Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AL 4545/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 22/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Januar 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit ab 4. Juni 1998, wobei insbesondere streitig ist, ob die Klägerin als ordentliche Studentin an einer Hochschule für Vermittlungsbemühungen der Beklagten verfügbar ist.
Die 1966 geborene Klägerin, die seit Juni 1991 einen Abschluss als staatlich geprüfte Fremdsprachensekretärin besitzt, arbeitete vom 1. Juli 1991 bis 31. Januar 1997 volltags als Fremdsprachenkorrespondentin bei der G.-F. I. GmbH in B ... Die Beschäftigung wurde durch einen von der Klägerin veranlassten Aufhebungsvertrag beendet (vgl. Arbeitsbescheinigung des früheren Arbeitgebers vom 26. Mai 1998). Vom 1. Februar 1997 bis zum 3. Juni 1998 war sie als Sachbearbeiterin im Bereich Öffentlichkeitsarbeit bei der C. P. mbH nach ihren Angaben anfangs volltags (von Februar bis März 1997 einschließlich) und dann im Umfang von durchschnittlich 15 Stunden wöchentlich (im April und Mai 1998 21 bzw. 26 Stunden wöchentlich, zuletzt auf Stundenlohnbasis) tätig. Am 20. März 1997 immatrikulierte sie sich zudem als ordentliche Studentin für den Diplom-Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste (HdK) Berlin.
Am 20. Mai 1998 meldete sich die Klägerin zum 1. Juni 1998 (später geändert: zum 4. Juni 1998) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, wobei sie sich für eine Halbtagstätigkeit zur Verfügung stellte. Im „Zusatzfragebogen für Studenten und Schüler“ gab sie insbesondere an, sie befinde sich derzeit im 3. Fachsemester. Die Zahl der nach der Ausbildungs- bzw. Studienordnung verbindlich vorgeschriebenen oder für das Erreichen des Studien- bzw. Ausbildungszieles erforderlichen wöchentlichen Arbeitsstunden ohne Vor- und Nachbereitungszeiten betrage 15 Zeitstunden à 60 Minuten. Neben der Ausbildung könne sie höchstens 20 Stunden wöchentlich arbeiten, wobei sie zur Zeit „ganztags“ an den Wochentagen Mittwoch und Donnerstag sowie Sonnabend und Sonntag arbeiten könne. Der von ihr beigefügte Stundenplan für das Sommersemester 1998 enthielt Lehrveranstaltungen für Montag (von 8.15 Uhr bis 16.45 Uhr), für Dienstag (von 10.15 Uhr bis 14.45 Uhr und von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr), für Mittwoch (ab 17.00 Uhr), für Donnerstag (von 12.15 Uhr bis 14.45 Uhr) und für Freitag (von 9.00 Uhr bis 12.45 Uhr und von 16.15 Uhr bis 20.45 Uhr).
Mit Bescheid vom 10. August 1998 lehnte die Beklagte den Antrag auf Arbeitslosengeld ab, da die Klägerin Studentin an einer Hochschule sei, so dass nach § 120 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vermutet werde, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden sei laut Arbeitsvermittlung bei einem nebenherlaufenden Studium von 20 Wochenstunden nicht ortsüblich. Eine Tätigkeit von 20 Wochenstunden könne somit nicht aufgenommen werden. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie damit begründete, das Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der HdK im Rahmen der Studien- und Prüfungsordnung sei neben einer Arbeitstätigkeit von bis zu regelmäßig 20 Stunden wöchentlich durchaus möglich. Auch der bisherige Studienverlauf zeige, dass sie in der Lage sei, neben einer Halbtagstätigkeit dem Studium nachzukommen. In den ersten 3 Semestern des viersemestrigen Grundstudiums habe sie bis zum 4. Juni 1998 (richtig: 3. Juni 1998) regelmäßig halbtags gearbeitet und bereits 20 der insgesamt 21 für das Vordiplom benötigten Leistungsnachweise erworben; dies trotz der Berufstätigkeit schneller und besser als üblich. Für den Fall, dass das Studium zeitlich mit dem Erwerb des Lebensunterhalts konkurrieren sollte, müsste sie - wie allgemein üblich - die Dauer ihres Studiums entsprechend verlängern. Derzeit liege sie mit ihrem Studium sehr gut im Rahmen der Regelstudienzeit von 8 Semestern, wobei die durchschnittliche Studiendauer 10 Semester betrage. Auch bei einer Arbeitstätigkeit von bis zu regelmäßig 20 Stunden wöchentlich könne die Regelstudienzeit eingehalten werden: Die durchschnittlichen 21 Semesterwochenstunden (15,8 Zeitstunden) seien innerhalb der Woche von den Studenten nach deren Bedürfnissen frei einteilbar, da es je Veranstaltung bis zu 6 Parallelveranstaltungen gebe, die zu unterschiedlichen Zeiten angeboten würden. Eine Veranstaltung, die in einem Semester nicht belegt werden könne, könne ebenso im darauffolgenden oder vorhergehenden Semester belegt werden, da die einzelnen Veranstaltungen nicht aufeinander aufbauten. Für Vorlesungen bestehe keine Anwesenheitspflicht, so dass das entsprechende Wissen auch durch Lesen von Literatur am Wochenende erworben werden könne. Lehrveranstaltungen würden sowohl sonnabends als auch abends angeboten werden, als Blockveranstaltungen auch an Wochenenden und auch während der Semesterferien. Sie habe die Kommission für Prüfungsangelegenheiten um eine Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 30. September 1998 bestätigte das Commissariat für Prüfungsangelegenheiten der HdK gegenüber der Beklagten, dass sich unter organisatorischen Gesichtspunkten ein ordnungsgemäßes Studium und eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Stunden wöchentlich nicht ausschlössen. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Arbeitslose bleibe nach seinem Erscheinungsbild Student, wenn er nur für Beschäftigungen zur Verfügung stehe, die den Erfordernissen des Studiums angepasst und untergeordnet seien. Dies sei der Fall, wenn der Student während der allgemeinen Vorlesungszeit neben seiner Ausbildung eine Beschäftigung aufnehmen könne, die, ausgehend von der üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, auf bis zu maximal 20 Stunden in der Woche beschränkt sei. Die von der Klägerin angegebene noch mögliche Arbeitszeit (Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag) sei zudem nicht ortsüblich.
