Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 2303/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 21/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für den gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Februar bis 25. April 2001.
Der 1955 geborene und aus der Türkei stammende Kläger war seit dem 15. Januar 1990 als Produktionshelfer im Bereich der Packbetriebe der Firma Bbeschäftigt. Am 21. September 2000 wurde das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2001 durch den Arbeitgeber wegen Störung des Betriebsfriedens fristgemäß (4 Monate zum Monatsende) gekündigt.
Am 1. Februar 2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Auf Befragen der Beklagten zu den Gründen der Kündigung bestritt der Kläger den Vorwurf des Arbeitgebers und verwies auf sein Vorbringen hierzu in dem von ihm gegen die Kündigung angestrengten arbeitsgerichtlichen Prozess (Az.: 44 Ca 27145/00). Die Kündigung beziehe sich auf einen angeblichen Vorgang in der Nachtschicht vom 11. auf den 12. September 2000, bei dem er mit Ware „um sich geschmissen“ haben solle, was bestritten werde. Tatsächlich habe sein Vorgesetzter, Herr N, der im Übrigen der einzige Zeuge des Vorfalls gewesen sei, bei einer von ihm vorgenommenen Störungsbeseitigung an der Maschine der Klägers Kartons heruntergeschmissen, um den Kartonstau schnell zu beseitigen. Er selbst habe damit nichts zu tun gehabt, habe aber die Kartons wieder aufheben dürfen. Diese Arbeit habe er nicht verweigert; er habe auch seinem Vorgesetzten nicht den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt.
Nachdem das Arbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 28. März 2001 abgewiesen hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2001 den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Februar bis 25. April 2001 (12 Wochen) fest. Der Kläger habe seine Beschäftigung verloren, weil er den Betriebsfrieden gestört habe; Abmahnungen seien bereits erfolgt; er habe gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen, weswegen der Arbeitgeber auch berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis fristgemäß zu kündigen. Hiermit habe der Kläger rechnen und voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos würde. Ab dem 26. April 2001 wurde dem Kläger Alg für eine Anspruchsdauer von 489 Tagen nach einem Bemessungsentgelt von 770,00 DM (Leistungsgruppe A/0) gewährt.
Den gegen den Sperrzeitbescheid von dem Kläger eingelegten Widerspruch, den er damit begründete, dass das Arbeitsgerichtsurteil nicht zutreffend sei und von ihm mit der Berufung angegriffen werde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2001 zurück: Das vertragswidrige Verhalten des Klägers sei darin zu sehen, dass er in der Nachtschicht vom 11. zum 12. September 2000 im Zuge der Beseitigung einer Störung an einer Maschine des Arbeitgebers absichtlich Kartons mit fertiger Ware zerstört und damit eine Sachbeschädigung begangen habe. Dieser Sachverhalt sei durch den Anlagenleiter N als Zeugen im Arbeitsgerichtsprozess bestätigt worden. Der Arbeitgeber sei wegen dieser strafbaren Handlung berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Juli 2001 Klage erhoben und zur Begründung auf sein Vorbringen im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht (Az.: ) verwiesen. Der Zeuge N habe in seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht lediglich ausgesagt, dass der Kläger anlässlich einer Routinestörung bei der Packmaschine einen Karton durch die Halle geworfen habe. Dieses Fehlverhalten sei nachvollziehbar dadurch zu erklären, dass er offenbar mit der Situation überfordert gewesen sei. Hieraus könne die Kündigung eines Mitarbeiters, der seit über zehn Jahren bei dem gleichen Arbeitgeber tätig sei, nicht hergeleitet werden. Hintergrund sei, dass der Arbeitgeber einen aus seiner Sicht unbequemen Arbeitnehmer nach einem vorangegangenen verlorenen Kündigungsschutzprozess nunmehr mit Abmahnungen überziehe, um schließlich die angestrebte Entlassung zu erreichen.
