Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. November 2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Fortsetzung des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Mannheim (SG <S 9 SO 771/23>) unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Übernahme von Behandlungskosten seiner früheren Partnerin und des gemeinsamen Kindes während des stationären Aufenthalts vom 29.09.2022 bis zum 11.10.2022 in der Medizinischen Fakultät der Universitätsmedizin M1.
Die 1997 geborene T1 (im Folgenden: T), die damalige Lebenspartnerin des Klägers, ist thailändische Staatsangehörige. Sie reiste am 17.07.2022 zusammen mit ihrer 2017 geborenen Tochter in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 19.08.2022 beantragte sie für sich und ihre Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie war damals im 8. Monat schwanger und lebte seit dem 11.08.2022 mit dem Vater des noch ungeborenen Kindes, dem Kläger, einem deutschen Staatsangehörigen, in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in M1 zusammen, für die eine Grundmiete i.H.v. 380 €, eine Heizkostenvorauszahlung i.H.v. 80 € und eine Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 70 € zu zahlen war. Der Kläger stand bislang nicht im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Er übte seit 01.10.2003 eine selbstständige Tätigkeit im Bereich Promotion aus und gab dazu an, dass T aufgrund der Schwangerschaft auf eine gesetzliche Krankenkasse angewiesen sei. Nach einer persönlichen Vorsprache beim Jobcenter legte der Kläger am 18.08.2022 die Anlage zur vorläufigen oder abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft im Bewilligungszeitraum (EKS) vor.
Die AOK M1 lehnte mit Schreiben vom 29.08.2022 den von T gestellten Antrag auf eine freiwillige Versicherung mangels erfüllter Vorversicherungszeiten ab. Eine von ihr diesbezüglich begehrte einstweilige Anordnung, die AOK B1 zu verpflichten, sie in die freiwillige Versicherung aufzunehmen, lehnte das SG mit Beschluss vom 09.09.2022 ab. Die Beschwerde hiergegen blieb erfolglos (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.09.2022 - L 5 KR 2745/22 ER-B -).
Das Jobcenter M1 lehnte den Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen mit einem an den Kläger gerichteten Bescheid vom 06.09.2022 für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, zu der es ausweislich des beigefügten Berechnungsbogens den Kläger, die T und deren Kind zählte, mangels Hilfebedürftigkeit ab. Aufgrund der Höhe des anzurechnenden Einkommens bestehe keine Hilfebedürftigkeit. Dabei legte das Jobcenter bei der Bedarfsberechnung einen Regelbedarf von 1.093 €, einen Mehrbedarf für werdende Mütter von 68,68 € auf Seiten der T und Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 500,01 € (insgesamt 1.661,69 €) zugrunde. Dem stehe ein um Freibeträge bereinigtes Erwerbseinkommen von 2.191 € gegenüber (Berechnung für August 2022). Aufgrund der Höhe des anzurechnenden Einkommens bestehe keine Hilfebedürftigkeit. Dabei legte das Jobcenter bei der Bedarfsberechnung einen Regelbedarf von 1.093 €, einen Mehrbedarf für werdende Mütter von 68,68 € auf Seiten der T und Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 500,01 € (insgesamt 1.661,69 €) zugrunde. Dem stehe ein um Freibeträge bereinigtes Erwerbseinkommen von 2.191 € gegenüber (Berechnung für August 2022).
Ausweislich des beim SG am 06.09.2022 eingegangenen Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte (allein) die T die Zahlung von Leistungen nach dem SGB II. Das SG lehnte den Antrag mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes mit Beschluss vom 15.09.2022 (S 16 AS 1749/22 ER) ab. T habe nicht dargelegt, dass ihr ohne eine Eilentscheidung wesentliche Nachteile drohten und es ihr infolgedessen unzumutbar sei, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Mit der dagegen erhobenen Beschwerde zum LSG Baden-Württemberg wurde vom Kläger geltend gemacht, der Antrag sei gestellt worden, weil T dadurch automatisch (kranken-)versichert wäre. Er sichere zu, die Mitgliedsbeiträge einer freiwilligen Versicherung komplett zu übernehmen. Die Corona-Pandemie belaste Unternehmen jeder Größe und besonders Solo-Selbstständige und freiberuflich Tätige. Hinzu komme der Ukraine-Krieg. Die Beschwerde wurde vom LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 07.10.2022 (L 9 AS 2746/22 ER-B) zurückgewiesen. Es seien weder der Anordnungsanspruch noch der Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass T1 hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II sei.
