L 16 BA 21/22

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
16.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 61 KR 2394/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 BA 21/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zur sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung einer Testkäuferin, die an einzelnen Tagen bei einem dritten Unternehmen Testkäufe und Beobachtungen des gastronomischen Services durchführt und dokumentiert hat. 

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2022 wird zurückgewiesen. 

 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.

 

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) in ihrer Tätigkeit als Testkäuferin in Bistros und Restaurants von Zügen der Deutschen Bahn AG  (DB) an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 24. Februar 2016 bis zum 18. Januar 2017.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und in der Marktforschung und Unternehmensberatung tätig. Sie bietet ua ein sog. Mystery Shopping an, dh die Durchführung von Testkäuferbeobachtungen und Testkäufen. Zur Durchführung des Mystery Shoppings hält die Klägerin einen Pool von Mitarbeitenden vor, welche sich als Testkäufer/Mystery Shopper bei der Klägerin registrieren.

Die Klägerin schloss mit der DB einen Rahmen-Dienstleistungsvertrag (Rahmenvertrag) ab, welcher auch den hier streitgegenständlichen Zeitraum abdeckte. Nach Ziff. 1.1 des Rahmenvertrages iVm Ziff. 1 der Anlage 1 waren Gegenstand des Vertrages Testkaufbeobachtungen und Testkäufe in den Zügen des Fernverkehrs mit gastronomischer Bewirtschaftung. Deren Durchführung war in der Anlage 1 unter Bezugnahme auf weitere Anlagen im Einzelnen geregelt und unter Ziff. 1 der Anlage 1 wie folgt zusammengefasst:

„Der Auftragnehmer hat mindestens 400 Tests pro Monat gemäß Anlage 5 „Tourenplanung" durch Testkäufer auf vorgegebenen Routen im Zufallsprinzip geplant durchzuführen. Die Routen sind dabei so zu wählen, dass die gemeinsam definierten Startbahnhöfe entsprechend der Anzahl der vorhandenen Tester berücksichtigt werden. Die Verpflichtung des Auftragnehmers die Tester für alle Startbahnhöfe zu rekrutieren besteht weiterhin. Der Auftraggeber hat gemäß Ziffer 1.5 des Rahmen-dienstleistungsvertrags das Recht die Anzahl der Tests pro Monat anzupassen. Entsprechend der Einsatzplanung des Auftraggebers führt der Testkäufer die Beobachtungen im Zug durch. Der Testkäufer begibt sich an die vom Auftraggeber definierten Verkaufskanäle (Bordrestaurant oder Bordbistro oder Am Platz Service in der 1. und 2. Wagenklasse) und beginnt die Beobachtung. Darüber hinaus führt der Testkäufer selbst Testkäufe durch. Die im Testkauf zu erwerbenden Artikel bestimmen sich nach Tageszeit und Angebot. Während der Beobachtung protokolliert der Testkäufer alle in seiner Beobachtungszeit erfolgten Verkäufe gemäß Anlage 7 „Testkaufprotokoll Vorlage". Die Erstellung des Testkaufprotokolls erfolgt zwingend nicht im Bistro/ Restaurant, sondern an einem für die Mitarbeiter der DB nicht einsehbarem Ort. Das Testkaufprotokoll gilt als Grundlage für eventuelle Arbeitsgerichtsprozesse und ist deshalb wahrheitsgemäß zu erstellen. Die Dokumentation der Verkaufsbeobachtungen (Anlage 7) enthält unter anderem eine Kurzbeschreibung des Mitarbeiters des Auftragsgebers, eine Kurzbezeichnung des Kunden, eine exakte Beschreibung der verkauften Produkte, sowie die Protokollierung der Uhrzeiten für die beobachteten Verkaufsvorgänge (siehe Anlage 7).“

Die Beigeladene zu 1) war bereits zuvor als Testkäuferin bei der Klägerin tätig gewesen. Am 3. Februar 2016 schloss sie mit der Klägerin einen Vertrag hinsichtlich der Testkaufbeobachtungen und Testkäufe in den Zügen der DB („Regelung für die Beauftragung von Testertouren; <Testertouren-Vertrag>). Darin war ua Folgendes geregelt:

„Die Beobachtungen werden im Rahmen von „Testertouren" durchgeführt, bei denen ein Tester an einem vorgegebenen Startbahnhof losfährt, an bestimmten Bahnhöfen die Züge wechseln muss, um dann am Ende der Tour wieder am Ausgangsbahnhof anzukommen.

  1. Der Auftraggeber macht dem Tester Angebote bezüglich Testertouren. In Abstimmung mit dem Auftraggeber sagt der Tester für einzelne Testertouren an bestimmten Tagen schriftlich (E-Mail, Fax, etc.) fest zu. Diese Zusage gilt als Beauftragung für diese Testertour. Der Tester hat keinen Anspruch auf entsprechende Angebote durch den Auftraggeber.

Im Falle der Beauftragung einer Testertour gelten die nachfolgenden Bedingungen:

  1. Der Tester muss die Beobachtungen der Testertour in einer vorgegebenen Auswertungsdatei erfassen und diese Beobachtungen zeitnah, spätestens jedoch am nächsten Vormittag 12 Uhr des nach dem Ende der Tour folgenden Arbeitstages an den Auftraggeber liefern. Diese Lieferung ist Bestandteil der Leistungserbringung jeder Tour. Eine zu späte Lieferung kann zur Folge haben, dass die gesamte Tour nicht vergütet wird. Auf Anforderung des Auftraggebers hat der Tester ein zusätzliches Protokoll handschriftlich zu unterschreiben und innerhalb von 24h an den Auftraggeber zu senden. Ebenfalls auf Anforderung muss der Tester seine Beobachtung in einem möglichen Gerichtsverfahren bestätigen.
  2. Die Tester verpflichten sich, den Auftrag mit größtmöglicher Sorgfalt durchzuführen und nur Verkaufsvorgänge zu dokumentieren und zu bestätigen, die sie sicher beobachtet haben.

