Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KA 432/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 33/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Orientierungssätze
- zu Verträgen über die hausarztzentrierte Versorgung gem. § 73 b Abs. 4 Satz 1 SGB V
- zur Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (§ 73 B Abs. 7 Satz 2 SGB V)
- zu Verträgen über die hausarztzentrierte Versorgung gem. § 73 b Abs. 4 Satz 1 SGB V
- zur Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (§ 73 B Abs. 7 Satz 2 SGB V)
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 29. Mai 2009 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an die Antragstellerin unverzüglich von dem einbehaltenen Teil der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung für den Monat April 2009 (in Höhe von 40 Millionen Euro) einen Betrag von 25 Millionen Euro (in Worten: fünfundzwanzig Millionen) zu bezahlen.
Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin zu 4/5 und die Antragstellerin zu 1/5. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die durch Beschluss des Sozialgerichts München vom 29. Mai 2009 ausgesprochene einstweilige Anordnung gegenüber der AOK Bayern (Antragsgegnerin), den einbehaltenen Teil der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung auf den Monat April 2009 von 40 Millionen Euro sofort und in voller Höhe an die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (Antragstellerin) auszubezahlen.
Die Antragsgegnerin hat als gesetzliche Krankenkasse an die Antragstellerin für das Jahr 2009 mit befreiender Wirkung eine sog. morbiditätsbedingte Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung zu leisten, deren Höhe in einem Gesamtvertrag zu vereinbaren ist (§§ 87 a Abs. 3, 87 c Abs. 4 SGB V). Die "Vereinbarung zwischen der AOK Bayern u.a. und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns über die Vergütung und Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahre 2009 gemäß § 82 Abs.2 Satz 1, 87, 87 a, 87 b, 87 c SGB V" (i.f. "Honorargesamtvertrag 2009" - HGV09) war, da der Gesamtvertrag nicht einvernehmlich abgeschlossen werden konnte, im Dezember 2008 durch das Landesschiedsamt gem. § 89 SGB V bestimmt worden. Der gegen diese Festsetzung durch die Antragstellerin erhobenen Klage kommt aufschiebende Wirkung nicht zu.
Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung ist nach den vertraglichen Bestimmungen quartalsbezogen abzurechnen (Abschnitt 1 Teil E Ziff. 2 HGV09). Abschnitt 1 Teil E Ziff. 1 HGV09 verpflichtet darüber hinaus die Antragsgegnerin, an jedem fünften Bankwerktag des Monats für den Vormonat Abschlagszahlungen in Höhe von 30 % der auf das Quartal entfallenden vorläufigen morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen zu bezahlen. Im Übrigen - Restzahlung 10 % - erfolgt am Quartalsende eine Endabrechtung der vorläufigen Quartalsgesamtvergütung unter Beachtung berücksichtigungsfähiger zwischenzeitlicher Veränderungen, wie z.B. der Versichertenzahlen (Abschnitt 1 Teil E Ziffer 2 HGV09).
In Abschnitt 1 Teil A Ziff. 8 HGV09 ist bestimmt, dass eine im Hinblick auf Selektivverträge erforderliche Bereinigung der MGV gemäß den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses zu erfolgen hat.
Die auf die Monate April, Mai und Juni 2009 zu leistenden Abschlagszahlungen belaufen sich danach unstreitig auf EUR 158.615.400,00 EUR (vorläufiger Rechnungsbrief vom 20.03.2009). Die Antragsgegnerin leistete zum Fälligkeitstermin 08. Mai 2005 lediglich eine Abschlagszahlung für April 2009 in Höhe von EUR 118.615.400,00, mithin einen um 40.000.000,00 EUR verminderten Betrag.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 (eingegangen am gleichen Tage) beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der unverzüglichen Auszahlung des einbehaltenen Betrages. Zur Begründung trug sie vor, dass der Einbehalt nicht begründet worden sei. Es stehe aber zu vermuten, dass die Antragsgegnerin den Einbehalt im Vorgriff auf die gem. § 73 b Abs. 7 SGB V durchzuführende Bereinigung des Selektivvertrags mit dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. (BHÄV) bzw. der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) einseitig vorgenommen habe. Die Antragsgegnerin sei jedoch zu einer einseitigen Kürzung der gesamtvertraglich bestimmten Abschlagszahlung unter keinem Aspekt berechtigt. Die Bindung der Antragsgegnerin an die Vergütungsvereinbarung folge aus § 82 Abs.2 SGB V. Kürzungen von Abschlagszahlungen gleich aus welchem Grunde dürften nicht erfolgen. Sollte sich die Antragsgegnerin zur Rechtfertigung auf eine vorweg genommene Bereinigung der Gesamtvergütung bzw. eigene aufrechenbare Ansprüche auf Bereinigung der Gesamtvergütung berufen, sei vorzutragen, dass fällige Ansprüche der Antragsgegnerin auf Bereinigung nicht bestünden. Nach § 73 b SGB V und den dazu ergangenen Richtlinien des Bewertungsausschusses könne die Bereinigung des Gesamtvertrags über die Gesamtvergütung nur durch einen anderen Gesamtvertrag erfolgen, der eine entsprechende Vereinbarung und im Falle ihres Nichtzustandekommens eine Schiedsamtsentscheidung voraussetze. Antragstellerin und Antragsgegnerin befänden sich derzeit in intensiven Gesprächen über die Höhe und die Berechnungsmethode der einzelnen Bereinigungskomponenten. Die erforderlichen Vereinbarungen seien noch nicht getroffen. Im Übrigen fehlten auch noch Vorgaben des Bewertungsausschusses für eine Bereinigung der Regelleistungsvolumen im Verhältnis der Antragstellerin zu ihren Mitgliedern. Die Antragsgegnerin habe trotz eindeutiger Vorgaben im Beschluss des Bewertungsausschusses bislang noch keine Notwendigkeit gesehen, gemäß § 89 SGB V das Schiedsamt anzurufen.
Im Übrigen fehlten die materiellen Bereinigungsvoraussetzungen. Mit Schreiben vom
10. März 2009, eingegangen am 12. März 2009, habe die Antragsgegnerin ihre Bereinigungsforderung für das Quartal 2/09 geltend gemacht. Die Antragstellerin habe der Bereinigungsforderung mit Schreiben vom 25. März 2009 widersprochen. Sofern die Antragsgegnerin ihre Bereinigungsforderungen auf die Verträge zur hausarztbasierten integrierten Versorgung gem. § 140 a SGB V, ebenfalls abgeschlossen mit der HÄVG für das Quartal I/09, stütze, könne dies schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil insoweit keine rechtsgültigen Verträge vorlägen. Hier gelte auch nichts fort. Auch der zu Beginn des Quartals 2/09 von der Antragsgegnerin abgeschlossene Vertrag über die hausarztzentrierte Versorgung gem. § 73 b Abs. 4 S. 1 SGB V sei nichtig, u.a. deshalb, weil dieser nicht mit der in der Norm genannten qualifizierten Gemeinschaft abgeschlossen worden sei. Vertragspartner sei die HÄVG, die nicht Vertragspartner sein könne. Der BHÄV sei nicht Vertragspartner. Daneben enthalte der Vertrag auch inhaltliche Mängel, die zur Nichtigkeit führten. Im Übrigen seien die den Vertragsärzten zugewiesenen Regelleistungsvolumina (RLV) aus Vertrauensschutzgründen nicht rückwirkend herabsetzbar. Die Bereinigung der Gesamtvergütung ggü. der Antragstellerin müsse jedoch gleichzeitig mit der Bereinigung der RLV ggü. den Ärzten erfolgen. Es bestünde die Gefahr von Mehrfacheinschreibungen, der wirksam begegnet werden könne, wenn die Antragstellerin die Abrechnung durchführe.
Angesichts des klaren Anordnungsanspruchs sei auch vom Bestehen eines Anordnungsgrunds auszugehen. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich überdies auch daraus, dass durch die Kürzung der Antragstellerin wesentliche Gesamtvergütungsanteile vorenthalten werden. Die Antragstellerin sei aber gemäß ihren Abrechnungsbestimmungen verpflichtet, die Gesamtvergütung in voller Höhe auszubezahlen. Der Sicherstellungsauftrag der vertragsärztlichen Versorgung werde gefährdet, insbesondere auch deshalb, weil allen Mitgliedern die Aufrechterhaltung des Praxisbetriebes bei dringend erforderlicher finanzieller Planungssicherheit ermöglicht werden müsse. Eine Vorfinanzierung der an die Vertragsärzte zu entrichtenden Gesamtvergütungsanteile durch die Antragstellerin stelle einen Verstoß gegen die allgemein geltenden Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dar, weshalb die Antragstellerin nicht einmal kurzfristig auf diesen Weg verwiesen werden könne. Das eigenmächtige Vorgehen der Antragsgegnerin könne dazu führen, dass das ganze vertragsärztliche Vergütungssystem aus dem Gleichgewicht gerate. Vertragsärzte könnten auf den Gedanken kommen, Patienten von Krankenkassen, die mit der Abschlagszahlung säumig seien, unabhängig von einer rechtlichen Zulässigkeit einstweilen nicht oder nur gegen Vorkasse zu behandeln. Mache das Beispiel der Antragsgegnerin Schule, könnten auch andere Krankenkassen auf den Gedanken kommen, Abschlagszahlungen zu kürzen, weil sie sich eines vermeintlichen Anspruchs rühmten. Dem Antrag beigefügt ist der Schriftverkehr der Beteiligten zu den vor Quartalsbeginn übermittelten Datengrundlagen für die Durchführung der Bereinigung.
Die Antragsgegnerin hat vor dem Sozialgericht darauf hingewiesen, dass das Vertragsarztrecht zwei hausärztliche Versorgungsformen vorsehe, nämlich zum einen die Regelversorgung durch Kollektivverträge mit der Antragstellerin und zum anderen die Versorgung im Rahmen von Selektivverträgen. Nach § 73 b Abs.4 Satz 1 SGB V sei die Antragsgegnerin gesetzlich verpflichtet worden, mit bestimmten qualifizierten Gemeinschaften - in Bayern der beigeladene BHÄV bzw. der vermittelnde Kooperationspartner HÄVG - Verträge über die sog. hausarztzentrierte Versorgung (i.f. HZV) abzuschließen. Die Antragsgegnerin habe daneben noch Integrationsversorgungsverträge mit anderen Leistungserbringern geschlossen. In beiden Versorgungsformen seien monatliche Abschlagszahlungen vereinbart. Gegenüber dem BHÄV folge die Pflicht zur Abschlagszahlung aus Anlage 10 des Vertrages zur Durchführung einer hausärztlichen Versorgung gemäß 73 b SGB V.
Zur Vermeidung einer Doppelvergütung habe die Antragsgegnerin von den Abschlagszahlungen, die die Antragstellerin für das 2. Quartal 2009 in Rechnung gestellt habe, den streitgegenständlichen Betrag einbehalten, weil sich die Antragstellerin zu den Bereinigungsvorschlägen nicht geäußert habe. Die Bereinigungsverhandlungen am 2. März, 6. April und 4. Mai 2009 seien ohne greifbares Ergebnis geblieben. Das von der Antragstellerin geforderte Schiedsamtsverfahren könne nicht durchgesetzt werden, weil die Amtsperiode des Landesschiedsamts zum 31. 12. 2008 ausgelaufen sei und dieses noch nicht neu besetzt werden konnte.
Man habe die Datengrundlagen mit Schreiben vom 10. März 2009, persönlich übergeben am 12. März 2009, fristgerecht zur Verfügung gestellt. Die von der Antragstellerin postulierten Voraussetzungen für eine Durchführung der Bereinigungen seien bei der gegebenen Ausgangslage keineswegs zwingend. Die Pflicht zur Bereinigung drücke das gesetzgeberische Ziel aus, dass Doppelvergütungen sowohl seitens der AOK gegenüber den verschiedenen Vertragspartnern als auch im Verhältnis dieser gegenüber den Vertragsärzten vermieden werden müssten. Dieses Ziel der Vermeidung einer Doppelbelastung für die Antragsgegnerin habe absoluten Vorrang, weil sonst die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung gefährdet sei. Die formalen Anforderungen in den gesetzlichen Regelungen sollten daher ein geordnetes Verfahren, aber kein Recht auf systemgefährdende Doppelvergütung ermöglichen, wie diese durch das nicht nachvollziehbare Veto der Antragstellerin bei der Bereinigung der HZV ausgelöst werde. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des Verzögerns einer einvernehmlichen Regelung bzw. der Besetzung des Schiedsamts.
