L 12 AS 2669/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 1960/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2669/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11.08.2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren werden nicht erstattet. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der 1. Instanz.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand


Streitig ist die endgültige Festsetzung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von April 2021 bis September 2021.

Der 1962 geborene Kläger ist freier Sportredakteur. Er berichtet über Sportveranstaltungen und stellt die Artikel verschiedenen Medien zur Verfügung. Seine Arbeitsräume sind in der Wohnung untergebracht; es werden zwei Räume der Wohnung gewerblich genutzt. Von der Gesamtmiete im streitgegenständlichen Zeitraum von monatlich 1.050 € entfallen 759,20 € auf die Privaträume und 290,80 € auf die Büroräume.

Im Zuge der Corona-Pandemie fiel ein Großteil der Sportveranstaltungen, über die der Kläger berichtet hatte, aus, so dass es zu einem massiven Auftrags- und Umsatzeinbruch gekommen sei, so der Kläger. Er beantragte deshalb im April 2020 beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Diese wurden vom Beklagten mit Bescheid vom 13.05.2020 vorläufig für den Zeitraum von April bis September 2020 in der Höhe von 1.191,20 € monatlich bewilligt.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom September 2020 bewilligte der Beklagte für Oktober 2020 bis März 2021 vorläufig mit Bescheiden vom 01.10.2020 und 19.10.2020 monatlich 1.191,20 €. In Umsetzung der höheren Regelbedarfe ab Januar 2021 bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21.11.2020 monatlich 1.205,20 € für Januar 2021 bis März 2021.

Im Weiterbewilligungsantrag vom Februar 2021 teilte der Kläger unter anderem mit, es gebe bei ihm keine Trennung zwischen privater und beruflicher Nutzung des Kraftfahrzeugs und berufsbedingte Reisekosten würden derzeit und wohl auch im ganzen Jahr 2021 coronabedingt nicht anfallen. Er gab in der Anlage EKS (zur Ermittlung des vorläufigen Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit) für den Zeitraum von April bis einschließlich September 2021 vorläufige Betriebseinnahmen von insgesamt 7.800 € und vorläufige Betriebsausgaben von insgesamt 10.200 € an. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 19.03.2021 für den Zeitraum von April 2021 bis September 2021 vorläufig monatliche Leistungen in Höhe von 1.205,20 €. Die Summe ergab sich aus dem Regelbedarf von 446 € zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 759,20 € (Grundmiete von 649,70 €, Heizkosten von 45,26 € und Nebenkosten von 64,24 €).

Mit Bescheid vom 07.05.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eine Einmalzahlung von 150 €.

Der Kläger startete in der Zwischenzeit ein Crowdfunding im Internet für die Finanzierung eines Frauenfußball-Magazins. Im Rahmen seines Weiterbewilligungsantrags vom September 2021 gab der Kläger an, hieraus mit Zahlungseingang zum 09.08.2021 eine einmalige Einnahme von 7.729,65 € generiert zu haben. Ein entsprechender Betrag wurde dem Kläger unter diesem Datum auf seinem Konto gutgeschrieben. Mit Bescheid vom 24.09.2021 wurden dem Kläger Leistungen nach dem SGB II vorläufig für die Zeit von Oktober 2021 bis März 2022 bewilligt.

Der Beklagte forderte im Oktober 2021 die Vorlage der abschließenden EKS für den Zeitraum April 2021 bis September 2021 nebst Rechnungen, Quittungen und Belege für die Selbstständigkeit an. Der Kläger legte die Unterlagen im Dezember 2021 vor. Nach der Anlage EKS hatte er im Zeitraum April 2021 bis September 2021 Betriebseinnahmen von insgesamt 14.614,24 € zzgl. 7.729,65 € aus dem Crowdfunding; Betriebsausgaben wurden keine angegeben.

Der Beklagte veranlasste die Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme seitens S1 C1 GmbH. Im Gutachten vom 19.01.2022 gelangten die Gutachter zu dem Ergebnis, es bestehe im Betrachtungszeitraum (April 2021 bis September 2021) nach der Anlage EKS ein durchschnittliches Einkommen von 3.723,98 € monatlich,
welches auf 3.677,19 € zu reduzieren sei. Aufgrund fehlender Angaben zu dem durch das Crowdfunding finanzierten Projekt/Produkt/etc. empfehle man, den Mittelzufluss ebenfalls als zusätzliche Betriebseinnahme zu werten. Der Kläger habe keine Betriebsausgaben angegeben; anhand der Kontoauszüge seien daher entsprechende Betriebsausgaben ermittelt worden, soweit diese der selbstständigen Tätigkeit zuordenbar gewesen seien. So seien Ausgaben zu Berufsverbänden von insgesamt 132 € anzuerkennen, von den Telefonkosten sei die Hälfte, somit 200,82 €, als betrieblich veranlasst zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 14.02.2022 setzte der Beklagte die dem Kläger zustehenden Leistungen für den Zeitraum April 2021 bis September 2021 endgültig mit 0 € je Monat fest. Es wurden als Einnahmen monatlich 3.677,18 € abzüglich eines Freibetrags von 300 €, somit 3.377,18 €, berücksichtigt.

