Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 08.11.2022 insoweit abgeändert als die Bescheide vom 14.12.2016 und 06.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 aufgehoben worden sind. Der Bescheid der Beklagten vom 12.01.2016 [richtig: 12.01.2017] in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.05.2017 wird insoweit abgeändert, als dass der Bescheid vom 12.05.2015 erst mit Wirkung ab dem 01.02.2017 aufgehoben wird. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen werden der Beklagten zu ¼ auferlegt. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte und die Aufhebung eines Bescheides über die Gewährung von Regelaltersrente und die Erstattung überzahlter Leistungen.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger bezog seit 1998 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Im Versicherungsverlauf des Klägers ist der Bezug von Arbeitslosengeld II seit dem 2005 gespeichert.
Durch den Beigeladenen wurde der Kläger im Jahre 2012 aufgefordert, bei der Beklagten einen Rentenantrag zu stellen. Nachdem der Kläger dies am 14.08.2012 und 10.09.2012 abgelehnt hatte, wurde er durch den Beigeladenen mit Bescheid vom 10.09.2012 aufgefordert, einen Antrag auf vorzeitige Altersrente zu stellen, andernfalls erfolge die Antragstellung durch den Beigeladenen. Den durch den Kläger eingelegten Widerspruch wies der Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 zurück, wogegen der Kläger am 06.11.2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhob (S 55 AS 4434/12).
Am 08.07.2013 stellte der Beigeladene für den Kläger formlos bei der Beklagten einen Antrag auf vorzeitige Versichertenrente beginnend ab Vollendung des 63. Lebensjahres. Da der Kläger trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht gestellt habe, könne er nach § 5 Abs. 3 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches – bis zum 31.12.2022: Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Gleichzeitig meldete der Beigeladene bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch vom Zeitpunkt der Rentenbewilligung an.
Nachdem die Beklagte den Kläger am 16.07.2013 erfolglos zur Stellung eines formellen Rentenantrages und zur Übersendung von weiteren benannten Unterlagen aufgefordert hatte, hörte sie den Kläger am 28.07.2014 zur Versagung der Rente bis zur Nachholung der Mitwirkung gem. § 66 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil (SGB I) an. Mit Bescheid vom 08.09.2014 lehnte sie gegenüber dem Kläger den am 08.07.2013 von dem Beigeladenen gestellten Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte nach § 66 SGB I ab, da er seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I nicht nachgekommen sei und daher die für die Feststellung einer Rente rechtserheblichen Feststellungen nicht hätten getroffen werden können. In den Verwaltungsakten der Beklagten ist eine Übersendung dieses Bescheides am gleichen Tag an den Beigeladenen dokumentiert.
Mit Urteil vom 30.04.2014 (S 55 AS 4434/12) wies das SG die Klage gegen den Beigeladenen ab und führte zur Begründung aus, dessen Aufforderung zur Rentenantragstellung an den Kläger sei rechtmäßig gewesen. Dagegen legte der Kläger am 14.05.2014 Berufung (L 7 AS 886/14) beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) ein. Das LSG wies die Berufung mit Urteil vom 23.10.2014 zurück, da der Beigeladene gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II den Kläger zu Recht aufgefordert habe, einen Antrag auf vorzeitige Altersrente zu stellen und diese Aufforderung auch nicht unbillig gewesen sei. Die hiergegen durch den Kläger eingelegte Revision wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 19.08.2015 zurück (B 14 AS 1/15 R).
Am 29.01.2015 stellte der Kläger bei der Beklagten einen formellen Antrag auf Regelaltersrente. Mit Bescheid vom 12.05.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 01.08.2015 in Höhe von monatlich 895,15 €. Die Beklagte führte aus, dass nach der Entscheidung des BSG die Rentenberechnung bezüglich der Rentenart und des Rentenbeginns zu überprüfen sei. Überzahlte Beträge seien zurückzuzahlen.
Der Beigeladene legte am 24.07.2015 bei der Beklagten Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.09.2014, den sie nie erhalten habe, ein. Sie habe erst durch einen Schriftsatz vom 02.07.2015 in dem vor dem BSG geführten Verfahren B 14 AS 1/15 R hiervon Kenntnis erlangt, so dass die Widerspruchsfrist noch nicht verstrichen sei. Ein Ablauf von Fristen, der ohne Verschulden des Grundsicherungsträgers erfolgt sei, könne gem.§ 5 Abs. 3 S. 2 SGB II nicht gegen das Jobcenter geltend gemacht werden.
Die Beklagte teilte dem Beigeladenen am 27.07.2015 mit, dass sie dessen formlosen Antrag auf Regelaltersrente mit Bescheid vom 08.09.2014 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt habe, da nach Anhörung des Klägers kein formeller Rentenantrag eingegangen sei. Eine Durchschrift habe der Beigeladene mit Schreiben vom 08.09.2014 erhalten. Der Kläger sei am 29.01.2018 im Service-Center der Beklagten vorstellig geworden und habe einen Antrag auf Regelaltersrente zum 01.08.2015 gestellt. Er habe auf die Aufnahme des Antrages bestanden, um eine Antragstellung zu einem früheren Zeitpunkt zu verhindern und habe angegeben, dass ein Verfahren gegen die Antragstellung einer vorzeitigen Altersrente vor dem BSG anhängig sei. Mit dem Antrag vom 29.01.2015 habe der Kläger seine fehlende Mitwirkung nachgeholt. Somit lebe der formlose Antrag des Beigeladenen vom 08.07.2013 wieder auf. Da das Verfahren vor dem Bundessozialgericht noch laufe, habe die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17.05.2015 vorläufig eine Regelaltersrente ab dem 01.08.2015 bewilligt. Darin enthalten sei jedoch die Einschränkung gewesen, dass nach der Entscheidung durch das Bundessozialgericht die Rentenberechnung bezüglich der Rentenart und des Rentenbeginns überprüft werde und überzahlte Beträge zurückzuzahlen seien.