 

  1. Um die Aufgaben korrekt durchführen zu können, erhalten die Tester eine Schulung, die durch die Deutsche Bahn durchgeführt wird. Diese Schulung dauert zwei Tage und findet am 24./25.02.2016 in Frankfurt am Main statt.
    Eventuell können im Nachgang weitere Schulungen erforderlich werden.
  2. Die Vergütung ist wie folgt geregelt

 

  • Testertouren werden grundsätzlich nach Stunden vergütet. Das
    Honorar pro Stunde beträgt 11 EUR / Stunde, zzgl. MwSt. Es wird die Zeit vom Anfang (geplante Zugabfahrt) bis zum Ende einer Tour vergütet. Ab der 15. Testertour erhöht sich die Vergütung auf 12 EUR
    / Stunde, zzgl. MwSt.
  • Aussagen vor Gericht werden zum gleichen Stundensatz vergütet.
  • Schulungen: Für jeden Schulungstag erhalten die Tester 100 EUR. zzgl. MwSt., pauschal. Das Honorar für die Schulungen wird dann fällig, wenn der Tester fünf Touren absolviert hat.
  • Mögliche andere zeitliche Aufwände werden nicht vergütet.

 

  1. Die Tester müssen für die Erfüllung des Tests während der Testertouren gastronomische Auslagen (Essen und / oder Trinken) tätigen. Diese sind in angemessenem Ausmaß zu tätigen. Der Erwerb und Konsum von Alkohol während der Touren ist untersagt. Die Tester erhalten diese Auslagen erstattet. Dazu werden die Auslagen monatlich gesammelt und innerhalb von zwei Wochen nach Monatsende abgerechnet.
  2. Um die Abrechnung von Fahrtkosten zu vereinfachen, erhält der Tester eine BahnCard100. Diese BahnCard darf ausschließlich im Rahmen der Testertouren genutzt werden. Eine andere Nutzung ist untersagt. Die BahnCard ist mit Kündigung dieser Vereinbarung an den Auftraggeber zurück zu geben.

 

  1. Andere Auslagen sind vorab zwischen den Parteien abzustimmen und werden in der Regel gegen Beleg vergütet.

 

  1. Mit der Unterschrift bestätigt der Tester, dass

 

  • er derartige Testertouren bei der Deutschen Bahn bisher noch nicht im Auftrag eines anderen Unternehmens durchgeführt hat (hiermit soll eine mögliche Wiedererkennung vermieden werden),
  • er keinen negativen Eintrag in seinem polizeilichen Führungszeugnis hat und dieses vor Aufnahme der Tätigkeit an G übermittelt. Dieses darf nicht älter als 3 Monate sein. Sofern Sie ein neues Führungszeugnis beantragen müssen, erstattet der Auftraggeber die Beantragungsgebühren.

 

  1. Diese Vereinbarung kann mit einer Frist von 30 Tagen gekündigt werden.
    Für Sie bereits eingeplante Fahrten müssen innerhalb der Frist noch absolviert werden.

 

  1. Der Tester verpflichtet sich, die ihm aufgrund dieses Projektes zugänglich gemachten Informationen vertraulich zu behandeln und Dritten gegenüber auch nach Beendigung des Vertrages Stillschweigen darüber zu bewahren.
    Dies gilt sowohl für Informationen betreffend den Auftraggeber als auch den Kunden Deutsche Bahn.

 

  1. Der Auftraggeber verpflichtet sich seinerseits, die für die Durchführung der Testertouren erforderlichen Informationen und Unterlagen dem Tester rechtzeitig zuzuleiten.

 

  1. Durch diesen Vertrag wird ein Arbeitsverhältnis nicht begründet. Der Tester ist selbständig und bestätigt, dass er auch für andere Auftraggeber arbeitet.“

 

Die Beigeladene zu 1) nahm am 24. und 25. Februar 2016 an den vertraglich vereinbarten Schulungen und am 16. Juli 2016 an einem Workshop  teil. Die insgesamt 35 Testfahrten führte sie – jeweils persönlich – sodann an folgenden Tagen durch: 3. April 2016, 20. April 2016, 9. Mai 2016, 12. Mai 2016, 19. Mai 2016, 27. Mai 2016, 8. Juni 2016, 11. Juni 2016, 16. Juni 2016, 21. Juni 2016, 2. Juli 2016, 8. Juli 2016, 24. Juli 2016, 28. Juli 2016, 1. August 2016, 16. August 2016, 27. August 2016, 10. September 2016, 14. September 2016, 18. September 2016, 19. September 2016, 12. Oktober 2016, 21. Oktober 2016, 18. Oktober 2016, 31. Oktober 2016, 2. November 2016, 10. November 2016, 15. November 2016, 28. November 2016, 2. Dezember 2016, 17. Dezember 2016, 19. Dezember 2016, 3. Januar 2017, 12. Januar 2017 und 18. Januar 2017.

Die Beigeladene zu 1) gab gegenüber der Klägerin die Zeiten, in denen sie verfügbar war, Mitte des Vormonats für den Folgemonat an. Zum Ende des Vormonats erhielt sie dann die Mitteilung, in welchen Zügen der DB und auf welchen Strecken sie Testkäufe und Beobachtungen durchführen sollte. Die Beigeladene zu 1) hatte die Möglichkeit, die vorgeschlagenen Fahrten abzulehnen.

Die Dauer der einzelnen Testertouren hing von der jeweiligen Route ab. Die Beigeladene zu 1) bestellte im vorgegebenen Verkaufskanal (Bordbistro, Bordrestaurant, Am-Platz-Service) Essen und/ oder Trinken und beobachtete währenddessen alle weiteren Bestellungen der Mitreisenden. Ihre Beobachtungen notierte sie in den vorgegebenen Tabellen und Protokollen (Bl. 30 ff. VA). Die ausgefüllten Formulare waren bis 12 Uhr des Folgetages an die Klägerin zu übersenden und wurden von zwei Mitarbeitenden der Klägerin überprüft, die sich bei Unklarheiten an die Beigeladene zu 1) wandten. Die erforderliche Dokumentation fertigte die Beigeladene zu 1) teilweise mit dem selbst beschafften Laptop noch während der Zugfahrt, teilweise auch im Anschluss an die Testertouren an.

Die BahnCard erhielt die Beigeladene zu 1) von der DB. Bis zum Januar 2017 übermittelte die Klägerin der Beigeladenen zu 1) eine monatliche Aufstellung über die getätigten Fahrten und Auslagen und das sich daraus ergebende Honorar (Bl. 39 ff. VA), welches die Beigeladene zu 1) der Klägerin sodann in Rechnung stellte (Bl. 44 ff. VA). Ab Januar 2017 änderte sich der Abrechnungsmodus. Wie der Beigeladenen zu 1) mit E-Mail vom 13. Januar 2027 mitgeteilt wurde, sollte sie „ab sofort“ ihre Abrechnungen für die jeweiligen Monate selbstständig zur Klägerin schicken. Abrechnungsübersichten würden nicht mehr übersandt.

