Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 19. April 2024 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger erstrebt vom beklagten Träger der Leistungen nach dem SGB II eine Rentennachzahlung.
Der 1953 geborene Kläger bezog ab 2005 vom Beklagten laufende Leistungen nach dem SGB II, zuletzt für den Bewilligungszeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 (Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2017).
Ein erster 2008 bei der DRV Braunschweig-Hannover (DRV) gestellter Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung blieb auch im Klageverfahren erfolglos. Im Dezember 2011 stellte der Kläger erneut einen Rentenantrag. Nach erfolglosem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren hatte er im Klageverfahren zunächst Erfolg. Im anschließenden Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten schließlich einen Vergleich, in dem sich die DRV verpflichtete, dem Kläger ab 1. Mai 2017 eine (abschlagsfreie) Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu bewilligen (Vergleich vom 20. Februar 2018). Diesen führte die DRV mit dem Rentenbescheid vom 17. Mai 2018 aus und errechnete neben der laufenden Rente ab Juli 2018 iHv rund 790,- Euro brutto eine Nachzahlung für den Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 iHv 9.512,62 Euro. Zugleich verfügte die DRV jedoch die vorläufige Einbehaltung wegen eventueller Erstattungsansprüche dritter Träger; ua war bei ihr ein Erstattungsanspruch der Beklagten angemeldet worden.
Auf Aufforderung der DRV bezifferte der Beklagte seinen Erstattungsanspruch mit 10.399,54 Euro (Schreiben vom 17. Mai 2018). Zudem hob er den Bewilligungsbescheid vom 23. Oktober 2017 über Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung vom 1. Juli 2018 wegen des Bezuges von Altersrente ab diesem Zeitpunkt auf (Aufhebungsbescheid vom 23. Mai 2018). Widerspruch, Klage und Berufung gegen die Aufhebung blieben ohne Erfolg (Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 1. März 2024 – L 9 AS 96/23 -). Im Rahmen dieser Verfahren machte der Kläger ua die Verletzung von Auskunfts- und Informationspflichten, Ansprüche auf Regress, Erstattungen und Nachzahlungen und die Unrechtmäßigkeit der erfolgten Verrechnungen mit seiner Rente geltend. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten seine Leistungen um 17 % höher ausfallen müssen. Leistungen nach dem SGB XII bezog der Kläger wegen eines die Hilfebedürftigkeit ausschließenden Einkommens nicht (zuletzt bestandskräftiger Bescheid der Stadt Georgsmarienhütte vom 11. März 2020).
Am 19. Februar 2020 hat der Kläger – ohne vorherige Antragstellung oder sonstige Kontaktaufnahme mit dem Beklagten - Klage beim SG Osnabrück wegen „Untätigkeit“ erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass wegen Mangels einer seit Jahren begehrten Auskunftspflicht für den Bereich Teilhabe am Arbeitsleben Betroffene je nach Sachverhalt entsprechende Mehrbedarfe zustehen würden. In seinem Fall seien seine Anfragen zu Mehrbedarfen wegen Behinderung nicht beantwortet worden. „Die Leistungsträger“ würden regelmäßig zu Unrecht behaupten, dass sie ihre Auskunfts- und Informationspflichten erfüllt hätten. Sein Leistungsvermögen sei seit Jahren eingeschränkt. Ihm stehe nach dem SGB II bei Behinderung mit Merkzeichen G ein Mehrbedarf in Höhe von 17 vH zu. Auch Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien weder durchgeführt noch vorgeschlagen worden, was einzig und allein dem Leistungsträger obliege. Dieser habe auch eigenständig die gesundheitlichen Voraussetzungen überprüfen lassen müssen. Von 2005 bis 2020 handele es sich um unredliches Verhalten mit Kosten und Aufwendungen, unsinnigen Zeitverlusten bei einem vorliegenden hohen persönlichen Gefahrenpotenzial. Der Beklagte hat ausgeführt, der Grund für die Erhebung der Klage könne anhand der Klagebegründung nicht nachvollzogen werden. Die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Mehrbedarfs iS des § 21 Abs 4 iVm § 23 Nr 2 und Nr 3 SGB II seien schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II an keiner Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilgenommen habe.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19. April 2024). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig. Bereits die in den §§ 54 Abs 1 Satz 2, 92 Abs 1 SGG bestimmten Mindestanforderungen an eine Klage seien nicht erfüllt. Trotz gerichtlicher Aufforderung, den Klagegegenstand zu konkretisieren, bleibe unklar, über welchen Sachverhalt der Kläger eine gerichtliche Entscheidung begehre. Das Vorbringen des Klägers, welcher sich zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits seit fast zwei Jahren nicht mehr im Leistungsbezug befinde, rund um behinderungsbedingte Mehrbedarfe und Auskunfts- und Informationspflichten des Beklagten, erweise sich in seiner Pauschalität schon deshalb als zu unbestimmt, weil sich nicht näher eingrenzen lasse, auf welche Verwaltungsakte und welches konkrete Verwaltungshandeln im Einzelnen sich das Klagebegehren beziehe.
