Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 6 (17) U 52/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 166/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 18. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger am 04.06.1996 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1965 geborene Kläger war seinerzeit als Masseur in der Massagepraxis R ...-M ..., Inhaber M ... M ..., in der H ... Straße ... - ... in E ... beschäftigt. Am 04.06.1996 befuhr der Kläger gegen 13.35 Uhr mit seinem Motorroller aus Fahrtrichtung ...- ...-Straße kommend die ...traße in Fahrtrichtung Hauptbahnhof, wobei er den rechten Geradeausfahrstreifen benutzte. Die Ampelanlage an der ...straße, die der Kläger in Gerade ausrichtung überqueren wollte, zeigte Grünlicht. Als er in den Kreuzungsbereich eingefahren war, wurde er von einem auf der ...straße aus entgegenkommender Richtung fahrenden Pkw, der nach links in die ...straße einbiegen und dann in Richtung ...platz weiterfahren wollte, erfasst, als die Fahrerin des Pkw s die Vorfahrt des Klägers nicht beachtete. Der Kläger wurde gegen einen auf der Verkehrsinsel stehenden Ampelmast geschleudert und erlitt ein Schädelhirntrauma, ein Radiusschaftfraktur links sowie eine offene Tibiakopf-Trümmerfraktur links. Infolge einer nach der operativen Erstversorgung aufgetretenen Mangeldurchblutung des linkes Beines musste dieses im Kniegelenk exartikuliert werden.
Der Kläger gab zum Unfallhergang gegenüber der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) und der Beklagten an, er habe sich im Unfallzeitpunkt auf dem Rückweg vom Mittagessen in der Imbissstube" D ... H ..." auf der ...straße befunden. Er habe - da seine Ehefrau dienstags und mittwochs berufstätig sei - sein Mittagessen auswärts eingenommen und sei von der Wohnung etwa 10 Minuten unterwegs gewesen. Die Mittagspause habe an dem fraglichen Tage von 11.00 bis 14.30 Uhr gedauert. Im Dezember 1996 teilte er der Beklagten auf Rückfrage mit, er habe sich gegen 11.15 Uhr aus der Praxis zu Fuß nach Hause begeben und dort bis gegen 12.50 Uhr Pause gemacht. Da er Hunger verspürt habe, habe er sein Mittagessen einnehmen wollen und sei deshalb mit dem Motorroller zu der Imbissstube gefahren, wo er gegen 13.00 Uhr angekommen sei. Nach dem Essen habe er sich gegen 13.30 Uhr wieder zu seinem Roller begeben, um zur Arbeitsstelle zu fahren wo er nach Umkleidung und Einnahme eines Kaffees wieder seine Tätigkeit hätte aufnehmen wollen. Im Juni 1997 gab er an, er habe den Roller nicht direkt vor dem Imbiss "D ... H ..." abgestellt, da dort absolutes Halteverbot sei, sondern habe ihn auf der ...straße in Höhe der Hausnummer ... auf dem Parkstreifen geparkt und von dort den ca. 75 m langen Weg zu der Imbissstube zu Fuß zurückgelegt. Da er den Motorroller erst kurze Zeit besessen habe, habe er den ihm sicherer erscheinenden Weg über die ...straße, ...- und ...straße in Richtung ... Straße einschlagen wollen, da diese besser ausgebaut sei, breitere Fahrstreifen habe und er als Rollerfahrer besser erkannt werde. Den Weg über die ...straße habe er aus Sicherheitsgründen nicht nehmen wollen, da diese sehr unfallträchtig sei.
Die Beklagte, der der Unfall durch die DAK angezeigt wurde, zog im Rahmen der Ermittlungen die vorerwähnten Auskünfte des Klägers, eine Auskunft des Arbeitgebers vom 25.02.1997 sowie die Verkehrsunfallakten der Staatsanwaltschaft E ... bei. Mit Bescheid vom 23.09.1997 lehnte sie die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da der Unfall vom 04.06.1996 keinen Arbeitsunfall im Sinne von §§ 548, 550 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 8 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) darstelle. Sie begründete dies damit, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zwar Versicherungsschutz auch auf dem Weg vom Ort der Tätigkeit zu der Stelle bestehe, an der während der Arbeitszeit das Essen eingenommen werde. Da der Kläger sich aber, bevor er den Weg zur Imbissstube angetreten habe, ca. 1 1/2 Stunden zu Hause aufgehalten habe und von dort losgefahren sei, handele es sich nicht um einen unter Versicherungsschutz stehenden Weg von der Arbeitsstelle zum Ort der Essenseinnahme und zurück. Der Rückweg von der Imbissstube zur Arbeitsstelle könne auch nicht als "Weg vom dritten Ort" unter Versicherungsschutz stehen, da der Kläger sich dort weniger als eine Stunde aufgehalten habe und der Weg zudem auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem sonstigen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte stehe.