Im Klageverfahren beim Sozialgericht Berlin hat die Klägerin vorgetragen, sie könne montags, mittwochs und donnerstags sowie samstags und sonntags uneingeschränkt arbeiten, da für ihr Studium kein fester Stundenplan bestehe. Ihre Beschäftigung bei der C. P. mbH sei nicht aus Studiengründen beendet worden, sondern durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers. Sie habe auch schon vor ihrem Studium gearbeitet, so dass sie nach ihrem Erscheinungsbild eher Arbeitnehmerin als Studentin sei. Den Stundenplan für das Sommersemester 1998 habe sie nach den zeitlichen Vorgaben ihres früheren Arbeitgebers gestaltet. Auf gerichtliche Anforderung hat sie die Stundenpläne für das Sommersemester 1998 (13 Veranstaltungen im Umfang von rund 24 Wochenstunden), das Wintersemester 1998/1999 (8 Veranstaltungen im Umfang von rund 21 Wochenstunden) und das Sommersemester 1999 (8 Veranstaltungen im Umfang von rund 15 Wochenstunden) sowie Unterlagen über das Grund- und Hauptstudium ihres Studienfachs überreicht.
Mit Urteil vom 15. Januar 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin stehe als ordentliche Studentin den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes nicht zur Verfügung. Auf sie treffe die gesetzliche Vermutung zu, dass sie als Studentin nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Die Vermutung sei erst widerlegt, wenn der Arbeitslose darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Die Widerlegung dieser Vermutung sei nicht gelungen. Zwar stelle sich das Studium der Klägerin als flexibel dar, so dass nach der Studien- und Prüfungsordnung die Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung möglich wäre. Nach der konkreten Studiengestaltung würden aber dem Vermittlungswunsch entsprechende Beschäftigungen hinter dem Studium zurücktreten und daher versicherungsfrei sein, da sie sich nur für Beschäftigungen an den vorlesungsfreien Tagen und nur bis zu 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestellt habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe Versicherungsfreiheit, wenn Studenten während der Vorlesungszeit nicht mehr als 20 Stunden arbeiteten. Dass die Klägerin ihrem Erscheinungsbild nach eher eine Studentin als eine abhängige Beschäftigte sei, zeige sich auch daran, dass nach Beginn des Studiums die Beschäftigungszeiten an das Studium angepasst worden seien. Darüber hinaus habe sie sich nur für die Tage Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt, was nach den für sie in Betracht kommenden Tätigkeiten (Öffentlichkeitsarbeit, Fremdsprachenkorrespondentin, Bürotätigkeiten) nicht einer arbeitsmarktüblichen Arbeitszeit entsprochen habe.
Gegen das ihr am 27. Februar 2001 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat die Klägerin am 24. März 2001 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie habe die gesetzliche Vermutung, dass sie als Studentin nur eine versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen könne, widerlegt. Es komme nicht darauf an, wie sie individuell und konkret ihr Studium durchführe, sondern darauf, ob im Rahmen des von ihr aufgenommenen konkreten Studiums eine versicherungspflichtige Beschäftigung möglich wäre. So habe im Sommersemester 1998 lediglich in 5 Veranstaltungen eine Anwesenheitspflicht im Umfang von jeweils 2 Semesterwochenstunden bestanden. Dies entspreche auch dem Durchschnitt der anwesenheitspflichtigen Veranstaltungen sowohl während des Grund- als auch während des Hauptstudiums. Hinsichtlich dieser 10 Stunden bestehe eine hohe zeitliche Flexibilität aufgrund der Durchführung paralleler Veranstaltungen zu verschiedenen Zeiten. Bei den weiteren Lehrveranstaltungen bestehe keine Anwesenheitspflicht. Notwendig und ausreichend sei hier, dass eine Aneignung des Wissens erfolge. Sie habe auch während der ersten 3 Semester ihres Studiums eine Beschäftigung von mehr als 15 Stunden wöchentlich tatsächlich ausgeübt. Ihrem Erscheinungsbild nach sei sie eine studierende Arbeiterin, da sie bereits vor Aufnahme ihres Studiums versicherungspflichtig in einem Vollzeitarbeitsverhältnis gestanden habe. Die neue Beschäftigung (ab Februar 1997) habe sie aufgenommen, da ein Hochschulstudium neben einer vollzeitigen Beschäftigung nicht sinnvoll betrieben werden könne bzw. nicht zu einem Abschluss in angemessener Zeit führen könne. Eine Teilzeitbeschäftigung auf dem in Betracht kommenden Arbeitsmarkt sei durchaus üblich. Auch die Beschränkung auf einzelne Wochentage stehe einer üblichen Arbeitszeit nicht entgegen. Die Beklagte habe sie zudem nicht darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung auf einzelne Arbeitstage ihrer Vermittelbarkeit und damit ihrem Anspruch auf Arbeitslosengeld entgegenstehen könnte. Erst auf die Forderung der zuständigen Sachbearbeiterin hin habe sie einzelne Wochentage angegeben. Sie wäre bereit und aufgrund der bereits geschilderten Freiheit bei der Studienorganisation auch in der Lage gewesen, andere Arbeitszeiten einzuhalten, sofern dies für die Aufnahme einer Beschäftigung erforderlich gewesen wäre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Januar 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1998 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab 4. Juni 1998 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts weiterhin für zutreffend.
