Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versorgung des Klägers mit Cannabisblüten streitig.
Der 1979 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet u.a. an einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren, einem Restless-legs-Syndrom, einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) sowie einem Lungenemphysem. Es besteht ein Zustand nach (Z.n.) Polytoxikomanie.
Am 5. Februar 2018 beantragte der Kläger unter Vorlage des „Arztfragebogens zu Cannabinoiden nach § 31 Abs. 6 SGB V“ die Kostenübernahme für Cannabisblüten zur Inhalation. Darin führte der R1 unter dem 26. Januar 2018 aus, dass beabsichtigt sei, dem Kläger zur Behandlung einer Kombination aus adultem ADS, Restless-legs-Syndrom und chronischem Schmerzsyndrom getrocknete Cannabisblüten (Bedrocan), Tagesdosis 2 g, zur Inhalation/Verdampfung zu verordnen. Als Behandlungsziele gab er die Linderung der Schmerzsymptomatik und der Unruhe an, um eine verbesserte Teilhabefähigkeit und Besserung der sozialen Prognose zu erreichen. Die Erkrankung sei schwerwiegend. Bei adultem ADS, Restless-legs-Syndrom und chronischen neuropathischen Schmerzen bestehe unbehandelt eine deutliche Beeinträchtigung der Alltagsfertigkeiten und der Lebensqualität. Infolgedessen habe bereits früher eine Polytoxikomanie (Polamidon bis Sommer 2017) bestanden. Als aktuelle Medikation gab er 3 x 10 mg Morphin an. Therapien mit Tilidin, Pregabalin, L-Dopa, Doxepin, Amphetaminpräparaten und Levomepromazin seien jeweils ohne Effekt geblieben bzw. hätten nicht tolerable Nebenwirkungen gezeigt. Auf die Frage, warum nach persönlicher Einschätzung unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsoptionen nicht eingesetzt werden könnten, gab er an, das zur Verfügung stehende Behandlungsspektrum sei ausgeschöpft.
Die Beklagte veranlasste ein sozialmedizinisches Gutachten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Ausweislich seines Gutachtens vom 21. Februar 2018 sah H1 die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht vollständig erfüllt. Zwar entspreche die Verordnung von Cannabisblüten den Zubereitungen, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung eingesetzt werden könnten und nach den Angaben zum Verlauf sei von einer „schwerwiegenden Erkrankung“ auszugehen, es könne jedoch nicht bestätigt werden, dass allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapiealternativen ausgeschöpft seien. Als medizinischem Standard entsprechende Leistungen kämen schmerztherapeutische Mitbehandlung in Betracht, erneute orthopädische bzw. neurochirurgische Vorstellung, ggf. weitere Abklärung des ADS mit ggf. medikamentöser Therapie und Verhaltenstherapie sowie zusätzlich der regelmäßige Besuch einer Suchtberatungsstelle und ggf. Suchttherapie. Es bestehe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht, mit dem beantragten Cannabisprodukt eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome des chronischen Schmerzsyndroms zu erzielen. Zu beachten sei, dass im Rahmen einer Polytoxikomanie bereits zu einem früheren Zeitpunkt über mehrere Jahre ein Cannabiskonsum bestand. Nach der Gesetzesbegründung solle das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit aber so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Mit Bescheid vom 26. Februar 2018 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers gestützt auf das Gutachten H1 ab. Hiergegen erhob der Kläger mit dem Hinweis Widerspruch, dass zur Bekämpfung der chronischen neuropathischen Schmerzen bereits mit Morphin gearbeitet werde und die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 SGB V daher vorlägen. Er legte das an seinen Prozessbevollmächtigten gerichtete Schreiben R1 vom 18. Mai 2018 vor, der davon berichtete, dass der Kläger sich erstmals im Januar 2018 vorgestellt habe, nachdem seitens verschiedener Ärzte schmerztherapeutische