Den dagegen fristgerecht erhobenen Widerspruch begründete der Kläger sinngemäß damit, er habe an an den Tagen, an denen seine Frau nicht zu Hause gewesen sei, immer in einer Imbissstube zu Mittag gegessen, weshalb es sich auf dem Wege dorthin und zurück zur Arbeitsstelle um einen versicherten Weg gehandelt habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 22.04.1998 als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Kriterien zur Annahme eines versicherten Weges während der Arbeitspause zur Essensaufnahme seien nach dem Urteil des BSG vom 12.06.1989 (SozR 2200 § 548 Nr. 97) nicht erfüllt, da es an einer Betriebsbedingtheit des Weges zur Nahrungsaufnahme deshalb fehle, weil der Kläger sich zuvor mehr als 1 1/2 Stunden im häuslichen unversicherten Lebensbereich aufgehalten habe und von dort - aus rein privaten Gründen - zum Mittagessen gefahren sei.
Dagegen hat der Kläger am 15.05.1998 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit Urteil vom 18.05.1999 hat das SG die Klage abgewiesen und auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.
Gegen das ihm am 17.06.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.07.1999 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, er habe sich auf einem versicherten Rückweg von der Nahrungsaufnahme in der Mittagspause befunden. Nach der Rechtsprechung des BSG sei es nämlich unerheblich, ob die Nahrungsaufnahme im häuslichen Bereich oder in einer Gaststätte erfolge. Dieser Weg sei insgesamt von der Arbeitsstelle bis zur Imbissstube versichert gewesen; eine Unterbrechung sei insoweit nur durch den Zwischenaufenthalt in der Wohnung erfolgt. Dort habe er sich aufhalten müssen, um seine weiße Arbeitskleidung zu wechseln, da er mit dieser nicht habe Motorroller fahren können. Deshalb habe er auch nicht den direkten Weg von der Arbeitsstelle zur Imbissstube genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 18.05.1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1998 zu verurteilen, den Unfall vom 04.06.1996 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, im Hinblick auf die Länge der Mittagspause und den ca. 1 1/2 stündigen Aufenthalt des Klägers in seiner Wohnung seien keine mit der betrieblichen Tätigkeit zusammenhängenden Gründe gegeben gewesen, das Mittagessen an einem anderen Ort als in der Wohnung einzunehmen. Wenn dort die Essenseinnahme nicht erfolgt sei, seien dafür allein private Gründe, nämlich die Abwesenheit der berufstätigen Ehefrau des Klägers maßgebend gewesen.
Der Kläger ist in den Verhandlungsterminen vom 26.04.2000 und 10.01.2001 zu der Gestaltung der Arbeitspause am Unfalltage und zu den an diesem Tage in der Mittagspause zurückgelegten und beabsichtigten Wegstrecken befragt worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend die Gewährung von Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil der Kläger bei dem Verkehrsunfall vom 04.06.1996 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der Entschädigungsanspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da das als Arbeitsunfall geltend gemachte Ereignis vor dem Inkrafttreten des SGB VII zum 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], § 212 SGB VII).
Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt eines Arbeitsunfalls u.a. Verletztengeld und Verletztenrente. Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs. 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Als Arbeitsunfall gilt nach § 550 Abs. 1 RVO auch ein Unfall auf einem mit einer der in den vorstehenden §§ genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls setzt in der Regel voraus, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einer seits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128; 63, 270, 271). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 82; BSG Urteile vom 18.04.2000 - B 2 U 7/99 R und 27.06.2000 - B 2 U 22/99 R -). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77; BSGE 61, 127, 128; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden (BSGE 58, 80, 83; BSG Urteil vom 27.06.2000, a.a.O.). Es muss also sicher feststehen, dass im Unfallzeitpunkt eine - noch - versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128; vgl. zum Ganzen m.w.N.: Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar] Stand 6/00 § 8 SGB VII Rdnr. 10 m.w.N.). Lässt sich nicht feststellen, ob der Versicherte bei einer Verrichtung verunglückt ist, die - wenn feststellbar - im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hätte, trifft die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Verrichtung den Versicherten (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 70; SozR 3-2200 § 548 Nr. 19).
