1. Gegenstand eines gegen die Ablehnung von Verletztenrente gerichteten Klageverfahrens ist im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG auch ein Bescheid, mit dem die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines während des Verfahrens als Folgeunfall anerkannten weiteren Unfalls abgelehnt wird, mit dem aber weitere Unfallfolgen anerkannt werden.
2. Gesundheitliche Beeinträchtigungen, die in die Begründung eines Bescheides, der in seinem Verfügungssatz die Ablehnung oder Gewährung von Verletztenrente regelt aufgenommen werden, nehmen an der Bindungswirkung des Bescheides nicht teil, wenn für den Adressaten aus dem äußeren Aufbau des Bescheides und der logischen Zuordnung der getroffenen Aussagen über die verbliebenen Unfallfolgen und die Höhe des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit ohne Weiteres erkennbar ist, dass eine verbindliche Entscheidung allein über den Rentenanspruch getroffen werden sollte.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.10.2023 aufgehoben und wird die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls streitig.
Der 1968 geborene Kläger erlitt am 19.11.2009 im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker einen Verkehrsunfall, indem er während einer Probefahrt mit einem Kundenfahrzeug von hinten von einem Jeep mit hoher Geschwindigkeit angefahren wurde und anschließend mit der Beifahrerseite seines Fahrzeugs gegen eine Leitplanke prallte, woraufhin er mit einem Notarztwagen in das Klinikum G1 in H1 gebracht wurde.
In dem über die Erstuntersuchung am 19.11.2009 erstellten Durchgangsarztbericht des L1, am Klinikum G1 in H1, wurden als Erstdiagnosen multiple Beckenfrakturen, eine Gehirnerschütterung sowie eine Prellung und ein Hämatom der Lunge angegeben. Ausweislich des Vorläufigen Entlassungsberichts und des Operationsberichts erfolgte im Rahmen der bis zum 18.12.2009 dort stattgefundenen stationären Behandlung eine perkutane (= durch die Haut geführte) Schraubenosteosynthese (= Einsetzung von Schrauben) bei Fraktur des Os Sacrum (= Kreuzbein) Typ 1 mit Dehiszens (= Auseinanderweichen) der ISG (= Iliosakralgelenk = Kreuzbein-/Darmbein-Gelenk)-Fuge links, eine intensivmedizinische Betreuung und Überwachung, eine Schmerztherapie, eine Physiotherapie, eine Mobilisation und eine mehrfache psychiatrische Vorstellung. Als Diagnosen wurden eine Fraktur des vorderen und hinteren Beckenrings mit Fraktur des lateralen Schambeinastes links und Beteiligung des vorderen Pfeilers des Acetabulums (= Hüftpfanne), eine Fraktur des Acetabulums rechts im Bereich des vorderen Pfeilers und zentral, eine Fraktur des Sitzbeins beidseits, eine Y-förmige Fraktur des Sacrums von S3 bis S5 und eine ISG-Fugensprengung links, ein stumpfes Thoraxtrauma mit Lungenkontusion beidseits, eine Commotio cerebri (= Gehirnerschütterung), eine ausgeprägte posttraumatische Belastungsreaktion mit delirantem Syndrom (= Bewusstseinsstörung) sowie ein beginnender Lagerungsdekubitus (= Druckgeschwür durch Lagerung) der linken Ferse aufgeführt. Die ambulante Weiterbehandlung erfolgte im Klinikum G1 in H1 sowie beim E1, Klinikum W1. Dieser gab in seinem über die am 05.01.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht an, dass der Kläger ihm gegenüber angegeben habe, bereits mehrere Monate vor dem Arbeitsunfall eine Lumboischialgie im linken Bein aufgrund eines lumbalen Bandscheibenvorfalls gehabt zu haben. E1 führte ferner aus, hinsichtlich der Schwäche im linken Bein habe sich ein Verlust des PSR (= Patellarsehnenreflex), aber keine sicheren Paresen oder Sensibilitätsstörungen ergeben. Wobei der PSR-Verlust auch Folge der lumbalen Bandscheibenproblematik sein könne.
Sodann durchlief der Kläger im Gesundheitszentrum W2 vom 08.01.2010 bis zum 29.01.2010 eine stationäre Maßnahme. In dem hierüber erstellten Entlassungsbericht wurde als neurologischer Abschlussbefund eine Großzehenheberschwäche links, eine noch leichte Hypästhesie (= herabgesetzte Druck-/Berührungsempfindung) der linken Großzehe und ein seitengleich schwach auslösbarer MER (= Muskeleigenreflex) beschrieben. Der F1, Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L2, führte in seinem über die am 23.03.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Krankheitsbericht aus, man könne aufgrund der vorliegenden Unterlagen von einem komplexen Beckentrauma ausgehen, wobei man befürchten müsse, dass die Schwächen des linken Beines und das Gangbild Folge einer Nervenbeteiligung bei der Beckenverletzung gewesen seien. Hier habe bisher keine entsprechende Diagnose erfolgen können. Sodann erfolgte im Rahmen der in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L2 vom 31.03.2010 bis zum 20.04.2010 durchlaufenen komplexstationären Rehabehandlung eine intensive Ergo- und Physiotherapie. Im hierüber erstellten Entlassungsbericht wurde dargelegt, die neurologisch-konsiliarärztliche Untersuchung habe eine leichte inkomplette motorische Störung des Nervus femoralis (= Oberschenkelnerv) links sowie eine distal betonte Störung des Nervus ischiadicus (= Ischiasnerv) links attestiert, und wurden als Diagnosen ein Bewegungs- und Belastungsdefizit nach komplexer Beckenverletzung mit IS-Fugensprengung links und vorderen Beckenringfrakturen, ein Schädel-Hirn-Trauma ersten bis zweiten Grades, ein stumpfes Thoraxtrauma mit Lungenkontusion und eine distal betonte sensible Störung des Nervus ischiadicus links aufgeführt. In dem über die am 09.04.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht des B1 wurde unter „Motorik, Reflexe“ eine leichte Schwäche der Beinabduktoren links sowie unter „Neurotechnische Befunde“ die EMG (= Elektromyografie) hinsichtlich der Beinabduktoren links und des Musculus quadidrizeps femoris (= den Oberschenkelknochen umschließender Oberschenkelmuskel) links ohne Befund beschrieben und als Diagnosen eine leichte inkomplette motorische Störung des Nervus femoralis links (Abduktorenschwäche) sowie eine distal-betonte sensible Störung des Nervus ischiadicus aufgeführt.
Weitere ambulante Vorstellungen erfolgten dort und bei D1. Im weiteren Verlauf erfolgte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L2 vom 06.09.2010 bis zum 04.10.2020 eine medizinisch beruflich orientierte Rehabilitation. In dem über die am 21.09.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht des Arztes B1 wurden unter „Motorik, Reflexe“ der ASR (= Achillessehnenreflex) links als nicht auslösbar, ansonsten die MER an Armen und Beinen als seitengleich und physiologisch, keine pathologischen Reflexzeichen sowie keine Paresen (= unvollständige Lähmungen) beschrieben.
Ferner erfolgten ambulante Vorstellungen bei R1 und in der Praxis T1, G2, S1 und N1.
Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers endete am 30.11.2010.
Die Beklagte ließ den Kläger untersuchen und begutachten. Der Arzt B1 stellte in seinem Gutachten vom 15.02.2011 eine höhergradige sensible Störung des Nervus peroneus (= Wadenbeinnerv) links im Rahmen einer ursprünglichen Läsion des Nervus ischiadicus und einen Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades (Gehirnerschütterung) ohne verbliebenes neurologisches Defizit fest und schätzte die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf nervenärztlichem Fachgebiet auf 10 vom Hundert (v. H.). G3, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L2, beschrieb in seinem Ersten Rentengutachten vom 14.01.2011 als noch bestehende Unfallfolgen eine diskrete Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit links in Streckung und Beugung, im Abspreizen und Anführen sowie in der Auswärts- und Einwärtsdrehung im Vergleich zur Gegenseite, eine Muskelminderung am linken Oberschenkel, reizlose Narbenverhältnisse glutealseitig links nach Schraubenosteosynthese sowie Narbenverhältnisse am Oberschenkel- und Vorfußbereich, glaubhafte Schmerzen im Bereich der linken Hüfte, insbesondere bei längeren Gehstrecken, sowie Schmerzen im Steißbeinbereich und ein Taubheitsgefühl an den Zehen des linken Fußes bei höhergradiger sensibler Störung des Nervus peroneus links im Rahmen einer ursprünglichen Läsion des Nervus ischiadicus und schätzte die unfallbedingte MdE vom 01.12.2010 bis zum 30.07.2011 auf 20 v. H. und nach Beendigung des dritten Unfalljahres auf 10 v. H.
