Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 Z-Ar 28/90 - W 96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 108/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens die Gewährung von Leistungen durch die Beklagte für die Zeit vom 27. Februar 1990 bis zum 31. Dezember 1991.
Die im Jahre 1936 geborene Klägerin war zuletzt als Sekretärin in Berlin (Ost) in der Redaktion der Wochenpost beschäftigt und musste auf Veranlassung ihres Arbeitgebers, des Berliner Verlags, zum 31. Januar 1987 ausscheiden. Am 27. Februar 1990 beantragte sie als Arbeitslose staatliche Unterstützung auf der Grundlage der Verordnung über die Gewährung staatlicher Unterstützung und betrieblicher Ausgleichszahlung an Bürger während der Zeit der Arbeitsvermittlung vom 8. Februar 1990 - UVO (GBl. Teil I Nr. 7/90 S. 41). Gegen die hierzu ergangenen ablehnenden Bescheide vom 26. März 1990, 9. Mai 1990, 4. Juli 1990 und 25. Oktober 1990 hatte die Klägerin Beschwerden eingelegt, die mit Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. November 1990 als unbegründet abgewiesen worden waren. Zur Begründung hatte das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin sei in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung am 27. Februar 1990 keine Arbeitnehmerin gewesen und habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Da die Klägerin auch Ansprüche vor dem Beitrittstermin geltend mache, sei auch auf entsprechende Rechtsvorschriften der DDR zurückzugreifen. Für das Arbeitsförderungsgesetz vom 22. Juni 1990 (GBl. 1990, S. 403 - AFG-DDR -) folge dies in Verbindung mit Anlage I, Kapitel VIII, Sachgebiet E, Abschnitt II, Nr. 1e aus § 249 b Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Der Anspruch der Klägerin ergebe sich weder aus der Durchführungsbestimmung (DB) zur UVO vom 16. Februar 1990 (GBl. 1990, S. 93 - erste DB), noch aus der zweiten DB vom 22. Februar 1990 (GBl. 1990 S. 94 - zweite DB) und auch nicht aus der dritten DB zur UVO vom 27. April 1990 (GBl. 1990, S. 251 - dritte DB). Das AFG-DDR vom 22. Juni 1990 habe in seinem § 104 dem § 104 des AFG der Bundesrepublik Deutschland entsprochen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch nach dem AFG-DDR. Ein solcher Anspruch hätte überhaupt erst ab 1. Juli 1990 in Betracht kommen können. Die Klägerin sei in den letzten 3 Jahren vor ihrer Arbeitslosmeldung nicht mindestens 12 Monate versicherungspflichtig tätig gewesen. Die Zustellung dieses Urteils erfolgte am 15. Dezember 1990 durch Niederlegung.
Am 13. Dezember 1995 erteilte das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt Berlin - der Klägerin auf ihren Antrag vom 12. Oktober 1994 eine Rehabilitierungsbescheinigung gemäß § 17 i. V. m. § 22 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG). Darin wird der Klägerin bescheinigt, dass sie politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG sei, die Verfolgungszeit vom 1. Februar 1987 bis zum 2. Oktober 1990 gedauert habe und Ausschließungsgründe nicht vorlägen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin habe „Schwierigkeiten“ an ihrem Arbeitsplatz bekommen, als ihr Sohn 1984 republikflüchtig geworden sei und ihre Tochter einen Ausreiseantrag gestellt habe. Beide seien auch im Berliner Verlag angestellt gewesen. Die Klägerin sei genötigt worden, der Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, nachdem sie sich geweigert habe, sich zu verpflichten, keinen Ausreiseantrag zu stellen. Darüber hinaus sei sie aus der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED-PDS ausgeschieden.
