Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.03.2024 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt ein persönliches Budget zur Finanzierung von Assistenz- und Pflegekräften, hilfsweise eine entsprechende Sachleistung, im Wege der einstweiligen Anordnung.
Bei dem 00.00.0000 geborenen Antragsteller bestehen eine progressive Muskeldystrophie (ALS) und eine ausgeprägte Skoliose. Er ist auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Ein GdB von 100 und die Merkzeichen G, aG, H, RF, B sowie der Pflegegrad 5 sind bei ihm anerkannt. Die Pflegekasse zahlt neben dem monatlichen Pflegegeld iHv 947 € ein persönliches Budget iHv 350 €. Der Antragsteller bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ergänzende Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII.
Bis 2011 wurde der Antragssteller von seinen Eltern versorgt. Ab diesem Zeitpunkt finanzierte der Antragsgegner Assistenzkräfte im Arbeitgebermodell, zunächst im Umfang von acht Stunden pro Tag, ab 2017 dann im Umfang von 24 Stunden pro Tag.
Im Dezember 2020 teilte der damalige Geschäftsführer der G. ambulante Pflege (X.) GmbH F., der ein Neffe des Antragstellers ist, dem Antragsgegner mit, bei der Versorgung sei es zu Problemen gekommen. Zeitweise seien alle Mitarbeiter des Antragstellers erkrankt gewesen, u.a. aufgrund der Corona-Pandemie. Darüber hinaus sei er durch das Arbeitgebermodell organisatorisch überfordert. Er habe daher Kontakt aufgenommen, um sich durch die X. GmbH versorgen zu lassen.
Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 26.10.2021 die Kostenübernahme für die Versorgung durch die X. GmbH im Umfang von 24 Stunden pro Tag vom 01.11.2021 bis längstens zum 30.11.2024.
Am 01.12.2022 führte die Staatsanwaltschaft Bochum eine Durchsuchung der Geschäftsräume der X. GmbH durch. Mit Schreiben vom 14.12.2022 teilte die Staatsanwaltschaft dem Antragsgegner mit, dass gegen den Neffen des Antragstellers ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges geführt wird. Es bestehe u.a. der Verdacht, dass der Neffe als Verantwortlicher der X. GmbH gegenüber verschiedenen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen Leistungen nach dem SGB V und SGB XI abgerechnet habe, die tatsächlich nicht bzw. nicht in dem dargestellten Umfang bzw. nicht von dem ausweislich der Verträge mit den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen vorausgesetzten qualifizierten Personal erbracht worden seien, so dass die spätere Abrechnung dieser Leistungen ohne Rechtsgrund erfolgt sei.
Im Laufe der Ermittlungen ergab sich der Verdacht, dass der Antragsteller und Frau T., die Prokuristin des X. GmbH war, die faktischen Geschäftsführer der Gesellschaft waren. Gegen beide wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetruges eröffnet. Am 26.04.2023 führte die Staatsanwaltschaft eine Durchsuchung in der gemeinsamen Wohnung des Antragstellers und der Frau T. durch, ihre Mobiltelefone wurden sichergestellt. Nach einem Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 13.10.2023 geht diese nach Auswertung der Mobiltelefone unterschiedlicher Beschuldigter vom Bestehen einer Partnerschaft zwischen dem Antragsteller und der Frau T. aus. Zudem habe sich gezeigt, dass die beiden seit dem 15.05.2020 nach islamischem Recht verheiratet seien. Über das Vermögen der X. GmbH eröffnete das Amtsgericht Bochum am 01.07.2023 ein Insolvenzverfahren.
Mit Schreiben vom 09.05.2023 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur beabsichtigen Aufhebung der Bewilligungsbescheide an. Aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass die in der Vergangenheit festgestellten Bedarfe an Eingliederungshilfe nicht oder zumindest nicht in dem angenommenen Umfang gegeben waren und sind. Hinzu komme, dass mögliche Bedarfe im Übrigen durch die mit dem Antragsteller in häuslicher Gemeinschaft lebende Frau T. gedeckt werden konnten und können. Etwaige noch verbleibende pflegerische Bedarfe seien durch die Leistungen der Pflegekasse gedeckt.