Die Beklagte hörte den Kläger am 22.11.2016 zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheides vom 12.05.2015 über die Gewährung von Regelaltersrente mit Wirkung ab 01.08.2015 (Rentenbeginn) an. Für die Zeit vom 01.08.2015 bis zum 31.12.2016 sei eine Überzahlung in Höhe von 16.279,14 € entstanden, die durch den Kläger gem. § 50 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu erstatten sei. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 12.05.2015 lägen gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor. Der Bescheid vom 12.05.2015 sei rechtswidrig, weil eine „vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit“ ab dem 01.05.2013 zu bewilligen sei und somit kein Anspruch mehr auf eine Regelaltersrente mit Rentenbeginn 01.08.2015 bestehe. Der Beigeladene habe am 08.07.2013 einen formlosen Antrag auf eine vorgezogene Altersrente gestellt, der mit Bescheid vom 08.09.2014 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden sei. Durch den Antrag auf Regelaltersrente habe der Kläger seine Mitwirkungspflichten nachgeholt, der Antrag auf vorgezogene Altersrente des Beigeladenen sei somit wieder aufgelebt. Zudem sei der Kläger im Bescheid vom 12.05.2015 darauf hingewiesen worden, dass dieser nach Entscheidung durch das BSG bezüglich der Rentenart und Rentenhöhe zu überprüfen und überzahlte Beiträge zu erstatten seien.
Mit Bescheid vom 14.12.2016 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund des Antrages vom 08.07.2013 Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.05.2015 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 849,90 € sowie einer Nachzahlung für die Zeit vom 01.05.2013 bis zum 31.01.2017 in Höhe von 21.240,17 €.
Mit weiterem Bescheid vom „12.01.2016“ [richtig: 12.01.2017] hob die Beklagte den Regelaltersrentenbescheid vom 12.05.2015 gemäß § 45 SGB X mit Wirkung ab dem 01.08.2015 (Rentenbeginn) auf. Die für die Zeit vom 01.08.2015 bis zum 31.12.2016 eingetretene Überzahlung i.H.v. 15.383,99 € sei durch den Kläger gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Sollte der Kläger die Forderung nicht begleichen, sei zur Tilgung der Forderung ab dem 01.03.2017 eine monatliche Aufrechnung gegen die laufende Rente i.H.v. 424,95 € beabsichtigt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Bescheid vom 12.05.2015 rechtswidrig sei. Denn mit Bescheid vom 14.12.2016 sei dem Kläger eine vorgezogene Altersrente ab dem 01.05.2013 bewilligt worden. Somit bestehe kein Anspruch mehr auf eine Regelaltersrente mit Rentenbeginn am 01.08.2015. Der Kläger habe mit dem Rentenantrag vom 29.01.2015 seine Mitwirkungspflicht nachgeholt. Der Antrag des Beigeladenen vom 08.07.2013 lebe daher wieder auf. Der Kläger sei in dem Bescheid vom 12.05.2015 auch darauf hingewiesen worden, dass dieser nach Entscheidung durch das BSG bezüglich der Rentenart und Rentenhöhe zu überprüfen und überzahlte Beiträge zu erstatten seien. Die bereits erbrachten Leistungen seien zu erstatten.
Am 27.01.2017 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 14.12.2016 und 12.01.2017 - beide zugestellt am 17.01.2017 – Widerspruch ein und wies auf die aufschiebende Wirkung der Widersprüche hin.
Mit Bescheid vom 06.02.2017 gewährte die Beklagte die Regelaltersrente ab dem 01.01.2017 wieder, nachdem der Kläger Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Blick auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gestellt hatte (S 34 R 94/17 ER, SG Duis- burg).
Die Beklagte wies die Widersprüche gegen die Bescheide vom „14.12.2016, 12.01.2017 und 06.02.2017“ mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2017 zurück. Sie führte aus, der Bescheid vom 12.05.2015 sei für die Vergangenheit zurückzunehmen gewesen. Es liege nach dem Wortlaut des § 45 SGB X im Ermessen des Versicherungsträgers, ob und inwieweit er einen Verwaltungsakt zurücknehme, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt seien. Dies erfordere eine Abwägung und angemessene Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, sodass folgende Ermessenserwägungen von der Fachabteilung bzw. der Widerspruchsstelle vorgenommen würden: Der Kläger sei im Bescheid vom 12.05.2015 darauf hingewiesen worden, dass nach einer Entscheidung des BSG der Bescheid bezüglich der Rentenart und Rentenhöhe zu überprüfen und überzahlte Beträge zu erstatten seien. Er sei sich somit der Konsequenzen bewusst gewesen, die die fehlende formelle Rentenantragstellung im Jahr 2013 mit sich ziehen würde, nämlich, dass der Rentenzahlbetrag der Altersrente für langjährig Versicherte geringer sein würde als der Zahlbetrag für die Regelaltersrente.
