Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 16/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3386/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Juni 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine operative Bauchdeckenstraffung zu gewähren.
Der am 1988 geborene Kläger ist als Schüler über seinen Vater bei der Beklagten familienversichert. Er hatte Ende 2006 117 kg (bei 178 cm Körpergröße) gewogen. Seinen Vorbringen zufolge gelang es ihm danach, beginnend ab Januar 2007, aufgrund einer mit einem Freund abgeschlossenen Wette durch Einhaltung von Diät sowie durch viel Sport sein Körpergewicht innerhalb von acht Monaten um mehr als 50 kg zu vermindern. Am 27. September 2007 wog der Kläger noch 66 kg. Nach dem Schreiben (Auskunft gegenüber der Beklagten vom 05. November 2007) des Dr. Dr. K., Arzt für Chirurgie/Plastische und Ästhetische Chirurgie, bestand beim Kläger nach der Gewichtsabnahme am 27. September 2007 eine massive Cutis laxa mit Striae distensae und ein erheblicher Hautüberschuss im Bereich des Abdomens. Wegen der genannten Diagnose "Cutis laxa des Abdomens nach erheblicher Gewichtsabnahme" verordnete Dr. Dr. K. dem Kläger am 27. September 2007 Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer operativen Bauchdeckenstraffung. Beigefügt waren Fotos des Klägers, die ihn vor und nach der Gewichtsabnahme zeigen. Dazu holte die Beklagte die Stellungnahme des Dr. S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in Mannheim vom 04. Oktober 2007 ein. Der Arzt führte darin aus, die vorliegenden Bilddokumentation zeige die schlaffe Bauchhaut. Dermatosen, Ekzeme oder andere dermatologische Erkrankungen im Faltenbildungsbereich lägen nicht vor und seien mittels dermatologischen Befundberichten nicht beschrieben. Es handle sich im konkreten Einzelfall nicht um eine Krankheit im Sinne des Gesetzes. Es liege eine kosmetische Indikation vor, die in die Eigenverantwortlichkeit eines jeden Versicherten gehöre. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09. Oktober 2007 die Übernahme der Kosten für die angestrebte operative Bauchdeckenstraffung ab. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, sein Körpergewicht habe vor acht Monaten noch 116 kg betragen. Er habe jedoch ständig hohen Blutdruck und Kopfschmerzen gehabt, weshalb sein Arzt ihm geraten habe, abzunehmen. Jetzt wiege er auch nur noch 65 kg. Nach der Abnahme habe sich jedoch ein Bauchlappen gebildet, der mit Sport nicht zu beseitigen sei, da er zu viel herunterhänge. Ein Facharzt habe ihm daraufhin gesagt, dass die Operation zur Bauchstraffung vorteilhaft sei. Er könne die Ablehnung der Beklagten nicht verstehen, da es viel besser sei, dass er abgenommen habe, anstatt in zehn Jahren mit Herzerkrankungen und Diabetes kämpfen zu müssen. Er könne sich nicht so verhalten, wie ein normaler Jugendlicher in seinem Alter. Wegen des Bauchlappens sei er auf dem Wege zur Magersucht, da er noch ständig weiter abnehme; wegen des Bauchlappens empfinde er sich noch als zu dick. Er könne auch nicht ins Schwimmbad gehen. Auch habe er keine Intimsphäre mit Mädchen, da er sich nicht getraue, sich vor Menschen mit freiem Oberkörper zu zeigen. Es sei auch nicht normal, dass er (der Kläger) nicht einmal beim Fußballtraining mit der Mannschaft duschen könne. Er habe Angst, dass es bald bei ihm zu einer richtigen Essstörung kommen werde. Er sei auf dem Weg dahin. Er sei erst 19 Jahre alt und habe eigentlich gedacht, dass sich nach der Gewichtsreduzierung alles gut entwickeln werde. Es sei für ihn jedoch wegen des Bauchlappens alles viel schlimmer geworden. Die Beklagte erhob die Auskunft des Dr. Dr. K. vom 05. November 2007. Der Arzt führte aus, der Kläger habe sicherlich eine gewisse Intertrigoproblematik im Bereich der Hautfalten. Nach der ganz erheblichen Gewichtsabnahme liege eine medizinische Indikation für die operative Bauchdeckenstraffung aus plastisch-chirurgischer Sicht vor. Wenn der riesige Hautüberschuss und die damit verbundene Faltenbildung nicht behoben werde, könne man damit rechnen, dass die Intertrigoproblematik im Laufe der Zeit wesentlich kostenintensiver für die zuständige Krankenkasse werde. Dazu äußerte sich Dr. E. vom MDK (Stellungnahme vom 15. November 2007) dahin, dass ein Anhalt für eine therapieresistente Dermatose mit Geruchsbelästigung trotz fachdermatologischer Therapie vorliege, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Auch die Cutis laxa sei nicht so ausgeprägt, dass daraus motorische Einschränkungen der Rumpfbeweglichkeit entstehen würden. Die heutige Prüfung lasse keine medizinischen, sondern lediglich kosmetische Indikationen finden. Daraufhin wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 05. Dezember 2007 zurückgewiesen. Eine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung liege nicht vor.
Deswegen erhob der Kläger am 03. Januar 2007 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er wiederholte seine Widerspruchsbegründung und trug ergänzend vor, jeden Tag koste ihn nun der Hautlappen seine ganze Kraft. Als Schüler könne er sich die erstrebte Operation nicht leisten. Das mache ihn fertig. Er warte jetzt schon seit einigen Monaten auf die Zusage der Krankenkasse. Sein Traum platze jedoch mit jeder weiteren Absage. Er habe einfach keine Kraft mehr und wolle seine Jugend auch erleben. Er habe sich im Hinblick auf die angestrebte Gewichtsreduktion acht Monate lang gequält und habe abgenommen. Die Krankenkasse müsse ihm nun bei dem letzten noch fehlenden Schritt helfen. Eine Zusage der Krankenkasse würde sein ganzes Leben verändern und er wäre dann die Person, die er sich aufgrund der Gewichtsabnahme gewünscht habe. Dass die Bauchdeckenstraffung notwendig und unverzichtbar sei, habe der gerichtliche Sachverständige Privatdozent (PD) Dr. R., Chefarzt der Klinik für Chirurgie des D.-Krankenhauses Mannheim, bestätigt, denn dadurch würden potentielle Hauterkrankungen sowie Haltungs- und Wirbelsäulenschädigungen vermieden bzw. ihnen vorgebeugt werden. Dies gelte auch für psychische Affektionen. Auch Dr. Dr. K. habe darauf hingewiesen, dass Alternativen zu der Operation nicht bestünden und dass er (der Kläger) aufgrund der erheblichen Gewichtsreduktion sein Risiko, an anderen so genannten Zivilisationskrankheiten künftig zu erkranken, massivst reduziert habe. Der Kläger wies auch darauf hin, dass er seit 24. Januar 2008 im Psychiatrischen Zentrum N. in W. behandelt werde, wozu er eine ärztliche Bescheinigung der Diplom Psychologin Y.-C. vom 24. Januar 2008 vorlegte.