Diese verfüge selbst über kein eigenes Einkommen und auch für deren Tochter sei lediglich Kindergeld beantragt. Allerdings erziele der Kläger ein anzurechnendes Einkommen von 1.914,17 € monatlich, das den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1.661,61 € übersteige. Damit sei eine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II der T. nicht belegt und damit seien auch die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld II nicht gegeben. Einen Zuschuss zu einer privaten Krankenversicherung (§ 26 Abs. 1 SGB II) habe T. nicht geltend gemacht und auch nicht beantragt, da sie mit der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erreichen wolle. Neben einem derzeit nicht belegten Anordnungsanspruch der T auf Arbeitslosengeld II sei von ihr auch ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Insbesondere hätte hierzu die Darlegung und die Glaubhaftmachung gehört, dass ihr unzumutbare und nicht wiedergutzumachende Nachteile drohten, wenn die begehrte Anordnung unterbleibe und ihr oder ihrem zukünftigen Ehemann und Kindsvater nicht die Mittel zur Verfügung stünden, bezogen auf die Kosten der Geburt in Vorleistung zu treten, und dass solche auch nicht beschafft werden könnten. Hierzu habe T weder zu ihren eigenen Verhältnissen noch zu denen des Kindsvaters Angaben gemacht. Die allgemein gehaltenen Einlassungen in der Beschwerde genügten hierfür nicht. Wie bereits der 5. Senat des LSG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 30.09.2022 (B 5 KR 2745/22 ER-B) habe auch der erkennende Senat keine Notwendigkeit gesehen, den Sozialhilfeträger für die Gewährung von Krankenhilfe beizuladen.
2022 wurde T2, das gemeinsame Kind des Klägers und der T geboren. Für die stationäre Behandlung im Zeitraum 29.09.2022 bis 11.10.2022 fielen Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 3.944,14€ an, die T in Rechnung gestellt wurden (Rechnungen der medizinischen Fakultät der Universitätsmedizin M1 <UMM> vom 12.10.2022).
Am 04.10.2022 beantragte der Kläger für sich, T und deren Tochter der Bedarfsgemeinschaft bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB Xll). Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 06.12.2022, der an T adressiert war, ab und führte zur Begründung aus, aufgrund ihres Alters könnte ein Anspruch nach den SGB II bestehen. Eine Schwangerschaft schließe die grundsätzliche Erwerbsfähigkeit nicht aus. Daher sei weiterhin der zuständige Leistungsträger bei bestehender Bedürftigkeit der SGB II-Leistungsträger, in M1, das Jobcenter. T werde daher gebeten, sich umgehend an das Jobcenter M1 zu wenden und dort einen Antrag auf Sozialhilfeleistungen zu stellen. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 13.02.2023 Widerspruch, der zunächst nicht verbeschieden wurde.
Am 18.04.2023 erhob der Kläger für sich, zugleich für T. und das gemeinsame Kind beim SG eine Untätigkeitsklage (S 9 SO 771/23) und machte sinngemäß geltend, das beklagte Sozialamt habe bezüglich der Ablehnung ihrer Anträge auf Hilfe zur Gesundheit und Krankenversicherung noch keinen Widerspruchsbescheid erteilt. Die Familie erhalte für den Geburtsmonat der gemeinsamen Tochter (Oktober 2022) noch keine Unterstützung vom Jobcenter, sondern erst ab dem Monat November 2022. Seiner schwangeren Frau sei die Krankenversicherung verweigert worden, während andere Ausländer ohne Vorversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen würden.
