Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg (SG) vom 10.06.2024 wird zurückgewiesen.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin E. aus T. beigeordnet.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des SG, das seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zwecks Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) – abgelehnt hat.
Der 00.00.0000 geborene Antragsteller bezieht gemeinsam mit seiner am 00.00.0000 geborenen Ehefrau Z. und den minderjährigen Kindern Q. (geboren am 00.00.0000), O. (geboren am 00.00.0000) und B. (geboren am 00.00.0000) laufend Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner. Die Kinder beziehen Kindergeld i.H.v. je 250 €. Für die von ihnen bewohnte Wohnung in der V.-straße. N01 in T. sind ab Januar 2024 486,19 € Kaltmiete, 293 € Betriebskosten- und 202 € Heizkostenvorauszahlungen zu zahlen. Warmwasser wird dezentral erhitzt.
Der Antragsteller ging bis November 2022 einer Erwerbstätigkeit nach. Im Anschluss teilte er dem Antragsgegner mit, dass er die S.-GmbH gegründet habe, aber zunächst kein Einkommen daraus erzielen werde, bis die wirtschaftliche Situation der GmbH dies erlaube. Das Gewerbe (KFZ Handel, KFZ Aufbereitung KFZ-Teilehandel) wurde zum 28.09.2022 angemeldet. Mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 28.09.2022 wurde der Antragsteller zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Ausweislich § 8 des Vertrages erhält der Geschäftsführer eine Vergütung i.H.v. 12.000 € brutto pro Jahr sowie jährliche Tantieme, wobei er für die ersten vier Jahre seiner Tätigkeit vollständig auf beides verzichtet. Der Antragsteller übernahm die Zahlung des Stammkapitals, welches ausweislich des Handelsregisterauszugs vom 15.11.2024 insgesamt 25.000 € beträgt.
Der Antragsgegner berücksichtigte in dem folgenden Jahr bei seiner Leistungsbewilligung an den Antragsteller und seine Familie kein Einkommen. Am 08.11.2023 beantragte der Antragsteller eine Weiterbewilligung von Leistungen ab dem 01.12.2023. Er gab in der vorläufigen EKS vom 27.11.2023 an, Betriebseinnahmen im Zeitraum Dezember 2023 bis Mai 2024 i.H.v. 44.030 € und Betriebsausgaben i.H.v. 35.390 €, mithin einen Gewinn i.H.v. 8.640 € zu erwarten.
Mit Bescheid vom 04.12.2023 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.01.2024 bewilligte der Antragsgegner vorläufig Leistungen nach dem SGB II an die Bedarfsgemeinschaft von Dezember 2023 bis Mai 2024, zuletzt i.H.v. 605,52 € monatlich ab Februar 2024. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner ein durchschnittliches Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. monatlich je 2.406,67 € (abzüglich 378 € Freibeträge).
Der Antragsteller erhob am 07.12.2023 Widerspruch. Das bei ihm angerechnete Einkommen sei nicht gegeben. An dem bisherigen Anstellungsvertrag habe sich nichts geändert. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2024 als unbegründet zurück. Er habe die von dem Antragsteller in seiner EKS gemachten Ausgaben vollständig übernommen, mit Ausnahme der Telefonkosten i.H.v. 60 € monatlich (anerkannt habe er lediglich 30 €), den Buchführungskosten i.H.v. 70 € und den Beratungskosten i.H.v. 1.570 €, weil es dafür an Nachweisen fehle.
Am 29.02.2024 schloss der Antragsteller mit der GmbH einen „Arbeitgeberdarlehensvertrag“, ausweislich dessen die GmbH dem Antragsteller ein Darlehen über zunächst insgesamt 2.000 € gewähre und das Darlehen bis zur Gesamtsumme von 10.000 € um monatlich jeweils 2.000 € erweitert werden könne. Der Kontostand des Geschäftsführungskontos bei der Sparkasse belief sich am 30.11.2023 auf 11.284,83 € und am 18.03.2024 auf 6.146,21 €.
Der Antragsteller hat am 12.03.2024 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG gestellt.
