Bei der Anwendung von CPAP-Atemunterstützung bei Frühgeborenen sind bei der Berechnung der Dauer der Anwendung lediglich die Zeiten der tatsächlichen Anwendung der CPAP-Atemunterstützung zu berücksichtigen. Pausenzeiten zählen nicht mit.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2022 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung in Höhe von noch 8.134,89 Euro.
Die Klägerin ist Trägerin eines in den Krankenhausplan des Landes Berlin aufgenommenen Krankenhauses, in welchem der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient P direkt im Anschluss an seine Geburt durch Notsectio in der 33. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1945 Gramm am 5. April 2018 bis zum 30. April 2018 vollstationär, u.a. auf der neonatologischen Intensivstation, behandelt wurde. Er erhielt in den ersten sieben Lebensminuten Maskenbeatmung mit einem zusätzlichen Sauerstoffbedarf von 60 Prozent und ab der 8. Lebensminute (5. April 2018, 01:11 Uhr) bis zum 9. April 2018 (08:15 Uhr) aufgrund eines Atemnotsyndroms diskontiniuerlich eine Atemunterstützung mittels Bubble-CPAP mit einem Überdruck (PEEP = positive end-expiratory pressure) von 4 bis 5cm Wassersäule. In dieser Zeit erfolgte eine von Pausen unterbrochene aktive Anwendung der CPAP-Atemunterstützung in einem Umfang von 67,25 Stunden. Die Pausen umfassten insgesamt 29,5 Stunden. Am 9. April 2018 um 13:30 Uhr endete gemäß ärztlicher Anordnung die CPAP-Atemunterstützung entsprechend der klinik-internen Standards. Wegen der Einzelheiten der zeitlichen Anwendung der Bubble-CPAP wird auf Blatt 93 bis 110 der elektronisch übersandten Patientenakte und der Übersicht der Klägerin auf Blatt 98 Rückseite der Gerichtsakte verwiesen.
Bei der CPAP-Atemunterstützung (Continuous Positive Airway Pressure) wird einem spontan atmenden Patienten kontinuierlich positiver Atemwegsdruck zugeführt, um das Lungenvolumen während der Exspiration aufrechtzuerhalten und damit die Eigenatmung des Patienten zu unterstützen. Die Anwendung von CPAP bei Frühgeborenen führt zu einer Reduzierung der Atemanstrengung, einer Verbesserung des Gasaustausches und einer Erhöhung des Lungenvolumens. Bei der Atemunterstützung mit CPAP atmen die Babys selbständig, jedoch hält der durch den positiven Atemwegsdruck erzeugte Luftstrom die Atemwege des Neugeborenen zwischen den Atemzügen offen. Das Bubble-CPAP besteht aus einem Schlauchsystem mit konstantem Fluss vorgewärmter Luft, das in einem Wasserschloss endet; die Wassertiefe bestimmt dabei den CPAP-Druck. Die Atemunterstützung mittels Bubble-CPAP erfolgt über eine Nasal-Maske (Nasenbrille), die über der Nase sitzt und die Nasenlöcher bedeckt, oder über Nasalstöpsel (sogenannte nasale Prongs).
Am 22. Juni 2018 rechnete die Klägerin den Krankenhausaufenthalt gegenüber der Beklagten ab. Dabei gelangte sie unter Berücksichtigung der Hauptdiagnose P07.12 (Neugeborenes: Geburtsgewicht 1500 bis unter 2500 Gramm), der erlösrelevanten Nebendiagnose P22.0 (Atemnotsyndrom des Neugeborenen) sowie von 104 Beatmungsstunden zu der DRG P04B (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1500 - 1999 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung > 95 Stunden, mit mehreren schweren Problemen oder mehrzeitigen komplexen OR-Prozeduren, ohne Beatmung > 240 Stunden) zu einem Erlös in Höhe von 17.413,02 Euro.
Den Betrag beglich die Beklagte zunächst vollständig.
