L 17 U 94/98

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 60/93
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 94/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28. November 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch auf Verletztenrente wegen des Ereignisses vom 05.08.1991.

Der 1941 geborene Kläger, von Beruf Diplomsozialwissenschaftler, war nach Tätigkeiten als Referent beim SPD-Parteivorstand langjährig bis 1982 als Büroleiter für den SPD-Bundestagsabgeordneten W ... tätig. Danach war er bis 1988 als leitender Mitarbeiter vor allem im Entwicklungshilfebereich der Friedrich- Ebert- Stiftung tätig. Im Juli 1990 gründete er zusammen mit seinem Geschäftspartner P ... M ... (M.) das als GmbH betriebene Restaurant "A ..." in B ... Der Kläger hielt 50 % der Stammeinlage und wurde zum 01.07.1990 mit Geschäftsführungsvertrag zum alleinigen Geschäftsführer bestellt. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde der Betrieb zum 01.10.1991 eingestellt und das Restaurant im Januar 1992 verkauft.

Nach einer Bescheinigung des Hausarztes Dr. O ... vom 05.03.1992 war der Kläger vom 10.01. bis 03.08.1991 wegen eines Angst- und Überforderungssyndroms sowie coronarer Herzkrankheit bei Zustand nach Infarkt arbeitsunfähig krank. Er bezog in dieser Zeit von der Z ...-AG Krankentagegeld. Dr. O ... hatte die Vorstellung des Klägers bei dem Neurologen und Psychiater Dr. G ... veranlaßt, dem der Kläger über eine Neigung zu Schwindelgefühlen, das Auftreten von Ermüdungserscheinungen und allgemeiner Erschöpfung sowie arbeitsmäßiger Überforderung berichtete. Nachdem eine von Dr. G ... im Februar 1991 veranlaßte Untersuchung der Halswirbelsäule durch den Radiologen Prof. Dr. N ... keine wesentlichen krankhaften Veränderungen ergeben hatte, stellte Dr. G ... die Diagnosen "Synkope unklarer Ätiologie, oberes Cervikalsyndrom links mit lagebedingten Auswirkungen auf den vertebro-basilären Bereich; Überforderungsreaktion" (Attest vom 24.10.1993).

Am Sonntag, den 04.08.1991, suchte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau das Restaurant auf, wo sie zu Abend speisten. Nach Mitternacht - die meisten Gäste hatten bereits das Lokal verlassen - kam es zwischen dem Kläger und dem als Kellner tätigen J ... R ... (R.) zu einer Auseinandersetzung, nachdem zuvor die Ehefrau des Klägers dem ebenfalls anwesenden Mitgesellschafter M. Fehler in der Betriebsführung und Abrechnung vorgeworfen hatte. Der Kläger und seine Ehefrau gaben an, R. habe - als der Kläger eine Kassenprüfung habe vornehmen wollen - plötzlich eine aggressive Handbewegung in Richtung der Ehefrau gemacht, die der Kläger aber abgewehrt habe. Daraufhin habe R. den Kläger gegen eine Glasvitrine gestoßen, eine Weinkaraffe ergriffen und ihm diese auf den Hinterkopf geschlagen, worauf er - der Kläger - zu Boden gestürzt sei. Nachdem es auch zu Handgreiflichkeiten zwischen seiner Ehefrau und R. gekommen sei, habe letzterer den Kläger mit der abgebrochenen Karaffe einen Schlag ins Gesicht verletzt. Er - der Kläger - sei daraufhin in die Küche gelaufen, um sich mit einem Gegenstand zu versehen und weitere Angriffe abzuwehren.

R., M. sowie der Zeuge W ... P ... schilderten gegenüber der Polizei den Hergang dagegen wie folgt: Nachdem es seitens des Klägers und seiner Ehefrau zu heftigen verbalen Angriffen auf M. gekommen sei, habe der Kläger, als sich R. eingemischt habe, diesen von einem Barhocker gestoßen, worauf R. zu Boden gestürzt und dabei eine Glasvitrine beschädigt habe. Der Kläger habe sich so dann auf R. gestürzt, ihn gewürgt und übelste Drohungen ausgestoßen. R. habe - um sich zu wehren - eine in seiner Reichweite befindliche Tomatensaftflasche gegriffen und damit auf den Kläger eingeschlagen. Da dieser dem R. aber weiter zugesetzt habe, habe letzterer die zerbrochene Flasche als Stichwaffe benutzt. Nachdem sich R. so habe befreien können, sei der Kläger in die Küche gelaufen, um von dort ein Messer zu holen. Bei dieser Gelegenheit habe R. flüchten können. Die vom Kläger erstattete Strafanzeige blieb erfolglos. Die Staatsanwaltschaft B ... verwies ihn am 29.01.1992 mit der Begründung auf den Privatklageweg, aufgrund des Ermittlungsergebnisses bestehe kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Der Kläger wurde in den frühen Morgenstunden des 05.08.1991 in die Chirurgische Universitätsklinik B ... eingeliefert, wo nach dem Durchgangsarztbericht von Priv.-Doz. Dr. H ... vom 06.08.1991 eine stationäre Behandlung vorgesehen war. Diagnostiziert wurden multiple Schnittverletzungen im Gesicht, eine Platzwunde am Hinterkopf sowie Verdacht auf Nasenbeinfraktur. Der Kläger war bei der Aufnahme orientiert, berichtete nicht über eine Amnesie oder Bewußtseinstrübung oder ein Erbrechen. Die entnommene Alkoholprobe ergab einen Blutalkoholbefund von 1,92 Promille im Mittelwert.

Gegen ärztlichen Rat verließ der Kläger die Klinik nach der chirurgischen Wundversorgung. Nachdem im Verlauf des Vormittags beim Kläger Herzbeschwerden aufgetreten waren, wurde er vom 05. bis 20.08.1991 in der Inneren Abteilung des Johanniter Krankenhauses B ... behandelt. Dort wurden chirurgische und hno-ärztliche Konsiliaruntersuchungen durchgeführt und im Entlassungsbericht von Chefarzt Prof. Dr. M ... vom 05.09.1991 die Diagnosen pectanginöse Beschwerden bei Zustand nach Hinterwandinfarkt 1978, Zustand nach multiplen Schnittverletzungen im Gesichtsbereich und am rechten Arm, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter, Nasenbeinfraktur und lageabhängiger Drehschwindel gestellt.