Mit Verfügung vom 07.08.2023 wies das SG darauf hin, dass die Auffassung der Beklagten insoweit geteilt werde, dass diese für eine weitere Prüfung vollständige Angaben und Nachweise zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen aller drei Kläger/innen benötige. Da diese auch auf Nachfrage nicht vorgelegt wurden, lehnte das SG mit Beschluss vom 27.09.2023 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf Basis von § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 73a SGG für das Klageverfahren ab.
Die Beklagte wies – nach Sachstandsanfragen des Klägers und Nachfragen des SG bei der Beklagten – die Widersprüche der Widerspruchsführer/innen mit drei gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 22.12.2023 zurück. Die Widerspruchsbescheide wurde den Klägern am 30.12.2023 in einem einheitlichen Kuvert mit Postzustellungsurkunde an die gemeinsame Adresse zugestellt.
Mit Verfügung vom 17.01.2024 wies das SG die Kläger darauf hin, dass sich mit Blick auf den ergangenen Widerspruchsbescheid die Untätigkeitsklage erledigt haben dürfte. Es werde um Mitteilung gebeten, ob an der Untätigkeitsklage festgehalten oder diese zurückgenommen werde. Das SG wies darauf hin, dass, falls die Kläger mit der im Widerspruchsbescheid getroffenen Regelung inhaltlich nicht einverstanden sein sollten, sie die Untätigkeitsklage umstellen und als kombinierte Anfechtung- und Leistungsklage fortsetzen könnten. Alternativ hätten sie die Möglichkeit, beim Sozialgericht eine neue Klage einzureichen. Allerdings seien bei beiden Vorgehensweisen zwingend die einmonatige Klagefrist und die Hinweise aus der dem Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung zu beachten. Eine Reaktion der Kläger hierauf erfolgte nicht.
Mit weiterem Hinweisschreiben vom 19.02.2024 wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass die von ihnen erhobene Klage nur als Untätigkeitsklage (§ 88 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) sachdienlich bzw. statthaft war und sich der Sache nach mit der Erteilung des Widerspruchsbescheides (22.12.2023) zwischenzeitlich erledigt habe. Da sie von der Möglichkeit, den Klageantrag umzustellen (Leistungsklage) bzw. gegen den genannten Widerspruchsbescheid eine separate Klage einzureichen innerhalb der einmonatigen Klagefrist, keinen Gebrauch gemacht hätten, werde angenommen, dass das Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens insgesamt entfallen sei. Vor diesem Hintergrund werde nun nach § 102 Abs. 2 SGG verfahren, wonach eine Klage als zurückgenommen gelte, wenn das Verfahren von den Klägerinnen bzw. dem Kläger trotz gerichtlicher Aufforderung länger als drei Monate nicht mehr betrieben werde. Die Kläger hätten Gelegenheit, falls Sie wider Erwarten an der Klage doch festhalten möchten, dies dem Sozialgericht innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung dieses Schreibens mitzuteilen. Es möge dann innerhalb der genannten Frist auch erläutert werden, mit welchem Ziel und mit welcher Begründung die Klage fortgesetzt werden solle. Das Verfahren werde nach fruchtlosem Ablauf der genannten Frist ohne weitere Mitteilung beendet. Auch auf diese Verfügung, die am 22.02.2024 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, erfolgte keine Reaktion. Das SG teilte dem Kläger, auch als Vertreter der anderen Kläger, daraufhin unter dem 23.05.2024 mit, dass nach fruchtlosem Ablauf der dreimonatigen Frist (vgl. Schreiben vom 19.02.2024) die Klage als zurückgenommen gelte. Das Verfahren sei damit beendet. Das Verfahren wurde vom SG am 23.05.2024 als erledigt aus der Prozessliste ausgetragen.