Am 16. Januar 2017 kündigte die Beigeladene zu 1) das Vertragsverhältnis mit der Klägerin.

Im Februar 2017 stellte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Sie beantragte festzustellen, dass eine Beschäftigung bei der Klägerin vorlag.

Im Rahmen des Vorverfahrens machte die Klägerin ua Folgendes geltend: Die Unabhängigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Durchführung der Beobachtungen, der Anfertigung von Protokollen und ggf. gerichtlichen Aussagen sei Grundvoraussetzung der Zusammenarbeit gewesen. Bei fehlerhaften Beobachtungen habe sie eine Honorarkürzung riskiert. Da der Auftrag die Beobachtung und Dokumentation umfasst habe, habe sie durch effiziente Arbeitsweise die Gesamtzeit für die Durchführung ihres Auftrags und damit ihr Honorar erheblich beeinflussen können. Wo genau sie sich postiert habe, wie sie auf Gegebenheiten vor Ort reagierte, ob und wie sie ihre Beobachtungen schriftlich verfasste, ob sie dabei Hilfsmittel einsetzte, sei ihr überlassen gewesen. Es sei der Beigeladenen zu 1) auch überlassen geblieben, wie lange sie Vorgänge beobachtete. Sie habe aber mindestens einmal einen Einkauf selbst tätigen müssen. Was sie kaufte, sei nicht vorgegeben gewesen. Es sei nicht vereinbart gewesen, dass die Beigeladene zu 1) den Auftrag persönlich ausführte.

Nach erfolgter Anhörung (Schreiben vom 5. Mai 2017) stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 22. Juni 2017 an die Klägerin und die Beigeladene zu 1) fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Testkäuferin bei der Klägerin vom 24. Februar 2016 bis 18. Januar 2017 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Als Merkmale, die für ein abhängige Beschäftigung sprechen, führte die Beklagte auf:

  • „Die Auftragnehmerin erfüllte die Verpflichtung des Auftraggebers gegenüber dessen Kunden.
  • Die Beauftragung erfolgte durch die Übergabe eines Schichtplans. Damit wurden Beginn und Ende der Tätigkeit durch den Auftraggeber im Vorfeld festgelegt.
  • Es war kein unternehmerisches Risiko ersichtlich.
    Für diese Tätigkeit wurde ein einheitliches Stundenhonorar ohne erkennbares Unternehmerrisiko gezahlt. Anfallende Kosten wurden erstattet.
  • Die Arbeitsmaterialien wurden vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Dabei wurden auch die genauen Beobachtungsmerkmale und Bewertungskriterien vorgegeben.
  • Die Auftragnehmerin hatte Dokumentationspflichten zu erfüllen.
  • Ergebnisse wurden kontrolliert.“

Für eine selbstständige Tätigkeit spreche, dass Aufträge abgelehnt werden konnten. Nach der Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Die Klägerin legte gegen den an sie adressierten Bescheid Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2017 zurückwies.

Nach Klageerhebung am 27. November 2017 hat die Beklagte die Bescheide vom 22. Juni 2017 mit Bescheiden vom 7. Juli 2020 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Februar 2019 (B 12 R 8/18 R) dahingehend abgeändert, dass sie die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf die im einzelnen aufgeführten Einsatztage der Beigeladenen zu 1) als Testkäuferin beschränkt hat.

Im Erörterungstermin am 8. September 2021 hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Beigeladene zu 1) zu den Umständen ihrer Tätigkeit für die Klägerin befragt.

Mit weiteren Bescheiden vom 1. November 2021 hat die Beklagte die Bescheide vom 22. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Oktober 2017 dahingehend abgeändert, dass in dem Auftragsverhältnis als Testkäuferin vom 24. Februar 2016 bis zum 18. Januar 2017 Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der GRV, jedoch Versicherungsfreiheit wegen geringfügiger Beschäftigung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie keine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Das SG Berlin hat die Klage mit Urteil vom 2. Februar 2022 abgewiesen. Die Beklagte sei zu Recht vom Bestehen eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen. Dabei sei zunächst festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht im Rahmen einer bloßen Arbeitsvermittlung oder einer (erlaubten oder unerlaubten) Arbeitnehmerüberlassung stattgefunden habe (Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021 – L 11 BA 3492/19 –, juris Rn. 70  und LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. November 2021 – L 26 BA 6/20 –, juris Rn. 26). Vorliegend sei weder eine bloße Vermittlungstätigkeit noch eine Arbeitnehmerüberlassung seitens der Klägerin an die DB festzustellen. Die Beigeladene zu 1) habe in einem Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die Möglichkeit der Beigeladenen zu 1), angebotene Aufträge abzulehnen, sei kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, juris Rn. 28). Nach der Annahme eines Auftrages sei die Beigeladene zu 1) im Wesentlichen fremdbestimmt in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Zwar sei die Vorgabe des Ortes tätigkeitsbezogen. Die Beigeladene zu 1)  habe in zeitlicher Hinsicht jedoch lediglich die Wahl gehabt, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Die Tour sei vollständig vorgegeben worden, Spielraum für eigene zeitliche Gestaltungsmöglichkeiten habe nicht bestanden. Inhaltlich habe sich die Fremdbestimmtheit über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb der Arbeitsorganisation der Klägerin gezeigt. Es habe strikt festgelegte Beobachtungs- und Dokumentationskriterien gegeben, deren Einhaltung auch überprüft worden sei. Auch sei es der Beigeladenen zu 1) nicht freigestellt worden, ob sie ihre Beobachtungen am Platz oder zB im Bordbistro durchgeführt habe. Auch hinsichtlich der Fertigung der Dokumentationen habe die Beigeladene zu 1) keine wirklichen unternehmerischen Freiheiten gehabt. Zum einen habe die Vorgabe bestanden, die Dokumentation nicht während der Fahrten zu tätigen, zum anderen habe sie die Dokumentationen bis zum Mittag des Folgetages an die Klägerin schicken müssen. Nicht als unternehmerische Freiheit sei es auch zu werten, dass mit einem Testkauf lediglich die Mindestzahl von Käufen vorgegeben worden sei. Für die Einbindung der Beigeladenen zu 1) spreche neben der Zurverfügungstellung der BahnCard weiter, dass sie zu Beginn der Fahrten an einer Schulung habe teilnehmen und ein Führungszeugnis habe vorlegen müssen. Angesichts dessen erscheine es fernliegend, dass die Beigeladene zu 1) im Verhinderungsfall einen Dritten zur Durchführung der Testkäufe hätte beauftragen können. Untypisch für eine selbstständige Tätigkeit sei es auch, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 1) bis kurz vor Beendigung der Tätigkeit vorläufige Abrechnungen übermittelt habe, auf deren Grundlage die Beigeladene zu 1) dann ihre Rechnungen erstellt habe. Schließlich sei auch die von der Klägerin einseitig vorgegebene Vergütung nach Stunden ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Für die statusrechtliche Beurteilung irrelevant sei, dass die fragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) keine arbeitnehmertypischen Rechte wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub etc. enthalte (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, juris Rn. 27). Die Umstände, die für eine selbstständige Tätigkeit sprächen – wie die Anschaffung des Notebooks und das Risiko, zB im Fall einer nicht erfolgreichen Dokumentation trotz Durchführung der Tätigkeit keine Vergütung zu erhalten – fielen im Rahmen der Gesamtabwägung insoweit nicht entscheidend ins Gewicht.