Der Antragsteller teilte dazu mit Schreiben vom 17.05.2023 mit, die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe seien nicht zutreffend. Ein intimes Verhältnis zu der Frau T. bestehe nicht. Gleichzeitig beantragte er ein persönliches Budget, um wieder als Arbeitgeber Pflegekräfte für seine Versorgung einstellen zu können.
Der Antragsgegner hob den Bewilligungsbescheid vom 26.10.2021 mit Bescheid vom 31.05.2023 für die Vergangenheit und die Zukunft auf und forderte den Antragsteller zur Erstattung der seit dem 01.11.2021 erbrachten Leistungen iHv 346.477 € auf. Die Bewilligung eines persönlichen Budgets ab dem 01.06.2023 lehnte er ab. Nach den Ergebnissen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sei ein Bedarf an Eingliederungshilfe nicht ersichtlich. Selbst wenn neben dem Pflegebedarf ein Bedarf an Eingliederungshilfe vorliegen sollte, käme eine Bewilligung im Rahmen des persönlichen Budgets gemäß § 29 SGB IX nicht in Betracht. Es laufe derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen der Abrechnung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen. Der Antragsteller legte gegen den Bescheid vom 31.05.2023 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2024 zurückwies. Der Antragsteller erhob dagegen am 07.02.2024 Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen (S 2 SO 30/24), die noch anhängig ist.
Der Antragsteller hat am 07.02.2024 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm im Rahmen eines persönlichen Budgets monatlich einen Betrag zur Verfügung zu stellen, um den Bedarf an Eingliederungshilfe und Pflege im Umfang von 24 Stunden täglich zu decken. Es bestehe weiterhin ein Bedarf in diesem Umfang, der mangels finanzieller Leistungen des Antragsgegners nicht gedeckt werden könne.
Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 04.03.2024, dem Antragsteller zugestellt am 08.03.2024, abgelehnt. Zwar sei die Betreuung des Antragstellers durch Assistenzleistungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit notwendig iSv § 4 Abs. 1 SGB IX. Andere Möglichkeiten zur Bedarfsdeckung – etwa die Unterbringung in einer stationären Wohnform – seien nicht ersichtlich. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestehe ein Bedarf des Antragstellers nach einer 24stündigen Assistenz. Der Pflegebedarf werde jedoch schon durch die Leistungen der Pflegekasse gedeckt. Der Bedarf an Eingliederungshilfe sei im Eilverfahren nicht aufklärbar, er werde aber jedenfalls durch Frau T. gedeckt, mit der der Antragsteller in einer Beziehung lebe. Diese verfüge als Altenpflegehelferin über ein besonderes Fachwissen im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen. Darüber hinaus sei der Antragsteller in ein engmaschiges Netz gegenseitiger familiärer Unterstützung eingebunden. Soweit noch offene Bedarfe vorhanden seien, fehle es an einem Anordnungsgrund. Die ggf zu erleidende Einschränkung der sozialen Teilhabe sei lediglich relativ geringfügig, da der Antragsteller durch die Unterstützung seiner fachkundig vorgebildeten Lebenspartnerin und sein engmaschiges Familien- und Freundesnetz bereits in erheblichem Maße soziale Beziehungen pflege und zur Teilhabe am kulturellen und gemeinschaftlichen Leben befähigt werde.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 08.04.2024 mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er hat eine eidesstattliche Versicherung vom 08.05.2024 vorgelegt, wonach er zu keinem Zeitpunkt mit Frau T. in einer partnerschaftlichen Beziehung und in einem gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Gleiches hat die Frau T. unter dem 08.05.2024 eidesstattlich versichert. Nach dem Vortrag des Antragstellers habe Frau T. ab dem 01.04.2024 eine neue Mietwohnung an der Anschrift R.-straße in P. gefunden, an der sie durchgehend wohne. Den entsprechenden Mietvertrag hat er vorgelegt.
