1. Erforderlich für eine Feststellung von Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 46 SGB V ist ein Akt mit Außenwirkung, der über eine lediglich irgendwie geäußerte innere Überzeugungsbildung des Arztes hinausgeht und in Form eines entsprechenden Schriftstücks ("Bescheinigung") nach außen hin beweissicher zu dokumentieren ist.
2. Weder die Übersendung des Datensatzes nach § 301 SGB V durch das Krankenhaus an die Krankenkasse noch die allein an die Krankenkasse gerichtete Entlassungsmitteilung "arbeitsunfähig entlassen" sind als beweissicher dokumentierte Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 46 SGB V anzusehen.
3. Zum Entlassmanagement nach § 39 Abs 1a SGB V gehört es auch, die Patienten durch adäquate Aufklärung, Beratung und Schulung dazu zu befähigen, die Anforderungen und Probleme beim Übergang vom Krankenhaus in die weitergehende ambulante, rehabilitative oder pflegerische Versorgung gut bewältigen zu können. Krankenhäuser sind aber nicht gehalten, Patienten im Zuge der Entlassung konkret dazu anzuhalten, einen Arzt aufzusuchen oder vorhandene mögliche Fehlvorstellungen zu erkennen und zu beseitigen, um einen möglichen Verlust des Krankengeldanspruchs zu verhindern; dies würde die Pflichten des Entlassmanagements überdehnen (Anschluss an Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. November 2021 – L 9 KR 440/19 – juris).
Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Feststellung von Arbeitsunfähigkeit im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt
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- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. August 2019 wird zurückgewiesen.
- Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung von Krankengeld über den 27.02.2018 hinaus.
Der 1958 geborene Kläger, der bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, war bis 30.11.2017 abhängig beschäftigt. Ab 30.11.2017 bestand Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug. Bei einem Sturz von einer Kutsche am 14.02.2018 zog sich der Kläger ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades, eine Thoraxkontusion, eine Beckenprellung, eine stabile Fraktur eines Brustwirbelkörpers, Frakturen der Dornfortsätze der Brustwirbelkörper 4 bis 8 und eine instabile Fraktur des dritten Lendenwirbelkörpers (LWK) zu.
Im Zeitraum vom 14.02.2018 bis 27.02.2018 befand er sich deswegen in stationärer Behandlung im Klinikum B...., wo die minimal-invasive Stabilisierung des LWK und Schmerztherapie erfolgten.
Die Epikrise zum stationären Aufenthalt vom 26.02.2018 enthält keine Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit. Darin heißt es lediglich: „Wir entlassen Herrn M… am 27.02.2018 in gutem Allgemeinzustand und mit reizlosen Wundverhältnissen wieder in die Häuslichkeit. …“
Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung bescheinigte Dipl.-Med. Z.... am 01.03.2018 Arbeitsunfähigkeit vorläufig bis 23.03.2018 (S32.03, S22.02, S22.03, S22.04).
Arbeitsunfähigkeit wurde nachfolgend auch für den Zeitraum bis 01.07.2022 attestiert.
Mit Bescheid vom 12.03.2018 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld über den 27.02.2018 hinaus ab. Die weitere Arbeitsunfähigkeit sei erst am 01.03.2018 und damit verspätet festgestellt worden. Der Anspruch auf Krankengeld und auch die beitragsfreie Mitgliedschaft endeten daher am 27.02.2018.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16.03.2018. Die Entlassung aus der stationären Behandlung sei erst am Nachmittag des 27.02.2018 erfolgt. Aufgrund der Fraktur des LWK sei es nicht möglich gewesen, selbst ein Fahrzeug zu führen. Der zuständige Hausarzt habe am 28.02.2018 Urlaub gehabt. Der Vertretungsarzt Dr. X.... sei für ihn nicht erreichbar gewesen. Da er dies im Vorfeld nicht bedacht habe, habe er sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht bereits im Krankenhaus ausstellen lassen.
Am 27.03.2018 ging eine durch MU Dr. W.... ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum ab 28.02.2018 – festgestellt am 01.03.2018 – bei der Beklagten ein.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2018 zurück. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bleibe die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger solange erhalten, wie ein Anspruch auf Krankengeld bestehe bzw. Krankengeld bezogen werde. Daher ende die Mitgliedschaft des Versicherten grundsätzlich bei einer nicht rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger habe die Arbeitsunfähigkeit erst wieder am 01.03.2018 und damit nicht am auf die zuletzt festgestellte Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag feststellen lassen, sodass der Anspruch auf Krankengeld am 27.02.2018 ende. Am 01.03.2018 habe keine Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch mehr bestanden.
