L 17 U 129/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 10 U 179/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 129/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10. Mai 1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses vom 02.03.1997.

Der 1953 geborene Kläger, der als Lkw-Fahrer bei der Möbelspedition F. R. GmbH & Co beschäftigt war, stellte am Samstag, dem 01.03.1997 aus Italien kommend gegen 19.20 Uhr seinen Lkw auf dem Autobahnparkplatz G. (Rastanlage S.) ab, um dort die vorgeschriebene Ruhezeit einzuhalten. Am Morgen des 02.03.1997 wurde er von einem unbekannten jungen Paar bewußtlos auf dem Parkplatz aufgefunden und in die Tankstelle gebracht. Dort benachrichtigte das Paar die Rettungssanitäter, die den Kläger zum Kreiskrankenhaus K. transportierten, wo er um 6.50 Uhr mit einer offenen Schädelfraktur links parieto dorsal mit lokalen Blutungsherden, einer vorderen Felsenbeinlängsfraktur mit Einblutung in die Paukenhöhle und Mastoid sowie Einstrahlung in das linke Kiefergelenk, einer Vertikalfraktur des Os temporalis links ohne Dislokation und eine Prellung des linken Ellenbogen eingeliefert wurde. Die erstbehandelnde Ärztin stellte außerdem fest, daß der Kläger alkoholisiert war und nach Alkohol roch. Nach dem Durchgangsarztbericht für den Unfalltag hatte der Kläger bei der Einlieferung angegeben, er sei aus der Gaststätte zu seinem Lkw zurückgegangen, um dort zu schlafen. Nachdem er außen am Lkw Geräusche gehört habe, sei er ausgestiegen, um nachzusehen. Danach habe er keinerlei Erinnerung mehr. In gleicher Weise schilderte der Kläger den Hergang auch am folgenden Tag gegenüber dem Neurologen Dr. K., der in seinem Bericht vermerkte, daß er bei dem Kläger eine Alkoholkrankheit vermute und dieser vermutlich auch erheblich alkoholisiert gewesen sei, als sich das Schädel-Hirn-Trauma ereignet habe.

In der Unfallanzeige vom 17.04.1997 gab die Arbeitgeberin an, der Kläger habe am 02.03.1997 gegen ca. 1.00 Uhr etwas an seinem Lkw bemerkt, sei daraufhin ausgestiegen, habe sofort Schläge erhalten und sich verteidigt. Dadurch sei die Verletzung am rechten Arm entstanden. Er habe dann nach hinten ausweichen wollen, um Platz zu bekommen und nur noch bemerkt, daß jemand hinter ihm gestanden sei. Durch einen Schlag auf den Kopf habe er das Bewußtsein verloren und sei erst im Kreiskrankenhaus wieder aufgewacht. Der Kläger selbst machte in dem von der Beklagten übersandten Fragebogen am 01.04.1997 keinerlei Angaben zum Unfallhergang.

Die Beklagte zog die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht W. bei. Ausweislich dieser Akte wurde der Kläger am 02.03.1997 erstmals gegen 19.00 Uhr von der ein gesetzten Streife (PHM S. und PHM J.) aufgesucht. Der Kläger gab ihnen gegenüber an, er habe sich in den Abendstunden in der Music-Hall der Rastanlage S. aufgehalten. Danach fehle ihm jegliche Erinnerung. Er sei erst wieder aufgewacht, als er bereits im Krankenhaus gelegen habe. Hier habe er dann den Verlust seiner Geldbörse festgestellt. Bei einer erneuten Befragung am späten Abend des gleichen Tages wurde die vermißte Geldbörse in der Jacke des Klägers gefunden. Nunmehr äußerte der Kläger, er könne sich an nichts erinnern. Er wisse nur noch, daß er sich bereits zum Schlafen gelegt hatte und dann durch Geräusche an der Fahrertür wachgeworden sei. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 06.03.1997 gab er an, er sei am 28.02.1997 abends auf dem Rasthof S. angekommen. Beim Abendessen habe er einen Bekannten einer anderen Spedition getroffen, er habe einen Kaffee und ein Bier getrunken. Danach sei er wieder zum Lkw gegangen, um sich schlafen zu legen. Irgendwann in der Nacht habe er Geräusche am Lkw gehört und sei dann ausgestiegen. Danach fehle ihm jegliche Erinnerung. In seiner Geldbörse fehlten 120,-- DM sowie eine ungültige Postbank- und eine ungültige AOK-Karte. Die aktuelle DAK-Karte sowie ein 20,-- DM-Schein seien in der Geldbörse verblieben.

