Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AL 4275/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 2/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat den Kläger auch die außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist - teilweise im Überprüfungsverfahren - der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) aufgrund der sog. Nahtlosigkeitsregelung.
Der 1944 geborene Kläger steht seit 1986 in einem (ununterbrochenen) Arbeitsverhältnis als Verwaltungsangestellter beim FK(Arbeitgeber O B). Seit dem 2. September 1998 ist er arbeitsunfähig krank und seit März 1999 als Schwerbehinderter anerkannt. Zunächst erhielt er Krankenbezüge und vom 3. März 1999 bis zur Aussteuerung am 1. März 2000 von seiner Krankenkasse Krankengeld. Unter dessen war sein Antrag vom Juni 1999 auf Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 23. September 1999 abgelehnt worden. Dagegen hatte er Widerspruch eingelegt.
Am 28. Februar 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung vom 2. März 2000 Alg. Er gab an, „laufend“ arbeitsunfähig krank geschrieben zu sein, erklärte sich aber bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden.
Durch Bescheid vom 27. März 2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Im bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 führte sie ergänzend aus, Anspruch auf Alg habe gemäß § 125 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III zwar auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos sei, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit für ihn in Betracht kommende versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen ausüben könne, wenn vom zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden sei. Im Falle des Klägers sei jedoch über den Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente bereits entschieden worden, und zwar schon vor der Beantragung von Alg. Damit sei § 125 SGB III auf ihn nicht mehr anwendbar.
Am 15. August 2000 beantragte der Kläger erneut Alg. Wieder wies er auf seine laufende Krankschreibung hin und erklärte sich bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (auch wenn er die Tätigkeit aus seiner letzten Beschäftigung nicht ausüben könne). Erneut lehnte die Beklagte ab, indem sie die Gründe aus dem letzten Bescheid (Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000) wiederholte (Bescheid vom 15. August 2000). Die BfA habe „abschließend“ entschieden.
Der Kläger erhob erneut Widerspruch und stellte hinsichtlich der zurückliegenden Zeit vom 2. März 2000 an zugleich einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Die Beklagte gehe von falschen Voraussetzungen aus. Das Rentenverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Gegen den inzwischen ergangenen Widerspruchsbescheid sei Klage erhoben worden.
Durch Bescheid vom 20. September 2000 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000 - lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Die Entscheidungen des Rentenversicherungsträgers seien für sie „bindend“, auch wenn dagegen noch der Rechtsweg beschritten werden könne. Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2001 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. August 2000 zurück, letztlich ebenfalls im Hinblick auf die Feststellungen des Rentenversicherungsträgers einerseits und die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit andererseits.
Gegen beide ablehnende Bescheide in der Fassung der Widerspruchsbescheide erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin (SG). Das SG verband die beiden anhängig gemachten Verfahren S 66 AL 4275/00 und S 57 AL 871/01 und führte sie unter dem Aktenzeichen S 66 AL 4275/00 weiter.
Das SG verurteilte die Beklagte am 14. November 2001 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, den Bescheid vom 27. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2000 zurückzunehmen und dem Kläger für die Zeit vom 2. März 2000 bis 5. Juni 2000 sowie ab 15. August 2000 Alg zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Rücknahmevoraussetzungen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X lägen vor. Entgegen der im Bescheid vom 27. März 2000 / Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 vertretenen Rechtsauffassung habe dem Kläger vom 2. März 2000 an Alg zugestanden. Die Anspruchsvoraussetzungen seien nach § 117 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt gewesen. Insbesondere habe der Kläger vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung gesucht (Beschäftigungssuche). Das Arbeitsverhältnis bei der OB stehe dem nicht entgegen. Denn es habe im Hinblick auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht erfüllt werden können, weshalb der Arbeitgeber auch auf sein Direktionsrecht verzichtet habe. Zur Beschäftigungssuche gehöre zwar auch die Arbeitsfähigkeit (objektive Verfügbarkeit). Insoweit greife jedoch zugunsten des Klägers § 125 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III ein, der es der Beklagten unter den dort genannten (hier gegebenen) Voraussetzungen - wie inzwischen höchstrichterlich klargestellt sei (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R -) - verbiete, die objektive Verfügbarkeit zu verneinen, bevor der zuständige Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit positiv festgestellt habe. An dieser Feststellung fehle es hier bisher. Es sei aber nicht nur von objektiver Verfügbarkeit auszugehen, der Kläger sei - im Sinne von Arbeitsbereitschaft - auch subjektiv verfügbar gewesen. Er habe sich bereit erklärt, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Seine Arbeitsunfähigkeit stehe dem nicht entgegen. Zur Aufnahme von Beschäftigungen, welche seine tatsächliche gesundheitliche Leistungsfähigkeit überstiegen, habe er nicht bereit sein müssen. Sie seien ihm nicht zumutbar. Sein fiktives Leistungsvermögen (§ 125 SGB III) könne kein geeigneter Beurteilungsmaßstab für zumutbare Beschäftigungen sein. In der Zeit vom 6. Juni 2000 bis zum 15. August 2000 - d.h. vom Ablauf der Klagefrist gegen den ihm am 5. Mai 2000 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 bis zum Tage vor erneuter Arbeitslosmeldung am 14. August 2000 - sei der Kläger allerdings nicht verfügbar gewesen. Insoweit habe seiner Klage deshalb nicht stattgegeben werden können. Der Zeit bis zum 5. Juni 2000 entsprechende leistungsbegründende Verhältnisse hätten erst vom 15. August 2000 an wieder bestanden.
