I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.494,06 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.12.2022 zu bezahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Der Streitwert wird auf 5.494,06 Euro festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf weitere Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 5.494,06 Euro.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus. Die am 1978 geborene, bei der Beklagten versicherte G. wurde vom 15.03.2021 bis 17.03.2021 im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür am 31.12.2021 einen Betrag in Höhe von 9.819,72 Euro in Rechnung. Die Beklagte beauftragte den MD am gemäß § 275 SGB V mit der Prüfung. Der MD kam in seinem Gutachten vom 07.12.2022 zu dem Ergebnis, dass die seitens der Klägerin kodierten Nebendiagnosen Z94.88 (Zustand nach sonstiger Organ- oder Gewebetransplantation), K91.88 (Sonstige Krankheiten des Verdauungssystems nach medizinischen Maßnahmen, andernorts nicht klassifiziert), R47.1 (Dysarthrie und Anarthrie) zu streichen seien. Es ergebe sich die DRG B17D. Die Beklagte ermittelte daraufhin die hier streitige Differenz in Höhe von 5.494,06 Euro und verrechnete diese mit Schreiben vom 20.12.2022 mit den unstreitigen Forderungen der Klägerin (Aufnahmenummern X und Y) aus dem Jahr 2022.
Am 22.11.2023 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 5.494,06 Euro zum Sozialgericht München erhoben. Sie macht geltend, dass die streitigen Nebendiagnosen zu Recht kodiert worden seien. Bei der Patientin sei im Januar 2019 eine 2x Cross-Face-Nerve Graft links auf rechts durchgeführt worden. Die dadurch erschwerten Folgeoperationen, die im Rahmen der Behandlung der Facialisparese durchgeführt worden seien, rechtfertigten die Kodierung der Z94.88. Da die Facialisparese die Folge einer Schwannomentfernung 2018 gewesen sei und das Verdauungssystem bereits am Mund beginne, sei auch die Kodierung der K91.88 als gerechtfertigt anzusehen. Auch die R47.1 sei korrekt kodiert worden, da durch die Facialisparese rechts die Patientin in ihren Sprachbewegungen stark eingeschränkt gewesen sei und es zur Dysarthrie gekommen sei. Die in der vorliegenden Operation erfolgte Muskelumlagerung (Muskeltransfer) am Mundwinkel zur Lippe sollte das funktionelle Ergebnis der Lippenansteuerung sowohl im Hinblick auf die Sprachbildung, als auch im Hinblick auf eine bessere Nahrungsprozessierung weiter bessern. Ein zusätzlicher Aufwand in der strittigen Operation sei in der Tatsache begründet, dass durch die einliegenden Nerventransplantate und deren notwendige Schonung bei der Muskelumlagerung ein erhöhter Aufwand bestanden habe und somit der strittige Eingriff durch die vorausgegangene Operation erschwert gewesen sei. Die Lippen seien Teil der Mundhöhle und zählten daher zum Verdauungstrakt. Hier werde die Nahrung in erster Instanz prozessiert. Die Mundöffnung, Rima oris, bilde den Eingang in den Verdauungstrakt. Das Vestibulum oris werde außen von Lippen und Wangen und innen von Alveolarfortsätzen und Zähnen begrenzt. In der Operation sei ein Muskel am Mundwinkel, welcher ebenfalls Teil der Lippen ist, umgelagert worden, um die muskuläre Funktion der Lippen und der Mundöffnung zu verbessern, dann sei hierdurch ein nachvollziehbarer Aufwand im Hinblick auf eine Verbesserung des Verdauungstraktes (besseres Prozessieren von Nahrung), als auch der Dysarthrie (bessere Sprachbildung) entstanden. Sowohl in der ersten Operation 2019 (Transplantation der zwei Cross-face-Nerven), als auch in der aktuellen Operation sei die Zielsetzung eine Verbesserung der