Er trägt zur Begründung vor, dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in gesetzlich Höhe bestehe. Er erziele kein Einkommen und er werde auch in dem Bewilligungszeitraum kein Einkommen erzielen. Die Betriebseinnahmen der GmbH seien ihm nicht als Einkommen anzurechnen, denn die GmbH sei eine eigene Rechtsperson. Der Verzicht auf das Geschäftsführergehalt erfolgte, weil das Unternehmen nicht über genügend Gewinn verfüge. Das Stammkapital sei zu berücksichtigen. Das Unternehmen müsse zunächst ausreichende Gewinne generieren, bevor Entnahmen bzw. Zahlungen zugunsten des Antragstellers erfolgen könnten. Aktuell sei dies nicht der Fall. Er bemühe sich, künftig ein Leben führen zu können, in welchem er nicht auf staatliche Leistungen angewiesen sei. Diese Möglichkeit würde ihm jedoch, folge man der Argumentation der Gegenseite, verwehrt. Das Unternehmen müsste demzufolge sehr bald den Betrieb aufgeben. Durch den Vollzug das Darlehensvertrages werde die Existenz der GmbH bereits erheblich gefährdet. Bei einem weiteren Verlauf sei die Insolvenz des Unternehmens und die Privatinsolvenz des Antragstellers wohl unvermeidbar. Es erfolge eine Verschuldung und die Darlehensgewährung sei lediglich eine vorläufige Vermögensverschiebung.
Sein Bruder, Herr H., habe die Familie mit einem Darlehen i.H.v. 1.500 € unterstützt. Bei den Bargeldeinzahlungen auf seinen Kontoauszügen handele es sich um Abbuchungen von seiner Kreditkarte, um Rücklastschriften bei der Postbank zu verhindern.
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab Antragstellung zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Durch den Verzicht auf das Geschäftsführergehalt werde vorsätzlich oder grob fahrlässig die Hilfebedürftigkeit herbeigeführt. Der wirtschaftliche Erfolg der GmbH werde durch den SGB II-Leistungsträger subventioniert. Eine derartige Vereinbarung sei sittenwidrig. Der in der EKS ausgewiesene Gewinn i.H.v. 8.640 € sei ihm als Einkommen anzurechnen. Das Trennungsprinzip beanspruche im SGB-II keine Geltung, weil der Antragsteller die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über die zugeflossenen Mittel habe. Als alleiniger Gesellschafter könne er einen Gewinnausschüttungsbeschluss alleine fassen. Der Antragsteller habe im Rahmen einer Vorsprache erklärt, den Gewinn aus seiner Firma zur Auffüllung des noch offenen Stammkapitals zu nutzen.
Mit Beschluss vom 10.06.2024 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn mit dem Arbeitgeberdarlehen habe der Antragsteller seine Mittellosigkeit selbst beseitigt. Der in der Anlage EKS i.H.v. 8.640 € ausgewiesene Gewinn der GmbH sei dem Antragsteller auch ohne Gesellschafterbeschlüsse über die Ausschüttung von Gewinnen als Einnahmen zuzuordnen. Denn der Antragsteller sei in seiner Stellung als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer mit einer alleinigen Beteiligung am Gesellschaftskapital als selbstständig Tätiger anzusehen. Denn auch wenn das Trennungsprinzip grundsätzlich auch im Bereich des SGB II zu beachten sei, sei den Besonderheiten des Rechts der Grundsicherung Rechnung zu tragen. Eine wirtschaftliche Zuordnung des Gewinns der juristischen Person zu einer natürlichen Person sei möglich, wenn die natürliche Person uneingeschränkt über die der juristischen Person zugeflossenen Mittel verfügen könne. Dies sei hier der Fall. Der Antragsteller sei Alleingesellschafter. Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 29.02.2024 habe sich der Antragsteller als alleiniger Gesellschafter ein Darlehen als Geschäftsführer gewährt, könne also als Alleingesellschafter durch Darlehensgewährung seine Hilfebedürftigkeit abwenden. Es sei auch fraglich, inwieweit von einer Umgehungskonstruktion auszugehen sei, wenn verfügbare Mittel als Stammeinlage in die Gründung einer GmbH eingebracht würden mit dem Ergebnis, dass diese aufgrund des § 13 Abs. 1 GmbHG nicht mehr als bereite Mittel i.S.d. SGB II anzusehen wären und gleichzeitig per Gesellschaftsvertrag auf eine Gewinnausschüttung verzichtet werde. Denn finanzielle Mittel seien aufgrund des Nachranggrundsatzes vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen. Dies folge aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht habe. Rechtsgeschäfte, die darauf abzielen, dass jemand trotz eigener Erwerbsquellen oder Unterhaltsmöglichkeiten zu Ansprüchen auf Sozialhilfe gelangt, seien in der Regel sittenwidrig. Da der Antragsteller aufgrund seiner Stellung als Alleingesellschafter und Geschäftsführer in der Lage sei, die Hilfebedürftigkeit ohne Zutun von außen abzuwenden, bestehe kein Anordnungsgrund.
