L 18 AS 447/23

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18.
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 1823/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 447/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. März 2023 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1 des Tenors wie folgt zu fassen ist:

Der Rücknahme–  und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2009 wird aufgehoben. Der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2018 wird aufgehoben, soweit er den Widerspruch der Kläger gegen die Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen des Beklagten für die Zeit vom 1. November 2007 bis 28. Februar 2009 zurückweist.

 

Der Beklagte hat den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Der am  1967 geborene Kläger zu 1) und die mit ihm verheiratete Klägerin zu 2), geboren am  1967, sind die Eltern der am  2004 geborenen K-S H (K). Der in zweiter Ehe verheiratete Kläger zu 1) ist ferner der Vater einer weiteren Tochter, J H (J), geboren am  1992, sowie des am 1985 geborenen und am 2016 verstorbenen Sohnes S H (S). Die Kläger bildeten mit den Töchtern und zeitweise auch mit dem Sohn eine Bedarfsgemeinschaft (BG). Sie bezogen erstmalig ab 10. Januar 2006 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 teilte der Kläger zu 1) dem Beklagten mit, er sei wieder berufstätig und bat die Zahlung einzustellen.

 

Auf den am 15. Oktober 2007 gestellten Antrag bewilligte der Beklagte den Klägern sowie K, S und J mit Bescheid vom 28. Januar 2008 idF des Schreibens vom 6. März 2008 für den Leistungszeitraum 1. November 2007 bis 30. April 2008 Leistungen in Höhe von (iHv) monatlich 520,80 € (Leistungen für 10/07: 0 €). Mit dem Änderungsbescheid vom 17. Juni 2008 wurden ihnen unter (teilweiser) Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen für März und April 2008 Leistungen iHv 126,89 € (März 2008) bzw. 987,80 € (April 2008) bewilligt. Auf den Folgeantrag vom 29. Mai 2008 wurden den Mitgliedern der BG mit dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 17. Juni 2008 für die Zeit vom 29. Mai 2008 bis 31. Mai 2008 110,40 €, für Juni 2008 1.380,- € sowie für Juli und August 2008 jeweils 1.397,- € an Leistungen gewährt. Mit dem Bewilligungsbescheid vom 21. August 2008 wurden ihnen für den Leistungszeitraum von September 2008 bis Februar 2009 monatlich 1.181,- € bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 18. November 2008 wurden wegen eines Haftantritts des S unter Aufhebung des Bescheides vom 21. August 2008 für die Kläger sowie K und J noch 1.116,- € für Dezember 2008 und für die Monate Januar und Februar 2009 jeweils 1.096,- € an Leistungen bewilligt. Mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 12. Februar 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern sowie K und J für den Leistungszeitraum März 2009 bis August 2009 monatlich 1.096,- €.

 

