Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 01. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) um die Anerkennung weiterer Unfallfolgen sowie um die Gewährung von Verletztenrente.
Der im Jahre G. geborene Kläger war im November H. Schüler der Freien Evangelischen Schule I. (Gesamtschule). Laut Unfallanzeige des Leiters dieser Einrichtung vom 23. Januar 2007 nahm der Kläger am 22. November H. an der Arbeitsgemeinschaft (AG) „Fahrradtechnik“ teil, als es zwischen dem Leiter dieser AG und ihm zu einer Auseinandersetzung kam, deren Einzelheiten streitig sind. Im Anschluss an diese Auseinandersetzung lachte und tobte der Kläger nach Angaben des Schulleiters, der sich dabei auf die Aussagen von Mitschülern des Klägers stützte, weiter. Nach Aussage der Eltern habe der Kläger am selben Nachmittag eine veränderte Körperhaltung gehabt. Nachdem der Kläger nach Angaben seiner Eltern in der Folge über starke Nackenschmerzen geklagt habe, suchten dessen Eltern mit ihm am 26. November 2006 die Unfallchirurgische Klinik des Klinikums Minden auf, in welcher Prof. Dr. J. nach einem Röntgen der Halswirbelsäule (HWS) keine knöchernen Verletzungen feststellen konnte und eine HWS - Distorsion diagnostizierte (vgl. dessen Durchgangsarztbericht vom 29. November 2006). Kernspintomographisch zeigte sich dann am 07. Dezember 2006 eine reguläre Konfiguration der Wirbelkörper und der Wirbelkörperabschlussplatte ohne intraossäre Signalinhomogenitäten (vgl. Arztbrief des Radiologen Prof. Dr. K. vom 08. Dezember 2006). Die zunächst aufgrund der ausgeprägten Begleitsymptomatik erfolgte stationäre Aufnahme des Klägers wurde nach Durchführung umfangreicher diagnostischer Maßnahmen, die sämtlich unauffällig waren, am 08. Dezember 2006 abgebrochen. Der Kläger wurde ab 12. Dezember 2006 für schulfähig erklärt, wobei man davon ausging, dass alle angegebenen Beschwerden des Klägers von der Mutter deutlich dramatisiert worden sind (vgl. Zwischenbericht des Prof. Dr. J., Unfallchirurgische Klinik des Klinikums I., vom 12. Dezember 2006). Auch die übrigen zeitnah zum Unfall durchgeführten Untersuchungen des Klägers ergaben keinen pathologischen Befund (vgl. augenfachärztlicher Befundbericht des Prof. Dr. L. vom 30. Januar 2007, neurologischer Untersuchungs- und Befundbericht der Dr. M. vom 23. Februar 2007).
Die Beklagte leitete ein Feststellungsverfahren ein, in welchem sie u.a. die vorgenannten Unterlagen beizog und das fachärztliche Gutachten des Orthopäden Dr. N. vom 16. August 2007 sowie die beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. O. vom 19. November 2007 einholte. Im Anschluss erkannte sie mit Bescheid vom 06. Dezember 2007 das Unfallereignis vom 22. November 2006 als Arbeitsunfall an und lehnte die Gewährung einer Verletztenrente ausdrücklich ab. Als Unfallfolge stellte sie fest: „Weichteilverletzung der HWS mit vorübergehender Funktionsbehinderung.“ Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 09. Juni 2008).