Unter Beachtung dieser Grundsätze lässt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen, dass der Kläger auf einem versicherten Weg verunfallt ist. Er hatte bei dem bis zum 30.06.1996 dauernden Beschäftigungsverhältnis in der Massagepraxis R ...-M ..., die nach Angaben des Klägers ca. 20 m von seiner Wohnung entfernt ist, eine zweigeteilte Arbeitszeit. Die Mittagspause dauerte nach den Angaben des Arbeitgebers im Verwaltungsverfahren gewöhnlich von 11.00 bis 14.00 Uhr. Am Unfalltag hatte der Kläger nach seinem Vortrag eine Pause von 11.00 bis 14.30 Uhr. In dieser Zeit hat er sich - was der Senat nicht bezweifelt - von ca. 11.15 bis 12.50 Uhr in der häuslichen Wohnung aufgehalten. Auf dem Weg von der Arbeitsstelle zur Wohnung in der Mittagspause bestand nach § 550 Abs. 1 RVO Versicherungsschutz. Es ist anerkannt, dass auch mehrfache Wege zwischen Wohnung und Ort der Tätigkeit - z.B. zur Nahrungsaufnahme in der Mittagspause - versichert sein können (vgl. BSG SozR 2200 § 550 Nr. 25; 62 ferner Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. § 8 SGB VII Rdnr. 12.10; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Unfallversicherung - § 8 SGB VII Rdnr. 214). Im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Arbeitsunterbrechung von 3 1/2 Stunden und die Aufenthaltsdauer von mehr als 1 1/2 Stunden in der Wohnung muss davon ausgegangen werden, dass der Weg von Arbeitsstelle zur Wohnung dem Überwechsel in den privaten (unversicherten) Bereich diente und die Wohnung nicht nur Zwischenort für einen anderen versicherten Weg war. Ein Ausnahme fall im Sinne des Urteils des BSG vom 29.02.1984 (SozR 2200 § 550 Nr. 62) ist nicht gegeben.
Der sodann gegen 12.50 Uhr von der Wohnung angetretene Weg mit dem Motorroller in die E ... City war nicht versichert. Ein Weg zur Nahrungsaufnahme während der Mittagspause i.S. der Rechtsprechung des BSG lag nicht vor. Grundsätzlich ist Essen und Trinken unabhängig von der verrichten Tätigkeit erforderlich und daher eigenwirtschaftlich; es ist also auch während der Arbeit und auf der Arbeitsstätte unversichert, obwohl es allgemein der Erhaltung der Arbeitskraft dienlich ist (BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 20; 86; SozR 3-2200 § 550 Nr. 15; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 7.33; Brackmann/Krasney, a.a.O. § 8 Rdnr. 71).
Mit dem Grundsatzurteil vom 06.12.1989 (SozR 2200 § 548 Nr. 97) hat das BSG aber entschieden, dass Wege zur Nahrungsaufnahme in nerhalb der Betriebsstätte ebenso im inneren Zusammenhang mit der den Unfallversicherungsschutz begründenden betrieblichen Beschäftigung stehen wie derartige Wege, die über das Betriebsgelände hinausgehen. Es hat dies damit begründet, dass allein die Tatsache, dass der Versicherte den Weg zurücklege, der von der Notwendigkeit geprägt sei, persönlich auf dem Betriebsgelände anwesend zu sein und dort seine betriebliche Tätigkeit zu verrichten, nicht ausreiche, um rechtlich wesentlich den inneren Zusammenhang zwischen dem Weg und der Betriebstätigkeit zu begründen. Da aber Essen und Trinken während der Arbeitszeit dadurch gekennzeichnet seien, dass sie regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlungen seien, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und es ihm daher mittelbar ermöglichen, die aktuelle betriebliche Tätigkeit fortzusetzen, seien diese Wege gleichzeitig mittelbar von einem betriebsbezogenen Handlungsziel geprägt. Das Zusammentreffen bei der betriebsbezogenen Merkmale, das letztgenannte notwendige Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit des Weges zur Nahrungsaufnahme, bewirken danach den wesentlichen inneren Zusammenhang zwischen dem Betrieb auf der einen und einem nach oder von der Nahrungsaufnahme außerhalb des Betriebes unternommenen Weg, weshalb auf solchen Wegen Unfallversicherungsschutz nach § 550 Abs. 1 RVO besteht (vgl. auch BSG SozR 2200 § 550 Nr. 28; BSG BB 1995, 1752; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 15; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 7.33.8 f.).