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor: Eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) habe nicht vorgelegen. Es hätten keine beachtenswerten örtlichen Weisungen gegeben. Die übergeordneten Umstände in Form von Prüfvorgaben der DB an die Klägerin (ua Zug, Strecke, Verkaufskanal etc.) hätten den Rahmen gesetzt und seien nicht dispositiv gewesen. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 1) frei wählen können, wo sie die Vor- und Nacharbeiten verrichtet habe. Es habe auch keine Vorgabe gegeben, die ganze Zeit auf dem Zug zB im Bistro zu verbringen. Auch in zeitlicher Hinsicht hätten keine Weisungen vorgelegen. Die zeitlich festgelegten Touren hätten in der Natur der Sache gelegen und seien nicht Ausdruck des Weisungsrechts gewesen. Während der Fahrten habe sich die Beigeladene zu 1) die Arbeit und die erforderlichen Beobachtungen in zeitlicher Hinsicht frei einteilen können. Das SG habe zudem nicht berücksichtigt, dass die Beigeladene zu 1) auch Aufträge nach deren Annahme wieder abgelehnt habe. Auch die Frist zur Ablieferung der Ergebnisberichte liege in der Natur der Sache und sei nicht Ausdruck eines Weisungsrechts. Vielmehr spreche hier für eine selbstständige Tätigkeit, dass beim Versäumen der Frist keine Vergütung erfolgt sei. Die Beigeladene zu 1) sei auch in inhaltlicher Hinsicht weisungsfrei gewesen. Die vorhandenen Vorgaben zu den Beobachtungs- und Dokumentationspflichten lägen ebenfalls in der Natur der Sache. Der Weg dorthin sei in völliger Handlungsfreiheit beschritten worden. Die Teilnahme an den Schulungen habe das SG ebenfalls falsch gewichtet. Hier seien nur „Tipps“ bzgl. der Tätigkeit gegeben und keine Weisungen erteilt worden. Die Arbeit der Beigeladenen zu 1) sei auch nicht kontrolliert worden. Man habe allein das Ergebnis geprüft. Die Beigeladene zu 1) habe auch mit einem erheblichen betriebswirtschaftlichen Risiko gearbeitet. Zum einen habe sie sich einen Laptop gekauft, zu anderen habe ein Unternehmensrisiko durch mangelnde Honorarzahlungen bei Zugausfällen, Zugverspätungen oder verspäteter Lieferung der Dokumentation bestanden. Die Beigeladene zu 1) habe auch eine Ersatzkraft nutzen können. Sie habe ihre unternehmerische Freiheit zudem dahingehend genutzt, die Dokumentationen direkt im Zug statt nach der Tour zu fertigen, wodurch ihr Honorar pro Stunde angestiegen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2022 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2017 und in der Fassung der Bescheide vom 7. Juli 2020 und 1. November 2021 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) während ihrer Einsätze für die Klägerin in der Zeit vom 24. Februar 2016 bis 18. Januar 2017 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

          die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen wird, sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das SG hat die zulässige Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, <SGG>) zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 22. Juni 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Oktober 2017, geändert durch die Bescheide vom 7. Juli 2020 und vom 1. November 2021, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Einer Entscheidung steht hier nicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1) gegen den an sie adressierten Bescheid vom 22. Juni 2017, mit dem ihrem Antrag entsprochen wurde, keinen Widerspruch eingelegt hat. Zwar geht das BSG davon aus, dass es sich bei den im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens erlassenen Bescheiden an die Beteiligten des zu betrachtenden Rechtsverhältnisses nach § 7a Abs. 1 SGB IV um zwei Verwaltungsakte handelt. Die getroffene Statusentscheidung kann jedoch gegenüber den Beteiligten des Statusfeststellungsverfahrens inhaltlich nur einheitlich ergehen. Daher müssen für die Feststellung einer Begünstigung oder Nichtbegünstigung durch die Statusfeststellung auch die Interessen beider Betroffenen betrachtet und in Konkordanz gebracht werden. Denn mit der Rücknahme der den einen Beteiligten nicht begünstigenden Rechtsposition wird innerhalb desselben Verwaltungsakts ggf. zugleich die begünstigende Rechtsposition des anderen Betroffenen aufgehoben. Liegen – wie hier – zwei Verwaltungsakte vor, könnte bei isolierter Betrachtung der Interessen der Adressaten § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) einerseits und § 45 SGB X andererseits anzuwenden sein. Eine solche isolierte Betrachtung mit der Gefahr divergierender Entscheidungen würde dem Sinn und Zweck des § 7a SGB IV aber nicht gerecht. Ziel der Statusfeststellung ist es gerade, eine einheitliche Klärung der Statusfrage herbeizuführen, dadurch divergierende Entscheidungen zu verhindern sowie den Beteiligten Rechtssicherheit über den sozialversicherungsrechtlichen Status der zu beurteilenden Tätigkeit zu verschaffen (BSG, Urteil vom 29. März 2022 – B 12 R 2/20 R –, juris Rn. 26 mwN). Vor diesem Hintergrund geht das BSG im vorliegenden Fall zweier inhaltlich gleicher Verwaltungsakte von einer entsprechenden Anwendung des § 49 SGB X aus (BSG, aaO, Rn. 27). Danach gelten § 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 SGB X nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird. Vorliegend hat die Klägerin den an sie gerichteten Statusfeststellungsverwaltungsakt angefochten.