Für den sonstigen Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr.:.) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die streitige Zeit ab 4. Juni 1998.
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben nach § 117 Abs. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Zwar hat sie zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 4. Juni 1998 die Anwartschaftszeit schon aufgrund ihrer früheren Vollzeittätigkeit als Fremdsprachenkorrespondentin bei der G.-F. I. GmbH erfüllt, denn sie hat in der dreijährigen Rahmenfrist (vom 4. Juni 1995 bis 3. Juni 1998) mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden (§§ 123 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 124 Abs. 2 SGB III). Sie stand aber in der hier streitigen Zeit ab 4.Juni 1998 als ordentliche Studentin an einer Hochschule der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Für die Zeit ab dem Wintersemester 1999/2000 erfüllte sie zudem die Anwartschaftszeit nicht mehr.
Verfügbarkeit liegt nach § 119 Abs. 2 und 3 SGB III nur vor, wenn der Arbeitslose arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. Dabei wird vermutet, dass der Arbeitslose, der Student einer Hochschule ist, nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben kann (§ 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Die Vermutung ist widerlegt, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt (§ 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Nach § 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III sind Personen versicherungsfrei, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule eine Beschäftigung ausüben. Danach ist eine Beschäftigung versicherunfrei, wenn sie „neben“ dem Studium, d.h. ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet, ausgeübt wird, das Studium also die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache ist. Für den Fall, dass diese Personen eine Beschäftigung im Sinne des §§ 25 Abs. 1 SGB III aufnehmen, sollen diese Tätigkeiten grundsätzlich beitragsfrei sein, vorausgesetzt, dass das Erscheinungsbild eines Studenten bzw. Schülers trotz der beruflichen Tätigkeit nicht verloren geht, der Beschäftigung also neben dem Studium keine prägende Bedeutung zukommt (vgl. hierzu Fuchs in Kasseler Kommentar SGB III § 27 Rdnr. 41 mit weiteren Nachweisen). Es handelt sich hierbei um das sogenannte Werkstudentenprivileg, das für den Studenten einerseits zur Beitragsfreiheit (Versicherungsfreiheit) führt und andererseits einem Anspruch auf Leistungen entgegensteht.
Nach der Rechtsprechung des BSG kommt es darauf an, ob die Berufstätigkeit oder das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmacht. Personen, die bereits vor Aufnahme des Studiums berufstätig waren und diese Tätigkeit unvermindert fortsetzen oder das Studium in einem praktisch nicht mehr ins Gewicht fallenden Umfang betreiben, werden als studierende Arbeitnehmer angesehen und sind deshalb versicherungspflichtig. Wessen Arbeitskraft jedoch überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen wird, gilt als arbeitender Studierender (BSG, Urteil vom 31. Oktober 1967 - 3 RK 77/64 - BSGE 27, 192, 195; BSG, Urteil vom 31. August 1976 - 12/3/12 RK 27/74 - SozR 2200 § 1227 Nr. 5).
Grundsätzlich kann eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als Orientierungslinie betrachtet werden, wobei die Beschäftigung bis zu einem Zeitraum von 20 Wochenstunden grundsätzlich unschädlich ist und nicht zur Begründung von Versicherungspflicht führt. Bei darüber hinausgehender Arbeitszeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Beschäftigung das dominierende Element ist. Allerdings kommt es auch dann auf die Verhältnisse im Einzelfall an.
Wie bei der Frage der Versicherungsfreiheit kommt es für den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Hinblick auf die Verfügbarkeit darauf an, ob der abhängig Beschäftigte nach seinem Erscheinungsbild Arbeitnehmer ist, der nebenbei studiert, oder ob das Studium im Vordergrund steht, im Vergleich zu dem die Arbeit, nach Zweck und Dauer untergeordnet, als „Nebensache“ bezeichnet werden kann. Die gesetzliche Vermutung in § 120 Abs. 2 SGB III, dass Studenten einer Hochschule nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können, ist eine Konkretisierung der Regelung über die Versicherungsfreiheit. Die Vermutung ist erst dann widerlegt, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Dies erfordert den Nachweis, dass die (angestrebte) Beschäftigung das auch weiterhin ordnungsgemäß durchführbare Studium nach Art und Dauer in den Hintergrund treten lässt. Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht geführt. Sie hat sich lediglich für eine „Halbtagstätigkeit“ bis zu höchstens 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestellt. Ihre Volltagstätigkeit als Fremdsprachenkorrespondentin wurde durch Aufhebungsvertrag auf ihre Veranlassung hin - wie der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung ausdrücklich vermerkte - beendet, bevor sie im März 1997 ihr Hochschulstudium an der HdK Berlin aufnahm. Sie wies selbst darauf hin, dass sie im Februar 1997 die Beschäftigung gewechselt habe, da das Hochschulstudium neben einer vollzeitigen Beschäftigung nicht sinnvoll betrieben werden könne. Ein Abschluss in angemessener Zeit wäre dann nicht möglich gewesen. Die Klägerin gehört daher nicht zu den Personen, die bereits vor Aufnahme des Studiums berufstätig waren und diese Tätigkeit ohne Einschränkungen durch das Studium beibehalten haben. Vielmehr richtete sie ihre Erwerbstätigkeit nach den Bedürfnissen ihres Studiums ein.
