L 11 SB 81/25 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 26/25 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 SB 81/25 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
  1. Bei der auf der Grundlage des Erlasses des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung Abteilung 4 - Straßenverkehr - Nr. 5/2022 vom 22. August 2022 über die Bewilligung von Parkerleichterungen für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen erteilten Bescheinigung handelt es sich um keinen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch.
  2. Antragsteller haben bereits deshalb keinen Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung, weil es insoweit an einem subjektiv öffentlichen Recht fehlt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 21. März 2025 wird zurückgewiesen.

 

Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

 

 

Gründe

 

 

Die Beschwerde des Antragstellers, mit dem er unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihm eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Straßenverkehrsbehörde für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für eine Parkerleichterung für schwerbehinderte Menschen zu erteilen, ist zulässig, aber nicht begründet.

 

Dabei ist statthaft vorliegend nicht ein Antrag nach § 86b Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Denn zwar hat der Antragsgegner unter dem 20. Februar 2020 die in Streit stehende Bescheinigung bereits ausgestellt (in der Annahme, der Antragsteller sei ein schwerbehinderter Mensch, der an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erkrankt ist und hierfür ein Grad der Behinderung <GdB> von wenigstens 60 vorliegt), sie andererseits aber mit Schreiben vom 5. Oktober 2022 abgelehnt. Bei der auf der Grundlage des Erlasses des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung Abteilung 4 - Straßenverkehr - Nr. 5/2022 vom 22. August 2022 über die Bewilligung von Parkerleichterungen für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen (nachfolgend Erlass) erteilten Bescheinigung handelt es sich aber um keinen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Denn die begehrte Bescheinigung ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Die Bescheinigung wird durch den Antragsgegner allein im Wege der Amtshilfe und nicht im Wege der selbständigen Feststellung gesundheitlicher Merkmale nach § 152 Abs. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstellt. Bei der Bescheinigung handelt es sich nicht um eine Feststellung gesundheitlicher Merkmale als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen nach § 152 Abs. 4 SGB IX (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Juli 2015 - L 13 SB 11/12 - juris).

 

Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Ausstellung der Bescheinigung im Wege der einstweiligen Anordnung. Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung erlassen, soweit im Hinblick auf das materiell geltend gemachte Recht ein Anordnungsanspruch und im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist (§§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Ein Anordnungsanspruch ist dann glaubhaft gemacht, wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Ein Anordnungsgrund ist dann anzunehmen, wenn dem Antragsteller ohne Erlass der einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die auch nach einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

 

Es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Denn der Antragsteller hat bereits deshalb keinen Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung, weil es insoweit an einem subjektiv öffentlichen Recht fehlt. Denn der Erlass selbst begründet kein subjektives öffentliches Recht, weil er – wie bereits dargelegt - in Bezug auf die hier streitige Bescheinigung nur verwaltungsinterne Rechtswirkung erzeugt. Dass nach Nr. 2a) des Erlasses der Antrag auf eine Parkerleichterung unter Vorlage der Bescheinigung des Landesamtes für Soziales und Versorgung bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu stellen ist, steht dem nicht entgegen, weil dadurch der Charakter der Bescheinigung als rein verwaltungsinterne Handlung unberührt bleibt. Der Antragsteller ist dadurch auch nicht rechtlos gestellt, weil er den Antrag auf eine Parkerleichterung bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde auch ohne die streitige Bescheinigung stellen kann. In Fällen, die von dem Erlass nicht erfasst sind, unterliegen die Straßenverkehrsbehörden keiner abschließenden Bindung. Da Krankheiten äußerst vielfältig und unterschiedlich auftreten können, ist es möglich, dass eine bestimmte Art der Behinderung nicht vom Erlass erfasst, mit den dort geregelten Fällen aber vergleichbar ist. Bei diesem handelt es sich nicht um eine Rechtsnorm, sondern um eine innerdienstliche Richtlinie, die keine unmittelbaren Rechte und Pflichten für den Bürger begründet (vgl. Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 4. März 2020 - 4 K 1539/19 – juris, m. w. N.).

 

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anordnungsanspruch ungeachtet der vorstehenden rechtlichen Begründung auch deshalb nicht glaubhaft gemacht ist, weil nach Lage der Akten die Voraussetzungen des Erlasses nicht (mehr) vorliegen. Denn der insoweit hier allein in Betracht kommende Morbus Crohn dürfte nach Maßgabe der gutachtlichen Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes des Antragsgegners vom 10. Mai 2022 nur mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten und damit weit von dem nach dem Erlass vorausgesetzten Mindest-GdB von 60 entfernt sein.

 

Die Frage, ob ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist, stellt sich nach alledem nicht mehr.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

 

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.

 

Rechtskraft
Aus
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