Können danach auch grundsätzlich Wege zur Nahrungsaufnahme geschützt seien, die aus dem Betrieb hinausführen, so ist im Fall des Klägers der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit deshalb zu verneinen, weil der Weg zur Essensaufnahme von der Wohnung aus angetreten worden ist und nicht der Betrieb und die dort verrichtete Tätigkeit Ausgangspunkt des Weges war. Zwar mag eine andere rechtliche Beurteilung dann geboten sein, wenn die Wohnung nur kurz aufgesucht wurde - etwa um die Arbeitskleidung zu wechseln - um sogleich den Weg in eine Gaststätte zur Essensaufnahme anzutreten. Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist hier indes im Hinblick auf die ungewöhnliche Dauer der Mittagspause und die verstrichene Zeit, in der sich der Kläger in der Wohnung auf gehalten und sich privaten Verrichtungen gewidmet hat, zu verneinen.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich die Imbissstube an der ...straße/Ecke ...straße (vgl. den Ausschnitt aus dem E ... Stadtplan Bl. 355 Verwaltungsakte) auf gesucht hat und auf dem unmittelbaren Rückweg zur Arbeitsstätte war. Insoweit bestehen deshalb gewisse Zweifel, weil der Kläger - entgegen seinen Angaben vor dem Senat - direkt von der ...straße über die ...straße die ...straße, an deren Ecke sich die Imbissstube befindet, hätte erreichen können. Zum anderen ist der Kläger nach der vorgetragenen Essenseinnahme auf der ...straße in entgegengesetzter Richtung weitergefahren und hat sich so von dem behaupteten Zielort auf der ...hauser Straße weiter entfernt. Die dazu im Verwaltungsverfahren und vor dem Senat gemachten Angaben sind in keiner Weise einleuchtend und überzeugend. Wenn der Kläger sich im Hinblick auf die fehlende Fahrpraxis mit dem Motorroller nicht sicher fühlte, wäre es allein sinnvoll gewesen, auf dem gleichen Weg, den er von seiner Wohnung über die ...hauser Straße, ...- ...-Straße und ...straße genommen hatte, zurückzufahren. Warum er dies nicht getan hat, konnte er nicht erklären. Auch die naheliegende Wegstrecke unter der Bahnunterführung auf der ...burgstraße über die ...straße in Richtung H ... hat er nicht gewählt und dies damit begründet, er habe dann durch einen "Tunnel" fahren müssen. Dies ist deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar, weil der von ihm gewählte Weg mit einer wesentlich längeren Bahnunterführung am Hauptbahnhof (F ...) verbunden ist, der Weg dadurch um mehrere 100 Meter verlängert wird und zudem auf der südlichen Bahnhofseite, auf der der Kläger hätte zurückfahren müssen, mit mehrspuriger Straßenführung über einen großen Verkehrsknoten mit mehreren Ampeln führt.
Zweifel an der Richtigkeit des in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2000 gemachten Vortrages, er sei auf dem direkten Weg zur Arbeitsstätte gewesen und habe sich dort umziehen wollen, bestehen auch deshalb, weil er im gleichen Termin zunächst die Frage, ob er sich nach der Rückfahrt von der Imbissstube wieder in der Wohnung habe umziehen müssen, mit "selbstverständlich" beantwortet hatte. Dies ist auch deshalb viel naheliegender, weil im Hinblick auf die Fahrtdauer von ca. 10 Minuten noch etwa eine 3/4 Stunde Pausenzeit zur Verfügung gestanden hätte, in der sich der Kläger in der Wohnung hätte umziehen und auch noch Kaffee hätte trinken können. Angesichts dieser Umstände besteht die gute Möglichkeit, dass der Kläger in Wirklichkeit auf einem anderen privaten und damit unversicherten Weg war als er verunfallte.
Dass auch kein Versicherungsschutz unter dem rechtlichen Aspekt einer Fahrt vom sogenannten "dritten Ort" zur Arbeitsstätte bestand, hat die Beklagte ebenfalls zutreffend dargelegt.
Da § 550 Abs. 1 RVO nur den einen Endpunkt des Weges als "Ort der Tätigkeit" benennt, kann ein Wegeunfall auch dann vorliegen, wenn der Weg zur Arbeitsstätte nicht - was die Regel sein wird - von der Wohnung aus angetreten wird oder dahin zurückführt (vgl. BSGE 62, 113; 82, 138; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 12.20 f.; Brackmann/Krasney, a.a.O. Rdnr. 192). Sowohl der Hinweg wie auch der Rückweg müssen jedoch zu einem Ort führen, an dem sich der Versicherte für eine erhebliche Dauer aufgehalten haben muss bzw. aufhalten will; die notwendige Aufenthaltsdauer beträgt nach dem letztgenannten BSG-Urteil mindestens zwei Stunden. Dieses zeitliche Moment ist zur Unterscheidung von einem Umweg auf dem Weg von dem häuslichen Bereich zum Ort der Tätigkeit bzw. zurück, auf dem Versicherungsschutz nicht besteht, wesentlich (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 2). Da der Kläger seinen Angaben zufolge sich nur etwa eine gute halbe Stunde in der E ... Innenstadt aufgehalten hat, sich auch nicht mehr zwei Stunden aufhalten konnte und von dort die Rückfahrt angetreten hat, ist schon das Erfordernis der mehr als zweistündigen Aufenthaltsdauer am dritten Ort nicht er füllt. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob Versicherungsschutz nicht auch wegen der Motive für das Aufsuchen des dritten Ortes und der Wegstreckenverlängerung im Vergleich zum üblichen Arbeitsweg zu verneinen wäre (vgl. dazu m.w.N. Bereiter-Hahn/Mehr tens, a.a.O. Rdnr. 12.21 f.).
Aus alledem folgt, dass der Kläger weder einen Arbeitsunfall auf einem Betriebsweg noch einen Wegeunfall erlitten hat, weshalb die Berufung mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen war.
Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass, da der Senat bei seiner Entscheidung der Rechtsprechung des BSG folgt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger am 04.06.1996 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1965 geborene Kläger war seinerzeit als Masseur in der Massagepraxis R ...-M ..., Inhaber M ... M ..., in der H ... Straße ... - ... in E ... beschäftigt. Am 04.06.1996 befuhr der Kläger gegen 13.35 Uhr mit seinem Motorroller aus Fahrtrichtung ...- ...-Straße kommend die ...traße in Fahrtrichtung Hauptbahnhof, wobei er den rechten Geradeausfahrstreifen benutzte. Die Ampelanlage an der ...straße, die der Kläger in Gerade ausrichtung überqueren wollte, zeigte Grünlicht. Als er in den Kreuzungsbereich eingefahren war, wurde er von einem auf der ...straße aus entgegenkommender Richtung fahrenden Pkw, der nach links in die ...straße einbiegen und dann in Richtung ...platz weiterfahren wollte, erfasst, als die Fahrerin des Pkw s die Vorfahrt des Klägers nicht beachtete. Der Kläger wurde gegen einen auf der Verkehrsinsel stehenden Ampelmast geschleudert und erlitt ein Schädelhirntrauma, ein Radiusschaftfraktur links sowie eine offene Tibiakopf-Trümmerfraktur links. Infolge einer nach der operativen Erstversorgung aufgetretenen Mangeldurchblutung des linkes Beines musste dieses im Kniegelenk exartikuliert werden.
Der Kläger gab zum Unfallhergang gegenüber der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) und der Beklagten an, er habe sich im Unfallzeitpunkt auf dem Rückweg vom Mittagessen in der Imbissstube" D ... H ..." auf der ...straße befunden. Er habe - da seine Ehefrau dienstags und mittwochs berufstätig sei - sein Mittagessen auswärts eingenommen und sei von der Wohnung etwa 10 Minuten unterwegs gewesen. Die Mittagspause habe an dem fraglichen Tage von 11.00 bis 14.30 Uhr gedauert. Im Dezember 1996 teilte er der Beklagten auf Rückfrage mit, er habe sich gegen 11.15 Uhr aus der Praxis zu Fuß nach Hause begeben und dort bis gegen 12.50 Uhr Pause gemacht. Da er Hunger verspürt habe, habe er sein Mittagessen einnehmen wollen und sei deshalb mit dem Motorroller zu der Imbissstube gefahren, wo er gegen 13.00 Uhr angekommen sei. Nach dem Essen habe er sich gegen 13.30 Uhr wieder zu seinem Roller begeben, um zur Arbeitsstelle zu fahren wo er nach Umkleidung und Einnahme eines Kaffees wieder seine Tätigkeit hätte aufnehmen wollen. Im Juni 1997 gab er an, er habe den Roller nicht direkt vor dem Imbiss "D ... H ..." abgestellt, da dort absolutes Halteverbot sei, sondern habe ihn auf der ...straße in Höhe der Hausnummer ... auf dem Parkstreifen geparkt und von dort den ca. 75 m langen Weg zu der Imbissstube zu Fuß zurückgelegt. Da er den Motorroller erst kurze Zeit besessen habe, habe er den ihm sicherer erscheinenden Weg über die ...straße, ...- und ...straße in Richtung ... Straße einschlagen wollen, da diese besser ausgebaut sei, breitere Fahrstreifen habe und er als Rollerfahrer besser erkannt werde. Den Weg über die ...straße habe er aus Sicherheitsgründen nicht nehmen wollen, da diese sehr unfallträchtig sei.
Die Beklagte, der der Unfall durch die DAK angezeigt wurde, zog im Rahmen der Ermittlungen die vorerwähnten Auskünfte des Klägers, eine Auskunft des Arbeitgebers vom 25.02.1997 sowie die Verkehrsunfallakten der Staatsanwaltschaft E ... bei. Mit Bescheid vom 23.09.1997 lehnte sie die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da der Unfall vom 04.06.1996 keinen Arbeitsunfall im Sinne von §§ 548, 550 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 8 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) darstelle. Sie begründete dies damit, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zwar Versicherungsschutz auch auf dem Weg vom Ort der Tätigkeit zu der Stelle bestehe, an der während der Arbeitszeit das Essen eingenommen werde. Da der Kläger sich aber, bevor er den Weg zur Imbissstube angetreten habe, ca. 1 1/2 Stunden zu Hause aufgehalten habe und von dort losgefahren sei, handele es sich nicht um einen unter Versicherungsschutz stehenden Weg von der Arbeitsstelle zum Ort der Essenseinnahme und zurück. Der Rückweg von der Imbissstube zur Arbeitsstelle könne auch nicht als "Weg vom dritten Ort" unter Versicherungsschutz stehen, da der Kläger sich dort weniger als eine Stunde aufgehalten habe und der Weg zudem auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem sonstigen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte stehe.