Mit den Einwänden gegen die Gültigkeit der Selektivverträge, die in die Bereinigungsberechnung einflössen, könne die Antragsgegnerin nicht gehört werden. Auch der nach § 140 a Abs.1 SGB V bis zum Ende des 1. Quartals 2009 gültige Vertrag sei ebenfalls gültig. Die Rechtsprechung habe längst bestätigt, dass eine integrierte Versorgung auch lediglich im ambulanten Bereich erfolgen könne. Die Ausführungen zur Nichtigkeit des Hausarztvertrages seien nicht nachvollziehbar. Der Vertrag habe drei Vertragspartner: Die HÄVG, den BHÄV und die Antragsgegnerin. Der BHÄV habe den Vertrag ebenfalls unterzeichnet und werde als "Kooperationspartner" bezeichnet. Wie die beiden anderen Vertragspartner übernehme der BHÄV in dem Vertrag Pflichten (vgl. dort § 2 Abs.6). Die BHÄV stelle eine qualifizierte Gemeinschaft dar und ist Vertragspartner im Sinne von
§ 73b Abs. 4 S. 1 SGB V. Die Norm fordere nicht, dass der Vertrag ausschließlich mit der Gemeinschaft zu schließen sei, so dass eine Einbeziehung weiterer Vertragspartnern zulässig sei. Wegen der Veränderung des Sicherstellungsauftrags der Antragstellerin benötige diese den Bereinigungsbetrag nicht, weshalb die Gesamtvergütung zu mindern sei. Damit müssten auch die Abschlagszahlung angepasst werden. Auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben folge, dass die Antragstellerin nicht etwas fordern dürfe, was sie endgültig zu behalten nicht berechtigt sei. Ausweislich des beiliegenden Rechnungsbriefes der HZÄV v. 27.04.2009 habe man für den streitigen Monat ca. 35,5 Millionen Euro bezahlen müssen und bezahlt. Wie im Schreiben vom 10. März 2003 dargestellt, seien daneben integrierte Versorgungsverträge mit regional tätigen Ärzten geschlossen (z.B. Arztnetz QuE N.: Abschlagszahlungen 143.000,00 EUR, G. GmbH 238.000,00 EUR; Arztnetz A-Stadt-Nord: 69.800,00 EUR; Gesamtsumme sonst. Monatsabschlagsverpflichtungen 738.000 EUR; vgl. Anlage 8 des Schriftsatzes der Antragsgegnerin v. 18.05.2009).
Der einbehaltene monatliche Bereinigungsmindestbedarf für den HZV-Vertrag ergebe sich aus der durchschnittlichen Vergütung, die die Antragstellerin im Jahre 2008 für die hausärztliche Versorgung bezahlt habe. Diesen habe ein Expertenforum des Bayer. Staatministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen mit 60 EUR im Quartal benannt, was 20,00 EUR je Quartalsmonat entspreche. Multipliziere man diesen Betrag mit den ca. 2 Millionen in die hausarztzentrierte Versorgung eingeschriebenen Versicherten, ergebe sich der Einbehalt von 40 Mio. Euro.
Auch ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Angesichts der durch eine Doppelvergütung ausgelösten Gefährdung der finanziellen Stabilität der GKV und dem Umstand, dass die Antragstellerin Vergütungsmasse beanspruche, die sie wegen Wegfall des Versorgungsauftrags nicht mehr benötige, ergebe sich kein Sicherungsbedürfnis auf Seiten der Antragstellerin, sondern vielmehr ein solches auf Seiten der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin könne nämlich auf Dauer die finanziellen Mehrbelastungen nicht leisten.
Eine dem Antragserwiderungsschriftsatz vom 18.05.2009 beigefügten Statistik (Anlage 10) stellt die Entwicklung der Versicherteneinschreibungen in Hausarztverträge hervor. Der "Spalte BHÄV (§ 140 a SGB V)" ist folgende Entwicklung zu entnehmen: Stichtag
20. Dezember 2008 = 1.775.273 Versicherte; Stichtag 24. Februar 2009 = 1.875.202 Versicherte, Stichtag 22. März 2009 = 2.071.620 Versicherte. Die regionalen IV-Netze weisen danach insgesamt 70.000 Versicherte auf.
Die Beigeladene hat vorgetragen, dass die behauptete Rechtswidrigkeit des Einbehalts jeder Grundlage entbehre. Mit ihr wolle die Antragstellerin lediglich ihre Monopolstellung behalten. Dürfte sie Verwaltungskosten für die Durchführung der Abrechnung des HZV-Vertrags vereinnahmen, würden ihre Bedenken sofort entfallen, weil sie dadurch Macht und Monopol behielte. Die Anzahl der an der HZV teilnehmenden Hausärzte belege jedoch eindeutig, dass die Hausärzte einer Vertretung durch die Antragstellerin nicht mehr vertrauten. Der HZV-Vertrag sei ein dreiseitiger Vertrag. Unabhängig von der Bezeichnung als "Kooperationspartner" sei der Beigeladene Vertragspartner geworden, da er im Rubrum genannt sei, den Vertrag unterzeichnet habe und sich zur Erfüllung der von ihm vertraglich übernommenen Pflichten verpflichtet habe. Die beantragte Auszahlung der Abschlagszahlungen aus der Gesamtvergütung stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Der gesetzliche Auftrag der Antragstellerin sei nicht gefährdet, da der Einbehalt nur den Betrag betreffe, den sie für die Sicherstellung nicht benötige. Auch das Vertrauensschutzargument der Antragstellerin sei nicht einschlägig. Die Kürzungsmöglichkeit habe die Antragstellerin den niedergelassenen Hausärzten bei der Zuweisung der Regelleistungsvolumen für das 2. Quartal 2009 angekündigt und die Höhe der Zuweisung des RLV ausdrücklich unter den Vorbehalt der Neuberechnung wegen Bereinigung der Gesamtvergütung im Hinblick auf den Abschluss von Selektivverträgen gestellt.
Vor seiner Entscheidung hat das Sozialgericht einen Erörterungstermin durchgeführt. Als Ergebnis der Erörterung der Sach- und Rechtslage haben die Verfahrensbeteiligten dort einen Vergleich abgeschlossen, der über ein bis zum 15.06.2009 noch zu besetzendes Landesschiedsamt eine Vereinbarung zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs und zur Bereinigung der Regelleistungsvolumina vorsieht. Die Antragstellerin gestattete bis dahin eine Reduktion der monatlichen Abschlagszahlungen um 20 Mio. EUR. Die Antragstellerin verpflichtete sich, diese Kürzungen der Abschlagszahlungen an die betreffenden Vertragsärzte weiter zu geben. Der Antragstellerin war ein Widerrufsrecht eingeräumt, das diese fristgerecht ausübte.
Mit Beschluss vom 29. Mai 2009 hat das Sozialgericht München die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an die Antragstellerin unverzüglich den von dem Abschlag auf die Gesamtvergütung für den Monat April 2009 einbehaltenen Betrag von insgesamt 40 Millionen Euro nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass bei summarischer Prüfung Abschnitt 1 Teil E Ziff.1 HGV09 der Antragstellerin einen Anspruch auf Auszahlung des Einbehalts von 40 Millionen Euro vermittle. Die Vorschrift enthalte überdies in ihrem Satz 2 eine Verpflichtung für die Vertragsparteien, sich hinsichtlich Anpassungen aufgrund von Änderungen der Vergütungssystematik oder -regelungen auf ein Berechnungsschema zu verständigen. Die Vereinbarung ist als Bestandteil der Gesamtvergütung für die Vertragsparteien bindend. Die Antragsgegnerin könne gegen den Zahlungsanspruch nicht einwenden, dass demgegenüber die Vermeidung von Doppelvergütungen vorrangig erscheine. Zwar stehe im Ergebnis fest, dass die von den Hausärzten erbrachten Leistungen nur entweder auf der Grundlage eines rechtsgültigen Selektivvertrages nach § 73 b SGB V von der Antragsgegnerin oder aber im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung als Kollektivvertrag dann zu Lasten der Gesamtvergütung durch die Antragsgegnerin erstattet werden könnten. Bei Abschluss eines Selektivvertrages nach § 73 b SGB V sei der Behandlungsbedarf nach § 87 a Abs.3 Satz 2 SGB V gemäß § 73 b Abs.7 Satz 2 SGB zwingend zu bereinigen, wobei letztgenannte Norm zwingend zu beachtende Vorgaben enthalte. Die entsprechenden Verfahrensrichtlinien zur Bereinigung der MGV für Selektivverträge seien nach Abschnitt 1 Teil A Ziff.9 HGV09 anzuwenden. Auch in den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses sei ein detailliertes Verfahren zur Durchführung der Bereinigung vorgeschrieben. Ausdrücklich sei auch hier die Einschaltung des Landesschiedsamts vorgesehen, sofern sich die Vertragspartner über die Plausibilität und Richtigkeit der Daten nicht einigen könnten. Die Bereinigung setze die Durchführung des vorgesehenen Verfahrens voraus. Auch der Einwand der Antragsgegnerin, Doppelfinanzierungen vermeiden zu wollen, ändere nichts. Denn um Doppelfinanzierungen zu vermeiden, verpflichte § 73 b Abs.7 SGB V die Vertragsparteien der Gesamtverträge zu einer entsprechenden Bereinigung um den Betrag, den die Erfüllung des kollektivvertraglichen hausärztlichen Versorgungsauftrages, bezogen auf die selektivvertraglich versorgten Versicherten gekostet hätte. Eine nur pauschale Bereinigung, etwa nur auf der Basis der Zahl der Versicherten oder der beteiligten Ärzte sei ausgeschlossen. Da diese Regelung technisch hoch kompliziert und sehr konfliktbeladen sei, habe der Gesetzgeber ausdrücklich das Schiedsamt als eine Ebene der Konfliktlösung vorgesehen. Sofern dieses noch nicht bestehe, könne nicht im Wege der Vorwegnahme die Abschlagszahlung seitens der Antragsgegnerin gekürzt werden. Zudem könne eine Bereinigung mangels Vorgaben des Bewertungsausschusses für rechtskonforme Bereinigungslösungen für die Regelleistungsvolumina derzeit noch nicht durchgeführt werden. Da der Anordnungsanspruch bereits mangels Rechtsgrundlage für einen Einbehalt eines Teils der Abschlagszahlungen aufgrund Nichteinhaltung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu bejahen sei, bedürfe es keiner Erörterung zur Wirksamkeit des Hausarztvertrags mehr. Der Anordnungsgrund liege vorliegend in der Gefahr der Inanspruchnahme der Antragstellerin durch die Vertragsärzte. Die konkrete Höhe des Bereinigungsvolumens sei erst im vorgesehenen Verfahren festzustellen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum die Abschlagszahlungen um 40 Mio. EUR gekürzt wurden, der Hausarztvertrag aber nur mit 35 Mio. EUR bedient worden sei. Es bestehe Wiederholungsgefahr, da die nächste Abschlagszahlung für Mai, Anfang Juni fällig werde.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Auch der Senat hat in einem Erörterungstermin am 19.06.2009 mit den Verfahrensbeteiligten die Sach- und Rechtslage umfassend besprochen. Im Nachgang dazu wurde den Beteiligten eine Schriftsatzfrist bis zum 24.06.2009 eingeräumt, die alle Beteiligten wahrnahmen.
Zusammengefasst nimmt die Antragsgegnerin zunächst auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass das Fehlen der Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses zur Bereinigung der Regelleistungsvolumina zur Annahme eines Systemversagens hinsichtlich des Verfahrens der Bereinigung der MGV führen müsse. Auch das Schiedsamt könne letztlich nicht entscheiden. Die Antragsgegnerin dürfe nicht auf die Durchführung eines faktisch nicht erfolgreich abschließbaren Verfahrens als Voraussetzung der Bereinigung verwiesen werden. Als der Gesetzgeber die Bereinigungsregelung geschaffen habe, habe er nicht davon ausgehen müssen, dass die zeitgerechte Umsetzbarkeit aus den dargestellten Gründen scheitern werde.
