Wenn einem Fristverlängerungsantrag bis zum gewünschten Termin vom Gericht stillschweigend entsprochen wurde, ist ein Befangenheitsantrag nach Ablauf der gewünschten Frist mit der Begründung, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, offensichtlich rechtsmissbräuchlich.
Die Ablehnungsgesuche des Klägers gegen die Berufsrichterinnen des 16. Senats werden als unbegründet zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
lm Ausgangsverfahren war im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB lV) die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen in der Zeit vom 12.04.2012 bis zum 15.04.2015 streitig.
Nachdem der 16. Senat mit Urteil vom 14.07.2023 die Berufung des Klägers zurückgewiesen hatte, stellte der Kläger beim Bundessozialgericht Prozesskostenhilfeantrag für eine Nichtzulassungsbeschwerde. Mit Beschluss vom 08.03.2024 (B 12 BA 1/233 BH) lehnte das Bundessozialgericht den Prozesskostenhilfeantrag ab und führte ua aus, dass das Urteil des 16. Senats keine entscheidungserheblichen Mängel aufweise.
Am 31.10.2024 erhob der Kläger Restitutionsklage zum Bayerischen Landessozialgericht gegen das Urteil des 16. Senats vom 14.07.2023. In seinem Berufungsschreiben beantragte der Kläger für einen ergänzenden Sachvortrag die Gewährung einer Schriftsatzfrist von einem Monat bis zum 02.12.2024.
Dem Kläger wurde mit einem von der Vorsitzenden des 16. Senats, die gleichzeitig Berichterstatterin für die Restitutionsklage ist, verfügten gerichtlichen Schreiben vom 08.11.2024 mitgeteilt, dass das Verfahren als Restitutionsklage fortgesetzt werde. Eine Schriftsatzfrist wurde dem Kläger nicht gesetzt.
Mit Schreiben vom 02.12.2024 ergänzte der Kläger seinen Sachvortrag unter Vorlage zahlreicher Fotokopien dahingehend, dass im Termin am 14.07.2024 gelogen worden sei.
Mit weiterem Schreiben vom 02.12.2024 lehnte der Kläger die drei Berufsrichterinnen des 16. Senats wegen Befangenheit ab. Zum einen sei ihm trotz seines Antrages auf Einräumung einer einmonatigen Schriftsatzfrist bis zum 02.12.2024 eine solche Frist nicht eingeräumt worden; dies verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Zum anderen habe der erkennende Senat sich in krimineller Absicht nicht mit dem kompletten Sachverhalt beschäftigt und "Betrugsbeihilfe" für die Beigeladene geleistet. Der Senat habe nicht bemerkt, dass Kontobewegungen auf keinem tatsächlichen Leistungsaustausch beruhten. Er beantrage für eine ausführliche detaillierte Stellungnahme eine Schriftsatzfrist bis zum 02.01.2025; wenn eine "kurzfristige dienstliche Stellungnahme" der drei abgelehnten Richterinnen erkennen lasse, dass "diese ihren Irrtum auf eine Täuschung bzw begangenen Prozessbetrug durch die Beigeladene zurückführen", könne "das Ablehnungsgesuch auch schnell zurückgenommen werden und klägerseitig zur ausschließlichen Erörterung in der Hauptsache selbst übergegangen werden".
Die dienstlichen Stellungnahmen der Richterinnen wurden den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 22.12.2024 zur Kenntnis, ggf Äußerung, übermittelt.
In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 16.12.2024 hat sich die Vorsitzende Richterin B dahingehend geäußert, dass sie wie auch schon für das Ausgangsverfahren nun auch für die Restitutionsklage zuständige Berichterstatterin sei. Die beiden weiteren Berufsrichterinnen des 16. Senats seien mit der am 31.10.2024 erhobenen Restitutionsklage bisher nicht befasst gewesen. Soweit der Kläger die Verletzung des rechtlichen Gehörs rüge, weil sie ihm keine gesonderte Schriftsatzfrist eingeräumt habe, treffe es zu, dass dem Kläger keine gesonderte Schriftsatzfrist eingeräumt worden sei, da eine Entscheidung des Senats im Jahr 2024 nicht beabsichtigt gewesen sei. Soweit sich der Kläger mit seinem Ablehnungsgesuch gegen eine fehlerhafte Beweiswürdigung wende, mache er einen Verfahrensverstoß durch den erkennenden Senat im Urteil vom 14.07.2023 geltend.