Am 6. April 1996 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Berlin auf Grund der Rehabilitierungsbescheinigung vom 13. Dezember 1995 das mit Urteil vom 5. November 1990 (S 55 Z-Ar 28/90) rechtskräftig beendete Verfahren wiederaufzunehmen. Sie befinde sich in einer schwierigen sozialen Lage, da sie als Schwerbehinderte seit Mai 1992 eine Erwerbsunfähigkeitsrente (Ost) beziehe und zusätzlich Leistungen vom Sozialamt erhalte. Mit Richterbrief vom 15. Mai 1996 teilte das Sozialgericht der Klägerin mit, die Wiederaufnahme auf Grund von Urkunden sei u. a. nur dann möglich, wenn die Urkunde theoretisch schon im Vorprozess hätte vorgelegt werden können. Da dies nicht der Fall sei, habe das Verfahren keine Aussicht auf Erfolg. Es gebe aber die Möglichkeit, die Überprüfung der damals im Gerichtsverfahren angefochtenen Bescheide (vom 26. März 1990, 9. Mai 1990, 4. August 1990 und 25. Oktober 1990) beim Arbeitsamt nach § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) zu beantragen.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf deren Überprüfungsantrag vom 30. März 1996 Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis 30. April 1992. Ab dem 1. Mai 1992 sei Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt worden, weshalb ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht mehr bestehe. Eine rückwirkende Leistungsbewilligung ab dem 27. Februar 1990 sei nicht mehr möglich, da nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X Leistungen längstens für vier Jahre rückwirkend vor der Antragstellung zu erbringen seien.
Mit Schreiben vom 23. März 1997, das am 27. März 1997 bei dem Sozialgericht Berlin einging, erhob die Klägerin gegen den hierzu ergangenen ablehnenden Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26. Februar 1997 Klage, die (bisher) nicht als Klage eingetragen und gesondert geführt worden ist.
Im Übrigen beantragte die Klägerin das Wiederaufnahmeverfahren fortzusetzen, da ihr auch für die Zeit vom 27. Februar 1990 bis 31. Dezember 1991 Leistungen des Arbeitsamtes zustünden. Für die Zeit ab Januar 1991 würden die Leistungen des Arbeitsamtes mit der erhaltenen Sozialhilfe verrechnet, so dass sie für diese Zeit keinen Auszahlungsbetrag erhalte.
Durch Urteil vom 26. August 1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7b Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. §§ 179, 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei unzulässig, da die Klage nicht innerhalb der Fünfjahresfrist des § 586 ZPO erhoben worden sei. Die Rechtskraft des am 15. Dezember 1990 zugestellten Urteils vom 5. November 1990 sei mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 15. Januar 1991 eingetreten. Der Schriftsatz, mit dem die Restitutionsklage erhoben worden sei, sei erst am 6. April 1996 bei Gericht eingegangen. Die Frist sei keiner Verlängerung, keiner Wiedereinsetzung und keiner Hemmung zugänglich. Für die Auffassung der Klägerin, dass hier eine Regelungslücke vorliege und § 586 ZPO nicht angewandt werden dürfe, finde die Kammer keinen Anhaltspunkt. Der Gesetzgeber habe es bei der engen Regelung zur Wiederaufnahme von rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren im Sinne der Rechtssicherheit belassen. Damit laufe die Gesetzgebung zur Rehabilitierung auch nicht leer. So habe die Klägerin aus ihrer Rehabilitierungsbescheinigung Vorteile bei der Rentengewährung durch Anerkennung weiterer Zeiten gezogen. Im Übrigen hätte die Klägerin die Restitutionsklage auf Grund der Bescheinigung vom 13. Dezember 1995 auch noch rechtzeitig innerhalb der Fünfjahresfrist erheben können.
Der nach § 44 SGB X ergangene Bescheid der Beklagten, der zeitlich während des Restitutionsverfahrens ergangen sei, sei nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden.