Darüber hinaus war bei der gebotenen vorausschauenden Betrachtungsweise davon auszugehen, dass ihre Arbeitskraft in der streitigen Zeit ab 4. Juni 1998 überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen würde. Nach den von ihr überreichten Unterlagen über das Grund- und das Hauptstudium im Fach Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation müssen im Grundstudium 21 Seminare und Übungen sowie 19 Vorlesungen (ohne Anwesenheitspflicht) belegt werden, wobei es keine bestimmte Reihenfolge gibt, in der die Lehrveranstaltungen belegt werden müssen. Im Schnitt müssen bei Einhaltung der Regelstudienzeit pro Semester 5 scheinpflichtige Veranstaltungen à 2 Semesterwochenstunden belegt werden. Für das Hauptstudium gilt, dass 20 Seminare und Übungen sowie 16 Vorlesungen (ohne Anwesenheitspflicht) belegt werden müssen, für die es ebenfalls keine bestimmte Reihenfolge gibt. Auch im Hauptstudium müssen im Schnitt bei Einhaltung der Regelstudienzeit pro Semester 5 scheinpflichtige Veranstaltungen à 2 Semesterwochenstunden belegt werden. Allein die Veranstaltungen mit Anwesenheitspflicht nehmen daher bereits 10 Stunden wöchentlich in Anspruch. Den gesamten Arbeitsaufwand für das Hochschulstudium hat die Klägerin gegenüber der Beklagten im Zusatzfragebogen für Studenten und Schüler mit 15 Zeitstunden à 60 Minuten angegeben. Hierbei waren die Vor- und Nachbereitungszeiten noch nicht berücksichtigt, die noch einmal mit derselben Stundenanzahl zu veranschlagen sind. Daraus ergibt sich, dass für die Klägerin, die nach eigenem Bekunden das Studium möglichst schnell, jedenfalls aber in der Regelstudienzeit abschließen wollte, ein Zeitaufwand für das Studium von etwa 30 Stunden wöchentlich anzunehmen ist, so dass es die angestrebte Beschäftigung im Umfang von höchstens 20 Stunden wöchentlich weit überwogen hätte. Tatsächlich hat die Klägerin dann auch, wie sich aus den von ihr überreichten Stundenplänen ergibt, Lehrveranstaltungen für das Sommersemester 1998 im Umfang von rund 24 Wochenstunden, für das Wintersemester 1998/1999 im Umfang von rund 21 Wochenstunden und für das Sommersemester 1999 von 15 Wochenstunden belegt. Bei zusätzlicher Berücksichtigung der Vor- und Nachbereitungszeiten ergibt sich hieraus ein Zeitaufwand für das Studium von mindestens 30 Stunden wöchentlich.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass sie ihr Studium im Rahmen der konkreten Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen auf die Erfordernisse einer Beschäftigung abstimmen könne, sind diese Darlegungen nicht erheblich. Dies gilt ebenfalls für den Hinweis, sie könne sich das notwendige Wissen auch außerhalb der Lehrveranstaltungen aneignen. Diese Umstände wären allenfalls für die Frage von Bedeutung, ob die Klägerin eine Tätigkeit zu arbeitsmarktüblichen Zeiten hätte aufnehmen können. Dies kann hier jedoch dahinstehen. Allerdings hätte es nicht ausgereicht, erst bei Angebot einer Beschäftigung die Vorlesungen so zu legen, dass sie die Ausübung einer Tätigkeit ermöglichen. Denn die Verfügbarkeit muss für jeden Tag, für den Leistungen begehrt werden, bereits bestehen, es genügt nicht, sie erst herzustellen. Jedenfalls ist die Klägerin aber aufgrund des überwiegenden Zeitaufwandes für das Studium ihrem Erscheinungsbild nach als Studentin und nicht als Arbeitnehmerin anzusehen, die das Ziel verfolgte, das Hochschulstudium zu finanzieren und damit nach ihrem Erscheinungsbild dem sogenannten Werkstudenten entspricht, der vor oder neben dem Studium in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis stand oder steht, um sich die zur Durchführung des Studiums erforderlichen Mittel zu verdienen. Da für diesen Personenkreis Beitragsfreiheit (Versicherungsfreiheit) im Recht der Arbeitslosenversicherung vorgesehen ist, steht ihr der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld mangels Verfügbarkeit bis zum Sommersemester 1999 nicht zu.
Für die Zeit vom Wintersemester 1999/2000 an (ab 1. Oktober 1999) scheitert der Anspruch bereits daran, dass die Klägerin nicht (mehr) die Anwartschaftszeit erfüllt hätte. Denn schon seit Aufnahme ihres Hochschulstudiums ab 1. April 1997 war sie gemäß den obigen Ausführungen ihrem Erscheinungsbild nach als Studentin anzusehen und damit von diesem Zeitpunkt an auch in ihrer letzten Beschäftigung bei der C. GmbH versicherungs- und beitragsfrei. Unerheblich ist, dass gleichwohl Beiträge geleistet worden sind. Somit stand sie unter Berücksichtigung ihrer Angaben, im Februar und März 1997 vollschichtig gearbeitet zu haben, zuletzt vom 1. April 1996 bis zum 31. März 1997 für 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, so dass sie innerhalb der maßgeblichen dreijährigen Rahmenfrist für Ansprüche nach dem 1. April 1999 nicht mehr für mindestens 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen wäre.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG sind nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit ab 4. Juni 1998, wobei insbesondere streitig ist, ob die Klägerin als ordentliche Studentin an einer Hochschule für Vermittlungsbemühungen der Beklagten verfügbar ist.