Er habe auch nicht davon ausgehen müssen, dass das Bereinigungssubstrat von vornherein von der Gegenseite für nichtig und damit für nicht vorhanden erachtet würde. Letztlich handele die Antragstellerin widersprüchlich, weil sie sich einerseits auf ein formales Bereinigungsverfahren berufe, aber ihr andererseits die Durchführung eines solchen Verfahrens nebensächlich erscheine, weil sie darauf beharre, den 73b-Vertrag für nichtig anzusehen und letztlich eine Bereinigung nicht durchführen wolle. Die Widersprüchlichkeit zeige sich auch daran, dass die Antragstellerin für einen Vertrag nach § 73b SGB V betr. Kinder- und Jugendärzte, der derzeit verhandelt werde, die Abrechnung vornehmen wolle. Der Bereinigungsmodus bereite hier der Antragstellerin offensichtlich keine Probleme.
Die Antragsgegnerin legte ferner in ihrem Beschwerdevortrag und zusätzlich im Termin durch ihren Vorstandsvorsitzenden dar, dass ihr letztlich nur der Weg des streitgegenständlichen Einbehaltes bleibe, weil sie die vorübergehende Doppelfinanzierung der hausärztlichen Leistungen bei späterem Rückzahlungsanspruch nach erfolgter Bereinigung nicht lange schultern könne, ohne sehr bald in Liquiditätsprobleme zu geraten. Das Problem sei nicht auf den Monat April beschränkt; es kumuliere von Monat zu Monat, zumal mit einem zeitnahen Abschluss des Bereinigungsverfahrens nicht zu rechnen sei. Es müsste dann zur Vermeidung einer Insolvenz ein Zusatzbeitrag nach § 242 Abs.1 SGB V erhoben werden. In diesem Fall besäßen die Versicherten ein Sonderkündigungsrecht. Der Verlust von Versicherten und damit von Beiträgen sei im Fall eines späteren Mittelzuflusses nach endgültiger Bereinigungsentscheidung bzw. einer positiven Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig zu machen. Die Antragstellerin habe im später widerrufenen Vergleich einen Einbehalt von 20 Mio. EUR akzeptiert.
Sollte in einem Jahr rechtskräftig festgestellt werden, dass eine Bereinigung, die in etwa der Größenordnung des streitgegenständlichen Vertrags entspreche, rechtmäßig sei, könnte die Antragsgegnerin erst dann die bis dahin aufgelaufenen Gelder von der Antragstellerin zurückfordern. Die Realisierung des Rückforderungsbetrages wäre faktisch nicht möglich. Hinzu komme, dass die Konkurrenzkassen ihrer Pflicht nach § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V, einen Hausarztvertrag abzuschließen, bislang nicht nachgekommen seien. Auch die Antragstellerin versuche weiter zu verzögern. Darauf deute hin, dass sie sich mit den Konkurrenzkassen auf einen diesen genehmen Kandidaten für das Amt des
Schiedsamtsvorsitzenden verständigt habe. Der von der Antragstellerin vorgelegte Vorschlag, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des BKK-Landesverbandes zu benennen, deute in diese Richtung.
Mit Schreiben vom 10.06.2009 wird übersandt ein Protokoll betr. die Abstimmung der Kassenverbände über den Vorsitzenden des Landesschiedsamts Ärzte für die Legislaturperiode 2009 - 2012. Daraus geht hervor, dass die Kassenverbände am 10.06.2009 bezüglich ihres Vorschlages zur Besetzung des Vorsitzenden des Landesschiedsamts eine Kampfabstimmung durchgeführt haben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 29.06.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einsteiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Unter Präzisierung des erstinstanzlichen Vortrags wird ergänzend ausgeführt, dass der Einbehalt unter keinem der von der Gegenseite diskutierten rechtlichen Gesichtspunkte -
§ 73b Abs.7, § 75 Abs.1 Satz 3 SGB V, § 138 BGB, §§ 242, 280 Abs.1 Satz 1 BGB, § 86 SGB X - rechtmäßig sei. Im Übrigen gäbe es nichts zu bereinigen. Zum einen sei die Zahl von 2.000.000 Versicherten anzuzweifeln. Die Zahl sei möglicherweise im bis zum
1. Quartal 2009 geltenden Vertrag nach § 140a SGB V eingeschrieben gewesen. Die Antragsgegnerin habe die Versicherten, die sich freiwillig in den Vertrag zur integrierten Versorgung eingeschrieben hätten, einfach "umgeswitcht" in freiwillige Teilnehmer an der hausarztzentrierten Versorgung. Im Grunde gebe es vor Beginn des Quartals 2/09 kaum Versicherte, die sich in die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V eingeschrieben hätten. Die Teilnahme könnte allein durch freiwillige Willenserklärung des Versicherten und nicht durch Satzungsrecht (nach § 19c Abs. 1 Satzung AOK-Bayern) erfolgen. Davon abgesehen sei die vorgelegte Berechnung wenig valide. Denn auch bei Einschreibung eines Teilnehmers in die hausarztzentrierte Versorgung würden, ausweislich des Hausarztvertrages, bestimmte Leistungen weiterhin nicht Bestandteil des Selektivvertrages sein, sondern weiterhin der Sicherstellung der Antragstellerin obliegen. Ausgeklammert blieben nämlich u.a. die diabetologischen Leistungen, das ambulante Operieren, die Psychotherapie sowie sämtliche Leistungen im Bereitschaftsdienst. Ein Teil des Fallwerts entfalle auf diese Leistungen.
Im Übrigen könne eine nachträgliche Bereinigung nicht erfolgen, da aus Gründen des Vertrauensschutzes der Hausärzte das Regelleistungsvolumen vor Quartalsbeginn feststehen müsse. Eine Bereinigung der RLV ohne Bereinigung der MGV sei nicht möglich und umgekehrt. Die Bestimmung des RLV hänge von der Summe der für einen KÄV-Bezirk vereinbarten MGV ab (§ 87b Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB V). Da gem. § 73b Abs. 7 S. 2 SGB V der Behandlungsbedarf nach § 87a Abs. 3 S. 2 SGB V zu bereinigen sei, müsse diese Bereinigung zwangsläufig auf die RLV "durchschlagen". Für die Bereinigung der RLV lägen aber die Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses noch nicht vor. Nach den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses sei eine nachträgliche bzw. rückwirkende Bereinigung der Gesamtvergütung aber nicht zulässig. Im Ergebnis könne es keine rechtmäßige Bereinigung der MGV ohne gleichzeitige RLV-Bereinigung geben; letztere könne derzeit noch nicht und später nicht rückwirkend erfolgen, was wiederum bis dahin einer Bereinigung der MGV entgegenstehe.
Unzutreffend sei die Behauptung, man habe die Besetzung des Schiedsamts blockiert. Die Kassenseite habe sich zuerst auf einen gemeinsamen Besetzungsvorschlag zu einigen, was zum Fälligkeitszeitpunkt noch nicht geschehen sei.
Der Beigeladene beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 29.05.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Der Beschluss des Sozialgerichts München stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar, man müsse zwischen Gesamtvergütung und Abschlagszahlung unterscheiden. Die Abschlagszahlung unterliege nicht dem gesetzlich vorgesehenen Bereinigungsverfahren. Der Hausarztvertrag habe nach dem Willen der Beigeladenen, der HVÄG und der Antragsgegnerin drei Vertragspartner. Diesem Willen der Vertragsparteien komme Vorrang zu.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte des Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist auch nach Zahlung des einbehalten Betrags unter dem Vorbehalt der Rückforderung zulässig (§ 86b Abs.2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 945 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Beschwerde der Antragsgegnerin stellt sich zum überwiegenden Teil als unbegründet dar.
1.
Völlig zutreffend hat das Sozialgericht München das Bestehen eines Anordnungsanspruchs hinsichtlich der Auszahlung des einbehaltenen Teils der fälligen Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung bejaht. Nur aufgrund des im Beschwerdeverfahren präzisierten Vortrags der Antragsgegnerin zu der zu besorgenden Liquiditätsgefährdung aufgrund der weiteren Leistungspflicht im Selektivvertragssystem bei verfahrensbedingt verzögertem Freikommen aus des Leistungspflicht nebst späterem Erstattungsanspruch im Kollektivvertragssystem sah sich der Senat aufgrund der im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes vorzunehmenden Interessenabwägung veranlasst, die Entscheidung des Sozialgerichts teilweise abzuändern.
Gemäß § 86b Abs.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist, dass das betroffene Recht, d.h. der materielle Anspruch, glaubhaft gemacht ist (Anordnungsanspruch) und die Regelung so eilbedürftig erscheint, dass bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare, auf andere Weise nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage ist (Anordnungsgrund).
Beide Voraussetzungen stehen nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen sie in einem inneren, unauflöslichen Zusammenhang. Je offensichtlicher das Bestehen des materiellen Rechts, desto geringer sind die Anforderungen an die Eilbedürftigkeit zu stellen. Umgekehrt sind an den Anordnungsanspruch umso höhere Anforderungen zu stellen, je größer der Eingriffscharakter der einstweiligen Anordnung hinsichtlich einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung ist. Erforderlich erscheint daher eine Gesamtabwägung zwischen den Nachteilen für die Antragstellerin, wenn die einstweilige Regelung nicht getroffen wird, und den von der Antragsgegnerin zu vergegenwärtigenden Nachteilen im Falle des Anordnungserlasses, jeweils unter Berücksichtigung der Evidenz des Anordnungsanspruchs. Dem Wesen des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz als vorläufige, das Hauptsacheverfahren nicht vorwegnehmende Regelung entspricht es, die Begründetheitsvoraussetzungen im Rahmen einer summarischen Prüfung zu beurteilen.
2.
Der Antragstellerin steht ein Anordnungsanspruch in Gestalt von Abschnitt 1 Teil E Ziffer 1 der durch das Landesschiedsamt festgesetzten Vereinbarung zwischen der AOK Bayern ( ...) und der KVB über die Vergütung und Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahr 2009 gemäß §§ 82 Abs.2 Satz 1, 87, 87a, 87b, 87c SGB V (Honorargesamtvertrag 2009; - HGV09 -) zur Seite. Danach erfolgen am fünften Bankwerktag des Monats die Abschlagszahlungen der Krankenkasse für den Vormonat unter Berücksichtigung der Versichertenzahlen des jeweils aktuellsten Quartals in Höhe von 30 % auf die vorläufige morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (- MGV -). Die Abschlagszahlung ist daher an die Höhe der Gesamtvergütung gekoppelt (siehe auch Abschnitt 1 Teil E Nr. 1 Satz 2 HGV09).
Die Höhe der gemäß §§ 87a Abs.3 Satz 2, 87c Abs.4 SGB V zu bestimmenden MGV ist im genannten Honorargesamtvertrag 2009 quartalsbezogen festgesetzt. Eventuelle Veränderungen, z.B. durch Veränderungen der Versichertenzahlen einer Kasse, sind erst im Rahmen der Quartalsabschlusszahlung zu berücksichtigen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass aufgrund der gesamtvertraglich festgesetzten Quartalsgesamtvergütung die Höhe der 30 %igen Abschlagszahlung EUR 158.615.400,00 beträgt, von der zum Fälligkeitszeitpunkt nur EUR 118.615.400,00 zur Auszahlung gelangt ist.
Auch vermittelt § 73b Abs.7 SGB V der Antragsgegnerin kein Recht auf vorläufigen Einbehalt oder einseitige Herabsetzung weder des Abschlags noch der Gesamtvergütung.
Die genannte Norm spricht die Verpflichtung der Vertragspartner der Gesamtverträge aus, den Behandlungsbedarf gem. § 87a Abs.3 Satz 2 SGB V entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der an der hausarztzentrierten Versorgung ( - HZV) teilnehmenden Versicherten sowie dem in den Verträgen nach § 73b Abs. 4 SGB V vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung zu bereinigen. Der mit dem Euro-Punktwert bewertete Behandlungsbedarf des § 87a Abs. 3 S. 2 SGB V bildet im Wesentlichen die MGV ab. Die Norm räumt denjenigen Krankenkassen, die Vertragspartner der Verträge nach Absatz 4 sind, ein Recht auf Anrufung des Landesschiedsamts nach § 89 SGB V für den Fall ein, dass eine Einigung über die Verringerung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Abs.3 Satz 2 SGB V nicht zustande kommt.
