Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. März 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
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Im Streit steht, ob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beim Honorar der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) aus vertragsärztlicher Tätigkeit für das Quartal 1/2015 einen Aufschlag auf die Zusatzpauschale nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 04040 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBMÄ) zu berücksichtigen hat.
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Die Klägerin besteht aus zwei Fachärzten für Kinder und Jugendmedizin, welche sich ab 2015 im Rahmen eines sogenannten Jobsharings zusammengeschlossen hatten. Die Ärztin K ist insofern mit Wirkung zum 1.1.2015 als Juniorpartnerin zur gemeinsamen vertragsärztlichen Versorgung mit dem zuvor in Einzelpraxis tätigen Arzt S zugelassen worden (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28.10.2014; Bescheid vom 4.2.2015). Beide Ärzte verpflichteten sich, im Rahmen des Jobsharings den Umfang der früheren Einzelpraxis nicht wesentlich zu überschreiten.
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Im Honorarbescheid für das Quartal 1/2015 brachte die Beklagte den in der GOP 04040 EBMÄ ("Zusatzpauschale zu den Gebührenordnungspositionen 04000 und 04030 für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags gemäß § 73 Abs. 1 SGB V") vorgesehenen Aufschlag von 14 Punkten für überdurchschnittliche Fallzahlen ab 1200 Behandlungsfällen je Arzt nicht in Ansatz, obwohl die Praxis insgesamt gesehen diese Zahl überschritten hatte (Honorarbescheid vom 3.7.2015). Die Beklagte dividierte die Zahl der relevanten Behandlungsfälle der Praxis hier 1275 durch zwei (Ergebnis 637,5 Behandlungsfälle je Arzt) und verwies darauf, dass es nach der einschlägigen GOP für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte ("je Arzt") auf den Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs bzw Genehmigungsbescheid ankomme. Da dieser hier keine Regelungen über eine Beschränkung des Zulassungsumfangs der beiden Ärzte enthalte, seien die Behandlungsfälle der Praxis durch zwei zu teilen, sodass die erforderliche Behandlungszahl von mehr als 1200 Fällen je Arzt nicht erreicht werde. Widerspruch und Klage der Klägerin, mit welchen diese geltend gemacht hat, dass für die Jobsharing-BAG insgesamt nur ein Versorgungsauftrag bestehe, sodass die Behandlungsfälle gerade nicht durch zwei dividiert werden dürften, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 26.10.2016; Urteil des SG vom 29.1.2020).
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Das LSG hat hingegen die Beklagte verpflichtet, einen Aufschlag wegen überdurchschnittlicher Fallzahlen auf die GOP 04040 EBMÄ in Ansatz zu bringen. Eine Division der Behandlungsfälle der Praxis durch zwei Ärzte dürfe wegen der Besonderheiten des Jobsharings nicht erfolgen. Im Rahmen des Jobsharings teile sich hier der zugelassene Seniorarzt seinen Versorgungsauftrag mit der Juniorärztin, die bei der Bedarfsplanung als zusätzliche Teilnehmerin an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mitgezählt werde. Zudem hätten sich die Ärzte im Rahmen des Jobsharings verpflichtet, den bisherigen Leistungsumfang beizubehalten bzw nicht wesentlich zu überschreiten. Zwar liege beim Jobsharing keine hälftige, sondern eine volle Zulassung der Mitglieder der BAG vor. Auch sei es zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Jobsharing-Obergrenze nicht die Berechtigung des Arztes beschränke, gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Leistungen zu erbringen. Die Obergrenze beschränke aber gerade den Umfang der Leistungen, die gegenüber der KÄV abrechnungsfähig seien, und stelle damit einen expliziten Bezug zum EBMÄ her (Urteil des LSG vom 22.3.2023).