L 10 AL 70/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 Ar 1069/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 70/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit und die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides.

Die ... Klägerin war nach dem Bezug von Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt (Bemessungsentgelt) von zuletzt 650,-- DM vom 1. Oktober 1994 bis zum 30. September 1995 bei der Firma A. im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden beschäftigt, und zwar vom 14. November 1994 an als Projektleiterin einer Spielewerkstatt. Das monatliche Arbeitsentgelt nach “Lohn-/Gehaltsgruppe G 4/1” (Änderungsvertrag vom 14. November 1994 zum Arbeitsvertrag) betrug für diese Tätigkeit zunächst 3.884,-- DM und vom 1. Januar 1995 an 4.036,50 DM.

Durch Bescheid vom 6. November 1995 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 2. Oktober 1995 an und eine Anspruchsdauer von 156 Tagen Arbeitslosengeld (Alg) entsprechend ihrem letzten Arbeitsentgelt nach einem Bemessungsentgelt von 930,-- DM in Höhe von wöchentlich 395,40 DM (Leistungsgruppe B, Kin-dermerkmal 1). Vom 21. November bis 19. Dezember 1995 nahm die Klägerin an einer Kur teil und bezog Übergangsgeld. Das vom 20. Dezember 1995 an wiederbewilligte Alg betrug vom 1. Januar 1996 an bei gleichbleibendem Bemessungsentgelt (930,-- DM), aber im Übrigen geänderten Leistungsmerkmalen (Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0) wöchentlich 332,40 DM. Nach Erschöpfung des Alg-Anspruchs bezog die Klägerin vom 30. April 1996 an Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von 700,-- DM in Höhe von wöchentlich 239,40 DM und täglich 39,90 DM (Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0). Die Leistung wurde vom 1. Juli 1996 an auf wöchentlich 234,60 DM und täglich 39,10 DM herabbemessen (Bemessungsentgelt 680,-- DM).

Mit Schreiben vom 25. März 1996 unterbreitete die Beklagte der Klägerin einen Vermittlungsvorschlag als Projektleiterin bei der Firma J. - (Betriebsart: “Qualifizierung, Weiterbildung”). Die ABM-Vollzeitstelle (38,5 Stunden wöchentlich) sei vom 1. Mai 1996 an zu besetzen und bis zum 30. April 1997 befristet. Im ersten Monat sei sie als Honorartätigkeit auszuüben und als Nebentätigkeit beim Arbeitsamt anzuzeigen; “Lohn-Gehalt: n. Vereinb.”. Der Vermittlungsvorschlag enthielt eine Belehrung über die Rechtsfolgen einer Ablehnung des Arbeitsangebotes bzw. eines Nichtantretens der angebotenen Arbeitsstelle ohne wichtigen Grund.

Nach den Beratungsvermerken der Beklagten meldete sich die Klägerin am 22. April 1996 telefonisch beim Arbeitsvermittler H. und fragte “erneut” nach dem “Stand des eingereichten Projektes ABM ‘R.-Werkstatt’”. Der Arbeitsvermittler hielt fest: Wegen Prüfung der erweiterten ABM-Förderung sei z.Z. noch keine Aussage möglich. Die Klägerin wolle das Stellenangebot als Projektleiterin bei “Firma J.” wegen zu geringer Entlohnung ablehnen. “Auf Sperrzeit bei Ablehnung einer zumutbaren Beschäftigung hingewiesen”.

