilen weiterhin Leistungen in der vom Senat zuerkannten Höhe erbringen wird. Anderenfalls stünde es den Antragstellern frei, erneut einstweiligen Rechtsschutz zu suchen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Eine Kostenbeteiligung der Antragsgegnerin wegen des von ihr im Beschwerdeverfahren abgegebenen Teilanerkenntnisses erscheint nicht angebracht, da die Antragstellerin die dem Teilanerkenntnis zugrundeliegenden rechtlichen Aspekte selbst nicht benannt hatte und die Antragsgegnerin nach einem Hinweis des Senats hierauf unmittelbar das Teilanerkenntnis abgeben hat. Im Übrigen nehmen sich die mit dem Teilanerkenntnis sowie ab September 2024 gerichtlich zuerkannten weiteren Leistungen von monatlich 15 € gegenüber dem – zukunftsoffen geäußerten – Gesamtbegehren der Antragstellerin (monatliche Mehrleistungen ab Mai 2024 von 232 €) nur geringfügig aus.
3. Die Entscheidung zur Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO. Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin war zumindest teilweise erfolgreich.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).