L 11 KR 427/22 KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KR 833/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 427/22 KH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.726,00 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung von stationärer Krankenhausbehandlung.

Der Kläger betreibt ein zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus. In diesem wurde die bei der Beklagten versicherte, 0000 geborene F. (im Folgenden: Versicherte) in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 teilstationär behandelt.

 

Für die Behandlung der Versicherten stellte der Kläger der Beklagten einen Betrag von 11.706,67 Euro in Rechnung (Rechnung vom 13. November 2015). Der mit der Krankenhausfallprüfung beauftragte N. (N.; Auftrag vom 24. November 2015) kam in seinem Gutachten vom 15. Februar 2016 zu dem Ergebnis, dass die Notwendigkeit tagesklinischer Behandlung bei Aufnahme bestanden habe. Sie sei aber nur bis zum 00.00.0000 erforderlich gewesen. Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 24. Februar 2016 auf, einen Betrag von 7.726,00 Euro bis zum 21. März 2016 zu erstatten. Da der Kläger der Aufforderung nicht folgte, rechnete die Beklagte den Betrag von 7.726,00 Euro gegen den Anspruch des Klägers aus der Behandlung des Versicherten T. (Aufnahmenummer N01, Rechnungsnummer N02) auf, was sie dem Kläger mit Schreiben vom 21. April 2016 mitteilte.

 

Der Kläger hat am 21. Oktober 2016 Klage zum Sozialgericht (SG) Münster erhoben und ausgeführt, dass die Beklagte eine Bezahlung der Behandlungskosten der Versicherten über den 00.00.0000 hinaus abgelehnt und nur einen Teilbetrag von 3.980,67 Euro an ihn, den Kläger, gezahlt habe. Die Zahlung der weiteren Behandlungskosten von 7.726 Euro habe die Beklagte abgelehnt. Dieser Betrag werde mit der Klage geltend gemacht. Zur Begründung des Anspruchs hat der Kläger geltend gemacht, dass der Krankenhausaufenthalt auch über den 00.00.0000 hinaus bis zur Entlassung medizinisch notwendig gewesen sei.

 

Im Klageverfahren hat die Beklagte den N. mit einer erneuten Prüfung beauftragt. In seinem Gutachten vom 16. November 2017 ist der N. zu dem Ergebnis gekommen, dass die teilstationäre Behandlung für den gesamten Zeitraum medizinisch erforderlich gewesen sei. In der Folgezeit haben die Beteiligten – auch im Anschluss an eine Beweisaufnahme durch das SG – zunächst darüber gestritten, ob die geänderte Einschätzung des N. auf der Vorlage von medizinischen Unterlagen beruhe, die wegen verspäteter Vorlage durch den Kläger präkludiert seien.

 

Im Verhandlungstermin vom 5. November 2021 hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass mit der Klageschrift die Vergütung für den Behandlungsfall F. geltend gemacht werde. Diesen Anspruch habe die Beklagte aber erfüllt und mit einem hieraus folgenden Erstattungsanspruch gegen eine andere unstreitige Forderung aufgerechnet.

 

Der Kläger hat hierzu geltend gemacht, dass bereits fraglich sei, ob § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) anwendbar sei, da dies nicht mit den „Aufgaben und Pflichten der Beteiligten“ zu vereinbaren sei. Die Aufrechnung diene allein der Bearbeitungserleichterung durch die Beklagte. Die Beteiligung von unbeteiligten Dritten am Verfahren werde dabei nicht berücksichtigt. Zudem führe die ggfls. eingetretene Erfüllung nur vorübergehend zu einem Erlöschen. Die Erklärung der Beklagten vom 21. April 2016, die streitigen Behandlungskosten gegen die unstreitigen Behandlungskosten aufzurechnen, sei mit einer Tilgungsbestimmung verbunden gewesen. Sie habe im Ergebnis erklärt, dass in Höhe der streitigen Behandlungskosten die bereits erfolgte Zahlung rückgängig gemacht und dem unstreitigen Behandlungsfall zugewiesen werden solle. Dadurch sei die Erfüllungswirkung gem. § 159 BGB entfallen. Hilfsweise sei zu berücksichtigen, dass er, der Kläger, die Tilgungsbestimmung der Beklagten angenommen und ihr nicht widersprochen habe. Eine vertraglich vereinbarte nachträgliche Änderung der Tilgungsbestimmung sei jederzeit zulässig (Verweis auf Landessozialgericht <LSG< Baden-Württemberg, L 4 KR 4669/15).