Das SG erhob eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Dr. Dr. K. vom 01. Februar 2008. Der Arzt führte aus, nach der Gewichtsabnahme bestehe beim Kläger eine massive erschlaffte Haut mit Rissen im Hautbereich und erheblichen Hautüberschuss im Bereich des Unterbauchs im Sinne einer Fettschürze. Der Kläger habe sicherlich eine gewisse Intertrigoproblematik im Bereich der sich überlappenden Hautfalten, d.h. es könne dort zu bakteriellen und/oder Pilzinfektionen kommen. Funktionelle Einschränkungen ergäben sich durch den erhobenen Befund nicht. Da die Körperteile prinzipiell bedeckt werden könnten, sei die Frage nach einer Entstellung nicht gegeben. Jedoch passe der extreme Hautüberschuss nicht mehr in das Körperschema und in die Körpernormen eines idealgewichtigen 19jährigen Mannes. Aus plastisch-chirurgischer Sicht sei der operative Eingriff sinnvoll und auch medizinisch indiziert, da sich der bestehende Befund nicht mehr von alleine beheben werden lasse. Die Intertrigoproblematik in den Hautfalten könne im Laufe der Zeit wesentlich kostenintensiver für die Krankenkasse werden, als eine einmalige Operation. Durch die erhebliche Gewichtsreduktion habe der Kläger zudem sein Risiko an anderen so genannten Zivilisationskrankheiten zu erkranken, massiv reduziert. Alternativen zu einer Operation existierten nicht. Ferner erhob das SG das Sachverständigengutachten des PD Dr. R. vom 03. April 2008. Der Sachverständige führte aus, durch die ausgeprägte Hautschürze sei die Grundlage für chronische, reibungsbedingte Hauterkrankungen gegeben. Weiter seien Haltungsschäden sowie dadurch bedingte Wirbelsäulenproblematiken in Zukunft zu erwarten. Die ausgedehnte Hautlappenbildung im Unterbauch stelle bei dem 20jährigen Kläger eine Entstellung dar. Aus medizinischen Gründen sei die verordnete operative Bauchdeckenstraffung notwendig, nämlich zur Vermeidung bzw. Vorbeugung potentieller Hauterkrankungen, Haltungs- und Wirbelsäulenschädigungen sowie psychischer Affektionen. Alternativen zur operativen Korrektur gebe es nicht. Die zu erwartenden Folgekosten durch medizinische Schäden seien als bedeutend höher einzuschätzen, als die Kosten für die operative Korrektur der überschüssigen Haut.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Stellungnahmen des Dr. E. vom MDK vom 13. Februar und 23. April 2008 entgegen. Die begehrte Bauchdeckenstraffung sei nicht wegen einer Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) notwendig. Auch aus dem Gutachten des PD Dr. R. ergebe sich nicht, dass die Bauchfaltenbildung zu Ekzemen geführt habe. Darin werde lediglich ausgeführt, dass durch die Hautschürze die Grundlage für chronische, reibungsbedingte Hauterkrankungen gegeben sei. Eine Hauterkrankung sei jedoch nicht diagnostiziert worden. Auch die vom Sachverständigen geltend gemachten zu erwartenden Beschwerden (Wirbelsäulenproblematik) wegen Haltungsschäden führten nicht zu einer anderen Entscheidung. Ein Zusammenhang zwischen Bauchlast und Beschwerden der Wirbelsäule sei wissenschaftlich nicht belegt. Auf eine notwendige psychologische Behandlung lasse sich ein Anspruch des Klägers ebenfalls nicht stützen, da psychische Probleme durch psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung angegangen werden müssten. Von einer Entstellung könne nur dann ausgegangen werden, wenn es sich um eine erhebliche Entstellung handle, die geeignet sei, auf Mitmenschen abstoßend zu wirken. Bei einer Fettschürze im Bauchbereich sei dies vor allem deswegen zu verneinen, weil dieser Körperbereich in der Regel durch Kleidung bedeckt sei.
Mit Urteil vom 20. Juni 2008 hob das SG den Bescheid vom 09. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Dezember 2007 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten für eine operative Bauchdeckenstraffung zu übernehmen. Das SG führte aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gehe die Kammer davon aus, dass im Falle des Klägers Ausnahmetatbestände vorlägen, die in Abweichung von der Regel einer Kostenübernahme durch die Beklagte rechtfertigen würde. Diese Einschätzung basiere im Wesentlichen auf den Feststellungen des Sachverständigen PD Dr. R ... Dessen ambulante Untersuchung habe ergeben, dass nach einer Gewichtsabnahme von 55 kg in einem Zeitraum von sechs Monaten zusätzlich zu Hautrissen eine ausgeprägte Hautschürze im Unterbauch aufgetreten sei. Wegen einer narbigen Fixation einer älteren Blinddarmnarbe an der Bauchmuskulatur sei es weiter zu einer ausgeprägten Verziehung und Faltenbildung im Bereich der Hautschürze gekommen. Eine aktuelle funktionelle Einschränkung sei dadurch zwar noch nicht eingetreten, doch stelle die ausgeprägte Hautschürze die Grundlage für chronische, reibungsbedingte Hauterkrankungen dar. Deshalb sei die hohe Wahrscheinlichkeit von Hauterkrankungen in der Zukunft gegeben. Um solchen Erkrankungen vorzubeugen, sei es notwendig und zweckmäßig, eine operative Bauchdeckenstraffung jetzt durchzuführen. Es sei nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit funktioneller Einschränkungen zu erwarten, weshalb es unzweckmäßig wäre, sinnvolle Maßnahmen bis zum Eintritt des Zustands aufzuschieben. Dies wäre nicht nur mit einem höheren gesundheitlichen Risiko für den Kläger verbunden, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit mit möglicherweise höheren Behandlungskosten für die Beklagte. Der gerichtliche Sachverständige, gehe allerdings ohne nähere Begründung - von einer Entstellung durch die ausgedehnte Hautlappenbildung im Unterbuch aus. Bei einer Entstellung müsse es sich zwar grundsätzlich um eine sichtbare Entstellung handeln, die bei Menschen, die nur selten Umgang mit Behinderten hätten, üblicherweise Missempfindungen wie Erschrecken oder Abscheu oder eine anhaltende Abneigung auslösen könnten. Von solchen Reaktionen könne zwar beim Kläger zunächst noch nicht ausgegangen werden, da die maßgebliche Körperstelle üblicherweise bedeckt sei. Die Kammer könne jedoch bei der Beurteilung, ob eine Entstellung tatsächlich vorliege, das Lebensalter des Klägers nicht übersehen. Der Kläger, der sich noch in einem entscheidenden Entwicklungsalter befinde, sei durch die ausgeprägte Hautschürze in nicht unwesentlichen Lebensbereichen beeinträchtigt. Hierzu gehöre beispielsweise der Besuch eines Schwimmbads oder die Teilnahme am Sport. Außerdem dürften die Kontaktmöglichkeiten und die Entwicklung persönlicher Beziehungen mit dem anderen Geschlecht erheblich erschwert sein. Diese Einschränkungen und Belastungen könnten durch einen begrenzten operativen Eingriff beseitigt werden. Insoweit halte es die Kammer in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung nicht für zweckmäßig, den Kläger auf eine unter Umständen lang dauernde psychotherapeutische Behandlung zu verweisen. Die Leistungspflicht der Beklagten sei hier beim Alter des Klägers anders zu beurteilen als bei einem älteren Versicherten mit vergleichbaren Erscheinungen nach Gewichtsabnahme. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 26. Juni 2008 zugestellt.