Hiergegen hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Mit Beschluss vom 20. August 2009 (Verfahren S 14 U 140/08) hat das SG Detmold den PKH-Antrag des Klägers mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 23. Oktober 2009 (Verfahren L 4 B 11/09 U) zurückgewiesen. Daraufhin hat der Kläger die Klage im Verfahren S 14 U 140/08 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 30. November 2010 machten die Erziehungsberechtigten des Klägers für den Kläger unter Vorlage diverser medizinischer Unterlagen (u.a. Bericht des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P. vom 03. Februar 2010, Arztbriefe des Internisten Dr. Q. vom 08. November 2010 und 28. März 2011, Arztbrief des HNO-Arztes Dr. R. vom 22. September 2010, Arztbrief des Radiologen Dr. S. über eine Upright-Kernspintomographie der Schädelbasis des Klägers am 08. März 2011) weitere Kosten geltend: Der Kläger leide infolge des „Überfalls“ am 22. November 2006 an erheblichen Beschwerden, die als Spätfolgen dieses anerkannten Arbeitsunfalls anzuerkennen seien. Infolge dieser Spätfolgen seien bisher Kosten in Höhe von insgesamt 7.000,00 € aufgelaufen, die von der Beklagten zu erstatten seien. Die Beklagte wertete diesen Antrag als Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 06. Dezember 2007 nach § 44 SGB X, den sie mit Bescheid vom 01. Februar 2012 ablehnte.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch legte der Kläger u.a. das für eine private Versicherung erstellte Gutachten des Dr. N. vom 07. November 2012 vor. Die Beklagte holte daraufhin die Stellungnahmen des Dr. O. vom 11. März 2014, 15. Mai 2015, 28. Oktober 2015 und 25. November 2015, des Dr. N. vom 06. Juni 2014 sowie das Gutachten des Chirurgen Dr. T. vom 26. Februar 2015 und dessen Stellungnahme vom 17. September 2015 ein. Im Anschluss wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2016 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11. März 2016 vor dem SG Oldenburg Klage erhoben und sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Die im Überprüfungsverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen belegten nunmehr eindeutig, dass er – der Kläger – infolge des Arbeitsunfalls am 22. November 2006 deutlich stärkere Verletzungen davongetragen habe als bisher angenommen. Dementsprechend seien als weitere Unfallfolgen ein cervicoencephales Syndrom bei unfallbedingter Instabilität der oberen HWS mit Subluxation/traumatischer Anterolisthese des 2. Halswirbels und komplexer Densinstabilität, vor allem durch Instabilitätsverletzung des Atlantodentalgelenkes und verletzungsbedingtem Verlust der Funktion des hinteren Längsbandes C2/3 mit Cephalgien, anfallsweiser Bewusstlosigkeit, multiplen neurovegetativen Störungen, u.a. Konzentrationsstörungen, Ohrgeräuschen, verminderter körperlicher Belastbarkeit und Erschöpfungs- und Müdigkeitszuständen, schmerzhafte Verkürzung der rechtsseitigen Schulter-/Nackenmuskulatur und sekundärer HWS-Skoliose und Schulter-Hochstand rechts und Parästhesien beider Hände anzuerkennen und ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 vom Hundert (v.H.) zu gewähren.
Das SG Oldenburg hat von Amts wegen das orthopädisch-fachchirurgische Gutachten des Dr. U. vom 13. April 2017 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 28. Juni 2019 eingeholt. Darüber hinaus hat es auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Dr. T. vom 28. Oktober 2018 eingeholt.
Mit Urteil vom 01. Juli 2020, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17. Juli 2020, hat das SG Oldenburg die Klage abgewiesen: Die Kammer habe bereits angesichts der im zeitlichen Verlauf stark voneinander abweichenden und widersprüchlichen Angaben des Klägers erhebliche Zweifel, dass der Kläger am 22. November 2006 anlässlich der Auseinandersetzung mit dem AG-Leiter auf den Kopf gefallen sei, mithin ein Ereignis vorliege, das geeignet gewesen sei, eine schwerwiegende strukturelle Verletzung im Bereich der HWS herbeizuführen. Unabhängig davon sei die Kammer überzeugt, dass es in Zusammenhang mit dem angeschuldigten Ereignis allenfalls zu einer Weichteilverletzung mit vorübergehender Funktionsbehinderung ohne substantielle Schädigung gekommen sei. Die Kammer stütze ihre Auffassung auf das Gutachten des Dr. U. vom 13. April 2017 sowie die diversen beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. O., die sich mit den zeitnah von Prof. Dr. J. und Prof. Dr. K. erhobenen Befunden deckten. Die die Auffassung des Klägers stützenden medizinischen Unterlagen rechtfertigten keine andere Beurteilung, denn sie setzten sich in keiner Weise kritisch mit den sich widersprechenden Angaben des Klägers zum Unfallhergang auseinander. Darüber hinaus fehle jegliche Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass zeitnah zum Unfallereignis keine strukturellen Verletzungen festgestellt werden konnten.