Die Beklagte zog im Rahmen des Feststellungsverfahrens die Akten der Staatsanwaltschaft B ... bei und holte verschiedene Arztberichte, u.a. von Dr. O ... (10.10.1992), dem HNO-Arzt Prof. Dr. O ... (18.12.1991 und 23.03.1992) und dem Neurologen Prof. Dr. D ... (17.01.1992) ein. - Der HNO-Arzt Dr. S ...- M ... in D ... kam in seinem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten vom 25.03.1992 zu dem Ergebnis, eine periphere Gleichgewichtsstörung sei nicht erkennbar und die Diagnose einer unfallbedingten Commotio labyrinthi könne nicht aufrechterhalten werden. HNO-ärztlicherseits lägen keine Unfallfolgen vor. Im Hinblick auf die in der Folgezeit weiter geklagten Schwindelbeschwerden wurde während der Zeit vom 22.04. bis 03.06.1992 eine stationäre Heilbehandlung des Klägers in der W ...klinik W ... - Schwerpunktklinik für Neurologie und Psychosomatik - durchgeführt. Über deren Ergebnis berichtete der ärztliche Direktor dieser Klinik, Priv.-Doz. Dr. B ..., am 23.06.1992.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete dieser unter dem 31.08.1992 ein Gutachten. Er kam darin zusammenfassend zu dem Ergebnis, unfallbedingt bestehe ein paroxysmaler Lagerungsschwindel, der allerdings keine wesentliche Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit bedinge, da er an bestimmte auslösende Körperpositionen - Kopfbewegungen im Liegen - gebunden sei. Im Anschluß an das Trauma habe sich eine psychische Störung von Krankheitswert i.S. einer depressiven angstneurotischen Entwicklung eingestellt. Auch wenn vom Vorbestehen einer hypochondrischen Persönlichkeitsstruktur mit narzißtischen Zügen ausgegangen werden könne, komme dem Unfallereignis für die Krankheitsentwicklung nicht lediglich die Bedeutung einer Gelegenheitsursache, sondern - neben der vorbestehenden Persönlichkeitsstruktur - einer mindestens gleichwertigen Mitursache zu. Im Hinblick auf die fortbestehende psychische Erkrankung in Form einer zunehmenden depressiven Verstimmung sowie Angststörung mit Panikattacken bestehe weiterhin eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit. Eine Besserung sei innerhalb der nächsten zwei Jahre zu erwarten. - In dem in dieser Klinik erstatteten Zusatzbericht des Diplom-Psychologen K ... vom 06.10.1992 hatte dieser ausgeführt, die klinische Selbstbeschreibung zur Persönlichkeit des Klägers stelle ihn in einer Weise dar, die auf psychische Störungen hindeute. Der Kläger neige zu körperlichen Beschwerden als Ausdruck psychischer Probleme, er klage rasch über sein Befinden, sei empfindlich und könne mit Frustrationen und Streß nur schwer fertig werden. Bei einer starken Verdrängungstendenz sei er eher unreif und neurotisch. Seine Stimmungslage sei niedergeschlagen, bedrückt und pessimistisch. Es bestehe ein Gefühl der Unzulänglichkeit und Selbstunsicherheit, er neige zu ängstlicher Gespanntheit und Nervosität. Es falle ihm schwer, seine Aggressivität zu kontrollieren und adäquat auszudrücken; manchmal reagiere er impulsiv. Die beschriebene Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit, insbesondere der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsfähigkeit, müßten als Symptome eines ausgeprägten depressiven Syndroms verstanden werden. Eine organische Verursachung der Leistungsminderung durch das Schädel-Hirn-Trauma sei nicht mit hinreichender Sicherheit zu konstatieren. Bei Abklingen des depressiven Zustandsbildes sei auch mit Verbesserungen der kognitiven Leistungsfähigkeit zu rechnen. Eine psychotherapeutische Maßnahme sei dringend zu empfehlen, allerdings scheine die derzeitige Therapiemotivation gering zu sein.

Nach Beiziehung weiterer Krankheitsunterlagen - u.a. Arztbriefe von Prof. Dr. S ..., Medizinische Universitäts-Poliklinik B ..., vom 26.10.1989 und Chefarzt Dr. P ..., Innere Abteilung des St. J ...-Hospitals in B ...-B ...,vom 24.10.1978 - kam der von der Beklagten gehörte Neurologe und Psychiater Dr. K ... in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19.11.1992 zu dem Ergebnis, der Kläger habe sich bei dem Unfall neben Schnittverletzungen im Gesicht eine Schädelprellung zugezogen, wobei weder anamnestisch, klinisch-neurologisch noch an Hand der Ergebnisse einer ein gehenden, auch bildgebenden Diagnostik Anhaltspunkte für eine substantielle Hirnmitbeteiligung bestanden hätten. Auch wenn man von einer Commotio labyrinthi ausgehe, könne der zuletzt fest gestellte benigne paroxysmale Lagerungsschwindel nicht mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht werden. Desgleichen sei eine unfallbedingte psychische Störung i.S. einer ängstlich gefärbten Depression nicht wahrscheinlich zu machen, weil von einer vorbestehenden primärneurotischen Haltung ausgegangen werden müsse und neben dem hier zur Diskussion stehenden Vorfall andere Konflikte im persönlichen wie im beruflichen Bereich die Entwicklung maßgebend bestimmt hätten.

Mit Bescheid vom 01.12.1992 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Verletztenrente mit der Begründung ab, der Arbeitsunfall vom 05.08.1991 habe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit i.S.d. Krankenversicherung nicht hinterlassen. - Der Kläger erhob am 18.12.1992 Widerspruch und machte geltend, aufgrund des Gutachtens von Priv.-Doz. Dr. B ... stehe fest, daß Unfallfolgen auf nervenärztlichem wie auf hno-ärztlichem Fachgebiet vorhanden seien. Dagegen könne die nach Aktenlage vorgenommene Beurteilung durch Dr. K ... nicht überzeugen. - Die daraufhin von der Beklagten veranlaßte Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den vorgenannten Arzt wurde vom Kläger abgelehnt.

Am 05.04.1993 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Köln Untätigkeitsklage erhoben.

Die Beklagte erteilte unter dem 25.06.1993 daraufhin einen Widerspruchsbescheid und wies den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 05.07.1993 ebenfalls Klage erhoben. Er hat sich zur Begründung zunächst auf das Gutachten von Priv.-Doz. Dr. B ... gestützt und vorgetragen, er beziehe inzwischen von der BfA auf einen Versicherungsfall vom 01.10.1991 Erwerbsunfähigkeitsrente. Weiter hat er den Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. G ... vom 04.10.1993 sowie Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein vorgelegt, in denen Frau Dr. H ...-H ... ein depressives Syndrom mit phobischer Symptomatik und postcommotionelles Syndrom mit Lagerungsschwindel diagnostiziert hatte. In einem für die AOK erstatteten Gutachten hatte Oberarzt Dr. L ..., Universitäts- Nervenklinik und Poliklinik B ..., am 01.02.1994 ausgeführt, der paroxysmale Lagerungsschwindel sei zwar möglicherweise Folge des Arbeitsunfalles vom 05.08.1991, nicht aber Ursache der jetzigen Arbeitsunfähigkeit.

Der Kläger hat zur Stützung seines Begehrens ein von ihm veranlaßtes Gutachten des Arztes für Psychiatrie S ..., Rheinische Landesklinik B ..., vorgelegt. Dieser ist darin nach Untersuchung im September 1994 zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Unfall habe sich der Kläger neben Verletzungen im Kopfbereich (Gehirnerschütterung und sich entwickelnde Symptomatik) ein depressives Syndrom zugezogen. Auch bestehe der Verdacht, daß es zu einer organischen Schädigung der linken Hirnhälfte gekommen sei. Zwar bestünde beim Kläger eine ausgeprägte Primärpersönlichkeit, jedoch sei es durch den Unfall zu einer schweren Störung und Verletzung der körperlichen wie seelischen Integrität gekommen. Das sich im Anschluß an das Unfallereignis entwickelnde depressive Syndrom sei als Dekompensation bei einer narzißtischen Persönlichkeit zu werten. Die ebenfalls bestehenden ausgeprägten Störungen im kognitiven Bereich seien nicht ausschließlich auf die neurotische Depression, sondern vielmehr auf die anzunehmende zusätzliche Hirnsubstanzschädigung zurückzuführen.