Mit Erstattungsbescheid vom 14.02.2022 forderte der Beklagte vom Kläger die Erstattung der im streitgegenständlichen Zeitraum überzahlten Leistungen in Höhe von monatlich 1.205,20 €, sowie die Einmalzahlung von 150 € aus Anlass der Corona-Pandemie, insgesamt 7.381,20 €.

Den gegen diese Bescheide eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, die Betriebsausgaben seien viel zu niedrig, allein mit Autofinanzierung, Telefon und Versicherungen komme er auf weit über 2.000 €; hinzu kämen noch diverse andere Sachen wie Zeitschriftenabos, Büromaterial etc. Bei den 7.729,65 handele es sich um Einnahmen aus einer Crowdfunding-Aktion für ein neues Magazinprojekt. Diese dürften nicht angerechnet werden, da es sich nicht um Einnahmen im klassischen Sinne handeln würde, weil in der Gesamtsumme eigene Beiträge des Klägers enthalten seien und die „Spender/Unterstützer“ Gegenleistungen dafür erhalten würden (Abos, Trikots etc.). Der Kläger legte weitere Unterlagen zu behaupteten Ausgaben vor. Er gab an, von April bis Oktober 2021 Ausgaben von 14.199,12 €, insbesondere auch wegen Versicherungen (Künstlersozialversicherung), gehabt zu haben.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2022 zurück. Crowdfunding-Einnahmen würden als Betriebseinnahmen gelten und der Steuer unterliegen. Selbst bei Anerkennung der angegebenen Betriebsausgaben von 14.199,12 € betrage der Gewinn in den 6 Monaten 9.296,16 €, monatlich 1.549,36 €. Abzüglich des 300 €-Freibetrags seien dann 1.249,36 auf den Bedarf anzurechnen, womit der Bedarf von 1.205,20 € in voller Höhe gedeckt werde. Abzuziehen sei bei den Betriebsausgaben aber die private Nutzung des Kfz. Ein Fahrtenbuch werde nicht geführt, der private Anteil könne anhand der 1% -Regelung nach dem Einkommensteuergesetz ermittelt werden. Hierbei werde bei der Berechnung der Einkommensteuer 1 % des Bruttolistenpreises des Firmenwagens zum monatlichen Gehalt hinzugerechnet. Der Anschaffungspreis des Fahrzeugs habe 16.806,72 € betragen. 1% hiervon mal 6 Monate würde 1.008,40 € ergeben. Dieser Betrag sei für die private Nutzung von den geltend gemachten Ausgaben abzuziehen.

Hiergegen hat der Kläger am 07.10.2022 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und hat zu deren Begründung wie folgt vorgetragen:

Die Einnahmen aus Crowdfunding seien nicht auf die Grundsicherung anzurechnen, da sie größtenteils aus Spenden bestehen würden oder zurückzuzahlende private Zuwendungen seien.
Um in den 4 Wochen der Crowdfunding-Kampagne stets neue Aufmerksamkeit zu erwirken, habe er auch Eigenbeiträge leisten und Spenden von Verwandten, Freunden etc. annehmen müssen, die dann hinterher zurückgezahlt worden seien bzw. zurückgezahlt werden müssten. Die Eigenmittel am Crowdfunding hätten 3.700 € betragen. Hinzu seien 1.450 € geliehene Gelder von Freunden und Familienangehörigen gekommen, die er in bar zurückgezahlt habe. Der Verband der Gründer und Selbstständigen in Deutschland habe mitgeteilt, dass Crowdfunding nicht als Umsatz zähle und es nicht auf die Grundsicherung angerechnet werde.