Hiergegen hat der Kläger am 26.05.2017 Klage vor dem SG Duisburg erhoben. Er hat vorgetragen, der Beigeladen habe einen Antrag auf vorgezogene Altersrente für ihn nach § 5 Abs. 3 SGB II stellen können. Dieser sei auch wirksam gewesen. Danach hätte der Beigeladene, nicht er, das Verfahren weiterbetreiben müssen. Zwar seien Vordrucke vorgesehen und diese sollten auch benutzt werden. Das hieße aber nicht, dass er, der ja gar nicht mehr Herr des Verfahrens gewesen sei, diese Formulare hätte ausfüllen müssen. Es sei daher falsch gewesen, den Antrag wegen fehlender Mitwirkung abzulehnen. Das spiele aber keine Rolle, weil die Beklagte durchaus rechtswidrige Bescheide erlassen könne. Richtig sei, dass er im Jahr 2015 einen Antrag auf Regelaltersrente gestellt habe. Falsch sei jedoch, dass er damit seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei, denn er habe gar keine Mitwirkungspflicht gehabt. Außerdem gebe es keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass er eine nicht existente Mitwirkungspflicht die vor einem Jahr zu erfüllen gewesen wäre, habe nachholen wollen. Er habe ausschließlich einen Rentenantrag gestellt.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Bescheide vom 14.12.2016, 12.01.2017 und 06.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides verwiesen. Über den Rentenantrag vom 08.07.2013 sei mit Bescheid vom 08.09.2014 nur vorläufig nicht entschieden worden, da ihr die notwendigen Angaben zur Entscheidung über den Rentenantrag gefehlt hätten. Da durch die erneute Antragstellung vom 29.01.2015 die fehlenden Angaben vorgelegen hätten, sei der Rentenantrag vom 08.07.2013 wieder aufgelebt und zu Recht berücksichtigt worden.
Kläger und Beklagte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 08.11.2022 hat das SG die Bescheide vom 14.12.2016, 12.01.2017 und 06.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 14.12.2016 sei rechtswidrig, da kein Antrag gerichtet auf eine Altersrente für langjährig Versicherte vorgelegen habe. Der Antrag des Beigeladenen vom 08.07.2013 habe auch nicht wiederaufleben können, da die Beklagte diesen bereits mit Ablehnungsbescheid vom 08.09.2014 beschieden habe. Dieser Bescheid stelle nach seinem eindeutigen Tenor einen Ablehnungs- und keinen Versagungsbescheid nach § 66 SGB I dar. Auch habe die Beklagte das erforderliche Ermessen nicht ausgeübt. Der Aufhebungsbescheid vom 12.01.2017 sei rechtswidrig, da der Bewilligungsbescheid vom 12.05.2015 nicht rechtswidrig gewesen sei. Der Bescheid vom 06.02.2017 sei rechtswidrig, da es dieses Bescheides nach der Aufhebung des Bescheides vom 12.01.2017 nicht mehr bedürfe.
In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ist u.a. ausgeführt worden:
„Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
– von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.“
Gegen das ihr am 23.12.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.01.2023 postalisch unter Übersendung der Verwaltungsakte Berufung eingelegt. Mit über das besondere Behördenpostfach eingereichtem Schriftsatz vom 08.05.2023, Eingang am 09.05.2023, hat sie den Senat um eine Entscheidung gebeten, und sich als „Beklagte und Berufungsklägerin“ und den Kläger als „Kläger und Berufungsbeklagten“ bezeichnet, wobei das Schriftstück mit „Im Auftrag Q.“ gezeichnet ist. Sie trägt vor, die Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte mit Bescheid vom 14.12.2016 sei rechtmäßig gewesen. Der Bewilligung dieser Altersrente habe ein entsprechender Rentenantrag zugrunde gelegen. Nachdem der Kläger der Aufforderung zur formellen Antragstellung nicht nachgekommen sei, sei der Altersrentenantrag mit Bescheid vom 08.09.2014 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden. Mit der Antragstellung vom 29.01.2015 durch den Kläger sei die Mitwirkung gem. § 67 SGB I nachgeholt worden. Dass der Kläger den Rentenantrag vom 29.01.2015 ausdrücklich auf die Gewährung einer Regelaltersrente beschränkt habe, sei unbeachtlich, da dieser dem Beigeladenen gegenüber rechtlich gebunden gewesen sei. Sein eigener Wille sei durch die Entscheidung des Jobcenters überlagert worden. Durch den Bescheid vom 08.09.2014 sei der Altersrentenantrag auch nicht „endgültig“ abgelehnt worden. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bestehe kein Unterschied im Wortsinn zwischen Ablehnung und Versagung. Die Ablehnung oder Versagung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I stehe unter dem Vorbehalt der Nachholung der Mitwirkungshandlung. Dem Bescheid vom 08.09.2014 lasse sich auch keine Ablehnung für alle Zeiten entnehmen, zudem sei die Ablehnung mit der fehlenden Mitwirkung begründet und ausdrücklich die Möglichkeit der Nachholung der Mitwirkung erwähnt worden. Der Kläger sei mehrfach zur formellen Antragstellung aufgefordert worden, dieser Sachverhalt habe keinen Anlass für eine Ermessensausübung gegeben. Die Beklagte sei zu Recht bei Erlass des Bescheides vom 14.12.2016 von einer Nachholung der Mitwirkung ausgegangen. Da die Vorschriften der §§ 66, 67 SGB I den Zweck hätten, den Berechtigten zur Mitwirkung zu bewegen und nicht, ihn mit dem endgültigen Verlust seiner Ansprüche in der Vergangenheit zu bestrafen, sei die Ermessensausübung weitgehend eingeschränkt. Wenn der Leistungsträger Leistungen trotz Nachholung der Mitwirkung vorenthalten wolle, müsse er dies mit einer ausführlichen Abwägung begründen. Dass der Kläger eine vorgezogene Altersrente nicht gewollt habe, sei kein Umstand, der im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen gewesen sei. Auch der Bescheid vom 12.01.2017 über die Rücknahme der Bewilligung einer Regelaltersrente sei nicht zu beanstanden gewesen. Die Beklagte habe in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass die Bewilligung einer Regelaltersrente unter dem Vorbehalt des beim BSG anhängigen Rechtsstreites stehe, dabei handele es sich um eine Nebenbestimmung nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 SGB X. Die Beklagte habe sich den Widerruf des Bescheides über die Bewilligung einer Regelaltersrente nach Beendigung des beim BSG anhängigen Rechtsstreites vorbehalten. Für die Entscheidung über den Widerruf sehe das Gesetz keine Ermessensentscheidung vor. Die Gewährung einer Regelaltersrente sei rechtswidrig gewesen, da eine andere Rentenart zu bewilligen gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 08.11.2022 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte fingiere die Nachholung der Mitwirkung, für die es zum einen keine Rechtsgrundlage gebe und die zum anderen auch nicht erfolgt sei. Der Kläger habe seinen Rentenantrag ausdrücklich auf die Gewährung einer Regelaltersrente beschränkt, die dann auch mit Bescheid vom 12.05.2015 bewilligt worden sei. Dass es sich bei dem Hinweis auf das Verfahren vor dem BSG im Bescheid vom 12.05.2015 um einen Widerrufsvorbehalt gehandelt habe, sei unzutreffend. In dem Verfahren vor dem BSG sei es auch nicht um die Mitwirkung des Klägers gegangen, sondern darum, ob die Aufforderung zur Beantragung einer vorrangigen Leistung rechtmäßig gewesen sei. Ein Rentenbescheid sei schon im Grundsatz nicht für Nebenbestimmungen nach § 32 SGB X geeignet. Bei der Aufhebung, die die Beklagte auf § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X gestützt habe, fehle es an einer Ermessensausübung. Zudem sei der Bescheid vom 12.05.2015 zum Zeitpunkt seines Erlasses nicht rechtswidrig gewesen.