Den dagegen fristgerecht erhobenen Widerspruch begründete der Kläger sinngemäß damit, er habe an an den Tagen, an denen seine Frau nicht zu Hause gewesen sei, immer in einer Imbissstube zu Mittag gegessen, weshalb es sich auf dem Wege dorthin und zurück zur Arbeitsstelle um einen versicherten Weg gehandelt habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch am 22.04.1998 als unbegründet zurück. Sie führte aus, die Kriterien zur Annahme eines versicherten Weges während der Arbeitspause zur Essensaufnahme seien nach dem Urteil des BSG vom 12.06.1989 (SozR 2200 § 548 Nr. 97) nicht erfüllt, da es an einer Betriebsbedingtheit des Weges zur Nahrungsaufnahme deshalb fehle, weil der Kläger sich zuvor mehr als 1 1/2 Stunden im häuslichen unversicherten Lebensbereich aufgehalten habe und von dort - aus rein privaten Gründen - zum Mittagessen gefahren sei.
Dagegen hat der Kläger am 15.05.1998 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit Urteil vom 18.05.1999 hat das SG die Klage abgewiesen und auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.
Gegen das ihm am 17.06.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.07.1999 Berufung eingelegt. Er ist der Ansicht, er habe sich auf einem versicherten Rückweg von der Nahrungsaufnahme in der Mittagspause befunden. Nach der Rechtsprechung des BSG sei es nämlich unerheblich, ob die Nahrungsaufnahme im häuslichen Bereich oder in einer Gaststätte erfolge. Dieser Weg sei insgesamt von der Arbeitsstelle bis zur Imbissstube versichert gewesen; eine Unterbrechung sei insoweit nur durch den Zwischenaufenthalt in der Wohnung erfolgt. Dort habe er sich aufhalten müssen, um seine weiße Arbeitskleidung zu wechseln, da er mit dieser nicht habe Motorroller fahren können. Deshalb habe er auch nicht den direkten Weg von der Arbeitsstelle zur Imbissstube genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 18.05.1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.04.1998 zu verurteilen, den Unfall vom 04.06.1996 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, im Hinblick auf die Länge der Mittagspause und den ca. 1 1/2 stündigen Aufenthalt des Klägers in seiner Wohnung seien keine mit der betrieblichen Tätigkeit zusammenhängenden Gründe gegeben gewesen, das Mittagessen an einem anderen Ort als in der Wohnung einzunehmen. Wenn dort die Essenseinnahme nicht erfolgt sei, seien dafür allein private Gründe, nämlich die Abwesenheit der berufstätigen Ehefrau des Klägers maßgebend gewesen.
Der Kläger ist in den Verhandlungsterminen vom 26.04.2000 und 10.01.2001 zu der Gestaltung der Arbeitspause am Unfalltage und zu den an diesem Tage in der Mittagspause zurückgelegten und beabsichtigten Wegstrecken befragt worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend die Gewährung von Entschädigungsleistungen abgelehnt, weil der Kläger bei dem Verkehrsunfall vom 04.06.1996 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Der Entschädigungsanspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da das als Arbeitsunfall geltend gemachte Ereignis vor dem Inkrafttreten des SGB VII zum 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], § 212 SGB VII).
Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt eines Arbeitsunfalls u.a. Verletztengeld und Verletztenrente. Arbeitsunfall ist nach § 548 Abs. 1 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Als Arbeitsunfall gilt nach § 550 Abs. 1 RVO auch ein Unfall auf einem mit einer der in den vorstehenden §§ genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.
Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls setzt in der Regel voraus, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einer seits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128; 63, 270, 271). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 82; BSG Urteile vom 18.04.2000 - B 2 U 7/99 R und 27.06.2000 - B 2 U 22/99 R -). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77; BSGE 61, 127, 128; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden (BSGE 58, 80, 83; BSG Urteil vom 27.06.2000, a.a.O.). Es muss also sicher feststehen, dass im Unfallzeitpunkt eine - noch - versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128; vgl. zum Ganzen m.w.N.: Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar] Stand 6/00 § 8 SGB VII Rdnr. 10 m.w.N.). Lässt sich nicht feststellen, ob der Versicherte bei einer Verrichtung verunglückt ist, die - wenn feststellbar - im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hätte, trifft die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Verrichtung den Versicherten (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 70; SozR 3-2200 § 548 Nr. 19).