Dagegen hat die Beklagte am 17. Juli 2008 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG habe bei der Urteilsfindung die Feststellungen aller Gutachten und medizinischer Stellungnahmen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Kostenübernahme scheitere hier daran, dass eine Erkrankung nicht vorliege. Eine Hauterkrankung sei nicht diagnostiziert worden. Auch die geltend gemachten zu erwartenden Beschwerden wegen Haltungsschäden führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Psychische Probleme müssten durch psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlungen angegangen werden. Es liege auch keine Entstellung vor. Die Annahme, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Hauterkrankung in Zukunft vorliegen werde, reiche nicht aus, die Kostenübernahme durch sie zu begründen. Auch die vom SG im Falle des Klägers angeführten Beeinträchtigungen beim Besuch eines Schwimmbads oder bei der Teilnahme am Sport sowie im Hinblick auf die Entwicklung persönlicher Beziehungen zum anderen Geschlecht führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Beklagte hat auch auf das von ihr vorgelegte Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2006 (L 5 KR 65/05) verwiesen, in dem das dortige Gericht in einem ähnlichen Fall die Berufung des Versicherten zurückgewiesen habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes ein Gutachten der Fachärztin für Dermatologie Dr. Sc.-D. zu erheben.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt weiter vor, er sei lediglich einmal in der Ambulanz für Essstörungen der Universitätsklinik Heidelberg vorstellig gewesen, wobei anschließend eine Behandlung nicht stattgefunden habe, da er nicht an einer Essstörung gelitten habe bzw. leide. Im Zusammenhang mit der Hautlappenbildung sei seit September 2007 keine hautärztliche Behandlung durchgeführt worden (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2008). Der Kläger hat die zu erwartenden Kosten der erstrebten Operation beziffert und dazu die "Kostenvereinbarung" des Prof. Dr. G., Chefarzt der Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie der B. U.-klinik L., vom 19. August 2008 vorgelegt. Darin wird für die chirurgischen Leistungen ein Betrag von EUR 3.570,00 genannt; die Krankenhauspflegekosten belaufen sich danach zusätzlich auf EUR 544,91 pro Tag, wobei eine stationäre Dauer von ungefähr vier Tagen zu veranschlagen sei. Nach Zugang der Terminsmitteilung vom 14. Mai 2009 am 18. Mai 2009 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Mai 2009 geltend gemacht, dass ständig Entzündungen im Bereich der überlappenden Hautfalten entstünden, die versorgt werden müssten. Dazu sei ein Sachverständigengutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Hautärztin Dr. Sc.-D. einzuholen. Dieses Antragsrecht sei nicht durch das Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 17. Februar 2009 ausgeschlossen. Dieses rechtfertige nicht die Zurückweisung als verspätet; darin sei nicht darauf hingewiesen worden, dass er einen Antrag nach § 109 SGG stelle könne; auch sei keine Frist zur Stellungnahme gesetzt worden. Es sei vielmehr lediglich, ebenfalls ohne Fristsetzung, angefragt worden, ob die Klage aufrechterhalten bleibe bzw. ob einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt werde.
Der Berichterstatter des Senats hat eine schriftliche Auskunft des Facharztes für Psychologie und Neurologie Ri. vom Psychiatrischen Zentrum N. in W. vom 29. August 2008 eingeholt. Er hat angegeben, eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und nach Befund- und Anamneseerhebung am 24. Januar und 02. Februar 2008 keine weiteren Behandlungen durchgeführt zu haben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, denn der Senat geht im Hinblick auf die vom Kläger eingereichte "Kostenvereinbarung" des Prof. Dr. G. davon aus, dass die Kosten der erstrebten stationär durchzuführenden operativen Bauchdeckenstraffung EUR 750,00 (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung) übersteigen. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Dezember 2007, mit dem die Beklagte die Zurverfügungstellung der operativen Bauchdeckenstraffung zur Entfernung einer infolge kurzzeitiger erheblicher Gewichtsreduzierung entstandenen Bauchfalte als Sachleistung abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hätte mithin der Klage nicht stattgeben dürfen, weshalb das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen war.
Der Kläger kann nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des SGB V Krankenbehandlung (einschließlich Krankenhausbehandlung, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) verlangen, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit in diesem Sinne ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Dabei kommt Krankheitswert im Rechtssinne nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/09 R - Rdnrn. 10, 11 m.w.N.).
Der Kläger ist im Hinblick auf die auf den von ihm vorgelegten Bildern (Bl. 2 bis 7 der Verwaltungsakte der Beklagten) dokumentierte Hautschürze, wie sie auch PD Dr. R. in seinem Sachverständigengutachten beschrieben hat, nicht in einer Körperfunktion beeinträchtigt. Insoweit hat Dr. E. in der Stellungnahme vom 15. November 2007 zutreffend dargelegt, dass die wiedergegebene Cutis laxa nicht so ausgeprägt sei, dass daraus motorische Einschränkungen der Rumpfbeweglichkeit entstehen würden. Solche Funktionseinschränkungen hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Im Übrigen ist er ersichtlich auch nicht bei der Ausübung von Sport beeinträchtigt.
Die Hautfalte bewirkt beim Kläger, unabhängig von seinem Alter, auch keine Entstellung. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt (BSG, a.a.O., Rdnrn. 13 und 14). Schon deshalb, weil sich die Hautfalte durch Kleidung im Alltag verdecken lässt, selbst auch beim Sport, scheidet eine Entstellung hier aus, worauf auch Dr. Dr. K. in seiner Auskunft vom 01. Februar 2008 hingewiesen hat. Darauf, dass sich der Kläger beispielsweise in der Badeanstalt mit freiem Oberkörper sehen lassen möchte und sich durch die Bauchfalte daran gehindert sieht, kommt es nicht an.
