Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.01.2024 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf, mit dem dieses die Wiederaufnahme des früheren Klageverfahrens S 48 R 241/18 abgelehnt hat.
Mit Bescheid vom 08.06.2017 und Widerspruchsbescheid vom 16.01.2018 bewilligte die Beklagte dem 00.00.0000 geborenen Kläger auf seinen Antrag Regelaltersrente nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab dem 01.06.2017.
Das hiergegen vom Kläger unter dem Aktenzeichen S 48 R 241/18 vor dem SG Düsseldorf geführte Klageverfahren, mit dem er sich gegen die Einbehaltung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung wendete sowie eine falsche Versicherungsnummer monierte, blieb erfolglos (Urteil vom 26.01.2022).
Bereits vor Zustellung des Urteils wandte sich der Kläger zur „vorsorglichen Einlegung seiner Rechte“ mit einem an das SG gerichteten Schreiben vom 09.02.2022 gegen die getroffene Entscheidung. Das SG leitete diesen Schriftsatz an das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen weiter. Nach Erhalt der Eingangsbestätigung zu der unter dem Aktenzeichen L 14 R 181/22 geführten Berufung teilte der Kläger dem LSG in einem Schreiben vom 20.03.2022 mit, dass er die Eingangsbestätigung nicht nachvollziehen könne. Aus seiner Sicht sei das SG weiterhin zuständig. Über den von ihm gestellten Antrag habe es nicht vollständig entschieden. Er beantrage, sein Schreiben vom 09.02.2022 „an das zuständige Sozialgericht Düsseldorf zum Verfahren S 48 R 241/18 zur eigenen Abhilfe zurückzuschicken“. Das LSG wertete diese Mitteilung als Berufungsrücknahme (Vermerk des Vorsitzenden des 14. Senats vom 30.03.2022). Mit weiterem Schreiben vom 17.04.2022 wandte sich der Kläger gegen die Einordnung seines letzten Schreibens als Berufungsrücknahme. Vielmehr habe er eine Entscheidung des LSG überhaupt nicht begehrt; ein Berufungsverfahren sei fehlerhaft eingeleitet worden. Das Verfahren S 48 R 241/18 laufe noch. In diesem sei ihm grobes prozessuales Unrecht zugefügt worden. Verfahrensverstöße müssten von dem Gericht, dem sie unterlaufen seien, „im Wege der Selbstkorrektur ausgebügelt werden“. Zuständig sei daher das SG Düsseldorf, das zum Rechtsbehelf in seinem Schreiben vom 09.02.2022 eigene Abhilfe zu schaffen habe.
Nach einigem weiteren Schriftverkehr nahm das SG das Verfahren unter dem Az. S 48 R 904/22 wieder auf. Der Kläger stellte in vielfältigen folgenden Schreiben u.a. unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 09.02.2022 im wesentlichen Kern einen Antrag auf „Wiedereröffnung“ der mündlichen Verhandlung zum Az. S 48 R 241/18 sowie ergänzend Antrag auf Aufhebung diverser Schreiben des SG und des LSG. Ergänzend vertrat er die Auffassung, dass auch das Verfahren L 14 R 181/22 noch laufe und nicht entschieden sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der durch einen Bevollmächtigten vertretene Kläger beantragt,
über die von ihm in dem Verfahren Az. S 48 R 241/18 sowie die in dem Verfahren S 48 R 904/22 gestellten Anträge zu entscheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.01.2024 abgewiesen. Die Wiederaufnahmeklage sei unzulässig, da der Kläger einen Wiederaufnahmegrund i.S.v. §§ 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht schlüssig dargelegt, sondern lediglich eine fehlerhafte Entscheidung des Gerichts behauptet habe.
Mit Schreiben vom 22.01.2024 hat der Kläger erklärt, dass er den von seinem Bevollmächtigten fälschlicherweise (vorsorglich) gestellten Antrag, dass auch über seinen zuletzt im Verfahren S 48 R 241/18 gestellten Antrag entschieden werden solle, widerrufe.
Gegen das ihm am 23.01.2024 zugestellte Urteil hat er am 23.02.2024 Berufung eingelegt und beantragt, dieses aufzuheben. In wiederum vielfältigen Schriftsätzen macht er – unter Rüge diverser Schreiben und Ausführungen der Gerichte – (zuletzt) geltend, dass das Verfahren S 48 R 904/22 an einem Verfahrensfehler leide, da dort über einen Wiederaufnahmeantrag entschieden worden sei, den er nie gestellt habe.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter des Senats hat am 12.08.2024 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt. Zu diesem ist für den Kläger ein Bevollmächtigter erschienen.
Die Beteiligten sind mit gerichtlichem Schreiben vom 13.11.2024 darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg biete und beabsichtigt sei, diese gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 28.11.2024 zur Anhörung Stellung genommen. Der Senat hat hierauf erwidert, dass er an der beabsichtigten Entscheidung festhalte (Schreiben vom 09.12.2024).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers wird durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 S. 1 SGG zurückgewiesen. Zur Möglichkeit einer solchen Entscheidung sind die Beteiligten durch den erkennenden Senat mit Schreiben vom 13.11.2024 angehört worden (§ 153 Abs. 4 S. 2 SGG). Der Senat hat (weiter) darauf hingewiesen, dass er auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Schriftsatz vom 28.11.2024 an der beabsichtigten Entscheidung im Beschlusswege festhalte.