und neurologische Behandlungen durchgeführt worden seien. Zuletzt sei eine Schmerztherapie durch eine Kollegin in B2 erfolgt, die auch Opiate und Cannabispräparate verordnet habe. Bei seiner Vorstellung sei der Kläger auf der Suche nach einer Möglichkeit gewesen, Opiat- und Cannabisverordnung wohnortnäher zu erhalten, weshalb er –R1 – einen entsprechenden Antrag auf Kostenübernahme gestellt habe. Detailliertere Angaben zu Art und Ausmaß der früheren Behandlungen sowie den jeweiligen Abbruchgründen lägen ihm nicht vor. Die Beklagte veranlasste eine weitere Stellungnahme des MDK, wobei M1 ausweislich seines Gutachtens vom 12. Juni 2018 die Voraussetzungen für die beantragte Leistung gleichermaßen nicht als erfüllt sah, da zu allen Einzeldiagnosen eine qualifizierte Studienlage zu pharmakologischer und nicht pharmakologischer Therapie nach Leitlinien existierten. Hinweise darauf, dass diese Therapien ausgeschöpft oder nicht anwendbar seien, ergäben sich aus den Unterlagen nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2018 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gestützt auf die Gutachten des H1 und des M1 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. August 2018 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage und legte das (ausführliche) Attest S1 vom 31. Januar 2019 nebst zahlreichen medizinischen Unterlagen vor. Seinen Ausführungen zufolge stand der Kläger bei Z.n. früherem Opiatabusus von Januar 1997 bis Oktober 2013 zur Substitution in seiner Behandlung, sei dann in die Behandlung R2 gewechselt und habe 2017 auf eigene Initiative „kalt“ entzogen. Seither sei der Kläger frei von psychotropen illegalen Rauschmitteln. Er führte die im Laufe der Jahre aufgetretenen Erkrankungen und die deshalb erfolgten Behandlungen auf und vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Verordnung von Cannabis erfüllt seien. Im weiteren Verlauf legte der Kläger den Bericht des nunmehr behandelnden C1 vom 20. Dezember 2019 vor, wonach der Kläger seit 2. August 2019 auf der Grundlage des ausführlichen fachärztlichen Attestes S1 Rezepte zum Bezug einer Cannabiszubereitung erhalte, und nachfolgend dessen weiteren Bericht vom 7. Juni 2020. Schließlich legte der Kläger die Ausführungen H2 vom 19. Oktober 2020 mit dem Hinweis vor, nunmehr von diesem als Cannabis-Patient übernommen worden zu sein.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte das Gutachten B1 (MDK) vom 25. März 2019 vor, der unter Auswertung der medizinischen Unterlagen S1 ausführte, dass die allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Therapiealternativen nicht ausgeschöpft seien. Bezüglich des ADS seien weder Methylphenidat noch Atomoxetin eingesetzt worden. Für beide Arzneimittel bestehe keine Kontraindikation. Bei früherer Suchterkrankung könne primär Atomoxetin eingesetzt werden. Bezüglich des Restless-legs-Syndrom stünden Dopamin-Antagonisten (Ropinirol, Pramipexol, Rotigotin) zur Verfügung und hinsichtlich der chronischen Schmerzen seien insbesondere die Durchführung einer spezifisch schmerztherapeutischen multimodalen Therapie (u.a. mit Eruierung des Schmerzcharakters, der im Vordergrund stehenden Schmerzlokalisation unter Führung eines Schmerztagebuchs) sowie einer Psychotherapie nicht ersichtlich. Darüber hinaus sei die formal begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes, wonach Behandlungsalternativen nicht zum Einsatz kommen könnten, nicht nachvollziehbar, da wesentliche der genannten Therapiealternativen nicht diskutiert würden. Die Ausführungen R1 erfüllten die Anforderungen an eine „begründete Einschätzung“ des behandelnden Vertragsarztes daher nicht. Ein Leistungsanspruch könne im Übrigen nicht damit begründet werden, dass die Therapie im Einzelfall erfolgreich sei. Die Beklagte legte schließlich das weitere Gutachten des B1 vom 30. November 2020 vor.