Muskelfunktion auch im Hinblick auf die Verbesserung der Dysarthrie gewesen. Wiederum ein zusätzlicher Aufwand in der strittigen Operation sei darin begründet, dass durch die einliegenden Nerventransplantate und deren notwendige Schonung bei der Muskelumlagerung ein erhöhter Aufwand bestanden habe und somit der strittige Eingriff durch die vorausgegangene Operation erschwert gewesen sei. Ferner ebenso durch die vorhandene Vernarbung der Gewebe durch die erste Operation. Um einen Kasus möglichst genau abzubilden könne es auch notwendig sein, mehrere sich ergänzende ICD-Kodes zu verwenden. Die Transplantation der Nerven könne nicht genauer als mit dem ICD-Kode Z94.88 verschlüsselt werden. Unter "sonstige" seien hier nach der Kodiersystematik alle näher benennbaren Zustände subsummiert, die nicht anderweitig mit dem ICD-Kode Z94 verschlüsselt werden könnten. Die sich im systematischen Verzeichnis befindende Listung bei dem Kode Z94.88 von "Darm" und "Pankreas" sei beispielhaft und nicht abschließend gemeint. Die Muskelumlagerung zwischen Lippe und Mundwinkel tangiere den in die Oberlippe transplantierten Nerven. Dieser müsse für die Umlagerung dargestellt werden, damit er nicht verletzt werde. Die Patientin habe aufgrund der Tumoroperation der Ohrspeicheldrüse schwere Folgeschäden erlitten, mitunter die eingeschränkte muskuläre Funktion der Lippen-(!) und Wangenmuskulatur. Die Nervenrektonstruktion habe sehr wohl zum Ziel gehabt die muskuläre Lippenfunktion und damit auch ein Teil des Verdauungsorgans zu verbessern. Insofern sei K91.88 (Sonstige Krankheiten des Verdauungssystems nach medizinischen Maßnahmen) korrekt kodiert und es sei auch ein entsprechender Aufwand vorhanden gewesen. Aufgrund der Fazialisparese sei es selbstverständlich nicht möglich gewesen, völlig unproblematisch die Nahrung zu prozessieren. Eine Schädigung des Nervus fazialis habe entgegen der Behauptung der Beklagten negative Auswirkungen: Die Funktion der Zunge (Verdauungsorgan!) sei eingeschränkt, da über die Chorda tympani die vorderen ⅔ der Zunge den Geschmackssinn versorgen, der verloren
geht."
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.494,06 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.12.2022 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen des MD. Die Nebendiagnose Z94.88 (Zustand nach sonstiger Organ- oder Gewebetransplantation Darm Pankreas) sei nicht zu kodieren, weil die Patientin bei einem Zustand nach Implantation eines Oberlidimplantants, also am Auge, elektiv zur operativen Therapie aufgenommen worden sei. Im alphabetischen OPS-Verzeichnis finde sich die ND Z94.88 ausschließlich im Zusammenhang mit anderen Kodes aus dem Bereich des Magen-Darm-Verdauungssystems. Das Oberlidimplantat sei bereits ausreichend mit der ND Z97.8 (Vorhandensein sonstiger und nicht näher bezeichneter medizinischer Geräte oder Hilfsmittel: Äußeres Hörgerät Brille Kontaktlinsen Künstliches Auge Pessar (intrauterin) zur Kontrazeption Zahnprothese (komplett) (partiell)) abgebildet. Es gelte der Grundsatz der monokausalen Kodierung gem. den DKR p001 und p003. Die Nebendiagnose K91.88 (Sonstige Krankheiten des Verdauungssystems nach medizinischen Maßnahmen, anderenorts nicht klassifiziert) sei nicht korrekt kodiert, da keine Erkrankung des Verdauungssystems vorliege. Es sei der Transfer des Muskels auf die Unterlippe durchgeführt worden. Postoperativ habe sich ein deutliches Hämatom im Bereich des rechten Mundwinkels sowie eine ausgeprägte Schwellung gezeigt. Zum Verdauungssystem im Sinne der Kodes K91.