Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 51 Ar 392/95
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 76/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Die Beklagte gewährte der am ... geborenen, seit dem 19. Mai 1993 verheirateten Klägerin für den Bewilligungsabschnitt vom 30. April 1993 bis zum 28. Februar 1994 Arbeitslosenhilfe (Alhi) ohne Anrechnungsbetrag, und zwar vom 30. April 1993 an in Höhe von 216,? DM wöchentlich (Bewilligungsbescheid vom 18. Mai 1993), vom 30. August 1993 an in Höhe von 241,20 DM wöchentlich (Änderungsbescheid vom 3. September 1993) und vom 1. Januar 1994 an in Höhe von 224,40 DM wöchentlich (Änderungsbescheid vom 7. Januar 1994). Nach Aktenlage teilte die Klägerin ihre Eheschließung erst am 9. Februar 1994 mit. Sie hatte mit ihrem Ehemann schon vor der Heirat zusammengelebt.
Die Beklagte ermittelte zum Einkommen des Ehemannes der Klägerin ? es ergab sich im Leistungszeitraum ein Einkommen in unterschiedlicher Höhe ? und hörte die Klägerin an. Diese behauptete, der Beklagten ihre Eheschließung bzw. bereits deren Bevorstehen rechtzeitig mündlich mitgeteilt zu haben.
Mit Aufhebungs? und Erstattungsbescheid vom 18. November 1994 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin im genannten Bewilligungsabschnitt Alhi ohne Anrechnung erhalten habe, obwohl ihr “aufgrund (ihrer) Heirat” die Leistung vom 30. April 1993 an nur mit Anrechnung des Einkommens ihres Ehemannes zugestanden habe. Deshalb werde “der Bescheid über die Bewilligung der Leistung” vom 30. April 1993 an “teilweise” aufgehoben. Die Klägerin habe leicht erkennen können, dass ihr Leistungen nur unter Berücksichtigung “des Anrechnungsbetrages” zugestanden hätten. Der überzahlte Betrag in Höhe von 6.780,78 DM sei von ihr nach § 50 Sozialgesetzbuch (SGB) X zu erstatten. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1995).
Das dagegen von der Klägerin angerufene Sozialgericht Berlin (SG) hob den Aufhebungs? und Erstattungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides durch Urteil vom 24. Juli 1998 auf, weil er nicht ? wie es § 33 Abs. 1 SGB X vorschreibe ? hinreichend bestimmt und deshalb rechtswidrig sei. Die Entscheidung über die teilweise Aufhebung einer Leistung wie die Alhi sei nur dann hinreichend bestimmt, wenn auch geregelt sei, in welcher wöchentlichen Höhe die Leistung in einem bestimmten Zeitraum aufgehoben werde. Daran fehle es. Allein aus dem (Gesamt?) Erstattungsbetrag lasse sich dies nicht entnehmen. Auch die Anhörungsschreiben der Beklagten enthielten keine diesbezüglichen Angaben. Dem Bescheid sei zudem kein Berechnungsblatt beigefügt gewesen. Schließlich enthalte auch der Widerspruchsbescheid keine entsprechenden Angaben. Allein deswegen unterliege der angefochtene Bescheid der Aufhebung. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X sei kein bloßer Verfahrens? oder Formfehler im Sinne des § 42 SGB X. Die mangelnde genügende Bestimmtheit des Verwaltungsaktes lasse die Feststellung, dass (jedenfalls) in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, nicht zu. Infolge der Aufhebung der Aufhebungsentscheidung entfalle auch die Erstattungspflicht nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Mit der Berufung vertritt die Beklagte die Auffassung, dass dem Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X mit Angabe des Aufhebungszeitraums und Bezifferung des Erstattungsbetrages Genüge getan worden sei. Vorliegend sei der Tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllt, so dass die Entscheidung über die Bewilligung auf dieser Grundlage in Verbindung mit § 152 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz zurückzunehmen gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 51 Ar 392/95 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Stammnummer ... ) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Aufhebungs? und Erstattungsbescheid vom 18. November 1994 wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des § 33 Abs. 1 SGB X rechtswidrig ist und allein deshalb der Aufhebung unterlag. Der Senat nimmt auf die überzeugenden Ausführungen des SG Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Zur Klarstellung sei lediglich ergänzt, dass die Beklagte im Alhi-Bewilligungsbescheid für den Leistungszeitraum eine wöchentliche Leistung in bestimmter Höhe bewilligt hat. Hebt sie diese Bewilligung wegen Einkommensanrechnung teilweise auf, so ist ohne Bezeichnung des (wöchentlichen) Anrechnungsbetrages ? ggf. der wöchentlichen Anrechnungsbeträge ? unbestimmt, in welcher Höhe die Leistungsbewilligung aufgehoben worden ist und ? folglich ? in welcher Höhe sie weiterhin Bestand hat. Dies lässt sich auch nicht durch die Angabe des Gesamterstattungsbetrages bestimmen, weil dieser keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Höhe des wöchentlichen Leistungssatzes bzw. der wöchentlichen Leistungssätze nach Anrechnung zulässt. Dies gilt umso mehr, als sich dem angefochtenen Bescheid nicht einmal zweifelsfrei entnehmen lässt, ob es sich um einen ? gleichbleibenden ? Anrechnungsbetrag oder um mehrere Anrechnungsbeträge unterschiedlicher Höhe (etwa entsprechend dem schwankenden Einkommen des Ehemannes der Klägerin) handelt.
Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
Die Beklagte gewährte der am ... geborenen, seit dem 19. Mai 1993 verheirateten Klägerin für den Bewilligungsabschnitt vom 30. April 1993 bis zum 28. Februar 1994 Arbeitslosenhilfe (Alhi) ohne Anrechnungsbetrag, und zwar vom 30. April 1993 an in Höhe von 216,? DM wöchentlich (Bewilligungsbescheid vom 18. Mai 1993), vom 30. August 1993 an in Höhe von 241,20 DM wöchentlich (Änderungsbescheid vom 3. September 1993) und vom 1. Januar 1994 an in Höhe von 224,40 DM wöchentlich (Änderungsbescheid vom 7. Januar 1994). Nach Aktenlage teilte die Klägerin ihre Eheschließung erst am 9. Februar 1994 mit. Sie hatte mit ihrem Ehemann schon vor der Heirat zusammengelebt.
Die Beklagte ermittelte zum Einkommen des Ehemannes der Klägerin ? es ergab sich im Leistungszeitraum ein Einkommen in unterschiedlicher Höhe ? und hörte die Klägerin an. Diese behauptete, der Beklagten ihre Eheschließung bzw. bereits deren Bevorstehen rechtzeitig mündlich mitgeteilt zu haben.
Mit Aufhebungs? und Erstattungsbescheid vom 18. November 1994 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin im genannten Bewilligungsabschnitt Alhi ohne Anrechnung erhalten habe, obwohl ihr “aufgrund (ihrer) Heirat” die Leistung vom 30. April 1993 an nur mit Anrechnung des Einkommens ihres Ehemannes zugestanden habe. Deshalb werde “der Bescheid über die Bewilligung der Leistung” vom 30. April 1993 an “teilweise” aufgehoben. Die Klägerin habe leicht erkennen können, dass ihr Leistungen nur unter Berücksichtigung “des Anrechnungsbetrages” zugestanden hätten. Der überzahlte Betrag in Höhe von 6.780,78 DM sei von ihr nach § 50 Sozialgesetzbuch (SGB) X zu erstatten. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1995).
Das dagegen von der Klägerin angerufene Sozialgericht Berlin (SG) hob den Aufhebungs? und Erstattungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides durch Urteil vom 24. Juli 1998 auf, weil er nicht ? wie es § 33 Abs. 1 SGB X vorschreibe ? hinreichend bestimmt und deshalb rechtswidrig sei. Die Entscheidung über die teilweise Aufhebung einer Leistung wie die Alhi sei nur dann hinreichend bestimmt, wenn auch geregelt sei, in welcher wöchentlichen Höhe die Leistung in einem bestimmten Zeitraum aufgehoben werde. Daran fehle es. Allein aus dem (Gesamt?) Erstattungsbetrag lasse sich dies nicht entnehmen. Auch die Anhörungsschreiben der Beklagten enthielten keine diesbezüglichen Angaben. Dem Bescheid sei zudem kein Berechnungsblatt beigefügt gewesen. Schließlich enthalte auch der Widerspruchsbescheid keine entsprechenden Angaben. Allein deswegen unterliege der angefochtene Bescheid der Aufhebung. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X sei kein bloßer Verfahrens? oder Formfehler im Sinne des § 42 SGB X. Die mangelnde genügende Bestimmtheit des Verwaltungsaktes lasse die Feststellung, dass (jedenfalls) in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, nicht zu. Infolge der Aufhebung der Aufhebungsentscheidung entfalle auch die Erstattungspflicht nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Mit der Berufung vertritt die Beklagte die Auffassung, dass dem Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X mit Angabe des Aufhebungszeitraums und Bezifferung des Erstattungsbetrages Genüge getan worden sei. Vorliegend sei der Tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllt, so dass die Entscheidung über die Bewilligung auf dieser Grundlage in Verbindung mit § 152 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz zurückzunehmen gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 51 Ar 392/95 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Stammnummer ... ) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Aufhebungs? und Erstattungsbescheid vom 18. November 1994 wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebotes des § 33 Abs. 1 SGB X rechtswidrig ist und allein deshalb der Aufhebung unterlag. Der Senat nimmt auf die überzeugenden Ausführungen des SG Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Zur Klarstellung sei lediglich ergänzt, dass die Beklagte im Alhi-Bewilligungsbescheid für den Leistungszeitraum eine wöchentliche Leistung in bestimmter Höhe bewilligt hat. Hebt sie diese Bewilligung wegen Einkommensanrechnung teilweise auf, so ist ohne Bezeichnung des (wöchentlichen) Anrechnungsbetrages ? ggf. der wöchentlichen Anrechnungsbeträge ? unbestimmt, in welcher Höhe die Leistungsbewilligung aufgehoben worden ist und ? folglich ? in welcher Höhe sie weiterhin Bestand hat. Dies lässt sich auch nicht durch die Angabe des Gesamterstattungsbetrages bestimmen, weil dieser keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Höhe des wöchentlichen Leistungssatzes bzw. der wöchentlichen Leistungssätze nach Anrechnung zulässt. Dies gilt umso mehr, als sich dem angefochtenen Bescheid nicht einmal zweifelsfrei entnehmen lässt, ob es sich um einen ? gleichbleibenden ? Anrechnungsbetrag oder um mehrere Anrechnungsbeträge unterschiedlicher Höhe (etwa entsprechend dem schwankenden Einkommen des Ehemannes der Klägerin) handelt.
Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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