Die Beklagte hat dazu Stellungnahmen des Neurologen und Psychiaters Dr. B ... vom 23.12.1994 und 20.03.1995 vorgelegt, in der dieser die Ansicht vertreten hat, daß ein schweres psychisches Trauma nicht vorgelegen habe, eine substantielle Hirnschädigung nach den vorliegenden Befunden nicht wahrscheinlich zu machen sei und die vorbestehende Krankheitsanlage von dem Gutachter S ... nicht hinreichend gewürdigt worden sei. Dem Unfallereignis könne für die nachfolgend aufgetretene neurologisch-psychiatrische Symptomatik nur die Bedeutung einer rechtlich unwesentlichen Ursache beigemessen werden. - Dazu hat der Kläger eine Stellungnahme des Psychiaters S ... vom 14.02.1995 vorgelegt, in der dieser bei seiner Beurteilung verblieben ist.

Das SG hat einen Bericht von Dr. O ... vom 25.07.1994 eingeholt und weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens. Dr. S ..., Oberarzt der Psychiatrischen Klinik der Universität D ..., hat unter Berücksichtigung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens des Diplom-Psychologen S ... vom 26.01.1996 im Gutachten vom 23.01.1996 zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger bestehe eine narzißtisch geprägte Persönlichkeitsstruktur mit Somatisierungsneigung, ein Zustand nach Schädelprellung am 05.08.1991, eine depressiv-gefärbte angstneurotische Fehltentwicklung sowie ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel. Man müsse davon ausgehen, daß bei vorbestehender neurotischer Erkrankung die Kopfverletzung zu einer signifikanten Verschlimmerung der psychischen Beschwerdesymptomatik geführt habe. Das Unfallereignis habe keine bloße Gelegenheitsursache dargestellt, die mit einem anderen alltäglich auftretenden äußeren Ereignis gleichzusetzen und in bezug auf ihre Wirkung austauschbar sei. Ausgehend von einer unfallbedingten Verschlimmerung der vorbestehenden angstneurotischen Symptomatik sei eine MdE von 30 v.H. ab 05.08.1991 anzunehmen. Dagegen sei die Schwindelsymptomatik nicht ursächlich auf den Unfall zu beziehen. Aus den beigezogenen medizinischen Unterlagen sei vielmehr zu schließen, daß diese bereits vor dem Unfall vorgelegen habe.

Die Beklagte hat dazu ein Aktengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L ... vom 17.02.1996 vorgelegt. Dieser ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, auch er gehe davon aus, daß die Bewertung des Unfallereignisses im Vergleich zur Persönlichkeitsstruktur als bloße austauschbare Gelegenheitsursache dem Sachverhalt nicht gerecht werde. Im Gegensatz zu Dr. S ... müsse aber doch für die danach eingetretene Entwicklung des Krankheitsbildes die schon vor dem Unfall bestehende Persönlichkeitsstruktur des Klägers ein größeres Gewicht erhalten. Eine vorübergehende Berentung sei aus psychiatrischer Sicht angemessen, eine Dauerberentung dagegen nicht. Für das erste Jahr nach dem Ereignis sei es sachgerecht, die MdE mit 30 v.H. und für das zweite Jahr mit 20 v.H. zu bemessen; danach sei eine solche indes nicht mehr anzunehmen.

Zu den Darlegungen von Dr. L ... hat das SG eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen (SV) Dr. S ... eingeholt. Dieser hat darin am 04.06.1996 zusammenfassend ausgeführt, im Hinblick auf die biographische Vorgeschichte des Klägers müsse davon ausgegangen werden, daß das objektiv geringfügige, subjektivje doch signifikante Trauma wesentliche Bedingung für die Verschlimmerung des vorbestehenden psychiatrischen Krankheitsbildes gewesen sei. Wahrscheinlich wäre es aber auch ohne dieses Trauma in absehbarer Zeit zu einer Dekompensation gekommen. Vor diesem Hintergrund erscheine die von Dr. L ... vorgeschlagene degressive und zeitlich befristete MdE akzeptabel. - An dieser Ansicht hat Dr. S ... auch in Erwiderung einer auf die vom Kläger dazu vor gebrachten Einwände abgegebenen Stellungnahme vom 04.07.1996 festgehalten.

Der Kläger hat sodann das in einem Schwerbehindertenstreitverfahren für das SG Köln erstattete neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. H ... in B ... vom 14.06.1996 vorgelegt, in der dieser chronifizierte reaktive Belastungs- und Anpassungsstörungen mit Somatisierung bei narzißtisch-zwanghafter Persönlichkeitsstruktur und hoher Kränkbarkeit und sozialem Rückzug (phobische Entwicklung) diagnostiziert und mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 v.H. bewertet hat.

Auf Antrag des Klägers hat das SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Dr. H ..., Oberarzt am Westfälischen Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie in P ... eingeholt.

Dieser ist darin am 23.04.1997 zu dem Ergebnis gelangt, als Unfallfolge bestehe eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom sowie (nebenbefundlich ohne gutachterliche Relevanz) ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel. Diese Gesundheitsstörungen seien ursächlich auf das Unfallereignis vom 05.08.1991 zurückzuführen. Unter Berücksichtigung und kritischer Würdigung der Vorgutachten und gutachtlichen Stellungnahmen sei davon auszugehen, daß eine vorbestehende Störung der sozialen Leistungsfähigkeit nicht anzunehmen sei. Den eventuell vorhandenen narzißtischen Persönlichkeitsanteilen sei kein Krankheitswert beizumessen und ihnen komme mit hoher Wahrscheinlichkeit auch keine Rolle i.S. einer - wie auch immer gearteten - seelischen Vorschädigung zu. Vielmehr müsse man davon ausgehen, daß der Kläger vor dem Unfallereignis psychisch gesund gewesen sei und eine depressive Symptomatik nicht vorgelegen habe. Die dagegen von den Dres. K ..., B ... und L ... vorgebrachten Gesichtspunkte seien nicht überzeugend. Entscheidend sei, daß die un zweifelhaft bestehende depressive Störung nach dem Unfallereignis eingesetzt habe, bis heute andauere und nicht durch ein eindeutig symptomfreies oder symptomarmes Intervall unterbrochen worden sei. Unter Berücksichtigung des engen zeitlichen Zusammenhanges zwischen Unfallgeschehen und Krankheitsbeginn und des Umstandes, daß nach herrschender Lehrmeinung psychosoziale Faktoren häufig maßgeblich für die Auslösung einer depressiven Entwicklung insbesondere nach dem 45. Lebensjahr seien, könne mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß dem Kläger ohne den Unfall andere Konfliktlösungsmöglichkeiten verblieben wären, so daß aus psychiatrischer Sicht ernsthafte Zweifel an einer anderen Verursachung der depressiven Entwicklung nicht in Betracht kämen. Seit dem 05.08.1991 bestehe eine MdE von 100 v.H ...