Mit Bescheid vom 08.04.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung als Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v. H. vom 01.12.2010 bis zum 31.07.2011 und führte aus, darüber hinaus habe er voraussichtlich keinen Anspruch auf Verletztenrente. Sollten die Folgen des Arbeitsunfalls über den Zeitpunkt der Gesamtvergütung hinaus unverändert beeinträchtigen, könne er die Weiterzahlung der Verletztenrente beantragen. Zur Begründung legte die Beklagte dar, der Arbeitsunfall habe zu folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt: „Diskrete Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit links, Muskelminderung am linken Oberschenkel, Taubheitsgefühl an den Zehen des linken Fußes bei höhergradiger sensibler Störung des Wadennerves links im Rahmen einer ursprünglichen Verletzung des Ischiasnervs, nach operativ versorgtem, knöchern fest verheilten vorderen und hinteren Beckenringbruch mit Schambeinastfraktur links und Beteiligung des vorderen Pfeilers der linken Hüftpfanne, Bruch der Hüftpfanne rechts zentral und im Bereich des vorderen Pfeilers, sowie Sitzbeinbruch beidseits, Kreuzbeinbruch und Fugensprengung am Kreuzbein-Darm-Gelenk (ISG), bei noch einliegendem Material.“ Folgende Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes lägen unabhängig von dem Arbeitsunfall vor: „Veränderung des Bandscheibenknorpels (Osteoporose).“
Hiergegen legte der Kläger am 02.05.2011 Widerspruch ein. Die ambulante Weiterbehandlung des Klägers erfolgte bei P1. Aktenkundig wurde der über die am 27.09.2011 durchgeführte Computertomographie von M1 erstellte Arztbrief, in dem bei L4/L5 ein großer links mediolateraler, nach kaudal sequestrierter Bandscheibenvorfall mit Kompression des Duralsacks und möglicher Irritation der Wurzel L5 links im Rezessus, bei L5/S1 eine Osteochondrose und Spondylose sowie bei L5/S1 ein verkalkter rechts mediolateraler Bandscheibenvorfall mit Pelottierung der Wurzel S1 beschrieben wurden. Zur Begründung seines Widerspruchs legte der Kläger die Stellungnahme des P1 vom 21.11.2011 vor. Dieser führte darin aus, die Computertomographie habe einen Bandscheibenvorfall L4/L5 links, eine fragliche Irritation der Nervenwurzel links in Höhe des ISG (Spondylodese des ISG links), die möglicherweise ein Segment nach links tangiere, und eine deutliche ISG-Arthrose links ergeben. Er vertrat darin ferner die Ansicht, der Bandscheibenvorfall L4/L5 sei nicht mit Sicherheit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, jedoch seien das Reflexverhalten links, der Nervendehnschmerz, die sensible Störung des Nervus peroneus links und die Läsion des Nervus ischiadicus möglicherweise auf diesen Bandscheibenvorfall zurückzuführen. Da es sich um ein Polytrauma mit mehreren Rotationsfrakturen gehandelt habe, sei „die Möglichkeit sehr wahrscheinlich“. Die Druckschmerzhaftigkeit, das deutlich hinkende Gangbild sowie die Arthrose des ISG links seien mit Sicherheit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Die Schmerzhaftigkeit der ISG-Fuge links beziehe sich auf die Unfallfolgen. Die deutlich linksbezogene, dysharmonische Gangabwicklung sei auf die mehrfache Fraktur des Beckens sowie möglicherweise auf den Bandscheibenvorfall zurückzuführen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 zurück. Selbst P1 habe den Bandscheibenschaden nicht in einem kausalen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall zu sehen vermocht. Auch dessen dargebotene Konstruktion, wonach das Schmerzbild, das deutlich hinkende Gangbild und die Nervenwurzelreizung Folge des Arbeitsunfalls seien, gründe einzig in der Annahme im Sinne der Möglichkeit.
Das von der Beklagten bei der AOK – Die Gesundheitskasse H2 eingeholte Vorerkrankungsverzeichnis ergab keine Einträge in Bezug auf durch Erkrankungen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten. Weitere Vorstellungen des Klägers erfolgten beim Schmerztherapeuten M2.
Im Rahmen des gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2012 mit der Klage vom 20.02.2012 eingeleiteten und unter dem Aktenzeichen S 4 U 596/12 geführten Klageverfahrens holte das Sozialgericht (SG) Heilbronn das Gutachten des T2 vom 27.02.2013 nebst ergänzender gutachtlicher Stellungnahme vom 24.04.2013 ein. Der Sachverständige beschrieb als Unfallfolgen eine komplexe Beckenfraktur, eine verbliebene endgradige Funktionseinschränkung des linken Hüftgelenks nach osteosynthetischer Versorgung mit noch einliegendem Osteosynthesematerial sowie eine verbliebene Sensibilitätsstörung am linken Bein nach Läsion des Nervus ischiadicus ohne motorische Ausfälle und schätzte die unfallbedingte MdE auf 10 v. H. seit dem 01.08.2011. Daraufhin nahm der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 29.07.2013 zurück.
F2 führte in seinem über die am 22.10.2015 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht als vorläufige Diagnosen ein chronisches, nicht-neuropathisches Schmerzsyndrom der linken Hüfte sowie eine nicht-nerval oder -radikulär zuordenbare Sensibilitätsstörung im linken Bein an und führte aus, es gebe keine Anhalte für eine motorische Beinnervenläsion oder eine psychoreaktive Störung. Im weiteren Verlauf wurden Befundberichte von D2, von L3, von R2 und von T3 aktenkundig.
L4 beschrieb in seinem über die Untersuchung vom 12.09.2016 erstellten Befundbericht eine seitengleich und kräftig ausgeprägte Muskulatur an den Beinen und führte aus, der klinisch-neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig geblieben. Am linken Bein sowie linken Fuß seien Gefühlsstörungen angegeben worden, die einem Dermatom oder Nervenverlauf nicht sicher zuzuordnen gewesen seien und möglicherweise einer leichten Beinnervengeflechtschädigung geschuldet seien. Umschriebene Zeichen eines klinisch relevanten Schmerzsyndroms hätten sich nicht gefunden. Der aktuelle psychische Befund habe keine krankhaften Auffälligkeiten ergeben.
Der Kläger beantragte am 14.11.2017 die Feststellung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente.
Sodann ließ die Beklagte den Kläger erneut untersuchen und begutachten. B2 führte in seinem Gutachten vom 05.06.2018 aus, unfallbedingt lägen ein Mixed-pain-Syndrom Hüfte links nach Polytrauma mit komplexer Beckenverletzung (vordere und hintere Beckenringfraktur mit lateraler Schambeinastfraktur links und Beteiligung des vorderen Acetabulumpfeilers, Acetabulumfraktur rechts zentral und im Bereich des vorderen Pfeilers, Sitzbeinfraktur beidseits, Y-förmige Sacrumfraktur von S3 bis S1 und IS-Fugensprengung links), stumpfem Thoraxtrauma und Lungenkontusion beidseits, ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades ohne verbliebenes neurologisches Defizit und eine chronische Cephalgie (= Kopfschmerz), wahrscheinlich bedingt durch die regelmäßige Einnahme von Analgetika (unfallbedingt), sowie ein Zustand nach einer Läsion des Nervus ischiadicus mit der Folge einer sensiblen Störung des Nervus peroneus und unfallunabhängig eine Obesitas (= Fettleibigkeit), eine arterielle Hypertonie (= Bluthochdruck), ein Verdacht auf eine Schultergelenksarthrose rechtsseitig, ein fortgeschrittenes Lendenwirbelsäulen-Syndrom, ein Prolaps im Bereich der Lendenwirbelsäule (Eigenangabe), eine chronisch venöse Insuffizienz der Beine sowie ein Nagelpilz (Großzehen beidseits) vor. Die MdE betrage 10 v. H. E2 beschrieb in seinem Gutachten vom 08.06.2018 als Unfallfolgen eine gering reduzierte Beweglichkeit des linken Hüftgelenks sowie eine Muskelminderung am linken Oberschenkel und schätzte die MdE auf unfallchirurgischem Fachgebiet auf 10 v. H. In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme schätzte er die Gesamt-MdE auf 15 v. H.
Mit Bescheid vom 26.07.2018 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente über den 31.07.2011 hinaus ab, da eine rentenberechtigende MdE nach dem 31.07.2011 nicht mehr vorliege. Der Arbeitsunfall habe zu folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, die bei der Beurteilung der MdE berücksichtigt worden seien: „Bewegungseinschränkungen und belastungsabhängig Beschwerden im Bereich der linken Hüfte bei noch einliegendem Fremdmaterial, Taubheitsgefühl im Bereich des linken Beines, Muskelminderung am linken Oberschenkel.“ Folgende Beeinträchtigungen lägen unabhängig von dem Arbeitsunfall vor: „Verschleißbedingte Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule (Bandscheibenvorfall). Nervenerkrankung (Polyneuropathie) im Bereich der Beine. Senk-Knick-Fuß beidseits. Röntgenologisch nachweisbare Veränderungen im Bereich der rechten Schulter. Verschleißbedingte Venenschwäche im Bereich beider Beine.“
Hiergegen legte der Kläger am 09.08.2018 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er unter dem 01.10.2018 aus, der Bescheid basiere auf einer Reihe von Fehlannahmen, eine korrekte Zuordnung sowie eine hinreichende Gesamtbetrachtung der Unfallfolgen seien nachzuholen, diese würden zu dem Ergebnis kommen, dass die unfallbedingte MdE den Grenzwert von 20 v. H. überschreite. Aktenkundig wurden Verlaufsberichte des W3 und der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T4. Die Beklagte holte beratungsärztliche Stellungnahmen ein. S2 führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24.10.2018 aus, aus neurologischer Sicht lägen keine Unfallfolgen im Vollbeweis vor und sei somit keine MdE um 10 v. H. oder mehr auf diesem Fachgebiet gegeben. W4 führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2018 aus, er sehe keinen ausreichend sicheren Beleg dafür, dass ein im Zusammenhang mit den Unfallfolgen stehendes außergewöhnliches Schmerzsyndrom, welches auf neurologischem Fachgebiet und auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE im rentenberechtigten Ausmaß bedingen würde, vorliege.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2019 zurück. Ein über das übliche Maß hinausgehendes außergewöhnliches Schmerzsyndrom sei nicht objektivierbar.
Hiergegen hat der Kläger am 09.04.2019 Klage zum SG Heilbronn erhoben. Er hat insbesondere seine Widerspruchsbegründung wiederholt.