Der mit Beschluss vom 08.12.2023 Beigeladene stellt keinen Antrag. Er trägt vor, die durch den Kläger verweigerte Antragstellung habe durch ihn vorgenommen werden können. Diese Antragstellung müsse der Kläger gegen sich gelten lassen, so dass ein Antrag auf Regelaltersrente nicht mehr zu stellen gewesen sei bzw. rechtlich nicht mehr habe gestellt werden können. Er übergibt seine Prozesshandakte bezüglich des beim BSG geführten Verfahrens (B 14 AS 1/15 R).
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die zunächst nicht formgerecht eingelegte Berufung durch die folgenden elektronisch eingereichten Schriftsätze der Beklagten fristgerecht erhoben worden sein dürfte, da die Rechtsmittelbelehrung des SG hinsichtlich des Erfordernisses der Einlegung der Berufung mittels EGVP unrichtig gewesen sein dürfte, sowie darauf, dass materiell-rechtlich auch eine Umdeutung der Aufhebungsentscheidung nach § 43 SGB X in Betracht kommen könnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, die Vorprozessakten S 55 AS 4434/12 / L 7 AS 886/14 / B 14 AS 1/15 R und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden. Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils des SG schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Behörden haben seit dem 01.01.2022 Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln (§ 65d Satz 1 SGG). Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sein (§ 65a Abs. 3 Satz 1 SGG). Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend genügt die postalisch eingelegte Berufung der Beklagten vom 16.01.2023 nicht den erforderlichen Formvorschriften, da sie nicht als elektronisches Dokument eingelegt worden ist. Jedoch hat die Beklagte mit elektronisch eingereichtem und signiertem Dokument vom 08.05.2023, eingegangen am 09.05.2023, Stellung zum Stand des Verfahrens genommen, dabei sich selbst als „Beklagte und Berufungsklägerin“ sowie den Kläger als „Kläger und Berufungsbeklagten“ bezeichnet und den Senat um eine Entscheidung gebeten. Dieses Schriftstück genügt den Anforderungen der §§ 65a Abs. 3 Satz 1, 65d Satz 1 SGG und gibt hinreichend den Willen der Beklagten wieder, Berufung einlegen zu wollen. Weiterhin ist diese am 09.05.2023 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung auch fristgerecht. Denn mit Zustellung des Urteils des SG bei der Beklagten am 23.12.2022 ist nicht die einmonatige Berufungsfrist nach § 151 Abs. 1 SGG in Gang gesetzt worden, da die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des SG unrichtig erteilt worden ist, so dass gem. §§ 153 Abs. 1, 66 Abs. 2 Satz 1 SGG die Berufung innerhalb eines Jahres seit Zustellung einzulegen ist. Diese Frist ist mit dem Schriftsatz vom 08.05.2023 mit Eingang vom 09.05.2023 eingehalten worden. Die Rechtsmittelbelehrung des SG ist unrichtig erteilt worden, da es für die Wahrung der elektronischen Form nach §§ 65a Abs. 3 Satz 1, 65d Satz 1 SGG – anders als nach dem Wortlaut der verwandten Rechtsmittelbelehrung – nicht erforderlich ist, dass dieses Dokument über das EGVP eingereicht wird. Nach § 65a Abs. 3 Satz 1 SGG muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Dass das einfach signierte Dokument darüber hinaus zwingend über das EGVP übermittelt werden muss, geht über die gesetzlichen Anforderungen hinaus.
Die Berufung der Beklagten ist teilweise – in dem tenorierten Umfang – begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 08.11.2022 insoweit zu Unrecht stattgegeben, als es die Bescheide der Beklagten vom 14.12.2016 und 06.02.2017 insgesamt und den Bescheid vom 12.01.2016 [richtig: 12.01.2017] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 auch hinsichtlich der Aufhebung des Bescheides vom 12.05.2015 mit Wirkung ab dem 01.02.2017 aufgehoben hat. Denn die Bescheide der Beklagten sind im Übrigen rechtmäßig, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
1. Bescheid vom 14.12.2016
Der Bescheid der Beklagten vom 14.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 ist rechtmäßig.