Ferner hat der Kläger seine Ausgaben und Einnahmen im streitgegenständlichen Zeitraum umfassend aufgelistet (Schriftsatz vom 29.12.2022), auch die bisher nicht mitgeteilten Klein- und Barbeträge. Auch sei die Berechnung der privaten Nutzung des Autos falsch; ebenso der Abzug von 50 % der Telefon- und Internetkosten. Im Zeitalter von Flatrates seien keine zusätzlichen Kosten für Privatgespräche gegeben. Auch sei er Freiberufler und erstelle keine monatlichen Finanzen, ihm könne auch der Zusatzaufwand für die Leistungen eines Steuerberaters mitten im Geschäftsjahr nicht zugemutet werden. Der Kläger hat weiterhin vorgetragen, es sei schon fraglich, ob der Beklagte die Leistungsbewilligung mit einem wirksamen Vorläufigkeitsvermerk versehen habe. Zwar sei zunächst eine vorläufige Entscheidung erlassen worden, es sei aber sehr zweifelhaft, ob die erforderlichen Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten.
Es gehe im vorliegenden Fall auch um die grundsätzliche Frage, ob der Beklagte als zuständiger Sozialleistungsträger dazu berechtigt sei, für die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit externe Gutachter „anzuheuern“. Gemäß § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II würden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch entscheiden, weshalb es weder nötig noch statthaft sei, diese hoheitliche Aufgabe an Dritte zu übertragen. Selbstverständlich könne es bei vorläufigen Entscheidungen immer einmal zu Überzahlungen kommen, wenn das tatsächliche Einkommen höher ausgefallen ist, als es vorläufig prognostiziert gewesen sei; aber dass für einen Zeitraum von 1,5 Jahren Überzahlungen in fünfstelliger Höhe geltend gemacht würden, sei doch sehr ungewöhnlich. Vor diesem Hintergrund sei über einen zumindest teilweisen Erlass der noch verbleibenden Erstattungsforderungen gemäß § 44 SGB II nachzudenken.

Der Beklagte hat hierauf mitgeteilt, die geltend gemachte Privatmiete von 759,20 € x 6 Monate, also 4.555,20 €, seien schon als Kosten der Unterkunft berücksichtigt und könnten daher nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Bezüglich des Kraftfahrzeugs werde, da kein Fahrtenbuch geführt worden sei, nach der 1 %-Regelung vorgegangen und dementsprechend monatlich 1 % des Anschaffungspreises, also 1.008,40 €, als geldwerter Vorteil in Abzug gebracht. Der private Anteil für die Hausratversicherung von 147,16 € und 50 % der Telefon- und Internetkosten
(200,82 €) seien wegen privater Nutzung nicht zu berücksichtigen, ebenso nicht die Kopien für das Verfahren mit dem Beklagten. Die Einkommensteuer von 1.005 € und die Versicherungsbeiträge bei der Künstlersozialkasse von 837 € seien vom Gewinn nach § 11b Abs. 1 SGB II in Abzug zu bringen. Bei den Einnahmen aus Crowdfunding seien die Eigenmittel von 3.700 € und die nachweislich an Freunde und Verwandte im Juli und August 2021 zurückgezahlten Beträge von insgesamt 1.000 € in Abzug zu bringen. Denn diese Beiträge seien als Betriebsdarlehen zu sehen und es sei maßgeblich, wann die Rückzahlung erfolge. Mithin seien Betriebsausgaben von 11.125,82 € anzuerkennen. Demnach würde sich ein Bruttogewinn von 7.940,96 € ergeben. Nach Abzug der Rentenversicherungsbeiträge und der Einkommensteuer sei von einem Nettogewinn von 6.098,96 €, monatlich 1.016,49 €, auszugehen. Nach Abzug des Freibetrags seien hiervon monatlich 716,49 € auf den Bedarf anzurechnen; die Rückforderungssumme reduziere sich damit auf insgesamt 4.298,94 €.