Der Kläger kann die Operation auch nicht zwecks Heilung bzw. Besserung oder zwecks Verhütung von Verschlimmerungen einer Hauterkrankung oder einer orthopädischer Erkrankung verlangen. Der Senat geht davon aus, dass im Bereich der Hautfalte, die ersichtlich spätestens seit September 2007 besteht, Hauterscheinungen oder -erkrankungen, die fachärztlicher Behandlung bedurft hätten oder noch bedürfen, nicht vorliegen. Insoweit hat der Kläger auch mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2008 mitgeteilt, dass hautärztliche Behandlungen insoweit in der Zeit nach der Gewichtsabnahme nicht stattgefunden haben. Solche hautärztlichen Behandlungen sind auch nicht in den weiteren Anwaltsschriftsätzen vom 26. Mai und 03. Juni 2009 geltend gemacht worden. Solche behandlungsbedürftigen Hauterkrankungen ergeben sich auch nicht aus den Stellungnahmen des Dr. Dr. K. vom 05. November 2007 gegenüber der Beklagten und vom 01. Februar 2008 gegenüber dem SG sowie auch nicht aus dem Sachverständigengutachten des PD Dr. R ... Insoweit spricht Dr. Dr. K. lediglich von einer "gewissen Intergrigorproblematik im Bereich der Hautfalten" bzw. von einer "gewissen Intertrigoproblematik im Bereich der sich überlappenden Hautfalten", d.h. davon, "dass es dort zu bakteriellen und/oder Pilzinfektionen kommen kann". Auch PD Dr. R. erwähnt lediglich "potenzielle Hauterkrankungen". Da der Senat somit Hauterkrankungen im Bereich der Bauchfalte, die fachärztlicher Behandlung bedurft hätten bzw. bei denen eine solche fachärztliche Behandlung bisher erfolglos durchgeführt worden ist, nicht festzustellen mag, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass hier eine Operation zur Heilung von Hauterkrankungen oder zur Verhütung von wahrscheinlich eintretenden Verschlimmerungen einer Hauterkrankung erforderlich sein könnte. Gleiches gilt auch, soweit PD Dr. R. allgemein davon spricht, dass beim Kläger infolge der Hautfalte Haltungsschäden und dadurch bedingte Wirbelsäulenproblematiken in Zukunft zu erwarten seien. Auch insoweit hat der Kläger Krankheitsbefunde und deswegen durchgeführte fachärztliche Behandlungen nicht geltend gemacht, so dass der erstrebte operative Eingriff als Ultima Ratio nicht in Betracht gezogen werden könnte. Im Übrigen hat die Beklagte auch zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Bauchlast und Beschwerden der Wirbelsäule nicht wissenschaftlich belegt ist.
Der Kläger beruft sich zwar weiter auf durch die Bauchfalte hervorgerufene psychische Affektionen, die nun nach dem Sachverständigengutachten des PD Dr. R. durch die geplante Operation ebenfalls vermieden bzw. ihnen vorgebeugt werden sollen. Insoweit entnimmt der Senat zwar auch der Auskunft des Arztes Ri. vom 29. August 2008, dass sich bei fachärztlichen Behandlungen am 24. Januar und 02. Februar 2008 beim Kläger die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode ergeben hat. Dazu hat der genannte Arzt auch die Einschätzung abgegeben, bei entsprechender Vulnerabilität bzw. depressiver Reaktionsbereitschaft sei beim Kläger die subjektiv empfundene körperliche Entstellung durch den nach der rasanten Gewichtsreduzierung entstandenen Bauchlappen nach ärztlicher Einschätzung als auslösender und aufrechterhaltender Belastungsfaktor für die depressive Symptomatik zu sehen, weshalb die geklagten Beschwerden und die Vorstellung in direktem Zusammenhang mit der körperlichen Veränderung stünden. Diese psychische Belastung des Klägers durch die Folgen der Gewichtsabnahme rechtfertigt jedoch die begehrte Operation nicht. Denn die Krankenkassen sind weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Bei einer depressiven Episode können zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich Behandlungen mit Mitteln der Psychiatrie beansprucht werden. Solche fachärztlichen Behandlungen sind nach dem 02. Februar 2008 nicht durchgeführt worden. Es erfolgte nur eine einmalige Vorstellung in der Ambulanz für Essstörungen der Universitätsklinik H ... Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen sollen, sind nicht als "Behandlung" im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen, ohne dass es darauf ankommt, dass der Kläger jetzt erst 21 Jahre alt ist. Dies beruht in der Sache vor allem auf den Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkung von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürfen. Denn damit wird nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen, sondern es soll nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörenden gesundheitlichen Defizits erreicht werden. Das gilt jedenfalls so lange, wie medizinische Kenntnisse zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit begründen (BSG, a.a.O., Rdnrn. 17 und 18). Solche Zweifel bestehen auch hier nicht.
Der Kläger kann den Leistungsanspruch auch nicht darauf stützen, dass er der Beklagten durch die eigenverantwortlich durchgeführte Gewichtsverminderung künftige Behandlungskosten wegen aus einem erheblichen Übergewicht entstehenden Folgeerkrankungen erspart haben könnte.
Die Erhebung eines (weiteren) Gutachtens von Amts wegen war nicht geboten. Soweit der Kläger (erst) mit Schriftsatz vom 26. Mai 2009, also nach Zugang der Terminsmitteilung vom 14. Mai 2009, beantragt hat, nach § 109 Abs. 1 SGG ein (hautärztliches) Gutachten bei Dr. Sc. D. zu erheben, war dieser Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einen entsprechenden Antrag auf Begutachtung ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Durch das Einholen des beantragten Gutachtens würde sich die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, denn der Senat hätte über die Berufung nicht am 26. Juni 2009 entscheiden können. Der Antrag ist nicht innerhalb angemessener Frist gestellt worden, was auf grober Nachlässigkeit beruht. Eine solche grobe Nachlässigkeit ist anzunehmen, wenn die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und nicht getan wird, was jedem einleuchten muss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kellerer/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 109 Rdnr. 11). Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, deren Verhalten sich der Kläger zurechnen lassen muss, mussten aufgrund des Hinweisschreibens des Gerichts vom 17. Februar 2009 erkennen, dass von Amts wegen nicht weiter ermittelt werden würde, vielmehr die Berufung der Beklagten als begründet angesehen werde. Dies ergibt sich aus der in dem Hinweisschreiben gleichzeitig enthaltenen Anfrage, ob die Klage zurückgenommen oder ob das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt werde. Eines ausdrücklichen Hinweises auf das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 SGG verbunden mit einer angemessenen Fristsetzung zur Antragstellung bedurfte es nicht. Da der Kläger den Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG nicht innerhalb einer angemessenen Frist, die mit einem Monat anzusetzen wäre, sondern erst nach mehr als drei Monaten (nach Zugang der Terminsmitteilung) gestellt hat, liegt grobe Nachlässigkeit vor. Angesichts des Hinweisschreibens vom 17. Februar 2009 durfte der Kläger, auch nachdem ihm die Zustimmung der Beklagten zu einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2009 zugegangen war, mit der Antragstellung nicht bis zum Zugang der Terminsmitteilung warten. Darauf, ob das Beweisthema angesichts des Fehlens hautärztlicher Befunde und Behandlungen überhaupt entscheidungserheblich war, kommt es nicht an.
Danach war das SG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine operative Bauchdeckenstraffung zu gewähren.