Entgegen der Auffassung des SG liegt ein wirksamer Antrag auf Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte gem. § 36 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), § 19 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches vor. Insoweit ist nicht auf den Antrag des Klägers vom 29.01.2015 abzustellen, mit dem dieser die Gewährung von Regelaltersrente beantragt hat. Jedoch ist der Antrag des Beigeladenen vom 08.07.2013 auf Gewährung von „vorzeitiger Versichertenrente“, der auch als Antrag auf Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte auszulegen ist, noch nicht bestandskräftig beschieden worden, so dass die Beklagte hierüber mit dem Bescheid vom 14.12.2016 noch hat entscheiden können. Gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II können die Leistungsträger nach dem SGB II für einen Leistungsberechtigten den erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers stellen, wenn dieser trotz Aufforderung den Antrag nicht stellt. Zunächst ist der Beigeladene berechtigt gewesen, den Kläger zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente (hier: Altersrente für langjährig Versicherte) aufzufordern. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des BSG vom 19.08.2015 – B 14 AS 1/15 R – verwiesen, dem sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt. Weiterhin ist der Beigeladene gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II auch berechtigt gewesen, den Antrag für den Kläger zu stellen, den dieser trotz Aufforderung nicht gestellt hat. Soweit die Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2014 an den Kläger den Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte nach § 66 SGB I „abgelehnt“ hat, ist hierdurch keine Ablehnung gegenüber dem Beigeladenen erfolgt, welches aber erforderlich gewesen wäre, da dieser gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II ebenso berechtigt ist, Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einzulegen. Zwar ist in der Verwaltungsakte der Beklagten dokumentiert, dass eine Kopie des Bescheides vom 08.09.2014 ebenso an den Beigeladenen abgeschickt worden sei. Diese Dokumentation ist jedoch nicht geeignet nachzuweisen, dass der Beigeladene diesen Bescheid auch tatsächlich erhalten hat. Denn der Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 24.07.2015 plausibel dargelegt, den Bescheid vom 08.09.2014 zunächst nicht („nie“) erhalten zu haben und erst durch einen Schriftsatz vom 02.07.2015 in dem vor dem BSG anhängigen Rechtsstreit B 14 AS 1/15 R Kenntnis von diesem Bescheid erhalten zu haben. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Akte des Beigeladenen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 02.07.2015 zwar angegeben, dass dem Beigeladenen der Bescheid im Termin vor dem Landessozialgericht am 23.10.2014 „bekannt worden sei“. In den Akten des Vorprozesses L 7 AS 886/14, LSG NRW, ist im Sitzungsprotokoll vom 23.10.2014 jedoch lediglich eine Erklärung des Prozessbevollmächtigten des Klägers protokolliert, in der dieser angibt, der Kläger habe vom Rentenversicherungsträger einen ablehnenden Rentenbescheid mit der Begründung erhalten, dass er nicht ausreichend mitgewirkt habe. Darin allein liegt noch keine ausreichende Bekanntgabe des Bescheides i.S.d. § 37 Abs.1 Satz 1 SGB X, da der Beigeladene damit weder Kenntnis vom Inhalt des Verwaltungsaktes erhalten hat, noch dies auf Betreiben der Beklagten geschehen wäre (vgl. zu den Voraussetzungen Engelmann in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 37 Rn. 5). Dass der entsprechende Bescheid an die Beigeladene übergeben worden wäre, ist nicht ersichtlich und auch nicht protokolliert, so dass es an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe des Bescheides vom 08.09.2014 an den Beigeladenden in der Sitzung vom 23.10.2014 fehlt. Da der Zugang eines Bescheides eine für die Beklagte günstige Tatsache ist, trägt sie die Beweislast für diese Tatsache. Einen früheren Zugang des Bescheides vom 08.09.2014 kann die Beklagte jedoch nicht beweisen, da sie diesen Bescheid nach dem Inhalt der Verwaltungsakte nicht zugestellt, sondern mit einfachem Brief abgesandt hat. Ausgehend von einem Zugang des Bescheides an den Beigeladenen am 02.07.2015 ist sein am 24.07.2015 eingelegte Widerspruch, zu dem er gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II berechtigt gewesen ist, auch noch innerhalb der Monatsfrist nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben worden.
Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 14.12.2016 dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte gewährt und damit – da sie dem Widerspruch des Beigeladenen in vollem Umfang stattgegeben hat – auch einen Abhilfebescheid gem. § 85 Abs. 1 SGG erteilt (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 85 Rn. 2b). Denn im Zeitpunkt des Erlasses des Abhilfebescheides ist der Widerspruch des Beigeladenen gegen den Bescheid vom 08.09.2014 begründet gewesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte an den Kläger nunmehr vorgelegen haben, weil die hierfür erforderlichen Angaben zwischenzeitlich im Rahmen des Antrages auf Regelaltersrente gemacht worden sind. Insoweit ist mangels Bestandskraft des Bescheides vom 08.09.2014 gegenüber dem Beigeladenen auch nicht erheblich, ob dieser Bescheid einen Ablehnungs- oder Versagensbescheid nach § 66 SGB I darstellt, da im letzteren Fall § 67 SGB I auch dann anzuwenden ist, wenn der Leistungsträger die erforderlichen Erkenntnisse auf andere Weise erlangen konnte (vgl. Markus Sichert in: Hauck/Noftz SGB I, 49. Ergänzungslieferung November 2011, § 67 SGB 1, Rn. 10 m.w.N.), so dass es auf den Willen des Leistungsberechtigten zur Nachholung der Mitwirkung auch nicht ankommt.