Nach den weiteren Ermittlungen der Polizeibeamten konnte der vom Kläger gefahrene Lkw im hinteren Bereich der alten Tankstelle aufgefunden werden. Er war ordnungsgemäß zwischen zwei weiteren Fahrzeugen geparkt, sämtliche Türen waren versperrt und die Plane des Aufbaus der Zugmaschine sowie des Anhängers waren ebenfalls verschlossen und unbeschädigt. Den Beamten fiel lediglich auf, daß der linke Außenspiegel offensichtlich fachmännisch abgeschraubt worden war. Bei genauer Inaugenscheinnahme des näheren Umfeldes um den Lkw konnten die Polizeibeamten weder Blutspuren am Boden noch irgendwelche sonstigen Spuren, die auf einen Unfall oder eine Straftat hindeuteten, feststellen. Mittels des vom Kläger überlassenen Fahrzeugschlüssel konnten die Beamten ins Innere des Fahrzeuges gelangen. Ausweislich des polizeilichen Vermerks vom 02.03.1997 machte die Führerkabine keinen sauberen und auf geräumten Eindruck. Im Bereich der über dem Fahrersitz angebrachten Schlafkabine konnten verschiedene leere Weinflaschen, eine gefüllte Flasche Wodka sowie eine halbvolle Flasche Lambrusco vorgefunden werden. Die Fahrzeugführer der beiden neben dem Kläger parkenden Lkw konnten keinerlei Angaben über einen eventuellen Vorfall machen. Die Befragung der Rettungssanitäter durch die Polizei ergab, daß der Kläger mindestens 1 1/2 Stunden im Bereich des großen Parkplatzes gelegen hatte, bevor er durch das Paar in die Tankstelle gebracht wurde. Gegenüber den Sanitätern, die den Kläger für stark alkoholisiert und aggressiv hielten, hatte er zunächst angegeben, er sei hingefallen, kurze Zeit später, er sei zusammengeschlagen worden. Die Ermittlungen der Polizei hinsichtlich des jungen Paares oder weiterer Zeugen des Vorfalls verlief - ausweislich der Ermittlungsakte - ergebnislos.

Mit Bescheid vom 14.11.1997 lehnte die Beklagte den Anspruch auf Entschädigungsleistungen ab, da kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Nach dem ermittelten Sachverhalt sei nicht erwiesen, daß sich ein Unfall im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ereignet habe. Aufgrund der unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Aussagen des Klägers müsse letztlich offen bleiben, bei welcher Tätigkeit er sich den Körperschaden zugezogen habe.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 12.12.1997 Widerspruch ein und trug vor, er sei Opfer eines deutlich erkennbaren und nachweislichen Raubüberfalls geworden. Er habe aus dienstlichen Gründen (Einhaltung der Ruhezeiten, Sonntagsfahrverbot) in seinem Lkw übernachten müssen und habe beim Abendessen lediglich drei Glas Bier und anschließend noch zwei Gläser Whisky getrunken. Eine erhebliche Alkoholisierung habe nicht vorgelegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Gründen führte sie aus, es sei letztendlich offen geblieben, bei welcher Gelegenheit es zu den Schädelverletzungen gekommen sei. Denn der Kläger könne sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern und der Geschehensablauf habe auch durch die polizeilichen Ermittlungen nicht geklärt werden können.

Am 21.08.1998 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhoben. Er hat eine Bescheinigung des Chefarztes der Neurochirurgischen Klinik des Knappschafts-Krankenhauses B.B., Prof. Dr. P., vom 07.04.1999 vorgelegt, wonach mit Sicherheit eine scharfkantige traumatisierende Einwirkung auf den Schädel des Klägers hinter dem linken Ohr erfolgt sein müsse. Gestützt auf diese Bescheinigung vertritt der Kläger die Auffassung, nach der Art der Verletzung könne er somit nicht gestürzt sein. Denn im Zeitpunkt des Auffindens habe er sich im hinteren Lkw-Bereich zwischen Triebwagen und Anhänger befunden, wo es keine Trittbretter oder andere scharfkantige Gegenstände gebe.

Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, es sei auch durch die vorgelegte Bescheinigung des Prof. Dr. P. nicht gelungen, die Ungewißheit über die Ereignisse am 02.03.1997 zu beseitigen.