Aktenkundig geworden sind seither weitere ärztliche Unterlagen, insbesondere die Verlaufsberichte der S3 und W3, woraus sich unter anderem ergibt, dass sich der Kläger am 15.12.2021 auf dem Weg zur Physiotherapie eine Knieverletzung zugezogen hatte, der Arztbrief des W5, MVZ K1 und Kollegen, über die am 30.12.2021 durchgeführte magnetresonanztomografische Untersuchung des rechten Kniegelenks, der Befundbericht des F3, des Klinikums K2, über die am 09.03.2022 durchgeführte Untersuchung und die beratungsärztliche Stellungnahme des K3 vom 06.04.2022 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17.05.2022, mit dem der Unfall vom 15.12.2021 als Folgeunfall anerkannt worden ist, als Unfallfolgen „Verheilte Zerrung des rechten Kniegelenkes“ anerkannt worden sind, nicht als Unfallfolgen „Verschleißbedingte Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenkes unter anderem Innenmeniskushinterhornschaden“ anerkannt worden sind und ein Anspruch auf unfallbedingte Heilbehandlung und Verletztengeld abgelehnt worden ist.
Das SG Heilbronn hat zunächst den Rechtsstreit in der nichtöffentlichen Sitzung vom 17.08.2022 mit den Beteiligten erörtert.
Sodann hat das SG Heilbronn den Kläger von Amts wegen untersuchen und begutachten lassen.
G4, Institut für Neurologisch-Psychiatrische Begutachtung B3, hat in seinem Gutachten vom 25.04.2023 ausgeführt, aktuell liege eine lumbale Radikulopathie vor, für die ein Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall zunächst denkbar erscheine. Der in der bildgebenden Untersuchung vom 27.09.2011 beschriebene Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule sei mit hoher Wahrscheinlichkeit für die L5-Symptomatik verantwortlich. Eine leichtere L4- oder S1-Symptomatik sei möglich, gegebenenfalls auch durch Bedrängungen der Nervenwurzeln erklärlich, wie sie teils beschrieben worden seien. In dem Bereich bestünden Degenerationen (Veränderungen durch Abnutzungsprozesse). Eine Symptomatik mit Ausstrahlung von Schmerzen vom unteren Rücken in das linke Bein habe nach den aktenkundigen Berichten schon vorher bestanden. Ob hier nicht auch schon leichte neurologische Ausfälle gegeben gewesen seien, sei letztlich unklar geblieben. Wenn der Bandscheibenvorfall aus einer Zeit vor dem Arbeitsunfall datiere und sich keine Hinweise auf eine traumatische Veränderung mit dem Arbeitsunfall ergäben, sei die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass auch die neurologischen Ausfälle schon vorher bestanden hätten. Ob der für die Schmerzen und die neurologische Symptomatik maßgebliche Bandscheibenvorfall traumatisch verursacht worden sei oder nicht, entziehe sich seiner Expertise. Anhand des Befundberichts, wie er formuliert worden sei, ergebe sich kein Anhalt für eine traumatische Verursachung des Bandscheibenvorfalls. Auch habe der Kläger – und dies sei auch entscheidend – bereits vor dem Arbeitsunfall Beschwerden mit Ausstrahlung in das linke Bein gehabt. Ferner hätten in der Vergangenheit für einen kurzen Zeitraum eine leichte Anpassungsstörung (Schlafstörung und Sorgen) sowie ein Delir (vorübergehender Verwirrtheitszustand) nach dem Arbeitsunfall vorgelegen. Ein Suizidversuch habe sich vor dem Arbeitsunfall ereignet. Eine Akzentuierung der Persönlichkeit habe mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vor dem Arbeitsunfall vorgelegen. Die Anpassungsstörung sei am ehesten multifaktoriell verursacht gewesen. Der Unfallanteil alleine sei nicht hoch gewesen. Berufliche Sorgen seien hier erwähnt worden. Es sei eine schnelle Remission erfolgt. Die beruflichen Sorgen erklärten die Schlafstörung, die sich kurzfristig nach dem Arbeitsunfall für einige Zeit bis März 2010 eingestellt habe, ausreichend. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei lediglich das Delir, das nach der Extubation für einen kurzen Zeitraum entstanden sei, mittelbar auf den Arbeitsunfall zurückzuführen gewesen. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine MdE sei damit nicht zuzumessen. Wäre der Bandscheibenvorfall wider Erwarten kausal auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, so wäre es die lumbale Radikulopathie auch, wofür dann eine MdE um 10 v. H. vorgeschlagen würde.
C1, Gesundheitszentrum B4, hat in seinem Gutachten vom 18.05.2023 ausgeführt, der Kläger habe auf seine Frage nach einem vor dem Arbeitsunfall aufgetretenen Bandscheibenvorfall ihm gegenüber angegeben, er könne sich daran erinnern, dass ein Bandscheibenvorfall vorgelegen habe, der nur Schmerzen, jedoch keine motorischen Schwächen verursacht habe, dessen Behandlung konservativ erfolgt sei und er nach etwa 6 bis 8 Wochen beschwerdefrei gewesen sei. Der Sachverständige hat ausgeführt, er halte es aufgrund der anamnestischen Angaben des Klägers und der Angaben des E1 in dessen Befundbericht vom 05.01.2010 für hinreichend wahrscheinlich, dass beim Kläger schon vor dem Arbeitsunfall aufgrund entsprechender Beschwerden ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule bildgebend diagnostiziert worden sei. Im Gegensatz zu G4 halte er es jedoch nicht für wahrscheinlich, dass auf Grundlage dieses Bandscheibenvorfalls auch schon vor dem Arbeitsunfall eine persistierende sensible und motorische Schwäche im Bereich des linken Beines vorgelegen habe. Hiergegen sprächen einerseits die anamnestischen Angaben des Klägers sowie andererseits die Tatsache, dass das Vorerkrankungsverzeichnis diesbezüglich unauffällig sei. Für die Annahme, dass die nach dem Arbeitsunfall diagnostizierten neurologischen Störungen (motorische Schwäche und Hypästhesien am linken Bein) Folgen des Arbeitsunfalls seien, sprächen die Tatsachen, dass ein Schwerpunkt der Verletzungen im hinteren Beckenbereich links (ISG-Fugensprengung links) gelegen habe und in diesem Bereich eine operative Stabilisation vorgenommen worden sei. Den diesbezüglichen Überlegungen in dem über die am 23.03.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Krankheitsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L2 werde insoweit zugestimmt. Im Gegensatz zu G4 halte er es daher für hinreichend wahrscheinlich, dass die von ihm beschriebene lumbale Radikulopathie Folge des Arbeitsunfalls sei. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass durch G4 keine eindeutige L5-Symptomatik, sondern ein Mischbild mit leichterer L4- oder S1-Symptomatik beschrieben werde. Auch sprächen die Muskelminderung am linken Oberschenkel, die Schwäche, das linke Bein gestreckt von der Unterlage abzuheben, und die Schwäche der Hüftabspreizmuskulatur links gegen eine isolierte Schädigung der L5-Nervenwurzel. Für ihn sehe das eher wie eine Teilschädigung des linksseitigen lumbalen Plexus aus. Dieses Mischbild lasse sich auch relativ plausibel mit der komplexen Beckenverletzung und den hieraus resultierenden Hämatomen, die ebenfalls die Nervenwurzeln und nicht – wie bei einem Bandscheibenvorfall – eine einzelne Nervenwurzel, bedrängen könnten, erklären. Zwar gehe er davon aus, dass schon vor dem Arbeitsunfall ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule vorgelegen habe, die nach dem Arbeitsunfall diagnostizierte neurologische Symptomatik im Bereich des linken Beines dürfe jedoch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalls sein. Der Sachverständige hat auf den Arbeitsunfall die Schwäche hinsichtlich der Fußhebung und Fußsenkung, die geklagten Gefühlsstörungen, die Schwäche, das linke Bein gestreckt von der Untersuchungsliege abzuheben, die Schwäche im Bereich der Hüftabspreizmuskulatur links, die Muskelminderung am linken Oberschenkel und Unterschenkel sowie die reizlos einliegenden Schrauben zur Versteifung der Kreuz-Darmbein-Fuge links zurückgeführt. Der Sachverständige hat ferner dargelegt, dass mit der von G4 für die lumbale Radikulopathie im Falle einer Unfallbedingtheit vorgeschlagenen MdE um 10 v. H. die Unfallfolgen auf neurologischem Fachgebiet nur unvollständig erfasst seien, da weder die Muskelmassenminderung am linken Oberschenkel noch die Schwäche der Hüftabspreizmuskulatur entsprechend gewürdigt worden seien. Er halte vielmehr eine MdE um 20 v. H. für angemessen.
Daraufhin hat der Kläger die vom F4 am 06.10.2009 ausgestellte Heilmittelverordnung, aus der hervorgeht, dass wegen einer Gelenkblockierung bei Nucleus-pulposus-Prolaps L4/L5 je sechsmal manuelle Therapie und Fango verordnet wurden, vorgelegt. Ferner hat das SG Heilbronn über den S4 Karteikartenauszüge über vom 11.06.2018 bis zum 11.07.2022 erfolgte Behandlungen beigezogen. Des Weiteren hat der F4 auf Anfrage des SG Heilbronn mitgeteilt, die über den Kläger geführten Karteikarten vernichtet zu haben.