Das SG hörte C1 schriftlich als sachverständigen Zeugen an, der in seiner Auskunft vom 6. August 2020 berichtete, dass der Kläger sich beim Erstkontakt am 2. August 2019 in reduziertem Gewichts- und Allgemeinzustand mit chronischen Schmerzen über der HWS und mit Zahnverlust im gesamten Oberkiefer befunden habe. Im Vordergrund der Beschwerden hätten Belastungsatemnot und quälende Atemnotattacken gestanden. Der Kläger habe berichtet, er fürchte am meisten die immer wieder auftretenden Atemnotanfälle mit Erstickungsangst. Hiergegen sei Cannabis (zur Inhalation) am besten. Eine fachärztliche Verordnung hierfür sei zuletzt durch S1 erfolgt. Therapiemöglichkeiten seien aus seiner Sicht die regelmäßige fachärztliche Betreuung beim Pulmologen, strikte Nikotinkarenz sowie die Inhalation mit Spiriva. Er habe den Kläger dem Lungenfacharzt zugeführt, der die genannte Therapie eingeleitet habe. Vollzogen sei inzwischen auch die Zahnsanierung. An weiteren Optionen nannte er neurologische Mitbetreuung und fachärztliche Betreuung für die Rückenschmerzen (Orthopädie, Neurochirurgie). Cannabis habe er vorübergehend verordnet, auch im Hinblick darauf, dass diese Therapie keine Dauerlösung darstelle.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2021 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Anspruchsvoraussetzungen des § 31 Abs. 6 SGB V seien nicht erfüllt. Es liege weder eine vertragsärztliche Verordnung vor noch eine begründete Einschätzung des behandelnden und verordnenden Vertragsarztes, wonach allgemein anerkannte Standardtherapien im Einzelfall nicht zur Anwendung kommen könnten. Erforderlich sei eine Beurteilung des behandelnden Arztes unter Auseinandersetzung mit den individuellen Verhältnissen des Versicherten unter Abwägung der bisherigen Therapieversuche, der konkret zu erwartenden Nebenwirkungen der Standardtherapie und Nebenwirkungen der Cannabinoidtherapie. Hieran fehle es. Weder R1 als antragstellender Arzt noch nachfolgend C1 und der H2 hätten im Sinne der gesetzlichen Vorgabe eine begründete Einschätzung abzugeben vermocht. R1 habe den Kläger erstmals im Januar 2018 behandelt und habe konkrete Angaben zu früheren erfolglosen Therapieversuchen nicht machen können. Entsprechendes gelte C1, der sich nur auf die Angaben des Klägers habe berufen können. H2 habe eingeräumt, den Kläger zur Klärung weiterer Therapieoptionen an einen Schmerztherapeuten überwiesen zu haben. Die behandelnden Ärzte hätten sich jeweils nur allgemein darauf berufen, dass bereits zuvor eine Behandlung mit Cannabinoiden durchgeführt worden seien, ohne jedoch eine qualifizierte Einschätzung aus eigener Sachkunde und Prüfung vorzunehmen.
Hiergegen hat der Kläger am 11. August 2021 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt und zu deren Begründung vorgetragen, dass dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegenstehe, dass lediglich eine privatärztliche Verordnung vorliege. Es sei zu berücksichtigen, dass in seinem Fall mit einer vom Normalfall abweichenden Biografie und einer ungewöhnlichen Kombination verschiedener Erkrankungen nur wenige Ärzte zur Verfügung stünden, die eine angemessene medizinische Versorgung leisten könnten. Dies gelte insbesondere im Zusammenhang mit der erst seit März 2017 möglichen Verordnung von Medizinal-Cannabis. Die Gutachter des MDK hätten nicht infrage gestellt, dass Cannabis als Therapieform erfolgreich eingesetzt worden sei und nicht in dem gebotenen Maße berücksichtigt, dass die in Betracht gezogenen Therapiealternativen entweder nicht den gewünschten medizinischen Erfolg erbracht hätten und/oder mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden gewesen seien. Er bestreite im Übrigen, dass es überhaupt noch erfolgversprechende alternative Behandlungsmöglichkeiten gebe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22. Juli 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. August 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Genehmigung der vertragsärztlichen Verordnung von Cannabisblüten, 2 g pro Tag zur Inhalation zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Berichterstatterin des Senats hat mit den Beteiligten am 3. Juni 2022 einen Erörterungstermin durchgeführt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 105, 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn er begehrt mit der Versorgung mit Cannabisblüten nach ärztlicher Verordnung laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
2. Das klägerische Begehren (§ 123 SGG) ist auf die Erteilung der von der Beklagten versagten Genehmigung der vertragsärztlichen Verordnung von Cannabisblüten als Voraussetzung für einen Sachleistungsanspruch nach § 31 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V gerichtet. Sowohl die Ablehnung der begehrten Genehmigung als auch ihre Erteilung sind Verwaltungsakte (§ 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Hierfür ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 56 SGG) die statthafte Klageart (BSG, Urteil vom 10. November 2022 – B 1 KR 21/21 R – juris, Rn. 19). Den im Klageverfahren mit der Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) daneben (§ 56 SGG) noch verfolgten Kostenerstattungsanspruch hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht. Denn er hat sein Begehren auf die „Versorgung mit Cannabisblüten als Sachleistung“ beschränkt. Streitbefangen ist der die Genehmigung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2018 (§ 95 SGG).
3. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung der Versorgung mit Cannabisblüten zur Inhalation mit einer Tagesdosis von 2,0 g.
a) Rechtsgrundlage der begehrten Genehmigung für die vertragsärztliche Verordnung von Cannabisblüten ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 31 Abs. 6 SGB V. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 31 SGB V). Gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standarisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon, wenn (1.) eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht (a) oder (b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, (2.) eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist (§ 31 Abs. 6 Satz 2 SGB V).
b) Der Kläger leidet zwar an einer schwerwiegenden Erkrankung i.S. von § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V (hierzu aa). Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen für die beim Kläger bestehenden Erkrankungen nicht zur Verfügung stehen (§ 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1a SGB V). Auch besteht kein Anwendungsausschluss nach § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b SGB V (hierzu bb).
aa) Anhaltspunkte für die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Klägers sind nach den medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Klageverfahren nicht ersichtlich. Die Annahme einer schwerwiegenden Erkrankung erfordert, dass die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt ist. Maßgebend dafür sind die durch die Erkrankung hervorgerufenen Funktionsstörungen und -verluste, Schmerzen, Schwäche und Hilfebedarfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens, die sich durch ihre Schwere vom Durchschnitt der Erkrankungen abheben müssen. Ein Grad der Schädigung (GdS) bzw. Grad der Behinderung (GdB) von 50 für die mit Cannabis zu behandelnden Erkrankungen nach der GdS-Tabelle aus Teil 2 der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) kann dafür als Anhaltspunkt dienen, ist aber nicht als starrer Grenzwert zu verstehen. Entscheidend sind die in der GdS-Tabelle enthaltenen Kriterien zur Schwere der Beeinträchtigungen aufgrund der Auswirkungen einer Erkrankung (ausführlich dazu BSG, Urteil vom 10. November 2022 – B 1 KR 21/21 R – juris, Rn. 22 m.w.N.). Zudem hat das BSG entschieden (Urteil vom 10. November 2022 – B 1 KR 19/22 R – Rn. 16), dass dann, wenn die Auswirkungen der mit Cannabis zu behandelnden Erkrankung nicht die Schwere des Einzel-GdS von 50 erreicht, die Annahme einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht ausgeschlossen ist. Soll Cannabis zur Behandlung mehrerer Erkrankungen oder Symptome eingesetzt werden, ist auf deren Gesamtauswirkungen abzustellen. Schränken sich gegebenenfalls überschneidende und/oder einander wechselseitig verstärkende Auswirkungen die Lebensqualität insgesamt in einer einem Einzel-GdS 50 vergleichbaren Schwere ein, kann grundsätzlich auch vom Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung ausgegangen werden. Sie kommt im Einzelfall in Betracht, etwa wenn ihre Auswirkungen aufgrund weiterer Erkrankungen, zu deren Behandlung kein Einsatz von Cannabis geplant ist, schwerer wiegen oder die Teilhabe am Arbeitsleben oder in einem anderen Bereich besonders einschränken.
Der Kläger leidet bei Z.n. nach Polytoxikomanie an einer Kombination aus chronischer Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren, Restless-legs-Syndrom und ADS sowie u.a. an einem Lungenemphysem. Dabei kann von einer schwerwiegenden Erkrankung im o.g. Sinne ausgegangen werden. Der Senat stützt sich hierbei auf die MDK-Gutachten H1 und des M1 vom 21. Februar 2018 bzw. 12. Juni 2018, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten (vgl. etwa BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 29/13 R – juris, Rn. 19; BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51; zur Heranziehbarkeit als gerichtliche Entscheidungsgrundlage: BSG, Beschluss vom 22. Dezember 2021 – B 5 R 175/21 B – juris, Rn. 7; Urteil vom 12. Dezember 2000 – B 3 P 5/00 R – juris, Rn. 13). Diese gingen übereinstimmend davon aus, dass sich der aus diesen Erkrankungen abzuleitende Symptomkomplex im Sinne der genannten Regelung als eine schwerwiegende Erkrankung darstellt. Auch B1 ging in seinen Gutachten vom 25. März 2019 und 30. November 2020 nach Auswertung der im Klageverfahren zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen vom Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung aus.
bb) Die Genehmigung einer Cannabis-Verordnung setzt jedoch voraus, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung entweder nicht zur Verfügung steht (§ 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1a SGB V) oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes nicht zur Anwendung kommen kann (§ 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b SGB V). Beide alternativ zu betrachtenden Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.
