Das Gesuch des Klägers, den Sachverständigen Dr. B wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Über den Antrag des Klägers zum Verfahren L 1 KR 81/23, den Sachverständigen Dr. B wegen Befangenheit abzulehnen, ist nach §§ 155 Abs. 4, Abs. 1 i. V. m. 106 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 406 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) durch den Berichterstatter zu entscheiden. Der Beschluss ist im Rahmen des vorbereitenden Verfahrens zu treffen (vgl. MKS/Keller SGG, 23. A. 2023 § 155 Rdnr. 4).
Das Gesuch hat keinen Erfolg.
Nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 406 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 1, 2 ZPO kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Dies setzt demnach voraus, dass hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Sachverständigen zu zweifeln. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftiger Weise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen nicht aus.
Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Dann ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist von maximal einem Monat, zu stellen
Ein solcher Sachverhalt kann vorliegen, wenn ein Antragsteller den Ablehnungsgrund aus dem Verhalten des Gutachters bei der Untersuchung bzw. aus dem Inhalt des Gutachtens herleitet. Dann ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist von regelmäßig maximal einem Monat, zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. bereits Beschluss vom 14. Dezember 2005 – L 1 B 1051/05 SF), jedenfalls innerhalb der Frist nach § 411 Abs. 4 ZPO.
Soweit der Kläger den Sachverständigen nicht nur aufgrund der gutachterlichen Äußerungen, sondern auch aufgrund von Bemerkungen während der Untersuchung am 15. November 2023 für befangen hält, ist der Antrag demnach verspätet. Von einer Rüge insoweit ist auszugehen, weil sich die Vorwürfe zwar „im Wesentlichen“ aus den Äußerungen im Gutachten ergeben sollen, diese damit aber nicht abschließend sein sollen.
Verspätet ist der Antrag damit, soweit der Gutachter süffisante Bemerkungen gemacht haben soll, bzw. solche, die zynisch gewirkt hätten.
Es ist nicht zu erkennen, dass die Äußerungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 15. November 2023 und dessen Ergänzung vom 30. März 2024 hinreichend Objektivierbares für eine Besorgnis der Befangenheit enthalten.
Der Kläger hat keine Gründe benannt, die Anlass geben könnten, an der Unparteilichkeit des ernannten Sachverständigen Dr. B zu zweifeln:
Dass der Sachverständige von der Idee geprägt sein könnte, der Rechtsstaat dürfe nicht, jedenfalls nicht vom Kläger, in Anspruch genommen werden, lässt sich den in der Antragsschrift wiedergegebenen Äußerungen nicht einmal im Ansatz entnehmen. Soweit wiederholt die vielen durchgeführten Klageverfahren angesprochen werden, findet dies seinen Niederschlag in der Diagnose u. a. einer „Kombinierten Persönlichkeitsstörung mit vor allem querulatorischen Zügen in Sublimation von Trotz und Kompensation von Kränkung (F61.0)“.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte, der Sachverständige wolle dem Kläger einen Erfolg im hiesigen Rechtsstreit nicht gönnen. Er hat nur sein „Urteil“ im „wohlverstandenen Interesse“ (des Klägers) klar geäußert.
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Sachverständige dem Kläger die für diesen medizinisch notwendige Heilbehandlung versagen will.
Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Gutachtens und seine Verwendbarkeit ist zu trennen von der nach Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit.
Dass seine gutachterlichen Aussagen zu der Frage, was aus seiner Sicht medizinisch notwendig ist, nicht mit derjenigen des Klägers korrelieren, rechtfertigt somit nicht den Anschein einer Befangenheit.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Sachverständige vorsätzlich anderer ärztliche Stellungnahmen ignoriert haben könnte. Selbst wenn die Feststellungen des Sachverständigen fehlerhaft sein sollten, ist ihnen nicht zu entnehmen, dass sie in parteilicher Absicht getroffen sein könnten. Unklarheiten, Widersprüche und neue Sachverhalte können und müssen gegebenenfalls vom Gericht vor seiner Entscheidung in der Sache geklärt werden, sofern sie für die konkret zur Beurteilung stehende Fragestellung erheblich sind.
Entsprechendes gilt für die Sachverhaltsannahmen des Sachverständigen.
Selbst wenn Feststellungen insoweit fehlerhaft sein sollten, ist ihnen nicht zu entnehmen, dass sie auch nur möglicherweise in parteilicher Absicht getroffen worden sein könnten.
Auch soweit sich der Kläger an der Wortwahl des Gutachters stört, insbesondere in dessen Ergänzung, verhilft dies dem Antrag nicht zum Erfolg.
Die von einem Richter oder Sachverständigen gewählte Ausdrucksweise nur dann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie den insoweit bestehenden Spielraum überschreitet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 12. Februar 2002 -4 U 54/02-, MDR 2003, 50, juris-Rdnr.6). Hierfür ist hier nichts ersichtlich. Es ist Aufgabe eines Sachverständigen, seine Auffassung ungeschminkt darzustellen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).