Das SG Heilbronn hat mit Urteil vom 18.10.2023 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. über den 31.07.2011 hinaus zu gewähren. Entsprechend den Ausführungen des C1 seien die Schwäche hinsichtlich der Fußhebung und Fußsenkung mit Gefühlsstörungen, die Schwäche, das linke Bein gestreckt von der Untersuchungsliege abzuheben, die Schwäche im Bereich der Hüftabspreizmuskulatur links, die Muskelminderung am linken Oberschenkel und Unterschenkel sowie die reizlos einliegenden Schrauben zur Versteifung der Kreuz-Darmbein-Fuge links auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Es sei nicht im erforderlichen Vollbeweis bewiesen, dass auf Grundlage des Bandscheibenvorfalls schon vor dem Arbeitsunfall eine persistierende sensible und motorische Schwäche im Bereich des linken Beines vorgelegen habe. Gegen das Vorliegen sprächen einerseits die anamnestischen Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen sowie andererseits, dass das Vorerkrankungsverzeichnis diesbezüglich unauffällig sei. Zwar trage grundsätzlich der Kläger für das Vorliegen einer auf den Arbeitsunfall zurückzuführenden Gesundheitsstörung die Beweislast. In diesem Fall berufe sich die Beklagte aber sinngemäß darauf, dass die vom Kläger als unfallabhängig geltend gemachte Gesundheitsstörung, welche tatsächlich vorliege und gegeben sei, bereits zeitlich früher eingetreten sein könnte. In diesem Fall trage die Beklagte sinngemäß analog zur Diskussion über konkurrierende Ursachen die Beweislast. Sofern die Beklagte vortrage, dass das Vorerkrankungsverzeichnis ausschließlich Erkrankungen beinhalte, die mit Arbeitsunfähigkeit verbunden seien, so sei dem grundsätzlich zuzustimmen. Jedoch lasse sich aus dem Schweigen des Vorerkrankungsverzeichnisses bezüglich einer Schwäche im Bereich des linken Beines vor dem Arbeitsunfall und einer fehlenden Dokumentation von motorischen Ausfällen diesbezüglich doch schließen, dass bei einem grundsätzlich arbeitsfähigen Menschen dann keine Grunderkrankung von rechtlicher Relevanz gegeben gewesen sei. Auch aus den im Nachgang zu den Gutachten beigezogenen Befunden seien keine Umstände ersichtlich, welche die Frage bezüglich der Schwäche im Bereich des linken Beines abschließend beantworten könnten. Dafür, dass diese Nichterweislichkeit des früheren Vorliegezeitpunktes nicht zulasten des Klägers gehen könne, spreche, dass man von der Klägerseite dann den Beweis einer sogenannten Negativtatsache fordern würde, von der Beklagten jedoch das positive Vorliegen einer Tatsache. Auch in Bezug auf die Höhe der MdE sei den Ausführungen des C1 zu folgen.
Gegen das Urteil des SG Heilbronn hat die Beklagte am 06.11.2023 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Die Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, Unfallfolgen müssten im Vollbeweis vorliegen. Ob eine Teilschädigung des linksseitigen lumbalen Plexus, wie sie C1 eher vermute als relativ plausibel erklärbar mit der komplexen Beckenverletzung und deshalb die neurologische Symptomatik im Bereich des linken Beines verursachend beschrieben habe, vorliege, sei von einem Neurologen zu bewerten.
Aus den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, dass P1 auf deren Anfrage mitgeteilt hat, nicht über Aufnahmen beziehungsweise bildgebende Verfahren die Lendenwirbelsäule des Klägers betreffend zu verfügen, und die Befundberichte über die am 27.09.2011 und am 21.03.2013 durchgeführten Computertomografien der Lendenwirbelsäule vorgelegt hat. Ferner hat M3 in ihrer von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29.11.2023 ausgeführt, unter Würdigung der vorangegangenen zahlreichen fachkompetenten neurologischen Untersuchungen und Begutachtungen in dem Zeitraum „von September 2010 bis März 2023“ sei davon auszugehen, dass nach einer über 12 Jahre anhaltenden lähmungsfreien Zeit und fehlenden pathologischen Ergebnissen in den EMG-Untersuchungen im Jahr 2010 die aktuell neu diagnostizierten Lähmungen im Gutachten des G4 mit Wahrscheinlichkeit kausalursächlich auf eine in der Zwischenzeit neu aufgetretene unfallfremde Erkrankung (zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall L4/L5) zurückzuführen seien. Es liege mithin keine objektivierbare unfallbedingte neurogene Schädigung von klinisch funktioneller Relevanz vor. Aus dem Ausmaß der angegebenen Sensibilitätsstörung im linken Bein könne lediglich anteilmäßig das Taubheitsgefühl im Bereich der linken dorsalen Großzehe und des Fußrückens als Residuum der erlittenen „unfallbedingten sensibel-peroneal führenden N. ischiadicus“ gewertet werden. Diese sensible Ausfallserscheinung jedoch wäre ohne klinische Relevanz, so dass sich daraus keine messbare, unfallbedingte MdE ergeben würde.
In Auswertung dieser beratungsärztlichen Stellungnahme hat die Beklagte zur weiteren Begründung ihrer Berufung dargelegt, die von G4 neu festgestellten und von C1 bei seiner MdE-Bewertung berücksichtigten Lähmungen in Form einer Zehen- und Fußheberschwäche links könnten nicht rechtlich wesentlich auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden, sondern seien mit Wahrscheinlichkeit Ausfluss einer unfallfremden Erkrankung wie zum Beispiel eines Bandscheibenvorfalles L4/L5. Ferner könne den Ausführungen des SG Heilbronn, dass die Paresen der Fußhebung und -senkung sowie die Schwäche, das linke Bein gestreckt von der Untersuchungsliege abzuheben, mangels nachgewiesener Vorschädigung auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien, nicht gefolgt werden, da es nicht ihre, der Beklagten, Aufgabe sei, die genaue Ursache von geltend gemachten Beschwerden herauszufinden, sondern der Nachweis darüber zu führen sei, ob der Arbeitsunfall die rechtlich wesentliche Ursache von festgestellten Gesundheitsschäden sei. Eine unfallbedingte Schädigung des Plexus lumbalis sei aber von M3 ausgeschlossen worden. Auch spreche der zeitliche Verlauf ohne manifeste neurogene Lähmungen in dem Zeitraum „von September 2010 bis März 2022“ gegen eine unfallbedingte Entstehung. Im Übrigen liege eine objektivierbare unfallbedingte neurogene Schädigung von klinisch funktioneller Relevanz laut M3 nicht vor. Diese Einschätzung sei von S2 geteilt worden. Auch sei G4 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine MdE auf neurologischem Fachgebiet lediglich dann zuzumessen wäre, wenn die lumbale Radikulopathie als Unfallfolge anzuerkennen sei. Da nach alledem auf neurologischem Fachgebiet keine messbare unfallbedingte MdE vorliege, seien zur Festsetzung der MdE lediglich die unfallchirurgischen Unfallfolgen zugrunde zu legen, die von E3 mit 10 v. H. bewertet worden seien.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichtes Heilbronn vom 18.10.2023 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Spekulationen über kausale Vorschädigungen auf Basis der bestehenden Beweisgrundsätze nicht geeignet, die Klage zur Abweisung zu bringen. Die Beklagte habe nicht darzulegen vermocht, dass die möglichen Vorerkrankungen wahrscheinlicher für die vorliegenden motorischen Einschränkungen und die damit verbundenen Beschwerden seien, als die beim Arbeitsunfall erlittenen biomechanischen Auswirkungen und Verletzungen. Während die unfallbedingten Einwirkungen ohne Zweifel seine Beschwerden erklären könnten, blieben die möglichen kausalen Mitverursachungsbeiträge möglicher Vorerkrankungen spekulativ, weshalb sie bei der Bewertung der unfallbedingten MdE nicht zu berücksichtigen gewesen seien.
Der Senat hat von Amts wegen ergänzende gutachtliche Stellungnahmen eingeholt.
G4 hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 28.02.2024 ausgeführt, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit habe auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet über den 31.07.2011 hinaus beim Kläger eine lumbale Radikulopathie L4-S1 mit Schwerpunkt L5 vorgelegen, eine Teilschädigung des lumbalen Plexus links könne er hingegen nicht bestätigen. Die in seinem Gutachten diagnostizierten Gesundheitsstörungen (lumbale Radikulopathie L4/S1 links, Anpassungsstörung, chronische Schmerzen, Suizidversuch, Delir) und die Akzentuierung der Persönlichkeit gingen nicht ausreichend sicher auf den Arbeitsunfall zurück. Die lumbale Radikulopathie sei nicht zu dessen Gewissheit ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Eine Teilschädigung des lumbalen Nervengeflechts (Plexus) liege anhand der klinischen Symptomatik nicht mit Wahrscheinlichkeit vor, da sich kein typischer klinischer Befund dafür gezeigt habe. Der Sachverständige hat die MdE mit 0 v. H. eingeschätzt und ergänzend ausgeführt, die MdE könne mit 20 bis 30 v. H. angesetzt werden, wenn eine Schädigung des lumbalen Plexus gegeben wäre.
C1 hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 06.05.2024 ausgeführt, die im Nachgang zu seinem Gutachten aktenkundig gewordene Heilmittelverordnung werfe ein etwas anderes Licht auf die Angelegenheit. Es sei eindeutig, dass ein Nucleus-pulposus-Prolaps L4/L5 vorgelegen habe, dieser offensichtlich zu einer Gelenkblockierung geführt habe oder mit ihm verbunden gewesen sei und diese Störung der Gelenkfunktion mit entsprechenden Schmerzen einhergegangen sei. Die vom Kläger ihm gegenüber geschilderte Beschwerdefreiheit sei offensichtlich erst kurz vor dem Arbeitsunfall eingetreten. Dies bedeute weder, dass der eigentliche Bandscheibenvorfall nicht mehr vorgelegen habe, noch, dass eine hieraus resultierende Symptomatik, unter Umständen auch durch motorische und/oder sensible Störungen verstärkt, nicht jederzeit, aus welchen Gründen auch immer, wieder auftreten könne. Die entscheidende Frage sei also, ob die beim Kläger vorliegende Symptomatik kausal einem Bandscheibenvorfall L4/L5 zuzuordnen sei. Voraussetzung für diese Annahme sei der Nachweis, dass ein solcher Bandscheibenvorfall auch nach dem Arbeitsunfall vorgelegen habe. Dieser Nachweis sei mit der Computertomographie der Lendenwirbelsäule vom 27.09.2011 erbracht worden. G4 und M3 seien der Ansicht, dass beim Kläger eine L5-Symptomatik vorliege und der Bandscheibenvorfall L4/L5 an einer Stelle sei, die die L5-Symptomatik erkläre, sowie die von ihm diskutierte Teilschädigung des lumbalen Nervengeflechts nicht wahrscheinlich zu machen sei. Deswegen revidiere er seine gutachtliche Einschätzung. Er gehe nunmehr davon aus, dass beim Kläger eine unfallunabhängige lumbale Radikulopathie und keine Teilschädigung des linksseitigen lumbalen Plexus vorlägen. Er halte deswegen eine Bewertung nach einer MdE von nur noch 10 v. H. für angemessen. Eine radiologische Zusatzbegutachtung sei entbehrlich.
