Der Rentenberater Dieter X. wird als Bevollmächtigter des Klägers im Verfahren L 10 KR 540/24 zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Zahlung höheren Krankengeldes in den Zeiträumen vom 21.03.2011 bis 19.10.2011 sowie vom 24.10.2011 bis 03.07.2012 unter Berücksichtigung eines durch ihn angegebenen (weiteren) Verdienstes i.H.v. 2.800 € brutto monatlich aus einem streitigen Beschäftigungsverhältnis mit der Firma P..
Nach Klärung des Bestehens eines Krankenversicherungsverhältnisses bei der Beklagten für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.09.2014 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 23.05.2019 die Zahlung von Krankengeld für die Zeiträume vom 21.03.2011 bis 19.10.2011 sowie vom 24.10.2011 bis 04.07.2012. Hierbei gab er an, vom 04.05.2019 bis 30.09.2014 bei der Firma S. sowie zeitweise parallel vom 01.11.2009 bis 30.07.2014 bei der Firma P. beschäftigt gewesen zu sein. Mit Bescheid vom 15.12.2020 bewilligte Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 21.03.2011 bis 19.10.2011 sowie 24.10.2011 bis 03.07.2012 Krankengeld i.H.v. 36,36 € brutto kalendertäglich (entspricht 31,72 € netto) sowie Beitragsanteile zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung und legte hierbei lediglich das Entgelt aus einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Firma S. zugrunde. Die Gewährung von Krankengeld für die Zeit ab dem 04.07.2012 lehnte sie ab, da ein etwaiger Anspruch gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V wegen eines Anspruchs des Klägers auf Übergangsgeld zu Lasten des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers ruhe. Den hiergegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch, dass Einkommen aus seiner Beschäftigung Firma P. bei der Berechnung der Höhe des Krankengeldes zu berücksichtigen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2022 zurück. Das nachfolgende erstinstanzliche Klageverfahren blieb erfolglos. Gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21.06.2024 richtet sich die Berufung des Klägers. Im Berufungsverfahren lässt sich die Klägerin wie bereits erstinstanzlich durch den Rentenberater Dieter X. vertreten.
Der Berichterstatter hat den Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 02.10.2024 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, ihn als Prozessbevollmächtigten zurückzuweisen. Ihm ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat an seiner Auffassung festgehalten, es liege ein Fall der so genannten Annexkompetenz vor, weil er den Kläger aufgrund seiner geringen Rentenhöhe berate. Die Höhe des im streitigen Zeitraum gewährten Krankengeldes habe erheblichen Einfluss auf die etwaige Rentenhöhe. Nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens könne die Rentenhöhe konkret ermittelt werden.
II.
Der Senat weist Rentenberater X. als Bevollmächtigten des Klägers gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 SGG in diesem Verfahren zurück, da er nicht nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 SGG vertretungsbefugt ist.
§ 73 Abs. 2 SGG führt den Kreis der vertretungsberechtigten Personen vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht abschließend auf (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 73 Rn. 6). Danach können sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur diejenigen, die in § 73 Abs. 2 Satz 2 im Einzelnen aufgeführt sind.
Nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGG sind Rentenberater zur Vertretung im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) befugt. § 10 Abs.1 Nr. 2 RDG regelt die Befugnis der Rentenberater dahingehend, dass natürliche Personen, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen im Bereich der Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung erbringen dürfen. Voraussetzung ist dabei, dass ein konkreter Zusammenhang mit Rentenfragen besteht. Ausgangs- und Endpunkt der Rentenberatung ist die Rente (BT-Drs. 16/3655 S. 64). Nach § 1 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) werden Inhaber einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Absatz 1 S. 2 Nr. 1, 5 oder Nr. 6 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) unter Angabe des Umfangs ihrer Erlaubnis als registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RDG registriert. Erlaubnisinhaber, deren Erlaubnis sich auf andere Bereiche erstreckt oder deren Befugnis über die in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Befugnisse hinausgehen, werden zusätzlich zu ihrer Registrierung nach Satz 1 dieser Vorschrift als Rechtsbeistände oder Erlaubnisinhaber registriert (registrierte Erlaubnisinhaber).
Rentenberater X. ist im Rechtsdienstleistungsregister durch das Oberlandesgericht Hamm als Registrierungsbehörde für den Bereich „Rentenberatung“ als „registrierte Person“ eingetragen (vgl. www.rechtsdienstleistungsregister.de) im Bereich „Rentenberatung“. Eine darüber hinaus gehende Erlaubnis wird vom Rentenberater, der zum Nachweis seiner Erlaubnis allein auf die Eintragungen im Rechtsdienstleistungsregister verweist, nicht behauptet und ist für den Senat auch nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Rentenberater nach eigenen Angaben keine Befugnisse aus einer „Alterlaubnis“ nach dem RBerG, aus der sich weitergehende Befugnisse ergeben könnten, geltend gemacht. Nachvollziehbarerweise geht Rentenberater X. dem entsprechend auch nicht davon aus, dass eine Erlaubnis zur Vertretung allgemein auf dem Gebiet des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung besteht.