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts. Das LSG habe die GOP 04040 EBMÄ unzutreffend ausgelegt. Für die Prüfung, ob ein Aufschlag zu der GOP zuzusetzen sei, habe die Gesamtfallzahl der Behandlungsfälle der Praxis durch den Faktor zwei geteilt werden müssen. Dies folge aus dem Wortlaut der GOP 04040 EBMÄ, wonach für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte der Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen sei. Im Beschluss des Zulassungsausschusses zur Gründung des Jobsharings seien keine Regelungen über eine Beschränkung des Zulassungsumfangs getroffen. Jeder der beiden Ärzte sei daher mit einem Zulassungsumfang von 1,0 zu berücksichtigen. Soweit in dem Zulassungsbescheid von der "gemeinsamen Tätigkeit" der Ärzte gesprochen werde, werde damit lediglich die neue Kooperationsform als Gesellschaft beschrieben. Für die vertragsärztliche Tätigkeit der Juniorärztin mache es auch keinen Unterschied, dass eine Zulassung "nur" im Rahmen des Jobsharings vorliege. Die Ärztin sei vollwertiges Mitglied der KÄV mit allen damit einhergehenden Rechten und Pflichten. Die Leistungsbegrenzung nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm Abschnitt 9 § 40 Nr 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie diene allein dazu, die Grund-sätze der Bedarfsplanung in einem grundsätzlich gesperrten Planungsgebiet durch das Jobsharing-Modell nicht zu unterlaufen. Zwar spiele die Punktzahlobergrenze für die Abrechenbarkeit der Leistungen eine Rolle. Sie sei aber als Regelung der Bedarfsplanung von den Regelungen zur Honorarverteilung strikt zu trennen.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 22.3.2023 aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig. Dem Beschluss des Zulassungsausschusses sei zu entnehmen, dass es sich um einen Vertragsarztsitz handele, auf welchem die beiden Ärzte gemeinsam vertragsärztlich tätig seien. Die Zulassung erfolge in einem gesperrten Planungsbereich und die Jobsharing-Partner seien zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreiten dürfe. Insoweit liege auch nur ein gemeinsamer Versorgungsauftrag für beide Ärzte im Umfang von 1,0 vor.
II
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Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Honorarbescheids verpflichtet, den Aufschlag bei der Zusatzpauschale der GOP 04040 EBMÄ beim Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal 1/2015 zu berücksichtigen.
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A. Die Klägerin hat mit ihrer auf ein höheres vertragsärztliches Honorar gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, § 56 SGG) nur den nicht gewährten Aufschlag wegen überdurchschnittlicher Fallzahlen auf die Zusatzpauschale nach der GOP 04040 EBMÄ geltend gemacht (zur zulässigen Beschränkung auf ein Teilelement eines Honorarbescheids vgl BSG Urteil vom 13.11.1985 6 RKa 15/84 BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 38; BSG Urteil vom 23.2.2005 B 6 KA 77/03 R SozR 41500 § 92 Nr 2 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.12.2023 B 6 KA 1/22 R SozR 42500 § 87 Nr 40 RdNr 12). Der höhere Honoraranspruch hängt deshalb hier allein davon ab, ob der Aufschlag zuzusetzen ist.
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B. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass der Aufschlag für überdurchschnittliche Fallzahlen nach der GOP 04040 EBMÄ zu berücksichtigen ist. Nach dem maßgeblichen Wortlaut (dazu 1) kommt es für den Aufschlag für Praxen "mit mehr als 1200 Behandlungsfällen je Arzt" für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte auf den "Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs bzw. Genehmigungsbescheid" an (dazu 2). Mit letzterer Formulierung ist der Versorgungsauftrag gemeint (dazu 3). Dementsprechend durften die Behandlungsfälle der Praxis nicht durch zwei Ärzte geteilt werden, da sich die beiden JobsharingÄrzte einen Versorgungsauftrag teilen (dazu 4). Diesem Ergebnis steht nicht der Einwand der Beklagten entgegen, dass der Beschluss des Zulassungsausschusses keine Regelungen über einen reduzierten Zulassungsumfang der Jobsharing-Partner enthalte (dazu 5).