Gegen die Rechtmäßigkeit der Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte spricht weiterhin nicht, dass gem. § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung nach Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen ist. Zwar ist dem Kläger mit Bescheid vom 12.05.2015 bereits Regelaltersrente bewilligt worden und damit vor dem Bescheid über die Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte vom 14.12.2016. Der Anwendungsbereich von § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung ist jedoch unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Norm so zu konkretisieren, dass dem Versicherten für die Zeit, für die ein realisierter Anspruch auf Altersrente besteht, nicht zugleich Anspruch auf eine andere Rente aus eigener Versicherung zusteht. Dagegen wäre es im Hinblick auf die Funktion der Regelung sinnwidrig und ein problematischer Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechte, allein deswegen Rentenansprüche auszuschließen, weil ein Altersrentenbescheid bindend geworden ist. Da miteinander konkurrierende Ansprüche in ein Rangfolgeverhältnis zueinander gesetzt werden sollen, ist § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung entsprechend einschränkend auszulegen und nur dann zur Anwendung zu bringen, wenn für denselben Zeitraum zwei Ansprüche geltend gemacht werden (Fichte in: Hauck/Noftz SGB VI, 2. Ergänzungslieferung 2024, § 34 SGB 6 Rn. 83). Ein „Wechsel“ im Sinne von § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung liegt nur vor, wenn sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die „erste“ Rente. Dagegen ist § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung nicht anzuwenden, wenn die andere Rentenart letztlich vor oder gleichzeitig mit der Altersrente beginnt. In diesen Fällen liegt kein „Wechsel“ vor (vgl. Uta Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 34 SGB VI (Stand: 28.04.2023), Rn. 132; BSG, Urteil vom 26.02.2020 – B 5 R 21/18 R –, Rn. 32 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD für ein Gesetz zur Anpassung der Regelaltersrente an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen des gesetzlichen Rentenversicherung - BT-Drucks. 16/3794 S. 33). Hiervon ausgehend schließt auch § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung die Bewilligung von Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht aus, da Rentenbeginn dieser Altersrente der 01.05.2013 und derjenige der mit Bescheid vom 12.05.2015 bewilligten Regelaltersrente der 01.08.2015 ist und damit nach dem Beginn der Altersrente für langjährig Versicherte liegt.
2. Bescheid vom „12.01.2016“
Der Bescheid der Beklagten vom „12.01.2016“ ist im Sinne einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 38 Satz 1 SGB X falsch bezeichnet, da er offensichtlich am 12.01.2017 erlassen worden ist [im Folgenden als Bescheid vom 12.01.2017 bezeichnet]. Der Bescheid vom 12.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte den Bescheid vom 12.05.2015 nach § 45 SGB X auch für die Vergangenheit und nicht nur für die Zukunft aufgehoben hat, im Übrigen ist er rechtmäßig.
Gem. § 45 Abs. 1 SGB X darf, soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, dieser auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der Verwaltungsakt wird gem. § 45 Abs. 4 SGB X nur in den Fällen von § 45 Abs. 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Rücknahme eines Bescheides nach § 45 SGB X setzt nach dessen systematischen Stellung voraus, dass die Rechtswidrigkeit bereits im Zeitpunkt seines Erlasses bestanden hat, also ursprüngliche Rechtswidrigkeit vorgelegen hat (st. Rspr. vgl. nur BSG, Urteil vom 01.06.2006 – B 7a AL 76/05 R -, Rn 13).
Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend ist der mit Bescheid vom 12.01.2017 aufgehobene Regelaltersrentenbescheid vom 12.05.2015 erst mit der Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte mit Bescheid vom 14.12.2016 und Rentenbeginn vom 01.05.2013 rechtswidrig geworden. Denn der Bescheid vom 12.05.2015 gewährt ab dem 01.08.2015 Regelaltersrente, obwohl mit Bescheid vom 14.12.2016 Altersrente für langjährig Versicherte bereits ab dem 01.05.2013 gewährt wird. Dies widerspricht der Regelung in § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung, wonach nach Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen ist. Dabei liegt – wie dargelegt - ein „Wechsel“ im Sinne von § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung vor, wenn sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die „erste“ Rente. Hieraus folgt, dass die Gewährung von Regelaltersrente ab dem 01.08.2015 einen Wechsel der Rentenart in diesem Sinne darstellen würde, der gegen § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung verstoßen würde. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Regelaltersrente zuerst bewilligt worden ist, da sich erst nachfolgend ergeben hat, dass zuvor eine andere Altersrente zu gewähren ist (vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 26.02.2020 - B 5 R 21/18 R – Rn. 32). Insoweit ist nach der Rechtsprechung des BSG auf den jeweiligen Rentenbeginn bei der Anwendung des § 34 SGB VI abzustellen, woraus im Umkehrschluss folgt, dass die Rente mit dem späteren Rentenbeginn wegen § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung nicht gewährt werden darf.
Da der Bescheid vom 12.05.2015 über die Gewährung von Regelaltersrente mit Rentenbeginn vom 01.08.2015 somit nicht von Anfang an, sondern erst ab der Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte mit Bescheid vom 14.12.2016 und Rentenbeginn vom 01.05.2013 rechtswidrig geworden ist, liegen die Voraussetzungen von § 45 SGB X mangels fehlender anfänglicher Rechtswidrigkeit nicht vor.