Der am 1988 geborene Kläger ist als Schüler über seinen Vater bei der Beklagten familienversichert. Er hatte Ende 2006 117 kg (bei 178 cm Körpergröße) gewogen. Seinen Vorbringen zufolge gelang es ihm danach, beginnend ab Januar 2007, aufgrund einer mit einem Freund abgeschlossenen Wette durch Einhaltung von Diät sowie durch viel Sport sein Körpergewicht innerhalb von acht Monaten um mehr als 50 kg zu vermindern. Am 27. September 2007 wog der Kläger noch 66 kg. Nach dem Schreiben (Auskunft gegenüber der Beklagten vom 05. November 2007) des Dr. Dr. K., Arzt für Chirurgie/Plastische und Ästhetische Chirurgie, bestand beim Kläger nach der Gewichtsabnahme am 27. September 2007 eine massive Cutis laxa mit Striae distensae und ein erheblicher Hautüberschuss im Bereich des Abdomens. Wegen der genannten Diagnose "Cutis laxa des Abdomens nach erheblicher Gewichtsabnahme" verordnete Dr. Dr. K. dem Kläger am 27. September 2007 Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer operativen Bauchdeckenstraffung. Beigefügt waren Fotos des Klägers, die ihn vor und nach der Gewichtsabnahme zeigen. Dazu holte die Beklagte die Stellungnahme des Dr. S. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in Mannheim vom 04. Oktober 2007 ein. Der Arzt führte darin aus, die vorliegenden Bilddokumentation zeige die schlaffe Bauchhaut. Dermatosen, Ekzeme oder andere dermatologische Erkrankungen im Faltenbildungsbereich lägen nicht vor und seien mittels dermatologischen Befundberichten nicht beschrieben. Es handle sich im konkreten Einzelfall nicht um eine Krankheit im Sinne des Gesetzes. Es liege eine kosmetische Indikation vor, die in die Eigenverantwortlichkeit eines jeden Versicherten gehöre. Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09. Oktober 2007 die Übernahme der Kosten für die angestrebte operative Bauchdeckenstraffung ab. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, sein Körpergewicht habe vor acht Monaten noch 116 kg betragen. Er habe jedoch ständig hohen Blutdruck und Kopfschmerzen gehabt, weshalb sein Arzt ihm geraten habe, abzunehmen. Jetzt wiege er auch nur noch 65 kg. Nach der Abnahme habe sich jedoch ein Bauchlappen gebildet, der mit Sport nicht zu beseitigen sei, da er zu viel herunterhänge. Ein Facharzt habe ihm daraufhin gesagt, dass die Operation zur Bauchstraffung vorteilhaft sei. Er könne die Ablehnung der Beklagten nicht verstehen, da es viel besser sei, dass er abgenommen habe, anstatt in zehn Jahren mit Herzerkrankungen und Diabetes kämpfen zu müssen. Er könne sich nicht so verhalten, wie ein normaler Jugendlicher in seinem Alter. Wegen des Bauchlappens sei er auf dem Wege zur Magersucht, da er noch ständig weiter abnehme; wegen des Bauchlappens empfinde er sich noch als zu dick. Er könne auch nicht ins Schwimmbad gehen. Auch habe er keine Intimsphäre mit Mädchen, da er sich nicht getraue, sich vor Menschen mit freiem Oberkörper zu zeigen. Es sei auch nicht normal, dass er (der Kläger) nicht einmal beim Fußballtraining mit der Mannschaft duschen könne. Er habe Angst, dass es bald bei ihm zu einer richtigen Essstörung kommen werde. Er sei auf dem Weg dahin. Er sei erst 19 Jahre alt und habe eigentlich gedacht, dass sich nach der Gewichtsreduzierung alles gut entwickeln werde. Es sei für ihn jedoch wegen des Bauchlappens alles viel schlimmer geworden. Die Beklagte erhob die Auskunft des Dr. Dr. K. vom 05. November 2007. Der Arzt führte aus, der Kläger habe sicherlich eine gewisse Intertrigoproblematik im Bereich der Hautfalten. Nach der ganz erheblichen Gewichtsabnahme liege eine medizinische Indikation für die operative Bauchdeckenstraffung aus plastisch-chirurgischer Sicht vor. Wenn der riesige Hautüberschuss und die damit verbundene Faltenbildung nicht behoben werde, könne man damit rechnen, dass die Intertrigoproblematik im Laufe der Zeit wesentlich kostenintensiver für die zuständige Krankenkasse werde. Dazu äußerte sich Dr. E. vom MDK (Stellungnahme vom 15. November 2007) dahin, dass ein Anhalt für eine therapieresistente Dermatose mit Geruchsbelästigung trotz fachdermatologischer Therapie vorliege, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Auch die Cutis laxa sei nicht so ausgeprägt, dass daraus motorische Einschränkungen der Rumpfbeweglichkeit entstehen würden. Die heutige Prüfung lasse keine medizinischen, sondern lediglich kosmetische Indikationen finden. Daraufhin wurde der Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 05. Dezember 2007 zurückgewiesen. Eine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung liege nicht vor.
Deswegen erhob der Kläger am 03. Januar 2007 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er wiederholte seine Widerspruchsbegründung und trug ergänzend vor, jeden Tag koste ihn nun der Hautlappen seine ganze Kraft. Als Schüler könne er sich die erstrebte Operation nicht leisten. Das mache ihn fertig. Er warte jetzt schon seit einigen Monaten auf die Zusage der Krankenkasse. Sein Traum platze jedoch mit jeder weiteren Absage. Er habe einfach keine Kraft mehr und wolle seine Jugend auch erleben. Er habe sich im Hinblick auf die angestrebte Gewichtsreduktion acht Monate lang gequält und habe abgenommen. Die Krankenkasse müsse ihm nun bei dem letzten noch fehlenden Schritt helfen. Eine Zusage der Krankenkasse würde sein ganzes Leben verändern und er wäre dann die Person, die er sich aufgrund der Gewichtsabnahme gewünscht habe. Dass die Bauchdeckenstraffung notwendig und unverzichtbar sei, habe der gerichtliche Sachverständige Privatdozent (PD) Dr. R., Chefarzt der Klinik für Chirurgie des D.-Krankenhauses Mannheim, bestätigt, denn dadurch würden potentielle Hauterkrankungen sowie Haltungs- und Wirbelsäulenschädigungen vermieden bzw. ihnen vorgebeugt werden. Dies gelte auch für psychische Affektionen. Auch Dr. Dr. K. habe darauf hingewiesen, dass Alternativen zu der Operation nicht bestünden und dass er (der Kläger) aufgrund der erheblichen Gewichtsreduktion sein Risiko, an anderen so genannten Zivilisationskrankheiten künftig zu erkranken, massivst reduziert habe. Der Kläger wies auch darauf hin, dass er seit 24. Januar 2008 im Psychiatrischen Zentrum N. in W. behandelt werde, wozu er eine ärztliche Bescheinigung der Diplom Psychologin Y.-C. vom 24. Januar 2008 vorlegte.
