Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. April 2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung weiterer Folgen eines Arbeitsunfalls und die Zahlung von Verletztenrente.
Der 1969 geborene Kläger rutschte nach seinen Angaben am 27. Juli 2017 bei seiner Tätigkeit als Tischler und LKW-Fahrer beim Abladen auf einem LKW aus und fiel ca 3 m in die Tiefe. Er kam mit dem Rücken auf einer Palette auf. Anschließend lud er den Rest ab und suchte seinen Hausarzt auf (Unfallanzeige vom 2. März 2020). Dieser teilte einen unauffälligen Bodycheck und Sono-Untersuchung sowie ein stabiles Becken mit, diagnostizierte eine Wirbelsäulen- und Rippenprellung und veranlasste die Vorstellung des Klägers im F. Hospital G.. Der dortige Durchgangsarzt (D-Arzt) H. fand eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Hemithorax mit Druckschmerz und Prellmarke im Bereich der 5. bis 7. Rippe. Ein Klopfschmerz über der Wirbelsäule bestand nicht, ebenso keine neurologischen Ausfälle, kein Anhalt für eine Commotio cerebri Symptomatik, die Halswirbelsäule war frei beweglich. Nach der Röntgenuntersuchung diagnostizierte er eine Rippenserienfraktur 7 bis 9 links. Die stationäre Behandlung endete am 28. Juli 2017. Bei der Wiedervorstellung am 5. September 2017 gab der Kläger keine Beschwerden an, es bestand kein Thoraxkompressionsschmerz, die Schultern waren frei beweglich. Die Behandlung wurde zum 10. September 2017 abgeschlossen, der Kläger war ab dem 11. September 2017 wieder arbeitsfähig (Bericht der Hausarztpraxis I. vom 27. Juli 2017, D-Arztbericht und Zwischenberichte vom 28. Juli und 11. September 2017).
Am 21. Februar 2019 suchte der Kläger erneut den D-Arzt H. auf und gab Brustkorbschmerzen links sowie Rückenschmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) links an. Der D-Arzt verordnete Krankengymnastik und bescheinigte unveränderte Arbeitsfähigkeit. Bei der Vorstellung am 9. Mai 2019 gab der Kläger Schmerzen beim Sitzen und Liegen und die Einnahme von Schmerzmitteln an. Bei der Wiedervorstellung am 29. August 2019 berichtete er von der deutlichen Besserung seiner Beschwerden. Der D-Arzt stellte eine deutlich gebesserte Beweglichkeit der BWS fest und schloss die Behandlung am 29. August 2019 ab. Als Diagnose führte er unverändert die Rippenserienfraktur 7 bis 9 an (Berichte vom 26. Februar, 14. Mai und 2. September 2019). In dem vom D-Arzt J. veranlassten MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) vom 8. April 2019 fanden sich geringe Bandscheibenprotrusionen im LWK 2/3 bis LWK 5/S1 mit initialer Spondylose bzw Facettengelenkarthrose. Die Radiologin Dr K. fand in dem MRT des Beckens vom 8. August 2019 im Vergleich zu den Voruntersuchungen der LWS vom 25. März 2019, 6. März 2019, 14. Juni 2017 und des Beckenskeletts vom 24. April 2017 eine größenkonstante Signalanhebung, die sie auf eine am ehesten degenerativ-zystische subchondrale Veränderung im Rahmen einer aktivierten Arthrose zurückführte. Traumafolgen fand sie nicht (Berichte vom 8. April 2019 und 13. August 2019).