Gegen den Bescheid der Beklagten vom 12.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2018 hat der Kläger am 03.08.2018 Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben. Die Einstellung des Krankengeldes zum 27.02.2018 sei rechtswidrig. Bis 27.02.2018 sei er in einem Krankenhaus stationär behandelt worden. Nach dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen im Verfahren L 5 KR 101/16 reiche es zudem aus, wenn sich die Arbeitsunfähigkeit aus dem Entlassungsbericht einer Rehabilitationseinrichtung ergebe. Zudem werde auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.07.2017 – L 9 KR 239/17 B PKH – Bezug genommen. Außerdem habe er alles in seiner Macht Stehende getan, um seine Ansprüche zu wahren. Er sei am 27.02.2018 nicht in der Lage gewesen, ein Kfz zu führen. Die zuständige Hausärztin habe am 28.02.2018 Urlaub gehabt. Den Vertretungsarzt habe er nicht aufsuchen können. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 11.05.2017 entschieden, dass die anerkannten Ausnahmefälle, die es erlaubten, eine Arbeitsunfähigkeit mit Rückwirkung festzustellen, zu erweitern seien, wenn keine Zweifel am Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit vorlägen und keine Anhaltspunkte für einen Leistungsmissbrauch ersichtlich seien.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht durch das Krankenhaus ausgestellt worden. Es existiere lediglich ein Arztbrief, der für den weiterbehandelnden Arzt und nicht für die Beklagte bestimmt sei. Eine weitere Krankschreibung im Rahmen des Entlassmanagements sei möglich gewesen, aber nicht erfolgt. Ausnahmetatbestände, die eine Nachholung der Arbeitsunfähigkeitsfeststellung erlaubten, lägen nicht vor. Der Kläger habe bereits nicht alles in seiner Macht Stehende getan, um einen Arzt rechtzeitig aufzusuchen. Soweit er nicht in der Lage gewesen sei, selbst ein Kfz zu führen, habe ein Taxi genutzt werden können. Aus welchen Gründen der Kläger den Vertretungsarzt nicht aufgesucht habe, sei nicht nachvollziehbar. Gegebenenfalls habe eine Vorstellung in einer Notfallambulanz oder ein Hausbesuch durch den Vertretungsarzt in Betracht gezogen werden müssen. Die Übermittlung des Datensatzes nach § 301 SGB V stelle keine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit dar. Dieser könne auch nicht übersandt werden.
Das SG hat eine Anfrage an die Klinikum B.... gGmbH gerichtet. Prof Dr. V...., Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik, hat mitgeteilt, dass der Kläger nicht geäußert habe, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu benötigen. Eine solche sei für den Kläger nicht erstellt worden, obwohl im Rahmen des Entlassmanagements die Möglichkeit dazu bestanden hätte.
Mit Urteil vom 12.08.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld über den 27.02.2018 hinaus. Zwischen den Beteiligten stehe nicht im Streit, dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Grundsätzlich bestimme aber das bei Entstehung des Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krankengeld habe. Bei Entstehung des Krankengeldanspruchs am 30.11.2017 habe sich der Kläger noch in einem Versicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V befunden, da sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15.11.2017 erst mit Ablauf des 30.11.2017 geendet habe. Solange der Anspruch auf Krankengeld fortbestehe, verbleibe es gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bei der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Im vorliegenden Fall sei die Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht lückenlos festgestellt worden, sodass der Anspruch auf Krankengeld aus § 44 Abs. 1 SGB V nicht über den 27.02.2018 hinaus aufrechterhalten geblieben sei. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 46 Satz 2 SGB V sei für die Entstehung bzw. den Fortbestand des Krankengeldanspruchs auf den Tag der ärztlichen Feststellung abzustellen und gerade nicht auf den Zeitpunkt des "wirklichen" oder ärztlich attestierten Beginns der Arbeitsunfähigkeit. Eine Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für den 28.02.2018 bzw. über den Entlassungstag hinaus könne auch nicht dem Krankenhausentlassungsbericht des Klinikums B.... oder dem Abrechnungsdatensatz (Entlassung als arbeitsunfähig: "EntlGrund 012"), der an die Beklagte am 12.04.2018 übermittelt worden sei, entnommen werden. Der Entlassungsbrief enthalte keinerlei ausdrückliche Feststellung über die Arbeitsfähigkeit des Klägers, sondern beschreibe einen guten Allgemeinzustand und reizlose Wundverhältnisse. Mithin könne die Rechtsprechung, die eine Arbeitsunfähigkeitsfeststellung im Rahmen von Krankenhaus- bzw. Reha-Entlassungsberichten genügen lasse (bspw. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2017 – L 4 KR 2475/15 – juris Rn. 42; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2017 – L 9 KR 239/17 B PKH – juris Rn. 6), hier nicht herangezogen werden (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.12.2017 – L 16 KR 916/16 – juris Rn. 27). Der gemäß § 301 SGB V durch das Klinikum an die Beklagte übermittelte Datensatz zur Krankenhausbehandlung des Klägers enthalte zwar die Information, dass eine Entlassung als arbeitsunfähig erfolgt sei, jedoch ebenso wie der Entlassungsbericht keine Hinweise, dass diese auch über den Entlassungstag hinaus zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs attestiert werden sollte. Ein Ausnahmefall, der im Einzelfall eine Nachholung der rechtzeitigen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung geboten erscheinen lasse, liege nicht vor. Der Kläger sei nicht handlungs- oder geschäftsunfähig gewesen. Das Vorbringen zum gesundheitlichen Zustand (Transportbedürftigkeit, kein langes Sitzen möglich) rechtfertige nicht die Annahme einer Handlungsunfähigkeit. Insoweit habe es dem Kläger anderenfalls oblegen, einen Hausbesuch in Anspruch zu nehmen (LSG Thüringen, Urteil vom 25.03.2014 – L 6 KR 353/11 – juris Rn. 23; BSG, Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R – juris Rn. 20). Soweit der Kläger darauf abstelle, dass ein Arzt-Patienten-Kontakt am 27.02.2018 im Rahmen der Krankenhausentlassung stattgefunden habe, genüge dieser jedenfalls nicht den Anforderungen des BSG. Eine medizinische Fehlentscheidung oder juristische Falschberatung durch die behandelnden (Krankenhaus-) Ärzte liege nicht vor. Zwar sehe § 39 Abs. 1a Satz 7 und 8 SGB V die Möglichkeit einer Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des Entlassmanagements vor. Diese Regelung statuiere aber keine Verpflichtung zur anlasslosen Überprüfung bzw. Feststellung von Arbeitsunfähigkeit, deren etwaige Verletzung eine verspätete Feststellung genügen lasse. Im vorliegenden Fall seien weder dem Kläger noch dessen Ärzten Gründe bekannt gewesen, die eine Feststellung von Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des Entlassmanagements erforderlich gemacht hätten. Daher fehle es für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs nach § 192 SGB V an einer rechtzeitigen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit i. S. v. § 46 Satz 2 SGB V und für die Neuentstehung eines Krankengeldanspruchs ab dem 01.03.2018 an einem Versicherungsverhältnis mit Anspruch hierauf.
Gegen das dem Kläger am 05.09.2019 zugestellte Urteil richtet dessen am 07.10.2019 (Montag) bei dem Sächsischen LSG eingelegte Berufung. Er sei am Nachmittag des 27.02.2018 aus dem Krankenhaus liegend nach Hause transportiert worden. Die Hausärztin Dr. W.... habe am 28.02.2018 Urlaub gehabt. Die Vertretungspraxis, die sich in der Gemeinde U.... befinde, habe er nicht aufsuchen können. Ein Fahrzeug habe er nicht führen können. Auch der Versuch, die Praxis von Dipl.-Med. Z.... telefonisch zu kontaktieren, sei fehlgeschlagen. Die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit ergebe sich aus dem Entlassungsbericht. Die Schwere der Unfallverletzungen belege das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit. Es stehe zudem fest, dass im Rahmen des Entlassmanangements über das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit entschieden werde. Enthalte die Patientendokumentation dazu keine Angaben, könne ihm dies nicht angelastet werden. Unabhängig davon lägen auch die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall vor. Er habe am 27.02.2018 liegend transportiert werden müssen. Zudem habe er sich am 27.02.2018 in einer psychischen Ausnahmesituation befunden, da er erst an diesem Tage erfahren habe, dass zwei Unfallbeteiligte verstorben seien. In dieser Situation habe er nicht an einen möglichen Hausbesuch gedacht. Arbeitsunfähigkeit habe auch nach dem 19.10.2018 fortbestanden. Die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er rechtzeitig bei der Beklagten eingereicht, die ihm diese jedoch zurückübersandt habe. Überdies habe er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei dem Jobcenter vorgelegt. Jedenfalls aber bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, denn die Beklagte habe nicht über die Abläufe und den möglichen Verlust des Krankengeldanspruches aufgeklärt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. August 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2018 zu verurteilen, dem Kläger über den 27. Februar 2018 hinaus Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen des SG im Urteil vom 12.08.2019. Die beigezogenen Unterlagen seien nicht geeignet, eine geänderte Rechtsauffassung zu begründen. Der Krankenhausentlassungsbericht habe keinerlei Feststellung zur Arbeitsunfähigkeit enthalten. Der gemäß § 301 SGB V durch das Klinikum an die Beklagte übermittelte Datensatz habe zwar die Information enthalten, dass eine Entlassung als arbeitsunfähig erfolgt sei, jedoch keine Hinweise darauf, dass dies auch über den Entlassungstag hinaus zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruches attestiert werde. Gleiches gelte für die am 13.04.2018 übermittelte Entlassungsmitteilung. Die Rechtsprechung des Senats (L 1 KR 394/17) zur Entlassung aus einer Rehabilitationsmaßnahme als arbeitsunfähig könne auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden. Denn in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall sei aus der „Checkliste Arbeitsunfähigkeit“ erkennbar gewesen, dass Restbeschwerden bestanden hätten. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass fortlaufende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nur bis 19.10.2018 vorgelegen hätten. Dem Vortrag des Klägers, eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien zurückübersandt worden, werde entgegengetreten. Auch für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bestehe keine Grundlage. Am 16.01.2018 sei dem Kläger der Antrag auf Zahlung von Krankengeld zugesandt worden, mit ihm ein Merkblatt mit weitreichenden Informationen zum Krankengeldanspruch. Zudem ergebe sich aus der Akte, dass der Kläger bereits zu Beginn des Krankengeldbezuges mehrfach Telefonate mit der Beklagten geführt habe.