Im Erörterungstermin am 09.08.2023 hat der Beklagte sein Teilanerkenntnis erweitert. Er hat erklärt, er rechne nunmehr im Zeitraum von April bis September 2021 nach Abzug des Freibetrages von 300 € monatlich nur noch 693,16 € auf den Bedarf an. Der Erstattungsbetrag werde daher auf 4.158,96 € reduziert. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und beantragt, die streitgegenständlichen Bescheide im Übrigen aufzuheben.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 11.08.2023 nach vorheriger Anhörung die über das Teilanerkenntnis hinaus aufrechterhaltene Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf eine höhere Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom April 2021 bis September 2021 zu, als mit den angefochtenen Bescheiden in Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 09.08.2023 bewilligt. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung vorgelegen hätten.
Während der Zeit der erheblichen Unsicherheiten und Umsatzeinbußen in der Corona-Pandemie seien die klägerischen Einnahmen stark gesunken gewesen, weshalb bei Antragstellung im Februar 2021 unklar gewesen sei, wie sich die Situation bei dem selbstständig tätigen Kläger entwickeln würde. Der Beklagte sei daher zunächst prognostisch zu Recht von den damals gemachten Angaben des Klägers ausgegangen und habe deshalb kein Einkommen angesetzt. Der Bedarf des Klägers für den Zeitraum April 2021 bis September 2021 setze sich zusammen aus dem Regelbedarf von 446 €, einer Grundmiete von 649,70 €, Heizkosten von 45,26 € und Nebenkosten von 64,24 €. Dies ergebe einen monatlichen Gesamtbedarf von 1.205,20 €. Ausgehend von den Angaben des Klägers sei von Gesamteinnahmen von 15.977,38 € im Zeitraum von April 2021 bis September 2021 auszugehen. Zu diesen Einnahmen seien noch Einnahmen aus dem Crowdfunding zu rechnen. Zu Unrecht gehe der Kläger davon aus, dass Einnahmen aus Crowdfunding im Rahmen der Betriebseinnahmen nicht zu berücksichtigen seien. Crowdfunding-Einnahmen würden im Steuerrecht als Betriebseinnahmen gelten und der Einkommensteuer sowie der Gewerbesteuer unterliegen, wenn eine solche zu zahlen sei und seien bei einem Leistungsaustausch grundsätzlich auch umsatzsteuerpflichtig. Crowdfunding-Einnahmen würden der Aktivierung von Mitteln, um Investitionen zu tätigen, Projekte zu starten oder zu beenden, dienen, mithin im vorliegenden Fall dem Betreiben und Aufrechterhalten der selbstständigen Tätigkeit. Nicht berücksichtigt werden könnten allerdings die Beträge, die der Kläger selbst aus seinem eigenen Vermögen in den Betrieb eingebracht habe sowie die Summen, die er noch im Leistungszeitraum wieder an Freunde und Familienmitglieder nachweislich zurücküberwiesen habe. Nach den Angaben des Klägers habe dieser von den Crowdfunding-Einnahmen von insgesamt 7.769,65 € 3.700 € aus eigenem Vermögen aufgebracht sowie weitere 1.000 € dieser Einnahmen noch im Juli und August 2021 an Freunde und Verwandte wieder zurückgezahlt. Von den Crowdfunding-Einnahmen von insgesamt 7.769,65 € seien damit nur 3.069,65 € als Einnahmen zu berücksichtigen, woraus sich insgesamt Einnahmen für den Zeitraum von April 2021 bis September 2021 von 19.047,03 € ergeben würden. Hiervon seien die Betriebsausgaben abzuziehen, ausgehend von den Angaben des Klägers. Von diesen mitgeteilten Betriebsausgaben könnten allerdings einige Punkte nicht oder nicht in voller Höhe anerkannt werden. So sei nur die beruflich veranlasste Miete von monatlich 290,89 € als Ausgabe zu berücksichtigen, nicht aber die privaten Mietkosten von monatlich 759,20 € (insgesamt 4.555,20 €). Soweit der Beklagte im Hinblick auf die Fahrtkosten 1 % des Anschaffungspreises des Fahrzeugs (16.806,72 €) monatlich, also im streitigen Zeitraum insgesamt 1.008,40 €, als geldwerter Vorteil von den geltend gemachten Betriebsausgaben in Abzug bringe, sei dies für den Kläger rechtlich ausschließlich vorteilhaft. Denn nach § 3 Abs. 7 Arbeitslosengeld II/
Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) seien nur, wenn ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt werde, die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Fahrzeug als betriebliche Ausgaben abzusetzen.
Vor dem Hintergrund der im hier streitigen Zeitraum von April 2021 bis September 2021 noch bestehenden Corona-Situation mit dem Wegfall einer Vielzahl von Sportereignissen könne aber ausgeschlossen werden, dass der Kläger das Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt habe; insbesondere könne der Kläger dies mangels Fahrtenbuch auch nicht belegen. Des Weiteren habe der Beklagte zutreffend von den vom Kläger geltend gemachten Betriebsausgaben die 23,60 € für Kopien, die im Rahmen des Antragsverfahrens auf Leistung nach dem SGB II für den Beklagten gefertigt wurden, abgezogen. Weiterhin habe der Beklagte zu Recht nur den privaten Anteil der Hausratsversicherung, entsprechend des Anteils der beruflichen Räume an der gesamten Wohnung, berücksichtigt, mithin also bei den Gesamtkosten der Hausratsversicherung von 202,51 € als privaten Anteil 147,16 € abgezogen. Des weiteren könnten auch die Telefon- und Handykosten inklusive Internetkosten nicht in der vollen geltend gemachten Höhe von 401,64 € für die 6 Monate berücksichtigt werden. Denn der private Anteil dieser Kosten sei mit 50 % zu bewerten, sodass nur 200,82 € an Telefon-, Handy- und Internetkosten berücksichtigt werden könnten. Letztlich seien die Zahlungen an die Künstlersozialkasse für Rentenversicherungsbeiträge von 837 € sowie die gezahlte Einkommensteuer von 1.005 € nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen. Diese Beträge seien vielmehr nach Ermittlung der Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit dann von diesen Einnahmen abzusetzen.