Auf Anregung des Senates hat der Antragsgegner am 19.06.2024 einen Hausbesuch zur Bedarfsfeststellung in den Räumlichkeiten des Antragstellers durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Vermerk des Antragsgegners vom 27.06.2024 verwiesen.
Der Senat hat Auszüge aus der Akte der Staatsanwaltschaft Bochum zu dem Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges als Mitglied einer Bande beigezogen. Darin sind u.a. die Auswertungen der Observationen der Wohnungen des Antragsstellers und der Frau T. im Juli 2024 und August 2024 sowie die Protokolle der Durchsuchungen der Wohnungen am 19.07.2024 enthalten. Darüber hinaus hat der Senat die Grundsicherungsakte des Antragstellers von der Stadt P. beigezogen. Den Beteiligten ist angeboten worden, Einsicht in diese Akten zu nehmen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurecht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt (Beschluss des Senats vom 17.05.2022 – L 9 SO 238/21 B ER mwN). Der Antragsteller muss die dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund zu Grunde liegenden Tatsachen glaubhaft machen. Dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte ist Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (vgl. BVerfG Beschluss vom 13.04.2010 - 1 BvR 216/07). Je gewichtiger die eine drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG Beschlüsse vom 26.06.2018 - 1 BvR 733/18, vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13 und vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er begehrt in erster Linie die Zahlung eines persönlichen Budgets iSv § 29 SGB IX. Denn dies hat er nach der Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2021 sowohl bei dem Antragsgegner, als auch im gerichtlichen Verfahren beantragt. Hilfsweise macht er einen Anspruch auf eine Sachleistung in Form der Kostenübernahme für einen ambulanten Dienst geltend. Denn in dem Schriftsatz vom 21.02.2024 an das Sozialgericht erklärt er sich bereit, Leistungen durch einen anerkannten Leistungsanbieter anzunehmen, wenn der Antragsgegner ihm solche anbiete. Es sei ihm nicht wichtig, wer die Leistungen durchführe. Wichtig und notwendig sei lediglich, dass die Leistungen unverzüglich wieder erbracht würden.
Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf ein persönliches Budget, noch auf eine Sachleistung glaubhaft gemacht. Aus dem Bescheid vom 26.10.2021 kann der Antragsteller keine Ansprüche mehr herleiten, denn diesen hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 31.05.2023 aufgehoben. Zwar entfalten Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid gem. § 86a Abs. 1 SGG mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung aufschiebende Wirkung, so dass der Antragsteller grundsätzlich die Weiterzahlung der Leistungen bis zum Ende des Bewilligungszeitraums am 30.11.2024 verlangen könnte. Die Bewilligung geht jedoch ins Leere, denn sie bezieht sich auf eine Kostenübernahme für die Leistungen der X. GmbH, die nicht mehr für den Antragsteller tätig ist und über deren Vermögen zwischenzeitlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf ein persönliches Budget gem. § 29 Abs. 1 SGB IX. Danach werden Leistungen zur Teilhabe auf Antrag der Leistungsberechtigten durch die Leistungsform eines Persönlichen Budgets ausgeführt, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Antragsteller keinen Bedarf mehr an Teilhabeleistungen habe. Der Senat folgt nicht der Einschätzung des Antragsgegners, wonach ausschließlich ein ungedeckter Pflegebedarf bestehe. Der Antragsgegner hat den Hilfebedarf des Antragstellers mit Hilfe der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) anhand der Lebensbereiche 1 bis 9 festgestellt. Dabei handelt es sich gem. § 118 Abs. 1 SGB IX um Teilhabe- und nicht um Pflegebedarfe. Soweit solche neben dem Teilhabebedarf bestehen, wären sie gem. § 103 Abs. 2 SGB IX ebenfalls durch die Leistungen der Eingliederungshilfe zu decken. Der Umstand, dass die Bedarfe im Moment zumindest teilweise durch nahestehende Personen gedeckt werden, führt nicht zu einem Wegfall des Teilhabebedarfes, sondern wäre ggf. bei der Bemessung des persönlichen Budgets zu berücksichtigen.