Die vom Senat bei der AOK – Die Gesundheitskasse H2 erneut eingeholten Vorerkrankungsverzeichnisse haben keine Einträge in Bezug auf durch Erkrankungen auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten ergeben.
Sodann hat der Kläger ausgeführt, tatsächlich habe er im April 2009 und damit vor dem streitgegenständlichen Unfallereignis im Rahmen eines ebenfalls unfallversicherten Unfalls einen Bandscheibenvorfall erlitten. Die Schmerzen in der Hüfte hätten offensichtlich nichts mit dem Bandscheibenvorfall zu tun. Die Lendenwirbelsäule sei nicht Gegenstand der zu den Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Jahren 2020 bis 2022 geführten Symptomatik gewesen. Zum Beleg hierfür hat er diverse diese Jahre betreffende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit den Diagnosen Zustand nach komplexer Beckenfraktur und chronisches Schmerzsyndrom vorgelegt. Der Kläger hat ferner die Stellungnahme des P2 B5 vom 07.06.2024 vorgelegt, wonach es sich in Bezug auf die Befundung von April 2009 laut den dortigen Unterlagen um „Bandscheibenproblematiken der Lendenwirbelsäulen-Region ohne auffällige Neurologie der unteren Extremitäten“ gehandelt habe.
Die Beklagte hat sodann ausgeführt, vom Kläger sei ein Arbeitsunfall im April 2009 nicht angezeigt worden. Unabhängig davon seien die Unfallfolgen bei mehreren Arbeitsunfällen immer getrennt voneinander zu bewerten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist begründet.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ob der Bescheid der Beklagten vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen ist, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. über den 31.07.2011 hinaus zu gewähren. Ebenfalls Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17.05.2022, mit dem die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund des darin als Folgeunfall anerkannten Unfalls vom 15.12.2021 abgelehnt, aber weitere Unfallfolgen anerkannt worden sind, worin eine Änderung des Bescheides vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG besteht (im Ergebnis ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 08.12.2010 – L 17 U 69/05, juris Rn. 17).
II. Die hierauf gerichtete statthafte und auch im Übrigen zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.11.2009 Verletztenrente über den 31.07.2011 zu gewähren. Das Urteil des SG Heilbronn vom 18.10.2023 war daher aufzuheben.
1. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verletztenrente ist § 56 SGB VII in Verbindung mit § 75 SGB VII.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Ist nach allgemeinen Erfahrungen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls zu erwarten, dass nur eine Rente in Form der vorläufigen Entschädigung zu zahlen ist, kann der Unfallversicherungsträger nach § 75 Satz 1 SGB VII die Versicherten nach Abschluss der Heilbehandlung mit einer Gesamtvergütung in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwands abfinden. Nach § 75 Satz 2 SGB VII wird nach Ablauf des Zeitraums, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
2. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge der Durchführung einer Heilbehandlung.
3. Die Höhe der für die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls maßgeblichen MdE richtet sich danach, wie sich die Unfallfolgen auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auswirken.
4. Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge eines Versicherungsfalls im Sinne des § 8 SGB VII (im engeren Sinne), wenn sie durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das „objektive“, das heißt aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters, Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls verursacht worden ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 06.09.2018 – B 2 U 16/17 R, juris Rn. 14). Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sogenannte haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (BSG, Urteil vom 17.02.2009 – B 2 U 18/07 R, juris Rn. 12; BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, juris Rn. 12 ff.). Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Prüfungsschritten:
4.1 Erster Prüfungsschritt: Zunächst ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-naturphilosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung beziehungsweise der auf der Verrichtung kausal beruhende Gesundheitserstschaden Ursache für den (weiteren) Gesundheitsschaden ist und diesen objektiv (mit-)verursacht hat, ist eine rein tatsächliche Frage (BSG, Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 34/17 R, juris Rn. 23, 33). Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (BSG, Urteil vom 26.06.2014 – B 2 U 4/13 R, juris Rn. 25). Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, juris Rn. 17).
Der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen muss als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden. Für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs genügt der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 18.01.2011 – B 2 U 5/10 R, juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 31/11 R, juris Rn. 34). Das Vorliegen eines Gesundheitserstschadens beziehungsweise eines Gesundheitsfolgeschadens (Unfallfolgen) muss hingegen im sogenannten Vollbeweis, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für das Gericht feststehen. Hierbei ist zwar eine völlige Gewissheit nicht zu fordern, die bloße Möglichkeit genügt andererseits jedoch nicht. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R, juris Rn. 33; BSG, Urteil vom 24.11.2010 – B 11 AL 35/09 R, juris Rn. 21).
Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht – hier Feststellung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge – für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 2/11 R, juris, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R, juris; BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, juris).
4.2 Zweiter Prüfungsschritt: Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der „Wesentlichkeit“ der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 8/14 R, juris Rn. 20).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache gelten folgende Grundsätze: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar (im ersten Prüfungsschritt) naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als „wesentlich“ anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R, juris Rn. 28 ff.).
5. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente über den 31.07.2011 hinaus.
5.1 Dass es sich bei dem vom Kläger am 19.11.2009 erlittenen Verkehrsunfall, als er im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker während einer Probefahrt mit einem Kundenfahrzeug von hinten von einem Jeep mit hoher Geschwindigkeit angefahren worden ist und anschließend mit der Beifahrerseite seines Fahrzeugs gegen eine Leitplanke geprallt ist und sich dabei diverse Verletzungen zugezogen hat, um einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SGB VII handelt, steht zwischen den Beteiligten mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 08.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2012 und dem insoweit bestandskräftigen Bescheid vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 fest. Denn in beiden Bescheiden hat die Beklagte das Ereignis vom 19.11.2009 ausdrücklich als Arbeitsunfall benannt. Ebenfalls steht zwischen den Beteiligten mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 17.05.2022 fest, dass es sich bei dem am 15.12.2021 erlittenen Sturz auf dem Weg zur Physiotherapie um einen Folgeunfall handelt.
5.2 Der Kläger hat ausweislich des Durchgangsarztberichts des L1 vom 19.11.2009 und des Vorläufigen Entlassungsberichts der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum G1 in H1 vom 17.12.2009 als wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückführbare Gesundheitserstschäden eine Fraktur des vorderen und hinteren Beckenrings mit Fraktur des lateralen Schambeinastes links und Beteiligung des vorderen Pfeilers des Acetabulums, eine Fraktur des Acetabulums rechts im Bereich des vorderen Pfeilers und zentral, eine Fraktur des Sitzbeins beidseits, eine Y-förmige Fraktur des Sacrums von S3 bis S5 und eine ISG-Fugensprengung links, ein stumpfes Thoraxtrauma mit Lungenkontusion beidseits, eine Commotio cerebri sowie eine ausgeprägte posttraumatische Belastungsreaktion mit delirantem Syndrom zugezogen. Ferner hat sich der Kläger ausweislich der beratungsärztlichen Stellungnahme des K3 vom 06.04.2022 als wesentlich ursächlich auf den Folgeunfall zurückführbare Gesundheitserstschäden eine Distorsion des rechten Kniegelenks zugezogen.
5.3 Die auf diese Gesundheitserstschäden wesentlich ursächlich zurückführbaren Unfallfolgen bedingen keine MdE um mindestens 20 v. H.
5.3.1 Der Senat ist sowohl in Bezug auf die im Bescheid vom 08.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2012 aufgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen „Diskrete Einschränkung der Hüftgelenksbeweglichkeit links, Muskelminderung am linken Oberschenkel, Taubheitsgefühl an den Zehen des linken Fußes bei höhergradiger sensibler Störung des Wadennerves links im Rahmen einer ursprünglichen Verletzung des Ischiasnervs, nach operativ versorgtem, knöchern fest verheilten vorderen und hinteren Beckenringbruch mit Schambeinastfraktur links und Beteiligung des vorderen Pfeilers der linken Hüftpfanne, Bruch der Hüftpfanne rechts zentral und im Bereich des vorderen Pfeilers, sowie Sitzbeinbruch beidseits, Kreuzbeinbruch und Fugensprengung am Kreuzbein-Darm-Gelenk (ISG), bei noch einliegendem Material“ als auch in Bezug auf die im Bescheid vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 aufgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen „Bewegungseinschränkungen und belastungsabhängig Beschwerden im Bereich der linken Hüfte bei noch einliegendem Fremdmaterial. Taubheitsgefühl im Bereich des linken Beines. Muskelminderung am linken Oberschenkel“ weder verpflichtet, diese bei der Höhe der MdE zu berücksichtigen, noch daran gehindert, diese bei der Höhe der MdE nicht zu berücksichtigen. Denn die darin jeweils aufgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nehmen an der Bestandskraft dieser Bescheide nicht teil.
Zwar ist ein Versicherungsträger, wenn er bei der Feststellung der vorläufigen Rente eine bestimmte oder mehrere bestimmte Gesundheitsstörungen als Unfallfolge anerkannt hat, hieran bei der Feststellung der Dauerrente gebunden (BSG, Urteil vom 30.10.1962 – 2 RU 225/59, juris Rn. 27). Dies gilt auch für alle übrigen Entscheidungen, wenn er vorher Gesundheitsstörungen als Unfallfolge anerkannt hat.
