L 7 AS 461/24 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 1005/24 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 461/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Wenn in einem Eilverfahren gleichzeitig in der Sache und über den PKH-Antrag entschieden wird, liegt darin regelmäßig keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

 

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. September 2024 abgeändert und der Antragsgegner und Beschwerdegegner verpflichtet, dem Antragsteller auch für April bis Juni vorläufig 500,00 Euro monatlich und für Juli 2024 370,97 Euro zusätzlich für Leistungen der Kosten für Unterkunft und Heizung zu bezahlen. 
II. Bezüglich der Zeit ab 01.10.2024 wird die Beschwerde verworfen.
III. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren zur Hälfte zu erstatten.
IV. Dem Antragsteller und Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt B., A-Stadt, beigeordnet.

G r ü n d e :

I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehrt mit seiner Beschwerde Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdUH) im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes für die Zeit ab 01.04.2024 bis 23.07.2024 und ab 01.10.2024.
Auf Weiterbewilligungsantrag vom 18.04.2024 bewilligte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) dem Bf mit Bescheid vom 03.04.2024 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 10.06.2024 vorläufig Leistungen in Höhe des Regelbedarfs für die Zeit vom 01.04.2024 bis 30.09.2024, jedoch keine Kosten der Unterkunft. Es läge keine Erklärung der Vermieterin vor, inwieweit es sich bei dem an den Bf zu Wohnzwecken vermieteten Zimmer in einer Bäckerei um eine Gewerbeanmietung handele. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Untervermietung zu Wohnzwecken in der Bäckerei nicht erlaubt sei.

Ob der Bf gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.06.2024 Klage erhoben hat, ist aus den Akten nicht ersichtlich, ebenso wenig, ob der Bf inzwischen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums Antrag auf endgültige Festsetzung der Leistungen gestellt hat.

Am 24.07.2024 stellte der Bf beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, den er mit Schreiben vom 31.07.2024 weiter begründete; aufgrund der Nichtbewilligung der KdUH iHv 500,00 Euro mtl an Bruttowarmmiete seit April 2024 hätten sich Mietschulden angehäuft. Es drohe nicht nur die ordentliche Kündigung, sondern sogar die fristlose Kündigung.

Mit Beschluss vom 16. September 2024 verpflichtete das Sozialgericht München den Bg, dem Bf für Juli 2024 129,03 Euro sowie für die Monate August bis Dezember 2024 vorläufig 500,00 Euro an KdUH zu bezahlen und lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz im Übrigen ab.

Für die Zeit ab April 2024 vor Stellung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht am 24.07.2024 fehle es an einem Anordnungsgrund. Eine fortwirkende Notlage sei weder ersichtlich noch vorgetragen.

Für die Zeit ab 24.07.2024 sei der Antrag erfolgreich, da sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden seien. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich schon daraus, dass sich nach Angaben des Bf seit dieser Zeit Mietschulden angehäuft hätten und deshalb eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses drohe. Auch ein Anordnungsanspruch bestehe im Hinblick auf die KdUH. Die angemessene Mietobergrenze läge derzeit (seit 01.01.2024) bei 849,00 Euro, also über 500,00 Euro. Auf die Zulässigkeit der Nutzung der vermieteten Räume käme es nicht an. Entscheidend sei alleine, dass Aufwendungen für die Unterkunft tatsächlich entstanden und Zahlungen erfolgt seien bzw der Bf einem ernsthaften Zahlungsbegehren ausgesetzt sei.

Hiergegen hat der Bf Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und für das Beschwerdeverfahren Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht erst für den Zeitraum ab Antragstellung bei Gericht; er benötige die Miete für die Zeit ab dem 01. April 2024 und habe Mietschulden. Mittlerweile habe der Bg für die Zeit ab Oktober 2024 bis März 2025 vorläufig als Leistungen nur den Regelbedarf, nicht aber die KdUH bewilligt. Das im Beschluss des Sozialgerichts zugesprochene Geld habe der Bg nur bis September bezahlt, für Oktober nicht mehr.

Der Bg hat sich innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert.


II.

1. Die Beschwerde ist für die Zeit ab 1.10.2024 unzulässig.

a) Für die Zeit ab Oktober 2024 bis Ende Dezember 2024 besteht für die Beschwerde kein Rechtsschutzbedürfnis, da das Sozialgericht ab Oktober 2024 bis Dezember 2024 dem Bf die volle Bruttokaltmiete bereits zugestanden hat.

Das Sozialgericht hat dem Bf in seinem Beschluss über den zum 30.09.2024 endenden, beim Sozialgericht allein streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum hinaus aus nicht näher dargelegten Gründen Miete bis einschließlich Dezember 2024 gewährt. Nachdem der Bg insoweit keine Beschwerde eingelegt hat, ist der Bg aufgrund des Beschlusses des Sozialgerichts verpflichtet, bis einschließlich Dezember 2024 vorläufig die Miete zu bezahlen. Der Bf kann die Miete aus dem vom Bg insoweit nicht angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts vollstrecken.

Nachdem der Bg offenbar seiner Verpflichtung aus dem Beschluss nicht nachkommt und seit Oktober 2024 keine Miete mehr vorläufig zahlt, liegt insoweit besondere Eilbedürftigkeit vor, die eine sofortige Entscheidung über die Beschwerde schon nach Ablauf der dem Bg gesetzten Frist erfordert. 

b) Für die Zeit ab 01.01.2025 bis 31.03.2025, für die der Bf seiner Beschwerdebegründung nach auch die Miete vorläufig zugesprochen haben will, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig.

Streitgegenstand des vom Sozialgericht zu entscheidenden Eilverfahrens war der Bewilligungszeitraum bis Ende September 2024. Der neue, ab 01.10.2024 beginnende Zeitraum war nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Der Bg hat für den Zeitraum ab 01.10.2024 durch einen neuen Bescheid entschieden; für diesen neuen Streitgegenstand müsste der Bf ggf einen neuen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht stellen, da der neue Bewilligungszeitraum nicht Gegenstand der Beschwerde wurde. Auch nicht über § 99 SGG, da dies weder sachdienlich ist, noch der Bg sich hierauf eingelassen hat.

2. Soweit die Beschwerde für die Zeit vom 01.04.2024 bis 23.07.2024 zulässig ist, ist sie auch begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anordnungsanspruch bejaht unter dem Gesichtspunkt, dass der Bf einer Zahlungsverpflichtung für die Unterkunft ausgesetzt ist, da er diese bewohnt und deshalb hierfür zumindest Nutzungsentgelt zu zahlen hat, unabhängig von der Frage, ob die bewohnten Räume auch zulässigerweise als Wohnraum hätten vermietet werden dürfen.

Auch liegt schon für die Zeit ab April bis zur Antragstellung beim Sozialgericht ein Anordnungsgrund vor, da nach dem nachvollziehbaren Vortrag des Bf eine fortwirkende Notlage aufgrund der nicht gezahlten KdUH besteht. Der Bf hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ohne eine entsprechende gerichtliche Anordnung zur Übernahme der Miete für den vergangenen Zeitraum seine Unterkunft aktuell gefährdet wäre. 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Bf mit seinem Begehren bzgl des nachfolgenden Bewilligungszeitraums erfolglos blieb.

4. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des vom Bf benannten Rechtsanwaltes für das Beschwerdeverfahren war - wie oben dargestellt - aufgrund hinreichender Erfolgsaussichten stattzugeben, vgl § 73a SGG iVm § 114 ZPO; die Voraussetzungen im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf sind erfüllt, da dieser vermögensloser Leistungsempfänger nach dem SGB II ist.

5. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Rechtskraft
Aus
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