Von den vom Kläger dargestellten Ausgaben von insgesamt 18.903 € könnten mithin nur 11.125,82 € (18.903 € vermindert um: -4.555,20 € private Miete, -1.008,40 € private Kfz-Kosten, -23,60 € Kopierkosten, -147,16 € privater Anteil Hausratsversicherung, -200,82 € privater Anteil Telefon- und Handykosten inklusive Internetkosten, -1.005 € Einkommensteuer, -837 € Versicherungsbeiträge Künstlersozialkasse) anerkannt werden. Das sich hieraus ergebende Einkommen von 7.921,21 € würde auf 6 Monate aufgeteilt einen monatlichen Betrag von 1.320,20 € ergeben. Vermindert um die Rentenversicherungsbeiträge bei der Künstlersozialversicherungskasse von 837 € sowie die gezahlte Einkommensteuer von 1.005 € würde sich ein danach noch zu berücksichtigendes Einkommen von 6.079,21 €, aufgeteilt auf 6 Monate monatlich 1.013,20 €, ergeben. Um den monatlichen Maximalfreibetrag nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II von 300 € vermindert, seien damit monatlich 713,20 € anzurechnen. Von dem Bedarf von monatlich 1.205,20 € seien damit im Zeitraum von April 2021 bis September 2021 monatlich 713,20 € gedeckt gewesen, so dass nur noch ein ungedeckter monatlicher Bedarf von 492 € verbleiben würde. Bewilligt worden seien dem Kläger monatlich jedoch 1.205,20 €, so dass die Differenz von monatlich 713,20 €, für 6 Monate 4.297,20 €, vom Kläger zu erstatten sei. Mit den vom Kläger angefochtenen Bescheiden in der Gestalt, die sie durch das Teilanerkenntnis vom 09.08.2023 erhalten haben, fordere der Beklagte vom Kläger nunmehr lediglich noch insgesamt 4.158,96 € zurück, womit dem Kläger monatlich höhere Leistungen gewährt würden, als ihm zugestanden hätten.

Gegen den ihm am 15.08.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.09.2023 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er hat zu deren Begründung daran festgehalten, dass der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei,
eine abschließende Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II zu treffen und eine Erstattungsforderung auf § 41a Abs. 6 SGB II zu stützen, weil schon keine wirksame vorläufige Entscheidung im Sinne von § 41a Abs. 1 SGB II getroffen worden sei. Denn aus Sicht des Beklagten habe offensichtlich keine Ungewissheit im Hinblick auf die Einkommenssituation des Klägers vorgelegen, da es diesem möglich gewesen sei, eine Leistungsbewilligung ohne die Berücksichtigung jeglichen Einkommens vorzunehmen. Weiterhin sei es nicht rechtmäßig gewesen, die Einnahmen aus dem Crowdfunding als Einkommen zu berücksichtigen. Ihm sei es verwehrt gewesen, diese Einnahmen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einzusetzen. Vielmehr sei das Geld ausdrücklich und ausschließlich zur Finanzierung eines konkreten Projekts bestimmt gewesen und auch entsprechend verwendet worden. Die Geldgeber hätten die finanziellen Mittel ausschließlich deshalb investiert, um das Projekt finanzieren zu können – und nicht um ihn, den Kläger, bei der Bestreitung seines allgemeinen Lebensbedarfs zu unterstützen. Allgemein sei noch anzumerken, dass die Vorgehensweise des Beklagten eine finanzielle Notlage für ihn herbeiführe, welche durch die Erbringung ergänzender SGB II-Leistungen gerade abgewendet werden sollte. Vor diesem Hintergrund sei zu prüfen, ob die geltend gemachte Rückforderung gemäß § 44 SGB II zumindest teilweise erlassen werden könne.





Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11.08.2023 sowie den Erstattungsbescheid vom 14.02.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2022, beide in Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 09.08.2023, aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 14.02.2022 über die abschließende Feststellung des Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2022, beide in Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 09.08.2023, zu verurteilen, ihm für den Zeitraum April 2021 bis September 2021 monatliche Leistungen von 1.205,20 € zu gewähren.

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags verweist der Beklagte auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakten beider Instanzen sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers,
ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber unbegründet.

Streitgegenständlich sind die Bescheide vom 14.02.2022, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2022 in der Gestalt, die diese zuletzt durch das Teilanerkenntnis vom 09.08.2023 erhalten haben. Mit diesen hat der Beklagte beim Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum von April 2021 bis September 2021 zuletzt abschließend einen monatlichen Leistungsanspruch nach dem SGB II in Höhe von 512,04 € festgesetzt und die Erstattung des danach überzahlten Betrags von 4.158,96 € geltend gemacht.

