Es wird festgestellt, dass das Verfahren L 3 R 1058/21 durch die schriftliche Erklärung der Rücknahme der Berufung vom 25.11.2022 des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt K. aus N., erledigt ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt im hiesigen Verfahren die Fortsetzung des im 3. Senat unter dem Aktenzeichen L 3 R 1058/21 geführten Berufungsverfahrens gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021.
Mit dem angegriffenen Bescheid vom 21.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2016 hatte die Beklagte das Begehren des Klägers, eine Nachzahlung aufgrund nachträglicher Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung an ihn selbst statt größtenteils an das beigeladene Jobcenter N. auszuzahlen, abgelehnt. Das Jobcenter hatte für den Nachzahlungszeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende – SGB II – geleistet und sodann Erstattungsansprüche gegenüber der Beklagten für den Nachzahlungszeitraum geltend gemacht.
Nach Einlegen der Berufung am 06.12.2021, Mandatierung des ehemaligen Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt K. am 15.08.2022 unter Übersendung einer schriftlichen Vollmacht hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 25.11.2022 die Rücknahme der Berufung erklärt. Das Verfahren ist ausgetragen worden. Danach hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 22.12.2022 die Mandatsniederlegung angezeigt. Der Kläger hat am 03.02.2023 vorgetragen, er vertrete sich nun selbst in der Sache. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) habe die Berufung nicht abgewiesen bzw. er habe die Berufung nicht „zurückgezogen“. Von seinem ehemaligen Prozessbevollmächtigten sei er über die angebliche Rücknahmeerklärung nicht informiert worden.
Nach Hinweis der Vorsitzenden auf die Rücknahmeerklärung vom 25.11.2022 hat der Kläger am 16.03.2023 die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt und zur Begründung ausgeführt, er habe dem ehemals bevollmächtigten Rechtsanwalt die Rücknahme der Berufung strikt untersagt. Von der „angeblichen“ Rücknahmeerklärung wisse er nichts. Das ganze Vorgehen sei politisch motiviert, damit widerrechtlich die Beigeladene und nicht er die Rentennachzahlung erhalte.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Berufungsverfahren L 3 R 1058/21 fortzusetzen, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.10.2021 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2016 zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag von 26.580,37 € an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Mit Verfügung vom 10.11.2023 hat der Senat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss entsprechend § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe.
Der Senat entscheidet durch Beschluss, da er einstimmig den Rechtsstreit L 3 R 1058/21 durch Rücknahme der Berufung als erledigt ansieht und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, § 153 Abs. 4 SGG analog (Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 153 Rn. 14, § 156 Rn. 6 m.w.N.). Die Beteiligten sind hierzu mit gerichtlicher Verfügung vom 10.11.2023 angehört worden.
Das Berufungsverfahren L 3 R 1058/21 ist nicht fortzusetzen, da es durch die Rücknahmeerklärung des ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt K. vom 25.11.2022 wirksam beendet worden ist. Eine erneute Berufungseinlegung ist unzulässig. Gemäß § 156 Abs. 3 Satz 1 SGG bewirkt die Zurücknahme der Berufung den Verlust des Rechtsmittels. Der ehemalige Prozessbevollmächtigte hat den Kläger wirksam gem. § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG vertreten. Seine Erklärung gilt für und gegen den Kläger. Zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung hat dem Gericht auch eine schriftliche Vollmacht des Klägers zu Gunsten des Prozessbevollmächtigen vorgelegen, die sich ausdrücklich auf die Prozessführung für alle Instanzen erstreckt und insbesondere auch die Befugnis zur Einlegung und Zurücknahme von Rechtsmitteln umfasst. Die in der schriftlichen Vollmacht zum Ausdruck kommende Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird (§ 171 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Die Vollmacht war zum Zeitpunkt der Berufungsrücknahme weder für kraftlos erklärt noch widerrufen worden. Ebenso wie die Vollmacht dem Gericht schriftlich nachzuweisen ist oder zur Niederschrift erklärt werden muss, ist ihre Beendigung bekanntzugeben (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24.04.1980 – 9 RV 16/79 –, Rn. 17, juris).
Zudem ist – soweit der Kläger vorträgt, der Rechtsanwalt habe trotz seines Verbots, die Berufung zurückzunehmen, die Rücknahme erklärt – aus einem eventuellen Überschreiten des Auftragsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten im Innenverhältnis kein unmittelbarer Rückschluss auf den Umfang oder Bestand der erteilten Vollmacht zu ziehen. Nach dem Abstraktionsgrundsatz ist zwischen der dem Vertreter eingeräumten Rechtsmacht (Vertretungsmacht) und dem ihrer Erteilung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (z.B. Auftrag) zu unterscheiden. Die Vertretungsmacht als das rechtliche Außenverhältnis („das rechtliche Können“) ist von dem Innenverhältnis („das rechtliche Dürfen“) zu trennen. Die Vertretungsmacht ist in ihrer Wirksamkeit von dem Innenverhältnis unabhängig: Wird der Vertreter innerhalb der Grenzen der ihm erteilten Vertretungsmacht tätig, missachtet er aber die ihm im Innenverhältnis auferlegten Bindungen, so ist das Geschäft gegenüber dem Vertretenen uneingeschränkt gültig (Weinland in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand: 23.01.2024, § 164 BGB, Rn. 6 m.w.N.).
Die Rücknahme der Berufung kann vom Kläger nicht zurückgenommen, angefochten oder widerrufen werden. Sie ist als Prozesserklärung grundsätzlich unwiderruflich und wegen Willensmängeln nicht anfechtbar (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 06.12.1996, 8 C 33/95, Rn. 14, juris). Die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums und anderer Willensmängel nach §§ 119 ff. BGB sind auf Prozesshandlungen im gerichtlichen Verfahren nicht anwendbar (so schon BSG, Urteil vom 29.03.1961, 2 RU 204/56; BVerwG a.a.O.).
Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 SGG i.V.m §§ 579 und 580 der Zivilprozessordnung bzw. § 180 SGG sind nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nrn.1 und 2, 153 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. 158 Satz 3 SGG.