Nachdem die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (im Folgenden: MDK) mit der Prüfung des Behandlungsfalls beauftragt hatte, zeigte dieser am 25. Juli 2018 die Prüfung der Klägerin an. Die Gutachterin Dr. B gelangte in ihrer Einzelfallbegutachtung vom 1. Februar 2019 zu dem Ergebnis, dass die DRG P04B nicht sachgerecht sei. Die Nebendiagnose P22.0 sei in P22.8 (sonstige Atemnot beim Neugeborenen) zu ändern; die Beatmungsstunden seien von 104 auf 81 Stunden zu reduzieren, da die Anwendung des CPAP diskontinuierlich erfolgt sei. Es ergebe sich die DRG P65B (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1500 - 1999 g ohne signifikante OR-Prozedur, ohne Beatmung > 95 Stunden, mit schwerem Problem).
Am 11. Juni 2019 rechnete die Beklagte einen Betrag in Höhe von 12.588,72 Euro mit anderen fälligen, unstreitigen Forderungen der Klägerin auf.
Am 18. Dezember 2019 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 12.588,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2019 erhoben.
Am 4. Mai 2021 hat der Beklagte den geltend gemachten Klageanspruch in Höhe von 4.453,83 Euro nebst Zinsen anerkannt. Die Klägerin habe die Nebendiagnose P22.0 zutreffend kodiert. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beatmungsstunden werde die DRG P65A angesteuert.
Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis der Beklagten am 7. Oktober 2021 angenommen und die Klage im Übrigen in Höhe von 8.134,89 Euro nebst Zinsen weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Sie habe einen Anspruch auf den begehrten Erlös der DRG P04B, da neben der nunmehr anerkannten Nebendiagnose P22.0 insgesamt 97 Beatmungsstunden zu berücksichtigen seien. Es sei die gesamte Zeit von der erstmaligen CPAP-Atemunterstützung am 5. April 2018 um 01:00 Uhr bis zur letztmaligen Anwendung am 9. April 2018 um 08:15 Uhr als Beatmungsdauer inklusive der Pausenzeiten zu berücksichtigen, da entsprechend der DKR 1001l zur Beatmung auch die Phasen ohne Atemunterstützung bis zur Feststellung einer stabilen respiratorischen Situation zählten. Es habe sich entsprechend des langjährig erprobten klink-internen Standards um eine Beatmungsentwöhnungstherapie bei Neugeborenen gehandelt. Eine stabile respiratorische Situation habe erst am 9. April 2018 um 08:15 Uhr vorgelegen, nachdem noch am 7. April 2018 um 21:30 Uhr und am 8. April 2018 um 17 Uhr phasenweise Bradykardien (Abfall der Herz- bzw. Pulsfrequenz auf < 80/min) sowie eine Sauerstoffsättigung von teilweise nur 93 Prozent beschrieben worden seien. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 11/19 R, dort Rn. 21) stelle die DKR 1001l die CPAP-Atemunterstützung bei Neugeborenen (OPS-Kode 8-711.00) faktisch einer maschinellen Beatmung im Sinne der DKR 1001l gleich. Daraus ergebe sich zugleich auch die Anwendbarkeit der Regeln zur Anrechnung von Beatmungspausen auf die Beatmungszeit.
Der Beklagte hat dem entgegen gehalten: Die CPAP-Atemunterstützung sei keine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR 1001l (Verweis auf BSG, Urteil vom 10. März 2015, B 1 KR 82/14 B). Daher könne keine Entwöhnung von einer maschinellen Beatmung vorliegen. Es finde lediglich die in der DKR 1001l geschaffene Sonderregelung zur Berücksichtigung der Beatmungsdauer mittels CPAP bei Neugeborenen Anwendung. Demnach seien nur die tatsächlichen Zeiten der CPAP-Atemunterstützung zu berücksichtigen.