Hiergegen richtet sich die am 7. Mai 2024 eingelegte Berufung des Klägers. Er hat seine Ausführungen aus den früheren Verfahren wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen (Berufungsschrift vom 28. April 2024; Verfügung des Senats vom 29. August 2024),
den Beklagten zu verpflichten, die mit dem Rentenbescheid der DRV Braunschweig-Hannover vom 17. Mai 2018 errechnete Nachzahlung für den Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 iHv 9.512,62 Euro vollständig an ihn auszuzahlen.
Der Beklagte stellt keinen Antrag. Er vermag ein konkretes Begehren des Klägers nicht zu erkennen. Sofern der Kläger immer noch die Rentennachzahlung begehre, verweise er auf die Berufungsentscheidung des 9. Senats des LSG - L 9 AS 96/23 -.
Der Senat hat die Entscheidung über die Berufung nach vorheriger Anhörung (Verfügung vom 8. August 2024), auf die die Beteiligten ihre Zustimmung erklärt haben (Schriftsätze vom 9. und 18. August 2024) auf den Berichterstatter übertragen (Beschluss vom 26. August 2024). Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (Schriftsätze vom 26. August und 5. September 2024).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet in der Besetzung gemäß § 153 Abs 5 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt haben (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG).
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143,144,151 SGG) ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat mit seiner Berufungsschrift klargestellt („Es wird beantragt, die erfolgte Nachzahlung vollständig auszuzahlen, […]“), dass er von dem Beklagten verlangt, die mit dem Rentenbescheid der DRV Braunschweig-Hannover vom 17. Mai 2018 errechnete Nachzahlung für den Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 iHv 9.512,62 Euro vollständig an ihn auszuzahlen.
Das SG hat insoweit zutreffend erkannt, dass dem Kläger bereits die Klagebefugnis iS des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG fehlt. Eine ablehnende Entscheidung des Beklagten in Form eines Verwaltungsakts über Auszahlung ist nicht ergangen. Auch ist weder ein Antrag gestellt, dessen Bescheidung aussteht, noch ein Widerspruchsverfahren anhängig, das noch abzuschließen wäre, so dass das Begehren des Klägers auch nicht als Untätigkeitsklage angesehen werden kann.
Ergänzend weist der Senat - unter Hinweis auf die Ausführungen des 9. Senats (Urteil vom 1. März 2024 - L 9 AS 96/23 -) - auf Folgendes hin: Für die Frage der Auszahlung der Rentennachzahlung ist – worauf der Kläger inzwischen mehrfach hingewiesen wurde - nicht der Beklagte, sondern die DRV Braunschweig-Hannover zuständig, die den Rentenbescheid vom 17. Mai 2018 erlassen und eine Nachzahlung für den Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 iHv 9.512,62 Euro errechnet hat, den sie zur Erfüllung der von dritten Behörden geltend gemachten Erstattungsansprüche an diese auszahlte. Ob und ggf in welcher Höhe ein Nachzahlungsanspruch des Klägers unerfüllt ist, kann nur zwischen dem erstattungspflichtigen Leistungsträger (hier: DRV) und dem von der einbehaltenen Nachzahlung potenziell Begünstigten (hier: dem Kläger) geklärt werden (vgl BSG, Urteil vom 7. April 2022 – B 5 R 24/21 R -), nicht dagegen im Verhältnis des Klägers zum Beklagten, auch wenn sie von der DRV einen Teil der Nachzahlung erhielt.
Ungeachtet dessen erscheint dem Senat – ohne dass es hierauf für seine Entscheidung ankommt - die vollständige Auszahlung der Rentennachzahlung an den Beklagten aber auch zu Recht erfolgt. Der Beklagte hat für den Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 gegenüber den nachfolgend bewilligten Rentenleistungen nachrangige Sozialleistungen erbracht. Der Beklagte hat somit mit seinen Zahlungen objektiv keine eigene Leistungsverpflichtung, sondern die Leistungsverpflichtung der DRV für den genannten Zeitraum erfüllt (vgl § 107 SGB X). Die Sichtweise des Klägers führte zu dem Ergebnis, dass er für diesen Zeitraum sowohl Leistungen nach dem SGB II als auch Altersrentenleistungen, also Doppelleistungen, erhielte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) sind nicht erfüllt.