 

 

 

Der Kläger hat beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.726 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Dezember 2015 zu zahlen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte hat sich der Auffassung des SG, wonach der Vergütungsanspruch des Klägers für den Behandlungsfall F. durch Erfüllung erloschen sei, angeschlossen. Hinsichtlich des Anspruchs aus dem Behandlungsfall T. hat sie sich auf Verjährung berufen.

 

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10. Mai 2022 abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

 

Gegen die seinem Prozessbevollmächtigten am 9. Juni 2022 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 20. Juni 2022 als elektronisches Dokument bei dem LSG eingelegte Berufung. Zur Begründung (Schriftsatz vom 28. März 2023) wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10. Mai 2022 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.726,00 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über den Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Dezember 2015 zu zahlen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie macht geltend, dass der eingeklagte Anspruch aus dem Behandlungsfall der Versicherten erloschen sei. Eine nachträgliche Änderung der Tilgungsbestimmung liege nicht vor. Sie habe entsprechend dem Prozedere der PrüfvV eine Aufrechnung vorgenommen. Interessen Dritter seien bei dem Vorgehen nach der PrüfvV nicht betroffen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

A. Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

 

I. Die am 20. Juni 2022 als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 65a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (<SGG>; hier: Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach als sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 65a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) eingelegte Berufung des Klägers gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 9. Juni 2022 zugestellte Urteil des SG Münster vom 10. Mai 2022 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 SGG ohne gerichtliche Zulassung statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3; § 64 Abs. 1, Abs. 2; § 63 SGG).

 

II. Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

 

1. Streitgegenstand in der Hauptsache ist der Anspruch des Klägers auf Vergütung der Behandlung der Versicherten F., wie das SG zu Recht angenommen hat.

 

a) Ob und in welchem Umfang eine Klage erhoben ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, für welche die Auslegungsregel des § 133 BGB gilt. Maßgeblich ist daher der sog. objektive Empfängerhorizont. Hierfür sind insbesondere die in der Klageschrift enthaltenen Angaben zu berücksichtigen. Entscheidend ist der objektive Erklärungswert, d.h. wie das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten bei Berücksichtigung aller ihnen erkennbaren Umstände das Rechtsschutzbegehren verstehen müssen (vgl. BSG, Beschluss vom 18. August 2022 – B 1 KR 35/22 B – juris, Rn. 9 m.w.N.).

 

Davon ausgehend gilt Folgendes: Der Klageschrift lässt sich entnehmen, dass der Kläger annimmt, der Vergütungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten, der mit der Rechnung vom 13. November 2015 geltend gemacht wurde, sei von der Beklagten nur zum Teil beglichen worden. Dies kommt an mehreren Stellen der Klageschrift zum Ausdruck: So wird bereits im Vorspann der Klageschrift unter der Rubrik „Hilfeempfänger“ die Versicherte aufgeführt. In der Einleitung der Begründung der Klage heißt es: „Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung der Kosten einer teilstationären Behandlung der Hilfeempfängerin in der Zeit vom 18. Juli 2015 bis zum 11. September 2015“. Sodann wird referiert, dass auf die Rechnung nur eine Teilzahlung geleistet wurde. Die Klageschrift schließt mit der zusammenfassenden Beurteilung: „Die Beklagte ist daher antragsgemäß zur Zahlung der Behandlungskosten für teilstationäre Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 18. Juli 2015 bis zum 11. September 2015 in Höhe von 7.726 Euro zu verurteilen“.

 

Diese Ausführungen lassen sich nach Maßgabe des o.g. Auslegungsmaßstabs nur dahin verstehen, dass ein nach Auffassung des Klägers noch offenstehender Teilbetrag aus der Vergütungsforderung geltend gemacht wird. Anhaltspunkte dafür, dass stattdessen ein durch Aufrechnung - nach Meinung des Klägers nicht - erloschener Teilbetrag einer unstreitigen anderen Vergütungsforderung eingeklagt wird, bestehen nicht. Der Klageschrift waren insbesondere keine Unterlagen beigefügt, in denen auf die Aufrechnung verwiesen wird bzw. diese zum Ausdruck kommt (z.B. durch ein Zahlungsavis, in dem die Aufrechnung vorgenommen wird oder eine Aufrechnungserklärung).

 

Damit hat der Kläger den Streitgegenstand des Klageverfahrens (das vom Kläger auf Grund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren der im Klageantrag bezeichneten Entscheidung, vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Juni 2018 – L 5 KR 4/18 – juris, Rn. 23) in der Weise eindeutig festgelegt, dass das Gericht über einen (Rest-)Zahlungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten F. entscheiden möge.

 

2. Die so verstandene Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.

Denn der Vergütungsanspruch des Klägers aus der Behandlung der Versicherten gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz ist durch Erfüllung erloschen (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 362 BGB).