Die Beigeladene zu 1) stand an den einzelnen im Bescheid vom 1. November 2021 genannten Tagen (vgl zur nachträglichen Beschränkung des Zeitraums der Versicherungspflicht auf die Einsatztage als teilweise Rücknahme des insofern belastenden angefochtenen Bescheids ohne Prüfung eventuellen Vertrauensschutzes der Beigeladenen zu 1): BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R -, juris Rn. 12 mwN) in dem Zeitraum vom 24. Februar 2016 bis zum 18. Januar 2017 als Testkäuferin in Bistros und Restaurants von Zügen der DB bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterlag damit der hier allein streitigen Versicherungspflicht in der GRV.

Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Statusfeststellungsbescheids ist § 7a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB IV (in der hier noch anzuwendenden Fassung <idF> vom 12. November 2009, BGBl I 3710). Danach entscheidet die Beklagte auf Antrag über die Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung (vgl. ua BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R –, juris Rn. 11).

In der streitigen Zeit unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der GRV nach § 1 Satz 1 Nr. Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmensrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl. ua BSG, Urteil vom 1. Februar 2022 – B 12 KR 37/19 R –, juris Rn. 12 mwN).

Bei Vertragsgestaltungen, in denen – wie hier – die Übernahme einzelner Einsätze individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (stRspr; vgl. ua BSG Urteil vom 19. Oktober 2021 - B 12 R 17/19 R –, juris Rn 19 mwN). Relevant sind daher auch nur die einzelnen Tage, die im Bescheid vom 7. Juli 2020 aufgeführt sind. Dabei kann dahinstehen, ob die Beigeladene zu 1) ggf. auch noch an den Folgetagen nach den durchgeführten Testfahrten insoweit für die Klägerin tätig war, als sie die Testkaufprotokolle und Dokumentationen anfertigte und an die Klägerin übersandte. Denn ausweislich Ziff. 5 des Testertouren-Vertrages wurde allein die Zeit der Testertouren, also der geplanten Zugfahrten, vergütet. Ausdrücklich war für mögliche andere zeitliche Aufwände keine Vergütung vorgesehen. Entsprechend hat die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht auf die konkret benannten Tage, an denen die Testertouren stattfanden, beschränkt.

Zutreffend ist das SG zunächst davon ausgegangen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht im Rahmen einer bloßen Arbeitsvermittlung oder einer (erlaubten oder unerlaubten) Arbeitnehmerüberlassung stattfand. Maßgeblich ist bei der Prüfung des drittbezogenen Personaleinsatzes im Rahmen des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV (in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 12. November 2009, BGBl I 3710) zunächst, ob die Leistung des „Vermittlers“ im Wesentlichen nur daran gemessen wird, ob es zu einem Vermittlungserfolg (Abschluss eines Arbeitsvertrages oder eines Vertrages über freie Mitarbeit) gekommen ist – dann liegt eine bloße Arbeits- bzw. Personalvermittlung vor – oder ob sich die Leistung des „Vermittlers“ in der bloßen Überlassung einer Fachkraft erschöpft – dann kommt Arbeitnehmerüberlassung in Betracht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Mai 2021 – L 11 BA 3492/19 –, juris Rn. 70 mwN). Unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) einerseits und der Klägerin und der DB andererseits ist eine bloße Vermittlertätigkeit der Klägerin ausgeschlossen. Die Klägerin wollte mit dem Einsatz der Beigeladenen zu 1) die ihr gegenüber der DB obliegenden Verpflichtungen erfüllen. Auch eine Arbeitnehmerüberlassung lag nicht vor. Ein nach den auch hier heranzuziehenden Abgrenzungskriterien (vgl. BSG, Urteil vom 11. Februar 1988 – 7 RAr 5/86 – juris Rn. 18 ff. mwN) für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechender Vertragsgegenstand, nämlich allein die Überlassung von Arbeitnehmern zur Arbeitsleistung, ist vorliegend nicht gegeben. Der Entleiher nimmt die Arbeitsleistung nicht nur entgegen, sondern hat ein eigenes Recht, sie vom Leiharbeitnehmer einzufordern (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. November 2021 – L 26 BA 6/20 –, juris Rn. 26 mwN). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar enthalten die vertraglichen Regelungen zwischen der Klägerin und der DB detaillierte Vorgaben zu den Anforderungen an die Testkäufer, die von der Klägerin lediglich an die Testkäufer weitergegeben werden. Weiterhin erhielt die Beigeladene zu 1) von der DB eine BahnCard und die DB organisierte auch die Schulungen für die Testkäufer. Jedoch gingen die Verpflichtungen der Klägerin deutlich über die Bereitstellung der Testkäufer hinaus. Sie hatte ua die Einhaltung der Form der Dokumentationen zu kontrollieren und die Daten mehrerer Testkäufer in einem Dokument zusammenzufassen, das sie sodann an die DB übermittelte. Nach Anlage 1 zum Rahmenvertrag zwischen der DB und der Klägerin war die Klägerin zu Qualitätskontrollen der Arbeit der Testkäufer verpflichtet. Weiterhin bestand ein unmittelbarer Vergütungs- und Haftungsanspruch nur im Verhältnis der Beigeladenen zu 1) zur Klägerin. Die Hauptleistungspflichten wurden im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) direkt vereinbart (vgl. auch BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 17/19 R –, juris Rn. 15).

Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (vgl. ua BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, juris Rn. 19; vgl zuletzt BSG, Urteil vom 12. Juni 2024 – B 12 BA 8/22 R –, juris Rn. 16). Dies bedeutet, dass die unstreitig bestehende Möglichkeit der Beigeladenen zu 1), angebotene Testfahrten abzulehnen, nicht als Indiz im Rahmen der og Gesamtabwägung herangezogen werden kann. Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Rechtsprechung des BSG folgt der Senat nicht der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Hessischen LSG (Urteil vom 2. Juli 2015 – L 8 KR 273/12 –, juris). Dieses hatte die Möglichkeit des dort betroffenen Interviewers, sich Fahrten auszusuchen, als ua entscheidendes Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit angesehen. Zu beurteilen sind jedoch erst die Verhältnisse, die sich nach Annahme eines Auftrages ergeben.