Hiergegen hat der Kläger am 17. August 2020 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen unter Vorlage diverser medizinischer Unterlagen (u.a. Nachschaubericht des Dr. V. vom 09. Dezember 2006, Arztbrief des Augenarztes Dr. W. vom 19. Dezember 2006, Arztbrief der Augenärzte Dres X. und Y. vom 21. Dezember 2006) bekräftigt. Keinesfalls beschränkten sich die Unfallverletzungen auf eine Weichteilverletzung mit vorübergehender Funktionsbehinderung ohne substantielle Schädigung. Auch sei das Unfallereignis geeignet gewesen, die im Feststellungsantrag aufgeführten schwerwiegenden strukturellen Verletzungen im Bereich der HWS herbeizuführen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
- das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 01. Juli 2020 und den Bescheid der Beklagten vom 01. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2016 aufzuheben,
- den Bescheid der Beklagten vom 06. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 2008 abzuändern,
- festzustellen, dass ein cervicoencephales Syndrom bei unfallbedingter Instabilität der oberen Halswirbelsäule mit Subluxation/traumatischer Anterolisthese des 2. Halswirbels und komplexer Densinstabilität, vor allem durch Instabilitätsverletzung des Atlantodentalgelenkes und verletzungsbedingtem Verlust der Funktion des hinteren Längsbandes C2/3 mit Cephalgien, anfallsweiser Bewusstlosigkeit, multiplen neurovegetativen Störungen, u.a. Sehstörungen, Konzentrationsstörungen, Ohrgeräuschen, verminderter körperlicher Belastbarkeit und Erschöpfungs- und Müdigkeitszuständen, schmerzhafter Verkürzung der rechtsseitigen Schulter-/Nackenmuskulatur und sekundärer HWS-Skoliose und Schulterhochstand rechts und Anästhesien beider Hände weitere Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. November 2006 sind und
- ihm ab dem 22. November 2006 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 vom Hundert der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG Oldenburg für zutreffend.
Die Beteiligten sind mit Verfügung des Senates vom 22. März 2024 darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 des SGG zurückzuweisen. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung des Senats zugrunde gelegen haben.
II.
Der Senat konnte über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Einer Zustimmung der Beteiligten bedurfte es nicht.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte und das SG Oldenburg haben zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 06. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 2008, auf Anerkennung seiner im Feststellungsantrag genannten Beschwerden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. November 2006 sowie auf Gewährung einer Verletztenrente hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers nicht vor. Die Beklagte ist berechtigt, sich weiterhin auf die Bindungswirkung des in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren erlassenen Bescheides vom 06. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 2008 zu berufen. Die vom Kläger in diesem Zugunstenverfahren erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abse. 1, 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Feststellung weiterer Beschwerden als Unfallfolgen noch auf Gewährung einer Verletztenrente.
Hinsichtlich der Gründe nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffenden, sehr ausführlichen und nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des SG Oldenburg in seinem Urteil vom 01. Juli 2020, macht sich diese nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen und weist die Berufung aus diesen Gründen zurück.
Im Berufungsverfahren hat sich keine andere Beurteilung ergeben. Festzuhalten bleibt, dass neben der von der Beklagten anerkannten Unfallfolge „Weichteilverletzung der HWS mit vorübergehender Funktionsbehinderung“ keine weiteren Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen anzuerkennen sind und die vorgenannte anerkannte Unfallfolge keine Gesamt-MdE von 10 v.H. bedingt, so dass der Kläger wegen des Arbeitsunfalls vom 22. November 2006 auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) hat.