Die Befugnis zur gerichtlichen Vertretung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Höhe des Krankengeldes (allgemein) Auswirkung auf die Höhe der (späteren) Rente der Klägerin haben könnte. Allein dieser rechtliche Reflex stellt nicht den gesetzlich ausdrücklich bestimmten konkreten Bezug (vgl. BT-Drs. 16/3655 S. 64; BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 3/13 R –, Rn. 13) zu einer gesetzlichen Rente dar, der im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 RDG zur Erbringung von Rechtdienstleistungen auf dem Gebiet des Krankenversicherungsrechts als Bestandteil des (übrigen) Sozialversicherungsrechts berechtigte.
Der Senat hält eine enge Auslegung der maßgeblichen Regelungen dahingehend für geboten, dass eine fachübergreifende Erstreckung der Erlaubnis des Rentenberaters auf ein Rechtsgebiet außerhalb der Rentenberatung, soweit diese nicht für eine ordnungsgemäße Geschäftsbesorgung auf dem Gebiet der Rentenversicherung unverzichtbar ist, allgemein ausscheidet (vgl. auch BSG a.a.O. Rn. 14). Eine Auslegung im Sinne der Argumentation des Rentenberaters X. käme einer umfassenden Ausweitung der Vertretungsbefugnisse eines Rentenberaters gleich, die mit dem Regelungssystem des RDG (und zuvor des RBerG) nicht vereinbar wäre (vgl. zu diesem Aspekt LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.02.2016 – L 8 AL 4856/14 –, juris, Rn. 20, bezogen auf im dortigen Verfahren ggf. zu erlangende rentenrechtliche Zeiten).
Die Berechtigung des Rentenberaters zur gerichtlichen Vertretung ergibt sich daher auch nicht aus einer so genannten Annexkompetenz. Eine solche Befugnis ist dann anzunehmen, wenn die fragliche Tätigkeit mit der eigentlichen Tätigkeit der Rentenberatung in einem so engen Zusammenhang steht, dass ohne die umstrittene Tätigkeit die erlaubte Tätigkeit unmöglich gemacht oder unangemessen erschwert wäre und es sich zudem um eine Hilfs- oder Nebentätigkeit im Vergleich zur eigentlichen Hauptaufgabe handelt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 06.03.1997 – 7 RAr 20/96 – , juris, Rn.27; Urteil vom 21.03.2002 − B 7 AL 64/01 R – , juris, Rn.31 f.).
Ein Anhaltspunkt für einen derart engen Zusammenhang ist vorliegend nicht ersichtlich und lediglich behauptet worden. Eine Annexkompetenz kann von vornherein nur so weit tragen, wie sie zur Erfüllung der eigentlichen Berufsaufgaben erforderlich (zumindest jedoch konkret dienlich) ist. Eine auf den Bezug von Krankenversicherungsleistungen gerichtete Tätigkeit sprengt den Rahmen eines notwendigen Hilfsgeschäfts für eine Rentenberatertätigkeit und stellt sich hinsichtlich der Höhe des Krankengeldanspruchs als Haupttätigkeit dar, die nicht mit den Annexkompetenzen eines Rentenberaters zu vereinbaren ist. Die Tätigkeit der Rentenberatung besteht in der Beratung und Unterstützung der Versicherten bei Erlangung von Leistungen der Rentenversicherung und der Altersvorsorge. Demgegenüber würde die begehrte Erstreckung dieser Tätigkeit auf Krankengeldangelegenheiten die Zuständigkeit des Rechtsberaters entgegen dem Regelungszusammenhang des RBerG bzw. des RDG bis ins Uferlose ausdehnen.
Eine Vertretungsbefugnis des Rentenberaters ergibt sich schließlich ersichtlich auch nicht aus § 5 Abs. 1 RDG, wonach Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt sind, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Bei der Bestimmung, ob eine Nebenleistung vorliegt, kommt es darauf an, ob die Rechtsdienstleistung isoliert als gesonderte Dienstleistung angeboten wird. Entscheidend ist dabei nach dem gesetzgeberischen Willen, ob die Rechtsdienstleistung innerhalb der Gesamtleistung ein solches Gewicht hat, dass für sie die volle Kompetenz eines Rechtsanwalts oder die besondere Sachkunde einer registrierten Person erforderlich ist (BT-Drs. 16/3655, S. 52). Nach diesen Grundsätzen ist die Vertretung in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren zwingend nicht als Nebenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 RDG zu werten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).