Die Beklagte hat dazu Stellungnahmen der Neurologin und Psychiaterin Dr. B ... vom 20.07. und 05.09.1997 vorgelegt, die ausgeführt hat, der Zusammenhangsbeurteilung und MdE-Einschätzung durch Dr. H ... könne nicht gefolgt werden. Der Unfall habe für den Kläger nur eine symbolische Bedeutung gehabt, die Realisierung seines Lebenstraumes als Gastronom sei aus anderen Gründen gescheitert. Der Kläger sei - was Dr. H ... unberücksichtigt lasse - schon vor dem Unfallereignis wegen eines Angstsyndroms arbeitsunfähig krank geschrieben worden. Man müsse davon ausgehen, daß es auch ohne das Unfallereignis in der Folgezeit zu einer Verschlimmerung der neurologisch-psychiatrischen Symptomatik gekommen wäre. Die von Dr. L ... und zuletzt auch von Dr. S ... vorgenommene MdE-Einschätzung erscheine angesichts der unfallbedingten Vorverlegung der Verschlimmerung der angstneurotischen Entwicklung sachgerecht. - Der Kläger hat dazu eine Stellungnahme von Dr. H ... vom 09.11.1997 vorgelegt, worin dieser bei seiner Einschätzung verblieben ist. Außerdem hat der Kläger einen Bericht des Internisten und Kardiologen Dr.B ... vom 09.10.1997 über die Untersuchung am 25.07.1991 eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung vom 28.11.1997 hat die Beklagte an geboten, dem Kläger für das erste Jahr nach dem Unfallereignis eine daraus resultierende MdE um 30 v.H. sowie für das zweite Jahr von 20 v.H. zuzuerkennen, wobei Zeiten der Arbeitsunfähigkeit noch abgeklärt werden müßten. Der Kläger hat dieses Teilangebot angenommen und im übrigen beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.12.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.1993 zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 100 v.H. zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Mit Urteil vom 28.11.1997 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 23.03.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.04.1998 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, allein der SV Dr. H ... habe ein zutreffendes und wissenschaftlich unangreifbares Gutachten erstattet. Das Vorbestehen einer neurotisch- depressiven Persönlichkeitsstruktur bzw. einer entsprechenden Krankheitsanlage sei - im Gegensatz zu den anderen gehörten nervenärztlichen Gutachtern - durch die beigezogenen Behandlungs- und Befundberichte nicht belegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.11.1997 abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen, hilfsweise, den im ersten Rechtszug nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. H ... zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor den Senat zu laden, sowie hilfsweise entsprechend den im Schriftsatz vom 26.04.1999 unter a), b), c) und d) gestellten Anträgen Beweis zu erheben durch Einholung von sachverständigen Zeugnissen durch die Dres. G ..., B ... und H ...

Die Beklagte hat den Teilvergleich vom 18.08.1998 ausgeführt und vorläufige Rente nach einer MdE um 30 v.H. für die Zeit vom 26.08.1991 bis 04.08.1992 und nach einer MdE um 20 v.H. bis zum 31.07.1993 wegen der Unfallfolgen "vorübergehende Verschlimmerung eines vorbestehenden depressiven, angstneurotischen Syndroms" gewährt.

Sie pflichtet dem angefochtenen Urteil bei, sieht sich in ihrer Einschätzung durch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren bestätigt und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens von Dr. V ..., Chefarzt des Instituts für Neurologie und Psychiatrie der Kliniken St. A ... in V ... Dieser hat einen magnetresonanztomographischen Untersuchungsbericht von Dr. O ... beigezogen und ist im Gutachten vom 28.09.1998 zu folgendem Ergebnis gelangt: Der Kläger leide unter einer chronifizierten, depressiv und regressiv gefärbten neurotischen Fehlentwicklung bei prädisponierender Persönlichkeitsstruktur und einer Reihe persönlicher Belastungsfaktoren. Das Ereignis vom 05.08.1991 habe zunächst zu einer Platzwunde und Schnittverletzungen im Gesicht geführt; es sei außerdem aber auch als seelisches Trauma aufzufassen. Es sei wahrscheinlich, daß die seelische Fehlentwicklung in ihrer Ausgestaltung und Ausprägung durch das Ereignis mitbedingt worden sei. Unter Berücksichtigung der ersten Monate nach den bestehenden körperlichen Verletzungsfolgen erscheine es angemessen, für ein Jahr nach dem Ereignis eine MdE in Höhe von 30 v.H. und für die Zeit ab August 1992 für ein Jahr eine solche von 20 v.H. anzunehmen. Für die Folgezeit sei dann dem Unfallereignis eine gravierende Bedeutung für das Fortbestehen der psychischen Störung nicht mehr beizumessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen. Die Verwaltungsakten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage ab gewiesen, denn dem Kläger steht - über den von der Beklagten in zwischen ausgeführten Teilvergleich hinaus - kein Anspruch auf Verletztenrente zu.

Der Rentenanspruch beurteilt sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da das als Arbeitsunfall geltend gemachte Ereignis vom 05.08.1991 vor dem Inkrafttreten des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zum 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 des Unfallversicherungs- Einordnungsgesetzes [UVEG], § 212 SGB VII).

Nach § 580 Abs. 1 RVO besteht Anspruch auf Verletztenrente dann, wenn die zu entschädigende MdE über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauert. Verletztenrente wird nach § 581 Abs. 1 RVO gewährt, solange infolge des Arbeitsunfalles die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel (20 v.H.) gemindert ist.

Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob der Versicherungsschutz beim Kläger nicht im Hinblick auf seine erhebliche Alkoholisierung (Blutalkoholgehalt von 1,92 Promille) ausscheidet, weil entweder von einem Leistungsausfall ausgegangen werden könnte mit der Folge, daß es an einem inneren Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit bei der Auseinandersetzung mit R. und damit am Vorliegen eines Arbeitsunfalles i.S.v. § 548 RVO fehlen könnte (vgl. dazu BSGE 45, 176, 178; 48, 224, 228; Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - § 8 SGB VII Rdn. 7.1) oder aber das alkoholbedingte Fehlverhalten des Klägers wesentliche Ursache für die Schlägerei mit R. war. Letzteres wäre dann der Fall, wenn es nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne die Alkoholeinwirkung und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit beim Kläger gar nicht zu der körperlichen Auseinandersetzung, die auch nach seinem Vortrag von ihm ausgegangen ist, und den nachfolgenden Verletzungen gekommen wäre (vgl. dazu Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, a.a.O. Rdn. 9.2 m.w.N.), wofür hier vieles spricht. Hierauf kommt es deshalb nicht mehr an, weil die Beklagte - auch für den Senat bindend - das Vorliegen eines Arbeitsunfalles anerkannt hat.

Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Gewährung der Vollrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung indes nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren auch zur Überzeugung des Senates nicht gegeben. Dafür sind folgende Erwägungen maßgebend:

1. Der Kläger zog sich bei dem Geschehen vom 05.08.1991 neben der Nasenbeinfraktur, den Schnittwunden im Gesicht und der Platzwunde am Hinterkopf eine Schädelprellung zu. Daß die chirurgischen Unfallfolgen ausgeheilt sind und einen Rentenanspruch nicht begründen können, ist offenkundig und zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Es ist - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - bei der Kopfprellung auch nicht zu einer ernsteren Verletzung i.S. eines Schädel-Hirn-Traumas gekommen, wie dies von dem vom Kläger beauftragten Gutachter S ..., dessen Darlegungen rechtlich als Parteivorbringen zu werten sind, aber auch von dem SV Dr. H ... angenommen worden ist. Schon das Vorliegen einer Gehirnerschütterung (Commotio cerebri bzw. Schädel-Hirn-Trauma I. Grades) als reversible Hirnfunktionsstörung und häufigste Folge von stumpfen Gewalteinwirkungen auf den frei beweglichen Schädel (vgl. zum folgenden Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit 6. Aufl. 1998 S. 307 ff., 309) ist nicht gesichert. Eine solche Diagnose darf nämlich nur dann gestellt werden, wenn eine anfängliche Bewußtseinsstörung oder mehr oder weniger ausgeprägte vorangehende Erinnerungslücken (retrograde Amnesie) nachgewiesen sind. Eine solche hat indes nach den maßgebenden Feststellungen im Durchgangsarztbericht von Priv.-Doz. Dr. H ... und dem von ihm erstatteten Ergänzungsbericht bei Kopfverletzungen nicht bestanden. Auch hatte der Kläger nicht über Übelkeit oder Erbrechen geklagt und es hatten keine Blutungen aus Mund, Nase und Ohren vorgelegen, die auf eine schwerere Hirnverletzung hindeuten können. Bei dieser Sachlage ist aber - worauf zu Recht der von der Beklagten im Verlauf des Gerichtsverfahrens gehörte Neurologe und Psychiater Dr. B ..., dessen Darlegungen gleichfalls als Parteivorbringen zu werten sind, hingewiesen hat -, schon die Diagnose einer Commotio cerebri, die definitionsgemäß keine Dauerschäden hinterläßt (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 321), nicht gerechtfertigt. Soweit der Kläger im Verlaufe des Verfahrens - so z.B. auch gegenüber Dr. H ... - von einer Erinnerungslücke bzw. vorübergehender Bewußtlosigkeit nach dem Unfall gesprochen hat, steht dies im Widerspruch zu den Feststellungen des Durchgangsarztes, kann daher nicht als erwiesen angesehen und bei der weiteren Beurteilung der Zusammenhangsfrage zugunsten des Klägers unterstellt werden. Erst recht scheidet danach das Vorliegen einer morphologisch faßbaren Schädigung der Hirnsubstanz i.S. einer Contusio cerebri (Schädel-Hirn-Trauma II. oder III. Grades) aus. Insoweit haben auch die bildgebenden Untersuchungen des Schädels - wie zuletzt der SV Dr. V ... nachgewiesen hat - sämtlich unauffällige Befunde ergeben. Das Vorliegen einer unfallbedingten Hirnsubstanzschädigung ist im übrigen weder von dem im Verwaltungsverfahren von der Beklagten beauftragten Gutachter Priv.-Doz. Dr. B ..., dessen Ausführungen urkundsbeweislich zu werten waren, noch von den im Gerichtsverfahren gehörten neurologisch- psychiatrischen SV en Dres. S ..., H ... und V ... angenommen worden. Die gegenteilige Annahme des Psychiaters S ... ist damit sicher widerlegt; unfallbedingte neurologische Schäden sind danach beim Kläger nicht nachweisbar.

2. Die vom Kläger nach dem Unfall beklagten Schwindelbeschwerden, die - neben der Herzsymptomatik - während der stationären Behandlung im J ...-Krankenhaus in B ... im Vordergrund standen und in der Folgezeit bis Anfang 1992 als Ursache der Arbeitsunfähigkeit angesehen wurden und zu weiteren diagnostischen Maßnahmen geführt hatten, sind - im Gegensatz zur Auffassung des Psychiaters S ... und des SV Dr. H ..., - nicht i.S.d. unfallrechtlichen Kausalitätslehre (vgl. dazu BSGE 61, 127, 129; 63, 272, 278; Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, a.a.O. Rdn. 8.2) wesentlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 05.08.1991 zu beziehen. Der Senat stützt sich insoweit auf die Ausführungen des von der Beklagten gehörten hno-ärztlichen Gutachters Dr. S ...-M ..., die urkundsbeweislich zu verwerten waren, sowie auf die entsprechenden Darlegungen der SV en Dr. S ... und Dr. V ...

Soweit seinerzeit von dem HNO-Arzt Prof. Dr. O ... und dem Neurologen Prof. Dr. D ... eine traumatisch bedingte Schwindelsymptomatik angenommen und von einer Commotio labyrinthi gesprochen worden ist, ist dem entgegenzuhalten, daß - wie vorstehend dar gelegt - eine Commotio cerebri gerade nicht nachgewiesen werden kann, was sowohl Prof. Dr. O ... wie auch Prof. Dr. D ... offenkundig wegen der fehlenden Kenntnis von den Befunderhebungen des Durchgangsarztes Priv.-Doz. Dr. H ... nicht bekannt war. Der hno-ärztliche Gutachter Dr. S ...-M ... hat - in Unkenntnis der Tatsache, daß der Kläger schon vor dem Arbeitsunfall wegen entsprechender Beschwerden in ärztlicher Behandlung war - aufgrund seiner Untersuchung und der ihm vorliegenden Unfallakten eine traumatisch bedingte Schwindelsymptomatik zutreffend ausgeschlossen. Wenn der Kläger nach dem Unfall während der Behandlung im J ...-Hospital vom 05. bis 20.08.1991, bei den weiterführen den Untersuchungen durch Prof. Dr. O ... und Prof. Dr. D ...- und noch während des Gerichtsverfahrens den Eindruck erweckt hat, daß diese Beschwerden erstmals nach dem Unfall aufgetreten sind und daher ursächlich auf diesen bezogen und daher als Unfallfolgen anerkannt werden müßten, so kann dies nur als ein zweckgerichtetes Verhalten gekennzeichnet werden. Der Kläger war nämlich wegen der gleichen Beschwerden Anfang 1991 von dem behandelnden Arzt Dr. O ... u.a. zur Abklärung dieser Schwindelsymptomatik an Dr. G ... verwiesen worden, der seinerzeit die Diagnosen Synkope unklarer Ätiologie, oberes Cervikalsyndrom links mit lagebedingten Auswirkungen auf den vertebro-basilären Bereich, Überforderungsreaktion gestellt hatte. Diese Beschwerden waren auch mitursächlich für die von Dr. O ... vom 10.01. bis 03.08.1991 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Wenn - in Unkenntnis dieses Sachverhalts - Priv.-Doz. Dr. B ... vom Vorliegen eines unfallbedingten paroxysmalen Lagerungsschwindels ausgegangen ist, kann diese Beurteilung nach alledem nicht aufrechterhalten werden.