Vorliegend hat aber die Beklagte im Bescheid vom 08.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2012 und im Bescheid vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 keine Entscheidungen über die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolge getroffen.
Die materielle Bestandskraft beziehungsweise Bindungswirkung eines Verwaltungsakts beschränkt sich auf den Entscheidungsausspruch, den sogenannten Verfügungssatz, wobei ein Verwaltungsakt mehrere Verfügungssätze enthalten kann. Zur Klärung des Umfangs der Bindungswirkung kann daneben zwar auch die Begründung des Verwaltungsakts berücksichtigt werden, jedoch nur innerhalb des Verfügungssatzes und nur, wenn dieser unklar ist und Raum für eine Auslegung lässt. Sofern Verwaltungsakte keine strenge Trennung zwischen Verfügungssatz und Begründung aufweisen, ist die gesamte Begründung daraufhin zu prüfen, inwieweit sie für einen Verwaltungsakt typische, der Bindung fähige Regelungen trifft. Aber auch wenn Verfügungssatz und Begründung klar voneinander getrennt sind, können Teile der Begründung eines Verwaltungsakts als weiterer Verfügungssatz bewertet werden, wenn ihnen unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht eine solche Bedeutung zukommt (BSG, Urteil vom 22.06.2004 – B 2 U 36/03 R, juris Rn. 16).
Der Bescheid vom 08.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2012 enthält einen Verfügungssatz, nämlich die Entscheidung über die Gewährung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. vom 01.12.2010 bis zum 31.07.2011. Der Bescheid vom 26.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2019 enthält ebenfalls einen Verfügungssatz, nämlich die Entscheidung über die Ablehnung eines Anspruchs auf Verletztenrente nach Ablauf des 31.07.2011. Die übrigen Ausführungen stehen in beiden Bescheiden unter der Überschrift „Begründung“, sind also ersichtlich nicht als Verfügungssätze gestaltet, sondern dienen allein der Begründung der in den Verfügungssätzen getroffenen Regelungen. Dies gilt insbesondere für die von der Beklagten aufgezählten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Für den Empfänger ist deshalb schon aus dem äußeren Aufbau dieser Bescheide und der logischen Zuordnung der Aussagen über die verbliebenen Unfallfolgen und die Höhe der MdE ohne Weiteres erkennbar, dass eine verbindliche Entscheidung allein über den Rentenanspruch getroffen werden sollte (so auch in einem ähnlich gelagerten Fall: BSG, Urteil vom 22.06.2004 – B 2 U 36/03 R, juris Rn. 17).
Für eine darüber hinausgehende Festlegung seitens der Beklagten hat auch aus rechtlicher Sicht keine Veranlassung bestanden. Es besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, rechtsverbindliche Feststellungen zu den verbliebenen Unfallfolgen zu treffen (so für einen die Gewährung einer Rente ablehnenden Bescheid jedenfalls: BSG, Urteil vom 22.06.2004 – B 2 U 36/03 R, juris Rn. 18). Dementsprechend nehmen die in die Begründung dieser Bescheide aufgenommenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen an der Bindungswirkung dieser Bescheide nicht teil (so für Ausführungen zur nicht rentenberechtigenden Höhe der MdE jedenfalls: BSG, Urteil vom 22.06.2004 – B 2 U 36/03 R, juris Rn. 18).
Zwar ist der Versicherungsträger, was die Unfallfolgen betrifft, nicht gehindert, in einem Bescheid – beispielsweise über die Rentenablehnung – gegebenenfalls mit einem besonderen Verfügungssatz festzustellen, dass bestimmte Gesundheitsschäden Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sind, wenn dies für andere Leistungen relevant werden kann oder eine frühzeitige Klärung des Ursachenzusammenhangs im Hinblick auf mögliche zukünftige Rentenansprüche zweckmäßig erscheint. Dem entspricht die in § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG vorgesehene Möglichkeit, bei Vorliegen eines berechtigten Interesses des Versicherten auch außerhalb eines aktuellen Leistungsstreits im Wege der Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist (BSG, Urteil vom 22.06.2004 – B 2 U 36/03 R, juris Rn. 19). Feststellungen von Unfallfolgen sind dagegen weder in einem Bescheid über die Gewährung einer Verletztenrente als vorläufige Entschädigung, noch in einem Bescheid über die Ablehnung einer Verletztenrente zwingend veranlasst.
Mithin oblag es dem Senat vorliegend, alle Gesundheitsstörungen des Klägers daraufhin einer Prüfung zu unterziehen, ob sie wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.
Demgegenüber hat die Beklagte mit Bescheid vom 17.05.2022 ausdrücklich als Folgen des Folgeunfalls „Verheilte Zerrung des rechten Kniegelenks“ anerkannt und „Verschleißbedingte Veränderungen im Bereich des rechten Kniegelenkes unter anderem Innenmeniskushinterhornschaden“ nicht anerkannt. Dieser Bescheid ist im Sinne des § 77 SGG bestandskräftig. Denn der Kläger hat hiergegen keine Einwände erhoben.
5.3.2 Die im Gutachten des G4, das der Senat gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 402 ff. ZPO im Wege des Sachverständigenbeweises verwertet hat, beschriebenen Gesundheitsschäden auf psychiatrischem Fachgebiet in Form einer leichten Anpassungsstörung (Schlafstörung und Sorgen) sowie einem Delir (vorübergehender Verwirrtheitszustand) haben über den 31.07.2011 nicht mehr vorgelegen und sind daher vorliegend bei der Beurteilung der MdE nicht zu berücksichtigen. Der Sachverständige hat gut nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass beide Gesundheitsstörungen nur für einen kurzen Zeitraum vorgelegen haben. In Bezug auf die Anpassungsstörung ist eine schnelle Remission erfolgt. Das Delir ist nach der Extubation nur für einen kurzen Zeitraum entstanden. Die ebenfalls festgestellte Akzentuierung der Persönlichkeit ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen und daher ebenfalls bei der Beurteilung der MdE nicht zu berücksichtigen. Insoweit hat der Sachverständige zutreffend ausgeführt, dass diese mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vor dem Arbeitsunfall vorgelegen hat.
5.3.3 Die im Gutachten des C1, das der Senat gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 402 ff. ZPO im Wege des Sachverständigenbeweises verwertet hat, beschriebenen Gesundheitsschäden auf orthopädisch-(unfall-)chirurgischem Fachgebiet im Bereich der Lendenwirbelsäule in Form einer leichten Verschmälerung des Bandscheibenfachs L3/L4, einer mäßigen Verschmälerung des Bandscheibenfachs L4/L5 und einer nahezu vollständigen Verschmälerung des Bandscheibenfachs L5/S1 bei freier Beweglichkeit in allen Bewegungsebenen sind nicht wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen und damit bei der Beurteilung der MdE nicht zu berücksichtigen.
Denn nach den überzeugenden Ausführungen des C1 in seinem Gutachten ist es aufgrund der ihm gegenüber gemachten Angaben des Klägers und der Angaben des E1 hinreichend wahrscheinlich, dass beim Kläger schon vor dem Arbeitsunfall aufgrund entsprechender Beschwerden ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule bildgebend diagnostiziert worden ist. So hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen dessen Frage nach einem vor dem Arbeitsunfall aufgetretenen Bandscheibenvorfall bejaht und ergibt sich aus dem über die am 05.01.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht des E1, dass der Kläger diesem gegenüber angegeben hat, bereits mehrere Monate vor dem Arbeitsunfall eine Lumboischialgie im linken Bein aufgrund eines lumbalen Bandscheibenvorfalls gehabt zu haben. Im Übrigen ergibt sich aus der von F4 am 06.10.2009, also vor dem Arbeitsunfall, ausgestellten Heilmittelverordnung, dass dem Kläger wegen einer Gelenkblockierung bei Nucleus-pulposus-Prolaps L4/L5 je sechsmal manuelle Therapie und Fango verordnet worden sind.
5.3.4 Die im Gutachten des C1 beschriebenen Gesundheitsschäden auf neurologischem Fachgebiet in Form einer Schwäche im Bereich der linken Hüft-Abspreizmuskulatur bei allerdings seitengleicher Beweglichkeit der Hüftgelenke, einer Druckschmerzangabe im Bereich der linken Beckenhälfte und des linken Hüftgelenks, einer Zehenheberschwäche links mit Kraftgrad 3/5, einer Fußsenkerschwäche links mit Kraftgrad 4/5 sowie einer Schwäche, das linke Bein gestreckt von der Untersuchungsliege anzuheben, sind ebenfalls nicht wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen.
a. Zwar hat C1 in seinem Gutachten noch eine gegenteilige Auffassung vertreten. Er hatte zur Begründung seiner ursprünglichen Auffassung ausgeführt, es sei aufgrund der anamnestischen Angaben des Klägers und dem diesbezüglich unauffälligen Vorerkrankungsverzeichnis nicht wahrscheinlich, dass auf Grundlage des unfallunabhängigen Bandscheibenvorfalls auch schon vor dem Arbeitsunfall eine persistierende sensible und motorische Schwäche im Bereich des linken Beines vorgelegen habe. Er hatte ferner die Ansicht vertreten, die nach dem Arbeitsunfall diagnostizierten neurologischen Störungen in Form einer motorischen Schwäche und von Hypästhesien am linken Bein seien Unfallfolgen, da ein Schwerpunkt der Verletzungen im hinteren linken Beckenbereich (ISG-Fugensprengung links) gelegen habe, in diesem Bereich eine operative Stabilisation vorgenommen worden sei, von G4 keine eindeutige L5-Symptomatik, sondern ein Mischbild mit leichterer L4- oder S1-Symptomatik beschrieben worden sei und das Beschwerdebild gegen eine isolierte Schädigung der L5-Nervenwurzel spreche. Der Sachverständige war deshalb in seinem Gutachten noch zu dem Schluss gekommen, dass von einer Teilschädigung des linksseitigen lumbalen Plexus auszugehen sei, da sich dieses Mischbild relativ plausibel mit der komplexen Beckenverletzung und den hieraus resultierenden Hämatomen, die ebenfalls die Nervenwurzeln und nicht – wie bei einem Bandscheibenvorfall – eine einzelne Nervenwurzel, bedrängen könnten, erklärten.