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R -, juris Rn. 14 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbstständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. BSG, aaO Rn. 19).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die Indizien für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin.

Dass die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) offenbar eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollte (Ziff. 13 des Testertouren-Vertrags) und die Vertragspartner damals darin übereinstimmten, dass durch diese Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde, ist – wie dargestellt –  sozialversicherungsrechtlich nicht ausschlaggebend.

Die Beigeladene zu 1) war in den Betrieb der Klägerin eingegliedert und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Arbeitgeberin unterworfen, wie  das SG zutreffend festgestellt hat.

Richtig ist zwar, dass der grundsätzliche Ort der Tätigkeit (die Züge der DB) sich aus der Natur der Sache ergab. Nur dort konnten die Testkäufe und Beobachtungen durchgeführt werden. Dabei beschränkten sich die Vorgaben gegenüber der Beigeladenen zu 1) jedoch nicht allein darauf, dass sie ihre Tätigkeit in einem Zug der DB auszuüben hatte. Vielmehr war auch im Einzelnen vorgegeben, in welchem konkreten Zug und auf welcher Strecke die Tätigkeit zu erfolgen hatte. Auch gab es Vorgaben, wo die Beobachtungen durchzuführen waren, also zB im Bordbistro, Restaurant oder am Platz (Verkaufskanal). Diese Festlegungen sollten sicherstellen, dass bestimmte Teams auf den Zügen durch Stichproben getestet wurden. Mehrfachtestungen desselben Teams sollten ausgeschlossen werden. Dass dies nicht möglich gewesen wäre, wenn die Beigeladene zu 1) frei hätte wählen können, in welchen Zügen sie die Testerkäufe durchführt, liegt auf der Hand. Dass es einen nachvollziehbaren Grund für bestimmte Vorgaben gibt, bedeutet jedoch noch nicht, dass diese nicht als Weisungen gewertet werden können. Im Rahmen der Eingliederung sind grundsätzlich auch Rahmenvereinbarungen, regulatorische Rahmenbedingungen oder "in der Natur der Sache" liegende Umstände zu berücksichtigen. Solchen Bedingungen ist zwar nicht zwingend eine entscheidende Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung beizumessen; umgekehrt ist eine abhängige Beschäftigung aber auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich bestimmte Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen. Denn für das nicht an der Privatautonomie ausgerichtete Sozialversicherungsrecht kommt es weniger darauf an, woraus Abhängigkeiten und Bindungen resultieren, sondern darauf, ob und inwieweit im Einzelfall noch Raum für unternehmerische Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit mit entsprechenden Chancen und Risiken verbleibt (BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R –, juris Rn. 25 mwN). Je enger der übertragene Tätigkeitsbereich abgesteckt ist, weil die Auftrag- oder Arbeitgeberin nicht auf eigene Gestaltungsmöglichkeiten verzichtet, desto weniger Spielraum kann der übertragenen Tätigkeit noch immanent sein (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, juris Rn. 16). Ausdrücklich hat das BSG klargestellt, dass auch den vertraglichen Rahmenbedingungen, die zu einer geminderten Autonomie des Mitarbeiters führen, Bedeutung für dessen persönliche Abhängigkeit beizumessen ist. Diese bestimmen den vorgegebenen organisatorischen Ablauf (BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R –, juris Rn. 26).

Die Klägerin hat sich durch den Dienstleistungs-Rahmenvertrag mit der DB verpflichtet, mindestens 400 Tests pro Monat gemäß Anlage 5 „Tourenplanung" durch Testkäufer auf vorgegebenen Routen im Zufallsprinzip geplant durchzuführen“.Damit unterliegt die Klägerin ihrerseits bestimmten (vertraglichen) Rahmenbedingungen, zu deren Einhaltung sie sich der Mitarbeitenden – wie der Beigeladenen zu 1) – bediente. Um die Rahmenbedingungen zu erfüllen, werden die Touren mit den festen Zügen etc. geplant, von denen die Beigeladene zu 1) nicht abweichen durfte.  Hier ergab sich für die Beigeladene zu 1) keinerlei Spielraum. Soweit die Klägerin vorträgt, die Beigeladene zu 1) habe nach den Testkäufen und Beobachtungen frei entscheiden können, wo sie sich im Zug aufhalte, kann diese Bewegungsfreiheit nicht als unternehmerische Freiheit gewertet werden. Auch abhängige Beschäftigte bewegen sich nach eigenem Gutdünken grundsätzlich frei an ihrem Beschäftigungsort. Ob es eine mündliche Anweisung gab, die Protokollierung und Dokumentationen nicht während der Zugfahrt sondern im Anschluss daran vorzunehmen, kann letztlich dahinstehen. Die Beigeladene zu 1) hatte deutlich gemacht, diese Tätigkeit oftmals im Zug vorzunehmen. Diese von der Beigeladenen zu 1) in Anspruch genommene Flexibilität fällt angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Tätigkeit an den vorgegebenen Zug gebunden ist, nicht weiter ins Gewicht.

Es bestand auch ein Weisungsrecht hinsichtlich der Zeit und Dauer der Tätigkeit. Die Tätigkeit richtete sich exakt nach den vorgegebenen Strecken der Züge, in denen die Testkäufe und Beobachtungen durchzuführen waren. Soweit die Klägerin hier zwischen der Tätigkeit der Testkäufe und Beobachtungen einerseits und der Tätigkeit der Dokumentation und der Anfertigung der Testkaufprotokolle differenziert, ergibt sich daraus keine abweichende Einschätzung. Zwar ist es richtig, dass es der Beigeladenen zu 1) möglich war, letztere Tätigkeit nach eigenem Gutdünken zu Hause oder im Zug, noch am selben Tag oder am Folgetag zu erledigen. Aber auch hier war die Beigeladene zu 1) insoweit nicht vollständig frei, als sie verpflichtet war, die Unterlagen bis zum Mittag des Folgetages der Klägerin zu übersenden. Die Tatsache, dass diese Frist aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der DB erforderlich war und danach „in der Natur der Sache“ lag, führt – wie oben im Zusammenhang mit der örtlichen Gebundenheit dargelegt – auch hier nicht dazu, dass diese Vorgabe nicht die Autonomie der Beigeladenen zu 1) stark einschränkte.