Die Voraussetzung des Fehlens einer Standardtherapie knüpft an die Vorschrift des § 2 Abs. 1a SGB V an (BT-Drs. 18/8965, Seite 24). Insoweit ist für die Beurteilung des Vorhandenseins einer dem medizinischen Standard entsprechenden Leistung auf die Grundsätze zur evidenzbasierten Medizin abzustellen. Eine Standardtherapie steht nicht zur Verfügung, wenn es sie generell nicht gibt, sie im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil der Versicherte sie nachgewiesenermaßen nicht verträgt oder erhebliche gesundheitliche Risiken bestehen oder sie trotz ordnungsgemäßer Anwendung im Hinblick auf das beim Patienten angestrebte Behandlungsziel ohne Erfolg geblieben ist (BSG, Urteil vom 10. November 2022 – B 1 KR 21/21 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in diesem Zusammenhang bestätigt, dass mit Blick auf die Ähnlichkeit der Normstruktur der §§ 31 Abs. 6, 2 Abs. 1a SGB V es nicht willkürlich (Art 3 Abs. 1 Grundgesetz <GG>) ist, wenn sich die Fachgerichte bei der Auslegung des § 31 Abs. 6 SGB V an die Rechtsprechung zu § 2 Abs. 1a SGB V anlehnen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Juni 2018 – 1 BvR 733/18 – juris). Dabei ist weiter zu beachten, dass Voraussetzung für die Annahme, dass eine anerkannte Standardtherapie i.S.v. § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b SGB V nicht zur Anwendung kommen kann, ist, dass aufgrund individueller Umstände der Eintritt konkret zu erwartender Nebenwirkungen aufgezeigt wird, die aufgrund einer individuellen Abschätzung als unzumutbar anzusehen sind. Zur Begründung eines Anspruchs auf Versorgung mit Medizinal-Cannabis genügt es daher nicht, wenn nur allgemein auf die Möglichkeit des Eintritts von Nebenwirkungen bei Einsatz eines anerkannten und dem medizinischen Standard entsprechenden Arzneimittels verwiesen wird (Senatsurteil vom 26. Februar 2021 – L 4 KR 1701/20 – juris, Rn. 31 m.w.N.).
aa) Standardtherapien zur Behandlung der chronischen Schmerzsymptomatik, des Restless-legs-Syndrom und des ADS mit dem Behandlungsziel der Linderung von Schmerzsymptomatik und Unruhe, das von R1 im Arztfragebogen vom 26. Januar 2018 als Indikation für die Cannabisbehandlung angegeben wurde, stehen tatsächlich zur Verfügung. Dies entnimmt der Senat den MDK-Gutachten H1 vom 21. Februar 2018, M1 vom 12. Juni 2018 sowie B1 vom 25. März 2019 und 30. November 2020, die der Senat - wie bereits dargelegt - im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte.
Danach erfolgt die Arzneimitteltherapie chronischer nozizeptiver Schmerzen in Übereinstimmung mit dem WHO-Stufenschema leitliniengerecht (AWMF S1-Leitlinien „Chronischer Schmerz“ und „Diagnostik neuropathischer Schmerzen“) gestuft mittels Nicht-Opioidanalgetika, nieder- und hochpotenten Opioidanalgetika. Im Hinblick auf die bei der diagnostizierten chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren mitursächliche orthopädisch/neurologische Genese stehen aktivierende Maßnahmen wie Physiotherapie oder Funktionstraining, physikalische Therapien sowie Entspannungsverfahren zur Verfügung. Zur Behandlung der psychischen Veränderungen, durch die die Schmerzen negativ beeinflusst werden, kommt Psychotherapie in Betracht. Schließlich stehen multimodale interdisziplinäre Therapien zur Verfügung, die im Stufenschema ambulant und stationär erfolgen können.
Zur pharmakologischen Therapie bei Restless-legs-Syndrom stehen Dopaminagonisten wie Pramipexol, Popinirol und Rotigotin sowie darüberhinaus Gabapentin und Pregabalin zur Verfügung.