 

a) Nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Die Anwendbarkeit für Vergütungsansprüche des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Danach gelten für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 [nach Satz 2 sind dies die „Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden“] „im Übrigen“ die Vorschriften des BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind.

 

b) Der entsprechenden Anwendung von § 362 BGB steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht entgegen, dass sie nicht „mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar“ wäre (zum Verweis von § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V auf § 362 BGB vgl. bereits BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 1 KR 17/22 R – juris, Rn. 20 m.w.N.). Inbesondere die hier anwendbaren Bestimmungen des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung – und der Prüfverfahrensvereinbarung 2014 (PrüfvV) zeigen, dass den jeweiligen Vertragsparteien an einer zügigen Abwicklung der Zahlungs- wie Prüfvorgänge gelegen war. Damit ist die Annahme einer endgültigen Erfüllungswirkung der Zahlung auf eine Rechnung ohne Weiteres vereinbar. Das gilt umso mehr, als jedenfalls bei einer reinen Prüfung der Wirtschaftlichkeit (§ 12 SGB V) nach § 9 PrüfvV für die Krankenkasse die Möglichkeit der Aufrechnung, und zwar ausdrücklich „mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses“, also einem anderen als dem ursprünglichen, durch Erfüllung erloschenen Anspruch bestand. Die Auffassung des Klägers, die Aufrechnung diene „allein der Erleichterung der Bearbeitung durch die Beklagte“, dürfe aber nicht die „hiermit verbundene Beteiligung Dritter an einer gerichtlichen Auseinandersetzung“ zur Folge haben, ist mit dieser Regelungssystematik unvereinbar. Durch die Aufrechnung mit einer streitigen Erstattungsforderung gegen einen unstreitigen Vergütungsanspruch findet keine Beteiligung Dritter an einer gerichtlichen Auseinandersetzung statt. Zum einen erfolgt die Aufrechnung regelhaft und auch vorliegend vorgerichtlich. Zum anderen betrifft sie nur das Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse. Der Versicherte ist am Vergütungsstreit nicht beteiligt. Hinsichtlich des vom Kläger gleichfalls für seine Auffassung in Anspruch genommenen Schutzes der Daten des Versicherten hat das BSG geklärt, dass das Gebot, die Krankenkassen zutreffend über das der Abrechnung zugrundeliegende Geschehen zu informieren und prozessual bei der Amtsermittlung ihr rechtliches Gehör zu wahren, das Grundrecht Versicherter auf informationelle Selbstbestimmung verfassungskonform einschränkt (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 19/17 R – BSGE 125, 91, Rn. 23).

 

c) Davon ausgehend ist mit der unstreitigen und vorbehaltlosen Zahlung der Beklagten auf die Rechnung vom 13. November 2015 das Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten erloschen. Ein Anspruch (i.S. eines Rechts, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, vgl. § 194 Abs. 1 BGB) des Klägers aufgrund der Behandlung der Versicherten besteht nicht mehr.

 

aa) Dass die Beklagte im vorliegenden Fall eine Zahlung nur unter Vorbehalt geleistet hätte, was einer Erfüllungswirkung entgegenstünde (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023 – B 1 KR 17/22 R – juris, Rn. 20 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Juli 2018 – L 5 KR 448/17 – juris, Rn. 30 m.w.N.), ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

 

bb) Eine – vom Kläger sinngemäß behauptete – Übung dahingehend, dass Zahlungen der Krankenkassen im fraglichen Zeitraum ausgehend vom Empfängerhorizont der Krankenhäuser stets nur im Sinne einer „vorübergehenden Erfüllung“ gemeint gewesen seien, ist weder ersichtlich noch vom Kläger unter Beweis gestellt. Abgesehen davon, dass das Rechtsinstitut der „vorübergehenden Erfüllung“ eines Anspruchs dem BGB wie dem SGB V fremd ist, hat das BSG in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten bereits weit vor dem hiesigen Streitzeitraum auf die Erfüllungswirkung von nicht unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen der Krankenkassen hingewiesen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 24/08 RBSGE 104, 15 ff., Rn. 36 f. m.w.N.). Es mag sein, dass diese Rechtswirkungen in der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt gewordenen Rechtspraxis nicht immer beachtet worden sind. Die (gelegentliche) Nichtbeachtung der Rechtsfolgen von Rechtshandlungen erlaubt indessen nicht den Schluss auf deren Unbeachtlichkeit.