Dem Anspruch auf ein persönliches Budget steht jedoch entgegen, dass die zweckentsprechende Verwendung nicht sichergestellt ist. Dem persönlichen Budget liegt die Vorstellung zugrunde, dem Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung zu ermöglichen. Der Leistungsempfänger soll – anders als bei der Inanspruchnahme einer Sachleistung – eigenverantwortlich und nach eigenen Maßstäben (notwendigerweise auch zukunftsgerichtet) über seine Versorgung entscheiden können. Auch wenn das persönliche Budget in der Regel als pauschale Geldleistung gewährt wird, unterliegt es schon nach seinem originären Gesetzeszweck ohne weitere Festlegungen im bewilligenden Verwaltungsakt einer strikten Zweckbindung. Bei durchgreifenden Zweifeln an der zweckentsprechenden Mittelverwendung und/oder fehlender Mitwirkung des Leistungsberechtigten kann die Behörde die Leistung in der Form des persönlichen Budgets versagen oder entziehen (§ 66 Abs. 1 SGB I) und die Zielerreichung auf andere Weise als durch Auszahlung eines persönlichen Budgets sicherstellen, etwa durch Erbringung von Sachleistungen oder unmittelbare Zahlung an bestimmte Leistungserbringer (BSG Urteil vom 11.08.2022 – B 8 SO 3/21 R).
Solche durchgreifenden Zweifel an der zweckentsprechenden Mittelverwendung durch den Antragsteller bestehen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2021 rechtmäßig war und wie das Verhalten des Antragstellers in der Vergangenheit strafrechtlich zu bewerten ist. Dies wird im Hauptsacheverfahren bzw. von den zuständigen Strafgerichten zu beurteilen sein. Denn der Antragsteller hat im vorliegenden Eilverfahren falsche Angaben gemacht und diese sogar eidesstattlich versichert, um ein persönliches Budget zu erhalten und allein dadurch erhebliche Zweifel an der zweckentsprechenden Verwendung der Mittel hervorgerufen. In der Beschwerdebegründung vom 08.05.2024 hat er angegeben, dass Frau T. am 01.04.2024 in eine neue Wohnung eingezogen sei. Sie habe nicht mit dem Antragsteller in einer partnerschaftlichen Beziehung in einem Haushalt zusammengewohnt und dies sei auch aktuell nicht der Fall. Dies hat er in der beigefügten Erklärung vom 08.05.2024 eidesstattlich versichert. Die Erklärung entspricht nicht der Wahrheit. Aufgrund des Hausbesuches des Antragsgegners bei dem Antragsteller am 19.06.2024 und der weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum im Juli 2024 und August 2024 steht fest, dass Frau T. weiter in der Wohnung des Antragstellers lebt und mit diesem eine eheähnliche Lebensgemeinschaft besteht. Nach dem Vermerk der Staatsanwaltschaft Bochum vom 22.08.2024 wurde vor der Wohnung des Antragstellers (M.-straße in P.) an sieben Tagen (16.07., 17.07.,18.07., 19.07., 05.08., 06.08. und 07.08.2024) jeweils für 24 Stunden eine Kamera aufgebaut. An jedem Tag konnte die Anwesenheit der Frau T. in erheblichem zeitlichen Umfang aufgezeichnet werden. Überdies war erkennbar, dass Frau T. in jeder videographierten Nacht in dem Objekt M.-straße übernachtet hat. Demgegenüber war sie in der Wohnung, die sie angeblich bewohnt (R.-straße in P.) kaum anwesend. Dort wurde an elf Tagen (16.07., 17.07., 18.07., 19.07., 20.07., 21.07., 22.07., 26.07., 27.07., 28.07. und 29.07.2024) jeweils für 24 Stunden eine Kamera aufgebaut. Während des aufgezeichneten Zeitraums hielt sich Frau T. — exklusive der Zeit der Durchsuchungsmaßnahme — lediglich an drei Tagen für insgesamt 160 Minuten an ihrer Wohnung auf (46 Min. / 47 Min. / 67 Min.). Bei ihren Aufenthalten führte sie keine Taschen oder ähnliches beim Verlassen mit sich, die auf eine (oder mehrere) geplante auswärtige Übernachtungen schließen lassen. Auch fand ein Bekleidungswechsel während des Aufenthaltes an der R.