In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 18.12.2024 führt die Richterin am LSG G aus, dass sie mit der am 31.10.2024 erhobenen Restitutionsklage des Klägers als Beisitzerin im 16. Senat bislang nicht befasst gewesen sei. Soweit sie als Berufsrichterin im 16. Senat am Urteil des Senats vom 14.07.2023 im Verfahren mitgewirkt habe, nehme sie auf die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden des 16. Senats vom 16.12.2024 Bezug.
Die Richterin am LSG K weist in ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 19.12.2024 ebenfalls darauf hin, dass sie mit der Restitutionsklage des Klägers bislang nicht befasst gewesen sei. Am Urteil des Senats vom 14.07.2023 im Verfahren habe sie mitgewirkt; insoweit verweise sie auf die dienstliche Stellungnahme der Vorsitzenden Richterin vom 16.12.2024.
Mit Schreiben vom 02.01.2025 äußerte sich der Kläger dahingehend, dass es dem Befangenheitsantrag vom 02.12.2024 von Klägerseite im Wesentlichen nichts hinzuzufügen gebe einen "weiteren Sachvortrag" zum Befangenheitsantrag vom 02.12.2024 könne er "erst nach Vorlage der Beklagten(DRV-Bund)-Stellungnahme, Beigeladenen-Stellungnahme und dienstlicher Vorsitzenden-Stellungnahme fertigen". Hierfür beantrage er schon jetzt eine angemessene Schriftsatzfrist.
Die weiteren Beteiligten haben sich nach Übermittlung der dienstlichen Stellungnahmen nicht geäußert.
II.
Die Ablehnungsgesuche gegen die Berufsrichterinnen des 16. Senats sind unbegründet.
1. Nach § 60 Abs. 1 SGG iVm § 42 Abs. 2 ZPO ist eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit erfolgreich, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit einer Richterin zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob für einen Verfahrensbeteiligten berechtigter Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der Richter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände besteht (vgl etwa BVerfG, Beschluss vom 15. Mai 2017 - 2 BvR 865/17). Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers reichen hingegen nicht aus, die Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 60, Rn. 7 m.w.N.; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 42, Rn. 6).
Ebenso wenig begründen Fehler des Richters - sofern nicht besondere weitere Umstände hinzutreten - eine Besorgnis der Befangenheit (vgl. BFH, Beschlüsse vom 27.06.1996 - X B 84/96 - BFH/NV 1997, 122, juris; vom 29.08.2001 - IX B 3/01 - BFH/NV 2002, 64, juris). Es müssen mit dem Ablehnungsgesuch Gründe dargetan werden, die dafürsprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. BFH, Beschluss vom 16.02.1989 - X B 99/88, BFH/NV 1989, 708, juris; BFH, Beschluss vom 27.06.1996 - X B 84/96 -, BFH/NV 1997, 122, juris).
Das Ablehnungsverfahren dient grundsätzlich nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BFH-Beschluss vom 25. Juli 1997 VI B 68/97, BFH/NV 1998, 61); hierfür steht dem Antragsteller das Rechtsmittelverfahren zur Verfügung (BFH-Beschluss vom 24. August 1989 IV B 59/89, BFH/NV 1990, 308).
Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters bilden demgemäß - selbst wenn sie vorliegen - grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund. Ein im Rahmen zulässiger richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten kann einem Ablehnungsgesuch von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen.
Tatsächlich oder vermeintlich unrichtige Entscheidungen begründen im Ergebnis eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann, wenn Gründe dargetan werden, die dafürsprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen, voreingenommenen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten beruht oder wenn der Grad der Fehlerhaftigkeit so groß ist, dass der Schluss auf Willkür gerechtfertigt erscheint (BayLSG, Beschluss vom 25.09.2024 - L 16 SF 210/24 AB Rz 13).