Am 25. April 1996 teilte die Firma J. der Beklagten mit, die Klägerin habe sich am 2. April und 10. April 1996 vorgestellt. Sie habe mit der Begründung abgesagt, die “Stelle sei ihr zu schlecht dotiert, Erwartungshaltung IV a/b-Stelle”. Die Klägerin äußerte sich dazu anlässlich ihrer persönlichen Vorsprache am 30. April 1996 schriftlich wie folgt: Vor einem Jahr habe sie als Projektleiterin (bei der Firma A.) bei einer 36-Stunden-Woche 4.036,-- DM verdient. Jetzt sei ihr für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung (38,5 Stun-den/wöchentlich) nur ein Bruttogehalt von monatlich 2.792,-- DM angeboten worden. Deshalb habe sie die Stelle nicht angenommen. Sie bitte die Beklagte um eine Überprüfung. In der Stellungnahme des zuständigen Arbeitsvermittlers H. vom selben Tag (30. April 1996) heißt es dazu: Es handele sich bei der angebotenen Stelle um ABM. Das vom Arbeitgeber angebotene Arbeitsentgelt - das der tariflichen Regelung entspreche - sei im Rahmen der ABM-Stellungnahme durch das Arbeitsamt akzeptiert worden. Die Stelle sei nach § 6 Zumutbarkeits-Anordnung zumutbar.

Nach den Beratungsvermerken der Beklagten erläuterte der Arbeitsvermittler H. der Klägerin am 30. April 1996, dass eine unterschiedliche Entlohnung durch unterschiedliche Tarifverträge oder ortsübliches Arbeitsentgelt entstehen könne. Die ABM bei der Firma J. sei durch das Arbeitsamt mit diesem Gehaltsniveau bewilligt worden und sei demzufolge in Ordnung. Nach nochmaliger Information “über die Richtigkeit der Entscheidung” und wiederholter Rechtsfolgenbelehrung - so heißt es in den Vermerken vom 30. April 1996 weiter - sei die Klägerin nun doch bereit, die Stelle anzutreten. Telefonische Rücksprache bei der Firma J. habe jedoch ergeben, dass dort z.Z. kein Bedarf mehr bestehe, weil bereits ein neuer Bewerber vorgesprochen habe.

In einem Schreiben an die Widerspruchsstelle der Beklagten vom 7. Mai 1996 erläuterte die Klägerin, dass im November 1995 nach einem von ihr selbst erstellten - und vom Jugendstadtrat von Neukölln befürworteten - Konzept ein ABM-Projekt beantragt worden sei (“R.-Werkstatt”), in welchem sie gegen ein Gehalt von ca. 4.300,-- DM die Leitung habe übernehmen sollen (Zielrichtungen: pädagogische Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen, Näh- und Handarbeiten aller Art, Qualifizierung und Weiterbildung). Der Arbeitsvermittler H. habe ihr jedoch die Übernahme einer ähnlichen Position bei der Firma J. empfohlen, ohne den Gehaltsanspruch zu erwähnen. Nach der Zuweisung habe sie das Gehalt mit der Firma J. selbst vereinbaren sollen. Das ihr angebotene Gehalt von 2.792,-- DM brutto habe sich nach dem Bekleidungsindustrie-Tarif Stufe 15 (38,5 Stunden/wöchentlich) berechnet. Sie habe dieses Angebot nicht angenommen, weil sie der Meinung sei, dass die Gehaltsstufe 15 keiner leitenden Position entspreche, sondern der einer Zuschnitt-Schneiderin/Anleiterin. Letztlich sei vereinbart worden, dass die Firma J. wegen der Gehaltshöhe in Rücksprache mit dem Arbeitsamt eine Klärung herbeiführen solle.

Durch Bewilligungs-Änderungs-Bescheid vom 20. August 1996 setzte die Beklagte zum einen eine rückwirkende Änderung der Steuerklasse zum 1. Januar 1996 (Steuerklasse II, Zahl der Kinderfreibeträge 1) um, die zu einer Erhöhung der wöchentlichen Alg-Leistung vom 1. Januar 1996 an auf 397,20 DM führte (Leistungs-gruppe B, erhöhter Leistungssatz [Kindermerkmal 1]). Zum anderen berücksichtigte sie darin eine Neufestsetzung der Arbeitslosenhilfe gemäß § 136 Abs. 2 b AFG in Verbindung mit § 112 Abs. 7 AFG (Einstufung als Bürofachkraft nach dem “Tarifvertrag Großhandel vom 1.4.96, G 3”, Bruttoarbeitsentgelt monatlich 2.878,-- DM) vom 30. April 1996 an, die zu einer Senkung des Bemessungsentgeltes auf 660,-- DM und - im Hinblick auf die günstigeren sonstigen Leistungsmerkmale - zu einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitslosenhilfe auf 269,40 DM führte. Als Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1996 ergab sich ein Betrag von 1.117,40 DM.