Die bereinigungsgegenständliche hausarztzentrierte Versorgung stellt eine besondere Form hausärztlicher Versorgung dar (§ 73b Abs.2 S. 1 SGB V). Sie wird aufgrund besonderer Verträge - sog. Selektivverträge - der Krankenkassen mit in der Norm hierzu ermächtigten Vertragspartnern geregelt (§ 73 Abs. 4, Abs. 5 SGB V). Die Teilnahme hieran ist für den Versicherten freiwillig (§ 73b Abs.3 Satz 1 SGB V). Der teilnehmende Versicherte wählt einen Hausarzt und darf Fachärzte mit Ausnahme von Kinderärzten, Augenärzten und Frauenärzten nur auf Überweisung des Hausarztes in Anspruch nehmen (§ 73 Abs.3 Satz 2 SGB V). Soweit die hausärztliche Versorgung als hausarztzentrierte durchgeführt wird, entfällt der kollektivvertraglich eingebettete Gewährleistungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 73b Abs. 4 S. 6 SGB V). Durch die Verknüpfung weiterer Leistungserbringung mit der Genehmigung des gewählten Hausarztes werden Effizienzsteigerungen in Gestalt von wirtschaftlicherer Arzneimittelverordnung und Vermeidung von Leistungsüberschneidungen beabsichtigt.
Durch § 73b Abs.4 Satz 1 SGB V in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung des GKV-OrgWG v. 15.12.2008 (BGBl. I 2426) sind die Krankenkassen verpflichtet worden, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen bis zum 30.06.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. In Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht hat die Antragsgegnerin am 12.02.2009 einen Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß 73b SGB V abgeschlossen. Diesen Vertrag hat die Antragsgegnerin unstreitig am 12.03.2009 bei der Antragstellerin zur Bereinigung unter Übermittlung der Daten des
§ 73b Abs. 7 S. 4 SGB V angemeldet.
Die Vorgaben des § 73 Abs.7 Satz 2 SGB V sind durch den "Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs.1 Satz 1 SGB V (168. Sitzung) zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfes je Versicherten gemäß § 87a Abs.3 Satz 2 SGB V i.V.m. § 87c Abs.4 SGB V bei Beitritt eines Versicherten zu einem Vertrag gemäß §§ 73b, 73c und 140d SGB V" (gültig bis zum 31.12.2009) konkretisiert worden. Danach ist bei der Bereinigung das hierin beschriebene Verfahren anzuwenden, sofern die Vertragspartner nicht einvernehmlich ein abweichendes Verfahren festlegen. Soweit nichts anderes einvernehmlich vereinbart wird, sind rückwirkend und im laufenden Quartal erfolgende Bereinigungen nicht zulässig (Ziffer 2.). Getroffen werden Vorgaben bezüglich der durch die Krankenkasse vor Beginn des Quartals zur Verfügung zu stellenden Datengrundlage, den zu treffenden Feststellungen hinsichtlich des Umfangs des Selektivvertrags und der Bestimmung der Bereinigung des Behandlungsbedarfs je Versichertem. Die Ermittlung des Behandlungsbedarfs erfolgt nicht als pauschalierter Anteil eines durchschnittlichen Fallwerts, sondern anhand des kollektivvertraglichen und individuellen Leistungsbedarfs des einzelnen Teilnehmers im Jahre 2007, soweit ein Übergang in die HZV erfolgt (Ziff. 3.1, 4, 5.1.1). Dagegen hat der Bewertungsausschuss Verfahrensrichtlinien hinsichtlich der Bereinigung der RLV von Vertragsärzten, die Patienten auch auf selektivvertraglicher Grundlage behandeln, noch nicht erlassen.
Nach Ansicht des Senats ergibt sich damit sowohl aus § 73b Abs.7 S. 2 SGB V als auch aus dem konkretisierenden Beschluss des Bewertungsausschusses eindeutig, dass eine Änderung des nach §§ 87 a Abs. 3 S. 2, 87c Abs. 4 SGB V gesamtvertraglich festgesetzten Behandlungsbedarfs allein durch eine andere gesamtvertragliche Regelung statthaft ist, welche einvernehmlich zu vereinbaren oder im Falle der Nichteinigung durch das
Landesschiedsamt festzusetzen ist.
Diese ausdrücklich zur Bereinigung von HZV-Selektivverträgen geschaffene Norm ist überdies Ausdruck eines die vertragsärztliche Versorgung prägenden Leitprinzips, wonach der Inhalt notwendiger Gesamtverträge erst dann der Änderung unterliegt, wenn ein neuer Vertrag, sei es durch einvernehmliche Vereinbarung, sei es durch Festsetzung des zuständigen Schiedsamts (oder ggf. der Aufsichtsbehörde) wirksam abgeschlossen werden konnte. Bis dahin gilt der Inhalt auch eines gekündigten Gesamtvertrages vorläufig fort (§ 89 Abs.1 Sätze 2 bis 5 SGB V). Auch für die gesamtvertraglich zu vereinbarende Gesamtvergütung gilt, dass nach Ablauf des Bezugszeitraumes nur die Veränderung der Gesamtvergütung
Gegenstand weiterer gesamtvertraglicher Vereinbarungen bzw. der Festsetzung des Schiedsamts ist. Das SGB V verfolgt damit erkennbar und nachdrücklich das Ziel, einen vertragslosen bzw. einen vertragskollidierenden Zustand zu vermeiden, der entsteht, weil sich eine Vertragspartei eines Loslösungs-, Abänderungs- oder Gegenanspruchs rühmt, ohne dass eine objektive und allseitig verbindliche Entscheidung getroffen werden konnte. Der einseitig postulierte Veränderungsanspruch bzw. das Geltendmachen von nicht vertraglich vereinbarten Primär- und Sekundäransprüchen einschließlich vorübergehender Einbehalte soll keine Wirkungen zeigen, bis mittels der gesetzlich geschaffenen Vertragsabänderungs- und Vertragsabschlussmechanismen eine Einigung, ggf. durch
Schiedsamtsentscheid, getroffen ist. Diesem Leitprinzip liegt die gesetzgeberische Absicht zu Grunde, die Funktionsfähigkeit der ambulanten Versorgung in Gestalt des reibungslosen Funktionierens der Erbringung von Leistungen über jedes Interesse eines Vertragspartners an einer sofortigen und einseitigen Durchsetzung eigener Rechtspositionen zu stellen. Denn durch die Heranziehung der im Vertragsrecht gebräuchlichen Möglichkeiten der einseitigen vorläufigen Durchsetzung von Rechtspositionen könnte es zu erheblichen Gefährdungen der Versorgung gesetzlich Versicherter kommen. In Ansehung der Gesamtvergütungszahlungen birgt die einseitige Minderung die Gefahr der Sachleistungsverweigerung und in Folge der Entstehung gesundheitlicher Nachteile für die Versicherten, wenn die Vertragsärzte eine Nichthonorierung ihrer Tätigkeit durch die KÄV befürchten.
In Fortsetzung dieses Prinzips der Fortgeltung des Inhalts notwendiger Verträge bis zu einer vertraglichen Neugestaltung hat der Gesetzgeber auch für die hausarztzentrierte Versorgung in § 73b Abs.7 SGB V ausdrücklich geregelt, dass die nach den Vorgaben durchzuführende Bereinigung der Gesamtvergütung, deren Umsetzung Interpretationsspielräume eröffnete, die nunmehr teilweise durch den Beschluss des Bewertungsausschusses geklärt sind, ebenfalls im Wege der einvernehmlichen Einigung oder ersatzweise durch Schiedsamtsfestsetzung zu erfolgen hat. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber diese Regelung in Kenntnis des möglichen zeitlichen Verlaufs von Vertragsverhandlungen und der Möglichkeit der Nichteinigung bei anschließender Durchführung einer Schiedsamtsentscheidung getroffen hat. Lange bekannt ist auch, dass die Amtsperiode jedes Schiedsamts zeitlich begrenzt ist und die Neubesetzung ebenfalls Abstimmungen, Einigungen sowie im Versagensfall der In-Gang-Setzung der vorgesehenen Ersatzmechanismen bedarf (§ 89 Abs.3 i.V.m. § 211a SGB V).
Der Senat stützt seine Überzeugung auch auf eine Gegenüberstellung des § 73b Abs.7 SGB V und des § 140d Abs.1 SGB V. Für die Versorgungsform der integrierten Versorgung hat der Gesetzgeber die Bereinigung um die Einführung einer sog. Anschubfinanzierung dergestalt ergänzt, dass ein pauschalierter Anteil der Gesamtvergütung zur Verfügung steht. Dies ist in § 73 b SGB V gerade nicht geschehen. Unerheblich ist, ob der Gesetzgeber im Zuge der eiligen Einführung des § 73 b Abs. 4 Satz 1 SGB V den dadurch ausgelösten Bereinigungsbedarf zutreffend eingeschätzt hat.
Der Senat sieht daher im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruchs keinerlei Raum, von der Unveränderbarkeit des vertraglichen Anspruchs auf die Gesamtvergütung bzw. der daran anknüpfenden Abschlagszahlungen bis zum Abschluss des vorgesehenen Bereinigungsverfahrens abzurücken. Die einseitige Unveränderbarkeit kann auch nicht ernsthaft damit ausgehebelt werden, dass die Abschlagszahlung als etwas bezeichnet wird, was mit der Gesamtvergütungshöhe nichts zu tun habe. Auch die Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben (dolo agit qui petit quod statim redditurus est) würde letztlich die systemtragende Grundentscheidung des Gesetzgebers konterkarieren. Nach den Besonderheiten des Systems der vertragsärztlichen Versorgung entspricht es vielmehr Treu und Glauben, am bisherigen Vertragsinhalt solange festzuhalten, bis eine Vertragsänderung durchgesetzt werden konnte.
Von diesem Grundsatz des Festhaltens am bisherigen Vertragsinhalt bis zur Bestimmung eines neuen Vertragsinhalts wäre nach Ansicht des Senates nur im Falle eines Systemversagens im Hinblick auf die Durchführung des Bereinigungsverfahrens abzuweichen. Ein Systemversagen liegt nach Ansicht des Senates im Fall der Weigerung einer Seite, einer einvernehmlichen Lösung zuzustimmen, nicht vor. Sie ist anzunehmen, wenn eine Partei mit treuwidrigen Mitteln die Durchführung des Verfahrens und das Zustandekommen einer Schiedsamtsentscheidung blockieren würde oder aus sonstigen Gründen der Fortgang des Verfahrens objektiv unmöglich erscheint.
Dies vermag der Senat bislang nicht zu erkennen. Denn erst unter dem Datum des 10.06.2009 haben die Kassenverbände den für eine Besetzung des Schiedsamtsvorsitzenden notwendigen Schritt unternommen und sich gem. § 211a SGB V auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt. Einen Schiedsamtsantrag hat die Antragsgegnerin nicht gestellt. Damit kann sie sich derzeit auf den fehlenden Normerlass durch den Bewertungsausschuss hinsichtlich des Verfahrens der RLV-Bereinigung nicht berufen.
3.
Zudem spricht bei summarischen Prüfung viel dafür, dass die Antragsgegnerin derzeit keinen wirksamen Vertrag gemäß § 73b Abs.4 Satz 1 SGB V abgeschlossen hat, weil der gewählte Selektivvertragspartner nicht als qualifizierte Gemeinschaft im Sinne der Norm anzusehen ist.
Die unter dem Datum des 12.02.2009 unterzeichnete Vereinbarung ist bezeichnet als Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73 b SGB V zwischen der AOK Bayern ( ...) und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG Köln ( ...) "HÄVG" - einzeln oder gemeinsam auch "Vertragspartner". Dem Rubrum zugesetzt finden sich die Worte: HÄVG in Kooperation mit und ermächtigt durch den Bayer. Hausärzteverband e.V. ( ...) "BHÄV" "Kooperationspartner".