Der Bescheid vom 12.01.2017 kann jedoch in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X gem. § 43 SGB X umgedeutet werden. Dies ist auch durch das Gericht unmittelbar möglich (vgl. Schütze in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 43 Rn. 4; BSG Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 87/09 R -, Rn. 20). Die Voraussetzung gem. § 43 Abs. 1 SGB X hierfür, dass die Verwaltungsakte auf das gleiche Ziel gerichtet sind (vgl. BSG Urteil vom 10.02.1993 – 9/9a RVs 5/91 -, Rn. 13 bzw. BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R -, Rn. 34 zum Nachschieben von Gründen bzw. die Auswechselung der Rechtsgrundlage) liegt vor. Die Aufhebung des Regelaltersrentenbescheides vom 12.05.2015 für die Zukunft durch Bescheid vom 12.01.2017 stellt eine gebundene Entscheidung dar, so dass keine Einschränkung hinsichtlich der Umdeutung in eine Ermessensentscheidung nach § 43 Abs. 3 SGB X vorliegt, die auch bei einem „Nachschieben von Gründen/Auswechselung der Rechtsgrundlage“ zu beachten wäre (BSG, Urteil vom 21.06.2011 - B 4 AS 21/10 R).
Die Voraussetzungen von § 48 SGB X liegen vor. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Der Bescheid vom 12.05.2015 ist mit Bekanntgabe des Bescheides vom 14.12.2016 am 19.12.2016 nachträglich rechtswidrig geworden. Nach § 37 Abs. 2 SGB X wurde der Bescheid vom 14.12.2016 am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, die mangels anderer Anhaltspunkte am 14.12.2016 erfolgte, am 19.12.2016, da der 17.12.2016 ein Samstag war, bekannt gegeben. Dies stellt eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar, da ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts nicht mehr hätte erlassen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.1986 - 7 Rar 55/84), so dass der Bescheid vom 12.05.2015 mit Wirkung für die Zukunft – ausgehend von dem Bescheid vom 12.01.2017 ist dies gem. § 100 Abs. 3 Satz 1 SGB VI der 01.02.2017 - aufzuheben ist.
Die Aufhebung des Bescheides vom 12.05.2015 für die Vergangenheit – hier ab dem 01.08.2016 – durch die Beklagte ist jedoch rechtswidrig. Auch wenn allein die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zu bejahen sind, schließt die Nichteinhaltung der Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X durch die Beklagte eine Aufhebung für die Vergangenheit aus.
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Die Begriffe des Einkommens und Vermögens betreffen grundsätzlich alle Einnahmen und Vermögenswerte, die für den Anspruch leistungsrechtlich relevant sind (Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 48 Rn. 25). Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 06.11.1985 – 10 RKg 3/84 -, Rn. 15; Urteil vom 17.01.1996 – 3 RK 4/95 -, Rn. 13) ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auch in Fällen anwendbar, in denen rückwirkend eine Sozialleistung bewilligt wird, die bei „rechtzeitiger“ Bewilligung die Gewährung einer anderen Sozialleistung ausgeschlossen hätte. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BSG nach eigener Prüfung an, da Sinn und Zweck der Vorschrift ist, im systematischen Zusammenhang mit § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X den Bezug einer Sozialleistung für einen Zeitraum rückgängig zu machen, für den die Änderung der Verhältnisse – die Bewilligung einer anderen Leistung – noch nicht eingetreten war (BSG, Urteil vom 06.11.1985 – 10 RKg 3/84 -, Rn. 15). Hiervon ausgehend ist in der nachträglich bewilligten Altersrente für langjährig Versicherte Einkommen zu sehen, das zum Wegfall des Anspruchs auf Regelaltersrente geführt hat. Dabei ist das Aufhebungsrecht der Beklagten jedoch nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X für die Vergangenheit begrenzt auf die Höhe der nachträglich bewilligten Rente. Ein anderes Ergebnis wäre unbillig und mit dem auch vom Vertrauensschutz geprägten Grundgedanken des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht zu vereinbaren, wonach die Aufhebung nur in dem Umfang erfolgen soll, in dem auch Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist (BSG, Urteil vom 13.08.1986 – 7 Rar 33/85 -, Rn. 23).
Dagegen kommt eine Aufhebung des Bescheides vom 12.05.2015 für die Vergangenheit – hier ab dem 01.08.2016 – nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht in Betracht. Denn es ist nicht festzustellen, dass der Kläger ab August 2016 gewusst hätte, dass der Anspruch auf Regelaltersrente weggefallen ist bzw. dies wegen einer Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße nicht gewusst hätte. Maßgeblich für die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 12.05.2015 ist, dass der „Ablehnungsbescheid“ vom 08.09.2014 für den Beigeladenen nicht bindend geworden ist, da nicht nachzuweisen ist, dass dieser den Bescheid im September 2014 ebenfalls erhalten hat, so dass der Beigeladene noch im Juli 2015 hat fristgemäß Widerspruch erheben können. Nicht ausreichend ist insoweit, dass der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 23.10.2014 selbst auf den Bescheid vom 23.10.2014 gegenüber dem Beigeladenen hingewiesen hat. Denn hieraus ist nicht abzuleiten, dass ihm die Umstände der erfolgten oder nicht erfolgten Bekanntgabe an den Beigeladenen bekannt gewesen sind mit der Folge, dass er die noch vorhandene Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs durch den Beigeladenen und der nachfolgenden Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte hätte erkennen können. Dagegen hat der Kläger grundsätzlich davon ausgehen können, dass mit der „Ablehnung“ der Altersrente für langjährig Versicherte mit Bescheid vom 08.09.2014 dieses Verwaltungsverfahren abgeschlossen gewesen ist. Vielmehr ist dem Kläger der zugrundeliegende Sachverhalt (ansatzweise) erst am 27.08.2015 durch die Beklagte mitgeteilt worden, wobei in diesem Schreiben auch nicht auf den Widerspruch des Beigeladenen eingegangen worden ist, sondern auf eine Nachholung der fehlenden Mitwirkung. Der maßgebliche Umstand des laufenden Widerspruchsverfahrens ist dem Kläger bis zum Erlass des Bescheides vom 14.12.2016 nicht mitgeteilt worden, da die Beklagte diesen maßgeblichen Umstand auch selbst nicht erkannt hat. Entsprechend hat der Kläger auch die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 12.05.2015 zunächst nicht erkennen können. Soweit die Beklagte sich auf den Hinweis auf Seite 2 des Bescheides vom 12.05.2015 bezieht, wonach Rentenart und Rentenbeginn nach der Entscheidung des BSG (B 14 AS 1/15 R) zu überprüfen seien, vermag dies ebenfalls keine Bösgläubigkeit des Klägers zu begründen, da dieser zunächst – mangels anderer Informationen - davon ausgehen konnte, dass der Bescheid vom 08.09.2014 bestandskräftig geworden ist. Davon abgesehen hat das Verfahren vor dem BSG auch nicht die Antragstellung durch den Beigeladenen betroffen, sondern lediglich die Aufforderung des Beigeladenen an den Kläger zur Antragstellung. Auch durch den Altersrentenbescheid vom 14.12.2016 ist der Kläger nicht „bösgläubig“ geworden. Denn er hat zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht wissen können, dass der Rentenantrag des Beigeladenen gegenüber diesem noch nicht bestandskräftig beschieden worden war, welches die Beklagte auch in dem Bescheid vom 14.12.2016 nicht zum Ausdruck gebracht hat.