Dementsprechend haben auch die SV en Dr. S ... und Dr. V ... diese Beschwerden, die ohnehin für die Bewertung der MdE keine Rolle spielen würden und die die seinerzeit festgestellte Arbeitsunfähigkeit nicht rechtfertigen konnten, wie dies aus den Darlegungen von Priv.-Doz. Dr. B ... und dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. L ... vom 01.02.1994 folgt, zu Recht nicht als Unfallfolge angesehen. Soweit Dr. H ... zu einer für den Kläger positiven Beurteilung der Zusammenhangsfrage gelangt ist und von einem "unfallbedingten benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel" spricht, sind seine - nicht näher begründeten - Ausführungen angesichts des vorstehend Dargelegten unschlüssig und nicht nachvollziehbar. Sie rechtfertigen die Annahme, daß der SV entweder den Akteninhalt nicht zur Kenntnis genommen hat oder aber bestrebt war, die gegen einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis sprechenden Gesichtspunkte - auch in bezug auf die Neuroseproblematik - zugunsten des Klägers zu verschweigen oder zu vernachlässigen, was mit der Aufgabenstellung eines SV, der - auch bei einer Beauftragung nach § 109 SGG - sein Gutachten unparteiisch, nach bestem Wissen und Gewissen zu erstatten hat (§ 118 SGG i.V.m. § 410 ZPO), unvereinbar ist.

3. Mit der Beklagten und dem SG ist der erkennende Senat gleich falls der Ansicht, daß der Unfall beim Kläger nicht zu bleibenden Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet geführt hat. Das diesbezüglich von den Gutachtern und SV unterschiedlich bezeichnete, in der Zusammenhangsfrage wie in der Auswirkung auf die Erwerbsfähigkeit kontrovers bewertete Krankheitsbild ist nicht wesentlich ursächlich auf das Ereignis vom 05.08.1991 zurückzuführen. Vielmehr ist es - was Dauer und Ausmaß anlangt - wie Dr. L ..., Dr. S ... und zuletzt Dr. V ... einleuchtend dargelegt haben, ganz überwiegend auf die vorbestehende Persönlichkeitsstruktur des Klägers zurückzuführen, wobei dem Unfallereignis für die Krankheitsentwicklung allenfalls die Bedeutung einer einmaligen, vorübergehenden und nicht richtunggebenden Verschlimmerung zukommt, der die Beklagte mit der vergleichsweise gewährten gestaffelten Verletztenrente ausreichend Rechnung getragen hat. Soweit vor allem der SV Dr. H ..., auf den der Kläger sich in der Berufung maßgebend stützt, zu einer anderen Beurteilung ist, überzeugen seine Ausführungen unter Berücksichtigung der unfallrechtlichen Kausalitätslehre und der für die Anerkennung psychoreaktiver Unfallfolgen von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien dagegen nicht.

Die vorstehend dargelegte unfallrechtliche Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung gilt auch für die - besonders schwierige - Zusammenhangsbeurteilung psychoreaktiver/psychogener Störungen (Neurosen) nach körperlichen und seelischen Traumen (vgl. BSGE 18, 173, 177; 19, 275, 278; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 26; BSG Urteil vom 31.01.1989 - 2 RU 17/88 -; vgl. zum ganzen ferner Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl. S. 489 ff.; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 250 ff. sowie jüngst - aus rechtlicher Sicht -: Brandenburg, Med. Sach. 93 [1997] S. 40 ff.; Keller, SGb 1997 S. 10 ff. und - aus medizinischer Sicht -: Foerster, Med. Sach. 93 [1997] S. 44 ff.).

Die besonderen Probleme rühren daher, daß zum einen derartige seelische Befindungsstörungen ohne organische Grundlage nach einem Unfallereignis und -erlebnis höchst unterschiedlich ausfallen können und nicht direkt erfahrbar und objektivierbar sind (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O.; Foerster, a.a.O.; Zeith/ Wiester SGb 1994, 549 f.). Eine Entschädigung setzt zudem voraus, daß es sich bei diesen Störungen um solche von Krankheitswert, d.h. um eine Krankheit im Rechtssinne handelt, was dann der Fall ist, wenn ernste und echte Versagenszustände vorliegen, die der Einzelne nicht mit eigener Kraft unter Einsatz aller verfügbaren Mittel seines Willens überwinden kann (vgl. BSG SozV 1991, 81; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 254 m.w.N.; Keller, a.a.O.). Vorgetäuschten Störungen (Aggravation/ Simulation) sowie Wunsch- und Zweckreaktionen ist insoweit ein Krankheitswert abzusprechen; sie können keine Entschädigungsansprüche begründen (BSGE 18, 173, 177; 19, 275, 278; 32, 303, 309; SozR 2200 § 581 Nr. 26; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 261).

Für die Beurteilung der Zusammenhangsfrage zwischen derartigen psychoreaktiven/psychogenen Störungen und einem Arbeitsunfall sind folgende vier Komplexe von Bedeutung und müssen bewertend berücksichtigt werden:

- der Schweregrad des Unfallereignisses,

- der Schweregrad des Unfallerlebnisses,

- die Persönlichkeit des betroffenen Menschen in ihrem sozialen Gefüge und ihrer jeweiligen Lebenssituation einschließlich vorbestehender Krankheitsanlagen sowie

- mögliche sekundäre Motive sowie psychosoziale Faktoren ausdem persönlichen Umfeld

(so Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 257 f.; Foerster, a.a.O.).

Daß der medizinische SV in der Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht, wo auch die Frage des Ursachenzusammenhanges gestellt wird, in derartigen Fällen oft bis an die Grenze seiner diagnostischen und prognostischen Erkenntnismöglichkeit geführt wird, ist bekannt und liegt im Erscheinungsbild neurotischer Störungen und der Schwierigkeit ihrer medizinischen Erfassung begründet (vgl. Brackmann, a.a.O.; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O.). Dies hat zur Folge, daß die psychiatrischen Gutachter und SV oft zu einer unterschiedlichen Bewertung psychoreaktiver Störungen und auch zu gegensätzlichen Ergebnissen bei der Beurteilung der Zusammenhangsfrage kommen, die - wie das BSG jüngst dargelegt hat (BSGE 77, 11 f. = SozR 3-3800 § 1 OEG Nr. 4) - auch durch weitere Gutachten nicht in Einklang zu bringen sind (vgl. dazu auch Foerster, a.a.O.). Der hier zu beurteilende Sachverhalt und die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten nerven ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen bestätigen vollauf diese Erkenntnis. Daraus folgt, daß vom SV eine eindeutig abgrenzbare Beweisantwort zu verlangen ist und bei der Beweiswürdigung ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG SozR Nr. 38 zu § 1246 RVO; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 26 Brackmann a.a.O.; Keller, a.a.O.; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 265, 266). Der notwendige Wahrscheinlichkeitsnachweis für den Kausalzusammenhang ist nämlich erst dann gegeben, wenn nach geltender ärztlich- wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ein Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (BSGE 32, 303, 309; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG Breithaupt 1963, 60, 61).