Nachdem die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. März 2001 zurückgewiesen worden war (Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 2. August 2001) mit der Begründung, in der vorsätzlichen Sachbeschädigung in der Nacht vom 11. auf den 12. September 2000 liege ein wichtiger Grund zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, legte der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 6. Dezember 2001 vor, in der die Aussage des Zeugen N, die im Wesentlichen entscheidend für den arbeitsgerichtlichen Prozess gewesen sei, als falsch bezeichnet wurde. Nicht er, der Kläger, sondern der Zeuge N habe Kartons in den Raum geschleudert, um den Stau zu beseitigen; er selbst habe danach die Kartons wieder aufgeräumt. Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Mechanikers N, der technischen Anlagenleitungsassistentin G und des Schichtleiters W im Termin am 15. Februar 2002 (Bl. 33 ff. GA). Zum Inhalt der Zeugenaussagen wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift (Bl. 33 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 15. Februar 2002 den angefochtenen Bescheid vom 19. April 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Februar 2001 Alg zu gewähren. Zur Begründung heißt es, es stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls fest, dass es an der Voraussetzung einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung der Arbeitslosigkeit fehle. Dem Kläger sei nicht bewusst gewesen, noch hätte es ihm bei leichtester Überlegung bewusst sein müssen, dass sein Verhalten in den Nachtschichten vom 12. und 13. September 2000 eine Kündigung zur Folge haben werde. Es sei erwiesen, dass der Kläger nicht mutwillig und mit dem Vorsatz der Zerstörung Produktionsware beschädigt habe. Dies ergebe sich bereits aus der Vernehmung des Zeugen N vor dem Arbeitsgericht und vor dem Sozialgericht und sei von dem Zeugen W bestätigt worden; der Kläger sei bei dem Versuch, den Maschinenstau zu beseitigen, zwar unsachgemäß vorgegangen; dieses Fehlverhalten beruhe jedoch offensichtlich auf einer stressbedingten Überforderung. Den Zeugenaussagen könne mit Gewissheit entnommen werden, dass der Kläger bei der Beseitigung des Maschinenstaus kein schwerwiegendes oder besonders herausragendes Fehlverhalten gezeigt habe, das ihm die Einsicht hätte vermitteln müssen, hiermit seinen Arbeitsplatz zu gefährden. Bezeichnenderweise sei ja auch in der Arbeitsbescheinigung als Grund für die Kündigung eine Störung des Betriebsfriedens und nicht eine Sachbeschädigung genannt worden. Eine nachhaltige und auch in Zukunft zu erwartende Belastung des Betriebsklimas habe schließlich das Landesarbeitsgericht bewogen, im Rahmen einer Gesamtwürdigung des vom Kläger in den letzten Jahren gezeigten Verhaltens die Kündigung im Ergebnis zu bestätigen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit spiele eine solche Interessenabwägung jedoch keine Rolle. Auch die in der Nachtschicht vom 12. auf den 13. September 2000 nach Aussage des Zeugen N vorgefallene Beleidigung habe nicht das Gewicht einer gravierenden und unentschuldbaren Arbeitsvertragsverletzung; es sei vielmehr nachvollziehbar, dass der nach Aussage der Zeugin G und des Zeugen W temperamentvoll veranlagte Kläger auf diese Situation spontan verärgert und aufgebracht reagiert habe. Dem Kläger könne allenfalls vorgeworfen werden, dass er wieder einmal typisch überreagiert habe, weshalb er eventuell mit einer Abmahnung, nicht jedoch mit der Beendigung des seit zehn Jahren bestehenden Beschäftigungsverhältnisses hätte rechnen können. Gleichgelagerte vorangegangene Abmahnungen hätten zum Zeitpunkt der jetzigen Vorfälle über ein Jahr zurückgelegen. Der Kläger habe die Arbeitslosigkeit mithin weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint, der im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Auffassung über die arbeitsrechtlichen Auswirkungen des Verhaltens des Arbeitnehmers könne nicht gefolgt werden. Es sei zu beachten, dass auch vom Landesarbeitsgericht festgestellt worden sei, dass das Verhalten des Arbeitnehmers arbeitsvertragswidrig gewesen sei und den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt habe. Der Kläger habe durch sein vertragswidriges Verhalten die Arbeitslosigkeit auch grob fahrlässig herbeigeführt, denn ihm müsse bewusst gewesen sein, dass sein Verhalten nicht ohne Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz bleiben würde; dies gelte um so mehr, als es bereits in der Vergangenheit aufgrund des Verhaltens des Arbeitsnehmers zu Problemen mit dem Arbeitgeber gekommen sei und dem Arbeitnehmer - wenn auch schon längere Zeit zurückliegende - Abmahnungen erteilt worden seien. Der Kläger habe danach nicht davon ausgehen können, dass sein erneutes Fehlverhalten weiterhin den Bestand seines Arbeitsverhältnisses nicht bedrohen würde. Auch die Wertung des Sozialgerichts hinsichtlich der psychischen Verfassung des Klägers und seiner daraus resultierenden „Überreaktion“ könne nicht nachvollzogen werden. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers aus diesen Gründen abzumildern und zu entschuldigen, sei nicht sachgerecht. Nach alledem sei die Sperrzeit zu Recht festgestellt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Leistungsakte des Klägers bei der Beklagten (Stamm-Nr. ) und der Akte des Arbeitsgerichts Berlin (Az.: ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Arbeitsvertragwidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose gegen seine Arbeitnehmerpflichten verstößt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag, nach gesetzlichen oder auch tariflichen Regelungen obliegen. Der Arbeitnehmer muss sich so verhalten, dass der Betriebsfrieden nicht ernstlich gefährdet wird und die Zusammenarbeit für die übrigen Arbeitnehmer und den Arbeitgeber zumutbar bleibt (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 26, 115). Der Eintritt einer Sperrzeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn schwerwiegendes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, das - ggf. im Zusammenhang mit anderen Umständen - geeignet ist, die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses gerade zu diesem Zeitpunkt zu rechtfertigen, zu dem die Arbeitslosigkeit eingetreten ist.
Der Kläger hat sich in erheblichem Maße arbeitsvertragswidrig verhalten, indem er - auch nach seinen eigenen widersprüchlichen Angaben - zumindest einen Karton mit Ware des Arbeitgebers in der Nachtschicht vom 11. auf den 12. September 2000 zerstört hat, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund vorliegt, und indem er in der nächsten Arbeitsschicht gegenüber seinem Vorgesetzten die Arbeit verweigert und diesen beleidigt hat. Dies schließt der Senat aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht im Zusammenhang mit der Auswertung der Akte des Arbeitsgerichts Berlin; zwar ist bereits in dem arbeitsgerichtlichen Prozess die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Arbeitgebers festgestellt worden; die Sozialgerichtsbarkeit hat jedoch grundsätzlich selbst die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung im Wege der Amtsermittlung nachzuvollziehen (vgl. BSG Az. B 11 Al 65/01 R).
Diese Nachprüfung führt vorliegend zur Bestätigung der Beurteilung der Arbeitsgerichtsbarkeit, denn der Zeuge N hat vor dem Sozialgericht wie zuvor vor dem Arbeitsgericht glaubhaft und überzeugend ausgesagt, dass der Kläger in der betreffenden Nachtschicht mit Kartons voller Ware um sich geworfen hat, ohne dass es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gab. An dieser Beurteilung kann die eigene eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 6. Dezember 2001 nichts ändern, denn der Kläger macht widersprüchliche Angaben zu seinem Verhalten in der Nachtschicht vom 11. auf den 12. September 2000; seine Angaben sind deshalb nicht glaubhaft. Während er nämlich im arbeitsgerichtlichen Prozess in der ersten Instanz angab, er habe mit gar nichts geschmissen (Schriftsatz vom 8. Januar 2001, Bl. 68), räumte er im dortigen Berufungsverfahren ein, einen Karton in die Halle geschleudert zu haben (Schriftsatz vom 8. Juni 2001, Bl. 111). Auf die letztgenannten Angaben bezog sich der Kläger auch in der Klageschrift vor dem Sozialgericht. Demgegenüber behauptet er nunmehr in der genannten eidesstattlichen Versicherung (Bl. 21 der Gerichtsakte) erneut, er habe keine Kartons weggeworfen. Angesichts der Tatsache, dass andere Arbeitnehmer keine Probleme bei der Bewältigung des „Routinestaus“ hatten und der Kläger selbst bereits seit Jahren in diesem Arbeitsbereich tätig war, ist von einer vorsätzlichen Sachbeschädigung des Klägers auszugehen, die - wie auch vom Arbeitsgericht angenommen -, die ausgesprochene Kündigung rechtfertigte. Das Verhalten des Klägers in der folgenden Nachtschicht hat das Arbeitsgericht von seinem Rechtsstandpunkt her zutreffend nicht mehr überprüft, weil es den vorangegangenen Vorfall als Kündigungsgrund bereits für ausreichend ansah. Aber auch in der Arbeitsverweigerung und Beleidigung des Zeugen N, die durch die Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht als erwiesen angesehen wird, ist eine schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Kläger zu sehen. Der Senat glaubt dem Zeugen N, denn seine Aussage deckt sich mit seinem Vorbringen vor dem Arbeitsgericht und ist in sich abgewogen und widerspruchsfrei.