Im Rahmen der Restitutionsklage sei der Anspruch in drei Schritten zu prüfen. Zunächst sei festzustellen, ob die Restitutionsklage zulässig erhoben worden sei. In einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Wiederaufnahme nach § 580 Nr. 7b ZPO vorlägen und in einem dritten Schritt sei zu überprüfen, ob der materielle Anspruch bestehe. Würde man vertreten, dass ein Bescheid nach § 44 SGB X Gegenstand einer solchen Klage werde, so wäre der Rechtsschutz möglicherweise erheblich verkürzt. Denn obwohl die Wiederspruchsfrist gegen einen solchen Bescheid noch offen sein könnte, würde eine Anfechtung dann möglicherweise schon daran scheitern, dass die Restitutionsklage unzulässig sei. Dies würde dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht entsprechen.
Gegen das am 2. Oktober 1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. November 1997 (Montag) Berufung eingelegt, mit der sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Zusätzlich trägt sie vor, sie habe sich bereits im Rentenrechtsstreit zum Aktenzeichen L 2 An 185/95 mit einem Schreiben vom 22. November 1995 an das Landessozialgericht mit der Bitte gewandt, sich des Urteils vom 5. November 1990 noch einmal anzunehmen. Dieses Gesuch sei somit als fristgerechter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens anzusehen. Daraufhin habe das Landessozialgericht sie mit Schreiben vom 18. März 1996 aufgefordert, sich selbst an das Sozialgericht Berlin zu wenden anstatt das als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gewertete Schreiben selbst an das zuständige Sozialgericht weiterzuleiten.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Urteile des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 1997 und vom 5. November 1990 (S 55 Z-Ar 28/90) sowie die Bescheide vom 26. März 1990, 9. Mai 1990, 4. Juli 1990 und 25. Oktober 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld, hilfsweise Arbeitslosenhilfe vom 27. Februar 1990 bis 31. Dezember 1991 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Leistungsakte der Beklagten (Stammnummer: 050 267) sowie die beigezogenen Akten des Rentenrechtsstreits der Klägerin (S 13 An 3720/94 = L 2 An 185/95), die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig aber nicht begründet.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Antrag der Klägerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 179 SGG i. V. m. § 580 Nr. 7 b ZPO.
Zwar geht - entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts - der Senat davon aus, dass die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 22. November 1995 (Eingang am 28. November 1995) im Rentenrechtsstreit S 13 An 3720/94 = L 2 An 185/95 bereits wirksam eine Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens und damit noch vor Ablauf von fünf Jahren von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet erhoben hat und diese mithin statthaft ist (§ 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Dass dieser Schriftsatz nicht an das Prozessregister des Sozialgerichts weitergeleitet worden ist, um als Wiederaufnahmeverfahren registriert zu werden, dürfte von der Klägerin nicht zu vertreten sein.
Indes liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, d. h. für die hier allein in Betracht kommende Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7 b ZPO, nicht vor. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei nachträglich eine Urkunde „auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird“, die bereits damals eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Zwar handelt es sich bei dem Rehabilitierungsbescheid vom 13. Dezember 1995 um eine Urkunde, aber diese erfüllt nicht die weiteren Voraussetzungen, nämlich eine „zurückliegende Tatsache“ zu bezeugen. Grundsätzlich muss die Urkunde entweder schon zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess vorhanden gewesen sein oder nach Verkündung des Urteils erster Instanz, aber vor Ablauf der Berufungsfrist, errichtet worden sein (vgl. Zöller, ZPO, 19. Auflage, § 580 RdNr. 16-17). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Rehabilitierungsbescheinigung datiert vom 13. Dezember 1995. Sie ist also erst nach Beendigung des Vorprozesses hergestellt worden und hätte in diesem niemals verwendet werden können, zumal sie auf einem Gesetz aus dem Jahre 1994 beruht. Unabhängig davon wird in ihr lediglich bescheinigt, dass die Klägerin politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG ist und die Verfolgungszeit vom 1. Februar 1987 bis 2. Oktober 1990 dauerte. Als tatsächliche Voraussetzung für den Anspruch der Klägerin hat es das Sozialgericht in dem Verfahren vor der 55. Kammer aber als erforderlich angesehen, dass die Klägerin in den letzten drei Jahren vor ihrer Arbeitslosmeldung am 27. Februar 1990 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hätte. Dieser Sachverhalt wird durch die vorgelegte Rehabilitierungsbescheinigung nicht als Tatsache bescheinigt. Durch die Rehabilitierungsbescheinigung wird lediglich eine andere Rechtslage dargetan (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO, § 580 RdNr. 48). Erst auf Grund weiterer gesetzlicher Regelungen, etwa in § 90 a des Bundesvertriebenengesetzes in der Fassung des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGBl. II, S. 518 [531]) bzw. § 249 g AFG, eingefügt durch AFG-Änderungsgesetz vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1306 mit Wirkung vom 3. Oktober 1990) wird eine solche Verfolgungszeit als Ersatztatbestand berücksichtigt. Weder jetzt noch auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils vom 5. November 1990 ist festzustellen, dass die Klägerin tatsächlich in der Zeit vom 1. Februar 1987 bis zum 2. Oktober 1990 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Die Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 179 SGG i. V. m. § 580 Nr. 7 b ZPO liegen mithin nicht vor. Ob das Sozialgericht in seinem Urteil vom 5. November 1990 möglicherweise einen Anspruch der Klägerin auf Grund des § 90 a des Bundesvertriebenengesetzes zu Unrecht nicht geprüft hat, ist ohne Bedeutung. Das ergangene Urteil wäre dann allenfalls materiell unrichtig. Darin liegt jedoch kein Restitutionsgrund.
Die von der Klägerin am 27. März 1997 bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage gegen den Überprüfungsbescheid vom 22. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1997 ist nicht Gegenstand des vorliegenden Wiederaufnahmeverfahrens. Diese Klage ist in einem gesonderten Verfahren fortzuführen.
Nach alledem konnte der Antrag der Klägerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus dem Jahre 1990 keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens die Gewährung von Leistungen durch die Beklagte für die Zeit vom 27. Februar 1990 bis zum 31. Dezember 1991.
Die im Jahre 1936 geborene Klägerin war zuletzt als Sekretärin in Berlin (Ost) in der Redaktion der Wochenpost beschäftigt und musste auf Veranlassung ihres Arbeitgebers, des Berliner Verlags, zum 31. Januar 1987 ausscheiden. Am 27. Februar 1990 beantragte sie als Arbeitslose staatliche Unterstützung auf der Grundlage der Verordnung über die Gewährung staatlicher Unterstützung und betrieblicher Ausgleichszahlung an Bürger während der Zeit der Arbeitsvermittlung vom 8. Februar 1990 - UVO (GBl. Teil I Nr. 7/90 S. 41). Gegen die hierzu ergangenen ablehnenden Bescheide vom 26. März 1990, 9. Mai 1990, 4. Juli 1990 und 25. Oktober 1990 hatte die Klägerin Beschwerden eingelegt, die mit Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. November 1990 als unbegründet abgewiesen worden waren. Zur Begründung hatte das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin sei in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung am 27. Februar 1990 keine Arbeitnehmerin gewesen und habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Da die Klägerin auch Ansprüche vor dem Beitrittstermin geltend mache, sei auch auf entsprechende Rechtsvorschriften der DDR zurückzugreifen. Für das Arbeitsförderungsgesetz vom 22. Juni 1990 (GBl. 1990, S. 403 - AFG-DDR -) folge dies in Verbindung mit Anlage I, Kapitel VIII, Sachgebiet E, Abschnitt II, Nr. 1e aus § 249 b Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Der Anspruch der Klägerin ergebe sich weder aus der Durchführungsbestimmung (DB) zur UVO vom 16. Februar 1990 (GBl. 1990, S. 93 - erste DB), noch aus der zweiten DB vom 22. Februar 1990 (GBl. 1990 S. 94 - zweite DB) und auch nicht aus der dritten DB zur UVO vom 27. April 1990 (GBl. 1990, S. 251 - dritte DB). Das AFG-DDR vom 22. Juni 1990 habe in seinem § 104 dem § 104 des AFG der Bundesrepublik Deutschland entsprochen. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch nach dem AFG-DDR. Ein solcher Anspruch hätte überhaupt erst ab 1. Juli 1990 in Betracht kommen können. Die Klägerin sei in den letzten 3 Jahren vor ihrer Arbeitslosmeldung nicht mindestens 12 Monate versicherungspflichtig tätig gewesen. Die Zustellung dieses Urteils erfolgte am 15. Dezember 1990 durch Niederlegung.