Durch Urteil vom 10.05.1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen diese ihm am 19.05.1999 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 20.05.1999 Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Unfall habe sich, worauf er durchgängig hingewiesen habe, während eines Kontrollganges ereignet. Zum Zeitpunkt des Überfalles sei er auch keineswegs alkoholisiert gewesen. Die anderslautenden Behauptungen der Sanitäter und Ärzte seien durch nichts zu beweisen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10. Mai 1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. November 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 1998 zu verurteilen, das Ereignis vom 02. März 1997 als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und an ihrer Auffassung fest, es könne nicht von einer mit Gewißheit erwiesenen versicherten Tätigkeit zum Zeitpunkt des Vorfalls ausgegangen werden. Der Kläger habe nämlich nicht durchgängig behauptet, er sei aus dem Lkw ausgestiegen, weil er verdächtige Geräusche gehört habe. Der Polizeibericht mache vielmehr deutlich, daß die Hergangsversionen zwischen Sturz und Überfall wechselten, um dann wieder Erinnerungsausfall zu beklagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger erlitt am 02.03.1997 keinen Arbeitsunfall i.S.v. § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) und hat deshalb keinen Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Unfalls.

Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung setzten gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII einen Arbeitsunfall voraus. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, daß das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und daß diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Zunächst muß also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog. innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 82; BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 95 und 97; BSG SozR 3- 2200 § 539 Nrn. 5, 9 und 17). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32). Im Rahmen dieser Wertung kommt der Handlungstendenz des Versicherten, dem Zweck seines Handelns maßgebliche Bedeutung zu (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4; BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 22). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muß der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555 a Nr. 1). Es genügt nicht, daß der Unfall sich mit Wahrscheinlichkeit bei einer versicherten Tätigkeit ereignet hat; vielmehr muß für die unfallauslösende Handlung, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, der volle Beweis erbracht werden (BSG SozR 2200 § 548 RVO Nr. 82). Es muß also sicher feststehen, daß im Unfallzeitpunkt eine - noch - versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84).

In diesem Sinne als "bewiesen" anzusehen ist eine Tatsache dann, wenn sie in so hohem Grad wahrscheinlich ist, daß alle Umstände des Falles - nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung - geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hier von zu begründen (BSGE 8, 59, 61; 48, 285; 58, 80, 83; vgl. auch Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - § 8 SGB VII Rdn. 10).

Unter Beachtung dieser Grundsätze läßt sich im vorliegenden Fall nicht mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, daß es sich bei dem unfallbringenden Verhalten des Klägers um versicherte Tätigkeit gehandelt hat. Zwar stand der Kläger, als er sich während der Ruhezeit zwischen der Ankunft in G. und der Weiterfahrt auf einer Dienstreise befand, grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, dies bedeutet jedoch nicht, daß ausnahmslos jeder Unfall während dieser Zeit ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt (BSGE 39, 180, 181 = BSG SozR 2200 § 548 Nr. 7; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 95). Dies läßt sich jedoch nicht feststellen, denn die unfallauslösende Verrichtung ist nicht nachgewiesen.

Fest steht zunächst nur, daß der Kläger am Morgen des 02.03.1997 verletzt im Bereich des Parkplatzes der Rastanlage G. aufgefunden wurde. Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen hat sich aber nicht klären lassen, aus welchen Gründen der Kläger sich nachts auf dem Parkplatz aufgehalten hat und unter welchen Umständen er sich die Verletzungen zugezogen hat. Insbesondere die vom Kläger behauptete Verletzung anläßlich eines versicherten Kontrollganges hat sich nicht erweisen lassen.