Demgemäß richtet sich das Klageziel neben der Aufhebung des Erstattungsbescheids und der Änderung des Leistungsbescheids auch darauf, den Beklagten zu verpflichten auszusprechen, dass dem Kläger abschließend höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen, als mit dem Bescheid vom 14.02.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.09.2022, beide in Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 09.08.2023, festgesetzt worden ist. Statthafte Klageart ist dementsprechend die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 08.02.2017, B 14 AS 22/16 R, juris).
Für eine isolierte Anfechtung des abschließenden Leistungsbescheids mit dem Ziel, die vorläufig bewilligten Leistungen weiter behalten zu dürfen, fehlt dagegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Beklagte die eingeleitete abschließende Feststellung des Leistungsanspruchs für den streitbefangenen Zeitraum durch Verwaltungsakt abzuschließen hat und daher die Aufhebung der niedrigeren Feststellung allein den Rechtsstreit nicht dauerhaft beenden könnte (BSG, Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 39/17 R, juris).

Die Berufung bleibt aber ohne Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beklagte die abschließende Entscheidung über den monatlichen Leistungsanspruch auf § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 10.03.2021 (a.F.) – und damit das Erstattungsverlangen auf § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II a.F. – stützen konnte. Gemäß § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt.


Wie bereits das SG ausführlich und zutreffend dargelegt hat, war der Beklagte nach Maßgabe des § 41a Abs. 1 SGB II a.F. berechtigt, eine vorläufige Entscheidung zu treffen und hat diese in Übereinstimmung mit § 41a Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II a.F., insbesondere auch unter zutreffender Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten und prognostizierten Verhältnisse, und in Übereinstimmung mit § 67 Abs. 4 Satz 1 SGB II auch nur für 6 Monate getroffen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab und weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen der Entscheidung des SG als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des BSG in Fällen, in denen (wie hier) objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung der Einkommenssituation besteht, der Erlass eines endgültigen Bescheids kein taugliches Instrumentarium ist, sondern typischerweise der Anwendungsbereich das § 41a SGB II eröffnet ist (BSG, Urteil vom 29.11.2012, B 14 AS 6/12 R, juris). Auch hat der Kläger im Weiterbewilligungsantrag vom Februar 2021 in der Anlage EKS für den Zeitraum von April bis einschließlich September 2021 Betriebseinnahmen von insgesamt 7.800 € und Betriebsausgaben von insgesamt 10.200 € und damit einen zu erwartenden Verlust aus seiner selbständigen Tätigkeit angegeben. Der klägerische Vorwurf, der Beklagte hätte kein Einkommen im Rahmen der vorläufigen Bewilligung berücksichtigt und hätte deshalb schon nicht vorläufig bewilligen dürfen, ist deshalb nicht so recht nachvollziehbar. Vor allem hat sich im vorliegenden Fall die Begründung für die nur vorläufige Bewilligung im Bescheid vom 19.03.2021, wonach im Zuge der selbständigen Tätigkeit eine abweichende Entwicklung auf der Einnahmen- wie auch der Ausgabenseite mit Auswirkungen auf einen möglichen Gewinn oder Verlust möglich ist, in geradezu typischer Weise bestätigt. Darüber hinaus kann sich der Kläger mit Aussicht auf Erfolg schon deshalb nicht gegen den Vorläufigkeitsvorbehalt im Bescheid vom 19.03.2021 wehren, weil dieser in Bestandskraft erwachsen ist. Für die vom Kläger geforderte Anwendung von §§ 45, 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist damit von vornherein kein Raum.

2.
Die abschließende Festsetzung des monatlichen Leistungsanspruchs des Klägers für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ist in der Gestalt, die diese durch das Teilanerkenntnis erhalten hat, nicht zulasten des Klägers rechtswidrig. Danach hat der Beklagte für den Zeitraum von April 2021 bis September 2021 zuletzt abschließend einen monatlichen Leistungsanspruch nach dem SGB II in Höhe von 512,04 € festgesetzt.