Mit der Berufung hält die Beklagte daran fest, dass dem Kläger § 125 SGB III nicht zugute komme, weil der Rentenversicherungsträger, indem er den Rentenantrag abgelehnt habe, hinsichtlich der verminderten Erwerbsfähigkeit bereits eine Feststellung - und zwar eine negative - getroffen habe. Hinzu komme, dass diese Feststellung der Beantragung des Alg vorangegangen sei. Schließlich komme die Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung auch deshalb nicht in Betracht, weil es (im Hinblick auf die Feststellungen des Rentenversicherungsträgers) allein um die Überbrückung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gehe, nach deren Beendigung der Kläger - wie sein Arbeitgeber klargestellt habe - seine Arbeit wieder aufnehmen könne. Sei die Arbeitslosigkeit des Klägers folglich (allein) nach §§ 118, 119 SGB III zu beurteilen, stehe ihr entgegen, dass er „seit März 1999“ arbeitsunfähig erkrankt sei und damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Dass die die Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung des Klägers andere Tätigkeiten als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zulasse, sei nicht festgestellt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2001 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat mitgeteilt, dass im anhängigen Rentenrechtsstreit vor dem SG (S 14 RA 4025/00) z.Z. weiter medizinisch ermittelt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 66 AL 4275/00 - verbunden mit - S 57 AL 871/01 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Kd.-Nr. ) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger für die Zeit vom 2. März bis 5. Juni 2000 sowie ab 15. August 2000 Alg zu gewähren ist. Der Senat nimmt hierfür auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Auf die mit der Berufung vorgetragenen Kriterien kommt es für die Anwendbarkeit des § 125 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III nicht an. Voraussetzung für die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit nach Satz 1 dieser Vorschrift ist, dass der Arbeitslose wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, solange - bei nicht festgestellter Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit - nicht zweifelsfrei eine nur vorübergehende (d.h. sechs Monate nicht übersteigende) Minderung der Leistungsfähigkeit vorliegt (vgl. BSG-Urteil vom 9. August 1990 - 11 RAr 141/88 - = SozR 3-4100 § 105 a Nr. 2 S. 8). Davon kann angesichts der Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers, deren Ende im Zeitpunkt seines Leistungsantrags nicht absehbar war, keine Rede sein (vgl. BSG a.a.O.) Dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung des Klägers andere Tätigkeiten (als die zuletzt ausgeübte) auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt zugelassen hätte, fehlt es an jedem Anhalt. Auch hat der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit (positiv) festgestellt (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R - = SozR 3 a.a.O. Nr. 7 S. 33).
Es ist danach - wie sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt - weder erheblich, dass der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine entsprechende negative Feststellung getroffen hat, noch dass er diese bereits vor Stellung des Leistungsantrags bei der Beklagten getroffen hat noch schließlich, dass sich der Kläger weiterhin in einem Arbeitsverhältnis befindet. Letzteres könnte allenfalls in Frage stellen, ob der Kläger wirklich auch subjektiv verfügbar - d.h. arbeitsbereit - war. Insoweit hat der Kläger aber eindeutig erklärt, dass er bereit sei, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Er hat - soweit ersichtlich - auch nichts getan, was dem entgegenstünde. Dass er aufgrund seiner Krankschreibung der Ansicht ist, die Tätigkeit aus seiner letzten Beschäftigung nicht ausüben zu können, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen. Auf die gegenteilige Feststellung des Rentenversicherungsträgers kommt es nicht an (vgl. BSG a.a.O. S. 35, BSG a.a.O. Nr. 4 S. 16).
Die Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist - teilweise im Überprüfungsverfahren - der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) aufgrund der sog. Nahtlosigkeitsregelung.