Gem. § 153 Abs. 4 S. 1 SGG kann der Senat die Berufung außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Voraussetzungen der Zurückweisung gem. § 153 Abs. 4 SGG liegen vor. Im Klageverfahren hat das SG durch Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden. Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine mündliche Verhandlung wird nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht für notwendig gehalten. Der Sachverhalt ist umfassend ermittelt, eine ergänzende Sachverhaltsaufklärung nicht mehr erforderlich. Am 12.08.2024 ist ein Erörterungstermin durchgeführt und den Beteiligten ergänzendes rechtliches Gehör eingeräumt worden. Das erstmalige Vorbringen noch nicht vorgetragener Tatsachen oder rechtlicher Gesichtspunkte in einem Verhandlungstermin ist daher nicht zu erwarten. Andere Aspekte, die nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar.
Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und vor allem bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 S. 2 SGG). Im Übrigen ist das Gewollte, also das mit der Klage oder der Berufung verfolgte Prozessziel, bei nicht eindeutigen Anträgen im Wege der Auslegung festzustellen. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch ist der wirkliche Wille zu erforschen. Dabei sind nicht nur der Wortlaut, sondern auch die sonstigen Umstände des Falles, die für das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar sind, zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Antrag unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips so auszulegen, dass das Begehren des Klägers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (vgl. BSG Beschl. v. 24.11.2020 – B 12 KR 37/20 B – juris Rn. 12; Urt. v. 08.12.2010 – B 6 KA 38/09 R – juris Rn. 17 f.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt sich aus den zahlreichen, langen und nicht stets verständlichen Schriftsätzen des Klägers zunächst noch klar dessen Antrag, das Urteil des SG Düsseldorf vom 10.01.2024 aufzuheben. Auch wenn es in den letzten Schreiben des Klägers nicht mehr deutlich ist, legt der Senat dessen Vorbringen zu seinen Gunsten ergänzend so aus, dass (auch weiter) die Fortführung des ursprünglich geführten Verfahrens S 48 R 241/18 vor dem SG Düsseldorf gewünscht wird. Hinreichend zum Ausdruck kommt darüber hinaus das klägerische Begehren, verschiedene Schreiben und Ausführungen im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren aufzuheben bzw. zu ändern zu lassen.
Die so verstandene Berufung ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Soweit sich der Kläger mit den von ihm eingereichten Schriftsätzen gegen einzelne Schreiben und Ausführungen des erst- und zweitinstanzlichen Gerichts wendet, ist die Berufung unzulässig, da eine solche gem. § 143 SGG nur gegen Urteile der Sozialgerichte statthaft eingelegt werden kann.
Im Hinblick auf seinen Antrag, das Urteil des SG Düsseldorf vom 10.01.2024 aufzuheben, ist die Berufung zulässig, jedoch unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat das SG zulässig über einen Wiederaufnahmeantrag entschieden. Wenngleich der Kläger nicht ausdrücklich eine Wieder-„Aufnahme“ beantragt hat, ist das SG gleichwohl unter Anwendung der o.g. Auslegungsgrundsätze zu Recht von einem im Kern diesem entsprechenden Begehren ausgegangen. Das (erstinstanzliche) Verfahren S 48 R 241/18 ist mit dem Urteil vom 26.01.2022 abgeschlossen worden. Für eine vom Kläger explizit gewünschte Weiter“führung“ dieses Verfahrens besteht keine gesetzliche Grundlage. Die von ihm gerügten Verfahrensfehler des SG konnte er (allein) mit der Berufung am LSG verfolgen. Das hier (zu seinen Gunsten) auch (zunächst) geführte Verfahren L 14 R 181/22 ist jedoch aufgrund der eigenen ausdrücklichen und mehrfach wiederholten Erklärung des Klägers, er wolle, dass das SG seine Fehler „selbst ausbügele“, beendet worden. Mit dieser Beendigung ist das Urteil des SG vom 26.01.2022 in Rechtskraft erwachsen (vgl. § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nur nach den Vorschriften zur Wiederaufnahme gem. §§ 179 ff. SGG fortgeführt werden. Zu Recht hat das SG das (spätere) Begehren des Klägers daher entsprechend ausgelegt.
Die Wiederaufnahmeklage ist vom SG zutreffend jedoch im Ergebnis deshalb als unzulässig abgewiesen worden, weil der Kläger einen gesetzlichen Wiederaufnahmegrund nicht, wie dies erforderlich gewesen wäre (vgl. Senatsbeschl. v. 06.04.2022 – L 8 R 83/22 WA – juris Rn. 6), schlüssig dargelegt hat. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass ein solcher Wiederaufnahmegrund vorliegt.
Sonstige (zulässige) rechtliche Möglichkeiten, das ursprüngliche Verfahren S 48 R 241/18 fortführen zu lassen, bestanden bzw. bestehen für den Kläger nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 S. 1 i.V.m. § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.