Der Senat hat Auskünfte bei der Klinikum B.... gGmbH eingeholt und die Patientenakte beigezogen. Mit Schreiben vom 29.05.2020 hat das Klinikum mitgeteilt, dass über die übersandte Patientenakte hinaus keine weiteren Unterlagen vorlägen. Mit Schreiben vom 30.08.2022, 28.09.2022 und 28.06.2023 hat Chefarzt Dr. T.... mitgeteilt, dass Arbeitsunfähigkeit auch nach dem stationären Aufenthalt zweifelsfrei zu bejahen sei. Die Angabe in der Entlassungsmitteilung „arbeitsunfähig entlassen“ basiere auf einer ärztlichen Feststellung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Akten des Jobcenters (Band VII-IX) und der Patientenakte des Klinikums B.... Bezug genommen, die Gegenstand des Verfahrens gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld über den 27.02.2018 hinaus. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Streitgegenständlich im Verfahren ist – neben dem Urteil des SG vom 12.08.2019 – der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.07.2018. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte die Gewährung von Krankengeld über den 27.02.2018 hinaus abgelehnt.
Sein Begehren verfolgt der Kläger zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4, § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld über den 27.02.2018 hinaus.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden.
Hierbei ist höchstrichterlich geklärt, dass Krankengeldzahlungen grundsätzlich als abschnittsweise Leistungsbewilligung anzusehen sind (BSG, Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 6/18 R – juris Rn. 13 sowie Urteil vom 25.10.2018 – B 3 KR 23/17 R – juris Rn. 12 m.w.N.). Bei – wie hier – zeitlich befristeten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und dementsprechender Krankengeldgewährung sind die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festzustellen (BSG, Urteil vom 28.03.2019 – B 3 KR 22/17 R – juris Rn. 16). Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es dabei erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit bei Ablauf eines jeden Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird. Ob und in welchem Umfang der Versicherte bei erneuter ärztlicher Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit Krankengeld beanspruchen kann, bestimmt sich dann nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für das Krankengeld besteht. Vorliegend richtet sich der Anspruch nach dem ab 23.07.2015 (bis zum 10.05.2019) geltenden Recht.
Nach § 46 Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung vom 16.07.2015 entsteht der Anspruch auf Krankengeld bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (Nr. 2).
Unstreitig hatte der Kläger – unbeschadet der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 30.11.2017 – bis zum 27.02.2018 einen Krankengeldanspruch, im Zeitraum vom 14.02.2018 bis 27.02.2018 während der stationären Krankenhausbehandlung auf der Grundlage des § 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V. Denn angesichts des fortlaufenden Bezugs von Krankengeld bestand die im Rahmen des bis 30.11.2017 währenden Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V begründete Mitgliedschaft des Klägers mit Anspruch auf Gewährung von Krankengeld fort (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
Jedoch bestand über den 27.02.2018 hinaus kein lückenlos fortlaufender Anspruch auf Krankengeld. Ab dem 28.02.2018 war der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass es für das Fortbestehen der Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld nach dem bis zum 10.05.2019 geltenden Recht erforderlich war, die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig – d.h. spätestens am Folgetag der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit – erneut ärztlich feststellen zu lassen, weil ein neuer Anspruch auf Krankengeld nur dann entstehen kann, wenn bei Beginn des neuen Bewilligungsabschnitts die Voraussetzungen für die Entstehung eines Krankengeldanspruchs weiterhin vorliegen.
Die ärztliche Feststellung des Fortdauerns der Arbeitsunfähigkeit ist vorliegend nicht rechtzeitig – nämlich spätestens am 28.02.2018 – erfolgt.
Erst am 01.03.2018 stellte sich der Kläger bei der behandelnden Ärztin Dipl.-Med. Z.... vor, die Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 01.03.2018 bis 23.03.2018 attestierte. Zu diesem Tag bestand keine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld. Der Kläger bezog Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; Bescheide des Jobcenters vom 27.10.2017, 14.02.2018, 06.03.2018) und war – nachdem die über § 192 SGB V fortdauernde Mitgliedschaft mit Krankengeld am 27.02.2018 endete – nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V gesetzlich krankenversichert. Diese Versicherung beinhaltet keinen Krankengeldanspruch (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V).