b. Völlig zu Recht ist aber bereits G4 in seinem Gutachten von einer lumbalen Radikulopathie ausgegangen, indem er den Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule mit hoher Wahrscheinlichkeit für die von ihm festgestellte L5-Symptomatik verantwortlich gemacht und darauf hingewiesen hat, dass eine Symptomatik mit Ausstrahlung von Schmerzen vom unteren Rücken in das linke Bein schon vorher bestanden hat. Er hat letztlich schon in seinem Gutachten für den Senat gut nachvollziehbar die Wahrscheinlichkeit als extrem hoch eingeschätzt, dass die neurologischen Ausfälle schon vor dem Arbeitsunfall bestanden haben, da der Bandscheibenvorfall aus einer Zeit vor dem Arbeitsunfall datiert und sich keine Hinweise auf eine traumatische Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch den Arbeitsunfall ergeben. Er hat dabei darauf hingewiesen, dass bereits Beschwerden mit Ausstrahlung in das linke Bein vor dem Arbeitsunfall vorgelegen haben. Dass der Bandscheibenvorfall aus einer Zeit vor dem Arbeitsunfall datiert, ergibt sich – wie bereits oben dargelegt – aus den gegenüber C1 gemachten Angaben des Klägers, dem über die am 05.01.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht des E1 und der von F4 am 06.10.2009 ausgestellten Heilmittelverordnung. Ferner ergeben sich weder aus dem Durchgangsarztbericht des L1 vom 19.11.2009, dem Unfalltag, noch aus dem Vorläufigen Entlassungsbericht und dem Operationsbericht des Klinikums G1 in H1 über die sich angeschlossene stationäre Heilbehandlung Hinweise auf eine traumatische Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch den Arbeitsunfall.
c. Ferner hat G4 in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme, die der Senat ebenfalls gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 402 ff. ZPO im Wege des Sachverständigenbeweises verwertet hat, die ursprüngliche Annahme des C1, eine unfallbedingte Teilschädigung des linksseitigen lumbalen Plexus sei für die neurologischen Störungen in Form einer motorischen Schwäche und Hypästhesien am linken Bein verantwortlich, mit überzeugenden Argumenten widerlegt.
aa. G4 hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme sehr gut nachvollziehbar dargelegt, dass und warum die neurologischen Störungen auf eine unfallunabhängige lumbale Radikulopathie L4-S1 mit Schwerpunkt L5 zurückzuführen und nicht erst nach dem Arbeitsunfall aufgetreten sind. Hierfür spricht zunächst, dass das von C1 als positiv beschriebene Trendelenburg-Zeichen für eine Lähmung des Musculus gluteus mediums spricht und damit zu einem L5-Syndrom passt. Hierfür spricht ferner, dass dem Kläger ausweislich der von F4 ausgestellten Heilmittelverordnung vom 06.10.2009 spezifische Therapiemaßnahmen bei Bandscheibenvorfall genau auf der entsprechenden Höhe verordnet worden sind, mithin unmittelbar vor dem Arbeitsunfall eine behandlungsbedürftige Symptomatik im Zusammenhang mit dem am 27.09.2011 radiologisch dokumentierten Bandscheibenvorfall L4/L5, der genau die hier zur Diskussion stehende Nervenwurzel bedrängt hat, vorgelegen hat. Des Weiteren hat G4 überzeugend dargelegt, dass die vorliegend erfolgte fluktuierende Befundung der ein L5-Syndrom betreffenden Symptomatik nicht gegen die Annahme einer lumbalen Radikulopathie spricht, da insbesondere ein L5-Syndrom und leichte Lähmungen häufig übersehen werden, zumal diese nicht immer Gegenstand von Leidensdruck und Behandlungen sind. G4 hat ferner darauf hingewiesen, dass es in Anbetracht der Umfangsdifferenz der Oberschenkel nicht unmöglich ist, dass sich die Symptomatik im Laufe der Zeit verschlechtert hat, wie es bei Abnutzungserscheinungen und folgenden Funktionseinschränkungen auch nicht selten der Fall ist. Aus alledem ergibt sich aus der Sicht Senats, dass bereits vor dem Arbeitsunfall eine durch ein L5-Syndrom sehr gut erklärliche, leichte neurologische Symptomatik vorgelegen hat, die sich dauerhaft nicht verändert hat. Ferner hat M3 in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme, die der Senat als qualifiziertes Parteivorbringen berücksichtigt hat, für den Senat überzeugend die Ansicht vertreten, dass mittlerweile eine (unfallfremde) L5-Wurzelproblematik linksseitig vorliegt, da bei erhaltenen Patellar- und Achillessehnenreflexen eine Läsion/Irritation der Nervenwurzel L3, L4 und S1 hat ausgeschlossen werden können.
bb. G4 hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme ferner erläutert, dass eine von C1 ursprünglich für möglich erachtete Teilschädigung des linken lumbalen Plexus nicht vorliegt. Wie oben dargelegt spricht hierfür, dass fast alle Phänomene durch ein L5-Syndrom erklärlich sind.
d. M3 hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass insgesamt den zahlreichen neurologischen Berichten und Gutachten ab September 2010 unter Würdigung der dort aufgeführten klinischen Untersuchungsbefunde und durchgeführten Nervenmessungen keine Hinweise auf eine Schwäche der Kniestreckung und Fußsenkung sowie der Hüftbeugung und Hüftabduktion zu entnehmen sind.
aa. Sehr aufschlussreich hat M3 zunächst darauf hingewiesen, dass C1 – im Übrigen fachfremd – das Vorliegen einer unfallabhängigen Teilschädigung des Plexus lumbalis mit der Feststellung von neurogenen Lähmungen in Form einer Fußsenkerlähmung links mit einem Kraftgrad 4/5 und einer Zehenheberlähmung links mit einem Kraftgrad 3/5 begründet hatte, obwohl in dem Zeitraum von September 2010 bis März 2022 in den zahlreichen fachneurologischen Berichten und Gutachten von manifesten neurogenen Lähmungen gar nicht mehr die Rede gewesen ist, so dass primär davon auszugehen ist, dass es sich bei diesen Lähmungen um neu aufgetretene Lähmungen handelt und somit ein Unfallzusammenhang knapp 14 Jahre später auszuschließen ist. Sie hat dabei zutreffend darauf hingewiesen, dass sich unter anderem aus dem Bericht des F2 über die am 22.10.2015 durchgeführte neurologische Untersuchung und dem Bericht des L4 über die am 12.09.2016 durchgeführte neurologische Untersuchung keine Anzeichen (mehr) für neurogene Lähmungen oder eine Muskelminderung/Muskelatrophie im Bereich der Beine ergeben und B2 in seinem Gutachten vom 28.05.2018, das der Senat gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 415 ff. ZPO im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, lediglich auf eine schmerzbedingte Kraftminderung im linken Bein hingewiesen, aber neurogene Lähmungen oder Muskelatrophien nicht festgestellt hat. Erstmalig ist nämlich erst wieder im Gutachten des G4 und damit nach einer lähmungsfreien Zeit von circa 12 Jahren erneut über neurogene Lähmungen in Form einer Zehenheberlähmung links und einer Fußheberlähmung links berichtet worden, während die von C1 postulierte Fußsenkerlähmung zuvor in keinem der fachneurologischen Berichte und Gutachten erwähnt worden ist. M3 hält es auch nicht für nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die von C1 dokumentierten Schwächen ruhen, und diese nicht als neurogen oder im Unfallkontext begründbar erachtet. Dies hält der Senat für schlüssig begründet, da nach den Ausführungen der M3 weder die längsschnittliche Entwicklung noch die neurologischen Untersuchungsbefunde oder Ergebnisse der Nervenmessungen einen Anhalt für eine unfallbedingte Läsion des Plexus lumbalis ergeben haben. Sie hat dabei überzeugend darauf hingewiesen, dass schon die EMG-Untersuchung aus dem Musculus quadriceps pathologisch gewesen wäre, wenn eine unfallbedingte Läsion des Plexus lumbalis vorgelegen hätte, dies aber ausweislich des vom Arzt B1 über die am 09.04.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundberichts nicht der Fall gewesen ist.