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1. Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Grund für die besondere Bedeutung des Wortlauts ist nach der zu den GOP des EBMÄ ergangenen Rechtsprechung (BSG Urteil vom 11.12.2013 B 6 KA 14/13 R SozR 42500 § 87 Nr 28 RdNr 11; BSG Urteil vom 25.11.2020 B 6 KA 14/19 R SozR 42500 § 106a Nr 27 RdNr 18; BSG Urteil vom 26.5.2021 B 6 KA 8/20 R BSGE 132, 162 = SozR 42500 § 87 Nr 38, RdNr 19) zum einen, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBMÄ des Bewertungsausschusses (BewA) gemäß § 87 Abs 1 SGB V ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBMÄ als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestands zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf (BSG Urteil vom 16.5.2001 B 6 KA 20/00 R BSGE 88, 126, 127 = SozR 32500 § 87 Nr 29 S 146; BSG Urteil vom 11.12.2013 B 6 KA 14/13 R SozR 42500 § 87 Nr 28 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 16.5.2018 B 6 KA 16/17 R SozR 45531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 19). Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (stRspr; vgl BSG Urteil vom 16.5.2018 B 6 KA 16/17 R SozR 45531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 19; BSG Urteil vom 13.2.2019 B 6 KA 56/17 R SozR 45531 Nr 30790 Nr 1 RdNr 27, jeweils mwN). Diese Grund-sätze gelten auch für die den Vergütungsbestimmungen vorangestellten Allgemeinen Bestimmungen (BSG Urteil vom 4.5.2016 B 6 KA 16/15 R SozR 45532 Allg Nr 2 RdNr 23 mwN; BSG Urteil vom 16.5.2018 B 6 KA 16/17 R SozR 45531 Nr 33076 Nr 1 RdNr 19; BSG Urteil vom 11.9.2019 B 6 KA 22/18 R SozR 45531 Nr 01210 Nr 1 RdNr 13). Die Anmerkung zu einer Position des EBMÄ hat dabei denselben Rang wie die Leistungslegende (vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 B 6 KA 39/15 R SozR 45531 Nr 40100 Nr 1 RdNr 25 mwN).
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2. Die GOP 04040 EBMÄ beinhaltet eine Zusatzpauschale zu den GOP 04000 ("Versichertenpauschale") und 04030 ("Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme zwischen 19:00 und 7:00, an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, am 24.12 und 31.12. bei persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt") für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags gemäß § 73 Abs 1 SGB V.
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a) Diese Vorhaltepauschale ist in erster Linie zur Finanzierung derjenigen Praxisstrukturen vorgesehen, die für die Erfüllung von Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung notwendig sind (Wezel/Liebold, Kommentar zu EBM und GOÄ, Stand 1.1.2022, Nr 04040 EBM S 4; Hermanns/von Pannwitz, EBM 2024 Kommentar, 13. Aufl 2024, Kapitel 4, GOP 04040, S 222). Sie kann einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden und wird von der jeweiligen KÄV automatisch zugesetzt (vgl Abs 6 der Anmerkung zu der GOP 04040 EBMÄ). Die Zusatzpauschale kann dabei nur für Behandlungen im Rahmen der hausärztlichen Versorgung berücksichtigt werden. Gemäß § 73 Abs 1a Satz 1 Nr 2 SGB V nehmen Kinder- und Jugendärzte wie hier die in der klägerischen BAG zusammengeschlossenen Ärzte grundsätzlich an der hausärztlichen Versorgung teil (zu den hier nicht relevanten Ausnahmen nach § 73 Abs 1a Satz 3 und Satz 4 SGB V <hier noch idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626>, jetzt § 73 Abs 1a Satz 3 und 5 SGB V <idF des GKV-VSG vom 16.7.2015, BGBl I 1211> vgl BSG Urteil vom 23.3.2023 B 6 KA 4/22 R SozR 42500 § 73 Nr 7 RdNr 20 f). Die GOP 04040 nach Kapitel 4 Abschnitt 4.2.1 EBMÄ betrifft eine Leistung der allgemeinen Kinder- und Jugendmedizin und fällt somit unter den hausärztlichen Versorgungsbereich (vgl BSG Urteil vom 23.3.2023 B 6 KA 4/22 R SozR 42500 § 73 Nr 7 RdNr 28). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