Die Behandlung des ADS erfolgt leitliniengerecht (AWMF S3-Leitlinie „ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“) mittels Psychoedukation und ggf. Pharmakotherapie, wobei für Erwachsene Methylphenidat und Atomoxetin zur Verfügung stehen.
bb) Wenn jedoch – wie vorliegend – allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen zur Verfügung stehen, kommt ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabisblüten nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b SGB V vorliegen, also diese Leistungen im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Versicherten nicht zur Anwendung kommen können. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Eine diese Annahme stützende begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes i.S.d. Nr. 1b liegt nicht vor.
(1) Krankenkassen und Gerichte dürfen die vom Vertragsarzt abgegebene begründete Einschätzung nur daraufhin überprüfen, ob die erforderlichen Angaben als Grundlage der Abwägung vollständig und inhaltlich nachvollziehbar sind, und das Abwägungsergebnis nicht völlig unplausibel ist. Die dem Vertragsarzt eingeräumte Einschätzungsprärogative schließt eine weitergehende Prüfung des Abwägungsergebnisses auf Richtigkeit aus. Insbesondere steht es Krankenkassen und Gerichten nicht zu, die Anwendbarkeit einer verfügbaren Standardtherapie selbst zu beurteilen und diese Beurteilung an die Stelle der Abwägung des Vertragsarztes zu setzen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den der Abwägung zugrundeliegenden Tatsachen, die maßgeblich für die Frage sind, ob eine Standardtherapie zur Anwendung kommen kann, und der Abwägung selbst. Der Vertragsarzt hat dabei zunächst die zu erwartenden oder bereits aufgetretenen Nebenwirkungen der zur Verfügung stehenden, allgemein anerkannten und dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen und den Krankheitszustand darzustellen. Der Krankheitszustand ist mit den bestehenden Funktions- und Fähigkeitseinschränkungen aufgrund eigener Untersuchung des Patienten und gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Befunden anderer behandelnder Ärzte zu beschreiben. Hierzu gehört auch ein eventueller Suchtmittelgebrauch in der Vergangenheit sowie das Bestehen oder der Verdacht einer Suchtmittelabhängigkeit. Der Vertragsarzt muss die mit Cannabis zu behandelnde(n) Erkrankung(en), ihre Symptome und das angestrebte Behandlungsziel sowie die bereits angewendeten Standardbehandlungen, deren Erfolg im Hinblick auf das Behandlungsziel und dabei aufgetretene Nebenwirkungen benennen. Der Vertragsarzt kann dazu auch seine Patientendokumentation und die Befunde anderer behandelnder Ärzte der begründeten Einschätzung beifügen und auf diese verweisen (BSG, Urteil vom 10. November 2022 – B 1 KR 28/21 R – juris, Rn. 33, 37). An die begründete Einschätzung sind hohe Anforderungen zu stellen. § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b SGB V stellt klar, dass es zwar auf die Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes ankommt, ob Cannabis die verbleibende Behandlungsalternative ist. Die Beachtlichkeit seiner Einschätzung ist aber an das Erfordernis einer von ihm zu erbringenden Begründung gebunden, die eine Prüfung ihrer objektiven Grundlagen ermöglicht (BSG, a.a.O., Rn. 24, 28).
(2) Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Stellungnahme des R1 im Arztfragebogen zu Cannabinoiden vom 26. Januar 2018 nicht. R1 führte darin lediglich aus, dass das zur Verfügung stehende Behandlungsspektrum ausgeschöpft sei. Damit traf er bereits keine begründete Einschätzung in dem oben dargelegten Sinn. Er stellte weder die zur Verfügung stehenden allgemein anerkannten und dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen dar, noch die in Bezug hierauf zu erwartenden oder bereits aufgetretenen Nebenwirkungen und nahm auch keine Abwägung mit den Nebenwirkungen der Cannabistherapie unter Berücksichtigung der früheren Suchtmittelabhängigkeit vor.
Soweit R1 Angaben zu den bisherigen Therapien („Tilidin, Pregabalin, L-Dopa, Doxepin, Amphetaminpräparate und Levomepromazin“) und deren Erfolg („jeweils ohne Effekt bzw. nicht tolerable Nebenwirkungen“) machte, teilte er keine eigenen Feststellungen oder Einschätzungen mit, sondern bezog sich allein auf die eigenen Angaben des Klägers, der sich erstmals im Januar 2018 bei ihm vorgestellt hatte. In diesem Sinne führte er in seinem Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. Mai 2018 aus, detaillierte Angaben zu Art und Ausmaß der früheren Behandlungen sowie der jeweiligen Abbruchgründe lägen ihm nicht. Hintergrund des bei der Krankenkasse gestellten Antrags auf Kostenübernahme der Cannabinoide war – so seine Ausführungen – der Wunsch des Klägers, Opiat- und Cannabisverordnungen wohnortnäher zu erhalten.