Am 3. März 2020 suchte der Kläger erneut den D-Arzt J. auf und gab Schmerzen im Bereich der unteren LWS an. Die Bewegung der LWS war schmerzhaft und es bestanden lokale Druckschmerzen am Iliosacralgelenk (ISG) beidseits, ansonsten fanden sich keine neurologischen Ausfälle, das Lasegue-Zeichen war beidseits negativ und es bestand keine Fußheber- oder – senkerschwäche. Der D-Arzt erstattete einen Verlaufsbericht zum Unfall vom 27. Juli 2017 und veranlasste Physiotherapie. Daraufhin bat ihn die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. März 2020 um Stellungnahme, warum er die aktuell, fast 3 Jahre nach dem Unfallereignis angegebenen Beschwerden im unteren Bereich der LWS auf den Unfall vom 27. Juli 2017 zurückführte, dessen Folgen eine Rippenserienfraktur links (7. bis 9. Rippe) gewesen und deren Behandlung am 10. September 2017 abgeschlossen worden sei.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schriftsatz vom 1. April 2020. Er habe im Krankenhaus mehrfach auf seine Rückenschmerzen hingewiesen, ohne Erfolg. In den folgenden Monaten hätten sich die Rückenschmerzen verschlimmert. Er sei bei seinem Hausarzt in Behandlung gewesen, der ein MRT und eine Schmerztherapie veranlasst habe. Er leide unter einer starken Arthrose im Sakralgelenk, die nur durch den Sturz verursacht worden sein könne, da er vor dem Unfall keine Beschwerden gehabt habe.
Die Beklagte zog medizinische Unterlagen, bildgebende Aufnahmen auch aus der Zeit vor dem Unfall sowie das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenversicherung bei. Danach haben Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen einer Radikulopathie (19. bis 23. Juli 2004), Lumboischialgie (11. November 2004 bis 5. April 2006) und Kreuzschmerzen (11. bis 22. April 2017) bestanden. Die wegen anhaltender Lumboischialgien angefertigten Röntgenaufnahmen des Beckens und der LWS vom 24. April 2017 zeigten eine geringe Spondylosis deformans L3/4, das MRT vom 14. Juni 2017 eine geringe dorsale Vorwölbung der Bandscheiben L2-L5 und eine kräftige dorsale Vorwölbung der Bandscheibe L5/S1 (Berichte des Facharztes für diagnostische Radiologie L. vom 24. April und des Facharztes für Radiologie M. vom 14. Juni 2017).
Der Beratungsarzt der Beklagten Dr N. stellte in seiner Stellungnahme vom 14. Juni 2020 klar, dass Folge des Unfalls vom 27. Juli 2017 die Rippenfrakturen 7 bis 9 waren, die nach den Befunden vom 5. September 2017 knöchern fest verheilt und damit folgenlos ausgeheilt waren. Der Kläger sei ab 11. September 2017 wieder arbeitsfähig gewesen, unfallbedingte Beschwerden oder Funktionseinschränkungen hätten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen. Die ab Februar 2019 geklagten Beschwerden im Bereich der BWS und LWS seien nicht auf den Unfall zurückzuführen. Es habe in dieser Zeit keinerlei auffällige Symptomatik bezüglich der Rippenserienfrakturen bestanden, diese seien weiterhin als ausgeheilt anzusehen. Die LWS-Beschwerden seien keine Unfallfolge, sondern auf vorbestehende degenerative Veränderungen zurückzuführen. Den MRT-Aufnahmen vom 8. April und 8. August 2019 seien keinerlei unfallbedingte Veränderungen zu entnehmen. Angesichts der eindeutigen Befundlage sei keine Zusammenhangsbegutachtung erforderlich.
Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid 19. Juni 2020 als Folge des Unfalls vom 27. Juli 2017 einen Zustand nach ausgeheilten Brüchen der Rippen 7 - 9 links fest. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe nicht. Keine Folge des Unfalls seien die Beschwerden von Seiten der LWS, unfallunabhängig sei eine Fehlstellung und Bandscheibenvorfälle im Bereich der LWS. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2020 als unbegründet zurückgewiesen. Auf den bildgebenden Aufnahmen seien keine Traumafolgen, sondern nur degenerative Veränderungen zu erkennen.
Hiergegen hat der Kläger am 9. Oktober 2020 Klage erhoben und geltend gemacht, die LWS-Beschwerden und die schwere Arthrose im ISG seien Folge des Unfalls. Sie trete an einem unfallbedingt verletzten Gelenk oft noch Jahre später auf und habe sich bei ihm sukzessive entwickelt. Er habe vor dem Unfall nicht die aktuellen Beschwerden von Seiten der LWS gehabt, die vorher erhobenen Befunde entsprächen nicht den nachfolgend erhobenen. Er sei unmittelbar nach dem Unfall nicht auf Verletzungsfolgen am Rücken untersucht worden. Er sei seit März 2020 durchgehend arbeitsunfähig und leide unter erheblichen Einschränkungen zB beim Schieben des Rasenmähers, beim Sitzen auf dem Aufsitzmäher oder bei längeren Autofahrten.