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b) Nach den Anmerkungen zur GOP 04040 EBMÄ (hier noch idF des Beschlusses des BewA in seiner 319. Sitzung vom 18.12.2013, DÄ 2014, A 140) ist bei Praxen mit weniger als 400 Behandlungsfällen je Arzt gemäß Nr 12 der Präambel 4.1, in denen ein Arzt gemäß Nr 1 der Präambel 4.1 vertragsärztliche Leistungen durchführt und berechnet (Behandlungsfälle der Praxis gemäß Nr 12 der Präambel 4.1, in denen ein Arzt gemäß Nr 1 der Präambel 4.1 vertragsärztliche Leistungen durchführt und berechnet, dividiert durch Anzahl der Ärzte gemäß Nr 1 der Präambel 4.1) ein Abschlag in Höhe von 14 Punkten auf die GOP 04040 vorzunehmen (Abs 7 Satz 1 der Anmerkung; heute Abs 5 Satz 1 der Anmerkung <13 Punkte>). Bei Praxen mit mehr als 1200 Behandlungsfällen je Arzt gemäß Nr 12 der Präambel 4.1, in denen ein Arzt gemäß Nr 1 der Präambel 4.1 vertragsärztliche Leistungen durchführt und berechnet, ist dagegen ein Aufschlag in Höhe von 14 Punkten auf die GOP 04040 vorzunehmen (Abs 7 Satz 2 der Anmerkung; heute Abs 5 Satz 2 der Anmerkung <13 Punkte>). Für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte gemäß Nr 1 der Präambel 4.1 ist der Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen (Abs 7 Satz 3 der Anmerkung; heute Abs 5 Satz 3 der Anmerkung). Nach der insoweit in Bezug genommenen Nr 1 der Präambel 4.1 zu Kapitel 4 EBMÄ können die in diesem Kapitel aufgeführten GOP unbeschadet der Regelung gemäß 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen ausschließlich von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin berechnet werden.
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3. Nach diesen Vorgaben sind hier die Voraussetzungen für den in der GOP 04040 EBMÄ vorgesehenen Aufschlag für überdurchschnittliche Fallzahlen erfüllt. Wie bereits ausgeführt, ist nach der Anmerkung (Abs 7 Satz 3) für den in der GOP vorgesehenen Aufschlag bei mehr als 1200 Behandlungsfällen je Arzt für die Bestimmung der Anzahl der Ärzte "der Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen". Es unterliegt keinem Zweifel, was mit "Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid" gemeint ist. Der Wortlaut des EMBÄ ist insofern weder unklar noch mehrdeutig. Es geht um den Versorgungsauftrag, dessen konkreter Umfang im Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid festgelegt wird. Einer Sonderregelung für die Fälle des Jobsharings in der streitigen GOP bedurfte es daher entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht.
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a) Der Versorgungsauftrag wird in § 1a Nr 23 BMVÄ definiert als "Der inhaltliche und zeitliche sowie fachliche Umfang der Versorgungspflichten von Vertragsärzten". § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V (hier noch idF des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes <VÄndG> vom 22.12.2006, BGBl I 3439) regelt, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags berechtigt und verpflichtet ist (vgl nunmehr § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V idF des Terminservice- und Versorgungsgesetzes <TSVG> vom 6.5.2019, BGBl I 646: "im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrags berechtigt und verpflichtet"). Die in § 98 Abs 2 Nr 10 SGB V enthaltene Vorgabe, dass die Zulassungsverordnungen die Voraussetzungen für die nähere Bestimmung des zeitlichen Umfangs des Versorgungsauftrags aus der Zulassung enthalten müssen, ist in § 19a Ärzte-ZV (vgl auch § 19a Zahnärzte-ZV) umgesetzt worden. Danach ist der Arzt grundsätzlich verpflichtet, seine vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben (§ 19a Abs 1 Ärzte-ZV); er ist jedoch nach § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte (bzw für Vertragsärzte seit Ergänzung des § 19a Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV durch das TSVG auf drei Viertel; vgl für Zahnärzte aber § 19a Abs 2 Satz 2 Zahnärzte-ZV) des Versorgungsauftrags nach Abs 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrags ist entweder bereits im Beschluss über die Zulassung nach § 19 Abs 1 Ärzte-ZV oder durch gesonderten Beschluss festzustellen (§ 19a Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Diese Beschränkung kann durch Beschluss aufgehoben werden (§ 19a Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV).