a)
Der Beklagte war gemäß § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. zu einer abschließenden Feststellung des monatlichen Leistungsanspruchs berechtigt, da die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entsprochen hat. Dabei ist die abschließende Entscheidung mit Bescheid vom 14.02.2022 innerhalb der Jahresfrist nach Ablauf des Bewilligungszeitraums zum 01.10.2021 erfolgt, weshalb § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. und die dort normierte Fiktionswirkung einer endgültigen Feststellung nicht entgegenstehen. Eine die Fiktionswirkung des § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II vernichtende abschließende Entscheidung ist nach Wortlaut, Systematik und Regelungszweck dabei bereits mit der Bekanntgabe des Bescheids vom 14.02.2022 ergangen; es kommt nicht darauf an, ob dieser unverändert in Bestandskraft erwachsen, im gerichtlichen Verfahren geändert oder – im Sonderfall der Zurückverweisung an die Verwaltung nach § 131 Abs. 5 SGG – der Beklagte einen neuen Leistungsbescheid zu erlassen hat (BSG, Urteil vom 12.09.2018, B 4 AS 39/17 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Insoweit tritt die Fiktionswirkung schon dem Wortlaut nach („ergeht“) nur ein, wenn der Grundsicherungsträger bis zu dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt einen abschließenden Leistungsbescheid tatsächlich nicht erlassen, also jede Regelung zur endgültigen Leistungsbestimmung unterlassen hat. Nur daran kann systematisch die Vertrauensschutzwirkung der Regelung anknüpfen. Auch hat der Bewilligungszeitraum am 01.04.2021 und damit nach dem 31.03.2021 begonnen, weshalb die abweichenden Regelungen für das vereinfachte Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie in § 67 Abs. 4 Satz 2 SGB II nicht eingreifen.

b)
Die endgültige Festsetzung für den streitgegenständlichen Zeitraum in der Gestalt, die diese zuletzt durch das Teilanerkenntnis des Beklagten erlangt hat, ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das SG hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger dem Grunde nach gemäß § 7 Abs. 1 SGB II leistungsberechtigt war und ihm im streitgegenständlichen Zeitraum unter Berücksichtigung des aus der selbständigen Tätigkeit erzielten Einkommens ein monatlicher Bedarf nach dem SGB II von 492 € und damit weniger, als vom Beklagten zuletzt festgestellt, zustand. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab und weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

c)
Der Kläger selbst hat im Rahmen der Berufung keine Einwände mehr gegen die Ermittlung des aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielten Einkommens – mit Ausnahme der Berücksichtigung der Einnahmen aus dem Crowdfunding als Betriebseinnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Alg II-V in der Fassung vom 16.03.2021 (a.F.) – geltend gemacht. Aber auch das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine abweichende Beurteilung der Bewertung der Einnahmen aus dem Crowdfunding zu begründen. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf § 11a SGB II in der Fassung vom 26.07.2016 bzw. (wort- und inhaltsgleich) für den Zeitraum ab 01.07.2021 in der Fassung vom 02.06.2021 abstellt, sind die dortigen Vorschriften bereits deshalb nicht unmittelbar anwendbar, weil die Norm die unmittelbare Berücksichtigung von Zuflüssen als Einkommen regelt, während sich vorliegend die Frage der Berücksichtigung der Einnahmen aus dem Crowdfunding als Betriebseinnahmen als ein Rechenschritt zur Ermittlung eines möglichen Einkommens aus selbständiger Arbeit stellt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Alg II-V a.F.). Darüber hinaus scheitert die begehrte analoge Anwendung von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. bereits deshalb, weil es sich bei den Einnahmen aus dem Crowdfunding nicht um Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck handelt. Soweit § 11a Abs. 5 SGB II a.F. vorsieht, dass Zuwendungen,
die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit 1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder 2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, scheidet eine auch nur analoge Anwendung bereits deshalb aus, weil die Tatbestandsvoraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Fälle des § 11a Abs. 5 Nr. 1 SGB II a.F. sind solche, bei denen eine Berücksichtigung des zugewendeten Betrags nicht akzeptabel ist und die Zuwendung erkennbar nicht auch zur Deckung des Existenzminimums verwendet werden soll (Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., Stand: 14.02.2024, § 11a Rn. 95, auch zum Nachfolgenden). Hierunter fallen beispielsweise Soforthilfen bei Katastrophen, gesellschaftliche Preise zur Ehrung von Zivilcourage, Ehrengaben aus öffentlichen Mitteln (z.B. bei Alters- oder Ehejubiläum, Lebensrettung) oder Spenden aus Tombolas für bedürftige Menschen. § 11a Abs. 5 Nr. 2 SGB II a.F. erweitert daneben den Anwendungsbereich auf gelegentliche oder regelmäßige Zuwendungen anderer, die üblich und auch gesellschaftlich akzeptiert sind, wie etwa ein geringfügiges monatliches Taschengeld der Großeltern. Das hier zu bewertende Crowdfunding als eine Form der Mittelakquise unter Nutzung internetbasierter Strukturen, um eine möglichst effiziente Form der Anlauffinanzierung zu erreichen bzw. aus Sicht der „Crowd“, also der Geldgeber, ein Investment, stellt ersichtlich keine Zuwendung im Sinne des § 11a Abs. 5 SGB II a.F. dar.