Der 1944 geborene Kläger steht seit 1986 in einem (ununterbrochenen) Arbeitsverhältnis als Verwaltungsangestellter beim FK(Arbeitgeber O B). Seit dem 2. September 1998 ist er arbeitsunfähig krank und seit März 1999 als Schwerbehinderter anerkannt. Zunächst erhielt er Krankenbezüge und vom 3. März 1999 bis zur Aussteuerung am 1. März 2000 von seiner Krankenkasse Krankengeld. Unter dessen war sein Antrag vom Juni 1999 auf Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 23. September 1999 abgelehnt worden. Dagegen hatte er Widerspruch eingelegt.
Am 28. Februar 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung vom 2. März 2000 Alg. Er gab an, „laufend“ arbeitsunfähig krank geschrieben zu sein, erklärte sich aber bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden.
Durch Bescheid vom 27. März 2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Im bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 führte sie ergänzend aus, Anspruch auf Alg habe gemäß § 125 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) III zwar auch, wer allein deshalb nicht arbeitslos sei, weil er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit für ihn in Betracht kommende versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen ausüben könne, wenn vom zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden sei. Im Falle des Klägers sei jedoch über den Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente bereits entschieden worden, und zwar schon vor der Beantragung von Alg. Damit sei § 125 SGB III auf ihn nicht mehr anwendbar.
Am 15. August 2000 beantragte der Kläger erneut Alg. Wieder wies er auf seine laufende Krankschreibung hin und erklärte sich bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (auch wenn er die Tätigkeit aus seiner letzten Beschäftigung nicht ausüben könne). Erneut lehnte die Beklagte ab, indem sie die Gründe aus dem letzten Bescheid (Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000) wiederholte (Bescheid vom 15. August 2000). Die BfA habe „abschließend“ entschieden.
Der Kläger erhob erneut Widerspruch und stellte hinsichtlich der zurückliegenden Zeit vom 2. März 2000 an zugleich einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Die Beklagte gehe von falschen Voraussetzungen aus. Das Rentenverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Gegen den inzwischen ergangenen Widerspruchsbescheid sei Klage erhoben worden.
Durch Bescheid vom 20. September 2000 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000 - lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Die Entscheidungen des Rentenversicherungsträgers seien für sie „bindend“, auch wenn dagegen noch der Rechtsweg beschritten werden könne. Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2001 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. August 2000 zurück, letztlich ebenfalls im Hinblick auf die Feststellungen des Rentenversicherungsträgers einerseits und die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit andererseits.
Gegen beide ablehnende Bescheide in der Fassung der Widerspruchsbescheide erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Berlin (SG). Das SG verband die beiden anhängig gemachten Verfahren S 66 AL 4275/00 und S 57 AL 871/01 und führte sie unter dem Aktenzeichen S 66 AL 4275/00 weiter.
Das SG verurteilte die Beklagte am 14. November 2001 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, den Bescheid vom 27. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2000 zurückzunehmen und dem Kläger für die Zeit vom 2. März 2000 bis 5. Juni 2000 sowie ab 15. August 2000 Alg zu gewähren. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Rücknahmevoraussetzungen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X lägen vor. Entgegen der im Bescheid vom 27. März 2000 / Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 vertretenen Rechtsauffassung habe dem Kläger vom 2. März 2000 an Alg zugestanden. Die Anspruchsvoraussetzungen seien nach § 117 Abs. 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt gewesen. Insbesondere habe der Kläger vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung gesucht (Beschäftigungssuche). Das Arbeitsverhältnis bei der OB stehe dem nicht entgegen. Denn es habe im Hinblick auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht erfüllt werden können, weshalb der Arbeitgeber auch auf sein Direktionsrecht verzichtet habe. Zur Beschäftigungssuche gehöre zwar auch die Arbeitsfähigkeit (objektive Verfügbarkeit). Insoweit greife jedoch zugunsten des Klägers § 125 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III ein, der es der Beklagten unter den dort genannten (hier gegebenen) Voraussetzungen - wie inzwischen höchstrichterlich klargestellt sei (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R -) - verbiete, die objektive Verfügbarkeit zu verneinen, bevor der zuständige Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit positiv festgestellt habe. An dieser Feststellung fehle es hier bisher. Es sei aber nicht nur von objektiver Verfügbarkeit auszugehen, der Kläger sei - im Sinne von Arbeitsbereitschaft - auch subjektiv verfügbar gewesen. Er habe sich bereit erklärt, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Seine Arbeitsunfähigkeit stehe dem nicht entgegen. Zur Aufnahme von Beschäftigungen, welche seine tatsächliche gesundheitliche Leistungsfähigkeit überstiegen, habe er nicht bereit sein müssen. Sie seien ihm nicht zumutbar. Sein fiktives Leistungsvermögen (§ 125 SGB III) könne kein geeigneter Beurteilungsmaßstab für zumutbare Beschäftigungen sein. In der Zeit vom 6. Juni 2000 bis zum 15. August 2000 - d.h. vom Ablauf der Klagefrist gegen den ihm am 5. Mai 2000 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 bis zum Tage vor erneuter Arbeitslosmeldung am 14. August 2000 - sei der Kläger allerdings nicht verfügbar gewesen. Insoweit habe seiner Klage deshalb nicht stattgegeben werden können. Der Zeit bis zum 5. Juni 2000 entsprechende leistungsbegründende Verhältnisse hätten erst vom 15. August 2000 an wieder bestanden.