Er hat medizinische Unterlagen seiner behandelnden Ärzte, ua den Bericht des Facharztes für Anästhesiologie O. vom 21. Januar 2021, überreicht.
Das Sozialgericht (SG) Osnabrück hat nach vorausgegangener Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2022 die Klage abgewiesen. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 27. Juli 2017 seien keine Unfallfolgen oder traumatische Verletzungen im Bereich der LWS oder des Beckens festgestellt worden. Der Ansicht des Klägers, dass sich Unfallfolgen erst im weiteren Verlauf entwickeln können, sei nicht zu folgen. Zudem sei der Kläger zumindest seit 2007 wiederholt wegen Rückenbeschwerden in Behandlung gewesen. Der Schmerztherapeut O. nenne in seinem Bericht Ursachen degenerativer Art.
Gegen den am 28. April 2022 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit der am 30. Mai 2022 (Montag) eingelegten Berufung. Er trägt vor, er sei 2007 einmalig wegen eines Hexenschusses behandelt worden, danach über Jahre hinweg nicht mehr. Es sei ungeklärt, ob eine sekundäre Arthrose unfallbedingt sei, es seien zeitnah keine bildgebenden Aufnahmen der LWS und des Sakralgelenkes angefertigt worden. Es sei medizinisch wahrscheinlich, dass ein Sturz aus 3,5 m Höhe auf den Rücken zu unfallbedingten Verletzungen im Bereich der LWS und des Sakralgelenkes führe. Der Facharzt für diagnostische Radiologie Dr P. beschreibe in seinem Bericht über das CT des Beckens vom 13. Juli 2022 eine etwas vermehrte Sklerosierung des Beckens am Übergang vom OS sacrum zum Os coccygeum, die möglicherweise posttraumatisch und vereinbar mit einem länger zurückliegenden Sturz sei.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
- den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. April 2022 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2020 aufzuheben,
- festzustellen, dass die bei ihm an der Lendenwirbelsäule bestehenden Gesundheitsstörungen Folgen des Arbeitsunfalls vom 27. Juli 2017 und
- die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente iHv mindestens 20 vH der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. April 2022 zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Nach vorausgegangener Anhörung ist mit Beschluss des Senats vom 9. März 2023 der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden (§ 153 Abs 5 SGG).
Mit Schriftsätzen vom 6. Juli und 3. August 2023 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung, über die der Senat durch die Berichterstatterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs 5 SGG und aufgrund des übereinstimmenden Einverständnisses der Beteiligten auch ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) entscheidet, ist zulässig. Sie ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2020 ist rechtmäßig. Das SG Osnabrück hat deshalb die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Begründung des Gerichtsbescheides verwiesen (§ 153 Abs 2 SGG).
Lediglich im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren wird wie folgt ausgeführt:
Nach Auswertung des gesamten Akteninhalts unter besondere Berücksichtigung der Stellungnahme des Dr N. lässt sich bereits im Wege des Vollbeweises nicht feststellen, dass der Kläger sich bei dem Sturz am 27. Juli 2017 auch eine strukturelle Verletzung im Bereich der LWS oder des Beckens zugezogen hat.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung müssen die Tatbestandsmerkmale der versicherten Tätigkeit, das Unfallgeschehen und insbesondere die Gesundheitsstörung als solche voll bewiesen sein. Danach muss eine Gesundheitsstörung in so hohem Maße wahrscheinlich sein, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG Urteil vom 22. September 1977, - 10 RV 15/77 – Rnr 32). Das ist hier nicht der Fall.
In den D-Arztberichten des H. vom 28. Juli 2017 und 11. September 2017 finden sich keine Angaben zu Wirbelsäulen- oder Beckenbeschwerden des Klägers. Weiterhin finden sich auch keine Befunde, die mit diesen Gesundheitsstörungen in Verbindung gebracht werden können. Es bestand kein Druckschmerz über der Wirbelsäule und entsprechende Beschwerden sind auch nicht in dem Entlassungsbericht über den eintägigen stationären Aufenthalt im F. Hospital G. dokumentiert (Bericht vom 28. Juli 2017). Bei der Abschlussuntersuchung am 5. September 2017 gab der Kläger keine Beschwerden an, weshalb der D-Arzt ihm auch Arbeitsfähigkeit bescheinigte.