Eine frühere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist nicht erfolgt. Zwar hat der Kläger eine von MU Dr. W.... (Praktische Ärztin) am 01.03.2018 ab 28.02.2018 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 27.03.2018 bei der Beklagten eingereicht. Soweit darin rückwirkend zum 28.02.2018 Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde, ist dies für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruches jedoch nicht ausreichend. Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld "von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an". Maßgebend für den Krankengeldbeginn ist nicht der "wirkliche" oder der "ärztlich attestierte" Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung (BSG, Beschluss vom 05.06.2019 – B 3 KR 56/18 B – juris Rn. 13; Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 22/15 R – juris Rn. 15; Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 37/06 R – juris Rn. 15). Die in § 5 Abs. 3 Satz 2 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie geregelte Befugnis von Vertragsärzten, im Ausnahmefall Arbeitsunfähigkeit auch rückwirkend zu attestieren, ist für die Entstehung des Krankengeldanspruchs, der eine zu diesem Zeitpunkt ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit voraussetzt, ohne Belang (Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Februar 2020, § 46 Rn. 17). Maßgeblich ist allein die tatsächliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, die wiederum nur durch eine persönliche Untersuchung des Versicherten durch den Arzt erfolgen kann.
Eine Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit erfolgte, obwohl die Möglichkeit dazu bestand, auch nicht vor der Entlassung aus der stationären Behandlung im Rahmen des Krankenhausentlassmanagements (§ 39 Abs. 1a SGBV). Nach § 39 Abs. 1a Satz 6 und 7 SGB V in der maßgeblichen Fassung, können die Krankenhäuser, soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, die in § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen feststellen. Eine solche Feststellung ist nicht erfolgt. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wird durch die erstinstanzlich eingeholte Auskunft von Prof. Dr. V.... bestätigt. Der Kläger hat die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Rahmen des Entlassmanagements im Krankenhaus nicht verlangt.
Weder die am 12.04.2018 bei der Beklagten eingegangene und im Verfahren erster Instanz zu den Gerichtsakten gereichte Meldung (Datensatz nach § 301 SGB V), noch die am 13.04.2018 übersandte Entlassungsmitteilung vermögen eine Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit zu ersetzen, auch wenn darin eine Entlassung als arbeitsunfähig angegeben wird. Zwar muss die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit weder durch einen Vertragsarzt noch auf dem durch § 5 Abs. 1 oder § 6 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie vorgesehenen Vordruck erfolgen (BSG, Urteil vom 10.05.2015 – B 1 KR 20/11 R – juris Rn. 13; Urteil vom 12.03.2013 – B 1 KR 7/12 R – juris Rn. 15; Beschluss vom 14.08.2018 – B 3 KR 5/18 B – juris Rn. 9). Anlass und Zweck der ärztlichen Äußerung zur Arbeitsunfähigkeit sind ebenso unerheblich (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.09.2015 – L 5 KR 3888/14 – juris Rn. 10 [Krankenhausaufnahmebescheinigung]; Urteil vom 25.05.2016 – L 5 KR 1063/15 – juris Rn. 47 [MDK-Gutachten]). Inhaltlich genügt es, dass der Arzt – aufgrund persönlicher Untersuchung des Versicherten (§ 4 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) – feststellt, dass der versicherte Patient krank ist und seiner letzten Beschäftigung nicht mehr nachgehen kann. Die Verwendung des Begriffs Arbeitsunfähigkeit ist im Allgemeinen ausreichend, da unterstellt werden kann, dass der überkommene Rechtsbegriff den Ärzten bekannt ist und von ihnen im Allgemeinen zutreffend angewandt wird (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.03.2016 – L 6 KR 192/15 B – juris Rn. 25). Die von § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V geforderte ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kann daher beispielsweise auch in einem Rehabilitationsentlassungsbericht getroffen werden (Sächsisches LSG, Urteil vom 15.01.2020 – L 1 KR 394/17 – juris Rn. 30 und Urteil vom 27.09.2019 – L 9 KR 63/19 – juris Rn. 30; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.12.2017 – L 5 KR 501/16 – juris Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2017 – L 4 KR 2475/15 – juris Rn. 42; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.03.2016 – L 6 KR 192/15 B – juris Rn. 25).
Erforderlich für die im Rahmen eines Krankengeldanspruches erforderliche Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit ist aber ein Akt mit Außenwirkung, der über eine lediglich irgendwie geäußerte innere Überzeugungsbildung des Arztes hinausgeht und in Form eines entsprechenden Schriftstücks ("Bescheinigung") nach außen hin – vor allem gegenüber der als leistungspflichtig in Anspruch genommenen Krankenkasse – beweissicher zu dokumentieren ist (BSG, Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 22/15 R – juris Rn. 18; Sächsisches LSG, Urteil vom 26.01.2022 – L 1 KR 293/21 – juris Rn. 23).