Am 13. Dezember 1995 erteilte das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt Berlin - der Klägerin auf ihren Antrag vom 12. Oktober 1994 eine Rehabilitierungsbescheinigung gemäß § 17 i. V. m. § 22 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG). Darin wird der Klägerin bescheinigt, dass sie politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG sei, die Verfolgungszeit vom 1. Februar 1987 bis zum 2. Oktober 1990 gedauert habe und Ausschließungsgründe nicht vorlägen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin habe „Schwierigkeiten“ an ihrem Arbeitsplatz bekommen, als ihr Sohn 1984 republikflüchtig geworden sei und ihre Tochter einen Ausreiseantrag gestellt habe. Beide seien auch im Berliner Verlag angestellt gewesen. Die Klägerin sei genötigt worden, der Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, nachdem sie sich geweigert habe, sich zu verpflichten, keinen Ausreiseantrag zu stellen. Darüber hinaus sei sie aus der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED-PDS ausgeschieden.
Am 6. April 1996 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Berlin auf Grund der Rehabilitierungsbescheinigung vom 13. Dezember 1995 das mit Urteil vom 5. November 1990 (S 55 Z-Ar 28/90) rechtskräftig beendete Verfahren wiederaufzunehmen. Sie befinde sich in einer schwierigen sozialen Lage, da sie als Schwerbehinderte seit Mai 1992 eine Erwerbsunfähigkeitsrente (Ost) beziehe und zusätzlich Leistungen vom Sozialamt erhalte. Mit Richterbrief vom 15. Mai 1996 teilte das Sozialgericht der Klägerin mit, die Wiederaufnahme auf Grund von Urkunden sei u. a. nur dann möglich, wenn die Urkunde theoretisch schon im Vorprozess hätte vorgelegt werden können. Da dies nicht der Fall sei, habe das Verfahren keine Aussicht auf Erfolg. Es gebe aber die Möglichkeit, die Überprüfung der damals im Gerichtsverfahren angefochtenen Bescheide (vom 26. März 1990, 9. Mai 1990, 4. August 1990 und 25. Oktober 1990) beim Arbeitsamt nach § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) zu beantragen.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf deren Überprüfungsantrag vom 30. März 1996 Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis 30. April 1992. Ab dem 1. Mai 1992 sei Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt worden, weshalb ein Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht mehr bestehe. Eine rückwirkende Leistungsbewilligung ab dem 27. Februar 1990 sei nicht mehr möglich, da nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X Leistungen längstens für vier Jahre rückwirkend vor der Antragstellung zu erbringen seien.
Mit Schreiben vom 23. März 1997, das am 27. März 1997 bei dem Sozialgericht Berlin einging, erhob die Klägerin gegen den hierzu ergangenen ablehnenden Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 26. Februar 1997 Klage, die (bisher) nicht als Klage eingetragen und gesondert geführt worden ist.
Im Übrigen beantragte die Klägerin das Wiederaufnahmeverfahren fortzusetzen, da ihr auch für die Zeit vom 27. Februar 1990 bis 31. Dezember 1991 Leistungen des Arbeitsamtes zustünden. Für die Zeit ab Januar 1991 würden die Leistungen des Arbeitsamtes mit der erhaltenen Sozialhilfe verrechnet, so dass sie für diese Zeit keinen Auszahlungsbetrag erhalte.