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b) Auch in der Vergangenheit hat der Senat bei fast identischen Formulierungen im EBMÄ, die auf den Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid Bezug nehmen, auf den Versorgungsauftrag abgestellt. So hat der Senat bei den Strukturzuschlägen für Psychotherapeuten nach den GOP 35251 und 35252 EBMÄ, die nach Nr 2 der Präambel zu Abschnitt 35.2 EBMÄ insofern fast wortgleich zu der Formulierung in der GOP 04040 auf den "Tätigkeitsumfang laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid" Bezug nehmen, mit dem "Versorgungsauftrag" übersetzt (vgl BSG Urteil vom 11.10.2017 B 6 KA 37/17 R BSGE 124, 218 = SozR 42500 § 87 Nr 35, RdNr 62; BSG Urteil vom 26.1.2022 B 6 KA 4/21 R SozR 42500 § 117 Nr 8 RdNr 26 f; vgl auch BVerfG Beschluss vom 20.3.2023 1 BvR 669/18, 1 BvR 732/18 juris RdNr 22 ff). Der Senat hat insoweit ausgeführt, dass die Strukturzuschläge an den diesem Tätigkeitsumfang entsprechenden Auslastungsgrad des einzelnen Therapeuten anknüpfen und nicht unabhängig davon ermittelt werden können (BSG Urteil vom 26.1.2022 B 6 KA 4/21 R SozR 42500 § 117 Nr 8 RdNr 26). Er hat zudem betont, dass die Bindung der Mindestpunktzahl "an den Umfang des Versorgungsauftrags" dem unterschiedlichen Umfang der Teilnahme der einzelnen Leistungserbringer an der Versorgung Rechnung trägt (BSG Urteil vom 11.10.2017 B 6 KA 37/17 R BSGE 124, 218 = SozR 42500 § 87 Nr 35, RdNr 62; vgl zur Berücksichtigung des Umfangs der Tätigkeit eines Arztes laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid bei Ermittlung des Regelleistungsvolumens auch BSG Urteil vom 25.11.2020 B 6 KA 31/19 R SozR 42500 § 87b Nr 28 RdNr 45).
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4. Kommt es damit nach dem Wortlaut der GOP auf den "Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid" und dementsprechend eindeutig auf den Umfang des Versorgungsauftrags an, verbietet sich hier eine Division der Behandlungsfälle der Klägerin durch zwei Ärzte. Vielmehr ist für die Frage, ob der Aufschlag zu gewähren ist, die Behandlungsfallzahl der Praxis von 1275 zugrunde zu legen.
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Nach dem vom LSG festgestellten Regelungsinhalt des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 28.10.2014 (Bescheid vom 4.2.2015) ist die Ärztin K als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Arzt S gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm Abschnitt 9 § 40 Bedarfsplanungs-Richtlinie mit Wirkung zum 1.1.2015 zugelassen worden. Die Zulassung ist gemäß § 101 Abs 3 SGB V auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Arzt S beschränkt. Damit liegt ausweislich des Beschlusses ein sogenanntes Jobsharing in der Variante einer Jobsharing-Zulassung der Juniorärztin iVm einer BAGBildung zwischen Seniorarzt und Juniorärztin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V vor. Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass es sich bei der Jobsharing-BAG um eine "besondere Form der Gemeinschaftspraxis" (so in der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz, BTDrucks 13/7264 S 65) handelt, die sich von anderen Gemeinschaftspraxen bzw BAGen insbesondere dadurch unterscheiden, dass sich nicht mehrere Ärzte unter Einbringung ihrer Zulassung und des damit verbundenen Versorgungsauftrags zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen, sondern dass sich ein Arzt seinen Versorgungsauftrag mit einem anderen Arzt teilt und letzterem damit die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auch in einem für die jeweilige Arztgruppe wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich ermöglicht (BSG Urteil vom 17.3.2021 B 6 KA 32/19 R SozR 42500 § 87b Nr 27 RdNr 31). Damit entspricht der Umfang der Tätigkeit der Jobsharing-BAG laut Zulassungsbeschluss hier dem Umfang der Tätigkeit eines Vertragsarztes mit einem vollen Versorgungsauftrag in der Praxis. Auch der im Beschluss des Zulassungsausschusses in Bezug genommene § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 letzter Halbsatz SGB V regelt, dass nur einer der beiden Partner der Jobsharing-BAG nämlich der Seniorpartner bei der Ermittlung des Versorgungsgrades zu berücksichtigen ist. Die beiden in der klagenden BAG zusammengeschlossenen Ärzte werden also auch in der vertragsärztlichen Bedarfsplanung wie ein Arzt mit voller Zulassung behandelt.