Das SG erhob eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge des Dr. Dr. K. vom 01. Februar 2008. Der Arzt führte aus, nach der Gewichtsabnahme bestehe beim Kläger eine massive erschlaffte Haut mit Rissen im Hautbereich und erheblichen Hautüberschuss im Bereich des Unterbauchs im Sinne einer Fettschürze. Der Kläger habe sicherlich eine gewisse Intertrigoproblematik im Bereich der sich überlappenden Hautfalten, d.h. es könne dort zu bakteriellen und/oder Pilzinfektionen kommen. Funktionelle Einschränkungen ergäben sich durch den erhobenen Befund nicht. Da die Körperteile prinzipiell bedeckt werden könnten, sei die Frage nach einer Entstellung nicht gegeben. Jedoch passe der extreme Hautüberschuss nicht mehr in das Körperschema und in die Körpernormen eines idealgewichtigen 19jährigen Mannes. Aus plastisch-chirurgischer Sicht sei der operative Eingriff sinnvoll und auch medizinisch indiziert, da sich der bestehende Befund nicht mehr von alleine beheben werden lasse. Die Intertrigoproblematik in den Hautfalten könne im Laufe der Zeit wesentlich kostenintensiver für die Krankenkasse werden, als eine einmalige Operation. Durch die erhebliche Gewichtsreduktion habe der Kläger zudem sein Risiko an anderen so genannten Zivilisationskrankheiten zu erkranken, massiv reduziert. Alternativen zu einer Operation existierten nicht. Ferner erhob das SG das Sachverständigengutachten des PD Dr. R. vom 03. April 2008. Der Sachverständige führte aus, durch die ausgeprägte Hautschürze sei die Grundlage für chronische, reibungsbedingte Hauterkrankungen gegeben. Weiter seien Haltungsschäden sowie dadurch bedingte Wirbelsäulenproblematiken in Zukunft zu erwarten. Die ausgedehnte Hautlappenbildung im Unterbauch stelle bei dem 20jährigen Kläger eine Entstellung dar. Aus medizinischen Gründen sei die verordnete operative Bauchdeckenstraffung notwendig, nämlich zur Vermeidung bzw. Vorbeugung potentieller Hauterkrankungen, Haltungs- und Wirbelsäulenschädigungen sowie psychischer Affektionen. Alternativen zur operativen Korrektur gebe es nicht. Die zu erwartenden Folgekosten durch medizinische Schäden seien als bedeutend höher einzuschätzen, als die Kosten für die operative Korrektur der überschüssigen Haut.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Stellungnahmen des Dr. E. vom MDK vom 13. Februar und 23. April 2008 entgegen. Die begehrte Bauchdeckenstraffung sei nicht wegen einer Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) notwendig. Auch aus dem Gutachten des PD Dr. R. ergebe sich nicht, dass die Bauchfaltenbildung zu Ekzemen geführt habe. Darin werde lediglich ausgeführt, dass durch die Hautschürze die Grundlage für chronische, reibungsbedingte Hauterkrankungen gegeben sei. Eine Hauterkrankung sei jedoch nicht diagnostiziert worden. Auch die vom Sachverständigen geltend gemachten zu erwartenden Beschwerden (Wirbelsäulenproblematik) wegen Haltungsschäden führten nicht zu einer anderen Entscheidung. Ein Zusammenhang zwischen Bauchlast und Beschwerden der Wirbelsäule sei wissenschaftlich nicht belegt. Auf eine notwendige psychologische Behandlung lasse sich ein Anspruch des Klägers ebenfalls nicht stützen, da psychische Probleme durch psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlung angegangen werden müssten. Von einer Entstellung könne nur dann ausgegangen werden, wenn es sich um eine erhebliche Entstellung handle, die geeignet sei, auf Mitmenschen abstoßend zu wirken. Bei einer Fettschürze im Bauchbereich sei dies vor allem deswegen zu verneinen, weil dieser Körperbereich in der Regel durch Kleidung bedeckt sei.
Mit Urteil vom 20. Juni 2008 hob das SG den Bescheid vom 09. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Dezember 2007 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten für eine operative Bauchdeckenstraffung zu übernehmen. Das SG führte aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gehe die Kammer davon aus, dass im Falle des Klägers Ausnahmetatbestände vorlägen, die in Abweichung von der Regel einer Kostenübernahme durch die Beklagte rechtfertigen würde. Diese Einschätzung basiere im Wesentlichen auf den Feststellungen des Sachverständigen PD Dr. R ... Dessen ambulante Untersuchung habe ergeben, dass nach einer Gewichtsabnahme von 55 kg in einem Zeitraum von sechs Monaten zusätzlich zu Hautrissen eine ausgeprägte Hautschürze im Unterbauch aufgetreten sei. Wegen einer narbigen Fixation einer älteren Blinddarmnarbe an der Bauchmuskulatur sei es weiter zu einer ausgeprägten Verziehung und Faltenbildung im Bereich der Hautschürze gekommen. Eine aktuelle funktionelle Einschränkung sei dadurch zwar noch nicht eingetreten, doch stelle die ausgeprägte Hautschürze die Grundlage für chronische, reibungsbedingte Hauterkrankungen dar. Deshalb sei die hohe Wahrscheinlichkeit von Hauterkrankungen in der Zukunft gegeben. Um solchen Erkrankungen vorzubeugen, sei es notwendig und zweckmäßig, eine operative Bauchdeckenstraffung jetzt durchzuführen. Es sei nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit funktioneller Einschränkungen zu erwarten, weshalb es unzweckmäßig wäre, sinnvolle Maßnahmen bis zum Eintritt des Zustands aufzuschieben. Dies wäre nicht nur mit einem höheren gesundheitlichen Risiko für den Kläger verbunden, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit mit möglicherweise höheren Behandlungskosten für die Beklagte. Der gerichtliche Sachverständige, gehe allerdings ohne nähere Begründung - von einer Entstellung durch die ausgedehnte Hautlappenbildung im Unterbuch aus. Bei einer Entstellung müsse es sich zwar grundsätzlich um eine sichtbare Entstellung handeln, die bei Menschen, die nur selten Umgang mit Behinderten hätten, üblicherweise Missempfindungen wie Erschrecken oder Abscheu oder eine anhaltende Abneigung auslösen könnten. Von solchen Reaktionen könne zwar beim Kläger zunächst noch nicht ausgegangen werden, da die maßgebliche Körperstelle üblicherweise bedeckt sei. Die Kammer könne jedoch bei der Beurteilung, ob eine Entstellung tatsächlich vorliege, das Lebensalter des Klägers nicht übersehen. Der Kläger, der sich noch in einem entscheidenden Entwicklungsalter befinde, sei durch die ausgeprägte Hautschürze in nicht unwesentlichen Lebensbereichen beeinträchtigt. Hierzu gehöre beispielsweise der Besuch eines Schwimmbads oder die Teilnahme am Sport. Außerdem dürften die Kontaktmöglichkeiten und die Entwicklung persönlicher Beziehungen mit dem anderen Geschlecht erheblich erschwert sein. Diese Einschränkungen und Belastungen könnten durch einen begrenzten operativen Eingriff beseitigt werden. Insoweit halte es die Kammer in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung nicht für zweckmäßig, den Kläger auf eine unter Umständen lang dauernde psychotherapeutische Behandlung zu verweisen. Die Leistungspflicht der Beklagten sei hier beim Alter des Klägers anders zu beurteilen als bei einem älteren Versicherten mit vergleichbaren Erscheinungen nach Gewichtsabnahme. Das Urteil wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 26. Juni 2008 zugestellt.