Die Übermittlung eines Datensatzes nach § 301 SGB V wird den Anforderungen an eine im Rahmen der Gewährung von Krankengeld ausreichende Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nicht gerecht. § 301 SGB V regelt die Pflichten der Krankenhäuser bzw. Krankenhausträger (Abs. 1), der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (Abs. 4) und der ermächtigten Krankenhausärzte und der Ärzte, die wahlärztliche Leistungen erbringen (Abs. 5), zur Übermittlung der Angaben, die zur Abrechnung der Krankenhausleistungen bzw. der im Krankenhaus erbrachten ärztlichen Leistungen und zur Erfüllung weiterer damit zusammenhängender Aufgaben der Krankenkassen (Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung und Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser) erforderlich sind (BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V wurden zum 01.01.2000 die „Aussagen zur Arbeitsunfähigkeit“ eingefügt. Grund dafür war ausweislich der Gesetzesmaterialien, dass diese Aussagen von den Arbeitgebern für die Umsetzung des Entgeltfortzahlungsgesetzes benötigt werden; gemäß § 69 Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch seien die Krankenkassen befugt, dem Arbeitgeber Informationen über die Arbeitsunfähigkeit zu übermitteln, wozu sie jedoch nur in der Lage seien, wenn sie selbst über entsprechende Erkenntnisse verfügten (BT-Drucks. 14/1245, S. 106). Auch die Neufassung des § 301 Abs. 1 Nr. 8 SGB V zum 11.04.2017 erfolgte nicht im Hinblick auf die Gewährung von Krankengeld (vgl. BT-Drucks. 18/10186, S. 43).
Soweit der Datensatz nach § 301 SGB V Angaben zur Arbeitsfähigkeit bei Entlassung enthält, genügt dies den Anforderungen an eine Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres zur Aufrechterhaltung eines Krankengeldanspruches nicht. Aus dem Datensatz ergibt sich weder, dass es sich um eine ärztliche Feststellung handelt, noch wann und auf welche Weise diese Feststellung erfolgt ist. Der Datensatz selbst enthält keine Unterschrift eines Arztes, dem die Erklärung zuzurechnen ist, ebenso wenig Angaben zum Zeitpunkt der Feststellung. Selbst wenn aus dem Zusammenhang heraus auf diese Umstände geschlossen werden können sollte, so fehlt es an einer beweissicheren Dokumentation der Arbeitsunfähigkeit, denn es verbleiben Unsicherheiten, jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – auch die Dokumentation in der beigezogenen Patientenakte keinerlei Vermerke zu einer derartigen Feststellung enthält. Die Angabe im Datensatz lässt auch keine Auslegung der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit „bis auf Weiteres“ zu. Angegeben wird nur „arbeitsunfähig entlassen“. Darin liegt keine beweissichere Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bis „auf Weiteres“, auch wenn Dr. T.... im Berufungsverfahren mitgeteilt hat, dass die Angabe im Datensatz auf einer ärztlichen Feststellung beruht.
Dafür, dass im Datensatz nach § 301 SGB V regelmäßig keine beweissichere Dokumentation einer Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres zu sehen ist, spricht auch § 39 Abs. 1a SGB V, der eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des Entlassmanagements vorsieht. Läge in jeder Mitteilung nach § 301 SGB V im Falle der Angabe „arbeitsunfähig entlassen“ zugleich die Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit im Rahmen eines Krankengeldanspruches, hätte es dieser Regelung nicht bedurft.
Soweit der Kläger auf die Rechtsprechung zur Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit in einem Rehabilitationsentlassungsbericht Bezug nimmt (Sächsisches LSG, Urteil vom 15.01.2020 – L 1 KR 394/17 – juris Rn. 30 und Urteil vom 27.09.2019 – L 9 KR 63/19 – juris Rn. 30; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.12.2017 – L 5 KR 501/16 – juris Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.09.2017 – L 4 KR 2475/15 – juris Rn. 42; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.03.2016 – L 6 KR 192/15 B – juris Rn. 25), vermag dies keine abweichende Beurteilung zu begründen. Denn anders als ein Datensatz nach § 301 SGB V enthält ein Rehabilitationsentlassungsbericht regelmäßig weiterreichende Angaben, so etwa die Unterschriften der in der Einrichtung behandelnden Ärzte, Angaben zur Abschlussuntersuchung, zur Leistungsfähigkeit in Bezug zur früheren Tätigkeit, zum weiteren Verlauf und zudem Angaben, die die zeitliche Geltung der Feststellung unterlegen. All dies beinhaltet der Datensatz nach § 301 SGB V, der bei der Beklagten zudem erst im April 2018 und mithin lange nach dem Ende des stationären Aufenthaltes eingegangen ist, nicht.
Zwar hat Dr. T.... auf Befragen des Senats mitgeteilt, dass die Angaben im bei der Beklagten am 13.04.2018 eingegangenen Datensatz nach § 301 SGB V auf einer ärztlichen Einschätzung beruhten. Offen bleibt aber, wer die Einschätzung zu welchem Zeitpunkt getroffen hat und ob dies auf der Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Klägers erfolgte. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Verfahren erster Instanz durch Prof. Dr. V.... die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des Entlassmanagements verneint wurde.