Gegen den am 11.06.2024 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 04.07.2024 unter Beantragung von Prozesskostenhilfe Beschwerde eingelegt und auf Nachfrage klargestellt, dass dies unbedingt erfolgen soll.
Zur Begründung seiner Beschwerde trägt er vor, der Beschluss sei fehlerhaft. Die Auszahlung des Darlehens habe den Anordnungsgrund nicht beseitigt. Der Antragsteller lebe unter dem Existenzminimum. Der Auszahlung des Darlehens habe § 30 GmbHG entgegengestanden. Der Antragsteller habe, mangels eigener finanzieller Mittel, jedoch keine anderweitige Möglichkeit, das Ausbleiben der Leistungen aufzufangen. Eine fehlende Eilbedürftigkeit könne nicht mit einem erzwungenen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften begründet werden. Eine Anrechnung von Einkommen dürfe insoweit nicht erfolgen. Die Vorschrift diene der Erhaltung des Stammkapitals zugunsten der Gläubiger der GmbH (unter Verweis auf LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 23.05.2023 – L 2 AS 128/23 B ER – juris). Es sei beabsichtigt gewesen das Stammkapital vollständig einzuzahlen; aufgrund der Kürzung der Leistungen seitens des Antragsgegners sei es jedoch nicht dazu gekommen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss vom 10.06.2024 aufzuheben und ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab Antragstellung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Bewilligungsbescheid vom 05.06.2024 hat der Antragsgegner dem Antragsteller und seiner Familie Leistungen nach dem SGB II von Juni bis November 2024 vorläufig i.H.v. 2.144,33 € monatlich bewilligt und dabei ein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. 800 € (abzüglich 368 € Freibetrag) bedarfsmindernd berücksichtigt.
Der Antragsteller hat den Jahresabschluss der GmbH vom 31.12.2023 vorgelegt, ausweislich dessen ein Jahresfehlbetrag i.H.v. 498,43 € vorlag und eine Einlage des Stammkapitals i.H.v. 7.500 € noch ausstand.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Antragsteller des Eil- und Beschwerdeverfahrens war von Beginn an lediglich der im Rubrum genannte Antragsteller, nicht auch dessen Ehefrau und die drei Kinder. Gegenstand des Verfahrens ist damit lediglich die Gewährung der Individualleistungen nach dem SGB II, soweit sie den Antragsteller betreffen. Soweit der Antragsteller auch Leistungen seiner Ehefrau und seiner Kinder geltend machen möchte, ist der Eilantrag unzulässig, da der Antragsteller diesbezüglich nicht antragsbefugt ist, § 54 Abs. 1 S. 2 SGG analog. Die individuellen Leistungsansprüche nach dem SGB II sind eigene Rechte der Ehefrau und der Kinder. Deshalb muss jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft eine Verletzung seiner eigenen Leistungsrechte auch im eigenen Namen gerichtlich geltend machen (stRspr. vgl. zur Notwendigkeit einer eigenen Beteiligtenstellung jedes Bedarfsgemeinschaftsmitgliedes etwa: BSG Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R – juris Rn. 11; vgl. auch: BSG Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 54/08 R – juris Rn. 22; LSG NRW Beschluss vom 19.02.2018 – L 19 AS 2278/17 B – juris Rn. 5). Dass die Ehefrau und die Kinder des Antragstellers nicht Verfahrensbeteiligter geworden sind, ergibt sich eindeutig aus der Antragsschrift, die nur im eigenen Namen des Antragstellers formuliert ist. Gleiches gilt im Übrigen für den Beschwerdeschriftsatz. Bei Anträgen, die ein Rechtsanwalt gestellt hat, ist in der Regel davon auszugehen, dass dieser das Gewollte richtig wiedergibt (vgl. BSG Beschluss vom 12.12.2019 – B 10 EG 3/19 B – juris Rn. 9). Die von dem Bundessozialgericht bis zum 30.06.2007 bestimmte Übergangsfrist (BSG vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R – juris), wonach Klageanträge wegen der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten und daraus resultierenden Zweifel in Erweiterung der üblichen Auslegungskriterien danach zu beurteilen waren, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen die Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten, ist lange abgelaufen, so dass die Bevollmächtigte des Antragsteller, wenn sie denn Leistungen für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft begehrt hätte, einen entsprechenden Antrag hätte stellen müssen.