Die Revision wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I
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Im Streit steht das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld.
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Der hauptberuflich selbständige Kläger ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit ab 22.5.2018 begehrte er Krankengeld. Nachdem die Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung vom 2.7.2018 (bis 6.7.2018) bei der Beklagten am 11.7.2018 und die vom 9.7.2018 (bis 20.7.2018) am 30.7.2018 eingegangen waren, informierte die Beklagte den Kläger über die Voraussetzungen des Krankengelds einschließlich der rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit (Schreiben vom 1.8.2018) und bewilligte ihm Krankengeld ab 30.7.2018. Für die Zeit bis 29.7.2018 stellte sie das Ruhen des Anspruchs wegen verspäteter Meldungen der Arbeitsunfähigkeit fest (Bescheid vom 10.8.2018). Den Widerspruch des Klägers hiergegen, mit dem er Krankengeld ab 4.7.2018 begehrte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 11.12.2018).
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Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger vom 4. bis 29.7.2018 Krankengeld zu gewähren. Einem Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V stehe entgegen, dass die nicht rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich auf Umstände zurückzuführen sei, die in den Verantwortungsbereich der Beklagten fielen, weil sie den Kläger erst mit Schreiben vom 1.8.2018 über die Voraussetzungen seines Krankengeldanspruchs informiert hatte (Gerichtsbescheid vom 30.3.2021). Das LSG hat die Entscheidung des SG aufgehoben, soweit die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld vom 4. bis 22.7.2018 verurteilt worden ist. Der unstreitige Krankengeldanspruch des Klägers habe in dieser Zeit geruht, nicht aber in der Zeit vom 23. bis 29.7.2018, weil die entsprechende Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung rechtzeitig bei der Beklagten eingegangen sei. In der Zeit zuvor sei der Kläger seiner Obliegenheit zur rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit nicht nachgekommen, und er sei von dieser hier auch nicht wegen in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallender Umstände entlastet gewesen. Auch sonst bestünden keine Anhaltspunkte für eine Ausnahmekonstellation, zumal auf den Durchschlägen der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen für den Versicherten auf die Beachtung der Fristen hingewiesen worden sei (Urteil vom 28.2.2023).
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Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung insbesondere von § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V. Die Obliegenheit des Versicherten zur rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit setze erst ein, wenn die Krankenkasse auch subjektiv davon ausgehe, dass die objektiv vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankengeld gegeben seien. Dies sei im hier noch streitigen Zeitraum nicht der Fall gewesen. Zudem habe die Beklagte gegen ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht verstoßen, weil sie ihn nicht früher auf die Meldeobliegenheit hingewiesen habe. Bei rechtzeitiger Aufklärung und Beratung auf die verspätet am 11.7.2018 eingegangene Bescheinigung vom 2.7.2018 hätte er noch die Bescheinigung vom 9.7.2018 rechtzeitig übermitteln können.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts BadenWürttemberg vom 28. Februar 2023 zu ändern und die Berufung insgesamt zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
7
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Im noch streitigen Zeitraum vom 4. bis 22.7.2018 ruhte der im Übrigen unstreitige Anspruch des Klägers auf Krankengeld.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Entscheidungen der Vorinstanzen und der Bescheid der Beklagten vom 10.8.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2018, mit denen sie einen Anspruch des Klägers auf Krankengeld im streitigen Zeitraum ablehnte. Richtige Klageart ist die auf Aufhebung der Bescheide und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Krankengeld gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG), die als auf ein Grundurteil gerichtet keiner Bezifferung bedarf (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG).
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2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Krankengeld ist § 44 Abs 1 SGB V (idF des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) iVm § 46 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 SGB V (idF des GKV-VSG vom 16.7.2015, BGBl I 1211). Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld ua dann, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Nach § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V entsteht dieser Anspruch auf Krankengeld von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Dies gilt auch für an die ärztliche Erstfeststellung von Arbeitsunfähigkeit anschließende Folgefeststellungen (stRspr; vgl nur BSG vom 26.3.2020 B 3 KR 9/19 R BSGE 130, 85 = SozR 42500 § 46 Nr 10, RdNr 14 mwN). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit. Im Streit steht hier allein, ob der Krankengeldanspruch wegen nicht rechtzeitiger Meldung der Arbeitsunfähigkeit vom 4. bis 22.7.2018 ruhte.
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3. Rechtsgrundlage für das Ruhen des Krankengelds ist § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V (in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 6.4.1998, BGBl I 688). Hiernach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt.
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Ausgehend hiervon gingen die Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigungen vom 2.7.2018 (bis 6.7.2018) und vom 9.7.2018 (bis 20.7.2018) nicht rechtzeitig bei der Beklagten ein.