Da vorliegend allein eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VI ab Beginn der Regelaltersrente am 01.08.2015 in Höhe des Anspruchs auf Regelaltersrente in Betracht kommt, liegt auch kein Ermessensfehler der Beklagten hinsichtlich eines atypischen Falls vor. Da der Regelaltersrentenbescheid wie dargelegt für die Vergangenheit nur in Höhe der Altersrente für langjährig Versicherte aufgehoben werden kann, wird dem Kläger nur derjenige Betrag für die Zukunft vorenthalten, auf den er keinen Anspruch hat. Da so eine Doppelzahlung vermieden wird, liegt kein atypischer Fall vor, sodass Ermessen nicht auszuüben ist (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.1986 – 7 Rar 33/85 – Rn. 25).
Die Beklagte hat jedoch die für die Aufhebung des Regelaltersrentenbescheides für die Vergangenheit erforderliche Jahresfrist nach §§ 48 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht eingehalten. Die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt grundsätzlich mit Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes rechtfertigen. Dabei ist entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.12.1984 - GrSen 1/84, GrSen 2/84 zu § 48 VwVfG) die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des begünstigenden Bescheides keine Tatsache in diesem Sinne. Dagegen spricht neben des abweichenden Wortlautes von § 48 VwVfG insbesondere, dass die Rechtswidrigkeit eines Bescheids keine Tatsache, sondern eine rechtliche Würdigung ist, die vom Wortlaut des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht erfasst ist (vgl. Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 45 SGB X (Stand: 03.05.2024), Rn. 114). Da vorliegend allein eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X für die Vergangenheit in Höhe der Altersrente für langjährig Versicherte in Betracht kommt, haben auch keine durch die Beklagte zu ermittelnden Umstände nach Erhebung des Widerspruchs durch den Beigeladenen am 28.07.2015 mehr vorgelegen, weil für die Aufhebung für die Vergangenheit insoweit allein auf den Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte abzustellen ist. Demnach ist es auch nicht gerechtfertigt, die Jahresfrist erst nach Anhörung des Betroffenen beginnen zu lassen (vgl. BSG, Urteile vom 27.07.2000 - B 7 AL 88/99 R – und vom 08.02.1996 - 13 RJ 35/94 -), da weder ein atypischer Fall gegeben ist, noch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X für die Aufhebung für die Vergangenheit erfüllt sind, so dass subjektive Tatbestandselemente des Verschuldens nicht zu prüfen sind. Ausgehend von einem Beginn der Jahresfrist am 24.07.2015 endete diese mit Ablauf des 23.07.2016, so dass die Aufhebung für die Vergangenheit mit Bescheid vom 12.01.2017 rechtswidrig ist und allein eine Aufhebung für die Zukunft in Betracht kommt, weswegen auch keine Überzahlung für die Zeit vom 01.08.2015 bis zum 31.12.2016 entstanden ist, die durch den Kläger gem. § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten wäre.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Umdeutung des Bescheides vom 12.01.2017 in einen Widerrufsbescheid nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB X, weil der Regelaltersrentenbescheid vom 12.05.2015 mit einer Nebenbestimmung nach § 32 SGB X hinsichtlich der ausstehenden BSG-Entscheidung versehen worden sei, nicht in Betracht. Denn gebundene Verwaltungsakte im Bereich der Sozialversicherung – wie ein Regelaltersrentenbescheid nach § 35 SGB VI – sind seit jeher nebenbestimmungsfeindlich (vgl. § 32 Abs. 1 SGB X, BSG, Urteil vom 19.03.1974 - 7 Rar 45/72 -).
3. Bescheid vom 06.02.2017
Hinsichtlich des Bescheides vom 06.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2017 ist die Berufung der Beklagten ebenfalls begründet. Denn die Klage ist insoweit bereits unzulässig gewesen. Mit Bescheid vom 06.02.2017 hat die Beklagte lediglich die Regelaltersrente des Klägers unter Berücksichtigung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs weitergewährt. Dies entspricht vollumfänglich dem in dem Verfahren S 34 R 94/17 ER, SG Duisburg verfolgten Begehren, so dass der Kläger mangels Beschwer nicht klagebefugt gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und trägt den jeweiligen Anteilen des Obsiegens von Kläger und Beklagter Rechnung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.