In der Präambel wird ausgeführt, dass sich der BHÄV zur Durchführung des HZV- Vertrags der HÄVG als Managementgesellschaft bediene, die er durch einen Kooperationsvertrag mit dem Abschluss und der Umsetzung des HZV-Vertrages beauftragt habe. Im Folgenden werden dann die Rechte und Pflichten zwischen den Vertragspartnern festgesetzt. Nach § 2 Abs.5 verpflichtet sich der teilnahmewillige Hausarzt durch gesonderte Erklärung zur Teilnahme an der HZV und gegenüber der HÄVG zu einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen hausärztlichen Versorgung. In § 9 Abs.1 verpflichtet sich nur die HÄVG gegenüber der AOK zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V. Diese werde durch die Ermächtigung und Kooperation mit dem BHÄV sichergestellt; Einzelheiten seien in einer dem BHÄV bekannt zu gebenden Kooperationsvereinbarung festgelegt. Die weiteren Absätze der Vorschrift begründen weitere Pflichten nur der HÄVG. Absatz 4 berechtigt die HVÄG, sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen und der geschuldeten Leistungen, insbesondere für die Abrechnung, ihrerseits Dritter zu bedienen. Auch die Vergütungspflicht der AOK besteht (nur) gegenüber der HÄVG (§ 12). Der teilnehmende Hausarzt erwirbt einen Anspruch auf Auszahlung der Vergütung nur gegenüber der HÄVG. Der BHÄV ist ab und an als Kooperationspartner erwähnt, jedoch in den Rechte- und Pflichtenkanon nicht einbezogen (z.B. § 2 Abs. 6). Als Vertragspartner unterzeichnen die Vertretungsberechtigten der Antragsgegnerin und der HÄVG. Der Vorstand des Beigeladenen unterzeichnet den Vertrag nicht als "Vertragspartner", sondern als "Kooperationspartner".
Damit steht fest, dass der Beigeladene, bei dem es sich unzweifelhaft um eine qualifizierte Gemeinschaft handelt, nicht Vertragspartner der AOK geworden ist. Der Beigeladene schuldet nämlich weder die Durchführung der HZV durch die teilnehmenden Ärzte, noch steht er für die korrekte Abrechnung und Honorierung ein. Er erscheint allenfalls in unselbständige Nebenpflichten (Treuepflicht) einbezogen. Auch haftet der Beigeladene ggü. der Antragsgegnerin für die Nichterfüllung der wesentlichen Vertragspflichten der HVÄG nicht.
§ 73 b Abs. 4 S. 1 SGB V räumt allein den dort genannten qualifizierten Gemeinschaften die Kompetenz ein, Verträge über die HZV zu schließen und vorrangig Vertragspartnerstellung zu bekleiden. Die Vertragsabschlussermächtigungen des Satzes 3 stehen unter dem Vorbehalt des Abschlusses eines Vertrags nach Satz 2 (Ausnahme: Kinder- und Jugendlichen-HZV).
Eine Delegation der Vertragspartnerkompetenz durch eine qualifizierte Gemeinschaft auf einen Dritten, den HZV-Vertrag im eigenen Namen zu schließen und zu erfüllen, ist nicht zulässig. Die durch das 5. Buch Sozialgesetzbuch verliehenen Kompetenzen, Partner von Normverträgen bzw. öffentlich-rechtlichen Verträgen unter Einbeziehung Dritter zu sein, beinhalten kein Recht zur Abtretung bzw. Weitergabe der Ermächtigung. Die Verleihung einer Zuständigkeit und Ermächtigung schließt grundsätzlich nicht deren Delegation mit ein. Die Stellung, als Vertragspartner unter Einbeziehung Dritter die ambulante Versorgung sicher zu stellen, setzt das Vertrauen des Gesetzgebers voraus, dass jener die Gewähr besitzt, die übernommenen vertraglichen Pflichten zu erfüllen, was, im Verhältnis zu den teilnehmenden Leistungserbringern, auch die Durchsetzung vertragsgemäßen Verhaltens einschließt. Da die Verträge über Leistungserbringung auch die Zahlung, Entgegennahme und Verteilung von erheblichen Beitragsmitteln der Versicherten umfasst, bedarf es auch insoweit besonderen Vertrauens. Die gesetzlich eingeräumte Vertragspartnerstellung setzt daher voraus, selbst für die Durchsetzung und Erfüllung der übernommenen Pflichten und der eingeräumten Rechte einschließlich der Folgen einer Nichterfüllung einzutreten. Die Zwischenschaltung eines Dritten, der den Ermächtigten von Erfüllungs- und Haftungsrisiken quasi als Risikopuffer abschirmt, ist hiermit unvereinbar.
Der Senat sieht seine Ansicht auch durch § 73 b Abs. 4 Satz 3 Ziffer 4 SGB V bestätigt. Allein hier ist einem Dritten (KÄV) eine Vertragspartnerstellung durch Ermächtigung eines der zuvor genannten Vertragspartner eingeräumt. Die Regelung wäre entbehrlich, wenn ohne weiteres Vertragspartnerkompetenzen durch "Ermächtigung" weitergereicht werden könnten.
Daran ändert die Novellierung des § 295 Abs. 1b SGB V durch Art.15 Nr.13a des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften mit Wirkung vom 18.06.2009 nichts (BT-Drs. 16/13428; vgl. auch Deutscher Bundestagausschuss, A. f. Gesundh., A-Drs. 16 (14) 0570; Drs. 16, 12256). Denn damit wird ab Juni 2009 den Ärzten oder Gemeinschaften, wenn sie denn Verträge nach § 73b SGB V geschlossen haben, die Heranziehung einer Servicegesellschaft zur Erfüllung übernommener Pflichten datenschutzrechtlich erlaubt, was zuvor unzulässig gewesen war.
Der Senat sieht auch nicht, dass dem Beigeladenen aufgrund seiner Rechtsform als eingetragener Verein die Wahrnehmung der Vertragspartnerkompetenz rechtlich verwehrt wäre. Der Begriff der Gemeinschaft i.S.v. § 73 b Abs. 4 S. 1 SGB V erweist sich als rechtsformoffen. Einschränkungen, Gemeinschaft im Sinne der Norm zu sein, können sich allenfalls aus sonstigem Recht, insbesondere dem Zivil- und Gesellschaftsrecht ergeben, was dann zu einer Rechtsformänderung zwingen könnte. Der Senat zweifelt -ohne dass es darauf ankäme- daran, dass die Vertragspartnerstellung den eingetragenen, nicht wirtschaftlichen Verein in einen wirtschaftlichen Verein wandelt. Kein wirtschaftlicher Verein liegt vor, wenn im Rahmen ideeller Zielsetzung eine wirtschaftliche Nebentätigkeit erfolgt (BGH NJW 83, 569 zum ADAC; OLG Hamm, NJW RR 08,350 zu Bundesligavereinen).
Da der Beigeladene nicht Vertragspartner geworden ist, könnte ein HZV-Vertrag, der sich auf die Rechtsgrundlage des § 73 b Abs. S. 1 SGB V zu stützen vermag, nur dann vorliegen, wenn die hausärztliche Vertragsgemeinschaft e.G. ihrerseits die Voraussetzungen, die an eine qualifizierte Gemeinschaft zu stellen sind, erfüllen würde. Dazu müsste es sich bei ihr um eine Gemeinschaft handeln, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirkes der Kassenärztlichen Vereinigung vertritt. Dies ist nicht erkennbar.
Eine eingetragene Genossenschaft kann "Gemeinschaft" i.S.d. § 73 b SGB V sein. Nicht zu entscheiden ist, ob es sich um eine Gemeinschaft von hausärztlichen Leistungserbringern handeln muss (arg. aus Absatz 4 Satz 3 Nr. 2; Satz 1 erst danach eingefügt) und handelt. Nach der vom Beigeladenen vorgelegten Satzung (§3) können Hausärzte Genossenschafter werden.
Im Rahmen summarischer Prüfung ist auch nicht darüber zu entscheiden, ob die desweiteren erforderliche "Vertretung von mindestens der Hälfte der in einem KV-Bezirk hausärztlich teilnehmenden Allgemeinärzte" einen Status der Ärzte in der Gemeinschaft selbst erfordert, der die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Vertretenen in der Gemeinschaft einerseits und die demokratische Legitimation der Gemeinschaft andererseits sichert. Der Normwortlaut verlangt dies nicht ausdrücklich.
Denn auch dann, wenn die Einräumung einer Vertretungsmacht durch die Allgemeinärzte eines KV-Bezirks auch in anderer Weise als durch Mitgliedschaft, Genossenschaft oder Gesellschafterstellung möglich ist, liegt ein solches durch Willenserklärung eingeräumtes Vertretungsmandat der Hälfte der Allgemeinärzte in Ansehung der HVÄG nicht vor. Dieses Mandat ist kraft Mitgliedschaftsstellung und kraft schriftlicher Erklärung dem Beigeladenen und nicht der HVÄG eingeräumt (vgl. das Rundschreiben des Bayer. Hausärzteverbandes vom 18.09.2008, vorgelegt durch Antragstellerin mit Schriftsatz v. 24.06.2009).
Damit könnte die Vertretungsqualifikation der HÄVG nur noch mit einer Delegation des dem Beigeladenen erteilten Vertretungsauftrags auf die Genossenschaft begründet werden. Eine solche mittelbare Vertreterstellung wäre zu diskutieren aufgrund einer untervollmachts-/auftragsähnlichen Erstreckung des Vertretungsmandats. Die Statthaftigkeit einer solchen mittelbaren Vertretungsmandatsbegründung über den Beigeladenen unterliegt aus den gleichen Gründen wie die Übertragung der gesetzlich eingeräumten Vertragspartnerstellung auf einen Dritten erheblichen rechtlichen Zweifeln. Gleiches gilt für eine zu diskutierende Vermittlung der Vertretungsmacht kraft Mitgliedschaftsstellung des Beigeladenen in der Genossenschaft im Sinne einer Einbringung der Vertretungsmacht.
Auch die Beigeladene hat weder schriftsätzlich noch im Termin behauptet, dass die HÄVG selbst qualifizierte Gemeinschaft ist. Sie hat diese als Management- und Servicegesellschaft bezeichnet, der die Vertragspartnerstellung und Vertragsdurchführung durch Ermächtigung des Beigeladenen übertragen worden ist. Der Managementgesellschaft einer Gemeinschaft ist nur eine nachrangige Vertragspartnerkompetenz eingeräumt ("Träger von Einrichtungen": § 73 Abs.4 Satz 3 Ziffer 3 SGB V). Nachrangig ist diese Stellung deshalb, weil ein Vertragsabschluss erst dann rechtlich zulässig ist, wenn ein Vertrag nach Satz 1 abgeschlossen worden ist.
Im Rahmen summarischer Prüfung kann auf die Rechtsfolgen der fehlenden Vertragsabschlusskompetenz der HVÄG für die Bereinigung und die Beziehungen der Vertragsschließenden einschließlich der teilnehmenden Ärzte nicht eingegangen werden, weil letztlich hierfür weitere Ermittlungen erforderlich sind. Ob tatsächlich von der Nichtigkeit des HZV-Vertrags und dem Fehlen eines Bereinigungsgegenstands auszugehen ist oder die nachrangige Abschlusskompetenz die Annahme der Nichtigkeit verhindert oder ob nach den Grundsätzen des faktischen Vertrags abzuwickeln sein wird, muss genauso offen bleiben, wie die Frage, ob ein neuer, wirksamer Vertragsschluss zeitlich rückanknüpfend wirken kann.
4.
Der Senat zweifelt entgegen der Ansicht der Antragstellerin daran, dass eine Bereinigung der Gesamtvergütung für das 2. Quartal 2009 deshalb ausscheidet, weil einerseits eine gleichzeitige Bereinigung der RLV zu erfolgen hat und diese rückwirkend nicht möglich ist und andererseits nicht die behauptete Anzahl von Versicherten wirksam eine Teilnahme zu dem Vertrag nach § 73b Abs.4 Satz 1 SGB V erklärt hat.
Der Senat stimmt der Antragstellerin zu, dass sie das RLV den Vertragsärzten vor Beginn des Quartals durch Verwaltungsakt zuzuweisen hat. Ansonsten kann das System der Regelleistungsvolumina seine verhaltens- und leistungssteuernde Wirkung nicht entfalten
(§ 87b Abs.5 SGB V). Der Arzt bzw. die Arztpraxis soll den Anteil an der Gesamtvergütung im Sinne des in voller Höhe vergütungsfähigen Leistungsvolumens kennen und seine Tätigkeit planen können. Zuzustimmen ist auch darin, dass die Bereinigung des Behandlungsbedarfs der MGV für den gleichen Zeitraum eine Bereinigung des RLV der (teils) selektivvertraglich tätigen Hausärzte erforderlich macht. Der Behandlungsbedarf bestimmt die MGV und diese wiederum die Höhe der RLV (§§ 87 a Abs. 3 S. 2, 87d Abs. 4; 85 b Abs. 3 SGB V).