Dass der Hausarzt Q. am 27. Juli 2017 neben einer Rippenprellung auch eine Wirbelsäulenprellung diagnostiziert hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen heilt eine Prellung üblicherweise folgenlos aus. Zum anderen hat auch er keine Befunde erhoben, die eine solche Diagnose rechtfertigen: Der Bodycheck und die sonografische Untersuchung waren unauffällig, das Becken stabil, er beschrieb lediglich einen Druckschmerz über der Rippenregion links, der zu der Rippenserienfraktur 7 bis 9 passt.
Für die Angaben des Klägers, unmittelbar nach dem Unfall durchgehend über Beschwerden von Seiten der LWS geklagt zu haben, finden sich in den medizinischen Unterlagen keine Belege. Es erscheint nicht plausibel, dass verschiedene Ärzte – die im F. Hospital G., der D-Arzt H. und der Hausarzt Q. – Beschwerdeangaben des Klägers übereinstimmend nicht dokumentiert haben sollten. Zumal der Kläger über einen Zeitraum von mehr als 5 Wochen arbeitsunfähig war und deshalb die Geltendmachung – und Behandlung - von Beschwerden der LWS und des Beckens während dieser Zeit nahegelegen hätte.
Auch die Diagnose des Schmerztherapeuten O. in seinem Bericht vom 21. Januar 2021 - ua einen Zustand nach Iliosakralgelenksprellung -, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Sie beruht ersichtlich auf den Angaben des Klägers gegenüber diesem Arzt, „… Bei seinem Unfall vom 27.07.2017 mit Sturz aus 3 m Höhe auf das ISG, dauerhafte Schmerzen im Steiß- und Kreuzbeinbereich zu haben.“ Diese Angaben decken sich nicht mit dem Akteninhalt: Wie bereits ausgeführt, hat der Kläger zeitnah keine Beschwerden im Bereich des Beckens und der unteren LWS angegeben, von keinem Arzt ist in dem immerhin mehrwöchigen Zeitraum vom 27. Juli bis 5. September 2019 ein Befund von Seiten des ISG erhoben oder eine entsprechende Diagnose gestellt worden. Infolgedessen belegt diese Diagnose des Facharztes O. keine zeitnahe Verletzung des ISG. Die weiteren von ihm mitgeteilten Diagnosen – ein chronisches Schmerzsyndrom, eine chronische Schmerzstörung LWS Bandscheibenprotrusion, Verdacht auf degenerative zystische Veränderung am rechten Os ilium, leichte ISG-Arthrose – führt er selbst nicht im Zusammenhang mit dem Unfall an.
Die seit April 2019 dokumentierten Veränderungen der LWS und des Beckens lassen sich demgegenüber nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 27. Juli 2017 zurückführen. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden. Beim vernünftigen Abwägen aller Umstände müssen die auf eine beruflich bedingte Verursachung hinweisenden Faktoren so stark überwiegen, dass hierauf die Entscheidung gestützt werden kann (BSG Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 -; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl 2017, S 57 f mwN). Nicht ausreichend ist die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs (BSG Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 26/04 R und B 2 U 1/05 R und B 2 U 40/05 R -; vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R – mwN). Ebenso wenig reicht für die Annahme des Kausalzusammenhangs das bloße zeitnahe Auftreten von Gesundheitsstörungen nach einem Unfall auch dann aus, wenn andere – konkurrierende Ursachen – als Erklärung für die Entstehung der Gesundheitsstörungen nicht erkennbar sind (BSG Urteile vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – Rnr 20 ff, 39 und B 2 U 26/04 R).