Die 1966 geborene Klägerin, die seit Juni 1991 einen Abschluss als staatlich geprüfte Fremdsprachensekretärin besitzt, arbeitete vom 1. Juli 1991 bis 31. Januar 1997 volltags als Fremdsprachenkorrespondentin bei der G.-F. I. GmbH in B ... Die Beschäftigung wurde durch einen von der Klägerin veranlassten Aufhebungsvertrag beendet (vgl. Arbeitsbescheinigung des früheren Arbeitgebers vom 26. Mai 1998). Vom 1. Februar 1997 bis zum 3. Juni 1998 war sie als Sachbearbeiterin im Bereich Öffentlichkeitsarbeit bei der C. P. mbH nach ihren Angaben anfangs volltags (von Februar bis März 1997 einschließlich) und dann im Umfang von durchschnittlich 15 Stunden wöchentlich (im April und Mai 1998 21 bzw. 26 Stunden wöchentlich, zuletzt auf Stundenlohnbasis) tätig. Am 20. März 1997 immatrikulierte sie sich zudem als ordentliche Studentin für den Diplom-Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule der Künste (HdK) Berlin.
Am 20. Mai 1998 meldete sich die Klägerin zum 1. Juni 1998 (später geändert: zum 4. Juni 1998) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, wobei sie sich für eine Halbtagstätigkeit zur Verfügung stellte. Im „Zusatzfragebogen für Studenten und Schüler“ gab sie insbesondere an, sie befinde sich derzeit im 3. Fachsemester. Die Zahl der nach der Ausbildungs- bzw. Studienordnung verbindlich vorgeschriebenen oder für das Erreichen des Studien- bzw. Ausbildungszieles erforderlichen wöchentlichen Arbeitsstunden ohne Vor- und Nachbereitungszeiten betrage 15 Zeitstunden à 60 Minuten. Neben der Ausbildung könne sie höchstens 20 Stunden wöchentlich arbeiten, wobei sie zur Zeit „ganztags“ an den Wochentagen Mittwoch und Donnerstag sowie Sonnabend und Sonntag arbeiten könne. Der von ihr beigefügte Stundenplan für das Sommersemester 1998 enthielt Lehrveranstaltungen für Montag (von 8.15 Uhr bis 16.45 Uhr), für Dienstag (von 10.15 Uhr bis 14.45 Uhr und von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr), für Mittwoch (ab 17.00 Uhr), für Donnerstag (von 12.15 Uhr bis 14.45 Uhr) und für Freitag (von 9.00 Uhr bis 12.45 Uhr und von 16.15 Uhr bis 20.45 Uhr).
Mit Bescheid vom 10. August 1998 lehnte die Beklagte den Antrag auf Arbeitslosengeld ab, da die Klägerin Studentin an einer Hochschule sei, so dass nach § 120 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vermutet werde, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden sei laut Arbeitsvermittlung bei einem nebenherlaufenden Studium von 20 Wochenstunden nicht ortsüblich. Eine Tätigkeit von 20 Wochenstunden könne somit nicht aufgenommen werden. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie damit begründete, das Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der HdK im Rahmen der Studien- und Prüfungsordnung sei neben einer Arbeitstätigkeit von bis zu regelmäßig 20 Stunden wöchentlich durchaus möglich. Auch der bisherige Studienverlauf zeige, dass sie in der Lage sei, neben einer Halbtagstätigkeit dem Studium nachzukommen. In den ersten 3 Semestern des viersemestrigen Grundstudiums habe sie bis zum 4. Juni 1998 (richtig: 3. Juni 1998) regelmäßig halbtags gearbeitet und bereits 20 der insgesamt 21 für das Vordiplom benötigten Leistungsnachweise erworben; dies trotz der Berufstätigkeit schneller und besser als üblich. Für den Fall, dass das Studium zeitlich mit dem Erwerb des Lebensunterhalts konkurrieren sollte, müsste sie - wie allgemein üblich - die Dauer ihres Studiums entsprechend verlängern. Derzeit liege sie mit ihrem Studium sehr gut im Rahmen der Regelstudienzeit von 8 Semestern, wobei die durchschnittliche Studiendauer 10 Semester betrage. Auch bei einer Arbeitstätigkeit von bis zu regelmäßig 20 Stunden wöchentlich könne die Regelstudienzeit eingehalten werden: Die durchschnittlichen 21 Semesterwochenstunden (15,8 Zeitstunden) seien innerhalb der Woche von den Studenten nach deren Bedürfnissen frei einteilbar, da es je Veranstaltung bis zu 6 Parallelveranstaltungen gebe, die zu unterschiedlichen Zeiten angeboten würden. Eine Veranstaltung, die in einem Semester nicht belegt werden könne, könne ebenso im darauffolgenden oder vorhergehenden Semester belegt werden, da die einzelnen Veranstaltungen nicht aufeinander aufbauten. Für Vorlesungen bestehe keine Anwesenheitspflicht, so dass das entsprechende Wissen auch durch Lesen von Literatur am Wochenende erworben werden könne. Lehrveranstaltungen würden sowohl sonnabends als auch abends angeboten werden, als Blockveranstaltungen auch an Wochenenden und auch während der Semesterferien. Sie habe die Kommission für Prüfungsangelegenheiten um eine Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 30. September 1998 bestätigte das Commissariat für Prüfungsangelegenheiten der HdK gegenüber der Beklagten, dass sich unter organisatorischen Gesichtspunkten ein ordnungsgemäßes Studium und eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 20 Stunden wöchentlich nicht ausschlössen. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Arbeitslose bleibe nach seinem Erscheinungsbild Student, wenn er nur für Beschäftigungen zur Verfügung stehe, die den Erfordernissen des Studiums angepasst und untergeordnet seien. Dies sei der Fall, wenn der Student während der allgemeinen Vorlesungszeit neben seiner Ausbildung eine Beschäftigung aufnehmen könne, die, ausgehend von der üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, auf bis zu maximal 20 Stunden in der Woche beschränkt sei. Die von der Klägerin angegebene noch mögliche Arbeitszeit (Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag) sei zudem nicht ortsüblich.