Mit (getrennten) Schreiben vom 26. Februar 2009 teilte der Beklagte den Klägern sowie S unter Hinweis auf § 24 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) mit, dass er Kenntnis davon erhalten habe, dass der Kläger zu 1) sowie J und S im Jahr 2007 Zinseinnahmen bei der Sparkasse Oder Spree (SOS) erzielt hätten. Mit Schreiben vom 27. Februar 2009 gab der Kläger zu 1) an: Weder er noch seine Kinder hätten bislang Kenntnis von den Zinseinnahmen gehabt. Nach Rücksprache mit seinem Vater H(-J) H (H) sei Folgendes mitzuteilen: Seine Eltern hätten für ihn und die Enkel J und S Geld in Form von Sparbüchern angelegt. Er und seine Kinder könnten erst nach dem Ableben der Eltern über das Guthaben oder Zinsen verfügen. Die ausschließliche Verfügungsgewalt habe nur H. Mit Schreiben vom 23. März 2009 legte der Kläger zu 1) eine Bestätigung der SOS über die Anlage von Sparbüchern für den Kläger zu 1) sowie S und J vor. Die Inhaber der Sparbücher hätten zugestimmt, dass H im Besitz der Bücher bleibe und er durch eine Vollmacht die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die die Sparbücher habe. Erst nach dem Ableben von H sollten sie in den Besitz der Sparbücher gelangen. Mit Darlehensbescheid vom 1. April 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern sowie J, K und S eine „einmalige Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts“ iHv von 1.312,10 €. Mit Bescheid vom 9. April 2009 stellte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II ab 1. Mai 2009 unter Hinweis auf die fehlende Bedürftigkeit der BG ein. Mit ihrem Widerspruch gegen die Einstellung der Leistungen trugen die Kläger vor: Das auf den Sparbüchern eingezahlte Geld sei als Altersvorsorge für den Kläger zu 1) sowie seine Kinder und Enkelkinder gedacht gewesen. H habe dies testamentarisch verfügt und bei der SOS angegeben. Um an das Vermögen zu kommen, hätte der Kläger zu 1) seinem Vater nach dem Leben trachten müssen. Mit Schreiben vom 15. Mai 2009 übersandte die SOS dem Beklagten Kopien der für den Kläger zu 1) sowie J und S ausgestellten Sparkassenbücher und teilte mit, dass H am 6. April 2009 Verfügungen betreffend die Sparbücher von J und S vorgenommen habe. Vom Sparbuch des Klägers zu 1) habe H in 2009 bereits mehrere Verfügungen getätigt. Aus den übersandten Kopien ist ersichtlich, dass am 29. Dezember 2006 auf die Sparbücher insgesamt 450.000,- € eingezahlt (220.000,- € für den Kläger zu 1), jeweils 115.000,- € für J und S) worden waren. Aufgrund von Barabhebungen ab 3. März 2009 verminderten sich die Guthaben auf den Sparkonten bis zum 6. April 2009 auf insgesamt 19.463,80 €.

 

Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 und 23. Juli 2009 gab der Beklagte den Klägern Gelegenheit, sich zu einer beabsichtigten Rücknahme der Leistungsbewilligungen und Rückforderung der Leistungen sowie gezahlter Beiträge zur Sozialversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007 und vom 1. Oktober 2007 bis 30. April 2009 zu äußern. Mit Schreiben vom 17. Juli 2009 gab die Klägerin zu 2) an, sie habe keinerlei Kenntnis von den „Ende der 90er Jahre“ angelegten Konten gehabt. Zum Zeitpunkt der Anlage der Sparbücher habe sie den Kläger zu 1) noch gar nicht gekannt. Mit Schreiben vom 22. Juli 2009 wandte sich H an den Beklagten und teilte mit: Seine Ehefrau und er hätten testamentarisch festgelegt, dass Geld und Grundstücke erst nach ihrem Tod übergehen sollten und sich deshalb die freie Verfügungsgewalt vorbehalten. Sollten seine Frau und er zum Pflegefall werden, würde das gesamte Vermögen aufgebraucht werden. Die Klägerin zu 2) wisse vom Testament und den lange vor ihrer Heirat mit dem Kläger zu 1) zwischen 1997 und 1999 angelegten Sparbüchern nichts. Da der Kläger zu 1) vor der Eheschließung 1994 Gütertrennung vereinbart habe, komme die Schwiegertochter auch nach seinem Tod nicht an Geld und Güter heran. Der Kläger zu 1) erklärte mit Schreiben vom 8. August 2009, er habe keine Kenntnis von den Sparbüchern „mit solch gewaltigen Guthaben“ gehabt.

 

Der Beklagte nahm für K mit einem Bescheid vom 5. Oktober 2009 und für die Kläger sowie S und J mit drei Bescheiden vom 6. Oktober 2009 alle Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 25. Oktober 2007 bis 31. März 2009 unter Hinweis auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 in der bis 31 Juli 2016 geltenden Fassung SGB II (aF) iVm § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zurück und forderte die Erstattung der überzahlten Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die geforderte Erstattungssumme belief sich für die Kläger auf 12.307,72 €. Von K, J und S wurden Beträge iHv 1.550,80 € bzw. 2459,02 € bzw. 3.982,94 € zurückgefordert. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die von dem Kläger zu 1) sowie J und S erteilten Vollmachten jederzeit widerrufbar gewesen seien und H dann zur Herausgabe der Sparbücher verpflichtet gewesen wäre. Daher hätten der Kläger zu 1) sowie J und S über das gesamte auf den Sparbüchern eingezahlte Vermögen verfügen können. Die Kläger hätten grob fahrlässig unvollständige und fehlerhafte Angaben gemacht.