-straße nicht statt. Daraus ergibt sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass Frau T. entgegen den Angaben des Antragstellers nicht in dieser Wohnung wohnt, sondern weiter bei ihm. Dies wird bestätigt durch die Hausdurchsuchungen der beiden Wohnungen am 19.07.2024. Die Wohnung der Frau T. war unbewohnt, Lebensmittel und Badutensilien waren kaum vorhanden. Demgegenüber fand sich in der Wohnung des Antragstellers weiterhin die Kleidung der Frau T.. Nach summarischer Prüfung im Eilverfahren ist daher davon auszugehen, dass die Anmietung der zweiten Wohnung nur erfolgt ist, um das Fortbestehen der eheähnlichen Lebensgemeinschaft zu verschleiern. Für deren Bestehen lassen sich zahlreiche weitere Indizien anführen, die sich durch die Auswertung der beschlagnahmten Mobiltelefone ergeben haben. So schreibt der Antragsteller beispielweise am 18.03.2021 über einen Messenger an Frau T.: „Du bist meine süße Maus“. Sie antwortet wenige Minuten später u.a. mit einem Herzchen-Symbol.
Die falschen Angaben des Antragstellers im vorliegenden Verfahren und die falsche eidesstaatliche Versicherung führen indes nicht dazu, dass kein Anspruch mehr auf Leistungen der Eingliederungshilfe besteht. Der aufgrund der Behinderung bestehende Bedarf ist jedenfalls dem Grunde nach unstreitig (auch wenn der Antragsgegner ihn anders qualifiziert) und auch die eheähnliche Gemeinschaft mit der Frau T. steht einem Anspruch nicht von vorneherein entgegen. Denn es ist klar, dass sie allein den Hilfebedarf nicht abdecken kann, selbst wenn dieser nicht im Umfang von 24 Stunden pro Tag bestehen sollte. Da der Antragsteller kein persönliches Budget mehr beanspruchen kann, muss er seinen Bedarf durch Sachleistungen decken. Einen solchen Anspruch hat er jedoch derzeit nicht glaubhaft gemacht.
Der Senat lässt offen, ob der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag hat, nachdem der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 13.02.2024 an das Sozialgericht darauf hinweist, dass notwendige Leistungen durch einen unabhängigen und von ihm anerkannten Leistungsanbieter erbracht werden könnten. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch den Antragsgegner derzeit nicht vor. Das Leistungserbringungsrecht in der Eingliederungshilfe ist durch ein sozialrechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das zwischen dem Leistungsberechtigten, dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer besteht (vgl. dazu BSG Urteil vom 17.05.2023 – B 8 SO 12/22 R). Die Ansprüche der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen sind daher nicht auf Geld gerichtet, sondern auf Übernahme der Kosten, die sich durch die Beauftragung eines Leistungserbringers ergeben (sog. Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung, vgl. dazu BSG Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 10/12 R; Beschluss des Senates vom 01.06.2015 – L 9 SO 89/15 B ER). Das bedeutet, dass grundsätzlich zunächst ein zivilrechtlicher Vertrag mit dem Leistungserbringer abgeschlossen werden muss und anschließend ein Anspruch auf Kostenübernahme gegen den Träger der Eingliederungshilfe geltend gemacht werden kann.
Der Senat hat es allerdings im einstweiligen Rechtschutz ausreichen lassen, dass der Leistungserbringer benannt und ein Kostenvoranschlag vorgelegt wird, aus dem sich der wesentliche Inhalt des noch zu schließenden zivilrechtlichen Vertrages ableiten lässt (Beschluss des Senates vom 20.05.2021 – L 9 SO 80/21 B ER). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, denn der Antragsteller hat noch nicht einmal einen Leistungserbringer benannt. Er verkennt offenbar die Rechtslage, wenn er meint, dass der Antragsgegner ihm einen solchen stellen muss. Dieser muss erst dann tätig werden, wenn ihm der entsprechende Vertrag vorliegt, um dann ggf die Bedarfe erneut zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).