Sie ist auch deshalb glaubhaft, weil die Zeugen G und W vor dem Sozialgericht bestätigt haben, dass es häufig mit dem Kläger zu Spannungen kam, da er Arbeitsanweisungen und Ermahnungen nicht problemlos akzeptierte, und weil ähnliche Vorfälle bereits Gegenstand von Abmahnungen durch den Arbeitgeber in früherer Zeit, nämlich am 29. Juni 1999 und 1. Juli 1999, gewesen waren.
Der Kläger hat durch sein arbeitsvertragswidriges Verhalten seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich bzw. zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Hierfür ist nicht maßgeblich, ob das Beschäftigungsverhältnis schuldhaft beendet, sondern ob die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig „sehenden Auges“ herbeigeführt wurde (vgl. Niesel, SGB III, 3. Aufl. 1998, § 144 Rdnr. 24). Im vorliegenden Fall musste der Kläger damit rechnen, seine Arbeitsstelle durch sein Verhalten zu verlieren und arbeitslos zu werden. Ihm ist grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger, wie bereits angegeben, zuvor zweimal von seinem Arbeitgeber abgemahnt worden war, und zwar am 29. Juni 1999 wegen Arbeitsverweigerung und am 1. Juli 1999 wegen Bedrohung eines Vorgesetzten. Der Kläger hatte zwar in beiden Fällen das Arbeitsgericht angerufen; die Rechtmäßigkeit der erfolgten Abmahnungen war ihm jedoch durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Mai 2000 (Az.: , Bl. 54 der Akte des Arbeitsgerichts), also kurz vor den hier streitigen Ereignissen, bestätigt worden. Dem Kläger hätte sich unter diesen Umständen aufdrängen i einem vergleichbaren Vorfall nunmehr die Kündigung aussprechen würde. Wenn er dennoch sein Verhalten nicht ändert, ist dies zumindest grob fahrlässig; die Konsequenzen dieses Verhaltens hat der Kläger dann zu tragen.
Der Kläger hat auch für sein Verhalten keinen wichtigen Grund. Insbesondere kann er sich nicht darauf berufen, er sei bei dem Maschinenstau überfordert gewesen; angesichts der Häufigkeit dieser Störung, dem problemlosen Umgang anderer Arbeitnehmer damit und der langjährigen Beschäftigung des Klägers in diesem Betrieb hätte von ihm jedenfalls erwartet werden können, dass er Kollegen zu Hilfe ruft, anstatt Ware zu zerstören.
Die Aussagen der Zeugen N, G und W vor dem Sozialgericht machen zudem deutlich, dass der Kläger allgemein häufig unbeherrscht und der Umgang mit ihm schwierig war; Anweisungen weiblicher Vorgesetzter (hier der Zeugin G) akzeptierte er nicht problemlos, weshalb der Zeuge N dann häufiger vermitteln musste. Wenn das Sozialgericht in diesem Zusammenhang meint, das Verhalten des Klägers mit dessen „Temperament“ rechtfertigen zu können, so wird diese Auffassung nicht geteilt. Ein unbesonnenes und unbeherrschtes Verhalten kann kein Freibrief für Arbeitsverweigerungen und Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten sein; vielmehr belastet ein solches Verhalten auf der Arbeitsstelle den Betriebsfrieden in unzumutbarer Weise und ist nicht hinnehmbar.
Nach alledem ist eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III eingetreten. Da Anhaltspunkte für eine besondere Härte, die zu einer Reduzierung der Sperrzeit führen könnten (vgl. § 144 Abs. 3 SGB III), nicht vorliegen, umfasst die Sperrzeit die Regeldauer von 12 Wochen. Für diese Dauer ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 144 Abs. 2 SGB III); darüber hinaus mindert sich die Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um 135 Tage, d.h. um ein Viertel der Anspruchsdauer.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Februar bis 25. April 2001.