Die Beigeladene zu 1) war auch in inhaltlicher Hinsicht Weisungen unterworfen. Wie das SG und die Beklagte zutreffend ausführen, bestanden konkrete Vorgaben hinsichtlich der Durchführung der Testkäufe und der Beobachtungen. Dies ergibt sich deutlich aus Ziff. 2 Satz 1 des Vertrages zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1): „Der Tester muss die Beobachtungen der Testertour in einer vorgegebenen Auswertungsdatei erfassen und diese Beobachtungen zeitnah, spätestens jedoch am nächsten Vormittag 12 Uhr des nach dem Ende der Tour folgenden Arbeitstages an den Auftraggeber liefern“. Zwar hatte die Beigeladene zu 1) gewisse Freiheiten hinsichtlich der konkreten Durchführung der Beobachtung und der Anzahl der Testkäufe über den einen verpflichtenden Testkauf hinaus. Diese können jedoch schwerlich als eine unternehmerische Gestaltungsmöglichkeit angesehen werden. Die vorgegebenen Rahmenbedingungen, hinsichtlich derer die Tester auch geschult wurden, lassen insoweit nur marginale Spielräume. Die Dokumentationen und Testkaufprotokolle, die die Beigeladene zu 1) vorzunehmen bzw auszufüllen hatte, wurden von Mitarbeitenden der Klägerin nach deren Übersendung überprüft. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass nicht die Arbeit selbst, sondern nur das Ergebnis der Arbeit überprüft worden sei, ist diese kleinteilige Differenzierung nicht nachvollziehbar. Denn die Klägerin selbst stellt mehrfach in den Vordergrund, dass die Dokumentation selbst als Teil der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) anzusehen ist. Diese Prüfung kann auch nicht als eine Art „Werksabnahme“ verstanden werden. Angesichts der strikten Vorgaben hinsichtlich der Dokumentation kann von einem eigenen Werk der Beigeladenen zu 1) insoweit nicht ausgegangen werden.

Insgesamt zeigt sich durch die dargestellten Vorgaben hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit eine deutliche Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Die Klägerin koordinierte die konkreten Testerfahrten der Beigeladenen zu 1) sowie aller anderer Testkäufer. Aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der DB war hier eine engmaschige Organisationsstruktur erforderlich, die keinen nennenswerten Raum für eine eigenständige Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) ließ (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, juris Rn. 21). Die Beigeladene zu 1) war Teil einer Gruppe von Testern, die die Testkäufe durchführte, zu denen sich die Klägerin gegenüber der DB vertraglich verpflichtet hatte. Auch wenn keine Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Testern stattfand, waren sie durch die Einteilungen in die Organisationsstruktur der Klägerin eingebunden. Dafür sprechen auch die Schulungen, an denen die Beigeladene zu 1) verpflichtend hatte teilnehmen müssen. Diese Schulungen wurden von der DB durchgeführt und dienten dem Zweck, „die Aufgaben korrekt durchführen zu können“ (vgl. Ziff. 4 des Testertouren-Vertrages). Dabei kann dahinstehen, ob in diesen Schulungen jeweils nur „Tipps“ weitergegeben wurden, wie die Arbeit am besten zu verrichten sei, wie die Klägerin anführt, oder ob hier – zum Zwecke einer einheitlichen Durchführung der Arbeit aller Tester – einheitliche Standards eingeübt wurden. Allein die Tatsache, dass Schulungen durchgeführt wurden, an denen die Tester vor der Aufnahme der Tätigkeit teilzunehmen hatte, spricht für eine Eingliederung.

Als Indiz für eine abhängige Beschäftigung ist zudem die Art der Vergütung anzusehen. Die Klägerin erhielt einen Stundenlohn iHv 11 bzw 12 €. Dieser bemaß sich nach der jeweiligen Länge der Fahrten, die zuvor festgelegt waren. Unabhängig davon, ob grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, den Stundensatz anders zu verhandeln, hatte die Beigeladene zu 1) keine Möglichkeit, ihre Einkünfte – wie dies im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit üblich ist – durch Effizienz zu steigern. Auch eine besonders umfassende Beobachtung und die Durchführung vieler eigener Testkäufe hätten an der Höhe der Vergütung nichts geändert. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Beigeladene zu 1) durch die Vornahme der Dokumentation schon während der Zugfahrt statt im Anschluss daran, ihren Stundensatz insoweit erhöhen konnte, ist dies nur begrenzt zutreffend. Wie ausdrücklich in Ziff. 5 des Testertouren-Vertrages geregelt ist, wurde allein die Dauer der Testertouren vergütet, mögliche andere zeitliche Aufwände dagegen nicht. Tätigkeitszeiten außerhalb der Zugfahrten waren im Stundenlohn ersichtlich nicht mit einkalkuliert. Vor diesem Hintergrund war es der Beigeladenen zu 1) durch die Vornahme der Dokumentationen während der Testertouren allein möglich, unbezahlte Arbeitszeit zu vermeiden. Den Stundenlohn konnte die Beigeladene zu 1) damit nicht erhöhen. Auch die Art der Abrechnung spricht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Zwar stellte die Beigeladene zu 1) der Klägerin jeweils Rechnungen. Die Rechnungsstellung erfolgte jedoch – fast bis zum Ende der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) – auf der Grundlage der von der Klägerin übersandten Aufstellungen. Eine durch die Beigeladene zu 1) selbst vorgenommene Berechnung des Honorars erfolgte damit nicht.