Die Einnahmen aus
dem Crowdfunding dienten der Aktivierung von Mitteln um ein Projekt im Rahmen der selbständigen Tätigkeit des Klägers als Sportreporter, nämlich eine Frauenfußballzeitschrift, („F1 –O1“) zu starten. Dass es sich hierbei auch aus Sicht des Klägers um einen Bestandteil seiner selbstständigen Tätigkeit handelt, ist bereits daraus ersichtlich, dass er in seiner dem SG vorgelegten Aufstellung vom 29.12.2022 als Betriebsausgaben auch die regelmäßigen Ausgaben für die Frauenfußballzeitschrift wie beispielsweise für Fotos und für eine Titelschutzanzeige angegeben hat, welche im Übrigen auch vom Beklagten und vom SG in der angefochtenen Entscheidung als Betriebsausgaben berücksichtigt worden sind. Wie bereits für das SG sind daher auch für den Senat keine Gründe ersichtlich, weshalb es sich bei dem Ertrag aus dem Crowdfunding nicht um mit der selbständigen Tätigkeit des Klägers verbundene Betriebseinnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Alg II-V a.F. handeln soll. Auch führt die Berücksichtigung als Betriebseinnahmen nicht etwa zu einer Zweckverfehlung seitens der Geldgeber. Dem Kläger blieb der Einsatz der erwirtschafteten Einnahmen für die Frauenzeitschrift unbenommen. Soweit allerdings im streitgegenständlichen Zeitraum die Betriebsausgaben hinter den Betriebseinnahmen zurückgeblieben sind, liegt nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen, steuerrechtlichen und – entscheidend – auch grundsicherungsrechtlichen Grundsätzen ein Einkommen vor, welches im Rahmen der Bedarfsdeckung nach den genannten Vorschriften zu berücksichtigen ist. Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung auf die Ausführungen des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur „Neustarthilfe Plus“ (aufgerufen am 18.07.2024) Bezug genommen und darauf hingewiesen hat, dass hiernach eine Anrechnung auf das Arbeitslosengeld bzw. die Grundsicherung nicht stattfindet, ist eine andere rechtliche Beurteilung nicht veranlasst. Die dortigen Hinweise beziehen sich ausschließlich auf öffentliche Fördermittel und nicht auf Gelder privater Anleger wie beim Crowdfunding.

3.
Auch die zuletzt geltend gemachte Erstattungsforderung von 4.158,96 € ist nicht zu beanstanden.

Anspruchsgrundlage für die Erstattung ist § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II a.F. Gemäß § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II a.F. sind die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären (Satz 2). Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten (Satz 3).

Dem Kläger sind aufgrund der vorläufigen Bewilligung Leistungen von monatlich 1205,20 € erbracht worden. Nach Anrechnung der dem Kläger zuletzt abschließend bewilligten monatlichen Leistungen im streitigen Zeitraum von monatlich 512,04 € (wobei dem Kläger tatsächlich nur 492 € monatlich zugestanden hätten, s.o.) ergibt sich ein überzahlter Betrag von 4.158,96 € (693,16 €, gerechnet auf 6 Monate = 4.158,96 €), den der Kläger zu erstatten hat.

4.
Soweit der Kläger sowohl im Klage- wie auch im Berufungsverfahren zumindest sinngemäß einen Untergang des Erstattungsanspruchs im Wege eines Erlasses nach § 44 SGB II eingewandt hat, ist die Klage insoweit bereits unzulässig. Denn hierbei handelt es sich um eine durch Verwaltungsakt zu treffende Entscheidung; soweit eine solche Entscheidung im Verfahren nach § 44 SGB II noch nicht ergangen ist, ist insoweit mangels Klagebefugnis für eine gerichtliche Überprüfung kein Raum (BSG, Urteil vom 25.04.2018, B 14 AS 15/17 R, juris).
Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, bereits bei der Entscheidung über eine Aufhebung eines Bescheides oder bei Rückforderung einer Überzahlung zu prüfen, ob ein Erlass zu gewähren ist, da dessen Voraussetzungen zwar bei der Entscheidung über die Forderung vorliegen, später aber durchaus entfallen können und dem Beklagten es unbenommen bleiben soll, auf solche Veränderungen zu reagieren bzw. diese abzuwarten (BSG, Urteil vom 23.03.1995, 13 RJ 39/94, juris). Dass der Beklagte eine Prüfung nach § 44 SGB II noch nicht vorgenommen hat, berührt dementsprechend die Rechtmäßigkeit der Bescheide über die abschließende Feststellung und Erstattung nicht (BSG, Urteil vom 25.04.2018, a.a.O.).

5.
Die Berufung bleibt damit insgesamt ohne Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

6.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

 

Rechtskraft
Aus
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