Der 1955 geborene und aus der Türkei stammende Kläger war seit dem 15. Januar 1990 als Produktionshelfer im Bereich der Packbetriebe der Firma Bbeschäftigt. Am 21. September 2000 wurde das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2001 durch den Arbeitgeber wegen Störung des Betriebsfriedens fristgemäß (4 Monate zum Monatsende) gekündigt.
Am 1. Februar 2001 beantragte der Kläger die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Auf Befragen der Beklagten zu den Gründen der Kündigung bestritt der Kläger den Vorwurf des Arbeitgebers und verwies auf sein Vorbringen hierzu in dem von ihm gegen die Kündigung angestrengten arbeitsgerichtlichen Prozess (Az.: 44 Ca 27145/00). Die Kündigung beziehe sich auf einen angeblichen Vorgang in der Nachtschicht vom 11. auf den 12. September 2000, bei dem er mit Ware „um sich geschmissen“ haben solle, was bestritten werde. Tatsächlich habe sein Vorgesetzter, Herr N, der im Übrigen der einzige Zeuge des Vorfalls gewesen sei, bei einer von ihm vorgenommenen Störungsbeseitigung an der Maschine der Klägers Kartons heruntergeschmissen, um den Kartonstau schnell zu beseitigen. Er selbst habe damit nichts zu tun gehabt, habe aber die Kartons wieder aufheben dürfen. Diese Arbeit habe er nicht verweigert; er habe auch seinem Vorgesetzten nicht den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt.
Nachdem das Arbeitsgericht die Klage mit Urteil vom 28. März 2001 abgewiesen hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2001 den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Februar bis 25. April 2001 (12 Wochen) fest. Der Kläger habe seine Beschäftigung verloren, weil er den Betriebsfrieden gestört habe; Abmahnungen seien bereits erfolgt; er habe gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen, weswegen der Arbeitgeber auch berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis fristgemäß zu kündigen. Hiermit habe der Kläger rechnen und voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos würde. Ab dem 26. April 2001 wurde dem Kläger Alg für eine Anspruchsdauer von 489 Tagen nach einem Bemessungsentgelt von 770,00 DM (Leistungsgruppe A/0) gewährt.
Den gegen den Sperrzeitbescheid von dem Kläger eingelegten Widerspruch, den er damit begründete, dass das Arbeitsgerichtsurteil nicht zutreffend sei und von ihm mit der Berufung angegriffen werde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2001 zurück: Das vertragswidrige Verhalten des Klägers sei darin zu sehen, dass er in der Nachtschicht vom 11. zum 12. September 2000 im Zuge der Beseitigung einer Störung an einer Maschine des Arbeitgebers absichtlich Kartons mit fertiger Ware zerstört und damit eine Sachbeschädigung begangen habe. Dieser Sachverhalt sei durch den Anlagenleiter N als Zeugen im Arbeitsgerichtsprozess bestätigt worden. Der Arbeitgeber sei wegen dieser strafbaren Handlung berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Juli 2001 Klage erhoben und zur Begründung auf sein Vorbringen im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht (Az.: ) verwiesen. Der Zeuge N habe in seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht lediglich ausgesagt, dass der Kläger anlässlich einer Routinestörung bei der Packmaschine einen Karton durch die Halle geworfen habe. Dieses Fehlverhalten sei nachvollziehbar dadurch zu erklären, dass er offenbar mit der Situation überfordert gewesen sei. Hieraus könne die Kündigung eines Mitarbeiters, der seit über zehn Jahren bei dem gleichen Arbeitgeber tätig sei, nicht hergeleitet werden. Hintergrund sei, dass der Arbeitgeber einen aus seiner Sicht unbequemen Arbeitnehmer nach einem vorangegangenen verlorenen Kündigungsschutzprozess nunmehr mit Abmahnungen überziehe, um schließlich die angestrebte Entlassung zu erreichen.