Die nicht zu bestreitende Notwendigkeit einer Bereinigung der MGV und des RLV für den gleichen Zeitraum bedeutet jedoch nicht, dass eine zeitgleiche Bereinigung zwingend ist und dazu führt, dass die vor Zuweisung verfahrensbedingt noch nicht vollzogene Bereinigung der RLV eine verfahrensbedingt später vollziehbare Bereinigung der MGV verbietet und umgekehrt. Vielmehr wird die Antragstellerin die RLV-Zuweisungsverwaltungsakte mit jeweils einem Änderungsvorbehalt gem. § 32 Abs. 1 2. Alt. SGB X versehen müssen.
Vertrauensschutzgesichtspunkte oder das Erfordernis der Planungssicherheit des betroffenen Arztes werden nicht verletzt. Denn jener Arzt kennt die Zahl der eigenen Patienten, die in die HZV eingeschrieben sind und ihn als Zentrumshausarzt gewählt haben, am Besten. Auf Grund des Vorbehaltes weiß er, dass sich die RLV-Zuweisung um die entsprechende Zahl und den bisherigen Behandlungsbedarf im Kollektivvertragssystem mindern wird, wenngleich die verfahrensmäßige Abwicklung zu Beginn des Quartals noch nicht vollzogen ist.
Zwar gebietet der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 1. Oktober 2008 zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfes je Versicherten eine rechtzeitige Übermittlung der Datengrundlage durch die Krankenkassen vor Quartalsbeginn (3.1.1) und verbietet eine, vorbehaltlich einvernehmlich abweichender Regelung, rückwirkende und im laufenden Quartal erfolgende Bereinigung (Ziffer 2.). Dieses Verbot rückwirkender Bereinigung, das nur das Verhältnis Krankenkasse zur Kassenärztlichen Vereinigung betrifft, steht einer Bereinigung nach verspäteter Meldung entgegen (z.B. Meldung während des Quartals). Die Vorschrift verbietet dagegen eine spätere verwaltungsmäßige Umsetzung der Bereinigung der MGV für solche zurückliegenden Quartale nicht, in denen eine rechtzeitige Meldung erfolgt war.
Soweit aus § 85 b Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB V geschlossen wird, dass die Höhe des RLV starr an die Höhe der MGV, für die eine Bereinigung verfahrensmäßig noch nicht vollzogen werden konnte, gekoppelt sei und einen Anspruch auf Zuweisung in voller Höhe (einschließlich des zur Bereinigung anstehenden Behandlungsbedarfs) vermittelt und sich daher eine RLV-Bereinigung sowie in Folge eine MGV-Bereinigung verbietet, geht diese Interpretation fehl. Eine solche Auslegung würde letztlich eine Bereinigung dauerhaft unmöglich machen. Bereits aus der "insbesondere"- Verknüpfung geht hervor, dass weitere sachgerechte Parameter, wie z.B. ein auf das Selektivvertragssystem übergegangener Versorgungsbedarf berücksichtigungsfähig sind.
Nach summarischer Prüfung muss es weiteren Ermittlungen vorbehalten bleiben, ob auch die Versicherten, die vor Beginn des 2. Quartals 2009 unter dem mit dem Etikett des
§ 140a SGB V versehenen Vertrag eine Teilnahmeerklärung abgegeben haben, Teilnehmer des ab dem 2. Quartal geltenden Vertrags nach § 73b SGB V sind. Der Senat hält insoweit den Inhalt der abgegebenen Teilnahmeerklärungen für entscheidend. Hier lagen ihm keine Muster der möglicherweise wechselnden Versionen vor.
Derzeit spricht aber einiges hierfür: Wesentlicher Inhalt der Versichertenerklärung ist der geäußerte Wille, an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen zu wollen und sich den hierfür geltenden Beschränkungen zu unterwerfen. Die AOK hatte mit der HÄVG in den Vorjahren einen als "Rahmenvertrag zur hausarztbasierten integrierten Versorgung nach § 140a SGB V" (zuletzt in der Fassung eines 1. Nachtrages vom 29. Juni 2007) betitelten Vertrag (i.f. HBIV-Vertrag) abgeschlossen. § 140d Abs.1 SGB V sah damals eine letztlich bis zum Jahresende Ende 2008 verlängerte Anschubfinanzierung der sog. "Integrierten Versorgung" vor. Die Pflicht zur Rückzahlung nicht zweckentsprechend verbrauchter Mittel wurde bis zum 31. März 2009 aufgeschoben. Regelungsgegenstand des Vertrags zur hausarztbasierten integrierten Versorgung war letztlich eine hausärztliche Versorgung, die mit der in § 73b SGB V geregelten hausarztzentrierten Versorgung völlig identisch war (vgl. § 4 Abs.3 HBIV-Vertrag).
Haben mithin die Versicherten ihren Willen erklärt, sich nach den Regeln der HZV behandeln zu lassen, wäre dagegen zumindest grundsätzlich nichts einzuwenden.
Unerheblich erscheint, dass der bis Ende des 1. Quartals 2009 geltende Hausarztvertrag sich nicht auf § 140a SGB V stützen kann. Denn Verträge zur integrierten Versorgung können nur über eine interdisziplinär-fachübergreifende oder über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung geschlossen werden (§ 140 a Abs.1
Satz 1 SGB V). Der Begriff der interdisziplinär-fachübergreifenden Versorgung setzt eine Kooperation von Haus- und Fachärzten bzw. von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete voraus. Die Kooperationen müssen die Fachgebietsgrenzen des ärztlichen Weiterbildungsrechtes überschreiten. Sie müssen zudem im ambulanten Bereich über die traditionelle Zusammenarbeit durch Überweisung an Ärzte eines anderen Fachgebietes hinausgehen (BSG Urteil vom 6. Februar 2008, B 6 KA 5/07 R, SozR 4-2500 § 140a Nr.2). Regelungssubstrat dieses Vertrages war jedoch allein eine hausarztzentrierte Versorgung, die gerade keine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung darstellt.
Ob ein nichtiger Vertrag die im Glauben auf dessen Wirksamkeit abgegebenen Teilnahmeerklärungen unwirksam werden ließe, kann offen bleiben. Denn ein unter dem Etikett einer unpassenden Rechtsgrundlage abgeschlossener Vertrag ist wirksam, wenn er sich stattdessen auf eine andere tragende Rechtsgrundlage stützen kann. Dies ist in Ansehung der vor der Änderung durch das GKV-OrgWG anwendbaren Fassung des § 73 b SGB V wohl der Fall.
5.
Angesichts der äußerst robusten Verfasstheit des Anordnungsanspruchs der Antragstellerin sind an die Eilbedürftigkeit des Regelungserlasses grundsätzlich nur geringe Anforderungen zu stellen. Hinzu tritt, dass die Schutzfunktion des Bereinigungsverfahrens zu Gunsten der Antragstellerin die Eilbedürftigkeit verstärkt. Demgegenüber hat ein pauschales Interesse der Antragsgegnerin, die für die ambulante Versorgung geschuldete Gegenleistung einstweilen, nämlich bis zum Abschluss des Bereinigungsverfahrens nicht zweifach (bei späterem einfachen Erstattungsanspruch) ausreichen zu müssen, eindeutig zurückzustehen.
Das insoweit überwiegende Interesse der Antragstellerin an der Nichtbeeinträchtigung ihres Gewährleistungsauftrages findet jedoch ein gleichrangiges Komplementärinteresse auf Seiten der Antragstellerin dann, wenn und soweit diese ihren Teil des Sicherstellungsauftrages deshalb nicht mehr erfüllen kann, weil sie auf Grund einer teilweisen Verdopplung von Vergütungspflichten in bedeutsamer Höhe in ihrer Solvenz bedroht wird. Letztlich nimmt eine Krankenkasse monatlich den Krankenversicherungsanteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags der pflichtversicherten Beschäftigten sowie die Beiträge der freiwillig Versicherten ein, um sie, von einer gewissen Reservebildung abgesehen, sofort den Leistungserbringern der verschiedenen Sektoren zur Verfügung zu stellen. Eine vorübergehende zweifache Vergütungsausreichungspflicht birgt die Gefahr der Illiquidität. Diese zwingt zur Erhebung eines Sonderbeitrages nach § 242 SGB V, was wiederum ein Sonderkündigungsrecht der Versicherten auslöst. Erfahrungsgemäß machen gerade die Versicherten mit besserem Risikoprofil zuerst und rasch von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch. Fließt nach erfolgter Bereinigung die kollektivvertraglich nicht behandlungsbedarfsunterlegte Vergütung zurück, verkehrt sich die Liquiditätsknappheit in ihr Gegenteil, so dass der Sonderbeitrag entfallen kann. Dann jedoch könnte die Antragsgegnerin irreparabel geschädigt sein.
Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren schriftlich und durch ihren Vorstandsvorsitzenden im Erörterungstermin nachdrücklich darauf hingewiesen, dass angesichts der unabsehbaren Zeitdauer des Bereinigungsverfahrens die konkrete Gefahr besteht, einen Sonderbeitrag erheben zu müssen. Im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit dieses Verfahrens hat der Senat davon abgesehen, der Antragsgegnerin eine Substanzierung dieses Vortrages aufzugeben.
Das gewichtige Interesse der Antragsgegnerin an der Vermeidung einer Illiquidität einerseits und das Interesse der Antragstellerin am ungeminderten Erhalt der vereinbarten Vergütung bringt der Senat dergestalt zum Ausgleich, dass im Rahmen des Anordnungsgrunds eine Eilbedürftigkeit der Antragstellerin an der Anordnung einer ungeminderten Abschlagszahlung bejaht wird, soweit aller Voraussicht nach der Gesamtvergütungsteil nicht später zurückzuzahlen ist. Die einseitige Unabänderlichkeit der Gesamtvergütung soll die Antragstellerin letztlich davor schützen, dass ihr nicht auch vorübergehend Finanzmittel unberechtigterweise vorenthalten werden, die sie zur Vergütung der durch ihre Mitglieder kollektivvertraglich erbrachten Versorgungsleistungen benötigt. Soweit sie sicher Gesamtvergütungsanteile nicht benötigt, weil der Behandlungsbedarf aus dem Kollektivvertragsystem abgewandert ist, erscheint sie im Rahmen der Eilbedürftigkeit zumindest dann nicht schutzbedürftig, wenn durch die Pflicht zur vorübergehenden Doppelvergütung die konkrete Gefahr der Illiquidität der Antragsgegnerin verursacht wird. Allerdings muss dabei gewährleistet sein, dass der Antragstellerin, was letztlich Ratio der Veränderlichkeit erst nach Abschluss des Bereinigungsverfahrens ist, die bedarfunterlegte Gesamtvergütung sicher verbleibt. Das Risiko, vorübergehend eine zu hohe Summe vorleisten zu müssen, muss bei der Antragsgegnerin verbleiben.
In Bestimmung dieses sicher nicht bedarfsunterlegten Vergütungsanteils kann der Senat das Bereinigungsverfahren nicht vorwegnehmen, da er über die entsprechende Datengrundlage (individueller Behandlungsbedarf des teilnehmenden Versicherten 2007) nicht verfügt. Er kann eine Festlegung nur anhand des durchschnittlichen hausärztlichen Fallwerts treffen, den die Antragsgegnerin unwidersprochen mit 60,00 EUR beziffert hat. Von diesem Fallwert ist ein durchschnittlicher Anteil für diejenigen Leistungen in Abzug zu bringen, die auch in Ansehung der selektivvertraglich behandelten Versicherten weiterhin kollektivvertraglich zu entlohnen sind, weil sie nach dem geschlossenen Hausarztvertrag nicht zum Gegenstand der hausarztzentrierten Versorgung gemacht worden sind. Zu nennen sind hier in erster Linie alle im Bereitschaftsdienst erbrachten Leistungen der Hausärzte. Die Durchführung des Bereitschaftsdienstes findet sich im HZV-Vertrag ausgeklammert, was § 73b Abs.4 Satz 6 SGB V widerspricht.