Gegen die „Entscheidung des SG vom 23.05.2024“ legte der Kläger am 29.08.2024 „Berufung“ beim LSG Baden-Württemberg (L 2 SO 2615/24) ein und nahm diese nach rechtlichem Hinweis am 14.11.2024 zurück.
Am 29.08.2024 hat sich (nur) der Kläger mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch an das SG gewandt, welches den Antrag als neues Klageverfahren S 9 SO 1662/24 in die Prozessliste eingetragen und weitergeführt hat. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, es sei ihm damals aufgrund außergewöhnlicher und unvorhersehbarer persönlicher Ereignisse nicht möglich gewesen, die Frist für eine Berufung einzuhalten. Die Mutter seiner Partnerin habe sich damals in einer akuten und lebensbedrohlichen Situation befunden und sei zwischenzeitlich verstorben. Deshalb habe die Familie seine uneingeschränkte Anwesenheit und Unterstützung benötigt, sodass er sich nicht rechtzeitig um das Verfahren habe kümmern können. Zum Beweis berufe er sich auf eine Sterbeurkunde, die er allerdings nicht beigefügt hat.
Das SG hat den Beteiligten am 02.09.2024 mitgeteilt, es betrachte das Schreiben des Klägers vom 29.08.2024 sowohl als Antrag auf Fortsetzung des durch fiktive Klagerücknahme abgeschlossenen Klageverfahrens S 9 SO 771/23 als auch als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den Bescheid vom 6.12.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023. Zudem hat das SG dem Kläger aufgegeben, zur Glaubhaftmachung der Wiedereinsetzungsvoraussetzungen eine eidesstattliche Versicherung vorzulegen, wonach er nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023 außerstande war, unter Wahrung einer einmonatigen Frist Klage zu erheben bzw. die Fortsetzung der seinerzeit laufenden Untätigkeitsklage zu erklären, er außerdem außerstande gewesen sei, auf die Gerichtsverfügung vom 19.02.2024 innerhalb der maßgeblichen Frist (Fristablauf am 22.5.2024) zu reagieren und sich dann erst am 29.08.2024 an das Sozialgericht gewandt habe. Am 30.09.2024 hat der Kläger sein Vorbringt wiederholt und vertieft, wieder ohne Nachreichung der Sterbeurkunde und ohne Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung.
Im Erörterungstermin vor dem SG am 12.11.2024 hat der Kläger angegeben, T sei seine frühere Lebensgefährtin, die Beziehung bestehe jetzt nicht mehr. Seine „Schwiegermutter“ sei Ende des Kalenderjahres 2023 sehr krank geworden. Er sei deswegen mit T und den beiden Kindern „Juni/Juli 2024“ nach Thailand gereist. Er habe hier „alles stehen und liegen gelassen“. Sie seien dann wieder zurückgekommen nach Deutschland, wo sie erfahren hätten, dass es der „Schwiegermutter“ wieder schlechter gehe, die bald darauf Ende August 2024 gestorben sei. Die Rechnungen des Klinikums wegen der Behandlung von T und des Kindes seien noch unbezahlt. Diesbezüglich seien Verfahren beim Amtsgericht anhängig. Seinerzeit habe er sich zunächst an die AOK gewandt, um den Krankenversicherungsschutz zu klären. Dies sei gescheitert. Auch das Jobcenter habe eine Kostenübernahme abgelehnt. Dies sei der Hintergrund des vorliegenden Klageverfahrens gegen das Sozialamt.