Unter Beachtung dieser Grundsätze lässt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen, dass der Kläger auf einem versicherten Weg verunfallt ist. Er hatte bei dem bis zum 30.06.1996 dauernden Beschäftigungsverhältnis in der Massagepraxis R ...-M ..., die nach Angaben des Klägers ca. 20 m von seiner Wohnung entfernt ist, eine zweigeteilte Arbeitszeit. Die Mittagspause dauerte nach den Angaben des Arbeitgebers im Verwaltungsverfahren gewöhnlich von 11.00 bis 14.00 Uhr. Am Unfalltag hatte der Kläger nach seinem Vortrag eine Pause von 11.00 bis 14.30 Uhr. In dieser Zeit hat er sich - was der Senat nicht bezweifelt - von ca. 11.15 bis 12.50 Uhr in der häuslichen Wohnung aufgehalten. Auf dem Weg von der Arbeitsstelle zur Wohnung in der Mittagspause bestand nach § 550 Abs. 1 RVO Versicherungsschutz. Es ist anerkannt, dass auch mehrfache Wege zwischen Wohnung und Ort der Tätigkeit - z.B. zur Nahrungsaufnahme in der Mittagspause - versichert sein können (vgl. BSG SozR 2200 § 550 Nr. 25; 62 ferner Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. § 8 SGB VII Rdnr. 12.10; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Unfallversicherung - § 8 SGB VII Rdnr. 214). Im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Arbeitsunterbrechung von 3 1/2 Stunden und die Aufenthaltsdauer von mehr als 1 1/2 Stunden in der Wohnung muss davon ausgegangen werden, dass der Weg von Arbeitsstelle zur Wohnung dem Überwechsel in den privaten (unversicherten) Bereich diente und die Wohnung nicht nur Zwischenort für einen anderen versicherten Weg war. Ein Ausnahme fall im Sinne des Urteils des BSG vom 29.02.1984 (SozR 2200 § 550 Nr. 62) ist nicht gegeben.
Der sodann gegen 12.50 Uhr von der Wohnung angetretene Weg mit dem Motorroller in die E ... City war nicht versichert. Ein Weg zur Nahrungsaufnahme während der Mittagspause i.S. der Rechtsprechung des BSG lag nicht vor. Grundsätzlich ist Essen und Trinken unabhängig von der verrichten Tätigkeit erforderlich und daher eigenwirtschaftlich; es ist also auch während der Arbeit und auf der Arbeitsstätte unversichert, obwohl es allgemein der Erhaltung der Arbeitskraft dienlich ist (BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 20; 86; SozR 3-2200 § 550 Nr. 15; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 7.33; Brackmann/Krasney, a.a.O. § 8 Rdnr. 71).
Mit dem Grundsatzurteil vom 06.12.1989 (SozR 2200 § 548 Nr. 97) hat das BSG aber entschieden, dass Wege zur Nahrungsaufnahme in nerhalb der Betriebsstätte ebenso im inneren Zusammenhang mit der den Unfallversicherungsschutz begründenden betrieblichen Beschäftigung stehen wie derartige Wege, die über das Betriebsgelände hinausgehen. Es hat dies damit begründet, dass allein die Tatsache, dass der Versicherte den Weg zurücklege, der von der Notwendigkeit geprägt sei, persönlich auf dem Betriebsgelände anwesend zu sein und dort seine betriebliche Tätigkeit zu verrichten, nicht ausreiche, um rechtlich wesentlich den inneren Zusammenhang zwischen dem Weg und der Betriebstätigkeit zu begründen. Da aber Essen und Trinken während der Arbeitszeit dadurch gekennzeichnet seien, dass sie regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlungen seien, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und es ihm daher mittelbar ermöglichen, die aktuelle betriebliche Tätigkeit fortzusetzen, seien diese Wege gleichzeitig mittelbar von einem betriebsbezogenen Handlungsziel geprägt. Das Zusammentreffen bei der betriebsbezogenen Merkmale, das letztgenannte notwendige Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit des Weges zur Nahrungsaufnahme, bewirken danach den wesentlichen inneren Zusammenhang zwischen dem Betrieb auf der einen und einem nach oder von der Nahrungsaufnahme außerhalb des Betriebes unternommenen Weg, weshalb auf solchen Wegen Unfallversicherungsschutz nach § 550 Abs. 1 RVO besteht (vgl. auch BSG SozR 2200 § 550 Nr. 28; BSG BB 1995, 1752; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 15; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 7.33.8 f.).