Mit Urteil vom 20. Januar 2022 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Nach Ansicht der Kammer habe die Klägerin keinen Anspruch auf die geltend gemachte Forderung unter Abrechnung der DRG P04B, da der Versicherte nicht mehr als 95 Stunden, sondern lediglich 68 Stunden mittels CPAP-Atemunterstützung behandelt worden sei. Anzurechnen seien lediglich die tatsächlichen Beatmungsstunden, nicht hingegen die Beatmungspausen. Dies ergebe sich aus den besonderen Reglungen zur Kodierung des OPS-Kodes 8-711.0 gemäß der im Jahr 2018 geltenden DKR 1001l, wonach die Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck lediglich bei Säuglingen und Neugeborenen als Beatmung zu kodieren sei. Demgegenüber setze die Kodierung von Spontanatmungsstunden als Beatmungsstunden nach der DKR 1001l die Entwöhnung von einer maschinellen Beatmung voraus (Verweis auf BSG, Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 13/18 R). Da die CPAP-Atemunterstützung keine Methode der maschinellen Beatmung im Sinne der DKR 1001l sei, könne auch keine Entwöhnung von einer maschinellen Beatmung erforderlich gewesen sein. Die Auffassung der Klägerin finde in der DKR keine Stütze. Da die Vergütungsregelungen eng am Wortlaut auszulegen seien, komme auch bei Neugeborenen eine Berücksichtigung von Beatmungspausen nicht in Betracht, wenn eine maschinelle Beatmung zu keiner Zeit erfolgt sei.
Gegen das ihr am 21. Januar 2022 zugestellte Urteil hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 21. Februar 2022 Berufung eingelegt. In dem Berufungsschriftsatz benannte sie als Klägerin und Berufungsführerin ausdrücklich die E gGmbH, gab jedoch im Kurzrubrum den Namen des Krankenhauses an, dessen Trägerin die Klägerin ist. Dem Berufungsschriftsatz beigefügt war das Urteil der 76. Kammer des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2022.
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2023 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Berichtigung des Rubrums in Bezug auf die Klägerin als Berufungsklägerin beantragt.
Die Klägerin hat vertiefend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen vorgetragen: Die Rechtsprechung des BSG, wonach es sich bei CPAP nicht um eine maschinelle Beatmung handele, sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da es sich hier nicht um einen Erwachsenen, sondern um einen Neugeborenen handele. Bei Neugeborenen werde CPAP schon lange regelhaft zur Beatmungszeit hinzugezählt, da diese in ihrer Wirksamkeit der konventionellen mechanischen Beatmung gleichzusetzen sei, jedoch die Schädigung der vulnerablen Lunge Frühgeborener verhindere. Es habe eine Weaning-Situation im Sinne der Rechtsprechung des BSG (Verweis auf Urteil vom 19. Dezember 2017, B 1 KR 18/17 R) vorgelegen, da die Eigenatmung des Kindes nicht ausreichend gewesen sei und ein Behandlungsplan zur Entwöhnung von der Beatmung vorgelegen habe. Der Beschluss des BSG vom 7. Januar 2022 (B 1 KR 28/21 B) sei vorliegend nicht einschlägig, da im dortigen Fall ein HFNC-CPAP bei einem Neugeborenen angewandt worden sei, bei welchem zusätzlich zu der Sicherstellung des voreingestellten Drucks für die Exspiration aufgrund eines erhöhten Flows bei der Inspiration die Atembewegungen aktiv unterstützt würden. Vielmehr seien die streitentscheidenden Fragen trotz ihrer grundsätzlichen Bedeutung für alle Kliniken, die Früh- und Neugeborene mittels CPAP-Atemunterstützung versorgen und im Rahmen einer methodisch angeleiteten Behandlung von dieser Versorgung mit einem hohen Personaleinsatz wieder entwöhnen, bislang noch nicht vom BSG entschieden worden. Für die Klägerin seien noch drei entsprechende Verfahren beim Sozialgericht anhängig. Im Übrigen dürfe im Fall einer Zurückweisung der Berufung ein Fall der Divergenz gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen, da das BSG in seinem Urteil vom 30. Juli 2019 (B 1 KR 11/19, Rn. 21) ausgeführt habe, dass die Berücksichtigung der CPAP bei der Beatmungszeit von Neugeborenen dazu führe, dass diese faktisch einer maschinellen Beatmung im Sinne der Definition der DKR 1001l gleichgestellt sei. Aus dieser Gleichstellung müsse dann aber auch die Anwendung der Regeln zur Berechnung der Beatmungsdauer folgen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.134,89 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2019 zu zahlen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die mit Schriftsatz vom 21. Februar 2022 eingelegte Berufung unzulässig sei, da die dort benannte Berufungsführerin von dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Berlin nicht betroffen und damit keine legitimierte Berufungsführerin sei. Soweit sich erst mit Schriftsatz vom 30. Juni 2023 die Klägerin zum Berufungsverfahren geäußert habe, sei die Berufungsfrist nicht gewahrt.