Der Kläger hat vor dem SG sinngemäß gefasst beantragt,
a) festzustellen, dass das Klageverfahren S 9 SO 771/23 nicht durch eine fiktive
Klagerücknahme beendet worden ist,
b) ihm bezüglich der durch die Zustellung des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023 ausgelösten Frist zur Umstellung der Untätigkeitsklage in eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage und bezüglich der Betreibensaufforderung vom 19.02.2024 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und
c) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023 zu verurteilen, die anlässlich der stationären Behandlung seiner damaligen Partnerin bzw. des gemeinsamen Kindes in der Universitätsklinik M1 (29.09.2022 bis zum 11.10.2022) in Rechnung gestellten Kosten zu übernehmen bzw. ihn durch Zahlung der Rechnungsbeträge an die Universitätsklinik M1 von diesen Kosten freizustellen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage sei bereits unzulässig, denn die Angelegenheit betreffe nicht (nur) den Kläger, sondern auch seine ehemalige Partnerin und die gemeinsame Tochter. Insoweit fehle dem Kläger die erforderliche Klagebefugnis, denn T und die gemeinsame Tochter müssten selbst Klage erheben, wenn sie mit der im Widerspruchsbescheid getroffenen Regelung nicht einverstanden seien. Bei der Ausfertigung des Widerspruchsbescheides sei sorgfältig darauf geachtet worden, drei Exemplare des Widerspruchsbescheides an die gemeinsame Adresse des Klägers und seiner damaligen Partnerin zu versenden. Unabhängig hiervon sei die Klage aber auch unbegründet, da der Widerspruchsbescheid bestandskräftig geworden sei. Schließlich habe der Kläger auch inhaltlich keinen Anspruch auf Übernahme der in Rede stehenden Kosten.
Das SG hat die Klage mit allen Anträgen durch Gerichtsbescheid vom 27.11.2024 abgewiesen.
Der Klageantrag a) – Feststellung, dass das Klageverfahren S 9 SO 771/23 nicht durch eine fiktive Klagerücknahme beendet worden ist – beinhalte eine zulässige Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Bei der Klage vom 18.4.2023 habe es sich um eine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) gehandelt. Dabei gelte die Besonderheit, dass die sozialgerichtliche Untätigkeitsklage eine reine Bescheidungsklage darstelle (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 88 Rdnrn. 2 und 9 ff.). Dies habe zur Konsequenz, dass sich die Klage vom 18.04.2023 mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023 (also am 30.12.2023) der Sache nach erledigt habe. Mit dem genannten Widerspruchsbescheid seien der Kläger und die damaligen Klägerinnen nämlich „klaglos“ gestellt, sodass für die Fortsetzung der Untätigkeitsklage offenkundig kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestanden habe. Zur Wahrung ihrer (materiellen) Rechte hätten die damaligen Verfahrensbeteiligten somit innerhalb der bis zum 30.01.2024 laufenden einmonatigen Klagefrist (§ 87 SGG) entweder eine neue Klage (kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG) erheben oder die weiterhin rechtshängige Untätigkeitsklage entsprechend ändern müssen (§ 99 SGG). Hierauf seien sie vom Gericht mit Verfügung vom 17.01.2024 hingewiesen worden. Das SG habe nach dem fruchtlosen Ablauf der oben erläuterten Klagefrist davon ausgehen dürfen und müssen, dass für die Aufrechterhaltung der Untätigkeitsklage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr vorliege. Hierauf beruhe die Betreibensaufforderung vom 19.02.2024, auf welche die damaligen Verfahrensbeteiligten ebenfalls nicht reagiert haben. Somit gelte die Untätigkeitsklage nach fruchtlosem Ablauf der Dreimonatsfrist mit Ablauf des 22.05.2024 nach § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen. Das Klageverfahren S 9 SO 771/23 sei daher beendet, sodass die Feststellungsklage keinen Erfolg haben könne. Das SG habe daher im Tenor festzustellen, dass die Klage vom 18.04.2023 (S 9 SO 771/23) zurückgenommen sei.