 

Hiergegen legte der Kläger zu 1) für sich sowie seine Ehefrau und Kinder mit Schreiben vom 4. November 2009 Widerspruch ein und trug vor: Er habe zwar geahnt, dass Vermögen in Form von Geld, Aktien o.ä vorhanden sein würde. Von dem Vermögen auf den Sparbüchern habe er aber erst durch den Beklagten erfahren. Mit Teilabhilfebescheid vom 19. Juni 2013 reduzierte der Beklagte den von den Klägern mit Bescheid vom 6. Oktober 2009 geforderten Erstattungsbetrag auf 11.337,59 € und führte zur Begründung aus, dass für März 2009 eine Rücknahme der Bewilligungsentscheidung gemäß § 45 SGB X nicht möglich sei, weil für diesen Zeitraum die Leistungen aufgrund des Bescheides vom 12. Februar 2009 vorläufig bewilligt worden seien. Mit Festsetzungs- und Erstattungsbescheid vom 19. Juni 2013 erklärte der Beklagte gegenüber den Klägern den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 12. Februar 2009 für die Monate März und April 2009 für endgültig und forderte für März 2009 von den Klägern einen Betrag iHv 970,13 zurück.

 

Mit Schreiben vom 12. August 2013 ließen die Kläger durch ihren Verfahrensbevollmächtigten vortragen: Auch bei einem Widerruf der Vollmachten wäre es nie zu einer Auszahlung von Guthaben an den Kläger zu 1) gekommen, da nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der SOS die Vorlage des Sparbuchs erforderlich gewesen wäre. Selbst wenn es dem Kläger zu 1) im Außenverhältnis möglich gewesen wäre, auf das auf seinen Namen ausgestellte Sparbuch zuzugreifen, wäre er aufgrund des Innenverhältnisses zu seinem Vater zur Rückzahlung der abgehobenen Beträge verpflichtet gewesen.

 

Nachdem den Klägern und ihren Kindern mit Schreiben vom 11. September 2013 binnen 2 Wochen unter Hinweis auf § 24 SGB X (nochmals) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2018 u.a. die Widersprüche der Kläger und der K gegen die Bescheide vom 5. und 6. Oktober 2009 zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Der Kläger zu 1) hätte nach den §§ 812, 818 Abs. 1 Halbs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegenüber H einen Anspruch auf Herausgabe des auf seinen Namen ausgestellten Sparbuchs gehabt. Bei alleiniger Vorlage des Sparbuchs hätte H bei einem Widerruf der Vollmacht auch keinen Auszahlungsanspruch gegenüber der SOS gehabt. Ausgehend von einem Sparbuchguthaben des Klägers zu 1) von 220.000,- € sei der Bedarf der BG gedeckt gewesen, sodass keine Hilfebedürftigkeit vorgelegen habe.

 

Mit der beim Sozialgericht (SG) Cottbus erhobenen Klage vom 17. Dezember 2018 haben sich der Kläger zu 1), dessen Vater am 23. Februar 2021 verstorben ist, und die Klägerin zu 2) gegen den sie betreffenden Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 6. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2018 gewandt. Das Klageverfahren der K ist vom SG zunächst unter dem Aktenzeichen 37 S 1822/18 registriert, dann durch Beschluss vom 9. Juli 2021 mit dem vorliegenden Verfahren verbunden und mit Beschluss vom 24. März 2023 abgetrennt und ruhend gestellt worden.