Im Übrigen hält sie das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Bei der CPAP-Atemunterstützung für Neugeborene seien lediglich die tatsächlichen Zeiten der Anwendung des CPAP, nicht jedoch Zeiten der Unterbrechung zu berücksichtigen. Die „faktische“ Gleichstellung der CPAP-Beatmung für Neugeborene und Säuglinge mit der DKR 1001l bedeute nicht, dass die Beatmung für diese Personengruppe der Definition von maschineller Beatmung unterfalle, sondern lediglich, dass für diese Personengruppe ausnahmsweise auch eine nicht-maschinelle Beatmungsmethode als vergütungsrelevante Abrechnungszeit berücksichtigt werden solle (Verweis auf LSG NRW, Urteil vom 17. Februar 2021, L 10 KR 861/19 sowie auf BSG, Beschluss vom 7. Januar 2022, B 1 KR 28/21 B).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte sowie der Patientenakte Bezug genommen, deren Inhalt – soweit erforderlich – Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151, 65a und d SGG) der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2022 ist zulässig.
Das Aktivrubrum des Berufungsverfahrens war durch den Senat auf die Klägerin zu ändern. Zwar hatte die Prozessbevollmächtigte in dem Berufungsschriftsatz ausdrücklich ein anderes Krankenhaus als Berufungsführerin bezeichnet. Jedoch ergab sich aus dem im Schriftsatz angegebenen richtigen Kurzrubrum und dem beigefügten Urteil der ersten Instanz, dass die Prozessbevollmächtigte für die Klägerin des erstinstanzlichen Verfahrens als unterlegene Beteiligte die Berufung einlegen wollte. Es bestanden weder Anhaltspunkte dafür, dass das falsch bezeichnete Krankenhaus Berufung gegen ein dieses nicht betreffendes Urteil einlegen wollte, noch dass ein Beteiligtenwechsel auf Klägerseite stattfinden sollte.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässige Leistungsklage (vgl. nur BSG, Urteil vom 12. Dezember 2023, B 1 KR 1/23 R, zitiert nach juris, Rn. 12) der Klägerin gemäß § 54 Abs. 4 SGG als unbegründet abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von weiteren 8.134,89 Euro für die stationäre Behandlung vom 5. April 2018 bis zum 30. April 2018 nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2019.
Die Klägerin hatte wegen der stationären Behandlung von Patienten, die bei der Beklagten versichert sind, einen zwischen den Beteiligten unstreitigen Vergütungsanspruch in Höhe von 8.134,89 Euro, welcher jedoch durch die von der Beklagten am 11. Juni 2019 erklärte Aufrechnung erfüllt wurde.
Die Beklagte zahlte der Klägerin für die Vergütung des Versicherten P einen Betrag in Höhe 8.134,89 Euro zu Unrecht aus, so dass sie mit ihrem Anspruch auf Erstattung dieses Betrages wirksam gegen andere unstreitige Vergütungsforderungen der Klägerin aufrechnen konnte.
Der Klägerin stand für die Vergütung des Aufenthaltes des Versicherten P lediglich eine Vergütungsforderung in Höhe von 9.278,13 Euro nach der DRG P65A zu.
Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihres Versicherten im Krankenhaus der Klägerin vom 5. bis zum 30. April 2018 zu vergüten. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin sind § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), §§ 7 und 9 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Berliner Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) vom 1. November 1994 in der Fassung vom 22. Dezember 1997. Nach diesen Regelungen entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags durchgeführt wird, i.S. von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist und die Leistungen insgesamt wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) erbracht werden (vgl. nur BSG, Urteile vom 25. Juni 2024, B 1 KR 20/23 R, zitiert nach juris, Rn. 11, und vom 25. März 2021, B 1 KR 25/20 R, zitiert nach juris, Rn. 8). An der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistung bestehen keine Zweifel.
Die Vergütung für Krankenhausbehandlung der Versicherten bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie dem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen - FPVn) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPVn auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 2019, B 1 KR 33/18 R, zitiert nach juris, dort Rn. 12).
Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl. § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV 2012; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R, zitiert nach juris, Rn. 19 ff.). Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus -, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs. 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (z.B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu Letzteren gehören die FPVn selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung und die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen OPS. Schließlich gehören zu den einbezogenen Regelungskomplexen die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2018 (Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2018 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG). Hierdurch erlangen die dem Groupierungsalgorithmus vorgelagerten DKR-Regelungen über die Eingabe der in ICD-10-GM und OPS enthaltenen kodierfähigen Angaben in die Groupierungsmaske jedes Jahr zwischen den Vertragspartnern erneut Geltung (vgl. BSG, a.a.O, Rn. 13).
Die von der Klägerin abgerechnete DRG P04B setzt nach diesen Grundsätzen die zulässige Kodierung von mehr als 95 Beatmungsstunden nach der DKR 1001l voraus. Demgegenüber wird die DRGP64 A angesteuert, wenn 95 und weniger Beatmungsstunden erbrachten wurden.
Vorliegend kann die Klägerin nur die 68 Stunden tatsächlich erbrachte CPAP-Atemunterstützung als Beatmung im Sinne der DKR 1001l kodieren. Nicht berücksichtigungsfähig sind die weiteren 29,5 Stunden, die als Pausenzeiten zwischen den verschiedenen Intervallen der Anwendung der CPAP-Atemunterstützung lagen.
Nach der im Jahr 2018 gültigen DKR 1001l ist maschinelle Beatmung („künstliche Beatmung”) ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden (Satz 1). Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten (Satz 2). Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet (Satz 3). Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden (Satz 4).
Die maschinelle Beatmung („künstliche Beatmung“) im vorgenannten Sinne setzt nach Wortlaut und Regelungssystem voraus, dass der Patient intubiert oder tracheotomiert ist oder bei intensivmedizinischer Versorgung die Beatmung über ein Maskensystem erfolgt, wenn dieses an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt wird (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 11/19 R, zitiert nach juris, dort Rn. 16). Die vorliegende Therapie mit Bubble-CPAP erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Eine Intubation oder Tracheotomie findet nicht statt. Es wurde für die streitige Zeit ab Aufnahme des Versicherten P auf die neonatologische Intensivstation auch keine Maske eingesetzt, welche an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt wurde. Vielmehr wurde bei dem angewandten Bubble-CPAP über eine Nasenmaske (Nasenbrille) bzw. Nasenprongs mit Schläuchen kontinuierlich in die Nasenlöcher vorgewärmte Luft appliziert, die in den Nasen-Rachen-Raum geleitet wird. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 11/19 R, zitiert nach juris, dort Rn. 17 unter Hinweis auf Beschluss vom 10. März 2015, B 1 KR 82/14 B) ist es für das Vorliegen einer maschinellen Beatmung erforderlich, dass eine moderne Beatmungsmaschine Atemanstrengungen des passiven Patienten erkennt und unterstützt (Atemsassistenz). Hieran fehlt es bei der Bubble-CPAP, bei der der Patient selbst spontan atmet und damit die Atemarbeit leistet. Diese wird ihm „lediglich“ durch das Bubble-CPAP erleichtert. Selbst wenn maschinell sichergestellt wird, dass der Atemwegsdruck nie unter ein bestimmtes Niveau fällt (Continuous Positive Airway Pressure - CPAP), erfolgt damit keine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR 1001l. Die Definition der maschinellen Beatmung in DKR 1001l unterscheidet auch nicht danach, ob - wie hier - ein Neugeborenes (0. bis 28. Lebenstag) oder ein Säugling (29. bis 365. Lebenstag; vgl. die Differenzierung zwischen Neugeborenem und Säugling in OPS 8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck <CPAP>) oder ein Kind, Jugendlicher oder Erwachsener beatmet wird.