Ob es der Beigeladenen zu 1) tatsächlich gestattet war, im Fall ihrer Verhinderung Dritte für die Testertouren einzusetzen, kann letztlich offen bleiben. Zutreffend ist zwar, dass die Möglichkeit, sich zur Durchführung von Aufträgen auch Erfüllungsgehilfen zu bedienen, gegen das Vorliegen von Beschäftigung spricht. Für das Vorliegen von Beschäftigung ist typisch, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird (vgl. ua BSG Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris Rn. 22). Vorliegend hat die Beigeladene zu 1) für die Testertouren selbst keine dritte Person eingesetzt. Eine mögliche, wenn auch nicht genutzte Delegationsbefugnis kann allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, juris Rn. 34). Dies ist vorliegend nach Auffassung des Senats nicht der Fall. Die Beigeladene zu 1) war verpflichtet, ein aktuelles Führungszeugnis vorzulegen (Ziff. 9 Testertouren-Vertrages). Dies spricht schon grundsätzlich für eine persönliche Leistungserbringung. Geht man jedoch davon aus, dass auch ein Führungszeugnis einer dritten Person hätte vorgelegt werden können, wie die Klägerin im Erörterungstermin am 8. September 2021 ausführte, wäre zumindest ein zeitlich kurzfristiger Einsatz einer dritten Person nur schwer möglich gewesen. Auch war die Bahncard 100 auf den Namen der Beigeladenen zu 1) ausgestellt. Eine dritte Person hätte sich eine Fahrkarte kaufen müssen, was bei einem Stundenlohn von 11 bzw. 12 € nicht ansatzweise wirtschaftlich gewesen wäre. Ungeachtet dessen sprechen auch die Schulungen, an denen die Testkäufer teilzunehmen hatten, gegen die Möglichkeit, eine dritte Person einzusetzen. Darüber hinaus war in Ziff. 11 des Testertouren-Vertrages die Verpflichtung der Beigeladenen zu 1) geregelt, Dritten gegenüber Stillschweigen hinsichtlich des Projekts zu wahren. Auch dies macht die Möglichkeit eines Einsatzes Dritter unwahrscheinlich.

Für eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass die Beigeladene zu 1) keinem nennenswerten Unternehmensrisiko ausgesetzt war. Zwar kann in Fallkonstellationen, bei denen es um reine Dienstleistungen geht, die grundsätzlich nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden sind, das Fehlen des klassischen Unternehmensrisikos (Einsatz eigenen Kapitals etc.) nicht ausschlaggebend sein (vgl. ua BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 3/17 R – juris Rn. 18)  Der Beigeladenen zu 1) war es aber auch nicht möglich, durch unternehmerische Entscheidungen ihre Gewinn in beachtenswertem Umfang zu steigern. Die Länge der Testerfahrten konnte sie nicht beeinflussen. Allein durch diese bemaß sich die Höhe der Vergütung. Eine Erhöhung der Anzahl der dokumentierten Vorgänge hatte keinen Einfluss darauf. Insbesondere fällt deshalb nicht weiter ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1) durch die Vornahme der Dokumentationen während der Testerfahrten unbezahlte Arbeit im Nachgang vermeiden konnte.

Zuzugestehen ist der Klägerin in diesem Zusammenhang, dass auch Indizien für eine selbstständige Tätigkeit vorlagen. Zum einen hat sich die Beigeladene zu 1) für ihre Tätigkeit einen Laptop besorgt, sich also Arbeitsmaterial selbst beschafft, ohne dass ihr die Kosten hierfür erstattet wurden. Zudem trug die Beigeladene zu 1) das Risiko der Entlohnung, sofern sie die Dokumentationen und Testlaufprotokolle nicht bis 12 Uhr des Folgetages an die Klägerin übersandt hatte. In Ziff. 2 Satz 2 des Tertertouren-Vertrages war geregelt: „Eine zu späte Lieferung kann zur Folge haben, dass die gesamte Tour nicht vergütet wird“. Zwar spricht Vieles dafür, darin kein klassisches Unternehmensrisiko zu sehen, sondern vielmehr – wie die Beklagte anmerkt – eine Überbürdung des klägerischen Risikos auf die Beigeladene zu 1). Denn diese war gemäß der Rahmenvereinbarung gegenüber der DB verpflichtet, gewisse Erfüllungs-, Verwertungs-, und Leistungsquoten sicherzustellen. Nicht rechtzeitig vorgelegte Beobachtungsergebnisse hätten letztlich zu einer geringeren Verwertungsquote geführt und damit die Marge der Klägerin verringert. Die Beigeladene zu 1) konnte durch die rechtzeitige Übersendung der Unterlagen allein die Reduzierung ihrer Vergütung verhindern. Ein unternehmerisches Risiko liegt nicht allein dann vor, wenn der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel ungewiss ist, sondern wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R –, juris Rn. 21; Hessisches LSG, Urteil vom 2. Mai 2024 – L 1 BA 22/23 –, juris Rn. 30). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Soweit die Klägerin vorträgt, die Beigeladene zu 1) habe auch das Risiko von Zugverspätungen getragen, ergibt sich dies nicht aus dem Testertouren-Vertrag. Dort ist in Ziff. 5 geregelt, dass die Zeit „bis zum Ende der Tour“ vergütet wird. Verpasst die Beigeladene zu 1) durch Verspätungen oder Zugausfälle Touren, erhält sie hingegen keine Vergütung, weil sie in diesem Fall auch keine Testkäufe und Beobachtungen vornehmen kann. Auch diesem Risiko stehen jedoch keinerlei Freiheiten zur Erhöhung der Verdienstchancen nach Maßgabe der og Rechtsprechung gegenüber. Doch auch wenn man hier von einem Unternehmensrisiko der Beigeladenen zu 1) ausgeht, fällt dies in der vorzunehmenden Gesamtabwägung vor dem Hintergrund der weit größeren Anzahl der Aspekte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, nicht entscheidend ins Gewicht.

Gleiches gilt auch für die Tatsache, dass es der Beigeladenen zu 1) möglich war, bereits angenommene Touren wieder abzusagen, wie dem vorliegenden Mailverkehr (Bl. 57 ff. VA) ist zu entnehmen ist. Soweit hierin ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit gesehen werden kann, kommt auch diesem nicht ein derart starkes Gewicht zu, dass insgesamt hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Tage im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung von einer selbstständige Tätigkeit ausgegangen werden kann. Ungeachtet dessen sind vorliegend nur die im Bescheid von 7. Juli 2020 genannten tatsächlichen Einsatztage zu beurteilen. An diesen Tagen wurden die Testertouren jeweils durchgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht aus Gründen der Billigkeit der Klägerin aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO), weil diese keine Anträge gestellt haben (Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/B. Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 197a Rn. 29, mwN).

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Absatz 2 SGG) nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Absatz 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Absatz 2, § 52 Absatz 2, § 47 Absatz 1 GKG; sie ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
Saved