Durch weiteren Bescheid vom 20. August 1996 stellte die Beklagte gemäß §§ 119, 119 a AFG den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Mai 1996 bis 23. Juli 1996 (12 Wochen) fest. Das Arbeitsangebot vom 25. März 1996 habe einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe die Klägerin das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt, weil ihr die Entlohnung zu gering erschienen sei. Die Entlohnung habe jedoch dem tariflichen Entgelt entsprochen, weshalb der Klägerin kein wichtiger Grund für ihr Verhalten zur Seite stehe. Dies hätte sich auch herausgestellt, wenn sich die Klägerin vor Ablehnung des Angebotes beim Arbeitsamt oder im Rahmen der Vorstellungsgespräche hinreichend erkundigt hätte. Besondere Härtegründe für eine Verringerung der Sperrzeit lägen nicht vor. Wegen der Sperrzeit werde der Bescheid über die Bewilligung der Leistung für die Zeit vom 1.Mai 1996 bis 23. Juli 1996 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) X und § 152 AFG aufgehoben. Die zu Unrecht erbrachten Leistungen seien von der Klägerin in Höhe von 2.872,80 DM zu erstatten (§ 50 SGB X). Die Nachzahlung aufgrund der Steuerklassenänderung in Höhe von 1.117,40 DM werde mit der Rückforderung verrechnet, so dass nur noch 1.755,40 DM zu erstatten seien.

Durch Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 1997 berichtigte die Beklagte den Sperrzeit- sowie Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 20. August 1996 auf den Widerspruch der Klägerin dahin, dass sie einen Rückforderungsbetrag von 2.856,80 DM - nach Verrechnung: von 1.739,40 DM - festsetzte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Nach der Anlage zur Stellenbeschreibung Projektleiterin/Bekleidungstechnikerin sei als Berechnungsgrundlage analog Lohntabelle Arbeitnehmer der Textilindustrie Berlin ab 1. Oktober 1995 die Vergütungsstufe 15 vorgesehen. Dass die Klägerin in vergleichbarer Position zu einem früheren Zeitpunkt ein günstigeres Arbeitsentgelt erzielt habe, könne nicht als wichtiger Grund für die Ablehnung anerkannt werden. Die Klägerin hätte lediglich infolge grober Fahrlässigkeit davon ausgehen können, dass ihr der überzahlte Betrag von 2.856,80 DM zugestanden habe. Sie sei durch das Merkblatt für Bezieher von Leistungen über die Leistungsvoraussetzungen anlässlich der Antragstellung belehrt worden (§ 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X).

Das dagegen angerufene Sozialgericht Berlin (SG) hob den Bescheid vom 20. August 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 1997 durch Urteil vom 30. Juni 1998 auf. Es vertrat die Auffassung, dass es der Klägerin angesichts der drastischen Verschlechterung des Arbeitsentgeltes nicht zumutbar gewesen sei, das Arbeitsangebot vom 25. März 1996 anzunehmen. Dies gelte besonders vor dem Hintergrund, dass sie das vorherige Arbeitsentgelt (4.036,50 DM) in einer ABM erzielt habe und in einer geplanten anderen ABM ebenfalls ein Arbeitsentgelt von über 4.000,-- DM habe erzielen sollen. Bei dieser Sachlage habe sie nur ablehnen können.