Im Klageverfahren beim Sozialgericht Berlin hat die Klägerin vorgetragen, sie könne montags, mittwochs und donnerstags sowie samstags und sonntags uneingeschränkt arbeiten, da für ihr Studium kein fester Stundenplan bestehe. Ihre Beschäftigung bei der C. P. mbH sei nicht aus Studiengründen beendet worden, sondern durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers. Sie habe auch schon vor ihrem Studium gearbeitet, so dass sie nach ihrem Erscheinungsbild eher Arbeitnehmerin als Studentin sei. Den Stundenplan für das Sommersemester 1998 habe sie nach den zeitlichen Vorgaben ihres früheren Arbeitgebers gestaltet. Auf gerichtliche Anforderung hat sie die Stundenpläne für das Sommersemester 1998 (13 Veranstaltungen im Umfang von rund 24 Wochenstunden), das Wintersemester 1998/1999 (8 Veranstaltungen im Umfang von rund 21 Wochenstunden) und das Sommersemester 1999 (8 Veranstaltungen im Umfang von rund 15 Wochenstunden) sowie Unterlagen über das Grund- und Hauptstudium ihres Studienfachs überreicht.
Mit Urteil vom 15. Januar 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin stehe als ordentliche Studentin den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes nicht zur Verfügung. Auf sie treffe die gesetzliche Vermutung zu, dass sie als Studentin nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben könne. Die Vermutung sei erst widerlegt, wenn der Arbeitslose darlege und nachweise, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulasse. Die Widerlegung dieser Vermutung sei nicht gelungen. Zwar stelle sich das Studium der Klägerin als flexibel dar, so dass nach der Studien- und Prüfungsordnung die Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Beschäftigung möglich wäre. Nach der konkreten Studiengestaltung würden aber dem Vermittlungswunsch entsprechende Beschäftigungen hinter dem Studium zurücktreten und daher versicherungsfrei sein, da sie sich nur für Beschäftigungen an den vorlesungsfreien Tagen und nur bis zu 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestellt habe. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe Versicherungsfreiheit, wenn Studenten während der Vorlesungszeit nicht mehr als 20 Stunden arbeiteten. Dass die Klägerin ihrem Erscheinungsbild nach eher eine Studentin als eine abhängige Beschäftigte sei, zeige sich auch daran, dass nach Beginn des Studiums die Beschäftigungszeiten an das Studium angepasst worden seien. Darüber hinaus habe sie sich nur für die Tage Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt, was nach den für sie in Betracht kommenden Tätigkeiten (Öffentlichkeitsarbeit, Fremdsprachenkorrespondentin, Bürotätigkeiten) nicht einer arbeitsmarktüblichen Arbeitszeit entsprochen habe.
Gegen das ihr am 27. Februar 2001 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat die Klägerin am 24. März 2001 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie habe die gesetzliche Vermutung, dass sie als Studentin nur eine versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen könne, widerlegt. Es komme nicht darauf an, wie sie individuell und konkret ihr Studium durchführe, sondern darauf, ob im Rahmen des von ihr aufgenommenen konkreten Studiums eine versicherungspflichtige Beschäftigung möglich wäre. So habe im Sommersemester 1998 lediglich in 5 Veranstaltungen eine Anwesenheitspflicht im Umfang von jeweils 2 Semesterwochenstunden bestanden. Dies entspreche auch dem Durchschnitt der anwesenheitspflichtigen Veranstaltungen sowohl während des Grund- als auch während des Hauptstudiums. Hinsichtlich dieser 10 Stunden bestehe eine hohe zeitliche Flexibilität aufgrund der Durchführung paralleler Veranstaltungen zu verschiedenen Zeiten. Bei den weiteren Lehrveranstaltungen bestehe keine Anwesenheitspflicht. Notwendig und ausreichend sei hier, dass eine Aneignung des Wissens erfolge. Sie habe auch während der ersten 3 Semester ihres Studiums eine Beschäftigung von mehr als 15 Stunden wöchentlich tatsächlich ausgeübt. Ihrem Erscheinungsbild nach sei sie eine studierende Arbeiterin, da sie bereits vor Aufnahme ihres Studiums versicherungspflichtig in einem Vollzeitarbeitsverhältnis gestanden habe. Die neue Beschäftigung (ab Februar 1997) habe sie aufgenommen, da ein Hochschulstudium neben einer vollzeitigen Beschäftigung nicht sinnvoll betrieben werden könne bzw. nicht zu einem Abschluss in angemessener Zeit führen könne. Eine Teilzeitbeschäftigung auf dem in Betracht kommenden Arbeitsmarkt sei durchaus üblich. Auch die Beschränkung auf einzelne Wochentage stehe einer üblichen Arbeitszeit nicht entgegen. Die Beklagte habe sie zudem nicht darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung auf einzelne Arbeitstage ihrer Vermittelbarkeit und damit ihrem Anspruch auf Arbeitslosengeld entgegenstehen könnte. Erst auf die Forderung der zuständigen Sachbearbeiterin hin habe sie einzelne Wochentage angegeben. Sie wäre bereit und aufgrund der bereits geschilderten Freiheit bei der Studienorganisation auch in der Lage gewesen, andere Arbeitszeiten einzuhalten, sofern dies für die Aufnahme einer Beschäftigung erforderlich gewesen wäre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Januar 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 10. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 1998 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab 4. Juni 1998 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts weiterhin für zutreffend.