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das SG unter Bezugnahme auf die Darlegungen von Dr. L ..., die als Parteivorbringen zu werten sind, sowie des SV Dr. S ... ebenso eingehend wie über zeugend dargelegt, warum der Beurteilung der Zusammenhangsfrage und der MdE-Einschätzung durch den im Auftrag des Klägers gehörten Dr. H ... nicht gefolgt werden kann. Der Senat nimmt insoweit - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (Bl. 30 ff. der Urteilsausfertigung) gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug und schließt sich ihnen nach eigener Prüfung an.

Ergänzend sei im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers noch folgendes angemerkt:

Dr. H ..., der - wie dargelegt - zu Unrecht vom Vorliegen einer unfallbedingten Bewußtlosigkeit und einer traumatisch bedingten Schwindelsymptomatik beim Kläger ausgegangen ist, stützt seine Beurteilung entscheidend darauf, daß der Kläger vor dem Ereignis vom 05.08.1991 "psychisch gesund" gewesen sei, eine seelische Vorschädigung nicht vorgelegen habe und der Persönlichkeitsstruktur keine Bedeutung bei der Entstehung der von ihm als Unfallfolge diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom zukomme und dieses ununterbrochen seit dem Unfall bestehe. Dabei bleibt er aber jede Erklärung dafür schuldig, warum das Unfallereignis, das unzweifelhaft für die Herbeiführung einer posttraumatischen Belastungsstörung (Post-Traumatic-Stress-Disorder [PTSD]) nicht geeignet ist, weil dafür nur schwere traumatische Ereignisse in Betracht kommen, die für jeden Menschen außerordentlich belastend sind, weil sie mit intensiver Angst, Schrecken oder Hilflosigkeit (z.B. ernsthafte Bedrohung oder Schädigung des eigenen Lebens bzw. des Ehegatten oder der Kinder, Zerstörung des eigenen Hauses) erlebt werden und die in der Mehrzahl der Fälle nach wenigen Monaten, längstens nach 2 Jahren abklingen (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 251; Foerster, Med. Sach. 92 (1996) 25 f., 27) beim Kläger zu einer solch ungewöhnlichen dauerhaften psychischen Störung geführt hat. Diese ist - wie aus den Darlegungen von Priv.-Doz. Dr. B ..., Dr. S ..., Dr. L ... und des vom Senat gehörten SV Dr. V ... folgt - nur vor dem Hintergrund einer vorbestehenden Krankheitsanlage mit Neigung zu somatischen und psychischen Beschwerden bei Belastung erklärlich, die neben den vorgenannten Ärzten auch von dem Psychologen K ..., dem Psychiater S ... und dem im Schwerbehindertenstreitverfahren gehörten SV Prof. Dr. H ... angenommen und anschaulich beschrieben worden ist.

Hinzu kamen persönliche und berufliche Belastungsfaktoren, die im Unfallzeitpunkt bereits vorbestanden, zu ärztlicher Behandlung und zu länger dauernder Arbeitsunfähigkeit und den Diagnosen "Angstsyndrom bei Überforderungssyndrom" (so Dr. O ...) bzw. "Überforderungssyndrom" (Dr. G ...) geführt hatten. Daß die damit verbunden gewesenen Herzbeschwerden einer organischen Grundlage entbehrten und ein Zustand nach 1978 abgelaufenem Herzinfarkt, den der Kläger in diesem Verfahren behauptet hat, entgegen den An nahmen von Dr. O ..., Prof. Dr. M ... und Dr. B ..., die sich offenkundig auf die entsprechenden Angaben des Klägers gründen, in Wirklichkeit nicht vorlag, hat Dr. V ... zu Recht unter Hinweis auf die gegenteiligen Feststellungen im Entlassungsbericht von Chefarzt Dr. P ... vom 24.10.1978, in dem ein Herzinfarkt ausdrücklich ausgeschlossen worden war, dargelegt. Auch bei der Behandlung des Klägers im Herbst 1989 in der Medizinischen Universitäts-Poliklinik B ... konnte von Prof. Dr. S ... nach dem Bericht vom 26.10.1989 eine myocardiale Ischämie sowie eine cerebrale Minderdurchblutung als Ursache der vorgebrachten linksthorakalen Schmerzen bei Schwindelsymptomatik ausgeschlossen werden. Daß ein Herzinfarkt in der Vergangenheit gerade nicht gesichert werden konnte, ist dem Kläger auch bekannt, denn er hat dies selbst z.B. bei der Erhebung der Krankheitsvorgeschichte durch Prof. Dr. H ... bei der Begutachtung im Schwerbehinderten streitverfahren am 14.06.1996 angegeben. Sein jetziges - gegenteiliges - Vorbringen ist danach offenkundig zweckgerichtet und soll ersichtlich der Stützung der These des SV Dr. H ... dienen, daß die vor dem Unfall behandelten Schwindel- und Herzbeschwerden organischer Natur waren und - entgegen der Auffassung von Priv.-Doz. Dr. B ..., Dr. S ..., Dr. L ... und Dr. V ... - nicht als psychosomatische Reaktionen auf die vorbestehenden Belastungsfaktoren bei narzißtisch gestörter zwanghafter und leicht kränkbarer Primärpersönlichkeit zu verstehen sind.

Wenn Dr. H ... dieser Persönlichkeitsstruktur und der schon vor dem Unfall in Erscheinung getretenen psychosomatischen Krankheitserscheinungen verbunden mit Unruhe-, Angstzuständen, Nervosität, Abgeschlagenheit, ohnmachtsähnlichen Schwindelattacken, Überforderungsreaktion bei privaten und beruflichen Streßeinwirkungen - so die Befundmitteilungen von Dr. O ... und Dr. G ... - keinen Krankheitswert und für die Entstehung der depressiven Erkrankung mit somatischer Symptomatik keine Bedeutung beimißt, vermag dies daher in keiner Weise zu überzeugen. Diesem SV sind offenbar auch die vorstehend referierten Grundsätze der Kausalitätsbeurteilung psychoreaktiver Störung nach Unfällen nicht hinreichend bekannt, denn diese erfordern - für den Ausschluß des Zusammenhanges - nicht den Nachweis, daß identische krankheitswertige Beschwerden schon vorbestanden haben. Es reicht vielmehr zur Verneinung eines rechtlich wesentlichen Zusammenhanges mit dem Trauma aus, wenn aus medizinischer Sicht für die Entstehung des psychiatrischen Krankheitsbildes, dessen Entschädigung begehrt wird, der Persönlichkeitsstruktur bzw. der Krankheitsanlage die überragende Bedeutung zukommt, was dann der Fall ist, wenn diese so leicht ansprechbar war, daß auch ohne das Unfallereignis in ab sehbarer Zeit durch andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignisse die gleichen Beschwerden hätten verursacht werden können (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 20; Bereiter-Hahn/ Schieke/ Mehrtens, a.a.O. Rdn. 9.3 ff.; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 260). Ausreichend ist insoweit, wenn mit Wahrscheinlichkeit auch geringfügigere Ereignisse zu den gleichen Folgen geführt hätten und es mithin nicht unersetzlicher Einwirkungen bedurfte (BSG Breithaupt 1968, 823, 824; Brackmann/ Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, 12. Aufl. § 8 SGB VII Rdn. 378). Besteht - wie hier - ein Mißverhältnis zwischen Schwere des Unfalls und psychischer Reaktion, so können sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, daß eine besondere psychische Veranlagung die rechtlich allein wesentliche Ursache der psychischen Störung darstellt (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 262; Brandenburg, a.a.O. S. 41).