Etwas anders folgt nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., Rn. 19) auch nicht daraus, dass dann, wenn eine maschinelle Beatmung die Definition der DKR 1001l erfüllt, bei der Kodierung zunächst die Dauer der künstlichen Beatmung und zusätzlich einer der benannten Kodes 8-701 (Einfache endotracheale Intubation)(Intubation mit Doppellumentubus), 8-706 (Anlegen einer Maske zur maschinellen Beatmung) und/oder - wenn zur Durchführung der künstlichen Beatmung ein Tracheostoma angelegt wurde - der zutreffende Kode aus 5-311 (Temporäre Tracheostomie)oder 5-312 (Permanente Tracheostomie) anzugeben sowie bei Neugeborenen und Säuglingen zusätzlich ein Kode aus 8-711 (Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen)anzugeben ist. Der OPS 8-711 umfasst das CPAP in der Untergruppe 8-711.0 (Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck <CPAP>; 8-711.00 Bei Neugeborenen <0. bis 28. Lebenstag>; 8-711.01 Bei Säuglingen <29. bis 365. Lebenstag>). Denn bereits aus dem Wortlaut der Kodierregel („Wenn eine maschinelle Beatmung diese Definition erfüllt …“)folgt, dass allein die Zuordnung einer Beatmungsmethode zu den bei Neugeborenen und Säuglingen „zusätzlich“ zu kodierenden Kodes aus OPS 8-711 keine Gleichstellung mit einer maschinellen Beatmung bewirkt. Entscheidend ist insoweit allein, ob die konkrete Form der Beatmung die Definition der maschinellen Beatmung im Sinne der DKR 1001l erfüllt, denn nur dann ist die Beatmungsdauer zu kodieren und ein OPS aus 8-711 anzugeben. Raum für systematische Erwägungen besteht angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht.
Die CPAP-Atemunterstützung bei Neugeborenen wird auch nicht dadurch zu einer maschinellen Beatmung, dass die DKR 1001l bestimmt, dass Kodes aus 8-711.0 nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren sind und die Dauer der Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (CPAP) bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen ist. Vielmehr ergibt sich aus dieser Sonderregelung nur, dass die Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen „faktisch“ einer maschinellen Beatmung gleichgestellt sind (BSG, a.a.O. Rn. 21), d.h. diese ausnahmsweise als maschinelle Beatmung abgerechnet werden kann.
Zudem folgt aus der DKR 1001l hinsichtlich der Kodierung der CPAP Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen mit dem Kode 8-711.0 zunächst nur, dass „die Dauer der Atemunterstützung“ selbst, d.h. die tatsächliche Anwendung der CPAP-Atemunterstützung für die Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen ist (so auch Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 12. Oktober 2023, L 10 KR 94/21, zitiert nach juris, dort Rn. 35). Demnach sind vorliegend bei 67,25 Stunden tatsächlich angewandter CPAP-Atemunterstützung gemäß der Aufrundungsregelung der DKR 1001l 68 Stunden als „Beatmungsstunden“ zu berücksichtigen. Eine eigene Regelung zur Anrechnung von Zeiten der Entwöhnung von der CPAP-Atemunterstützung enthält die Regelung nicht. Auch nimmt sie für die Berechnung der Dauer der Atemunterstützung nicht auf die zuvor normierte allgemeine Regelung für die Berechnung der Beatmungsdauer Bezug, indem die Atemunterstützung insoweit der maschinellen Beatmung gleichgestellt wird.