Der Kläger hat zu dem Geschehen am 02.03.1997 widersprüchliche Angaben gemacht. Gegenüber den Polizeibeamten hat er zunächst bekundet, er habe sich in der Music-Hall aufgehalten und danach fehle im jede Erinnerung. Nur wenige Stunden später hat er an gegeben, er habe Geräusche an der Fahrertür gehört, danach könne er sich an nichts mehr erinnern. Bei der weiteren Vernehmung am 06.03.1997 hat er dies im wesentlichen wiederholt und erklärt, nach dem Aussteigen fehle ihm jegliche Erinnerung. Einen Grund für die Schädelverletzung könne er nicht nennen. Demgegenüber hat er den Rettungssanitätern zunächst mitgeteilt, er sei hingefallen und wenig später hat er eine Schlägerei behauptet. Im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hat er dann vorgetragen, er habe nachts Geräusche am Lkw gehört, sei ausgestiegen und dann zusammengeschlagen worden. Gegenüber der Arbeitgeberin hat er dies sogar noch präzisiert und behauptet, nach dem Aussteigen habe er sofort Schläge erhalten, sich verteidigt, nach hinten ausweichen wollen und bemerkt, daß jemand hinter ihm gestanden habe. Durch einen Schlag auf den Kopf habe er dann das Bewußtsein verloren. Auffällig ist, daß der Kläger mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu dem Ereignis den Hergang des fraglichen Überfalls immer plastischer beschreibt. Dies könnte zwar durch die allmähliche Besserung seines Gedächtnisverlustes zu erklären sein. Es spricht aber vieles dafür, daß die Angaben der Durchsetzung des Entschädigungsanspruches dienen sollen. Dies gilt vor allem deshalb, weil die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen die späteren Angaben des Klägers nicht stützen. Falls der Kläger tatsächlich in der Nähe seines Lkw blutende Kopfverletzungen erlitten hätte, wären den Polizeibeamten sicherlich Blutspuren aufgefallen. Ausweislich des polizeilichen Vermerks konnten je doch keine Blutspuren auf dem Asphalt festgestellt werden. Um den ganzen Lastzug herum konnten auch keinerlei andere Spuren gefunden werden, die auf einen Unfall oder eine sonstige Straftat hingedeutet hätten. Da der Kläger verdächtige Geräusche gehört haben will und ein Überfall ebenfalls nicht geräuschlos abläuft, erscheint es zudem verwunderlich, daß die Fahrer der neben dem Kläger stehenden Wagen nichts bemerkt haben. Gegen einen Überfall spricht auch, daß an dem Lkw oder der Fracht, bis auf den entfernten Außenspiegel, keinerlei Beschädigungen oder sonstige Manipulationen festgestellt wurden. Hinzu kommt, daß sämtliche Türen des Lkw ordnungsgemäß verschlossen waren und der Kläger den Fahrzeugschlüssel bei sich trug. Es er scheint dem Senat lebensfremd, daß jemand, der verdächtige Geräusche an seinem Lkw hört, nach dem Aussteigen zunächst die Tür ordnungsgemäß verschließt. Typischerweise wird er, um Lärm tunlichst zu vermeiden und um die Aufmerksamkeit gerade nicht auf sich zu ziehen sowie eine möglichst schnelle Rückzugsmöglichkeit zu haben, die Tür gerade nicht verschließen. Auch die Behauptung des Klägers, seit dem Ereignis vom 02.03.1997 fehlten ca. 120,-- DM sowie eine ungültige Postbankkarte und eine ungültige AOK-Karte, ist nicht glaubhaft. Falls diese Gegenstände tatsächlich bei einem Überfall entwendet worden wären, wäre sicherlich zum einen die Geldbörse nicht in die Jacke des Klägers zurückgelangt und zum zweiten wären wohl auch der im Portemonnaie befindliche 20,-- DM-Schein sowie die gültige DAK-Karte abhanden gekommen. Schließlich werden auch die Behauptungen des Klägers, er sei nicht alkoholisiert gewesen und in dem Lkw hätten sich keine geöffneten Weinflaschen befunden, durch das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen widerlegt. Die Polizeibeamten haben verschiedene leere Weinflaschen im Bereich der über dem Fahrersitz angebrachten Schlafkabine vorgefunden, und die starke Alkoholisierung ist sowohl den Rettungssanitätern als auch der erstbehandelnden Ärztin aufgefallen. Insbesondere Ärzte sind aufgrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrung in der Lage, eine Alkoholisierung zutreffend zu erkennen. Dem steht auch die fehlende Blutentnahme zur Prüfung des Alkoholspiegels nicht entgegen. Denn eine solche ist, wie der Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Dr. V. der Beklagten mitgeteilt hat, nur unterblieben, weil die Sorge um den schwerverletzten Kläger ganz im Vordergrund der ärztlichen Bemühungen stand.

Die unfallauslösende Verrichtung ergibt sich auch nicht aufgrund der polizeilichen Ermittlungen. Denn der Presseaufruf hinsichtlich des jungen Paares oder weiterer Zeugen des Vorganges im Bereich der Rastanlage verlief ergebnislos und die fest gestellten Umstände lassen ebenfalls keinen sicheren Rückschluß auf eine bestimmte Verrichtung zu. Insbesondere führt auch die Behauptung des Klägers, seine Verletzung könne nur auf einem Schlag beruhen, nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn selbst wenn ein Schlag unterstellt wird, ist nicht erwiesen, unter welchen Umständen der Kläger diesen erhalten hat. Da nach alle dem Ort, Art, Zeitpunkt und Zweckbestimmung der zum Unfall führenden Verrichtung nicht nachgewiesen sind, kann nicht festgestellt werden, daß die unfallauslösende Verrichtung der versicherten Tätigkeit zuzuordnen ist.