Der mit Klageantrag b) in Bezug auf die Einhaltung der einmonatigen Klagefrist und in Bezug auf die ebenfalls oben angesprochene Betreibensfrist reklamierte Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestehe nicht. § 67 Abs. 1 SGG sehe vor, dass dann, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Dieser Antrag müsse nach § 67 Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Dabei sollten die zur Begründung der Wiedereinsetzung erforderlichen Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Zudem sei innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Wenn dies geschehen sei, könne das Sozialgericht eine Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewähren. Vorliegend stehe einem Erfolg des Wiedereinsetzungsantrags entgegen, dass der Kläger trotz der ausführlichen Gerichtsverfügung vom 02.09.2024 zur Glaubhaftmachung (vgl. § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung) der Wiedereinsetzungstatsachen keine eidesstattliche Versicherung vorgelegt habe. Auch die Darlegungen des Klägers bei der gerichtlichen Erörterung vom 12.11.2024 begründeten einen Wiedereinsetzungsanspruch nicht. Denn in Bezug auf die Einhaltung der einmonatigen Klagefrist komme es auf den Zeitraum vom 31.12.2023 bis zum 30.01.2024, in Bezug auf die Einhaltung der dreimonatigen Betreibensfrist auf den Zeitraum vom 23.02.2024 bis zum 22.05.2024 an. Auf ausdrückliche Frage des Gerichts habe der Kläger erklärt, dass die Reise nach Thailand erst im Juni bzw. Juli 2024 erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund wäre es dem Kläger und den damaligen Klägerinnen ohne weiteres möglich und zuzumuten gewesen, die oben genannten Fristen einzuhalten. Das Verstreichenlassen der Fristen könne daher nicht als unverschuldet qualifiziert werden. In Bezug auf die Einhaltung der einmonatigen Klagefrist hätte es gereicht, schriftlich oder durch Vorsprache auf der Rechtsantragsstelle des am Wohnort des Klägers bzw. der damaligen Klägerinnen befindlichen Sozialgerichts mit einem Satz Klage zu erheben bzw. die Umstellung des Klageantrags zu erklären. Dies wäre sicherlich trotz der angeführten Umstände (schwere Erkrankung der in Thailand lebenden „Schwiegermutter“) möglich gewesen. In Bezug auf die dreimonatige Betreibensfrist müsse beachtet werden, dass es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist handele, sodass eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht in Betracht komme bzw. sich allenfalls auf Situationen „höherer Gewalt“ beschränke (vgl. (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 102 Rn. 8a, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.08.2023 - A 12 S 567/22 - und BSG, Beschluss vom 08.12.2020 - B 4 AS 280/20 B -). Letzteres könne bei gravierenden Naturereignissen oder anderen unabwendbaren Ereignissen in Betracht kommen. Entsprechendes habe der Kläger jedoch für den relevanten Zeitraum nicht vorgebracht und sei auch sonst nicht ersichtlich. Es bestehe daher kein Anspruch auf Wiedereinsetzung in die angeführten Fristen.
Aus denselben Gründen sei auch Klageantrag c) (kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Bescheid vom 06.12.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023 (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG) erfolglos. Denn die hierfür erforderliche einmonatige Klagefrist (§ 87 SGG) sei nicht eingehalten; ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestehe ebenfalls nicht (§ 67 SGG). Auch die Ausführungen zur aus der Sicht des Klägers unzureichenden Sicherstellung eines Krankenversicherungsschutzes, die für ihn bzw. die Familie zu einer außergewöhnlichen Belastung geführt hätten, änderten nichts daran, dass der Kläger bzw. die damaligen Verfahrensbeteiligten in schuldhafter Weise wichtige prozessuale Fristen versäumt hätten.