 

Das SG hat mit Urteil vom 24. März 2023 den Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018 aufgehoben. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt: Die Klage sei als reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und in der Sache auch begründet. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018 sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Die rechtlichen Voraussetzungen zum Erlass eines Rücknahmebescheides nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 SGB X, der über § 40 Abs. 1 SGB III (gemeint: SGB II) anwendbar sei, hätten bereits dem Grunde nach nicht vorgelegen, so dass auch eine Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X nicht in Betracht gekommen sei. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, denn die Leistungsbewilligungen für die Kläger und die übrigen Mitglieder der BG seien rechtmäßig gewesen. Die Anspruchsberechtigung nach den §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1, 19, 20 SGB II habe im gesamten streitigen Leistungszeitraum vorgelegen. Insbesondere seien die Kläger nach § 9 Abs. 1 SGB II bedürftig gewesen. Sie hätten nicht nach § 12 Abs. 1 SGB II über ein verwertbares Vermögen verfügt, das die Grundfreibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II überstiegen hätte. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die von H auf den Sparkassenbüchern eingezahlten Beträge Vermögen des Klägers zu 1) oder der Kinder J und S gewesen wären und ihnen die Guthaben zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung gestanden hätten oder hätten stehen können. Dazu sei im Ergebnis indes nichts ersichtlich. Der Vertrag über die Einzahlung eines Guthabens bei einem Sparbuch richte sich nach § 488 BGB. Es handele sich dabei um ein Darlehensvertrag zwischen dem Gläubiger - mithin dem Einzahler - und der Bank - mithin dem Schuldner -, der das eingezahlte Geld zuzüglich von Zinsen zurückzahlen müsse. Wer Gläubiger sei, hänge dabei davon ab, wer mit der Bank welchen Vertrag geschlossen habe. Bei einem Sparbuch handele es sich dabei um ein Inhaberpapier nach § 808 BGB. Die Bank sei bei Vorlage des Sparbuches berechtigt, an den Vorlegenden mit schuldbefreiender Wirkung zu leisten. Gläubiger sei grundsätzlich derjenige, der im Sparbuch als Inhaber ausgewiesen sei. An der bloßen Inhaberschaft aus einem Sparkassenbuch müsse sich indes niemand als Gläubiger zwingend festhalten lassen. Lege nämlich ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes oder eines Enkels an, ohne das Sparbuch selbst aus der Hand zu geben, so sei aus diesem Verhalten in der Regel zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten wolle. Dieser zivilrechtlichen Rechtsprechung habe sich auch das Bundessozialgericht (BSG) angeschlossen und diese Grundsätze gälten durchgehend seither. So liege auch der Fall hier: Es stehe nämlich fest, dass weder der Kläger zu 1) noch S und J zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich Besitz an den Sparkassenbüchern gehabt hätten. Der Kläger zu 1) habe – in Übereinstimmung mit den sich bereits aus den Verwaltungsakten ergebenden Urkunden - dazu angegeben, dass sowohl er als auch S und J bei ihnen zu Hause die von H bereits mitgebrachten und vorgelegten Vollmachten lediglich unterzeichnet hätten. Sein Vater habe in ihrer Abwesenheit und alleine auf der Sparkasse die Sparkassenbücher anlegen lassen. Bei der Bank seien sie überhaupt nicht mit dabei gewesen. Zu keinem Zeitpunkt seien sie im Besitz dieser Sparbücher gewesen und hätten auch nicht einmal gewusst, welche Beträge darauf überhaupt eingezahlt worden seien. Das Barvermögen habe der Vater erworben, nachdem er ein 60.000 qm großes Grundstück nach der Wende parzelliert und einzelne Grundstücke daraus habe veräußern können. Diese Angaben stimmten mit der schriftlichen Stellungnahme des H überein, die dieser bereits am 22. Dezember 2009 gegenüber dem Beklagten abgegeben habe. In dieser Stellungnahme habe H angegeben, dass das Geld und die Grundstücke erst nach seinem Tod und dem Tod seiner Ehefrau, der Mutter des Klägers zu 1), - wie im nicht