Versicherungsschutz läßt sich hier auch nicht deshalb begründen, weil bei Dienstreisen der innere Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im allgemeinen eher anzunehmen ist als am Wohn- oder Betriebsort (BSGE 50, 100, 102 = SozR 2200 § 548 Nr. 50; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 95; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 17) und Versicherungsschutz insbesondere dann besteht, wenn der Unfall einer besonderen, dem Aufenthaltsort eigentümlichen Gefahrenquelle entsprang (BSGE 39, 180, 181 = BSG SozR 2200 § 548 Nr. 7; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 95). Diese Abgrenzung und Beurteilung setzt jedoch stets voraus, daß der Unfallverlauf geklärt ist, insbesondere die unfallauslösende Verrichtung feststeht. Denn auch während einer Dienstreise bieten sich nach der Lebenserfahrung zahlreiche Gelegenheiten, bei denen die unfallbringende Betätigung nicht mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 95; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32). Gerade auch der vor liegende Sachverhalt bietet zahlreiche Anhaltspunkte für die Annahme, daß der Kläger sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen gewidmet hat. Im Klageverfahren hat der Kläger selbst eingeräumt, daß er nach dem Essen mit einem Kollegen einer anderen Spedition noch Whisky getrunken hat und gegenüber den Polizeibeamten hat er zuerst angegeben, er habe die Music-Hall besucht. Der Besuch einer Vergnügungsstätte oder eine dem persönlichen Vergnügen oder der Erbauung dienende Beschäftigung unterfällt jedoch gerade nicht dem Versicherungsschutz (BSGE 39, 180, 182 = BSG SozR 2200 § 548 Nr. 7; BSGE 50, 100, 103 = BSG SozR 2200 § 548 Nr. 50). Sind jedoch private Verrichtungen bestimmend, so ist auch der anschließende Weg zur Übernachtungsstätte als Weg von diesen Verrichtungen und nicht mehr als solcher vom Ort der Nahrungsaufnahme anzusehen (BSGE 50, 100, 103 = SozR 2200 § 548 Nr. 50). Nach alledem ist, da die unfallauslösende Handlung nicht feststeht und zumindest auch die gute Möglichkeit für die Annahme einer der privaten, eigenwirtschaftlichen Sphäre des Klägers zuzurechnenden Verrichtung besteht, das Begehren des Klägers auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des BSG zum Versicherungsschutz auf Dienst- oder Geschäftsreisen gerechtfertigt.

Die klageabweisende Entscheidung kann auch getroffen werden, obwohl sich nicht feststellen läßt, daß der Kläger sich zur Zeit des Unfalls eigenwirtschaftlich betätigte (BSG, Urteil vom 04.05.1999 - B 2 U 18/98 R -). Eine solche Feststellung ist allenfalls dann erforderlich, wenn nachgewiesen ist, daß im Zeitpunkt des Unfalls eine versicherte Tätigkeit verrichtet wurde und nur der Unfallverlauf ungeklärt blieb (BSG a.a.O.). Im vor liegenden Fall ist jedoch, wie oben dargelegt, gerade nicht erwiesen, daß der Kläger eine versicherte Tätigkeit verrichtete.

Schließlich läßt sich der Anspruch des Klägers auch nicht deshalb bejahen, weil auch während der Arbeitspause auf der Arbeitsstätte Versicherungsschutz besteht (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 15). Denn es läßt sich nicht feststellen, daß der Kläger sich im Unfallzeitpunkt auf seiner Arbeitsstätte, d.h. an seinem Lkw befand. Verunglückt ein Arbeitnehmer aber nicht nur während, sondern bei einer Tätigkeit, die er während der Pause ausübt, steht also der Unfall in ursächlichem Zusammenhang mit dieser Tätigkeit, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit dem Betrieb gedient hat (BSG a.a.O.). Es läßt sich aber auch in diesem Zusammenhang die unfallauslösende Verrichtung wiederum nicht feststellen, so daß eine dem Betrieb dienende Tätigkeit nicht erwiesen ist.

Lassen sich aber trotz Ausschöpfung aller erkennbaren Beweismöglichkeiten die anspruchsbegründenden Voraussetzungen - wie im vorliegenden Fall - nicht feststellen, so geht dies nach dem auch im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz der objektiven Feststellungs- und Beweislast zu Lasten desjenigen, der aus bestimmten Tatsachen ihm günstige Rechtsfolgen herleiten will, hier also zu Lasten des Klägers (vgl. dazu BSGE 13, 52, 54; 58, 76, 79; BSG in Breithaupt 1992, 295).

Die Berufung konnte nach allem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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