Von entscheidender Bedeutung ist im vorliegenden Verfahren, dass zeitnah zum Arbeitsunfall am 22. November 2006 trotz umfangreicher medizinischer Diagnostik keine strukturellen Verletzungen festgestellt werden konnten. Bereits das SG Oldenburg hat in seinem angefochtenen Urteil ausführlich erläutert, dass – um die vom Kläger geltend gemachten erheblichen gesundheitlichen Beschwerden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. November 2006 anerkennen zu können – (nach der von den Sozialgerichten ihrer Entscheidung zugrunde zu legenden herrschenden unfallmedizinischen Meinung) zunächst ein struktureller Schaden als Gesundheitserstschaden im Vollbeweis erwiesen sein muss (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 10. Aufl. 2024, S. 490 mwN). Vollbeweis bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Gesundheitserstschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. hierzu MKS/Keller, SGG, 14. Auflage 2023, § 128 Rz. 3b mwN) vorliegen muss. In diesem Zusammenhang trägt der Kläger nach der Lehre von der objektiven Beweislast (vgl. hierzu MKS/B. Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 103 Rz. 19a mwN) die Beweislast dafür, dass die seinen geltend gemachten Anspruch begründenden Tatsachen – also u.a. das Vorliegen eines strukturellen Gesundheitserstschadens als notwendige Voraussetzung für die Anerkennung weiterer Unfallfolgen – vorliegen, wenn die Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
Im Hinblick auf die Prüfung des Unfalls vom 22. November 2006 konnte kein struktureller Gesundheitserstschaden des Klägers ermittelt werden, denn die zeitnah zum Unfall am 22. November 2006 durchgeführten ausführlichen Untersuchungen des Klägers haben keine entsprechende Verletzung ergeben. Deshalb ist der Kläger ja auch nach Abschluss der umfangreichen Diagnostik, die sämtlich unauffällig waren, am 08. Dezember 2006 aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der Kläger wurde ab 12. Dezember 2006 für schulfähig erklärt, wobei man davon ausging, dass alle angegebenen Beschwerden des Klägers von der Mutter deutlich dramatisiert worden sind (vgl. Zwischenbericht des Prof. Dr. J., Unfallchirurgische Klinik des Klinikums I., vom 12. Dezember 2006). Die zeitlich deutlich nach dem Arbeitsunfall des Klägers am 22. November 2006 erstellten medizinischen Unterlagen können bereits deshalb nicht zu einer anderen Beurteilung führen, weil die in diesen Unterlagen aufgeführten Gesundheitsstörungen nicht eindeutig dem streitgegenständlichen Unfall zugeordnet werden können. Denn es hat nach dem Arbeitsunfall am 22. November 2006 diverse Vorkommnisse im Leben des Klägers gegeben, die auch zu einer Schädigung von dessen HWS geführt haben könnten, so dass allein deshalb schwerlich eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis und den heute bestehenden Beschwerden hergestellt werden kann. So ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. N. vom 07. November 2012, dass der Kläger am 22. März 2011 mit Schulkameraden eine Schlägerei gehabt und am 21. Mai 2012 von einem Nachbarn 2 Ohrfeigen bekommen habe. Darüber hinaus hatte der Kläger nach dem Gutachten des Dr. U. vom 13. April 2017 am 13. September 2007 einen Sturz auf dem Schulhof und am 02. August 2016 einen Pkw-Unfall.
Die von Herrn Dr. T. im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstellten medizinischen Gutachten vermögen keine andere Beurteilung zu rechtfertigen, denn dieser Arzt hat bei der Erstellung seiner Gutachten weder die oben genannte herrschende unfallmedizinische Meinung (Notwendigkeit einer strukturellen Verletzung im Bereich der HWS als Voraussetzung für die Anerkennung der vom Kläger geltend gemachten Unfallfolgen) noch die ebenfalls oben genannten im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht zwingend zu berücksichtigenden Beweisregeln beachtet.
Soweit der Kläger mit Schreiben vom 13. September 2021 darauf hingewiesen hat, dass die Beklagte mit Bescheid vom 05. Juli 2012 die Schlägerei auf dem Schulhof am 22. März 2011 als Arbeitsunfall sowie die Gesundheitsstörung „zwischenzeitlich folgenlos ausgeheilte Gesichtsprellung“ als Folge dieses Unfalls anerkannt hat, hat diese Entscheidung keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit. Zwar hat die Beklagte in ihrem zu diesem Verfahren erlassenen Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2013 ausgeführt, dass nach ihrer Auffassung das instabile Genickgelenk bereits vor dem Arbeitsunfall vom 22. März 2011 bestand. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass die HWS-Beschwerden des Klägers auf den Arbeitsunfall vom 22. November 2006 zurückgeführt werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.