2. Die Ablehnungsgesuche des Klägers enthalten in Bezug auf die drei Berufsrichterinnen unter Anwendung dieser Grundsätze keine Anhaltpunkte dafür, dass bei den drei Berufsrichtern des 7. Senats auch nur im Entferntesten Befangenheit vorliegen könnte.
Soweit der Kläger mit Schreiben vom 02.01.2025 eine weitere Schriftsatzfrist zur Äußerung "nach Vorlage der Beklagten(DRV-Bund)-Stellungnahme, Beigeladenen-Stellungnahme und dienstlicher Vorsitzenden-Stellungnahme" beantragt, geht dieses Begehren ins Leere. Allen Beteiligten wurden die dienstlichen Stellungnahmen der betroffenen Richterinnen mit gerichtlichem Schreiben vom 22.12.2024 zur Kenntnis, ggf Stellungnahme gegeben. Weder die Beklagte noch der Beigeladene haben daraufhin eine Stellungnahme abgegeben, die dem Kläger zur Stellungnahme übermittelt werden könnte. Soweit der Kläger Stellung zur "dienstliche Vorsitzenden-Stellungnahme" beziehen möchte, wurde diese ihm bereits übermittelt; er hatte wie die übrigen Beteiligten ausreichend Zeit, sich hierzu zu äußern.
Gründe, die dafürsprechen, dass mögliche bzw vorhandene Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung der drei Richterinnen gegen den Kläger oder auf Willkür beruhen, sind nicht ersichtlich. Das gilt sowohl im Hinblick auf die vom Kläger behauptete Gehörsverletzung als auch den Vorwurf mangelhafter Beweiswürdigung im Ausgangsverfahren .
a) Was den Vortrag des Klägers bzgl seines Fristantrags im Verfahren der Restitutionsklage angeht, geht dieser im Hinblick auf die Richterinnen G und K ins Leere, da die Richterinnen mit der Restitutionsklage bislang nicht befasst waren (vgl zur Rechtsmissbräuchlichkeit von Ablehnungsgesuchen bei Nichtbefassung von Richtern mit der Angelegenheit BayLSG Beschluss vom 13. Mai 2024 - L 14 SF 46/24 AB). Bzgl der für die Restitutionsklage zuständigen Berichterstatterin erweist sich der Vorwurf des Klägers nicht nur als unverständlich, nachdem er am letzten Tag der von ihm selbst gesetzten Frist seine ergänzende Stellungnahme bei Gericht eingereicht hat, er also wie gewünscht bis 02.12.2024 seine ergänzende Stellungnahme abgeben konnte und ihm damit rechtliches Gehör wie gewünscht gewährt wurde. Vielmehr erscheint der Vorwurf angesichts der Tatsache, dass dem Kläger bislang noch gar keine Frist gesetzt worden war, geradezu mutwillig und offensichtlich rechtsmissbräuchlich.
b) Was den Vortrag des Klägers bzgl der Beweiswürdigung des Senats im Ausgangsverfahren anbetrifft, fehlt es an einer relevanten Darstellung, inwieweit die damalige Beweiswürdigung auf einer unsachlichen Einstellung ihm gegenüber beruht haben könnte oder willkürlich fehlerhaft gewesen sein soll. Dies gilt umso mehr, als das Bundessozialgericht bei der Entscheidung des Senats vom 14.07.2023 keine relevanten Fehler erkennen konnte. Vielmehr hat der Kläger nicht belegte, aus Sicht eines objektiven vernünftigen Prozessbeteiligten nicht nachvollziehbare Behauptungen gegen die Richterinnen in den Raum gestellt, wenn er ins Blaue hinein vorträgt, der erkennende Senat habe sich "in krimineller Absicht" nicht mit dem kompletten Sachverhalt beschäftigt und "Betrugsbeihilfe" für die Beigeladene geleistet.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.