Auch sonst ergibt sich aus der DKR 1001l entgegen der Ansicht der Klägerin kein Anhalt dafür, dass Phasen der vollständigen alleinigen Eigenatmung des Versicherten den Phasen der Anwendung der Atemunterstützung als Entwöhnungsphase hinzuzurechnen sind. Nach der DKR 1001l tritt das Ende der maschinellen Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung ein, wobei die Dauer der Entwöhnung insgesamt (inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung) bei der Berechnung der Beatmungsdauer hinzugezählt wird. Nach der Rechtsprechung des BSG erfassen die Kodierregeln zur Dauer der Beatmung in DKR 1001l nach Wortlaut und Regelungssystem jedoch lediglich eine Entwöhnung von der maschinellen Beatmung (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019, B 1 KR 11/19 R, zitiert nach juris, dort Rn. 24). Den in der DKR 1001l verwendeten Begriff der Entwöhnung hat das BSG konkretisiert als ein methodisch geleitetes Vorgehen zur Beseitigung der erheblichen Einschränkung oder des Verlustes der Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmen zu können (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2020, B 1 KR 13/20 R, zitiert nach juris, dort Rn. 16; Beschluss vom 7. Januar 2022, B 1 KR 28/21 B, zitiert nach juris, Rn. 16). Eine solche Entwöhnung lag hier nicht vor, da der Patient die ganze Zeit über eigenständig spontan atmete und zu keinem Zeitpunkt eine maschinelle Beatmung erfolgte. Es kommt daher nicht auf die Frage an, ob das strukturierte Vorgehen der behandelnden Ärzte bei der Verlängerung der Intervalle ohne Atemunterstützung mittels CPAP ein methodisch geleitetes Vorgehen im Sinne der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Dezember 2020, B 1 KR 13/20 R, zitiert nach juris, dort Rn. 20) war.
Aus der DKR 1001l ergibt sich hingegen nicht, dass aufgrund der Sonderregelung der Anerkennung der CPAP-Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen als kodierfähig im Sinne der DKR 1001l diese in allen Punkten der maschinellen Beatmung gleichgestellt ist und damit auch eine Entwöhnung von der Atemunterstützung zur Dauer der Atemunterstützung selbst hinzuzurechnen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 7. Januar 2022, B 1 KR 28/21 B, zitiert nach juris, Rn. 19: demnach liege in einer unveröffentlichten Entscheidung des SG Duisburg, wonach eine Entwöhnung auch vorliegen könne, wenn der Versicherte zuvor mit einer der maschinellen Beatmung gleichgestellten Methode behandelt wurde, eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil von 12. Oktober 2023, L 10 KR 94/21, zitiert nach juris, dort Rn. 32 ff.).
Liegt keine maschinelle Beatmung vor, kann auch keine Entwöhnung von dieser erfolgt sein und folglich auch kein Intervall der vollständigen alleinigen Spontanatmung des Patienten zur Beatmungsdauer hinzugerechnet werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG. Weder hat der Rechtsstreit angesichts der Änderung der maßgeblichen Kodierregeln (maschinelle Beatmung DKR (2018) 1001l; seit 2019 DKR 1001w) noch eine grundsätzliche Bedeutung, noch liegt eine Divergenz zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vor, denn dieses hat in seiner Entscheidung vom 30. Juli 2019 keinen abstrakten Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass bei der Kodierung der CPAP-Atemunterstützung bei Neugeborenen sowohl die tatsächliche Anwendung der CPAP als auch die Pausen als Beatmungsstunden zu berechnen sind. Allein aus der Aussage, dass mit der Sonderregelung für Neugeborene die CPAP faktisch einer maschinellen Beatmung im Sinne der Definition der DKR 1001l gleichgestellt sei, folgt ein solcher Rechtssatz nicht. Vielmehr hat das BSG in seinem Beschluss vom 7. Januar 2022 (B 1 KR 28/21 B, zitiert nach juris, dort Rn. 19) selbst dargelegt, dass eine unveröffentlichte Entscheidung des SG Duisburg, welches in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht der Klägerin entschieden hat, dass eine Entwöhnung im Sinne der DKR 1001l auch vorliegen könne, wenn der Versicherte zuvor mit einer der maschinellen Beatmung gleichgestellten Methode behandelt wurde, eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG darstelle.