Der Senat geht daher von einem Fallwert von 60,00 EUR aus, den er für im Kollektivvertragssystem verbleibende Leistungen um pauschal 10,00 EUR mindert. Der verbleibende Fallwert kann nun nicht, wie die Antragsgegnerin dies bei der Berechnung ihres monatlichen Einbehaltes getan hat, gedrittelt werden. Gesamtvertraglich bestimmt sich die monatliche Abschlagszahlung als ein 30%-Anteil der Quartalsgesamtvergütung. Von den verbleibenden 15,00 EUR bringt der Senat einen 50-prozentigen Sicherheitsabschlag in Abzug. Dieser Sicherheitsabschlag trägt der Vermeidung des Risikos eines Entzugs von Vergütungsmasse Rechnung, die für eine bedarfsunterlegte Vergütung kollektivvertraglicher Leistungen benötigt wird. Der verbleibende Fallwertanteil von 7,50 EUR multipliziert mit einer Teilnehmerzahl von 2 Mio. Versicherten ergibt einen zur Vermeidung einer Illiquidität im Rahmen des Anordnungsgrunds auszusprechenden zulässigen Einbehalt von 15.000.000,00 EUR für den Monat April.
Entgegen der Ansicht des Beigeladenen liegt eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache nicht vor. Das Gebot der Nichtvorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes bedeutet nämlich nichts anderes, als dass einstweilig kein Status verliehen werden darf, der durch eine für den Begünstigen negative Hautsacheentscheidung nicht mehr beseitigbar ist (VGH Baden-Württemberg v. 2.08.1990, 5 S 695/90, NVZ 1991, 124 ff.). Wirksamer Rechtsschutz gegen eine Beeinträchtigung des Gebots der nicht einseitigen Veränderbarkeit von Gesamtverträgen bzw. der gesamtvertraglich festgesetzten Vergütung wäre nicht gegeben, würde man eine entsprechende Anordnung als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache ansehen.
Der sozialgerichtliche Beschluss war daher wegen neuer Bewertung der Eilbedürftigkeit abzuändern. Davon abgesehen erscheint auch die Festsetzung von Verzugs- oder Prozesszinsen im Rahmen einer vorläufigen Regelung nicht erforderlich.
Bei der Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin den die Antragsteilabweisung tragenden Sachvortrag erst in der Beschwerdeinstanz präzisiert hat.
Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin zu 4/5 und die Antragstellerin zu 1/5. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die durch Beschluss des Sozialgerichts München vom 29. Mai 2009 ausgesprochene einstweilige Anordnung gegenüber der AOK Bayern (Antragsgegnerin), den einbehaltenen Teil der Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung auf den Monat April 2009 von 40 Millionen Euro sofort und in voller Höhe an die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (Antragstellerin) auszubezahlen.
Die Antragsgegnerin hat als gesetzliche Krankenkasse an die Antragstellerin für das Jahr 2009 mit befreiender Wirkung eine sog. morbiditätsbedingte Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung zu leisten, deren Höhe in einem Gesamtvertrag zu vereinbaren ist (§§ 87 a Abs. 3, 87 c Abs. 4 SGB V). Die "Vereinbarung zwischen der AOK Bayern u.a. und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns über die Vergütung und Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahre 2009 gemäß § 82 Abs.2 Satz 1, 87, 87 a, 87 b, 87 c SGB V" (i.f. "Honorargesamtvertrag 2009" - HGV09) war, da der Gesamtvertrag nicht einvernehmlich abgeschlossen werden konnte, im Dezember 2008 durch das Landesschiedsamt gem. § 89 SGB V bestimmt worden. Der gegen diese Festsetzung durch die Antragstellerin erhobenen Klage kommt aufschiebende Wirkung nicht zu.
Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung ist nach den vertraglichen Bestimmungen quartalsbezogen abzurechnen (Abschnitt 1 Teil E Ziff. 2 HGV09). Abschnitt 1 Teil E Ziff. 1 HGV09 verpflichtet darüber hinaus die Antragsgegnerin, an jedem fünften Bankwerktag des Monats für den Vormonat Abschlagszahlungen in Höhe von 30 % der auf das Quartal entfallenden vorläufigen morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen zu bezahlen. Im Übrigen - Restzahlung 10 % - erfolgt am Quartalsende eine Endabrechtung der vorläufigen Quartalsgesamtvergütung unter Beachtung berücksichtigungsfähiger zwischenzeitlicher Veränderungen, wie z.B. der Versichertenzahlen (Abschnitt 1 Teil E Ziffer 2 HGV09).
In Abschnitt 1 Teil A Ziff. 8 HGV09 ist bestimmt, dass eine im Hinblick auf Selektivverträge erforderliche Bereinigung der MGV gemäß den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses zu erfolgen hat.
Die auf die Monate April, Mai und Juni 2009 zu leistenden Abschlagszahlungen belaufen sich danach unstreitig auf EUR 158.615.400,00 EUR (vorläufiger Rechnungsbrief vom 20.03.2009). Die Antragsgegnerin leistete zum Fälligkeitstermin 08. Mai 2005 lediglich eine Abschlagszahlung für April 2009 in Höhe von EUR 118.615.400,00, mithin einen um 40.000.000,00 EUR verminderten Betrag.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 (eingegangen am gleichen Tage) beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der unverzüglichen Auszahlung des einbehaltenen Betrages. Zur Begründung trug sie vor, dass der Einbehalt nicht begründet worden sei. Es stehe aber zu vermuten, dass die Antragsgegnerin den Einbehalt im Vorgriff auf die gem. § 73 b Abs. 7 SGB V durchzuführende Bereinigung des Selektivvertrags mit dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. (BHÄV) bzw. der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG (HÄVG) einseitig vorgenommen habe. Die Antragsgegnerin sei jedoch zu einer einseitigen Kürzung der gesamtvertraglich bestimmten Abschlagszahlung unter keinem Aspekt berechtigt. Die Bindung der Antragsgegnerin an die Vergütungsvereinbarung folge aus § 82 Abs.2 SGB V. Kürzungen von Abschlagszahlungen gleich aus welchem Grunde dürften nicht erfolgen. Sollte sich die Antragsgegnerin zur Rechtfertigung auf eine vorweg genommene Bereinigung der Gesamtvergütung bzw. eigene aufrechenbare Ansprüche auf Bereinigung der Gesamtvergütung berufen, sei vorzutragen, dass fällige Ansprüche der Antragsgegnerin auf Bereinigung nicht bestünden. Nach § 73 b SGB V und den dazu ergangenen Richtlinien des Bewertungsausschusses könne die Bereinigung des Gesamtvertrags über die Gesamtvergütung nur durch einen anderen Gesamtvertrag erfolgen, der eine entsprechende Vereinbarung und im Falle ihres Nichtzustandekommens eine Schiedsamtsentscheidung voraussetze. Antragstellerin und Antragsgegnerin befänden sich derzeit in intensiven Gesprächen über die Höhe und die Berechnungsmethode der einzelnen Bereinigungskomponenten. Die erforderlichen Vereinbarungen seien noch nicht getroffen. Im Übrigen fehlten auch noch Vorgaben des Bewertungsausschusses für eine Bereinigung der Regelleistungsvolumen im Verhältnis der Antragstellerin zu ihren Mitgliedern. Die Antragsgegnerin habe trotz eindeutiger Vorgaben im Beschluss des Bewertungsausschusses bislang noch keine Notwendigkeit gesehen, gemäß § 89 SGB V das Schiedsamt anzurufen.
Im Übrigen fehlten die materiellen Bereinigungsvoraussetzungen. Mit Schreiben vom
10. März 2009, eingegangen am 12. März 2009, habe die Antragsgegnerin ihre Bereinigungsforderung für das Quartal 2/09 geltend gemacht. Die Antragstellerin habe der Bereinigungsforderung mit Schreiben vom 25. März 2009 widersprochen. Sofern die Antragsgegnerin ihre Bereinigungsforderungen auf die Verträge zur hausarztbasierten integrierten Versorgung gem. § 140 a SGB V, ebenfalls abgeschlossen mit der HÄVG für das Quartal I/09, stütze, könne dies schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil insoweit keine rechtsgültigen Verträge vorlägen. Hier gelte auch nichts fort. Auch der zu Beginn des Quartals 2/09 von der Antragsgegnerin abgeschlossene Vertrag über die hausarztzentrierte Versorgung gem. § 73 b Abs. 4 S. 1 SGB V sei nichtig, u.a. deshalb, weil dieser nicht mit der in der Norm genannten qualifizierten Gemeinschaft abgeschlossen worden sei. Vertragspartner sei die HÄVG, die nicht Vertragspartner sein könne. Der BHÄV sei nicht Vertragspartner. Daneben enthalte der Vertrag auch inhaltliche Mängel, die zur Nichtigkeit führten. Im Übrigen seien die den Vertragsärzten zugewiesenen Regelleistungsvolumina (RLV) aus Vertrauensschutzgründen nicht rückwirkend herabsetzbar. Die Bereinigung der Gesamtvergütung ggü. der Antragstellerin müsse jedoch gleichzeitig mit der Bereinigung der RLV ggü. den Ärzten erfolgen. Es bestünde die Gefahr von Mehrfacheinschreibungen, der wirksam begegnet werden könne, wenn die Antragstellerin die Abrechnung durchführe.
Angesichts des klaren Anordnungsanspruchs sei auch vom Bestehen eines Anordnungsgrunds auszugehen. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich überdies auch daraus, dass durch die Kürzung der Antragstellerin wesentliche Gesamtvergütungsanteile vorenthalten werden. Die Antragstellerin sei aber gemäß ihren Abrechnungsbestimmungen verpflichtet, die Gesamtvergütung in voller Höhe auszubezahlen. Der Sicherstellungsauftrag der vertragsärztlichen Versorgung werde gefährdet, insbesondere auch deshalb, weil allen Mitgliedern die Aufrechterhaltung des Praxisbetriebes bei dringend erforderlicher finanzieller Planungssicherheit ermöglicht werden müsse. Eine Vorfinanzierung der an die Vertragsärzte zu entrichtenden Gesamtvergütungsanteile durch die Antragstellerin stelle einen Verstoß gegen die allgemein geltenden Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dar, weshalb die Antragstellerin nicht einmal kurzfristig auf diesen Weg verwiesen werden könne. Das eigenmächtige Vorgehen der Antragsgegnerin könne dazu führen, dass das ganze vertragsärztliche Vergütungssystem aus dem Gleichgewicht gerate. Vertragsärzte könnten auf den Gedanken kommen, Patienten von Krankenkassen, die mit der Abschlagszahlung säumig seien, unabhängig von einer rechtlichen Zulässigkeit einstweilen nicht oder nur gegen Vorkasse zu behandeln. Mache das Beispiel der Antragsgegnerin Schule, könnten auch andere Krankenkassen auf den Gedanken kommen, Abschlagszahlungen zu kürzen, weil sie sich eines vermeintlichen Anspruchs rühmten. Dem Antrag beigefügt ist der Schriftverkehr der Beteiligten zu den vor Quartalsbeginn übermittelten Datengrundlagen für die Durchführung der Bereinigung.
Die Antragsgegnerin hat vor dem Sozialgericht darauf hingewiesen, dass das Vertragsarztrecht zwei hausärztliche Versorgungsformen vorsehe, nämlich zum einen die Regelversorgung durch Kollektivverträge mit der Antragstellerin und zum anderen die Versorgung im Rahmen von Selektivverträgen. Nach § 73 b Abs.4 Satz 1 SGB V sei die Antragsgegnerin gesetzlich verpflichtet worden, mit bestimmten qualifizierten Gemeinschaften - in Bayern der beigeladene BHÄV bzw. der vermittelnde Kooperationspartner HÄVG - Verträge über die sog. hausarztzentrierte Versorgung (i.f. HZV) abzuschließen. Die Antragsgegnerin habe daneben noch Integrationsversorgungsverträge mit anderen Leistungserbringern geschlossen. In beiden Versorgungsformen seien monatliche Abschlagszahlungen vereinbart. Gegenüber dem BHÄV folge die Pflicht zur Abschlagszahlung aus Anlage 10 des Vertrages zur Durchführung einer hausärztlichen Versorgung gemäß 73 b SGB V.
Zur Vermeidung einer Doppelvergütung habe die Antragsgegnerin von den Abschlagszahlungen, die die Antragstellerin für das 2. Quartal 2009 in Rechnung gestellt habe, den streitgegenständlichen Betrag einbehalten, weil sich die Antragstellerin zu den Bereinigungsvorschlägen nicht geäußert habe. Die Bereinigungsverhandlungen am 2. März, 6. April und 4. Mai 2009 seien ohne greifbares Ergebnis geblieben. Das von der Antragstellerin geforderte Schiedsamtsverfahren könne nicht durchgesetzt werden, weil die Amtsperiode des Landesschiedsamts zum 31. 12. 2008 ausgelaufen sei und dieses noch nicht neu besetzt werden konnte.