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5. Diesem Ergebnis steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, dass mit der Zulassung im Rahmen des Jobsharings kein reduzierter Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit pro Arzt verbunden sei.
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a) Zutreffend ist allerdings, dass eine im Rahmen des Jobsharings erteilte mit der Festsetzung von Abrechnungsobergrenzen (dazu sogleich RdNr 23) verbundene Zulassung (oder Anstellung) nicht zur Folge hat, dass der betroffene Arzt nur über eine entsprechend begrenzte Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verfügt (BSG Urteil vom 28.8.2013 B 6 KA 36/12 R SozR 42500 § 101 Nr 15 RdNr 24). Mit der Zulassung im Jobsharing (als Partner oder angestellter Arzt) erfolgt eine förmliche Zuerkennung der Teilnahmeberechtigung im Sinne der statusrechtlichen Rechtsprechung des Senats; damit steht fest, dass der zugelassene Arzt zur Teilnahme an der Versorgung berechtigt ist (BSG Urteil vom 13.2.2019 B 6 KA 58/17 R SozR 42500 § 106a Nr 22 RdNr 23). Der Zulassungsstatus des Vertragsarztes begründet eine höchstpersönliche Rechtsposition (vgl BSG Urteil vom 12.12.2018 B 6 KA 50/17 R BSGE 127, 109 = SozR 42500 § 95 Nr 35, RdNr 29 mwN; BSG Beschluss vom 4.5.2022 B 6 KA 27/21 B juris RdNr 11 mwN). Mit ihm ist die Berechtigung und Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung (§ 95 Abs 3 SGB V) sowie die Teilnahme an der Honorarverteilung (vgl § 87b Abs 1 SGB V) notwendig verbunden (vgl BSG Urteil vom 12.12.2018 B 6 KA 50/17 R BSGE 127, 109 = SozR 42500 § 95 Nr 35, RdNr 29; BSG Urteil vom 25.10.2023 B 6 KA 16/22 R juris RdNr 21, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der im Rahmen des Jobsharings zugelassene Partner (wie auch der angestellte Arzt) darf also vertragsärztlich tätig werden, muss aber die Leistungsbeschränkungen nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V (dazu sogleich unter RdNr 23) beachten. Die Zulassung des hinzukommenden Arztes steht und fällt zudem mit der Zulassung des Seniorpartners.
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b) Die im Rahmen des Jobsharings geltenden Leistungsbegrenzungen (vgl § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V, §§ 40 ff BedarfsplanungsRichtlinie) dienen der Flexibilisierung, ohne die Gefahr einer Leistungsausweitung auszulösen (vgl BSG Urteil vom 28.8.2013 B 6 KA 36/12 R SozR 42500 § 101 Nr 15 RdNr 25; BSG Urteil vom 17.3.2021 B 6 KA 32/19 R SozR 42500 § 87b Nr 27 RdNr 32). Die zusätzliche Zulassung eines Jobsharing-Arztes bzw die entsprechende Genehmigung der Anstellung sollte weitgehend kostenneutral gestaltet werden (vgl BSG Urteil vom 28.8.2013 B 6 KA 36/12 R SozR 42500 § 101 Nr 15 RdNr 25 mwN; BSG Urteil vom 17.3.2021 B 6 KA 32/19 R SozR 42500 § 87b Nr 27 RdNr 32). Daher gelten insoweit Besonderheiten, als für die Zulassung in einem Planungsbereich, für den (bezogen auf die jeweilige Arztgruppe) Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, von den Partnern der Jobsharing-BAG die Verpflichtung zu einer Leistungsbegrenzung gefordert wird, den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich zu überschreiten. Außerdem wird eine Fachidentität vorausgesetzt (vgl § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V, § 41 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es sich bei der Jobsharing-Obergrenze um eine von der Teilnahmeberechtigung und damit von der Statusentscheidung zu trennende Regelung handelt (vgl BSG Urteil vom 28.8.2013 B 6 KA 36/12 R SozR 42500 § 101 Nr 15 RdNr 