L 13 RA 74/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 An 17/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 74/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Rentenkürzung, die daraus resultiert, daß vom Versicherungskonto der Klägerin anläßlich der Scheidung von ihrem sieben Jahre jüngeren Ehemann auf dessen Konto Rentenanwartschaften in Höhe von 332,30 dM zu übertragen waren, folgt in verfassungsgemäßer Weise aus § 76 SGB VI und ist rechtmäßig, auch wenn der frühere Ehemann keine Rente bezieht.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 6. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kürzung der Rente um die durch Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften.

Die am 1934 geborene Klägerin war mit dem am 23.01.1947 geborenen verheiratet. Mit Urteil des Amtsgerichts Aichach vom 07.11.1990 wurde die am 22.12.1975 geschlossene Ehe geschieden und vom Versichertenkonto der Klägerin auf das Konto ihres früheren Ehemannes Rentenanwartschaften in Höhe von insgesamt DM 332,30, bezogen auf den 31.01.1990, übertragen. Das Urteil wurde am 31.12.1990 rechtskräftig. Die Beklagte bewilligte der Klägerin antragsgemäß mit Bescheid vom 09.09.1996 ab 01.07.1996 Altersrente für Frauen. Die durch Versorgungsausgleich übertragenen monatlichen Rentenanwartschaften in Höhe von DM 332,30 rechnete die Beklagte in 8,6568 Entgeltpunkte um.

Die sich aus den zurückgelegten Versicherungszeiten ergebendenpersönlichen Entgeltpunkte der Klägerin von 30,9285 verringerten sich dadurch auf 22,2717. Die sich daraus ergebende Rente der Klägerin betrug ab 01.07.1996 DM 1.039,42 abzüglich der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch und führte aus, sie könne die Einbehaltung des Versorgungsausgleiches nicht verstehen, da ihr geschiedener Ehemann noch lange nicht in Rente sei. Er sei 13 Jahre jünger und selbständig. Sie selbst beziehe außer der Rente keinerlei Einkünfte. Mit Bescheid vom 16.12.1996 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Augsburg und führte im wesentlichen aus, sie wehre sich dagegen, daß ihr bereits jetzt die Anteile der Rentenanwartschaft bei Auszahlung der Rente in Abzug gebracht würden, die dem geschiedenen Ehemann dann, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet habe, zustünden. Dies bedeute, daß sich die Beklagte zu Lasten der geschiedenen Eheleute bereichere. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung sei erforderlich. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 06.05.1997 ab. Eine durch das Familiengericht vorgenommene Übertragung von Rentenanwartschaften mindere unmittelbar die Rentenanwartschaft des Verpflichteten und führe zu einem Abschlag an Entgeltpunkten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handele es sich hierbei grundsätzlich um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Bei der Klägerin lägen auch die Voraussetzungen des einzig in Betracht kommenden § 5 Versorgungsausgleichhärteregelungsgesetz (VAHRG) nicht vor, da sich kein Anhaltspunkt ergebe, daß der geschiedene Ehemann der Klägerin gegen sie einen Unterhaltsanspruch habe oder nur deshalb nicht habe, weil sie zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung ihrer Versorgung außerstande sei.

Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und führte zur Begründung ergänzend aus, sie beziehe ihre Altersrente seit 01.07.1996, ihr geschiedener Mann werde, selbst wenn er bereits mit 60 Jahreen den Bezug der Rente gelangen sollte, diese erst im Jahr 2007 erhalten. Über insgesamt 11 Jahre werde damit der Versorgungsausgleichsbetrag von ihrem Rentenkonto abgezogen, komme dem geschiedenen Ehemann aber nicht zugute. Dies stelle für die Beklagte einen vermögenswerten Vorteil dar, der ca. DM 45.000 ausmache. Es gebe keinen Grund, der es rechtfertigen würde, den geschiedenen Eheleuten diesen Betrag vorzuenthalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 06.05.1997 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 09.09.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.1996 zu verurteilen den rechtskräftig durchgeführten Versorgungsausgleich bis zum Beginn einer Rentenleistung an den geschiedenen Ehemann außer Acht zu lassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Rentenakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch sachlich unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung ihrer Altersrente ohne Kürzung um die durch Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, führt der zu Lasten der Klägerin durchgeführte Versorgungsausgleich gemäß § 76 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) bei der Rente der Klägerin zu einem Abschlag an Entgeltpunkten unabhängig davon, ob der durch den Versorgungsausgleich Begünstigte bereits Rente bezieht. Da sich keinerlei Anhaltspunkt dafür ergibt, daß der geschiedene Ehemann der Klägerin von dieser Unterhalt beanspruchen könnte, sind auch die Voraussetzungen des § 5 VAHRG nicht erfüllt. Der Senat schließt sich der Begründung im Urteil des Sozialgerichts an und sieht insoweit gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend ist unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung zu den von der Klägerin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzlichen Regelungen auszuführen, daß sich die Rechtsprechung hiermit bereits umfassend auseinandergesetzt hat. Insbesondere im Urteil vom 14.01.1986 (SozR 5795 Nr.1 zu § 5) hat das Bundessozialgericht ausdrücklich betont, daß § 5 Abs.1 VAHRG, der allein den geltend gemachten Anspruch stützen könnte, verfassungsgemäß ist. Ausgehend von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.01.1980 (SozR 7610 Nr.1 zu § 1587) hat das Bundessozialgericht festgestellt, daß die gesetzlichen Regelungen über den Versorgungsausgleich grundsätzlich nicht verfassungswidrig sind. Der vom Bundesverfassungsgericht aufgegebenen Verpflichtung, etwa nachträglich eintretenden grundrechtswidrigen Auswirkungen des Versorgungsausgleiches durch ergänzende Regelungen zu begegnen, ist der Gesetzgeber durch die Vorschriften der §§ 4 bis 10 VAHRG nachgekommen. Dabei wird in § 5 VAHRG die Auswirkung des Versorgungsausgleiches in den Fällen gemildert, in denen der Ausgleichsberechtigte, der noch nicht Rentenbezieher ist, auf Unterhaltsleistungen des Ausgleichspflichtigen angewiesen ist. Damit wird diese gesetzliche Regelung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28.02.1980 gerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat wegen des vom Ausgleichsberechtigten durch den Versorgungsausgleich erworbenen und bereits vor Rentenbezug wirksamen eigenen Versicherungsschutzes eine allein den Ausgleichspflichtigen benachteiligende und damit verfassungswidrige Regelung dann nicht angenommen, wenn eine Unterhaltsverpflichtung des Ausgleichspflichtigen nicht in Betracht kommt.

Von der Vereinbarkeit der Regelungen über den Versorgungsausgleich und insbesondere des § 5 VAHRG mit dem Grundgesetz ist das Bundessozialgericht auch in seinen weiteren Entscheidungen zu § 5 VAHRG ausgegangen (vgl. z.B. BSG vom 12.04.1995 in SozR 3-5795 Nr.3 zu § 5).

Die Berufung kann nach all dem keinen Erfolg haben, weshalb sie als unbegründet zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen unter Berücksichtigung der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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