Eine begründete Einschätzung, dass allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungen unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Versicherten und unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen nicht zur Anwendung kommen können, traf auch C1 nicht, bei dem der Kläger nachfolgend in Behandlung stand. C1 Legte weder in seinem Bericht vom 20. Dezember 2019 noch im Rahmen seiner Ausführungen als sachverständiger Zeuge gegenüber dem SG (Auskunft vom 6. August 2020) dar, aus welchen Gründen die im einzelnen vorhandenen Standardtherapien nicht zum Einsatz kommen können. Er bezog sich wiederum lediglich auf die eigenen Angaben des Klägers, wonach die „üblichen Opiate wirkungslos“ seien bzw. „sämtliche Standardtherapien“ ihn nicht vor seinem schlechten Zustand im August 2019 hätten bewahren können. Vor diesem Hintergrund und seiner Auffassung, dass die Behandlung mit Cannabinoiden keine Dauerlösung darstelle – so seine Angaben gegenüber dem SG als sachverständiger Zeuge – verordnete er die Cannabistherapie lediglich „überbrückend“ weiter, um den Kläger nach seiner Stabilisierung auf konventionelle Therapien zurückzuführen. Damit geht C1 offenbar selbst nicht davon aus, dass beim Kläger zur Behandlung seiner Erkrankungen Standardtherapien nicht zum Einsatz kommen können.
Eine begründete Einschätzung im Sinne des § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b SGB V traf schließlich auch des H2 bei dem der Kläger seit Mai 2020 in Behandlung steht, im Rahmen seinen Ausführungen vom 19. Oktober 2020 nicht. Er führte zahlreiche pharmakologische Therapieversuche auf, die in wechselnder Zusammensetzung und Dosierung nicht den gewünschten Erfolg gebracht hätten, und konstatierte, dass die Standardtherapien jahrelang durchgeführt worden seien, jedoch zu starken Nebenwirkungen geführt hätten, wodurch der Kläger in seinen kognitiven Funktionen stark eingeschränkt und arbeitsunfähig gewesen sei sowie nicht am sozialen Leben habe teilhaben können. Der Kläger sei nunmehr zur Überprüfung weiterer Therapieoptionen an einen Schmerztherapeuten überwiesen worden. Dies zeigt auf, dass aus Sicht des behandelnden H2 im Hinblick auf die Schmerzsymptomatik des Klägers durchaus noch Behandlungsoptionen vorhanden waren. Das Behandlungsspektrum an Standardtherapien mithin weder zum Zeitpunkt der Antragstellung Anfang 2018 noch im Jahr 2020 erfolglos ausgeschöpft war.
(3) Auch darüber hinaus lässt sich den vorliegenden Arztbriefen nicht entnehmen, dass medizinische Standardtherapien im Falle des Klägers nicht zur Anwendung kommen könnten.
(4) Lediglich klarstellend wird darauf hingewiesen, dass vorliegend auch der Genehmigungsvorbehalt nicht entfallen ist. Zwar wurde mit Wirkung zum 27. Juli 2023 durch Art. 2 Nr. 1 Buchst. d des Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz – ALBVVG) vom 19. Juli 2023 (BGBl. I 2023, Nr. 197, S. 1 ff.) in § 31 SGB V die Regelung des Abs. 7 eingefügt, wonach der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB V entfällt, regelt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat jedoch mit Beschluss vom 7. November 2023 bislang nur die Einleitung eines Stellungnahmeverfahrens zur Änderung der „Arzneimittel-Richtlinie: Abschnitt N § 45 (Genehmigungsvorbehalt Cannabisarzneimittel)“ beschlossen (https://www.g-ba.de/beschluesse/6270/). Zwar ist die Stellungnahmefrist abgelaufen (11. Dezember 2023; vgl. Bekanntmachung vom 7. November 2023 - a.a.O.), eine entsprechende Richtlinie nach § 31 Abs. 7 SGB V i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V wurde aber bislang noch nicht erlassen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 1828/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2613/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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