 

cc) Unerheblich für den Eintritt der Erfüllungswirkung ist, dass den Beteiligten (und dem SG) der Eintritt der Erfüllungswirkung der Zahlung der Beklagten erst aufgefallen ist, nachdem der Rechtsstreit bereits geraume Zeit anhängig war und sogar eine Beweisaufnahme stattgefunden hatte. Denn bereits das „Bewirken“ der Leistung, hier durch vorbehaltlose Zahlung, führt dazu, dass der Anspruch erlischt. Nachträgliches Verhalten der Beteiligten kann hieran nichts mehr ändern, sofern es nicht zu einer – hier nicht erfolgten – Änderung der Tilgungsbestimmung oder Neubegründung des Schuldverhältnisses führt (dazu sogleich unter 3.).

 

3. Die Tilgungsbestimmung der Zahlung der Beklagten auf den Fall F. ist nachträglich nicht geändert und die ursprüngliche Forderung auch nicht neu von den Beteiligten begründet worden.

 

a) Ohne Erfolg macht der Kläger zunächst geltend, die Erfüllungswirkung sei entfallen, weil in der Erklärung der Beklagten vom 21. April 2016 eine nachträgliche Tilgungsbestimmung mit dem Inhalt läge, dass die vorherige Zahlung nicht mehr die Forderung aus der Rechnung vom 13. November 2015, sondern aus dem unstreitigen Behandlungsfall tilgen solle.

 

aa) Es bestehen bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass in Fällen der vorliegenden Art der Schuldner seine Tilgungsbestimmung nachträglich einseitig ändern könnte. Sofern eine dahingehende Möglichkeit erwogen wird, geht es um die hier nicht einschlägige Fallgruppe der Zahlung auf vermeintlich eigene Schuld (vgl. zum Streitstand insoweit Schwab in: MünchKomm-BGB, 9. Aufl. 2024, § 812 Rn. 224 ff.; Martinek/Heine in: jurisPK-BGB Bd. 2, 10. Aufl. 2023, § 812 Rn. 155; jeweils m.w.N.).

 

bb) Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn der vorliegende Sachverhalt bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine entsprechende Änderung ihrer ursprünglichen Tilgungsbestimmung vornehmen wollte.

 

Der Sinngehalt der Erklärung vom 21. April 2016 ist unter Heranziehung der gesetzlichen Auslegungsregeln zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB; Erforschung des wirklichen Willens, vgl. statt aller BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 RBSGE 129, 1 ff., Rn. 16 m.w.N.)

 

Davon ausgehend ist dem Schreiben der Wille der Beklagten zu entnehmen, die „Rückforderung in Höhe von 7.726 Euro aus dem o.g. Aufenthalt [= Aufenthalt der Versicherten] mit dem Behandlungsfall [des] Versicherten (…) T., T. (…)“ aufzurechnen. Der Erklärung ist damit unzweideutig zu entnehmen, dass mit der Aufrechnung die unstreitige Forderung erlöschen sollte (§ 389 BGB), wie es auch der in § 9 PrüfvV geregelten Praxis entsprach. Es bestehen auf der anderen Seite keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Erklärung einseitig die zuvor auf die Rechnung vom 13. November 2015 geleistete Zahlung nunmehr auf den unstreitigen Behandlungsfall geleistet werden sollte. Die in der Vergangenheit erfolgte Zahlung wird in der Erklärung nicht erwähnt. Anderweitige Umstände, die die Auslegung der Erklärung bestimmen könnten (wie eine zum damaligen Zeitpunkt bestehende, langjährige Praxis im Verhältnis der Beteiligten) sind, wie bereits dargelegt, weder ersichtlich noch vorgetragen.

 

b) Erst recht bestehen keine Anhaltspunkte für eine übereinstimmende (vertragliche) nachträgliche Vereinbarung über eine nachträgliche Tilgungsbestimmung dahingehend, dass die Zahlung auf die Rechnung vom 13. November 2015 jedenfalls in Höhe von 7.726,00 Euro nunmehr zur Erfüllung einer anderen Forderung des Klägers gegenüber der Beklagten führen soll (vgl. dazu die vom Kläger zitierte Entscheidung des LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 KR 4669/15 – juris, Rn. 29). Soweit in der zitierten Entscheidung des LSG Baden-Württemberg eine entsprechende Vereinbarung über konkludentes Verhalten angenommen wird, scheidet dies im vorliegenden Fall bereits angesichts des eindeutigen Erklärungsgehaltes des Schreibens vom 21. April 2016 aus.

 

c) Ebenfalls keine Anhaltspunkte gibt es für eine Neubegründung des ursprünglichen Anspruchs im Sinne einer Novation.

 

Mangels eines Zahlungsanspruchs kommt auch ein Zinsanspruch nicht in Betracht.

 

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung.

 

C. Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), besteht nicht.

 

D. Der Streitwert für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz.

 

Rechtskraft
Aus
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