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4. Für das Eintreten der gesetzlichen Rechtsfolge des Ruhens des Krankengeldanspruchs wegen der nicht rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob die Krankenkasse subjektiv vom Vorliegen eines objektiv bestehenden Anspruchs auf Krankengeld ausgeht. Ein solches Erfordernis lässt sich weder dem Wortlaut des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V noch dem Sinn und Zweck dieser Regelung entnehmen. Sie soll nach der Rechtsprechung des Senats der Krankenkasse die zeitnahe Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen ermöglichen, ohne die Voraussetzungen einer verspätet gemeldeten Arbeitsunfähigkeit im Nachhinein aufklären zu müssen, um beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit beitragen kann (stRspr zur Rechtslage bis 31.12.2020; vgl BSG vom 25.10.2018 B 3 KR 23/17 R BSGE 127, 53 = SozR 42500 § 49 Nr 8; BSG vom 8.8.2019 B 3 KR 6/18 R BSGE 129, 20 = SozR 42500 § 49 Nr 9; BSG vom 26.9.2019 B 3 KR 1/19 R juris; zur neuen Rechtslage ab 1.1.2021 vgl BSG vom 30.11.2023 B 3 KR 23/22 R vorgesehen für BSGE = SozR 42500 § 49 Nr 11). Soll danach die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit die zeitnahe Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankengeld ermöglichen, kann die subjektive Überzeugung der Krankenkasse vom Vorliegen dieser Voraussetzungen weder grundsätzlich noch ausnahmsweise Voraussetzung der Obliegenheit des Versicherten zur rechtzeitigen Meldung einer Arbeitsunfähigkeit sein. Maßgeblich ist für den Versicherten wie die Krankenkasse allein die objektive Rechtslage.
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5. Das Ruhen war hier weder nach einer bereits anerkannten Ausnahme (hierzu a) noch unter Berücksichtigung von sonstigen, insbesondere verfassungsrechtlich gebotenen Erwägungen (hierzu b) oder wegen eines Beratungsfehlers (hierzu c) ausgeschlossen.
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a) Es liegt keine der nach der Rechtsprechung des Senats bereits anerkannten Ausnahmekonstellationen vor, in denen das Risiko der rechtzeitigen Übermittlung der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung nicht den Versicherten, sondern die Krankenkasse trifft. Solche sind nur in engen Grenzen anerkannt, zB, wenn der Versicherte geschäfts- oder handlungsunfähig war oder aber seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine allein von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert worden ist (stRspr zur Rechtslage bis 31.12.2020; vgl zuletzt BSG vom 5.12.2019 B 3 KR 5/19 R juris RdNr 20 mwN).
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Sollte der Kläger bis zum Schreiben der Beklagten vom 1.8.2018 im Unklaren über deren Behandlung des von ihm zuvor geltend gemachten Krankengeldanspruchs gewesen sein, ändert allein dies nichts an seinen gesetzlichen Obliegenheiten bis dahin. Auf Kausalitätserwägungen im Einzelfall kommt es im Rahmen von § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V grundsätzlich nicht an.
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b) Die Konstellation hier gibt keinen Anlass, eine weitere Ausnahmefallgruppe für die Rechtslage bis 31.12.2020 anzuerkennen. Dies gebietet auch Verfassungsrecht nicht. Zwar sind nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der Schwere des Nachteils die Anforderungen an Ausnahmefallgruppen nicht zu überspannen (vgl zu § 46 Satz 1 Nr 2 und Satz 2 SGB V zuletzt BSG vom 21.9.2023 B 3 KR 11/22 R vorgesehen für BSGE = SozR 42500 § 46 Nr 14, RdNr 19 und 22). Das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld bei Verletzung der Obliegenheit zur rechtzeitigen Meldung einer Arbeitsunfähigkeit, das weder den Anspruch auf Krankengeld noch die Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld entfallen lässt, ist indes weder unverhältnismäßig noch die Meldeobliegenheit mit Blick auf die in der Rechtsprechung des Senats bereits anerkannten Ausnahmen von ihr unzumutbar.
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c) Dem Ruhen steht schließlich auch kein Beratungsfehler der Beklagten entgegen. Zu einer Spontanberatung nach nicht rechtzeitigem Eingang einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung war die Beklagte rechtlich nicht verpflichtet (vgl zu den Anforderungen BSG vom 28.9.2010 B 1 KR 31/09 R BSGE 106, 296 = SozR 42500 § 50 Nr 2, RdNr 19; BSG vom 10.5.2012 B 1 KR 19/11 R BSGE 111, 9 = SozR 42500 § 192 Nr 5, RdNr 28), zumal auf den Durchschlägen der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen für den Versicherten auf die Beachtung der Fristen hingewiesen worden ist. Es würde die Ruhensregelung des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V konterkarieren, wenn das gesetzlich angeordnete Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld bei Nichteinhaltung der Obliegenheit zur rechtzeitigen Meldung der Arbeitsunfähigkeit stets voraussetzte, dass die Krankenkasse auf eine nicht rechtzeitig eingegangene Meldung hinzuweisen und über die gesetzliche Meldeobliegenheit zu beraten hätte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.