Mit der Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, das der Klägerin angebotene Gehalt sei nach der Zumutbarkeits-Anordnung zumutbar gewesen. Das entsprechende Nettoarbeitsentgelt hätte weit über dem monatlichen Alg von 1.440,-- DM gelegen (332,40 DM x 13: 3). Im Übrigen habe die angebotene Stelle am 1. Mai 1996 beginnen sollen, wobei der Anspruch der Klägerin auf Alg am 30. April 1996 erschöpft gewesen sei. Dies sowie die Tatsache, dass die im Anschluss dann beanspruchte Arbeitslosenhilfe auf jeden Fall niedriger als das Alg sein würde, dürften der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Ablehnung der Tätigkeit bewusst gewesen sein.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juni 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im Übrigen habe sie das Arbeitsangebot nicht definitiv abgelehnt. Sie habe vielmehr auf die erhebliche Einkommensdifferenz hingewiesen und sich darauf verlassen, dass die Firma J. mit dem Arbeitsamt Rücksprache halten und eine entsprechende Änderung erzielen werde. Schließlich bestreite sie, für die angebotene Stelle - mangels Fachkenntnissen im Schneiderhandwerk - geeignet gewesen zu sein.

Der Senat hat den Arbeitsvermittler der Klägerin, H., zur Frage, ob die Klägerin eine geeignete und zumutbare Stelle bei der Firma Jung abgelehnt habe, als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat ausgesagt, der der Klägerin unterbreitete schriftliche Vermittlungsvorschlag stamme nicht von ihm. Ein solcher Vorschlag dürfe weder eine Honorartätigkeit noch ein Gehalt nach Vereinbarung zum Gegenstand haben. Wenn beides so im Vermittlungsvorschlag gestanden habe, beruhe dies seiner Meinung nach auf einem Irrtum. Er habe im April 1996 mit der Klägerin darüber gesprochen, könne sich aber nicht mehr daran erinnern, ob das schon am 22. April 1996 telefonisch oder am 30. April 1996 in der ausführlichen Besprechung erörtert worden sei. Er habe der Klägerin während des Telefonats am 22. April 1996 erklärt, wie die Beträge für die Entlohnung bei einer ABM zustande kämen und dass die Höhe des Gehalts wegen der vorherigen Prüfung der Maßnahme feststehe und Vereinbarungen dazu im Nachhinein nicht möglich seien. Seiner Erinnerung nach habe die Klägerin die Arbeit bereits am 22. April 1996 definitiv abgelehnt. Die ABM-Tätigkeit sei ihr zumutbar gewesen. Sie sei aufgrund ihrer vorherigen ABM-Tätigkeit als Projektleiterin auch für diese Projektleitertätigkeit geeignet gewesen. Es habe sich vor allem und im Wesentlichen um wahrzunehmende Leitungsfunktionen gehandelt. Eine Honorartätigkeit sei der Klägerin allerdings nicht zumutbar gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 56 Ar 1069/97 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Stamm-Nr ...) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das SG hat den Bescheid vom 20. August 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 1997 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die von der Beklagten festgestellte Sperrzeit vom 1. Mai 1996 bis 23. Juli 1996 ist nicht eingetreten. Der Leistungsbezug während dieser Zeit war rechtmäßig. Ein Rückforderungsanspruch besteht nicht.

Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 119 a Nr. 1 AFG tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeit-gebers und der Art der Tätigkeit angebotene Arbeit nicht angenommen oder nicht angetreten hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 AFG beginnt die Sperrzeit mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet.

Die Klägerin hat das Arbeitsangebot (den “Vermittlungsvorschlag”) der Beklagten vom 25. März 1996 nicht abgelehnt. Das Arbeitsangebot ging konkret dahin, dass das Gehalt für die Stelle als Projektleiterin bei der Firma J. der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Firma J. unterlag (“Lohn-Gehalt: n. Vereinb.”). Die Klägerin war danach nicht verpflichtet, das konkrete Gehaltsangebot der Firma J. ohne weiteres anzunehmen. Wird die Gehaltshöhe der Vereinbarung der Vertragspartner überlassen, so bedeutet dies, dass jeder der beiden Vertragspartner seine Vorstellung über die Gehaltshöhe einbringen und versuchen kann, sie nach Möglichkeit durchzusetzen. Solange dieses Bemühen sachlich begründet und nicht gänzlich unrealistisch - letztlich willkürlich - erscheint, bewegt es sich im Rahmen der vorgegebenen Klausel des Arbeitsangebots “Gehalt nach Vereinbarung” und stellt es keine Ablehnung desselben dar.