Für den sonstigen Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr.:.) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-), jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die streitige Zeit ab 4. Juni 1998.
Anspruch auf Arbeitslosengeld haben nach § 117 Abs. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Zwar hat sie zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 4. Juni 1998 die Anwartschaftszeit schon aufgrund ihrer früheren Vollzeittätigkeit als Fremdsprachenkorrespondentin bei der G.-F. I. GmbH erfüllt, denn sie hat in der dreijährigen Rahmenfrist (vom 4. Juni 1995 bis 3. Juni 1998) mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden (§§ 123 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 124 Abs. 2 SGB III). Sie stand aber in der hier streitigen Zeit ab 4.Juni 1998 als ordentliche Studentin an einer Hochschule der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Für die Zeit ab dem Wintersemester 1999/2000 erfüllte sie zudem die Anwartschaftszeit nicht mehr.
Verfügbarkeit liegt nach § 119 Abs. 2 und 3 SGB III nur vor, wenn der Arbeitslose arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähig ist, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. Dabei wird vermutet, dass der Arbeitslose, der Student einer Hochschule ist, nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben kann (§ 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Die Vermutung ist widerlegt, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt (§ 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Nach § 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III sind Personen versicherungsfrei, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule eine Beschäftigung ausüben. Danach ist eine Beschäftigung versicherunfrei, wenn sie „neben“ dem Studium, d.h. ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet, ausgeübt wird, das Studium also die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache ist. Für den Fall, dass diese Personen eine Beschäftigung im Sinne des §§ 25 Abs. 1 SGB III aufnehmen, sollen diese Tätigkeiten grundsätzlich beitragsfrei sein, vorausgesetzt, dass das Erscheinungsbild eines Studenten bzw. Schülers trotz der beruflichen Tätigkeit nicht verloren geht, der Beschäftigung also neben dem Studium keine prägende Bedeutung zukommt (vgl. hierzu Fuchs in Kasseler Kommentar SGB III § 27 Rdnr. 41 mit weiteren Nachweisen). Es handelt sich hierbei um das sogenannte Werkstudentenprivileg, das für den Studenten einerseits zur Beitragsfreiheit (Versicherungsfreiheit) führt und andererseits einem Anspruch auf Leistungen entgegensteht.
Nach der Rechtsprechung des BSG kommt es darauf an, ob die Berufstätigkeit oder das Studium den Schwerpunkt der Tätigkeit ausmacht. Personen, die bereits vor Aufnahme des Studiums berufstätig waren und diese Tätigkeit unvermindert fortsetzen oder das Studium in einem praktisch nicht mehr ins Gewicht fallenden Umfang betreiben, werden als studierende Arbeitnehmer angesehen und sind deshalb versicherungspflichtig. Wessen Arbeitskraft jedoch überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen wird, gilt als arbeitender Studierender (BSG, Urteil vom 31. Oktober 1967 - 3 RK 77/64 - BSGE 27, 192, 195; BSG, Urteil vom 31. August 1976 - 12/3/12 RK 27/74 - SozR 2200 § 1227 Nr. 5).
Grundsätzlich kann eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als Orientierungslinie betrachtet werden, wobei die Beschäftigung bis zu einem Zeitraum von 20 Wochenstunden grundsätzlich unschädlich ist und nicht zur Begründung von Versicherungspflicht führt. Bei darüber hinausgehender Arbeitszeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Beschäftigung das dominierende Element ist. Allerdings kommt es auch dann auf die Verhältnisse im Einzelfall an.
Wie bei der Frage der Versicherungsfreiheit kommt es für den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Hinblick auf die Verfügbarkeit darauf an, ob der abhängig Beschäftigte nach seinem Erscheinungsbild Arbeitnehmer ist, der nebenbei studiert, oder ob das Studium im Vordergrund steht, im Vergleich zu dem die Arbeit, nach Zweck und Dauer untergeordnet, als „Nebensache“ bezeichnet werden kann. Die gesetzliche Vermutung in § 120 Abs. 2 SGB III, dass Studenten einer Hochschule nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können, ist eine Konkretisierung der Regelung über die Versicherungsfreiheit. Die Vermutung ist erst dann widerlegt, wenn der Arbeitslose darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt. Dies erfordert den Nachweis, dass die (angestrebte) Beschäftigung das auch weiterhin ordnungsgemäß durchführbare Studium nach Art und Dauer in den Hintergrund treten lässt. Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht geführt. Sie hat sich lediglich für eine „Halbtagstätigkeit“ bis zu höchstens 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestellt. Ihre Volltagstätigkeit als Fremdsprachenkorrespondentin wurde durch Aufhebungsvertrag auf ihre Veranlassung hin - wie der Arbeitgeber in der Arbeitsbescheinigung ausdrücklich vermerkte - beendet, bevor sie im März 1997 ihr Hochschulstudium an der HdK Berlin aufnahm. Sie wies selbst darauf hin, dass sie im Februar 1997 die Beschäftigung gewechselt habe, da das Hochschulstudium neben einer vollzeitigen Beschäftigung nicht sinnvoll betrieben werden könne. Ein Abschluss in angemessener Zeit wäre dann nicht möglich gewesen. Die Klägerin gehört daher nicht zu den Personen, die bereits vor Aufnahme des Studiums berufstätig waren und diese Tätigkeit ohne Einschränkungen durch das Studium beibehalten haben. Vielmehr richtete sie ihre Erwerbstätigkeit nach den Bedürfnissen ihres Studiums ein.