Im übrigen ist - was Dr. H ... nicht berücksichtigt hat - aus der Tatsache, daß die psychoreaktive Störung des Klägers in dieser Form spätestens seit Anfang 1991 besteht und in der Folgezeit eher zugenommen hat, nicht ohne weiteres zu schließen, daß sie - wenn man von einer unfallbedingten Verursachung ausgeht - auch für die Folgezeit rechtlich wesentlich auf das Trauma zurückgeführt werden muß. Der erkennende Senat hat diesbezüglich mit Urteil vom 28.09.1994 - L 17 U 175/91 - (= HV Info 10/1995, 786) im Anschluß an das Grundsatzurteil des BSG vom 18.12.1962 (BSGE 18, 173, 177) entschieden, daß bei einem solchen Erkrankungsverlauf nach Besserung bzw. Ausheilung der organischen Unfallfolgen geprüft werden müsse, ob für das Fortbestehen der psychoreaktiven Störungen dann nicht die Persönlichkeitsstruktur bzw. die nachfolgenden Lebensumstände des Verletzten - ohne inneren Bezug zu den Verletzungsfolgen - in den Vordergrund getreten und als Ursache im Rechtssinne angesehen werden müßten (zustimmend Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 262; Brandenburg, a.a.O. S. 42). Hiervon ausgehend begegnet die von der Beklagten hier aufgrund der Darlegungen von Dr. S ... und Dr. L ... im Vergleichswege zuerkannte zeitlich befristete Verletztenrente keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken.

Schließlich hat Dr. H ... auch nicht hinreichend die im Unfallzeitpunkt bestehende berufliche und wirtschaftliche Situation des Klägers in seine Zusammenhangsbeurteilung mit einbezogen. Die berufliche Neuorientierung des Klägers - sein "Lebenstraum", als Gastronom tätig zu sein - war bereits gescheitert. Für das Restaurant bestanden seit Ende 1990/Anfang 1991 erhebliche wirtschaftliche Probleme, die - auch wenn sie teilweise auf ein Mißmanagement des Geschäftspartners zurückgegangen sein mögen -, in der Folgezeit nicht beseitigt werden konnten. Der Kläger selbst hat bei den Anamneseerhebungen angegeben, daß er sich mehr und mehr überfordert gefühlt habe. Er mußte zu der Einsicht kommen, daß er seine Fähigkeiten für die erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit als Gastronom falsch eingeschätzt hatte. Wenn er während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 10.01. bis 30.08.1991, bei der er Krankengeld von täglich 150,-- DM bezogen hat, im wesentlichen gleichwohl seine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat - so seine Angaben gegen über Dr. S ...-M ..., Priv.-Doz. Dr. B ..., dem Psychiater S ... und dem SV Dr. S ... -, so mag dies vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten nachvollziehbar sein, zeigt aber zugleich auf, daß schon damals sein Verhalten entscheidend durch die Erlangung einer sozialen Absicherung gekennzeichnet war.

Ist die psychische Reaktion aber wesentlich die Folge wunschbedingter Vorstellungen, die z.B. mit der Tatsache des Versicherten seins, mit persönlichen Lebenskonflikten in Zusammenhang stehen oder dazu dienen, ein mit bzw. nach dem Unfall neu gesetztes Lebensziel wie die Legitimation für den Rückzug aus dem Beruf, die Erlangung einer möglichst hohen Rente, Befreiung von sozialen Zwängen zu verwirklichen, so stehen dieser der Gewährung von Entschädigungsleistungen entgegen (BSGE 18, 173, 177; 32, 303, 209; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 26; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O. S. 261 ff.; Brandenburg, a.a.O. S. 40, 41). In Anbetracht der Tatsache, daß der Kläger auch im Gerichtsverfahren noch zweckgerichtete Angaben gemacht hat - die Gewährung von Krankengeld in dem vorgenannten Zeitraum ist ihm angeblich nicht erinnerlich -, muß auch hier vom Vorliegen derartiger sekundärer Motive ausgegangen werden. Der Kläger nimmt offenkundig das Unfallereignis zum Anlaß, um eine finanzielle Kompensation für sein Scheitern als Gastronom und die danach erfolglos versuchte weitere berufliche Neuorientierung zu erlangen. Seine gedankliche Fixierung auf das Ereignis von August 1991 als alleinigen ursächlichen Faktor der gesundheitlichen Störungen und die hypochondrisch- regressiven Verhaltens weisen sind - wie Dr. V ... einleuchtend dargelegt hat - psychodynamisch als neurotische Kompensationsversuche zur Stützung seines Rest-Selbstwertgefühls zu werten und haben für den Kläger eine entlastende Funktion.

Nach alledem kann daher den Darlegungen des SV Dr. H ... zur Zusammenhangsfrage nicht gefolgt werden. Daß auch seine MdE-Einschätzung mit 100 v.H. sich mit den MdE-Erfahrungswerten, die bei der Unfallbegutachtung i.S. einer Gleichbehandlung der Verletzten zu beachten sind (BSG SozR 2200 § 581 Nrn. 23, 27, 28) nicht zu vereinbaren ist, hat im übrigen Dr. V ... zu Recht dargelegt. Darauf kommt es indes vorliegend nicht mehr an.

Zu weiteren medizinischen Ermittlungen bestand kein Anlaß. Den Hilfsanträgen des Klägers war nicht zu entsprechen. Nachdem im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren umfangreich medizinische SV gehört worden sind, bedurfte es der Einholung von sachverständigen Zeugnissen der 1990 behandelnden Ärzte Dr. G ... und Dr. B ... nicht zur Klärung der Frage, ob diese beim Kläger damals eine psychische Erkrankung von Krankheitswert festgestellt haben. Im übrigen ist dies - wie sich aus dem vorstehend Ausgeführten ergibt - hier auch aus Rechtsgründen unerheblich, denn eine Verneinung dieser Frage hätte nicht zur Folge, daß die Zusammenhangsfrage i.S.d. Klägers zu beantworten wäre. Einer ergänzenden Anhörung des SV Dr. H ... zur Bedeutung des Herzinfarktgeschehens für die Entstehung der beim Kläger jetzt psychiatrischerseits bestehenden Beschwerden bedurfte es deshalb nicht, weil ein Herzinfarkt - wie dargelegt - gar nicht erwiesen ist und zudem der Antrag auf ergänzende Anhörung des im ersten Rechtszug gehörten SV auch deshalb nicht in Betracht kommt, weil vor dem SG ein solcher Antrag nicht gestellt worden ist (vgl. BSG SozR 1750 § 411 Nr. 2 sowie jüngst m.w.N.: BSG Beschluss vom 03.03.1999 - B 9 VJ 1/98 B -).

Nach alledem mußte die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 193 SGG erfolglos bleiben.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlaß.
Rechtskraft
Aus
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