Der Senat schließt sich der Beurteilung des Beratungsarztes Dr N. an, der auch insoweit überzeugend dargelegt hat, dass es zum einen an zeitnah nach dem Unfall erhobenen Befunden zu einer Verletzung am Becken und/oder der LWS fehle und zum anderen die bildgebenden Aufnahmen keine Anhaltspunkte für eine traumatische Verursachung erkennen lassen. Dr N. hat die medizinischen Unterlagen einschließlich aller bildgebenden Aufnahmen gesichtet und in seiner mehrseitigen Stellungnahme vom 14. Juni 2020 bei seiner medizinischen Einschätzung berücksichtigt und in seine Beurteilung einbezogen. Maßgebend für die Beurteilung der vom Kläger geltend gemachten Unfallfolgen sind dabei vor allem die bildgebenden Aufnahmen (Röntgenbilder und MRT-Befunde) aus der Zeit vor und nach dem Unfall.
Anhaltspunkte dafür, dass die medizinische Einschätzung des Beratungsarztes unzutreffend ist, sind aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich. Vielmehr stehen seine Angaben mit dem Akteninhalt, insbesondere mit den MRT-Berichten der Radiologen aus der Zeit vor dem Unfall im Einklang. Entgegen der Angaben des Klägers lässt sich nicht nur eine einmalige Behandlung wegen eines Hexenschusses 2007 feststellen: Es sind wenige Wochen vor dem Unfall vom 27. Juli 2017 MRT-Aufnahmen der LWS (14. Juni 2017) und bildgebende Aufnahmen des Beckens und der LWS (24. April 2017) angefertigt worden. Diese sind bereits ein Indiz dafür, dass schon zu diesem Zeitpunkt länger vorbestehend LWS- und Becken-Beschwerden des Klägers bestanden haben. Anderenfalls wären keine MRT-Aufnahmen veranlasst worden. Zudem wird auch als Indikation für das MRT vom 14. Juni 2017 eine anhaltende Lumbalgie angeführt (Bericht des Radiologen M. vom 14. Juni 2017).
Weiterhin war der Kläger nach dem Vorerkrankungsverzeichnis wegen einer Radikulopathie im Lumbalbereich und Kreuzschmerzen im April 2017 immerhin 11 Tage krankgeschrieben (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Dr R.).
Vor diesem Hintergrund überzeugen die Ausführungen des Dr N. umso mehr. Zweifel an seinen Ausführungen ergeben sich auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten medizinischen Berichten seiner behandelnden Ärzte.
Soweit der Radiologe Dr P. nach der CT-Untersuchung des Beckens vom 13. Juli 2022 eine etwas vermehrte Sklerosierung am Übergang vom Os sacrum zum Os coccygeum als möglicherweise postraumatisch und vereinbar mit einem länger zurückliegenden Sturz ansieht, führen diese Ausführungen zu keiner anderen Beurteilung. Die bloße Möglichkeit reicht für die Annahme des Kausalzusammenhangs mit dem Unfall – wie bereits zuvor ausgeführt - nicht aus. Zum anderen beschreibt auch er die degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS und der Hüften des Klägers, auf die auch bereits Dr N. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hingewiesen hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist weder für den Vollbeweis einer Gesundheitsstörung noch für die Annahme des Kausalzusammenhangs ausreichend, dass ein Sturz aus 3,5 m Höhe auf den Rücken zu Verletzungen im Bereich der LWS und des Sakralgelenkes führen kann. Denn die bloße Möglichkeit reicht weder für den Nachweis einer Gesundheitsstörung noch den Kausalzusammenhang aus. Maßgeblich sind vielmehr die zeitnah nach dem Unfall tatsächlich festgestellten strukturellen Gesundheitsstörungen, in diesem Fall die Rippenfrakturen 7 bis 9.
Der Senat erachtet den Sachverhalt durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen und die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr N. als geklärt. Anhaltspunkte für eine medizinische Beweisaufnahme von Amts wegen sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich diese nicht aus dem Bericht des Dr P., der eine traumatische Verursachung der Sklerosierung nur für möglich erachtet. Der Senat ist nicht verpflichtet, medizinische Ermittlungen ins Blaue hinein vorzunehmen. Auch der Umstand, dass der D-Arzt S. die Rückfragen der Beklagten vom März und April 2020 nicht beantwortet hat, rechtfertigt angesichts des zuvor dargestellten Akteninhalts – insbesondere der radiologischen Berichte und der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr N. - keine Ermittlungen von Amts wegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG). ---------------------------------