Nachdem die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. März 2001 zurückgewiesen worden war (Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 2. August 2001) mit der Begründung, in der vorsätzlichen Sachbeschädigung in der Nacht vom 11. auf den 12. September 2000 liege ein wichtiger Grund zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, legte der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 6. Dezember 2001 vor, in der die Aussage des Zeugen N, die im Wesentlichen entscheidend für den arbeitsgerichtlichen Prozess gewesen sei, als falsch bezeichnet wurde. Nicht er, der Kläger, sondern der Zeuge N habe Kartons in den Raum geschleudert, um den Stau zu beseitigen; er selbst habe danach die Kartons wieder aufgeräumt. Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Mechanikers N, der technischen Anlagenleitungsassistentin G und des Schichtleiters W im Termin am 15. Februar 2002 (Bl. 33 ff. GA). Zum Inhalt der Zeugenaussagen wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift (Bl. 33 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 15. Februar 2002 den angefochtenen Bescheid vom 19. April 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Februar 2001 Alg zu gewähren. Zur Begründung heißt es, es stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls fest, dass es an der Voraussetzung einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung der Arbeitslosigkeit fehle. Dem Kläger sei nicht bewusst gewesen, noch hätte es ihm bei leichtester Überlegung bewusst sein müssen, dass sein Verhalten in den Nachtschichten vom 12. und 13. September 2000 eine Kündigung zur Folge haben werde. Es sei erwiesen, dass der Kläger nicht mutwillig und mit dem Vorsatz der Zerstörung Produktionsware beschädigt habe. Dies ergebe sich bereits aus der Vernehmung des Zeugen N vor dem Arbeitsgericht und vor dem Sozialgericht und sei von dem Zeugen W bestätigt worden; der Kläger sei bei dem Versuch, den Maschinenstau zu beseitigen, zwar unsachgemäß vorgegangen; dieses Fehlverhalten beruhe jedoch offensichtlich auf einer stressbedingten Überforderung. Den Zeugenaussagen könne mit Gewissheit entnommen werden, dass der Kläger bei der Beseitigung des Maschinenstaus kein schwerwiegendes oder besonders herausragendes Fehlverhalten gezeigt habe, das ihm die Einsicht hätte vermitteln müssen, hiermit seinen Arbeitsplatz zu gefährden. Bezeichnenderweise sei ja auch in der Arbeitsbescheinigung als Grund für die Kündigung eine Störung des Betriebsfriedens und nicht eine Sachbeschädigung genannt worden. Eine nachhaltige und auch in Zukunft zu erwartende Belastung des Betriebsklimas habe schließlich das Landesarbeitsgericht bewogen, im Rahmen einer Gesamtwürdigung des vom Kläger in den letzten Jahren gezeigten Verhaltens die Kündigung im Ergebnis zu bestätigen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit spiele eine solche Interessenabwägung jedoch keine Rolle. Auch die in der Nachtschicht vom 12. auf den 13. September 2000 nach Aussage des Zeugen N vorgefallene Beleidigung habe nicht das Gewicht einer gravierenden und unentschuldbaren Arbeitsvertragsverletzung; es sei vielmehr nachvollziehbar, dass der nach Aussage der Zeugin G und des Zeugen W temperamentvoll veranlagte Kläger auf diese Situation spontan verärgert und aufgebracht reagiert habe. Dem Kläger könne allenfalls vorgeworfen werden, dass er wieder einmal typisch überreagiert habe, weshalb er eventuell mit einer Abmahnung, nicht jedoch mit der Beendigung des seit zehn Jahren bestehenden Beschäftigungsverhältnisses hätte rechnen können. Gleichgelagerte vorangegangene Abmahnungen hätten zum Zeitpunkt der jetzigen Vorfälle über ein Jahr zurückgelegen. Der Kläger habe die Arbeitslosigkeit mithin weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint, der im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Auffassung über die arbeitsrechtlichen Auswirkungen des Verhaltens des Arbeitnehmers könne nicht gefolgt werden. Es sei zu beachten, dass auch vom Landesarbeitsgericht festgestellt worden sei, dass das Verhalten des Arbeitnehmers arbeitsvertragswidrig gewesen sei und den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt habe. Der Kläger habe durch sein vertragswidriges Verhalten die Arbeitslosigkeit auch grob fahrlässig herbeigeführt, denn ihm müsse bewusst gewesen sein, dass sein Verhalten nicht ohne Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz bleiben würde; dies gelte um so mehr, als es bereits in der Vergangenheit aufgrund des Verhaltens des Arbeitsnehmers zu Problemen mit dem Arbeitgeber gekommen sei und dem Arbeitnehmer - wenn auch schon längere Zeit zurückliegende - Abmahnungen erteilt worden seien. Der Kläger habe danach nicht davon ausgehen können, dass sein erneutes Fehlverhalten weiterhin den Bestand seines Arbeitsverhältnisses nicht bedrohen würde. Auch die Wertung des Sozialgerichts hinsichtlich der psychischen Verfassung des Klägers und seiner daraus resultierenden „Überreaktion“ könne nicht nachvollzogen werden. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers aus diesen Gründen abzumildern und zu entschuldigen, sei nicht sachgerecht. Nach alledem sei die Sperrzeit zu Recht festgestellt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Leistungsakte des Klägers bei der Beklagten (Stamm-Nr. ) und der Akte des Arbeitsgerichts Berlin (Az.: ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Arbeitsvertragwidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose gegen seine Arbeitnehmerpflichten verstößt, die ihm nach dem Arbeitsvertrag, nach gesetzlichen oder auch tariflichen Regelungen obliegen. Der Arbeitnehmer muss sich so verhalten, dass der Betriebsfrieden nicht ernstlich gefährdet wird und die Zusammenarbeit für die übrigen Arbeitnehmer und den Arbeitgeber zumutbar bleibt (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 26, 115). Der Eintritt einer Sperrzeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn schwerwiegendes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, das - ggf. im Zusammenhang mit anderen Umständen - geeignet ist, die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses gerade zu diesem Zeitpunkt zu rechtfertigen, zu dem die Arbeitslosigkeit eingetreten ist.
Der Kläger hat sich in erheblichem Maße arbeitsvertragswidrig verhalten, indem er - auch nach seinen eigenen widersprüchlichen Angaben - zumindest einen Karton mit Ware des Arbeitgebers in der Nachtschicht vom 11. auf den 12. September 2000 zerstört hat, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund vorliegt, und indem er in der nächsten Arbeitsschicht gegenüber seinem Vorgesetzten die Arbeit verweigert und diesen beleidigt hat. Dies schließt der Senat aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht im Zusammenhang mit der Auswertung der Akte des Arbeitsgerichts Berlin; zwar ist bereits in dem arbeitsgerichtlichen Prozess die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Arbeitgebers festgestellt worden; die Sozialgerichtsbarkeit hat jedoch grundsätzlich selbst die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung im Wege der Amtsermittlung nachzuvollziehen (vgl. BSG Az. B 11 Al 65/01 R).
Diese Nachprüfung führt vorliegend zur Bestätigung der Beurteilung der Arbeitsgerichtsbarkeit, denn der Zeuge N hat vor dem Sozialgericht wie zuvor vor dem Arbeitsgericht glaubhaft und überzeugend ausgesagt, dass der Kläger in der betreffenden Nachtschicht mit Kartons voller Ware um sich geworfen hat, ohne dass es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gab. An dieser Beurteilung kann die eigene eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 6. Dezember 2001 nichts ändern, denn der Kläger macht widersprüchliche Angaben zu seinem Verhalten in der Nachtschicht vom 11. auf den 12. September 2000; seine Angaben sind deshalb nicht glaubhaft. Während er nämlich im arbeitsgerichtlichen Prozess in der ersten Instanz angab, er habe mit gar nichts geschmissen (Schriftsatz vom 8. Januar 2001, Bl. 68), räumte er im dortigen Berufungsverfahren ein, einen Karton in die Halle geschleudert zu haben (Schriftsatz vom 8. Juni 2001, Bl. 111). Auf die letztgenannten Angaben bezog sich der Kläger auch in der Klageschrift vor dem Sozialgericht. Demgegenüber behauptet er nunmehr in der genannten eidesstattlichen Versicherung (Bl. 21 der Gerichtsakte) erneut, er habe keine Kartons weggeworfen. Angesichts der Tatsache, dass andere Arbeitnehmer keine Probleme bei der Bewältigung des „Routinestaus“ hatten und der Kläger selbst bereits seit Jahren in diesem Arbeitsbereich tätig war, ist von einer vorsätzlichen Sachbeschädigung des Klägers auszugehen, die - wie auch vom Arbeitsgericht angenommen -, die ausgesprochene Kündigung rechtfertigte. Das Verhalten des Klägers in der folgenden Nachtschicht hat das Arbeitsgericht von seinem Rechtsstandpunkt her zutreffend nicht mehr überprüft, weil es den vorangegangenen Vorfall als Kündigungsgrund bereits für ausreichend ansah. Aber auch in der Arbeitsverweigerung und Beleidigung des Zeugen N, die durch die Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht als erwiesen angesehen wird, ist eine schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Kläger zu sehen. Der Senat glaubt dem Zeugen N, denn seine Aussage deckt sich mit seinem Vorbringen vor dem Arbeitsgericht und ist in sich abgewogen und widerspruchsfrei.