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung <ZPO>). Die Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs dürfen, gemessen an der drohenden Rechtsverletzung, nicht überspannt werden (vgl. Bundesverfassungsgericht <BVerfG> Beschluss vom 08.07.2020 – 1 BvR 932/20 – juris Rn. 10). Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeit zu verhindern (vgl. BVerfGE 126, 1 <27 f.>). Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen. Indessen dürfen sich die Gerichte, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, nur dann an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren, wenn sie die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen können. Eine solche abschließende Prüfung kommt allerdings nur in Betracht, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren möglich ist. Andernfalls ist eine Folgenabwägung durchzuführen (vgl. BVerfG Beschluss vom 08.07.2020, a.a.O., juris Rn. 11 m.w.N.).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsanspruch auf die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller erfüllt die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II. Der 1986 geborene Antragsteller hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1) sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in T. und damit in der Bundesrepublik (Nr. 4). Es gibt keine Anhaltspunkte, die gegen seine Erwerbsfähigkeit i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II sprechen.
Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung hält der Senat es nicht für überwiegend wahrscheinlich im Sinne der Glaubhaftmachung, dass der Antragsteller gegenwärtig hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 SGB II ist. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen ist. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller seinen Bedarf durch eigenes Einkommen sicherstellen kann.
Der Bedarf des Antragstellers ist in Höhe des Regelbedarfs, der Mehrbedarfe und den anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen. Die Höhe des für den Antragsteller anzusetzenden Regelbedarfs als erwachsene, mit seiner Ehefrau in Bedarfsgemeinschaft lebende Person ist nach § 20 Abs. 4 SGB II i.d.F. vom 22.12.2016 i.V.m. § 28a Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) i.d.F. vom 16.12.2022 i.V.m. § 2 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2024 i.d.F. vom 24.10.2023 für das Jahr 2024 mit 506 € zu berücksichtigen. Der Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasseraufbereitung nach § 21 Abs. 7 Nr. 1 SGB II beträgt 11,64 €. Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II fallen an i.H.v. 486,19 € Kaltmiete, 293 € Betriebskosten- und 202 € Heizkostenvorauszahlungen. Ausgehend vom Kopfteilprinzip (vgl. BSG Urteil vom 14.02.2018 – B 14 AS 17/17 R – juris Rn. 13 ff.) entfallen 196,24 € auf den Antragsteller. Damit errechnet sich im hier streitigen Zeitraum ab März 2024 ein Gesamtbedarf i.H.v. 713,88 €.
Ausgehend von der vorgenommenen Bewilligung des Antragsgegners i.H.v. je 149,01 € von März bis Mai 2024 bzw. je 568,69 € von Juni bis November 2024 verbleibt eine Bedarfslücke i.H.v. zunächst 419,68 € bzw. sodann 145,18 €.