mehr abänderbaren Testament festgelegt - übergehen sollen. Sollte er oder seine Frau zu einem Pflegefall werden, so wäre das gesamte Vermögen aufgebraucht worden. Es bestünden keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der hierzu von dem Kläger zu 1) und H gemachten Angaben. Denn über deren bloße eigenen Angaben hinaus sprächen auch die bereits zur Verwaltungsakten gelangten Urkunden (dafür). Jeder der drei Inhaber der Sparkonten habe dem Vater des Klägers zu 1) als Einzahler eine Vollmacht erteilt über das gesamte Sparkonto, einzeln ab sofort und über den Tod hinaus zu verfügen. Diese Vollmachten seien durch die SOS am gleichen Tag in die Sparkassenbücher eingetragen worden. Ferner werde das Vorbringen des Klägers zu 1) und seines Vaters nicht zuletzt auch durch die SOS im Schreiben vom 17. März 2009 ausdrücklich bestätigt. Darin sei ausgeführt, dass zugestimmt sei, dass der Vater des Klägers zu 1) im Besitz der Sparkassenbücher bleibe und durch eine Vollmacht die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Sparbücher habe und (diese) erst nach dem Ableben in den Besitz des Klägers zu 1) gelangen sollten. Zuletzt sei aus den Kopien der Sparkassenbücher selbst heraus ebenfalls ersichtlich, dass nur dort die Kapitalzinsen gutgeschrieben worden und Barabhebungen erfolgt seien. Am 6. April 2009 seien nur noch die Zinsbeträge auf den Sparbüchern belassen gewesen. Soweit der Beklagte vorgetragen habe, dass der Kläger zu 1) offenbar doch selbst das Sparkassenbuch am 14. Juli 2011 aufgelöst und mithin in Besitz gehabt haben müsse, werde diese Auffassung nicht geteilt. Der Kläger zu 1) - persönlich dazu gehört – habe erklärt, dass die auf der Schließung des Sparbuches enthaltene Unterschrift nicht die seinige, sondern diejenige seines Vaters sei. Ferner sei auch der Restbetrag nicht auf sein Konto, sondern auf dasjenige seines Vaters ausgezahlt worden, denn die angegebene Kontonummer sei nicht sein Girokonto gewesen, sondern dasjenige seines Vaters. Soweit der Beklagte dazu weiter vorgetragen habe, dass die Personalausweisnummer des Klägers dort aufgeführt sei und H zB in seinem Mietvertrag eine völlig andere Unterschrift verwendet habe, so sei auch dies nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Angaben zu hegen. Die ausgewiesene Ausweisnummer sei zwar diejenige des Klägers zu 1), die sich allerdings auch bereits auf der Vollmachtsurkunde vom 29. Dezember 2006 befinde und ohne Weiteres durch die Bank dort eingetragen worden sein dürfte. Hinsichtlich der Unterschrift sei zwar richtig, dass diese sich von derjenigen des Vaters des Klägers zu 1) aus dem Jahr 1998 unterscheide, sehr wohl aber identisch sei mit einer Unterschrift vom 22. Juli 2009 des H. Danach gebe es kein ausreichendes Indiz dafür, dass bei der Auflösung des Sparbuches der Kläger zu 1) selbst im Besitz des Sparbuches gewesen sein müsse. Zudem sei die Auflösung auch noch weit nach Ablauf des Leistungszeitraumes erfolgt. Es sei erwiesen, dass die Kläger zu 1) sowie J und S zu keinem Zeitpunkt auch nur eines der drei Sparbücher in Besitz gehabt hätten. An der bloßen Inhaberschaft müssten sich danach der Kläger zu 1) und seine Kinder nicht festhalten lassen. Die Kläger hätten zu keinem Zeitpunkt auch nur einen Teil des Vermögens, das H auf die Sparbücher eingezahlt hätte, für sich zur Bestreitung des Lebensunterhaltes fruchtbar machen können. Soweit der Beklagte die Rechtsauffassung vertrete, dass der Kläger zu 1) sowie J und S die erteilten Vollmachten hätten widerrufen können und danach einen Herausgabeanspruch auf die Sparbücher gehabt hätten, sei dies rechtsirrig und bedürfe keiner weiteren ausführlichen rechtlichen Ausführungen. Als Rechtsgeschäft für eine Eigentümerstellung des Klägers zu 1) und der beiden Kinder wäre allenfalls eine Schenkung nach § 516 BGB in Betracht gekommen. Diese wäre aber gerade nicht wirksam gewesen, denn sie sei weder notariell beurkundet, noch sei sie gerade vollzogen worden. Denn dazu hätte es der Übergabe der Inhaberpapiere bedurft. Ein Widerruf der Vollmachten wäre insoweit schlicht ins Leere gelaufen.