Dagegen hat die Beklagte am 17. Juli 2008 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Das SG habe bei der Urteilsfindung die Feststellungen aller Gutachten und medizinischer Stellungnahmen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Kostenübernahme scheitere hier daran, dass eine Erkrankung nicht vorliege. Eine Hauterkrankung sei nicht diagnostiziert worden. Auch die geltend gemachten zu erwartenden Beschwerden wegen Haltungsschäden führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Psychische Probleme müssten durch psychologische bzw. psychotherapeutische Behandlungen angegangen werden. Es liege auch keine Entstellung vor. Die Annahme, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Hauterkrankung in Zukunft vorliegen werde, reiche nicht aus, die Kostenübernahme durch sie zu begründen. Auch die vom SG im Falle des Klägers angeführten Beeinträchtigungen beim Besuch eines Schwimmbads oder bei der Teilnahme am Sport sowie im Hinblick auf die Entwicklung persönlicher Beziehungen zum anderen Geschlecht führten nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Beklagte hat auch auf das von ihr vorgelegte Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2006 (L 5 KR 65/05) verwiesen, in dem das dortige Gericht in einem ähnlichen Fall die Berufung des Versicherten zurückgewiesen habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes ein Gutachten der Fachärztin für Dermatologie Dr. Sc.-D. zu erheben.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt weiter vor, er sei lediglich einmal in der Ambulanz für Essstörungen der Universitätsklinik Heidelberg vorstellig gewesen, wobei anschließend eine Behandlung nicht stattgefunden habe, da er nicht an einer Essstörung gelitten habe bzw. leide. Im Zusammenhang mit der Hautlappenbildung sei seit September 2007 keine hautärztliche Behandlung durchgeführt worden (Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2008). Der Kläger hat die zu erwartenden Kosten der erstrebten Operation beziffert und dazu die "Kostenvereinbarung" des Prof. Dr. G., Chefarzt der Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie der B. U.-klinik L., vom 19. August 2008 vorgelegt. Darin wird für die chirurgischen Leistungen ein Betrag von EUR 3.570,00 genannt; die Krankenhauspflegekosten belaufen sich danach zusätzlich auf EUR 544,91 pro Tag, wobei eine stationäre Dauer von ungefähr vier Tagen zu veranschlagen sei. Nach Zugang der Terminsmitteilung vom 14. Mai 2009 am 18. Mai 2009 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Mai 2009 geltend gemacht, dass ständig Entzündungen im Bereich der überlappenden Hautfalten entstünden, die versorgt werden müssten. Dazu sei ein Sachverständigengutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Hautärztin Dr. Sc.-D. einzuholen. Dieses Antragsrecht sei nicht durch das Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 17. Februar 2009 ausgeschlossen. Dieses rechtfertige nicht die Zurückweisung als verspätet; darin sei nicht darauf hingewiesen worden, dass er einen Antrag nach § 109 SGG stelle könne; auch sei keine Frist zur Stellungnahme gesetzt worden. Es sei vielmehr lediglich, ebenfalls ohne Fristsetzung, angefragt worden, ob die Klage aufrechterhalten bleibe bzw. ob einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt werde.
Der Berichterstatter des Senats hat eine schriftliche Auskunft des Facharztes für Psychologie und Neurologie Ri. vom Psychiatrischen Zentrum N. in W. vom 29. August 2008 eingeholt. Er hat angegeben, eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und nach Befund- und Anamneseerhebung am 24. Januar und 02. Februar 2008 keine weiteren Behandlungen durchgeführt zu haben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft, denn der Senat geht im Hinblick auf die vom Kläger eingereichte "Kostenvereinbarung" des Prof. Dr. G. davon aus, dass die Kosten der erstrebten stationär durchzuführenden operativen Bauchdeckenstraffung EUR 750,00 (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit 01. April 2008 geltenden Fassung) übersteigen. Sie ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Dezember 2007, mit dem die Beklagte die Zurverfügungstellung der operativen Bauchdeckenstraffung zur Entfernung einer infolge kurzzeitiger erheblicher Gewichtsreduzierung entstandenen Bauchfalte als Sachleistung abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hätte mithin der Klage nicht stattgeben dürfen, weshalb das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen war.
Der Kläger kann nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des SGB V Krankenbehandlung (einschließlich Krankenhausbehandlung, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) verlangen, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit in diesem Sinne ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Dabei kommt Krankheitswert im Rechtssinne nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/09 R - Rdnrn. 10, 11 m.w.N.).
Der Kläger ist im Hinblick auf die auf den von ihm vorgelegten Bildern (Bl. 2 bis 7 der Verwaltungsakte der Beklagten) dokumentierte Hautschürze, wie sie auch PD Dr. R. in seinem Sachverständigengutachten beschrieben hat, nicht in einer Körperfunktion beeinträchtigt. Insoweit hat Dr. E. in der Stellungnahme vom 15. November 2007 zutreffend dargelegt, dass die wiedergegebene Cutis laxa nicht so ausgeprägt sei, dass daraus motorische Einschränkungen der Rumpfbeweglichkeit entstehen würden. Solche Funktionseinschränkungen hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Im Übrigen ist er ersichtlich auch nicht bei der Ausübung von Sport beeinträchtigt.
Die Hautfalte bewirkt beim Kläger, unabhängig von seinem Alter, auch keine Entstellung. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anormalität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt (BSG, a.a.O., Rdnrn. 13 und 14). Schon deshalb, weil sich die Hautfalte durch Kleidung im Alltag verdecken lässt, selbst auch beim Sport, scheidet eine Entstellung hier aus, worauf auch Dr. Dr. K. in seiner Auskunft vom 01. Februar 2008 hingewiesen hat. Darauf, dass sich der Kläger beispielsweise in der Badeanstalt mit freiem Oberkörper sehen lassen möchte und sich durch die Bauchfalte daran gehindert sieht, kommt es nicht an.