Diesen verbleibenden Hilfebedarf konnte der Antragsteller durch eigenes Einkommen nach § 9 Abs. 1, § 11 SGB II decken. Zwar sind die Betriebseinnahmen der GmbH dem Antragsteller aktuell nicht wirtschaftlich zuzurechnen. Dem steht aktuell entgegen, dass der Antragsteller nicht die erforderliche Verfügungsbefugnis innehat, weil bei Ausschüttung des Gewinns das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft (vgl. § 30 Abs. 1 GmbHG) unterschritten wird (vgl. zu dieser Konstellation: LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 23.05.2023 – L 2 AS 128/23 B ER – juris). Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass die GmbH in ihrer Jahresbilanz 2023 einen Jahresfehlbetrag ausgewiesen hat, mithin in dem Geschäftsjahr mehr Aufwendungen als Erträge angefallen sind. Die GmbH ist bereits unterbilanziert. Das Stammkapital steht i.H.v. 7.500 € aus. Eine Auszahlung des Gewinns ist damit gesetzlich verboten (vgl. Habersack in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Auflage 2020, § 30 Rn. 25).
Nicht davon berührt wird aber die Möglichkeit des Antragstellers, sich ein Geschäftsführergehalt auszuzahlen. Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber den Gesellschaftern aus individualvertraglich begründeten Schuldverhältnissen sind bei der Unterbilanzierung zu passivieren (vgl. Herresthal in Beck-online.Großkommentar, <Stand: 15.06.2024> § 30 GmbHG Rn. 165) und unterliegen deshalb auch nicht dem Ausschüttungsverbot nach § 30 GmbHG. Der Antragsteller hat als Geschäftsführer der GmbH mit der GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er ist, einen Vertrag geschlossen, in welcher er auf die Auszahlung seines Geschäftsführergehalts verzichtet. Statt mit dem Gewinn seiner GmbH seinen Lebensunterhalt sicherzustellen nutzt er diesen, um das Vermögen eines Dritten (seiner GmbH) durch Einzahlung des Stammkapitals zu mehren. Das SG ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass diese Vereinbarung sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Der von dem Antragsteller vereinbarte Gehaltsverzicht dient alleine dem Zweck, einen erhöhten Anspruch des Antragstellers auf Leistungen nach dem SGB II zu begründen und das Vermögen der GmbH zu mehren. Denn dieser Vertrag läuft objektiv zwangsläufig auf eine Belastung des Grundsicherungsträgers hinaus. Eine solche Vereinbarung verstößt, auch ohne dass ihr eine Schädigungsabsicht gegenüber dem Grundsicherungsträger zugrunde liegen muss, nach ihrem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter gegen die guten Sitten (vgl. BGH Urteil vom 17.09.1986 – IVb ZR 59/85 – juris Rn 28; vgl. eine Entscheidung des BGH, wonach eine Scheidungsvereinbarung, in der ein nicht erwerbstätiger, nicht vermögender Ehegatte auf nachehelichen Unterhalt verzichtet mit der Folge, daß er zwangsläufig der Sozialhilfe anheim fallen muß, sittenwidrig und daher nichtig ist, Urteil vom 21.03.1990 – IV ZR 169/89 – juris Rn 22). Denn derjenige, der sich aus eigener Kraft zu helfen in der Lage ist, muss mit seinen Wünschen nach staatlicher Hilfe zurücktreten. Die Pflicht, einen Verlust, dessen Ersatz die Gemeinschaft zu tragen hat, selbst zu mildern, soweit das zumutbar ist, ist Ausfluß des Prinzips der Sozialstaatlichkeit (BVerfG Urteil vom 24.07.1963 – 1 BvL 101/58 – juris Rn 44). Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 2 Abs 2 S. 1 SGB II verpflichtet, in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Nach Satz 2 müssen sie ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Auch dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Abs. 4 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Es steht nicht im Belieben einer hilfesuchenden Person, zwischen der Selbsthilfe und der Inanspruchnahme der Leistungen nach dem SGB II zu wählen. Zur Selbsthilfe gehört auch, dass der Hilfebedarf nicht durch Unterlassen der Ausübung von Gestaltungsrechten erhöht wird. Der Antragsteller alleine hat es in der Hand und ist auch materiellrechtlich verpflichtet, den Vertrag mit der GmbH anzupassen und sich ein Gehalt auszuzahlen, das seinen Lebensunterhalt deckt, statt die Allgemeinheit zu belasten.