 

Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen das angegriffene Urteil und trägt vor: Der Kläger zu 1) habe die alleinige Forderungsinhaberschaft bezüglich der Sparguthaben gehabt. Zwischen H und dem Kläger zu 1) sei vertraglich nichts hinsichtlich des Zwecks der Spareinlage geregelt worden Als Eigentümer des Sparbuchs hätte der Kläger zu 1) gegenüber H einen zum Vermögen iSd § 12 SGB II zählenden und jederzeit realisierbaren Herausgabeanspruch gehabt. Dass der Vater die Sparbücher in seinem Besitz gehabt habe, ändere nichts an der Kontoinhaberschaft. Soweit behauptet werde, dass das Geld erst nach dem Tod der Eltern des Klägers zu 1) hätte übergehen sollen, passe dies nicht zu den bereits im März/April 2009 vorgenommen Abhebungen von 225.000,- € und der im Juli 2011 vorgenommenen Auflösung des Sparkassenbuchs. Die dem H erteilte Kontovollmacht vom 29. Dezember 2006 hätte jederzeit widerrufen werden können, sodass das Sparkassenbuch hätte herausverlangt werden können. Nach einem gegenüber der SOS erklärten Widerruf hätte H auch nicht alleine durch Vorlage des Sparbuchs eine Auszahlung erwirken können oder das Sparbuch auflösen können. Die Sparkasse hätte nämlich die Berechtigung zur Auszahlung bzw. Auflösung prüfen müssen. Schließlich liege auch eine zur Aufhebung der Bewilligungen berechtigende grobe Fahrlässigkeit vor, weil Vermögen verschwiegen worden sei, nach dem in den Antragsunterlagen explizit gefragt worden sei.

 

Der Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. März 2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Kläger beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

 

Sie verteidigen das angegriffene Urteil.

 

 

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

 

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bde.) und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Bde) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung geworden sind.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

 

Streitgegenstand ist neben dem Urteil des SG der die Kläger betreffende Bescheid vom 6. Oktober 2009, der unter Berücksichtigung des Teilabhilfebescheides vom 19. Juni 2013, mit dem die Rücknahme der SGB II-Bewilligungsentscheidung nebst Erstattungsentscheidung für den Monat März 2009 aufgehoben worden war, nur noch die Rücknahme der SGB-Leistungsbewilligungen sowie die Erstattung überzahlter Leistungen für die Zeit vom 1. November 2007 bis 28. Februar 2009 erfasst und der Widerspruchsbescheid vom 13. November 2018, soweit er den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 6. Oktober 2009 zurückweist. Soweit mit dem Widerspruchsbescheid vom 13. November 2018 weitere Entscheidungen gegenüber den Klägern bzw. gegenüber K getroffen wurden, sind sie nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dementsprechend war Ziffer 1 des Tenors des angegriffenen Urteils klarzustellen.

 