23 ff). Sie begrenzt nicht die Berechtigung des Arztes, gegenüber Versicherten der GKV Leistungen zu erbringen, jedoch beschränkt sie den Umfang der Leistungen, die gegenüber der KÄV abrechnungsfähig sind (BSG Urteil vom 13.2.2019 B 6 KA 58/17 R SozR 42500 § 106a Nr 22 RdNr 22; BSG Urteil vom 28.8.2013 B 6 KA 36/12 R SozR 42500 § 101 Nr 15 RdNr 23). Hieraus folgt, dass der Jobsharing-Arzt auch dann weiterhin zur Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten berechtigt ist, wenn er mit weiteren Behandlungen seine Abrechnungsobergrenze überschreiten würde (vgl BSG Urteil vom 28.8.2013 B 6 KA 36/12 R SozR 42500 § 101 Nr 15 RdNr 24).
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Hieraus kann aber nicht wie die Beklagte meint der Schluss gezogen werden, dass "der Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid" für die Ärzte der Klägerin nicht begrenzt sei. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassenen Ärzte einen Versorgungsauftrag teilen, und damit der Umfang der Tätigkeit iS der GOP 04040 EBMÄ entsprechend begrenzt ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zulassungsbeschluss hier nicht explizit die Formulierung von einem "geteilten Versorgungsauftrag" verwendet. Dass sich die beiden Ärzte der BAG hier einen Versorgungsauftrag teilen, folgt bereits aus den im Zulassungsbeschluss ausdrücklich in Bezug genommenen Regelungen, wonach die Juniorärztin zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Seniorarzt gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm Abschnitt 9 § 40 Bedarfsplanungs-Richtlinie zugelassen worden ist.
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Im Übrigen führt auch bei Vertragsärzten außerhalb des Jobsharings die Begrenzung des Tätigkeitsumfangs auf zB "nur" einen halben Versorgungsauftrag nicht dazu, dass Leistungen darüber hinaus gegenüber Versicherten der GKV nicht mehr erbracht werden dürften. Auch für diese Ärzte gilt kein Leistungserbringungsverbot. Die Leistungen sind grundsätzlich auch abrechenbar, es sei denn, das Honorar wird zB im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung oder aufgrund von Beschränkungen bei der Honorarverteilung (zB Regelleistungsvolumen) reduziert. Im Vergleich dazu unterliegt der Jobsharing-Arzt, was den Umfang der Abrechnungsfähigkeit der Leistungen gegenüber der KÄV betrifft, sogar noch größeren Beschränkungen. Über- und Unterschreitungen der Leistungsobergrenzen sind von den KÄVen nach Ablauf von jeweils vier Quartalen nach § 42 Abs 1 Satz 7 Halbsatz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu saldieren. Die KÄV hat insoweit kein Ermessen, ob eine Saldierung vorgenommen wird (BSG Urteil vom 24.1.2018 B 6 KA 48/16 R SozR 42500 § 101 Nr 20 RdNr 27).
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Durch die Bezugnahme auf den "Umfang der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungsbescheid" in der GOP 04040 stellt der EBMÄ jedenfalls selbst die Verknüpfung zwischen der Abrechenbarkeit bzw Honorierung der Leistungen bzw zur Bedarfsplanung her. Letztlich steht dieses Ergebnis auch im Einklang mit den bei der Einführung der GOP 04040 EBMÄ verfolgten Zielen der Stärkung der Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags im pädiatrischen Bereich, um Praxen mit stark unterdurchschnittlicher bzw hoher Behandlungsfallzahl je Arzt mit einem Ab- bzw Zuschlag anzupassen, um hier größenabhängige Strukturen berücksichtigen zu können.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach trägt die Beklagte die Kosten des von ihr ohne Erfolg geführten Rechtsmittels.