Gegen den dem Kläger am 29.11.2024 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 05.12.2024 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt und dazu ausgeführt, das SG habe sich in seiner Entscheidung unzureichend mit der besonderen Schutzbedürftigkeit des betroffenen Kindes auseinandergesetzt. Es handele sich hier nicht um eine bloße Frage der Sozialhilfegewährung, sondern um eine fundamentale Pflicht des Sozialstaates, Kindern einen Zugang zur Krankenversorgung zu gewährleisten. Gemäß Art. 6 Abs. 2 GG sowie Art. 24 UN-Kinderrechtskonvention stehe das Kindeswohl über wirtschaftlichen Erwägungen. Die Ablehnung der Krankenversicherung durch die Stadt M1 missachte diese Prinzipien und sei mit der sozialen Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar. Zudem hätte die Beklagte erkennen und ihr Ermessen dahingehend ausüben müssen, dass in einem solchen Fall nur eine positive Entscheidung (Gewährung der Krankenversicherung) rechtmäßig gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. November 2024 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Verfahren S 9 SO 771/23 fortzuführen und diese unter Aufhebung des Bescheids vom 6. Dezember 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2023 zu verurteilen, die angefallenen Krankenhauskosten zu übernehmen oder zumindest ein Vergleichsangebot mit dem Universitätsklinikum M1 zu ermöglichen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Vorsitzende hat den Kläger mit Verfügungen vom 12.12.2024 und 20.01.2025 darauf hingewiesen, dass die Berufung aus den vom SG dargestellten Gründen voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet.
Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 10.03.2025 gemäß § 153 Abs. 5 SGG dem Vorsitzenden Richter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, nachdem der Senat keine Gründe feststellen konnte, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen und solche auch nicht in der Anhörung vom 17.02.2025, dem Kläger zugestellt am 20.02.2025 von den Beteiligten mitgeteilt wurden. Die vom Kläger gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge hat der Senat mit Beschluss vom 17.03.2025 (L 2 SO 853/25 RG) zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die fristgemäß eingelegte und auch sonst gemäß §§ 151 ff. SGG zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 27.11.2024, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Wie das Gericht den Beteiligten bereits mit Verfügung vom 12.12.2024 ausführlich begründet mitgeteilt hat, ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.11.2024 nicht zu beanstanden. Das SG hat zu Recht entschieden, dass das erstinstanzliche Klage S 9 SO 771/23 als zurückgenommen gilt, weil die damaligen Kläger trotz entsprechenden Hinweises des SG und entsprechender Veranlassung das Verfahren nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten (23.02.2024 bis 22.05.2024) betrieben haben.
Auch ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung der damaligen Partnerin des Klägers bzw. des gemeinsamen Sohnes in der Universitätsklinik M1 in der Zeit vom 29.09.2022 bis zum 11.10.2022 besteht nicht. Dieser scheitert bereits daran, dass die maßgebliche gesetzliche Klagefrist von einem Monat gegen den Bescheid des Beklagten vom 6.12.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2023, den damaligen Klägern zugestellt am 30.12.2023 gegen Postzustellungsurkunde, versäumt wurde. Der Ablehnungsbescheid ist damit bestandskräftig geworden, was die Gewährung der begehrten Leistungen ausschließt. Damit bedarf es keiner weiteren Ausführungen, inwieweit eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 SGG) des (jetzigen) Klägers gegen die Ablehnung der Kostenübernahme der Krankenhausrechnungen des Klinikums M1, die nicht ihn, sondern die T als Zahlungsverpflichtete ausweisen, bestehen kann.
Wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, lässt sich in Bezug auf beide Fristen eine schuldlose Fristversäumnis nicht feststellen. Nach den eigenen Angaben des Klägers fand die Auslandsreise nach Thailand erst im Juni bzw. Juli 2024 statt. Dass es ihm bzw. seiner damaligen Lebensgefährtin und Klägerin im gesamten Zeitraum davor nicht möglich oder unzumutbar gewesen war, die Klage- bzw. die Betreibensfrist einzuhalten, ist nicht substantiiert vorgetragen und auch sonst nicht erkennbar.
Wegen der weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie auf die Verfügungen des erkennenden Gerichts.
Aus den genannten Gründen kommt es auf die vom Kläger auch mit der Berufung aufgeworfenen, teils verfassungsrechtlichen Fragen der Anerkennung eines Härtefalles und der Durchsetzung der Menschenwürde (Art. 1 GG), des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 GG) und Sozialstaatsprinzips (Artikel 20 GG) nicht an.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 1662/24
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 3525/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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