Durch Urteil vom 26. August 1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7b Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. §§ 179, 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei unzulässig, da die Klage nicht innerhalb der Fünfjahresfrist des § 586 ZPO erhoben worden sei. Die Rechtskraft des am 15. Dezember 1990 zugestellten Urteils vom 5. November 1990 sei mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 15. Januar 1991 eingetreten. Der Schriftsatz, mit dem die Restitutionsklage erhoben worden sei, sei erst am 6. April 1996 bei Gericht eingegangen. Die Frist sei keiner Verlängerung, keiner Wiedereinsetzung und keiner Hemmung zugänglich. Für die Auffassung der Klägerin, dass hier eine Regelungslücke vorliege und § 586 ZPO nicht angewandt werden dürfe, finde die Kammer keinen Anhaltspunkt. Der Gesetzgeber habe es bei der engen Regelung zur Wiederaufnahme von rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren im Sinne der Rechtssicherheit belassen. Damit laufe die Gesetzgebung zur Rehabilitierung auch nicht leer. So habe die Klägerin aus ihrer Rehabilitierungsbescheinigung Vorteile bei der Rentengewährung durch Anerkennung weiterer Zeiten gezogen. Im Übrigen hätte die Klägerin die Restitutionsklage auf Grund der Bescheinigung vom 13. Dezember 1995 auch noch rechtzeitig innerhalb der Fünfjahresfrist erheben können.
Der nach § 44 SGB X ergangene Bescheid der Beklagten, der zeitlich während des Restitutionsverfahrens ergangen sei, sei nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden.
Im Rahmen der Restitutionsklage sei der Anspruch in drei Schritten zu prüfen. Zunächst sei festzustellen, ob die Restitutionsklage zulässig erhoben worden sei. In einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Wiederaufnahme nach § 580 Nr. 7b ZPO vorlägen und in einem dritten Schritt sei zu überprüfen, ob der materielle Anspruch bestehe. Würde man vertreten, dass ein Bescheid nach § 44 SGB X Gegenstand einer solchen Klage werde, so wäre der Rechtsschutz möglicherweise erheblich verkürzt. Denn obwohl die Wiederspruchsfrist gegen einen solchen Bescheid noch offen sein könnte, würde eine Anfechtung dann möglicherweise schon daran scheitern, dass die Restitutionsklage unzulässig sei. Dies würde dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht entsprechen.
Gegen das am 2. Oktober 1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. November 1997 (Montag) Berufung eingelegt, mit der sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Zusätzlich trägt sie vor, sie habe sich bereits im Rentenrechtsstreit zum Aktenzeichen L 2 An 185/95 mit einem Schreiben vom 22. November 1995 an das Landessozialgericht mit der Bitte gewandt, sich des Urteils vom 5. November 1990 noch einmal anzunehmen. Dieses Gesuch sei somit als fristgerechter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens anzusehen. Daraufhin habe das Landessozialgericht sie mit Schreiben vom 18. März 1996 aufgefordert, sich selbst an das Sozialgericht Berlin zu wenden anstatt das als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gewertete Schreiben selbst an das zuständige Sozialgericht weiterzuleiten.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Urteile des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 1997 und vom 5. November 1990 (S 55 Z-Ar 28/90) sowie die Bescheide vom 26. März 1990, 9. Mai 1990, 4. Juli 1990 und 25. Oktober 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld, hilfsweise Arbeitslosenhilfe vom 27. Februar 1990 bis 31. Dezember 1991 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Leistungsakte der Beklagten (Stammnummer: 050 267) sowie die beigezogenen Akten des Rentenrechtsstreits der Klägerin (S 13 An 3720/94 = L 2 An 185/95), die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig aber nicht begründet.
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Antrag der Klägerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 179 SGG i. V. m. § 580 Nr. 7 b ZPO.