* sowie dem alphabethischen Verzeichnis seien keine Sachverhalte aufgeführt, wie sie hier im Fall vorliegen. Weder die Unterlippe, noch der Mundwinkel würden hierzu gehören. Überdies seien die unter K91.88 aufgeführten Erkrankungsbilder entsprechend dem alphabetischen Verzeichnis nicht dokumentiert. Ein spezifischer diagnosebezogener Ressourcenaufwand bezüglich des Verdauungssystems i.S.d. ND K91.88 habe vom MD bei seiner Begutachtung nicht festgestellt werden können. Hinsichtlich der ND R47.1 sei ein spezifischer diagnosebezogener Ressourcenaufwand vom MD nicht bestätigt worden. Entsprechend DKR D002 sei daher im vorliegenden Fall lediglich die zugrundeliegende Krankheit, nämlich die Fazialisparese zu kodieren. Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstelle und die zugrundeliegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt sei und behandelt werde bzw. während des Krankenhausaufenthaltes diagnostiziert werde, so sei die zugrundeliegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren. Die Symptome seien dann nicht als Nebendiagnosen zu kodieren. Im vorliegenden Fall sei die Patientin aufgrund des Zustands nach Facialisparese rechts aufgenommen und operativ behandelt worden. Diese sei auch mit der Hauptdiagnose G51.0 entsprechend kodiert. Eine
spezifische Maßnahme bezüglich der Dysarthrie (R47.1), die das Patientenmanagement beeinflusst habe, sei nicht dokumentiert. Analog dazu werde auf das Beispiel 3 DKR d002 verwiesen. Aus dem von der Klägerin zitierten Atlas der Anatomie des Menschen, ergebe sich nicht, dass die Lippen dem Verdauungstrakt zugeordnet werden. Vielmehr bildeten sie die Mundöffnung bzw. Begrenzung der Mundhöhle und somit nur dein Eingang vor dem Verdauungstrakt. Die Verdauung selbst beginne erst mit dem mechanischen Zerkleinern der Nahrung im Mund, was bei der Versicherten unproblematisch möglich gewesen sei. Die Beeinträchtigung der Lippe sei auf die Fazialisparese zurückzuführen und damit rein muskulär bedingt. Die Lähmung des nervus facialis sei vollständig unabhängig vom Verdauungstrakt als solchem. Im Verdauungstrakt hätten keine Probleme bestanden. Hätte es tatsächlich ein kodierbares Problem an der Lippe gegeben, so wäre dieses vorrangig mit einem Kode aus den K13.* abzubilden gewesen. Soweit der Klinikarzt darauf abstelle, dass beide Operationen "auch im Hinblick auf die Verbesserung der Dysarthrie" durchgeführt wurden, so belege diese Feststellung erst Recht, dass kein eigener Ressourcenaufwand für die Dysarthrie entstanden sei. Die Behauptung "Um einen Kasus möglichst genau abzubilden kann es auch notwendig sein, mehrere sich ergänzende ICD-Kodes zu verwenden" sei schlichtweg falsch. Eine Doppelkodierung sei nur in den in der DKR genannten Ausnahmefällen zulässig. Ein solcher sei hier nicht gegeben.
In der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2024 hat der Bevollmächtigte darauf verwiesen, dass die Forderungen, mit welchen die Beklagte aufgerechnet habe, wohl aus dem Jahr 2022 stammen dürften und daher die Aufrechnung nach § 109 Abs. 1 S. 6 SGB V iVm der zum 01.01.2022 in Kraft getretenen Prüfverfahrensvereinbarung unwirksam sein dürfte. Die Bevollmächtigte der Beklagten hat bestätigt, dass die unstreitigen Forderungen mit welchen der hier streitige Erstattungsanspruch verrechnet wurde aus dem Jahr 2022 stammten.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG (SGG) zulässig. Die Klage eines Krankenhauses oder Krankenhausträgers auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, 30.06.2009, B 1 KR 24/08 R m.w.Nachw.).
Die Klägerin hat einen noch offenen Zahlungsanspruch in Höhe von 5.494,06 Euro.