Der Kläger kann die Operation auch nicht zwecks Heilung bzw. Besserung oder zwecks Verhütung von Verschlimmerungen einer Hauterkrankung oder einer orthopädischer Erkrankung verlangen. Der Senat geht davon aus, dass im Bereich der Hautfalte, die ersichtlich spätestens seit September 2007 besteht, Hauterscheinungen oder -erkrankungen, die fachärztlicher Behandlung bedurft hätten oder noch bedürfen, nicht vorliegen. Insoweit hat der Kläger auch mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Oktober 2008 mitgeteilt, dass hautärztliche Behandlungen insoweit in der Zeit nach der Gewichtsabnahme nicht stattgefunden haben. Solche hautärztlichen Behandlungen sind auch nicht in den weiteren Anwaltsschriftsätzen vom 26. Mai und 03. Juni 2009 geltend gemacht worden. Solche behandlungsbedürftigen Hauterkrankungen ergeben sich auch nicht aus den Stellungnahmen des Dr. Dr. K. vom 05. November 2007 gegenüber der Beklagten und vom 01. Februar 2008 gegenüber dem SG sowie auch nicht aus dem Sachverständigengutachten des PD Dr. R ... Insoweit spricht Dr. Dr. K. lediglich von einer "gewissen Intergrigorproblematik im Bereich der Hautfalten" bzw. von einer "gewissen Intertrigoproblematik im Bereich der sich überlappenden Hautfalten", d.h. davon, "dass es dort zu bakteriellen und/oder Pilzinfektionen kommen kann". Auch PD Dr. R. erwähnt lediglich "potenzielle Hauterkrankungen". Da der Senat somit Hauterkrankungen im Bereich der Bauchfalte, die fachärztlicher Behandlung bedurft hätten bzw. bei denen eine solche fachärztliche Behandlung bisher erfolglos durchgeführt worden ist, nicht festzustellen mag, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass hier eine Operation zur Heilung von Hauterkrankungen oder zur Verhütung von wahrscheinlich eintretenden Verschlimmerungen einer Hauterkrankung erforderlich sein könnte. Gleiches gilt auch, soweit PD Dr. R. allgemein davon spricht, dass beim Kläger infolge der Hautfalte Haltungsschäden und dadurch bedingte Wirbelsäulenproblematiken in Zukunft zu erwarten seien. Auch insoweit hat der Kläger Krankheitsbefunde und deswegen durchgeführte fachärztliche Behandlungen nicht geltend gemacht, so dass der erstrebte operative Eingriff als Ultima Ratio nicht in Betracht gezogen werden könnte. Im Übrigen hat die Beklagte auch zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Bauchlast und Beschwerden der Wirbelsäule nicht wissenschaftlich belegt ist.
Der Kläger beruft sich zwar weiter auf durch die Bauchfalte hervorgerufene psychische Affektionen, die nun nach dem Sachverständigengutachten des PD Dr. R. durch die geplante Operation ebenfalls vermieden bzw. ihnen vorgebeugt werden sollen. Insoweit entnimmt der Senat zwar auch der Auskunft des Arztes Ri. vom 29. August 2008, dass sich bei fachärztlichen Behandlungen am 24. Januar und 02. Februar 2008 beim Kläger die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode ergeben hat. Dazu hat der genannte Arzt auch die Einschätzung abgegeben, bei entsprechender Vulnerabilität bzw. depressiver Reaktionsbereitschaft sei beim Kläger die subjektiv empfundene körperliche Entstellung durch den nach der rasanten Gewichtsreduzierung entstandenen Bauchlappen nach ärztlicher Einschätzung als auslösender und aufrechterhaltender Belastungsfaktor für die depressive Symptomatik zu sehen, weshalb die geklagten Beschwerden und die Vorstellung in direktem Zusammenhang mit der körperlichen Veränderung stünden. Diese psychische Belastung des Klägers durch die Folgen der Gewichtsabnahme rechtfertigt jedoch die begehrte Operation nicht. Denn die Krankenkassen sind weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Bei einer depressiven Episode können zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich Behandlungen mit Mitteln der Psychiatrie beansprucht werden. Solche fachärztlichen Behandlungen sind nach dem 02. Februar 2008 nicht durchgeführt worden. Es erfolgte nur eine einmalige Vorstellung in der Ambulanz für Essstörungen der Universitätsklinik H ... Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen sollen, sind nicht als "Behandlung" im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen, ohne dass es darauf ankommt, dass der Kläger jetzt erst 21 Jahre alt ist. Dies beruht in der Sache vor allem auf den Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkung von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürfen. Denn damit wird nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen, sondern es soll nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörenden gesundheitlichen Defizits erreicht werden. Das gilt jedenfalls so lange, wie medizinische Kenntnisse zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit begründen (BSG, a.a.O., Rdnrn. 17 und 18). Solche Zweifel bestehen auch hier nicht.
Der Kläger kann den Leistungsanspruch auch nicht darauf stützen, dass er der Beklagten durch die eigenverantwortlich durchgeführte Gewichtsverminderung künftige Behandlungskosten wegen aus einem erheblichen Übergewicht entstehenden Folgeerkrankungen erspart haben könnte.
Die Erhebung eines (weiteren) Gutachtens von Amts wegen war nicht geboten. Soweit der Kläger (erst) mit Schriftsatz vom 26. Mai 2009, also nach Zugang der Terminsmitteilung vom 14. Mai 2009, beantragt hat, nach § 109 Abs. 1 SGG ein (hautärztliches) Gutachten bei Dr. Sc. D. zu erheben, war dieser Antrag nach § 109 Abs. 2 SGG zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einen entsprechenden Antrag auf Begutachtung ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Durch das Einholen des beantragten Gutachtens würde sich die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, denn der Senat hätte über die Berufung nicht am 26. Juni 2009 entscheiden können. Der Antrag ist nicht innerhalb angemessener Frist gestellt worden, was auf grober Nachlässigkeit beruht. Eine solche grobe Nachlässigkeit ist anzunehmen, wenn die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und nicht getan wird, was jedem einleuchten muss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kellerer/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 109 Rdnr. 11). Die Prozessbevollmächtigten des Klägers, deren Verhalten sich der Kläger zurechnen lassen muss, mussten aufgrund des Hinweisschreibens des Gerichts vom 17. Februar 2009 erkennen, dass von Amts wegen nicht weiter ermittelt werden würde, vielmehr die Berufung der Beklagten als begründet angesehen werde. Dies ergibt sich aus der in dem Hinweisschreiben gleichzeitig enthaltenen Anfrage, ob die Klage zurückgenommen oder ob das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt werde. Eines ausdrücklichen Hinweises auf das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 SGG verbunden mit einer angemessenen Fristsetzung zur Antragstellung bedurfte es nicht. Da der Kläger den Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG nicht innerhalb einer angemessenen Frist, die mit einem Monat anzusetzen wäre, sondern erst nach mehr als drei Monaten (nach Zugang der Terminsmitteilung) gestellt hat, liegt grobe Nachlässigkeit vor. Angesichts des Hinweisschreibens vom 17. Februar 2009 durfte der Kläger, auch nachdem ihm die Zustimmung der Beklagten zu einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2009 zugegangen war, mit der Antragstellung nicht bis zum Zugang der Terminsmitteilung warten. Darauf, ob das Beweisthema angesichts des Fehlens hautärztlicher Befunde und Behandlungen überhaupt entscheidungserheblich war, kommt es nicht an.
Danach war das SG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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