Entsprechendes gilt für die der Beklagten am 13.04.2018 übermittelte Entlassungsmitteilung.
Die Arbeitsunfähigkeit wurde mithin verspätet festgestellt, sodass das Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld nicht gemäß § 192 SGB V über den 27.02.2018 hiaus aufrechterhalten blieb. Damit bestand zum Zeitpunkt der nachfolgenden ärztlichen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am 01.03.2018 kein Anspruch auf Krankengeld. Dies gilt selbst dann, wenn Arbeitsunfähigkeit über den 27.02.2018 hinaus weiterhin vorgelegen haben sollte.
Die (verspätete) Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist auch nicht ausnahmsweise unbeachtlich. Die höchstrichterliche Rechtsprechung erkennt seit jeher Ausnahmen von dem Erfordernis der rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an, wenn diese durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse und nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind. Derartiges hat das BSG in der Vergangenheit bejaht bei Fristversäumnissen wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten, im Falle des verspäteten Zugangs der Arbeitsunfähigkeitsmeldung bei der Krankenkasse aufgrund von Organisationsmängeln, die diese selbst zu vertreten hat, für Fälle einer irrtümlichen Verneinung der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten aufgrund ärztlicher Fehlbeurteilung sowie bei einem von der Krankenkasse rechtsfehlerhaft bewerteten Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nach Aufgabe des letzten Arbeitsplatzes (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 22/15 R – juris Rn. 22 m.w.N.; Sächsisches LSG, Urteil vom 26.01.2022 – L 1 KR 293/21 – juris Rn. 26). Das BSG hat mit seinem Urteil vom 11.05.2017 – B 3 KR 22/15 R – unter Fortentwicklung und Teilaufgabe früherer Rechtsprechung entschieden, dass eine Lücke in den ärztlichen Arbeitsunfähigkeits-Feststellungen nicht nur bei medizinischen Fehlbeurteilungen, sondern auch bei nichtmedizinischen Fehlern eines Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeits-Feststellung für den Versicherten unschädlich ist, wenn sie der betroffenen Krankenkasse zuzurechnen ist. Nach dieser Rechtsprechung steht dem Krankengeldanspruch eine verspätet erfolgte Feststellung der Arbeitsunfähigkeit dann nicht entgegen
- wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufsucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um
- die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erreichen und
- dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. – erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeldanspruch erfolgt ist,
- er an der Wahrung der Krankengeldansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde
- und er zusätzlich seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich – spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen der § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V – nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.
Eine weitere Fortentwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dahingehend erfolgt, dass es einem rechtzeitig erfolgten persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt gleichsteht, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, es dazu aber aus dem Vertragsarzt und der Krankenkasse zurechenbaren Gründen erst verspätet nach Wegfall dieser Gründe gekommen ist (BSG, Urteile vom 26.03.2020 – B 3 KR 9/19 R und B 3 KR 10/19 R – juris jeweils Rn. 22). Dies sei, so das BSG, typischerweise zu bejahen bei einer auf Wunsch des Vertragsarztes bzw. seines von ihm angeleiteten Praxispersonals erfolgten Verschiebung des vereinbarten rechtzeitigen Arzttermins in der (naheliegenden) Vorstellung, ein späterer Termin sei für den Versicherten leistungsrechtlich unschädlich, weil nach den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses auch die begrenzte rückwirkende ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Feststellung statthaft sei (BSG, Urteil vom 26.03.2020 – B 3 KR 9/19 R – juris Rn. 27). In diesem Sinne dürfen auch Krankenkassen gegenüber dem Krankengeld-Anspruch ihrer Versicherten nicht einwenden, der dafür erforderliche Arzt-Patienten-Kontakt sei nicht rechtzeitig zustande gekommen, wenn dies auf Gründen beruht, die 1. in der Sphäre des Vertragsarztes (und nicht des Versicherten) liegen, und die 2. auch den Krankenkassen zuzurechnen sind (BSG, Urteil vom 26.03.2020 – B 3 KR 9/19 R – juris Rn. 27).