Mit der Berufung hält die Beklagte daran fest, dass dem Kläger § 125 SGB III nicht zugute komme, weil der Rentenversicherungsträger, indem er den Rentenantrag abgelehnt habe, hinsichtlich der verminderten Erwerbsfähigkeit bereits eine Feststellung - und zwar eine negative - getroffen habe. Hinzu komme, dass diese Feststellung der Beantragung des Alg vorangegangen sei. Schließlich komme die Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung auch deshalb nicht in Betracht, weil es (im Hinblick auf die Feststellungen des Rentenversicherungsträgers) allein um die Überbrückung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gehe, nach deren Beendigung der Kläger - wie sein Arbeitgeber klargestellt habe - seine Arbeit wieder aufnehmen könne. Sei die Arbeitslosigkeit des Klägers folglich (allein) nach §§ 118, 119 SGB III zu beurteilen, stehe ihr entgegen, dass er „seit März 1999“ arbeitsunfähig erkrankt sei und damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Dass die die Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung des Klägers andere Tätigkeiten als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zulasse, sei nicht festgestellt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2001 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat mitgeteilt, dass im anhängigen Rentenrechtsstreit vor dem SG (S 14 RA 4025/00) z.Z. weiter medizinisch ermittelt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 66 AL 4275/00 - verbunden mit - S 57 AL 871/01 -) und der Leistungsakten der Beklagten (zur Kd.-Nr. ) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger für die Zeit vom 2. März bis 5. Juni 2000 sowie ab 15. August 2000 Alg zu gewähren ist. Der Senat nimmt hierfür auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Auf die mit der Berufung vorgetragenen Kriterien kommt es für die Anwendbarkeit des § 125 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III nicht an. Voraussetzung für die Fiktion der objektiven Verfügbarkeit nach Satz 1 dieser Vorschrift ist, dass der Arbeitslose wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigungen nicht unter den Bedingungen ausüben kann, die auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt ohne Berücksichtigung der Minderung der Leistungsfähigkeit üblich sind, wenn weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, solange - bei nicht festgestellter Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit - nicht zweifelsfrei eine nur vorübergehende (d.h. sechs Monate nicht übersteigende) Minderung der Leistungsfähigkeit vorliegt (vgl. BSG-Urteil vom 9. August 1990 - 11 RAr 141/88 - = SozR 3-4100 § 105 a Nr. 2 S. 8). Davon kann angesichts der Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers, deren Ende im Zeitpunkt seines Leistungsantrags nicht absehbar war, keine Rede sein (vgl. BSG a.a.O.) Dafür, dass die Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung des Klägers andere Tätigkeiten (als die zuletzt ausgeübte) auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt zugelassen hätte, fehlt es an jedem Anhalt. Auch hat der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit (positiv) festgestellt (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 9. September 1999 - B 11 AL 13/99 R - = SozR 3 a.a.O. Nr. 7 S. 33).
Es ist danach - wie sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt - weder erheblich, dass der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine entsprechende negative Feststellung getroffen hat, noch dass er diese bereits vor Stellung des Leistungsantrags bei der Beklagten getroffen hat noch schließlich, dass sich der Kläger weiterhin in einem Arbeitsverhältnis befindet. Letzteres könnte allenfalls in Frage stellen, ob der Kläger wirklich auch subjektiv verfügbar - d.h. arbeitsbereit - war. Insoweit hat der Kläger aber eindeutig erklärt, dass er bereit sei, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Er hat - soweit ersichtlich - auch nichts getan, was dem entgegenstünde. Dass er aufgrund seiner Krankschreibung der Ansicht ist, die Tätigkeit aus seiner letzten Beschäftigung nicht ausüben zu können, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen. Auf die gegenteilige Feststellung des Rentenversicherungsträgers kommt es nicht an (vgl. BSG a.a.O. S. 35, BSG a.a.O. Nr. 4 S. 16).
Die Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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