bb. M3 hat außerdem überzeugend darauf hingewiesen, dass es sich bei der von C1 beschriebenen Schwäche im Bereich der linken Hüft-Abspreizmuskulatur und der Schwäche, das linke Bein gestreckt von der Untersuchungsliege anzuheben, um eine schmerzbedingte und nicht eine peripher-neurogene Schwäche handelt, da davon weder im Gutachten des G4 die Rede ist, noch in den zahlreichen fachneurologischen Berichten und Gutachten in den Jahren zuvor Lähmungen der Hüftbeugung (Musculus iliopsoas, Nervus femoralis), Kniestreckung (Musculus quadriceps, Nervus femoralis) und Hüft-(Bein)abduktion (Musculus gluteus medius und minimus, Nervus gluteus [= Gesäßmuskelnerv] superior) dokumentiert worden sind und lediglich in dem Befundbericht des B1 über die am 09.04.2010 erfolgte Untersuchung, also knapp 13 Jahre zuvor, eine leichte Schwäche der Beinabduktoren links beschrieben worden ist, in den darauffolgenden Jahren diese Schwäche in den fachneurologischen Berichten und Gutachten aber nicht mehr auftaucht. Auch in diesem Zusammenhang trägt ihr zutreffender Hinweis, dass sich unter anderem aus dem Bericht des F2 über die am 22.10.2015 durchgeführte neurologische Untersuchung und dem Bericht des L4 über die am 12.09.2016 durchgeführte neurologische Untersuchung keine Anzeichen (mehr) für neurogene Lähmungen oder eine Muskelminderung/Muskelatrophie im Bereich der Beine ergeben und B2 in seinem Gutachten vom 28.05.2018 lediglich auf eine schmerzbedingte Kraftminderung im linken Bein hingewiesen, aber neurogene Lähmungen oder Muskelatrophien nicht festgestellt hat. Des Weiteren haben nach den Ausführungen von M3 die EMG-Untersuchungen der Hüft-/Beinabduktoren und des Musculus quadriceps nach dem über die am 09.04.2010 erfolgte Untersuchung erstellten Befundbericht des B1 keine Hinweise auf akute Denervierungszeichen oder Reinnervationspotentiale oder anderweitige Anzeichen von Regenerationsprozessen, infolge derer eine Läsion der für diese Muskeln zuständigen Nerven hätte postuliert werden können, ergeben. Auch der von ihm erhobene lebhafte Patellarsehnenreflex (PSR) spricht nach der Einschätzung der M3 gegen eine Läsion des Nervus femoralis.
cc. Im Übrigen hat M3 gut nachvollziehbar erläutert, dass auch das von C1 beschriebene bei Belastung am linken Fußrücken beginnende und bis zur linken Hüfte aufsteigende Taubheitsgefühl weder von seinem Verteilungsmuster noch von seiner dynamischen Komponente (belastungsabhängig) her mit einem peripheren Nervenschaden wie zum Beispiel einer Läsion des Plexus lumbalis vereinbar ist. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung der Berührungsempfindlichkeit in den letzten Jahren oftmals sich wechselnde Ausbreitungsmuster dargestellt haben. So gibt es Dokumentationen über unterschiedlich ausgeprägte Sensibilitätsstörungen: So sind Sensibilitätsstörungen im neurologischen Befund des über die im Gesundheitszentrum W2 vom 08.01.2010 bis zum 29.01.2010 erfolgte stationäre Maßnahme erstellten Entlassberichts nur im Bereich der linken Großzehe, andererseits im Befundbericht des F3 über die am 09.03.2022 durchgeführte Untersuchung fast das gesamte linke Bein betreffend beschrieben worden, so dass das gesamte Ausmaß der Sensibilitätsstörung nicht hat neurogen erklärt werden können.
dd. Nach alledem ist das von M3 gefundene Ergebnis, nämlich dass sich ab dem Zeitpunkt der neurologischen Berichterstattung, beginnend mit dem Bericht des B1 über die am 21.09.2010 erfolgte Untersuchung bis zum Gutachten des G4 am 25.04.2023, also über einen Zeitraum von über 12 Jahren, den aktenkundigen Befunden keine Hinweise auf das Vorliegen von manifesten neurogenen Lähmungen hinsichtlich der Hüft-/Beinabduktion, Hüftbeugung, Kniestreckung, Fußhebung, Zehenhebung oder -senkung oder Muskelatrophien im Bereich der Beine entnehmen lassen, überzeugend. M3 hat hieraus völlig zu Recht den Schluss gezogen, dass nach einer über 12 Jahre anhaltenden lähmungsfreien Zeit und bei fehlenden pathologischen Ergebnissen die nun im Gutachten des G4 neu diagnostizierten Lähmungen in Form einer Zehenheberschwäche links mit einem Kraftgrad 4/5 und einer Fußheberschwäche links mit einem Kraftgrad 4+/5 nicht auf den Arbeitsunfall, sondern mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf eine in der Zwischenzeit neu aufgetretene unfallfremde Erkrankung zurückzuführen sind.
e. C1 hat folgerichtig in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme seine ursprüngliche Beurteilung, indem er nunmehr davon ausgeht, dass beim Kläger eine lumbale Radikulopathie und keine Teilschädigung des linksseitigen lumbalen Plexus vorliegt, revidiert, da ihm bei der Erstellung seines Gutachtens die Heilmittelverordnung vom 06.10.2009 nicht vorgelegen hat, die nervenärztlichen gutachtlichen Untersuchungen und Beurteilungen eine traumatische Schädigung des Plexus lumbalis nicht wahrscheinlich gemacht haben und weiterhin auch nach dem Arbeitsunfall der schon unfallunabhängig vorbestehende Bandscheibenvorfall L4/L5 nachweisbar gewesen ist.
5.3.5 Somit sind nach den überzeugenden Ausführungen des C1 lediglich die von ihm beschriebenen weiteren Gesundheitsschäden auf orthopädisch-(unfall-)chirurgischem Fachgebiet im Bereich des Beckens, des linken Hüftgelenks und des linken Beines in Form einer Versteifung der linksseitigen Kreuz-Darmbein-Fuge, einer geringen Verschmälerung des Gelenkspalts beider Hüftgelenke außenseitig mit beginnender knöcherner Randwulstbildung im Bereich des Pfannenerkers und ansonsten glatten Gelenkflächen sowie von links eingebrachten, reizlos, ohne Hinweis auf eine Lockerung, von der linken Beckenschaufel über das ISG in das Kreuzbein ziehenden, einliegenden Schrauben sowie vollständig und fest in achsengerechter Stellung verheilten Frakturen und die reizlosen punktförmigen Narben im Bereich der linken Gesäßhälfte nach perkutaner Verschraubung der linken Kreuz-Darmbein-Fuge wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen und damit bei der Beurteilung der MdE zu berücksichtigen.
C1 hat dargelegt, dass die Beweglichkeit der Hüftgelenke im Seitenvergleich nicht eingeschränkt ist, die Beweglichkeit beider Hüftgelenke unter Berücksichtigung der massiven Übergewichtigkeit des Klägers als altersentsprechend frei angesehen werden muss und der röntgenologische Befund an beiden Hüftgelenken lediglich eine geringe Verschmälerung des außenseitigen Gelenkspalts mit beginnender knöcherner Randwulstbildung im Bereich der Pfannenerker zeigt. Hieraus ergibt sich mithin keine rentenberechtigende MdE.
5.3.6 Ferner sind nach den zutreffenden Ausführungen von M3 in der beratungsärztlichen Stellungnahme die gegenüber C1 angegebenen Gefühlsstörungen wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen und damit bei der Beurteilung der MdE zu berücksichtigen.
Dabei handelt es sich nach den Ausführungen von M3 um das Taubheitsgefühl im Bereich der linken dorsalen Großzehe und des Fußrückens als Residuum der erlittenen unfallbedingten, sensibelperoneal führenden Schädigung des Nervus ischiadicus. Diese sensible Ausfallserscheinung ist jedoch ohne klinische Relevanz, so dass sich daraus keine messbare unfallbedingte MdE ergibt.
5.3.7 Des Weiteren sind nach den zutreffenden Ausführungen von M3 in der beratungsärztlichen Stellungnahme die im Gutachten des E4, das der Senat gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 415 ff. ZPO im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, beschriebenen Gesundheitsstörungen in Form einer damals bestandenen – bereits im Gutachten des T2, das der Senat gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 415 ff. ZPO im Wege des Urkundenbeweises verwertet hat, mit einer Streckung/Beugung von 0/0/110 Grad links gegenüber 0/0/130 Grad rechts dokumentierten, aber im Gutachten des C1 – wie oben unter 5.3.5 dargelegt – nicht mehr objektivierten, gering reduzierten Beweglichkeit im linken Hüftgelenk sowie einer damals bestandenen – aber bereits im Gutachten des T2 mit Abweichungen von links gegenüber rechts zwischen nur 0,5 bis 1,5 cm und damit kein muskuläres Defizit aufweisenden und sodann weder im Gutachten des B2 noch im Gutachten des G4 beschriebenen, dann aber wieder im Gutachten des C1 dokumentierten – Muskelminderung am linken Oberschenkel wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen und damit bei der Beurteilung der MdE zu berücksichtigen, wobei die damalige Muskelminderung als Ausdruck für ein schmerzbedingtes Schonverhalten und weniger neurogen-bedingt zu verstehen ist.
Angesichts dessen, dass aber die ursprüngliche Bewegungseinschränkung im Hüftgelenk nur gering gewesen und die ursprünglich gemessene Muskelminderung kein muskuläres Defizit aufgewiesen hat, ergibt sich auch hieraus für die zurückliegenden, über den 31.07.2011 hinausgehenden Zeiträume keine messbare unfallbedingte MdE um mehr als 10 v. H.
5.3.8 Die mit Bescheid der Beklagten vom 17.05.2022 als Folgen des Folgeunfalls anerkannte verheilte Zerrung des rechten Kniegelenks bedingt keine messbare unfallbedingte MdE. Insoweit stützt sich der Senat auf die überzeugende beratungsärztliche Stellungnahme des K3 vom 06.04.2022, die der Senat als qualifiziertes Parteivorbringen berücksichtigt hat, wonach diese Kniegelenksverletzung keine weitere Behandlungsbedürftigkeit zur Folge gehabt hat.
5.4 Nach alledem lässt sich für die wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 19.11.2009 und den Folgeunfall vom 15.12.2021 beziehungsweise auf die hierdurch eigetretenen Gesundheitserstschäden zurückführbaren Gesundheitsdauerschäden jedenfalls keine MdE um mehr als 10 v. H. rechtfertigen. Der Senat stützt sich insoweit auf die MdE-Einschätzungen in den ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen des G4 und C1. Mithin ist in Bezug auf den Arbeitsunfall vom 19.11.2009 und den Folgeunfall vom 15.12.2021 eine MdE um mindestens 20 v. H. über den 31.07.2011 hinaus nicht gegeben, weswegen der Kläger insoweit keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente hat.
Daher war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.10.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.