Das Bemühen der Klägerin, auf ein höheres Gehalt hinzuwirken, war sachlich begründet. Das Gehaltsangebot der Firma J. wich von der Gehaltshöhe in vergleichbaren Positionen, welche die Klägerin bereits inne bzw. noch in Aussicht hatte, in krasser Weise nach unten ab. Bei einer ihr überlassenen Vereinbarung über die Gehaltshöhe drängte es sich auf, um ein höheres Gehalt zu kämpfen und das konkrete Gehaltsangebot der Firma J. jedenfalls zunächst einmal abzulehnen. Von diesem “Kampf” der Klägerin um ein höheres Gehalt zeugen sowohl ihr Telefongespräch mit dem Zeugen H. am 22. April 1996 (“Will SteA als Projektleiterin bei ‘Firma J.’ wegen zu geringer Entlohnung ablehnen”) als auch ihre schriftliche Äußerung anlässlich ihrer persönlichen Vorsprache beim Zeugen H. am 30. April 1996 (“Ich bitte Sie um eine Überprüfung”) und schließlich ihr - den Geschehensablauf rückschauend darstellendes - Schreiben an die Widerspruchsstelle der Beklagten vom 7.Mai 1996 (“Den Gehaltsanspruch sollte ich mit dem Geschäftsführer selbst vereinbaren ... Wir haben als letztes vereinbart, dass er sich mit dem AA II darüber klären sollte ...”). Dieses Streiten um ein höheres Gehalt bei der Firma J. hat die Klägerin erst am 30. April 1996 aufgegeben, nachdem ihr aufgrund eingehender Erläuterung durch den Zeugen H. endlich klar geworden war, dass weiteres Kämpfen aussichtslos ist. Danach hat sich die Klägerin dem Arbeitsangebot vom 25. März 1996 gemäß verhalten.

Dem steht die Aussage des Zeugen Heller, er habe der Klägerin schon am 22. April 1996 erklärt, dass bei einer ABM die Gehaltshöhe bereits vor Abgabe des Arbeitsangebots feststehe und deshalb keiner nachträglichen Änderung unterliege, nicht entgegen. Diese Aussage erscheint nicht völlig zweifelsfrei, weil sich der Zeuge zunächst nicht mehr daran erinnern konnte, ob “darüber” mit der Klägerin schon am 22. April 1996 telefonisch oder erst am 30. April 1996 in der ausführlichen Erörterung gesprochen worden sei. Doch kann das dahinstehen. Fest steht, dass die Klägerin die - nur fernmündliche - Erklärung des Zeugen H. im Hinblick auf das konkrete Arbeitsangebot vom 25.März 1996, wonach sie das Gehalt mit der Firma J. vereinbaren könne, jedenfalls damals - am 22. April 1996 - noch nicht wirklich begriffen hat. Anderenfalls hätte sie nicht bis zum 30. April 1996 weiter “gekämpft” und die Beklagte “um eine Überprüfung” gebeten. Dieser Ausdruck mangelnden Durchblicks kann der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen. Die Beklagte hat es versäumt, dadurch Klarheit zu schaffen, dass sie das Arbeitsangebot vom 25. März 1996 zurückzog und durch ein fehlerfreies Arbeitsangebot ersetzte.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Angaben zum Gehalt nach dem Gesetz kein notwendiger Bestandteil des Arbeitsangebots und deshalb “unschädlich” seien. Es trifft zwar zu, dass das Arbeitsangebot not-wendigerweise nur den Arbeitgeber und die Art der Tätigkeit benennen muss. Enthält es darüber hinaus aber auch Angaben zum Gehalt, so müssen sie richtig sein und dürfen insbesondere nicht den Eindruck erwecken, dass das Gehalt Verhandlungssache sei.