Keine dieser Ausnahmekonstellationen liegt hier vor. Hiernach ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass der Kläger am 28.02.2018 handlungs- oder geschäftsunfähig war. Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Kfz nicht mehr geführt werden kann. Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass sich der Kläger am 28.02.2018 in einer solchen psychischen Ausnahmesituation befunden hat, dass ihm das Aufsuchen einer Arztpraxis nicht möglich gewesen wäre. Hiergegen sprechen die im Verwaltungsverfahren geschilderten Versuche des Klägers, noch am 28.02.2018 einen Arzt zu erreichen. Bereits einen Tag später stellte sich der Kläger bei Dipl.-Med. Z.... vor. Auch ein der Beklagten zuzurechnendes Fehlverhalten ist nicht ersichtlich, insbesondere kein Fehlverhalten der den Kläger behandelnden Krankenhausärzte. § 39 Abs. 1a SGB V verpflichtet die Krankenkasse, Versicherte im Rahmen des Entlassmanagements bei einer stationären Behandlung zu unterstützen (Satz 5). Dies beinhaltet die Erfassung und Initiierung der Anschlussversorgung z.B. durch Kontaktaufnahme mit weiter versorgenden Leistungserbringern (Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 39 Rn. 132 f.). Das Entlassmanagement dient der Unterstützung des Patienten primär nicht in einem passiven Sinne durch Übernahme von Aufgaben, sondern durch aktive Einbindung des Patienten in den Überleitungsprozess und Förderung seiner Selbstmanagementfähigkeiten. Zum Entlassmanagement gehört es auch, den Patienten durch adäquate Aufklärung, Beratung und Schulung dazu zu befähigen, die Anforderungen und Probleme beim Übergang vom Krankenhaus in die weitergehende ambulante, rehabilitative oder pflegerische Versorgung gut bewältigen zu können (Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 39 Rn. 132 f.). Das betrifft in erster Linie die unmittelbare weitere medizinische Versorgung unmittelbar nach Entlassung, damit in der Übergangsphase insoweit keine Versorgungslücken entstehen. Speziell für den Übergang in die ambulante Behandlung räumt § 39 Abs. 1a Satz 6 SGB V (in der bis zum Terminservice- und Versorgungsgesetz vom 06.05.2019 [BGBl. I, S. 646] geltenden Fassung, heute Satz 8) für den weiteren nahtlosen Bezug von Krankengeld den Krankenhäusern das Recht ein, Arbeitsunfähigkeit für die Zeit nach der Entlassung bis zu 7 Tage festzustellen (§ 39 Abs. 1a Satz 7 SGB V, heute Satz 9). Krankenhäuser sind insoweit gemäß § 39 Abs. 1a Satz 6, Halbsatz 2 SGB V (heute: § 39 Abs. 1a Satz 8 Halbsatz 2 SGB V) den Vertragsärzten hinsichtlich ihrer Pflichten gleichgestellt. Weiterreichende Beratungspflichten, insbesondere für die noch anschließende Zeit, gehen damit nicht einher (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2021 – L 9 KR 440/19 – juris Rn. 28). Krankenhäuser sind aber nicht gehalten, Patienten konkret dazu anzuhalten, einen Arzt aufzusuchen oder vorhandene mögliche Fehlvorstellungen zu erkennen und zu beseitigen, um einen möglichen Verlust des Krankengeldanspruchs (unter allen Umständen) zu verhindern. Dies hieße die Pflichten des Entlassmanagements und die Möglichkeiten des Krankenhauses zu überdehnen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2021 – L 9 KR 440/19 – juris Rn. 28). Damit oblag es dem Kläger auch in diesem Rahmen, sich zur Erlangung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die behandelnden Ärzte – auch an diejenigen des Krankenhauses – zu wenden. Dies unterblieb. Der Kläger hat sich im Krankenhaus gerade nicht dahingehend geäußert, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu benötigen. Der Kläger hat daher nicht alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, obwohl eine derartige Bescheinigung im Rahmen des Krankenhausentlassmanagements auf entsprechendes Begehr zu erlangen gewesen wäre.
Auch Raum für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verbleibt nicht. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist.
(BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 1 KR 25/14 R – juris Rn. 15). Für eine fehlerhafte Beratung ist aber weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Weitere Ausführungen, insbesondere zum Inhalt des dem Kläger von der Beklagten ausgehändigten Merkblattes, erübrigen sich, weil die Beklagte nicht zu einer umfassenden Aufklärung über die Modalitäten der Gewährung von Krankengeld verpflichtet ist. Denn es handelt sich bei der rechtzeitigen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit um eine Obliegenheit des Versicherten (BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 1 KR 25/14 R – juris Rn. 16).
Der Kläger hat auch keinen Krankengeldanspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Er war ab dem 28.02.2018 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V krankenversichert. Dieser neue Status ist gegenüber der Auffangregelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V vorrangig und schließt in Bezug auf das Krankengeld weitere Ansprüche aus (BSG, Urteil vom 16.12.2014 – B 1 KR 25/14 R – juris Rn. 18).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, 4 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Dies bereits deshalb, weil sie außer Kraft getretenes Recht betrifft. Die Vorschrift des § 46 SGB V wurde mit Wirkung ab 11.05.2019 geändert (siehe nunmehr § 46 Satz 3 SGB V). Die Voraussetzungen für das Entstehen eines Anspruchs auf Krankengeld nach dem bis zum 10.05.2019 geltenden Recht sind höchstrichterlich geklärt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, welche rechtlichen Anforderungen an die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung und an die Nahtlosigkeit von ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei abschnittsweise bewilligtem Krankengeld zu stellen sind (so ausdrücklich BSG, Beschluss vom 14.08.2018 – B 3 KR 5/18 B – juris Rn. 8 [zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Rehabilitationsentlassungsbericht]).