Dem stehen auch nicht die vom BSG entwickelten Grundsätze zu den „bereiten Mitteln“ entgegen. Nach diesen Grundsätzen kann eine Einnahme nicht als Einkommen berücksichtigt werden, soweit sie bereits zu anderen Zwecken als zur Bestreitung einer aktuellen Notlage verwendet wurde und daher nicht mehr geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken (vgl. BSG Urteil vom 24.06.2020 – B 4 AS 9/20 R – juris Rn 28). Steht einem Hilfesuchenden ein Anspruch gegen einen Dritten zu, wird dieser jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht realisiert, kann er also zur Deckung des Bedarfs tatsächlich nicht eingesetzt werden, so fehlt es an „bereiten Mitteln“, die der Hilfebedürftigkeit entgegenstünden (vgl. G. Becker in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 5 <Stand: 07.05.2024> Rn. 28 ff.). Dies ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller ist nur auf sich selbst – wenn auch im Gewandt seiner Alleingesellschafterstellung in der GmbH – angewiesen, um eine Gehaltszahlung zu veranlassen. Damit besteht eine unmittelbare und direkte Möglichkeit, den Bedarf selbst zu decken (vgl. BSG Urteil vom 23.03.2021 – B 8 SO 2/20 R – juris Rn. 12 ff.; BSG Urteil vom 27.09.2011 – B 4 AS 202/10 R – juris Rn. 21). Das Subsidiaritätprinzip staatlicher Fürsorgeleistugen schließt einen Leistungsanspruch aus, wenn die Nutzung tatsächlich bestehender Möglichkeiten zur kurzfristigen Selbsthilfe unterbleiben.
Darüber hinaus hat der Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Dies ist der Fall, wenn Eilbedürftigkeit im Sinne einer dringenden und gegenwärtigen Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht, gegeben und eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile geboten ist (LSG NRW Beschluss vom 30.05.2011 – L 19 AS 431/11 B ER – juris Rn. 13). Dies ist nicht ersichtlich, denn der Antragsteller hatte und hat es jederzeit in der Hand, seine Notlage durch die ihm obliegende Selbsthifeobliegenheit abzuwenden. Dem entsprechend hat der Antragsteller auch tatsächlich auf die Gelder der GmbH zwecks Sicherstellung seines Lebensunterhalts zugegriffen, wenn auch im Gewandt eines sich selbst gewährten „Arbeitgeberdarlehens“ vom 29.02.2024, ausweislich dessen die GmbH ihm ein Darlehen über zunächst insgesamt 2.000 € gewähre und das Darlehen bis zur Gesamtsumme von 10.000 € um monatlich jeweils 2.000 € erweitert werden könne. Am 04.03.2024 zahlte der Antragsteller auch 2.000 € auf sein Konto ein. Mit diesen Mitteln konnte der Antragsteller ohne weiteres seinen Bedarf (und den seiner Familie) ab März 2024 decken. Es ist dem Antragsteller jedenfalls zumutbar, diese Leistungen als „bereite Mittel“ zu verbrauchen (vgl. BSG Urteil vom 23.08.2011 – B 14 AS 165/10 R – juris Rn. 23). Denn im einstweiligen Rechtsschutzverfahren finden auch solche Mittel Berücksichtigung, deren Inanspruchnahme im Rahmen der materiellen Prüfung des Anspruchs nicht eingefordert werden kann, die dem Antragsteller aber tatsächlich zur Beseitigung der Notlage zur Verfügung stehen. Zum anderen ist anerkannt, dass zur Vermeidung einer Vorwegnahme der Hauptsache auch in Verfahren wegen existenzsichernder Leistungen beim Erlass einstweiliger Anordnungen ein Abschlag vorgenommen werden kann (vgl. BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – juris Rn. 26; Sächsisches LSG Beschluss vom 28.03.2022 – L 6 AS 86/22 B ER – juris). Die hier möglicherweise bestehende Bedarfsunterdeckung ab Juni 2024 (145,18 € von 713,88 €) beträgt lediglich 20 % und rechtfertigt insofern nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, weil der Rechtsverfolgung nicht jegliche Erfolgsaussicht fehlte (§73a Abs. 1 S. 1 SGG, § 114 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.