Das Krankenhaus der Klägerin ist unstreitig ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 i.V.m. § 109 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Aus dem Sachleistungsprinzip entspringt die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten (vgl. BSG, 17.05.2000, Az.: B 3 KR 33/99 R). Der Anspruch auf Vergütung richtet sich nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17 b Abs. 1 Satz 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), der Bundespflegesatzverordnung (BPflVO) sowie der entsprechenden Pflegesatzvereinbarung.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der noch ausstehenden Vergütung aus (unstreitigen) Behandlungen. Dieser Zahlungsanspruch aus den unstreitigen Behandlungen ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten D. analog § 387 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Aufrechnung erklärt hat (zur entsprechenden Anwendung von § 387 BGB auf überzahlte Krankenhausvergütung: BSG, 23.06.2015, B 1 KR 26/14; BSG, 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R).
Der von der Beklagten am 20.12.2022 erklärten Aufrechnung steht nach Auffassung des Gerichts das Aufrechnungsverbot des § 109 Abs. 6 S. 1 SGB V entgegen. Dieser lautet: "(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden."
Die Prüfverfahrensvereinbarung, welche ab 01.01.2022 gilt, enthält folgende Regelung zur Aufrechnung in § 11 Nr. 4 S. 1: "Die Krankenkasse kann lediglich eine vom Krankenhaus nicht bestrittene, geeinte oder rechtskräftig festgestellte Erstattungsforderung mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen."
Die Aufrechnung hat im Jahr 2022 stattgefunden. Die unstreitigen Forderungen, welche die Beklagte zur Aufrechnung herangezogen hat, sind ebenfalls aus dem Jahr 2022.
Die Forderung aus der Behandlung der Versicherten D. ist nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Nach Auffassung des Gerichts ist die Aufrechnung deshalb im vorliegenden Fall nach § 109 Abs. 6 S. 1 SGB V, § 11 Nr. 4 S. 1 PrüfvV 2022 ausgeschlossen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Übergangsprüfverfahrensvereinbarung vom 10.12.2019 (Übergangsvereinbarung zur Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV) gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 03.02.2016), welche bis 31.12.2021 gegolten hat und folgende Regelung enthielt: "Für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, gilt die PrüfvV vom 03.02.2016 mit den Maßgaben nach Nr. 1 bis 7 dieser Übergangsvereinbarung und im Übrigen unverändert fort. Damit finden insbesondere die Regelungen zur Korrektur von Datensätzen nach § 5 Absatz 1 und § 7 Absatz 5 PrüfvV sowie die Aufrechnungsregeln nach § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung."
Das Bundessozialgericht hat am 28.08.2024 in mehreren Verfahren, unter anderem zum Aktenzeichen B 1 KR 18/23 R entschieden, dass diese in der PrüfvV Übergang 2020 enthaltene Möglichkeit der weiteren Aufrechnung grundsätzlich zulässig ist. Das Aufrechnungsverbot nach § 109 Abs. 6 S. 1 SGB V steht auf Grund dieser Regelung unter Geltung der PrüfvV nicht entgegen.
Die oben stehende Regelung gilt jedoch im vorliegenden Fall nicht. Zwar ist die Forderung der Behandlung der Versicherten G. im Jahr 2021 eine solche, die eine Aufnahme ab 01.01.2020 beinhaltet. Allerdings ist für die Frage, ob eine Aufrechnung zulässig ist, nicht auf die Forderung aus dem Behandlungsfall G. abzustellen, sondern auf die beiden unstreitigen Forderungen aus dem Jahr 2022 gegen welche die die Beklagte die Aufrechnung vorgenommen hat.
