Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 12.09.2024 geändert.
Der Antrag wird abgelehnt, soweit er auf die Übernahme der ungedeckten Heimkosten bis zum 25.08.2024 gerichtet ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller in beiden Rechtszügen die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme von ungedeckten Heimkosten im Wege der einstweiligen Anordnung.
Der 00.00.0000 geborene Antragsteller ist aufgrund einer Demenzerkrankung pflegebedürftig. Er bezieht Altersrente, die sich ab dem 01.07.2024 auf 937,31 € beläuft. Der Antragsteller wurde am 07.12.2022 zur Kurzzeitpflege und am 14.02.2023 in die vollstationäre Pflege in die Einrichtung „N.“ in C. aufgenommen. Die Anträge auf Pflegewohngeld und Übernahme der ungedeckten Heimkosten nach dem SGB XII lehnte der Antragsgegner mit Versagungsbescheiden vom 09.11.2023 ab. Insbesondere fehlten Nachweise über die Verwendung eines Betrages iHv ca. 65.000 €, der von September 2019 bis August 2021 in bar vom Girokonto abgehoben worden sei.
Am 19.01.2024 wurde ein rechtlicher Betreuer für den Antragsteller bestellt, der am 05.04.2024 „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ beantragte. Mit Schreiben vom 07.08.2024 kündigte der Heimträger den Heimvertrag aufgrund von Zahlungsrückständen iHv 31.845,92 €.
Der Antragsteller hat am 26.08.2024 bei dem Sozialgericht Köln die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt. Er könne aufgrund seiner Demenzerkrankung keine Angaben zu den Barabhebungen machen. Auch sein rechtlicher Betreuer könne darüber keine Angaben machen, da er erst im Januar 2024 bestellt worden sei.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 12.09.2024, dem Antragsgegner zugestellt am 01.10.2024, verpflichtet, die ungedeckten Heimkosten ab dem 19.01.2024 (Datum der Bestellung des Betreuers) zu übernehmen. Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Von dem dementen Antragsteller könne keine Aufklärung verlangt werden hinsichtlich von Barabhebungen, die vor Jahren erfolgt seien. Dem rechtlichen Betreuer stehe nur die Rente des Antragstellers zur Verfügung, eine weitere Aufklärung des Sachverhalts sei auch ihm nicht möglich. Der Anordnungsgrund beruhe auf der Kündigung des Heimplatzes, die Anhängigkeit einer Räumungsklage sei nicht erforderlich.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 18.10.2024. Es gehe zu Lasten des Antragstellers, dass sich die Vermögensverhältnisse nicht weiter aufklären ließen. Darüber hinaus bestehe aufgrund einer teilweise unentgeltlichen Grundstückübertragung ein Schenkungsrückforderungsanspruch, dabei handele es sich um einzusetzendes Vermögen. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor, da es allein in der Hand des Antragstellers liege, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen.
II.
Die Beschwerde hat hinsichtlich des Zeitraums bis zum 25.08.2024 Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner ab dem 26.08.2024 (Eingang des Eilantrages bei Gericht) zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat verweist, verpflichtet. Ergänzend weist der Senat auf seine aktuelle Rechtsprechung zu den sog. Heimfällen hin (Urteil des Senates vom 28.09.2023 – L 9 SO 170/21). Der Antragsteller kann aufgrund seiner Erkrankung nicht nur keine Auskunft mehr über den Verbleib des Vermögens erteilen, sondern er könnte – sollte er noch Inhaber des Vermögens sein – auch nicht mehr darüber verfügen. Das Bestehen einer Demenz ist glaubhaft gemacht durch den Beschluss des Amtsgerichts C. vom 19.01.2024, der sich auf das ärztliche Zeugnis des Dr. R. stützt. Die Handlungen und Unterlassungen eines Bevollmächtigten können dem Heimbewohner nach der erwähnten Rechtsprechung des Senates nur zugerechnet werden, wenn der Vertreter das Vermögen ausschließlich für Bedarfe des Vertretenen einsetzt oder wenigstens noch eine Kontrollmöglichkeit des Vertretenen besteht, dieser also den Vertreter überwachen und die Vollmacht ggfs. widerrufen kann. Diese Rechtsprechung lässt sich zwar nicht auf einen rechtlichen Betreuer übertragen, da dieser vom Gericht bestellt und überwacht wird. Der rechtliche Betreuer des Antragstellers ist hier jedoch erst Anfang des Jahres 2024 bestellt worden, während die Barabhebungen in den Jahren 2019 und 2020 stattfanden. Die vorherigen Vertreter sind offensichtlich nicht bereit, das Vermögen – soweit es noch vorhanden ist – für die Bedarfe des Antragstellers einzusetzen. Hinsichtlich eines evtl. Schenkungsrückforderungsanspruchs ist der Antragsgegner gehalten, diesen nach § 93 SGB XII auf sich überzuleiten und selbst geltend zu machen.
Das Sozialgericht hat hinsichtlich der laufenden Kosten zutreffend entschieden, dass zur Bejahung eines Anordnungsgrundes keine Räumungsklage anhängig sein muss. Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der zuständigen Fachsenate des LSG Nordrhein-Westfalen ist der für die Übernahme ungedeckter Heimkosten durch den Sozialhilfeträger beim einstweiligen Rechtsschutz erforderliche Anordnungsgrund gegeben, wenn der Verlust des Heimplatzes wegen eingetretener Zahlungsrückstände konkret droht (Beschluss des Senates vom 29.11.2024 – L 9 SO 245/24 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.12.2013 – L 20 SO 491/13 B ER mwN).
Demgegenüber fehlt es hinsichtlich des Zeitraums bis zum 25.08.2014 an einem Anordnungsgrund. Ein solcher ist nur gegeben, wenn dem Antragssteller im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist. Der Grundsatz, dass keine Räumungsklage anhängig sein muss, gilt nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 29.11.2024 – L 9 SO 245/24 B ER) nicht, wenn nicht die laufenden Kosten, sondern Forderungen aus der Zeit vor der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes betroffen sind. Es ist keineswegs naheliegend, dass eine Räumungsklage und Räumung des gekündigten Heimplatzes tatsächlich erfolgen, obwohl die laufenden Kosten des Bewohners gedeckt sind, namentlich dann, wenn für diese Kosten der Sozialhilfeträger eintritt. Auch unter Zugrundelegung von betriebswirtschaftlichen Überlegungen wäre in einer solchen Situation die Durchführung eins Räumungsverfahrens nur schwer nachvollziehbar. Ein solches würde die Realisierung der offenen Forderung keinen Schritt näherbringen (sondern eher erschweren) und wäre für den Heimträger mit prozessualen Risiken behaftet. So überwiegen nach zivilgerichtlicher Rechtsprechung bei der Prüfung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO die Gläubigerinteressen regelmäßig bei Zahlungsverzug nur dann, wenn die Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung während der Räumungsfrist nicht gewährleistet ist (LG Kleve Urteil vom 26.05.2012 – 3 O 15/12). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Heimträger für den Fall eines Versterbens des Bewohners durch die Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII geschützt wird (so auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 11.12.2013 – L 20 SO 491/13 B ER).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).