Können danach auch grundsätzlich Wege zur Nahrungsaufnahme geschützt seien, die aus dem Betrieb hinausführen, so ist im Fall des Klägers der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit deshalb zu verneinen, weil der Weg zur Essensaufnahme von der Wohnung aus angetreten worden ist und nicht der Betrieb und die dort verrichtete Tätigkeit Ausgangspunkt des Weges war. Zwar mag eine andere rechtliche Beurteilung dann geboten sein, wenn die Wohnung nur kurz aufgesucht wurde - etwa um die Arbeitskleidung zu wechseln - um sogleich den Weg in eine Gaststätte zur Essensaufnahme anzutreten. Ein damit vergleichbarer Sachverhalt ist hier indes im Hinblick auf die ungewöhnliche Dauer der Mittagspause und die verstrichene Zeit, in der sich der Kläger in der Wohnung auf gehalten und sich privaten Verrichtungen gewidmet hat, zu verneinen.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich die Imbissstube an der ...straße/Ecke ...straße (vgl. den Ausschnitt aus dem E ... Stadtplan Bl. 355 Verwaltungsakte) auf gesucht hat und auf dem unmittelbaren Rückweg zur Arbeitsstätte war. Insoweit bestehen deshalb gewisse Zweifel, weil der Kläger - entgegen seinen Angaben vor dem Senat - direkt von der ...straße über die ...straße die ...straße, an deren Ecke sich die Imbissstube befindet, hätte erreichen können. Zum anderen ist der Kläger nach der vorgetragenen Essenseinnahme auf der ...straße in entgegengesetzter Richtung weitergefahren und hat sich so von dem behaupteten Zielort auf der ...hauser Straße weiter entfernt. Die dazu im Verwaltungsverfahren und vor dem Senat gemachten Angaben sind in keiner Weise einleuchtend und überzeugend. Wenn der Kläger sich im Hinblick auf die fehlende Fahrpraxis mit dem Motorroller nicht sicher fühlte, wäre es allein sinnvoll gewesen, auf dem gleichen Weg, den er von seiner Wohnung über die ...hauser Straße, ...- ...-Straße und ...straße genommen hatte, zurückzufahren. Warum er dies nicht getan hat, konnte er nicht erklären. Auch die naheliegende Wegstrecke unter der Bahnunterführung auf der ...burgstraße über die ...straße in Richtung H ... hat er nicht gewählt und dies damit begründet, er habe dann durch einen "Tunnel" fahren müssen. Dies ist deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar, weil der von ihm gewählte Weg mit einer wesentlich längeren Bahnunterführung am Hauptbahnhof (F ...) verbunden ist, der Weg dadurch um mehrere 100 Meter verlängert wird und zudem auf der südlichen Bahnhofseite, auf der der Kläger hätte zurückfahren müssen, mit mehrspuriger Straßenführung über einen großen Verkehrsknoten mit mehreren Ampeln führt.
Zweifel an der Richtigkeit des in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2000 gemachten Vortrages, er sei auf dem direkten Weg zur Arbeitsstätte gewesen und habe sich dort umziehen wollen, bestehen auch deshalb, weil er im gleichen Termin zunächst die Frage, ob er sich nach der Rückfahrt von der Imbissstube wieder in der Wohnung habe umziehen müssen, mit "selbstverständlich" beantwortet hatte. Dies ist auch deshalb viel naheliegender, weil im Hinblick auf die Fahrtdauer von ca. 10 Minuten noch etwa eine 3/4 Stunde Pausenzeit zur Verfügung gestanden hätte, in der sich der Kläger in der Wohnung hätte umziehen und auch noch Kaffee hätte trinken können. Angesichts dieser Umstände besteht die gute Möglichkeit, dass der Kläger in Wirklichkeit auf einem anderen privaten und damit unversicherten Weg war als er verunfallte.
Dass auch kein Versicherungsschutz unter dem rechtlichen Aspekt einer Fahrt vom sogenannten "dritten Ort" zur Arbeitsstätte bestand, hat die Beklagte ebenfalls zutreffend dargelegt.
Da § 550 Abs. 1 RVO nur den einen Endpunkt des Weges als "Ort der Tätigkeit" benennt, kann ein Wegeunfall auch dann vorliegen, wenn der Weg zur Arbeitsstätte nicht - was die Regel sein wird - von der Wohnung aus angetreten wird oder dahin zurückführt (vgl. BSGE 62, 113; 82, 138; Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 12.20 f.; Brackmann/Krasney, a.a.O. Rdnr. 192). Sowohl der Hinweg wie auch der Rückweg müssen jedoch zu einem Ort führen, an dem sich der Versicherte für eine erhebliche Dauer aufgehalten haben muss bzw. aufhalten will; die notwendige Aufenthaltsdauer beträgt nach dem letztgenannten BSG-Urteil mindestens zwei Stunden. Dieses zeitliche Moment ist zur Unterscheidung von einem Umweg auf dem Weg von dem häuslichen Bereich zum Ort der Tätigkeit bzw. zurück, auf dem Versicherungsschutz nicht besteht, wesentlich (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 2). Da der Kläger seinen Angaben zufolge sich nur etwa eine gute halbe Stunde in der E ... Innenstadt aufgehalten hat, sich auch nicht mehr zwei Stunden aufhalten konnte und von dort die Rückfahrt angetreten hat, ist schon das Erfordernis der mehr als zweistündigen Aufenthaltsdauer am dritten Ort nicht er füllt. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob Versicherungsschutz nicht auch wegen der Motive für das Aufsuchen des dritten Ortes und der Wegstreckenverlängerung im Vergleich zum üblichen Arbeitsweg zu verneinen wäre (vgl. dazu m.w.N. Bereiter-Hahn/Mehr tens, a.a.O. Rdnr. 12.21 f.).
Aus alledem folgt, dass der Kläger weder einen Arbeitsunfall auf einem Betriebsweg noch einen Wegeunfall erlitten hat, weshalb die Berufung mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen war.
Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass, da der Senat bei seiner Entscheidung der Rechtsprechung des BSG folgt.
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