Im Übrigen hätte die Klägerin für eine Ablehnung des Arbeitsangebots vom 25. März 1996 einen wichtigen Grund gehabt. Insoweit kommt es allein auf das objektive Bestehen eines solchen Grundes an, nicht auch auf dessen Ursächlichkeit für die Ablehnung eines Arbeitsangebotes.

Im Hinblick darauf, dass der erste Monat der der Klägerin angebotenen ABM-Stelle als Honorartätigkeit in Nebentätigkeit ausgeübt werden sollte, war ihr die Stelle nicht zumutbar. Unter einer Honorartätigkeit ist eine nicht beitragspflichtige Tätigkeit auf Honorarbasis zu verstehen. Das gilt zumal dann, wenn sie - wie hier - als anzeigepflichtige Nebentätigkeit, d.h. nur kurzzeitig, ausgeübt werden soll (vgl. §§ 101 Abs. 1, 102 Abs. 1, 115 AFG). Eine solche beitragsfreie Tätigkeit entspricht nicht dem Sinn von ABM. Das hat auch der Zeuge H. bestätigt, indem er eine Honorartätigkeit als “nicht zumutbar” bezeichnete. Eine einmonatige Honorartätigkeit der Klägerin als Nebentätigkeit hätte bei der insgesamt auf ein Jahr befristeten ABM-Tätigkeit zudem keine neue Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld (360 Kalendertage; vgl. § 104 Abs. 1 AFG) entstehen lassen. Zwar hatte die Klägerin keinen Anspruch auf die Vermittlung in eine ABM von mindestens einjähriger - die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld neu begründender - Dauer (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 1 AFG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 ABM-Anordnung). Ist eine ABM aber auf die Dauer eines Jahres angelegt und soll sie für einen Teil desselben - einen Monat - als beitragsfreie Tätigkeit ausgeübt werden, so stellt sie sich als “Maßnahme zur Vereitelung der Erfüllung einer neuen Anwartschaft auf Arbeitslosengeld” dar. Selbst der Anspruch auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe wäre der Klägerin nur unter der Voraussetzung geblieben, dass sie während der Zeit der Honorartätigkeit weiterhin Anschluss-Arbeitslosenhilfe bezogen hätte (vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG). Eine diesbezügliche Zusicherung oder Klarstellung hatte die Beklagte mit dem Arbeitsangebot nicht verbunden.

Dahinstehen kann, ob die angebotene Stelle auch wegen fehlender Eignung der Klägerin unzumutbar war und dieser auch deshalb ein wichtiger Grund zur Ablehnung des Arbeitsangebots zur Seite gestanden hätte.

Schließlich wäre eine etwaige Ablehnung des Arbeitsangebots vom 25. März 1996 - ausgehend vom Beginn der von der Beklagten konkret festgesetzten Sperrzeit - für das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsver-hältnisses nicht ursächlich gewesen. Nach dem streitigen Bescheid begann die Sperrzeit am 1. Mai 1996. Folglich hätte das sie begründende Ereignis - die Ablehnung des Arbeitsangebots - am Vortage, dem 30. April 1996, eingetreten sein müssen (vgl. § 119 Abs. 1 Satz 2 AFG; Winkler in Gagel, AFG, § 119 Rz 11). An diesem Tage - wenn nicht schon zu einem (erheblich) früheren Zeitpunkt - war die angebotene Stelle aber bereits anderweitig vergeben. Die fehlende Ursächlichkeit der Ablehnung eines Arbeitsangebots für den Fortbestand der Arbeitslosigkeit hindert den Eintritt einer Sperrzeit (vgl. Gagel in Gagel a.a.O. Rz 247).

Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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