Darüber hinaus war bei der gebotenen vorausschauenden Betrachtungsweise davon auszugehen, dass ihre Arbeitskraft in der streitigen Zeit ab 4. Juni 1998 überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen würde. Nach den von ihr überreichten Unterlagen über das Grund- und das Hauptstudium im Fach Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation müssen im Grundstudium 21 Seminare und Übungen sowie 19 Vorlesungen (ohne Anwesenheitspflicht) belegt werden, wobei es keine bestimmte Reihenfolge gibt, in der die Lehrveranstaltungen belegt werden müssen. Im Schnitt müssen bei Einhaltung der Regelstudienzeit pro Semester 5 scheinpflichtige Veranstaltungen à 2 Semesterwochenstunden belegt werden. Für das Hauptstudium gilt, dass 20 Seminare und Übungen sowie 16 Vorlesungen (ohne Anwesenheitspflicht) belegt werden müssen, für die es ebenfalls keine bestimmte Reihenfolge gibt. Auch im Hauptstudium müssen im Schnitt bei Einhaltung der Regelstudienzeit pro Semester 5 scheinpflichtige Veranstaltungen à 2 Semesterwochenstunden belegt werden. Allein die Veranstaltungen mit Anwesenheitspflicht nehmen daher bereits 10 Stunden wöchentlich in Anspruch. Den gesamten Arbeitsaufwand für das Hochschulstudium hat die Klägerin gegenüber der Beklagten im Zusatzfragebogen für Studenten und Schüler mit 15 Zeitstunden à 60 Minuten angegeben. Hierbei waren die Vor- und Nachbereitungszeiten noch nicht berücksichtigt, die noch einmal mit derselben Stundenanzahl zu veranschlagen sind. Daraus ergibt sich, dass für die Klägerin, die nach eigenem Bekunden das Studium möglichst schnell, jedenfalls aber in der Regelstudienzeit abschließen wollte, ein Zeitaufwand für das Studium von etwa 30 Stunden wöchentlich anzunehmen ist, so dass es die angestrebte Beschäftigung im Umfang von höchstens 20 Stunden wöchentlich weit überwogen hätte. Tatsächlich hat die Klägerin dann auch, wie sich aus den von ihr überreichten Stundenplänen ergibt, Lehrveranstaltungen für das Sommersemester 1998 im Umfang von rund 24 Wochenstunden, für das Wintersemester 1998/1999 im Umfang von rund 21 Wochenstunden und für das Sommersemester 1999 von 15 Wochenstunden belegt. Bei zusätzlicher Berücksichtigung der Vor- und Nachbereitungszeiten ergibt sich hieraus ein Zeitaufwand für das Studium von mindestens 30 Stunden wöchentlich.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass sie ihr Studium im Rahmen der konkreten Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen auf die Erfordernisse einer Beschäftigung abstimmen könne, sind diese Darlegungen nicht erheblich. Dies gilt ebenfalls für den Hinweis, sie könne sich das notwendige Wissen auch außerhalb der Lehrveranstaltungen aneignen. Diese Umstände wären allenfalls für die Frage von Bedeutung, ob die Klägerin eine Tätigkeit zu arbeitsmarktüblichen Zeiten hätte aufnehmen können. Dies kann hier jedoch dahinstehen. Allerdings hätte es nicht ausgereicht, erst bei Angebot einer Beschäftigung die Vorlesungen so zu legen, dass sie die Ausübung einer Tätigkeit ermöglichen. Denn die Verfügbarkeit muss für jeden Tag, für den Leistungen begehrt werden, bereits bestehen, es genügt nicht, sie erst herzustellen. Jedenfalls ist die Klägerin aber aufgrund des überwiegenden Zeitaufwandes für das Studium ihrem Erscheinungsbild nach als Studentin und nicht als Arbeitnehmerin anzusehen, die das Ziel verfolgte, das Hochschulstudium zu finanzieren und damit nach ihrem Erscheinungsbild dem sogenannten Werkstudenten entspricht, der vor oder neben dem Studium in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis stand oder steht, um sich die zur Durchführung des Studiums erforderlichen Mittel zu verdienen. Da für diesen Personenkreis Beitragsfreiheit (Versicherungsfreiheit) im Recht der Arbeitslosenversicherung vorgesehen ist, steht ihr der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld mangels Verfügbarkeit bis zum Sommersemester 1999 nicht zu.
Für die Zeit vom Wintersemester 1999/2000 an (ab 1. Oktober 1999) scheitert der Anspruch bereits daran, dass die Klägerin nicht (mehr) die Anwartschaftszeit erfüllt hätte. Denn schon seit Aufnahme ihres Hochschulstudiums ab 1. April 1997 war sie gemäß den obigen Ausführungen ihrem Erscheinungsbild nach als Studentin anzusehen und damit von diesem Zeitpunkt an auch in ihrer letzten Beschäftigung bei der C. GmbH versicherungs- und beitragsfrei. Unerheblich ist, dass gleichwohl Beiträge geleistet worden sind. Somit stand sie unter Berücksichtigung ihrer Angaben, im Februar und März 1997 vollschichtig gearbeitet zu haben, zuletzt vom 1. April 1996 bis zum 31. März 1997 für 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, so dass sie innerhalb der maßgeblichen dreijährigen Rahmenfrist für Ansprüche nach dem 1. April 1999 nicht mehr für mindestens 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen wäre.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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