Der beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main verwiesen.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
Gründe
Der Antragsteller macht geltend, dass die Präsidentin des Sozialgerichts Frankfurt am Main bislang noch nicht über sein außergerichtliches Entschädigungsbegehren vom 14. Oktober 2022 entschieden habe. Diese Entscheidung solle im Wege der Untätigkeitsklage nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) herbeigeführt werden.
Für dieses Begehren ist der Sozialrechtsweg nicht eröffnet. Der Rechtsstreit ist daher an das örtlich und sachlich zuständige Gericht der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verweisen.
Bereits das hier vorliegende isolierte Prozesskostenhilfeverfahren kann auf der Grundlage einer entsprechenden Anwendung von § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in die zuständige Gerichtsbarkeit verwiesen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2020 – XII ZB 276/20, juris, Rn. 14; Flint, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 51 (Stand: 30. April 2024) Rn. 424). Schon aus diesem Grunde kann der Senat die Verweisungsentscheidung aussprechen, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob eine Verweisung der entsprechenden Hauptsache bereits vor Rechtshängigkeit möglich wäre. Zudem ist § 94 Satz 2 SGG vorliegend gar nicht anwendbar, da das hiesige Streitverfahren, wie noch auszuführen sein wird, gar nicht unmittelbar eine Entschädigung wegen der unangemessenen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens zum Gegenstand hat und auch nicht entsprechend zu behandeln ist.
Welcher Rechtsweg zulässig ist, ergibt sich aus der Gerichtsverfassung, den speziellen gesetzlichen Bestimmungen und ansonsten aus den jeweiligen Prozessordnungen (hier: § 40 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und § 51 SGG als lex specialis). Bei der Prüfung am Katalog des § 51 Abs. 1 SGG ist die Natur des Rechtsverhältnisses maßgeblich, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (auch zum Folgenden: BSG, Beschluss vom 28. September 2010 - B 1 SF 1/10 R -, juris Rn. 17 ff.). Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 40 VwGO und § 51 Abs. 1 SGG. Dabei kommt es primär darauf an, welche Regelungsbereiche den prozessualen Anspruch unmittelbar erfassen (Thüringer LSG, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - L 1 SV 1411/17 B -, juris Rn. 17 ff.).
Soweit der Kläger einen Sachzusammenhang mit der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Materien sieht, kann dies eine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit vorliegend nicht begründen. Eine Zuständigkeit der Sozialgerichte besteht grundsätzlich nur in Regelungsbereichen, die unmittelbar von § 51 SGG oder durch eine außerhalb des SGG ausdrücklich erfolgte Rechtswegzuweisung erfasst werden. Denn nach der Systematik des § 40 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG bedarf es grundsätzlich einer ausdrücklichen gesetzlichen Zuweisung an die Sozialgerichte. Im Übrigen bleibt es für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art bei der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte.
Der vom Kläger angeführte § 202 Satz 2 SGG i.V.m. § 201 Abs. 1 GVG beinhaltet keine solche ausdrückliche abdrängende Sonderzuweisung im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO, sondern regelt die ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit des Hessischen Landessozialgerichts für Entschädigungsklagen wegen überlanger Dauer von gerichtlichen Verfahren in der hessischen Sozialgerichtsbarkeit. Vorliegend geht es aber nicht um die überlange Dauer eines gerichtlichen Verfahrens, sondern um die – aus Sicht des Klägers – überlange Dauer eines Verwaltungsverfahrens, in dem das Sozialgericht Frankfurt am Main als zuständige Behörde in einer Entschädigungsangelegenheit tätig werden soll.
Zwar ist das Ausgangsverfahren, dessen Überlänge im Verwaltungsverfahren gerügt wird, vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main anhängig (Az.: S 24 AS 1155/18). Damit wäre für ein etwaiges Entschädigungsklageverfahren das Hessische Landessozialgericht und hier der 6. Senat zuständig. Es geht dem Kläger vorliegend aber, wie erwähnt, nicht um die Überlänge eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main, sondern um die Länge des Verwaltungsverfahrens vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Zudem hat der Streit nicht die Entschädigung für dessen Dauer zum Gegenstand, vielmehr will der Kläger die Bescheidung seines Antrags im Wege des Primärrechtsschutzes durchsetzen, wobei im Rahmen der hiesigen Entscheidung über die Zuständigkeit offenbleiben kann, ob ein derartiger Bescheidungsanspruch besteht.
Es liegt auch kein Fall vor, in dem die Zuweisung zwar nicht unmittelbar ausgesprochen ist, sich der dahinterstehende Wille des Gesetzes jedoch aus dem Gesamtgehalt der Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend ergibt (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 1. April 2009 - B 14 SF 1/08 R -, juris Rn. 14 ff.).
Das Verwaltungsverfahren, für das die Präsidentin des Sozialgerichts Frankfurt am Main zuständig ist, betrifft nicht sozialrechtliche Ansprüche, sondern den Anspruch auf zeitnahe gerichtliche Rechtsgewährung, und das Begehren, dass dieses Verwaltungsverfahren zügig betrieben wird, stützt sich wiederum nicht auf eine sozialrechtliche Rechtsgrundlage, sondern letztlich auf das Rechtsstaatprinzip. Damit lässt sich auch aus dem Gesamtgehalt der Regelungen und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit nicht begründen. Denn weder ist ein behördliches Verfahren vor dem Sozialgericht Klagevoraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 198 GVG noch sind irgendwelche spezifischen sozialrechtlichen Erwägungen dafür maßgebend, wie schnell das Sozialgericht über den Entschädigungsanspruch zu entscheiden hat.
Das Verwaltungsverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main wird daher weder von der Sonderzuweisung des § 202 Satz 2 SGG i. V. m. § 201 Abs. 1 GVG unmittelbar erfasst noch ist eine Sachnähe zu sozialrechtlichen Streitigkeiten im Sinne des § 51 SGG gegeben. Die im Sozialgerichtsgesetz speziell geregelte Untätigkeitsklage des § 88 SGG, die der Kläger für sein Begehren anführt, bezieht sich aber allein auf Verwaltungsakte von Sozialbehörden, die in einer Angelegenheit im Sinne des § 51 SGG zu ergehen haben.
Der Senat hat daher die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten auszusprechen und zugleich den Rechtsstreit an die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verweisen. Sachlich und örtlich zuständig ist im konkreten Fall das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main: Da es sich nicht um eine Entschädigungs-, sondern um eine „reguläre“ Untätigkeitsklage handelt, besteht keine erstinstanzliche Zuständigkeit des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs aus § 173 Satz 2 VwGO, sondern es bleibt bei der allgemeinen Regelung über die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte im ersten Rechtszug (§ 45 VwGO). Örtlich zuständig ist das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, wobei sich die Zuständigkeit ohne Unterschied im Ergebnis entweder aus § 52 Nr. 3 Satz 5 i.V.m. Satz 1 VwGO oder aus § 52 Nr. 5 VwGO ergibt (vgl. zur Problematik Schenk, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 52 (Stand: März 2023) Rn. 29 und Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 52 Rn. 29).
Eine Kostenentscheidung hat nicht zu ergehen (vgl. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde anfechtbar (§ 17a Abs. 4 Satz 3 und 4 GVG). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundessozialgericht liegen vor, da die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage zur (Un)Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzliche Bedeutung hat und – soweit ersichtlich – vom Bundessozialgericht noch nicht entschieden wurde.