L 19 AS 1071/22

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AS 642/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 10171/22
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AS 101/24 BH
Datum
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 03.05.2022 wird als unzulässig verworfen.

 

Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Höhe von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2016 bis 31.10.2017.

 

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist Eigentümer einer Eigentumswohnung und begehrt vom Beklagten die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen i.H.v. 375,00 € monatlich bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft und Heizung.

 

Mit Bescheid vom 29.06.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.05.2016 bis 31.10.2016 i.H.v. monatlich 633,44 €.

 

Mit weiterem Bescheid vom 27.10.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.11.2016 bis 31.10.2017 i.H.v. 636,70 € monatlich.

 

Am 23.12.2016 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid und änderte die Leistungsbewilligung für die Zeit ab dem 01.01.2017 aufgrund der Anpassung der Regelbedarfssätze ab und bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2017 bis 31.10.2017 Grundsicherungsleistungen i.H.v. monatlich 641,82 €.

 

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und stellte hilfsweise einen Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X hinsichtlich sämtlicher ergangener Bescheide.

 

Mit Bescheid vom 23.02.2017 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2017 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 23.12.2016 zurück. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

 

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 27.03.2017 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den die Überprüfung der vorangegangenen Bescheide ablehnenden Bescheid zurück. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

 

Am 23.04.2017 hat der Kläger Klage erhoben und sein Begehren auf Berücksichtigung der Tilgungsleistungen i.H.v. 375,00 € für die Zeit vom 01.05.2016 bis 31.10.2017 weiterverfolgt.

 

Mit Bescheid vom 16.12.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger weitere Grundsicherungsleistungen für die Monate Mai, August und November 2016 sowie Mai und August 2017 i.H.v. insgesamt 99,18 €.

 

Mit Gerichtsbescheid vom 03.05.2022 hat das Sozialgericht Detmold die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

 

Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 25.05.2022 zugestellt.

 

Am 24.06.2022 hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und hilfsweise „gegen den Beschluss vom 03.05.2022 Berufung“ eingelegt.

Er sei seit dem 30.08.2021 aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert gewesen seine Post zu öffnen und sein Betreuer habe bis Mitte Dezember 2021 keinen Zugang zu seinem Briefkasten gehabt. Sein Betreuer habe am 03.05.2022 per Telefax Wiederherstellung des Standes zum 30.08.2021 beantragt. Dieses Schreiben sei ignoriert und seine Klage abgewiesen worden.

 

Mit Schreiben vom 28.06.2023 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass die hilfsweise eingelegte Berufung unzulässig ist.

 

Am 31.08.2023 hat der Kläger den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zurückgezogen und Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 03.05.2022 eingelegt.

 

Der Kläger beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 03.05.2022 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2017 in der Fassung der Bescheide vom 30.08.2017, 20.09.2017 und 27.09.2017 und unter Aufhebung des Bescheides vom 23.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2017 jeweils in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.12.2021 zu verurteilen, ihm unter Abänderung der Bescheide vom 29.06.2016 und 27.10.2016 für die Zeit vom 01.05.2016 bis zum 31.12.2016 und für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.10.2017 höhere Unterkunftskosten unter Einbeziehung von Tilgungsleistungen in Höhe von 375,00 Euro monatlich für die von ihm bewohnte Eigentumswohnung zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Mit Schreiben vom 07.09.2023 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass die nunmehr eingelegte Berufung ebenfalls unzulässig ist, da sie nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist erhoben wurde.

 

Der Senat hat mit Beschluss vom 28.12.2023 die Berufung auf die Berichterstatterin übertragen, die zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat konnte in der Sache in der Besetzung mit der Berichterstatterin als Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden, weil die Voraussetzungen gemäß § 153 Abs. 5 SGG vorliegen und der Senat die Berufung mit Beschluss vom 28.12.2023 auf die Berichterstatterin, die zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, übertragen wurde.

 

Die Berufung des Klägers ist nicht fristgerecht erhoben und daher als unzulässig zu verwerfen.

 

Nach § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ein Gerichtsbescheid wirkt als Urteil (§ 105 Abs. 3 S. 1 SGG).

 

Der Gerichtsbescheid vom 03.05.2022 ist dem Kläger am Mittwoch, den 25.05.2022 zugestellt worden. Die Berufung hiergegen ist am 30.08.2023 beim Landessozialgericht eingegangen und damit nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist.

 

Die Berufungsfrist als gesetzliche Verfahrensfrist nach § 151 Abs. 1 SGG begann nach § 64 Abs. 1 SGG am Donnerstag, den 26.05.2022 (dem Tag nach der Zustellung). Die Frist endete nach § 64 Abs. 3 SGG mit Ablauf des nächsten Werktages, Montag, den 27.06.2022, da das Ende der Frist am 25.06.2022 auf einen Sonnabend entfiel.

 

Dem Kläger ist auch keine Widereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs. 1 SGG zu gewähren.

 

Nach § 67 Abs. 1 SGG ist jemanden auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn derjenige ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 S. 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 S. 2 SGG) und die versäumte Rechtshandlung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (§ 67 Abs. 2 S. 3 SGG). Ein Verschulden liegt nicht vor, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt gewahrt hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist. Die Versäumnis der Frist muss bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen sein. Grundsätzlich darf der Beteiligte die Frist bis zu deren Ende ausschöpfen, kurz vor Fristablauf erhöht sich aber die Sorgfaltspflicht (BSG, Beschluss vom 15.03.2018 – B 10 ÜG 30/17 C m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 67 Rn. 3a, 9n m.w.N.).

 

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der dem Kläger am 25.05.2022 zugestellte Gerichtsbescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung dahingehend, dass Berufung innerhalb eines Monats ab Zustellung des Gerichtsbescheides eingelegt werden kann. Dennoch hat der Kläger innerhalb der Berufungsfrist am 24.06.2022 ausdrücklich Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und begehrt, den Stand des Verfahrens am 30.08.2021 wiederherzustellen. Lediglich hilfsweise hat er Berufung eingelegt. Die hilfsweise eingelegte Berufung war unzulässig, da die Einlegung der Berufung als Prozesshandlung eindeutig klar und vorbehaltlos sein muss. Prozesshandlungen, die sich unmittelbar auf die Einleitung oder Beendigung des Verfahrens beziehen (z.B. Klageerhebung, Einlegung eines Rechtsmittels), können grundsätzlich nicht unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, Vor § 60 Rn. 11). Aufgrund der eindeutigen Rechtsmittelbelehrung war bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden erkennbar, dass ausschließlich das Rechtsmittel der Berufung gegen den Gerichtsbescheid gegeben ist.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.

 

 

Rechtskraft
Aus
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