Zwar geht - entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts - der Senat davon aus, dass die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 22. November 1995 (Eingang am 28. November 1995) im Rentenrechtsstreit S 13 An 3720/94 = L 2 An 185/95 bereits wirksam eine Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens und damit noch vor Ablauf von fünf Jahren von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet erhoben hat und diese mithin statthaft ist (§ 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Dass dieser Schriftsatz nicht an das Prozessregister des Sozialgerichts weitergeleitet worden ist, um als Wiederaufnahmeverfahren registriert zu werden, dürfte von der Klägerin nicht zu vertreten sein.
Indes liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens, d. h. für die hier allein in Betracht kommende Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7 b ZPO, nicht vor. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei nachträglich eine Urkunde „auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird“, die bereits damals eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Zwar handelt es sich bei dem Rehabilitierungsbescheid vom 13. Dezember 1995 um eine Urkunde, aber diese erfüllt nicht die weiteren Voraussetzungen, nämlich eine „zurückliegende Tatsache“ zu bezeugen. Grundsätzlich muss die Urkunde entweder schon zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess vorhanden gewesen sein oder nach Verkündung des Urteils erster Instanz, aber vor Ablauf der Berufungsfrist, errichtet worden sein (vgl. Zöller, ZPO, 19. Auflage, § 580 RdNr. 16-17). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Rehabilitierungsbescheinigung datiert vom 13. Dezember 1995. Sie ist also erst nach Beendigung des Vorprozesses hergestellt worden und hätte in diesem niemals verwendet werden können, zumal sie auf einem Gesetz aus dem Jahre 1994 beruht. Unabhängig davon wird in ihr lediglich bescheinigt, dass die Klägerin politisch Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG ist und die Verfolgungszeit vom 1. Februar 1987 bis 2. Oktober 1990 dauerte. Als tatsächliche Voraussetzung für den Anspruch der Klägerin hat es das Sozialgericht in dem Verfahren vor der 55. Kammer aber als erforderlich angesehen, dass die Klägerin in den letzten drei Jahren vor ihrer Arbeitslosmeldung am 27. Februar 1990 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hätte. Dieser Sachverhalt wird durch die vorgelegte Rehabilitierungsbescheinigung nicht als Tatsache bescheinigt. Durch die Rehabilitierungsbescheinigung wird lediglich eine andere Rechtslage dargetan (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO, § 580 RdNr. 48). Erst auf Grund weiterer gesetzlicher Regelungen, etwa in § 90 a des Bundesvertriebenengesetzes in der Fassung des Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGBl. II, S. 518 [531]) bzw. § 249 g AFG, eingefügt durch AFG-Änderungsgesetz vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1306 mit Wirkung vom 3. Oktober 1990) wird eine solche Verfolgungszeit als Ersatztatbestand berücksichtigt. Weder jetzt noch auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils vom 5. November 1990 ist festzustellen, dass die Klägerin tatsächlich in der Zeit vom 1. Februar 1987 bis zum 2. Oktober 1990 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Die Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 179 SGG i. V. m. § 580 Nr. 7 b ZPO liegen mithin nicht vor. Ob das Sozialgericht in seinem Urteil vom 5. November 1990 möglicherweise einen Anspruch der Klägerin auf Grund des § 90 a des Bundesvertriebenengesetzes zu Unrecht nicht geprüft hat, ist ohne Bedeutung. Das ergangene Urteil wäre dann allenfalls materiell unrichtig. Darin liegt jedoch kein Restitutionsgrund.
Die von der Klägerin am 27. März 1997 bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage gegen den Überprüfungsbescheid vom 22. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1997 ist nicht Gegenstand des vorliegenden Wiederaufnahmeverfahrens. Diese Klage ist in einem gesonderten Verfahren fortzuführen.
Nach alledem konnte der Antrag der Klägerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus dem Jahre 1990 keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
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