Die Anfechtungsklage der Kläger, mit der sie bei verständiger Würdigung (§ 123 SGG) die Aufhebung der mit dem Widerspruchsbescheid vom 13. November 2008 bestätigten Rücknahme der SGB II-Leistungsbewilligungen und Erstattungsentscheidungen für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 28. Februar 2009 begehren, ist zulässig. Insbesondere besteht für die Anfechtungsklage auch insoweit ein Rechtschutzbedürfnis, als der Beklagte die nur vorläufige Leistungsbewilligung für die Zeit vom 29. Mai 2008 bis 31. August 2008 (Bescheid vom 17. Juni 2008) unter Hinweis auf § 45 SGB X zurückgenommen hat. Zwar kann nach verbreiteter Ansicht die Klage gegen einen endgültigen Bewilligungsbescheid nicht mit dem Ziel der Wiederherstellung einer vorläufigen Regelung geführt werden, weil dadurch in die Verfahrensherrschaft der Behörde eingegriffen würde (vgl. Düe, in Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021 Rn. 34 mwN, vgl. ferner BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 14 AS 13/24 R -, juris Rn. 16). Es kann offenbleiben, ob und ggfs. unter welchen Umständen entsprechendes auch für die Klage gegen einen eine vorläufige Regelung kassierenden Rücknahmebescheid zu gelten hätte. Denn die Kläger begehren mit der Klage gegen die Rücknahme des Bescheides vom 17. August 2008 nicht die Wiederherstellung einer vorläufigen Regelung. Die Vorläufigkeit der Bewilligung durch den Bescheid vom 17. August 2008 ist nämlich noch vor dem Erlass des die Rücknahmeentscheidung vom 6. Oktober 2009 bestätigenden Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018 entfallen. Mit dem Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 53 des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches – Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1824) zum 1. August 2016 war nach der Übergangsvorschrift des – zum 1. Januar 2023 durch Art. 1 Nr. 49 des Bürgergeld-Gesetzes vom 16. Dezember 2022 wieder aufgehobenen (BGBl. I 2022, S. 2328) - § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II für die abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche für Bewilligungszeiträume, die vor dem 1. August 2016 beendet waren, der mit Wirkung zum 1. August 2016 in das SGB II eingefügte § 41a nach seinem Abs. 5 Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Jahresfrist mit dem 1. August 2016 begann. Nach § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II gelten vorläufig bewilligte Leistungen als abschließend festgesetzt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung ergangen ist. Da der Beklagte hinsichtlich des vor dem 1. August 2016 beendeten Leistungszeitraums vom 29. Mai 2008 bis 31. August 2008 keine abschließende Entscheidung getroffen hatte, galt die vorläufige Bewilligung mit Ablauf des 31. Juli 2017 als abschließend festgesetzt. Dementsprechend verfolgen die Kläger mit ihrer zulässigen Anfechtungsklage für den Zeitraum vom 29. Mai 2008 bis 31. August 2008 – nicht anders als für den übrigen streitbefangenen Zeiträume - die Wiederherstellung endgültiger Bewilligungen durch Kassation der Rücknahmeentscheidung im Bescheid vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018.

 

Die Klage ist auch begründet.

 

Der angefochtene, durch den Teilabhilfebescheid vom 19. Juni 2013 geänderte Bescheid des Beklagten vom 6. Oktober 2009, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.

 

Wie vom SG zutreffend ausgeführt worden ist, lagen die Voraussetzungen für den Erlass eines Rücknahmebescheides nach § 45 Abs. 1 Abs. 2 Satz 3 iVm § 40 Abs. 1 SGB II aF bereits dem Grunde nach nicht vor, sodass auch eine Erstattung nach § 50 SGB X nicht in Betracht kam.

 

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser, wie aus § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) folgt, auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kann sich der durch den rechtswidrigen Verwaltungsakt Begünstigte auf Vertrauen u.a. nicht berufen, soweit u.a. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).

 

Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass die von dem Beklagten für die Zeit vom 1. November 2007 bis 28. Februar 2009 aufgehobenen Bewilligungen rechtswidrig waren. Eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidungen wäre hier nur für den Fall anzunehmen, dass die Kläger bzw. andere Mitglieder der BG über ein die Grundfreibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteigendes verwertbares Vermögen iSd § 12 Abs. 1 SGB II verfügt hätten. Dies war nicht der Fall. Zur Begründung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil (S. 8 letzter Absatz bis S. 12 erster Absatz) Bezug genommen. Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung lediglich auszuführen: Zu Lasten der Kläger war in den hier streitigen Zeitabschnitten kein Vermögen aufgrund der von H angelegten Sparbücher einzustellen. Denn die Guthaben auf den Konten standen ausschließlich H zu. Dieser war zwar nicht namentlich im Sparbuch eingetragen, sondern die Sparbücher waren auf den Sohn bzw. die Enkel ausgestellt. Es bestand jedoch zwischen der Sparkasse und H als den am Abschluss der Darlehensverträge beteiligten Parteien Einigkeit, dass die Forderungen auf der Grundlage dieser Sparbücher H zustehen sollten und er deshalb auch im Besitz dieser Sparbücher bleiben sollte. Dies hat neben dem mittlerweile verstorbenen H auch die SOS mit Schreiben vom 17. März 2009 bestätigt. Es spricht auch nichts dafür, dass die Kläger während des streitbefangenen Zeitraums in den Besitz dieser Sparbücher gekommen waren. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass zwischen dem Kläger zu 1) und H vertraglich nichts hinsichtlich des Zwecks der Spareinlage geregelt war. Eine solche Regelung wäre aber notwendig gewesen, um einen Rechtsgrund für einen Zugriff des Klägers zu 1) auf das bei der SOS deponierte Vermögen zu schaffen. Denn es ist für die Zeit bis zum 29. Dezember 2006 unstreitig, dass die auf den Sparbüchern von H eingezahlten Beträge Vermögen des H bzw. des H und seiner Ehefrau gewesen waren. Der Sachverhalt bietet – außer der formalen Ausstellung der Sparbücher auf die Namen des Klägers zu 1) und der Enkelkinder J und S – keinerlei Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Annahme des Beklagten, H bzw. die Eltern des Klägers zu 1) hätten dem noch unmittelbar vor Anlegung der Sparbücher mit seiner „Patchworkfamilie“ im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Kläger zu 1) bereits zu Lebzeiten größere Zuwendungen zukommen lassen wollen. Es bestand aus Sicht des H erkennbar die –  sich im vorliegenden Verfahren realisierende – „Gefahr“, dass die in finanziell prekären Verhältnissen lebenden Familie seines Sohnes zugewandte Mittel zur Gewährleistung ihres Existenzminimums hätte einsetzen müssen, ohne gegebenenfalls erneut auf Grundsicherungsleistungen zurückgreifen zu können. Vor diesem familiären Hintergrund und der von H nachvollziehbar geschilderten Absicht, sich den Zugriff auf die Vermögenswerte zwecks Sicherung seines eigenen Lebensstandards im Alter zu erhalten, erscheint es absolut lebensfremd, von der Annahme von Schenkungen mit „warmer Hand“ zugunsten des Klägers zu 1) und seiner Kinder aus erster Ehe auszugehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist vielmehr daraus, dass ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines (Enkel-)Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben – wie es vorliegend der Fall war -, typischerweise zu schließen, dass er sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten will (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 – XII ZB 425/18 -, juris Rn. 18 mwN). Es trifft zwar zu, dass der Besitz des Sparbuchs in Fällen, in denen es um das Großeltern-Enkel-Verhältnis geht, ein stärkeres Indiz für die Inhaberschaft der Forderung darstellt, als in Fällen des Eltern-Kind-Verhältnisses. Nach der angeführten Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 17. Juli 2019, aaO, Rn. 19f.), auf die der Beklagte Bezug nimmt, kann zwar im Eltern-Kind-Verhältnis bei minderjährigen Kindern dem Besitz des Sparbuchs eine geringere Indizwirkung für die materielle Berechtigung des Einzahlers zukommen als im Großeltern-Enkel-Verhältnis. Das Aufbewahren des Sparbuchs kann in diesem Fall u.U. Ausfluss der elterlichen Sorge sein, mit dem einem Verlust des Sparbuchs vorgebeugt werden soll. Ein derartiger Fall liegt hier aber offensichtlich nicht vor. H hatte die Sparbücher zum einen für seine Enkel J und S und zum anderen für seinen erwachsenen Sohn, den Kläger zu 1), angelegt.

 

Im Übrigen ist der angegriffene Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil der Senat nicht erkennen kann, dass die Kläger grob fahrlässig eine Mitteilungspflicht verletzt haben bzw. ihnen hätte klar sein müssen, dass ihr Anspruch auf SGB II-Leistungen aufgrund der Guthaben auf den Sparbüchern entfallen war. Dass die Sparbücher „leergeräumt“ wurden, nachdem den Klägern durch den Beklagten mitgeteilt worden war, dass Zinserträge auf diesen Sparbüchern gutgeschrieben worden waren, ist im Übrigen eher ein Beleg dafür, dass den Klägern diese Guthaben eben nicht zustehen sollten, denn sie wurden offenbar wegen befürchteter Ansprüche des Beklagten von H von den Konten „abgezogen“.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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