Sie ist auch deshalb glaubhaft, weil die Zeugen G und W vor dem Sozialgericht bestätigt haben, dass es häufig mit dem Kläger zu Spannungen kam, da er Arbeitsanweisungen und Ermahnungen nicht problemlos akzeptierte, und weil ähnliche Vorfälle bereits Gegenstand von Abmahnungen durch den Arbeitgeber in früherer Zeit, nämlich am 29. Juni 1999 und 1. Juli 1999, gewesen waren.
Der Kläger hat durch sein arbeitsvertragswidriges Verhalten seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich bzw. zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Hierfür ist nicht maßgeblich, ob das Beschäftigungsverhältnis schuldhaft beendet, sondern ob die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig „sehenden Auges“ herbeigeführt wurde (vgl. Niesel, SGB III, 3. Aufl. 1998, § 144 Rdnr. 24). Im vorliegenden Fall musste der Kläger damit rechnen, seine Arbeitsstelle durch sein Verhalten zu verlieren und arbeitslos zu werden. Ihm ist grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger, wie bereits angegeben, zuvor zweimal von seinem Arbeitgeber abgemahnt worden war, und zwar am 29. Juni 1999 wegen Arbeitsverweigerung und am 1. Juli 1999 wegen Bedrohung eines Vorgesetzten. Der Kläger hatte zwar in beiden Fällen das Arbeitsgericht angerufen; die Rechtmäßigkeit der erfolgten Abmahnungen war ihm jedoch durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Mai 2000 (Az.: , Bl. 54 der Akte des Arbeitsgerichts), also kurz vor den hier streitigen Ereignissen, bestätigt worden. Dem Kläger hätte sich unter diesen Umständen aufdrängen i einem vergleichbaren Vorfall nunmehr die Kündigung aussprechen würde. Wenn er dennoch sein Verhalten nicht ändert, ist dies zumindest grob fahrlässig; die Konsequenzen dieses Verhaltens hat der Kläger dann zu tragen.
Der Kläger hat auch für sein Verhalten keinen wichtigen Grund. Insbesondere kann er sich nicht darauf berufen, er sei bei dem Maschinenstau überfordert gewesen; angesichts der Häufigkeit dieser Störung, dem problemlosen Umgang anderer Arbeitnehmer damit und der langjährigen Beschäftigung des Klägers in diesem Betrieb hätte von ihm jedenfalls erwartet werden können, dass er Kollegen zu Hilfe ruft, anstatt Ware zu zerstören.
Die Aussagen der Zeugen N, G und W vor dem Sozialgericht machen zudem deutlich, dass der Kläger allgemein häufig unbeherrscht und der Umgang mit ihm schwierig war; Anweisungen weiblicher Vorgesetzter (hier der Zeugin G) akzeptierte er nicht problemlos, weshalb der Zeuge N dann häufiger vermitteln musste. Wenn das Sozialgericht in diesem Zusammenhang meint, das Verhalten des Klägers mit dessen „Temperament“ rechtfertigen zu können, so wird diese Auffassung nicht geteilt. Ein unbesonnenes und unbeherrschtes Verhalten kann kein Freibrief für Arbeitsverweigerungen und Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten sein; vielmehr belastet ein solches Verhalten auf der Arbeitsstelle den Betriebsfrieden in unzumutbarer Weise und ist nicht hinnehmbar.
Nach alledem ist eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III eingetreten. Da Anhaltspunkte für eine besondere Härte, die zu einer Reduzierung der Sperrzeit führen könnten (vgl. § 144 Abs. 3 SGB III), nicht vorliegen, umfasst die Sperrzeit die Regeldauer von 12 Wochen. Für diese Dauer ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 144 Abs. 2 SGB III); darüber hinaus mindert sich die Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um 135 Tage, d.h. um ein Viertel der Anspruchsdauer.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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