Im Jahr 2022 war die Übergangsvereinbarung PrüfvV Übergang 2020 außer Kraft getreten und deshalb nicht mehr anwendbar. Nach Auffassung des Gerichts wird diese Rechtsauffassung durch die Entscheidung des BSG, Urteil vom 28.08.20124, B 1 KR 23/24 R, gestützt. Aus der Terminvorschau ergibt sich, dass es sich bei dem streitigen Behandlungsfall um einen solchen aus Mai 2019 handelte. Im Terminbericht führt das Bundessozialgericht aus, dass das bundesgesetzliche Aufrechnungsverbot wegen übergangsweise wirksamer vertraglicher Abbedingung in der Ergänzungs- und ÜbergangsprüfvV nicht entgegenstünde und im Übrigen "auf die Gründe der Entscheidung im Fall 6 verwiesen wird". Im Fall 6, Urteil des BSG vom 28.08.2024, B 1 KR 18/23 R, führt das Bundessozialgericht im Terminbericht aus: "Die Revision der Beklagten hatte insoweit Erfolg, als der Senat das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen hat. Der von der Beklagten erklärten Aufrechnung steht nicht das Aufrechnungsverbot nach § 109 Absatz 6 Satz 1 SGB V entgegen. Die in der Übergangsprüfverfahrensvereinbarung für einen Übergangszeitraum geregelte Weitergeltung der Aufrechnungsmöglichkeit nach der Prüfverfahrensvereinbarung 2016 ist mit höherrangigem Recht vereinbar. § 109 Absatz 6 Satz 3 SGB V erlaubt nicht nur die Vereinbarung von Ausnahmen zum Aufrechnungsverbot, sondern lässt abweichende Regelungen grundsätzlich zu. Damit überlässt der Gesetzgeber die Realisierung des Aufrechnungsverbots letztlich den Vereinbarungspartnern, stärkt aber durch die Normierung des Aufrechnungsverbots die Verhandlungsposition der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die Vereinbarung, das Aufrechnungsverbot übergangsweise zu suspendieren, überschreitet die Grenzen des den Vertragsparteien der Prüfverfahrensvereinbarung zugewiesenen normvertraglichen Gestaltungsspielraums jedenfalls nicht. Der Senat kann aber auf Grundlage der Feststellungen des Sozialgerichts nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagten der aufgerechnete Erstattungsanspruch zustand."
Auf Grund der Tatsache, dass das Bundessozialgericht auch in einem Fall, in welchem die streitige Forderung aus einem Jahr stammt, in welchem die Aufrechnungsmöglichkeit noch gegolten hat, mit der Wirksamkeit der Suspendierung des Aufrechnungsverbots durch die Übergangsprüfverfahrensvereinbarung 2020 befasst, ist zu schließen, dass auch das Bundessozialgericht für die Frage, ob eine Aufrechnung zulässig war, auf das Datum der unstreitigen Forderung(en) abstellt. Denn andernfalls hätte keine Befassung mit der Wirksamkeit des Aufrechnungsverbots erfolgen müssen. Diese war nur erforderlich, weil die unstreitige Forderung aus dem Behandlungsjahr 2021 stammte.
Die hier vertretene Rechtsauffassung wird auch seitens des Sozialgerichts Freiburg geteilt (vgl. Urteil vom 17.10.2024, S 13 KR 1484/24). Ebenso führt Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 109 SGB V (Stand: 13.07.2023) aus: "Diese Vorschrift ist nach § 14 Abs. 1 HS. 1 PrüfvV 2021 am 01.01.2022 in Kraft getreten. Da § 11 Abs. 4 PrüfvV 2021 nicht das Prüfverfahren selbst betrifft, ist die Vorschrift nicht nach § 14 Abs. 1 HS. 2 PrüfvV 2021 erst auf Behandlungsfälle ab 01.01.2022 anwendbar." (Rn. 256, Fußnote 868).
Die erklärte Aufrechnung ist daher unwirksam.
Der Klage war bereits aus diesem Grund stattzugeben, so dass nicht mehr zu prüfen ist, ob der Beklagten ein Erstattungsanspruch zustand.
Der Anspruch auf Verzinsung ergibt sich aus der Pflegesatzvereinbarung. Danach ist die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu zahlen und sind ab Überschreitung der Zahlungsfrist Verzugszinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG, § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 und 3, § 63 Abs. 2 GKG auf 5.494,06 Euro festgesetzt, da die Zahlung dieses Betrags hier streitig gewesen ist.