Man habe die Datengrundlagen mit Schreiben vom 10. März 2009, persönlich übergeben am 12. März 2009, fristgerecht zur Verfügung gestellt. Die von der Antragstellerin postulierten Voraussetzungen für eine Durchführung der Bereinigungen seien bei der gegebenen Ausgangslage keineswegs zwingend. Die Pflicht zur Bereinigung drücke das gesetzgeberische Ziel aus, dass Doppelvergütungen sowohl seitens der AOK gegenüber den verschiedenen Vertragspartnern als auch im Verhältnis dieser gegenüber den Vertragsärzten vermieden werden müssten. Dieses Ziel der Vermeidung einer Doppelbelastung für die Antragsgegnerin habe absoluten Vorrang, weil sonst die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung gefährdet sei. Die formalen Anforderungen in den gesetzlichen Regelungen sollten daher ein geordnetes Verfahren, aber kein Recht auf systemgefährdende Doppelvergütung ermöglichen, wie diese durch das nicht nachvollziehbare Veto der Antragstellerin bei der Bereinigung der HZV ausgelöst werde. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des Verzögerns einer einvernehmlichen Regelung bzw. der Besetzung des Schiedsamts.
Mit den Einwänden gegen die Gültigkeit der Selektivverträge, die in die Bereinigungsberechnung einflössen, könne die Antragsgegnerin nicht gehört werden. Auch der nach § 140 a Abs.1 SGB V bis zum Ende des 1. Quartals 2009 gültige Vertrag sei ebenfalls gültig. Die Rechtsprechung habe längst bestätigt, dass eine integrierte Versorgung auch lediglich im ambulanten Bereich erfolgen könne. Die Ausführungen zur Nichtigkeit des Hausarztvertrages seien nicht nachvollziehbar. Der Vertrag habe drei Vertragspartner: Die HÄVG, den BHÄV und die Antragsgegnerin. Der BHÄV habe den Vertrag ebenfalls unterzeichnet und werde als "Kooperationspartner" bezeichnet. Wie die beiden anderen Vertragspartner übernehme der BHÄV in dem Vertrag Pflichten (vgl. dort § 2 Abs.6). Die BHÄV stelle eine qualifizierte Gemeinschaft dar und ist Vertragspartner im Sinne von
§ 73b Abs. 4 S. 1 SGB V. Die Norm fordere nicht, dass der Vertrag ausschließlich mit der Gemeinschaft zu schließen sei, so dass eine Einbeziehung weiterer Vertragspartnern zulässig sei. Wegen der Veränderung des Sicherstellungsauftrags der Antragstellerin benötige diese den Bereinigungsbetrag nicht, weshalb die Gesamtvergütung zu mindern sei. Damit müssten auch die Abschlagszahlung angepasst werden. Auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben folge, dass die Antragstellerin nicht etwas fordern dürfe, was sie endgültig zu behalten nicht berechtigt sei. Ausweislich des beiliegenden Rechnungsbriefes der HZÄV v. 27.04.2009 habe man für den streitigen Monat ca. 35,5 Millionen Euro bezahlen müssen und bezahlt. Wie im Schreiben vom 10. März 2003 dargestellt, seien daneben integrierte Versorgungsverträge mit regional tätigen Ärzten geschlossen (z.B. Arztnetz QuE N.: Abschlagszahlungen 143.000,00 EUR, G. GmbH 238.000,00 EUR; Arztnetz A-Stadt-Nord: 69.800,00 EUR; Gesamtsumme sonst. Monatsabschlagsverpflichtungen 738.000 EUR; vgl. Anlage 8 des Schriftsatzes der Antragsgegnerin v. 18.05.2009).
Der einbehaltene monatliche Bereinigungsmindestbedarf für den HZV-Vertrag ergebe sich aus der durchschnittlichen Vergütung, die die Antragstellerin im Jahre 2008 für die hausärztliche Versorgung bezahlt habe. Diesen habe ein Expertenforum des Bayer. Staatministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen mit 60 EUR im Quartal benannt, was 20,00 EUR je Quartalsmonat entspreche. Multipliziere man diesen Betrag mit den ca. 2 Millionen in die hausarztzentrierte Versorgung eingeschriebenen Versicherten, ergebe sich der Einbehalt von 40 Mio. Euro.
Auch ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Angesichts der durch eine Doppelvergütung ausgelösten Gefährdung der finanziellen Stabilität der GKV und dem Umstand, dass die Antragstellerin Vergütungsmasse beanspruche, die sie wegen Wegfall des Versorgungsauftrags nicht mehr benötige, ergebe sich kein Sicherungsbedürfnis auf Seiten der Antragstellerin, sondern vielmehr ein solches auf Seiten der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin könne nämlich auf Dauer die finanziellen Mehrbelastungen nicht leisten.
Eine dem Antragserwiderungsschriftsatz vom 18.05.2009 beigefügten Statistik (Anlage 10) stellt die Entwicklung der Versicherteneinschreibungen in Hausarztverträge hervor. Der "Spalte BHÄV (§ 140 a SGB V)" ist folgende Entwicklung zu entnehmen: Stichtag
20. Dezember 2008 = 1.775.273 Versicherte; Stichtag 24. Februar 2009 = 1.875.202 Versicherte, Stichtag 22. März 2009 = 2.071.620 Versicherte. Die regionalen IV-Netze weisen danach insgesamt 70.000 Versicherte auf.
Die Beigeladene hat vorgetragen, dass die behauptete Rechtswidrigkeit des Einbehalts jeder Grundlage entbehre. Mit ihr wolle die Antragstellerin lediglich ihre Monopolstellung behalten. Dürfte sie Verwaltungskosten für die Durchführung der Abrechnung des HZV-Vertrags vereinnahmen, würden ihre Bedenken sofort entfallen, weil sie dadurch Macht und Monopol behielte. Die Anzahl der an der HZV teilnehmenden Hausärzte belege jedoch eindeutig, dass die Hausärzte einer Vertretung durch die Antragstellerin nicht mehr vertrauten. Der HZV-Vertrag sei ein dreiseitiger Vertrag. Unabhängig von der Bezeichnung als "Kooperationspartner" sei der Beigeladene Vertragspartner geworden, da er im Rubrum genannt sei, den Vertrag unterzeichnet habe und sich zur Erfüllung der von ihm vertraglich übernommenen Pflichten verpflichtet habe. Die beantragte Auszahlung der Abschlagszahlungen aus der Gesamtvergütung stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Der gesetzliche Auftrag der Antragstellerin sei nicht gefährdet, da der Einbehalt nur den Betrag betreffe, den sie für die Sicherstellung nicht benötige. Auch das Vertrauensschutzargument der Antragstellerin sei nicht einschlägig. Die Kürzungsmöglichkeit habe die Antragstellerin den niedergelassenen Hausärzten bei der Zuweisung der Regelleistungsvolumen für das 2. Quartal 2009 angekündigt und die Höhe der Zuweisung des RLV ausdrücklich unter den Vorbehalt der Neuberechnung wegen Bereinigung der Gesamtvergütung im Hinblick auf den Abschluss von Selektivverträgen gestellt.
Vor seiner Entscheidung hat das Sozialgericht einen Erörterungstermin durchgeführt. Als Ergebnis der Erörterung der Sach- und Rechtslage haben die Verfahrensbeteiligten dort einen Vergleich abgeschlossen, der über ein bis zum 15.06.2009 noch zu besetzendes Landesschiedsamt eine Vereinbarung zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs und zur Bereinigung der Regelleistungsvolumina vorsieht. Die Antragstellerin gestattete bis dahin eine Reduktion der monatlichen Abschlagszahlungen um 20 Mio. EUR. Die Antragstellerin verpflichtete sich, diese Kürzungen der Abschlagszahlungen an die betreffenden Vertragsärzte weiter zu geben. Der Antragstellerin war ein Widerrufsrecht eingeräumt, das diese fristgerecht ausübte.
Mit Beschluss vom 29. Mai 2009 hat das Sozialgericht München die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, an die Antragstellerin unverzüglich den von dem Abschlag auf die Gesamtvergütung für den Monat April 2009 einbehaltenen Betrag von insgesamt 40 Millionen Euro nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass bei summarischer Prüfung Abschnitt 1 Teil E Ziff.1 HGV09 der Antragstellerin einen Anspruch auf Auszahlung des Einbehalts von 40 Millionen Euro vermittle. Die Vorschrift enthalte überdies in ihrem Satz 2 eine Verpflichtung für die Vertragsparteien, sich hinsichtlich Anpassungen aufgrund von Änderungen der Vergütungssystematik oder -regelungen auf ein Berechnungsschema zu verständigen. Die Vereinbarung ist als Bestandteil der Gesamtvergütung für die Vertragsparteien bindend. Die Antragsgegnerin könne gegen den Zahlungsanspruch nicht einwenden, dass demgegenüber die Vermeidung von Doppelvergütungen vorrangig erscheine. Zwar stehe im Ergebnis fest, dass die von den Hausärzten erbrachten Leistungen nur entweder auf der Grundlage eines rechtsgültigen Selektivvertrages nach § 73 b SGB V von der Antragsgegnerin oder aber im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung als Kollektivvertrag dann zu Lasten der Gesamtvergütung durch die Antragsgegnerin erstattet werden könnten. Bei Abschluss eines Selektivvertrages nach § 73 b SGB V sei der Behandlungsbedarf nach § 87 a Abs.3 Satz 2 SGB V gemäß § 73 b Abs.7 Satz 2 SGB zwingend zu bereinigen, wobei letztgenannte Norm zwingend zu beachtende Vorgaben enthalte. Die entsprechenden Verfahrensrichtlinien zur Bereinigung der MGV für Selektivverträge seien nach Abschnitt 1 Teil A Ziff.9 HGV09 anzuwenden. Auch in den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses sei ein detailliertes Verfahren zur Durchführung der Bereinigung vorgeschrieben. Ausdrücklich sei auch hier die Einschaltung des Landesschiedsamts vorgesehen, sofern sich die Vertragspartner über die Plausibilität und Richtigkeit der Daten nicht einigen könnten. Die Bereinigung setze die Durchführung des vorgesehenen Verfahrens voraus. Auch der Einwand der Antragsgegnerin, Doppelfinanzierungen vermeiden zu wollen, ändere nichts. Denn um Doppelfinanzierungen zu vermeiden, verpflichte § 73 b Abs.7 SGB V die Vertragsparteien der Gesamtverträge zu einer entsprechenden Bereinigung um den Betrag, den die Erfüllung des kollektivvertraglichen hausärztlichen Versorgungsauftrages, bezogen auf die selektivvertraglich versorgten Versicherten gekostet hätte. Eine nur pauschale Bereinigung, etwa nur auf der Basis der Zahl der Versicherten oder der beteiligten Ärzte sei ausgeschlossen. Da diese Regelung technisch hoch kompliziert und sehr konfliktbeladen sei, habe der Gesetzgeber ausdrücklich das Schiedsamt als eine Ebene der Konfliktlösung vorgesehen. Sofern dieses noch nicht bestehe, könne nicht im Wege der Vorwegnahme die Abschlagszahlung seitens der Antragsgegnerin gekürzt werden. Zudem könne eine Bereinigung mangels Vorgaben des Bewertungsausschusses für rechtskonforme Bereinigungslösungen für die Regelleistungsvolumina derzeit noch nicht durchgeführt werden. Da der Anordnungsanspruch bereits mangels Rechtsgrundlage für einen Einbehalt eines Teils der Abschlagszahlungen aufgrund Nichteinhaltung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu bejahen sei, bedürfe es keiner Erörterung zur Wirksamkeit des Hausarztvertrags mehr. Der Anordnungsgrund liege vorliegend in der Gefahr der Inanspruchnahme der Antragstellerin durch die Vertragsärzte. Die konkrete Höhe des Bereinigungsvolumens sei erst im vorgesehenen Verfahren festzustellen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum die Abschlagszahlungen um 40 Mio. EUR gekürzt wurden, der Hausarztvertrag aber nur mit 35 Mio. EUR bedient worden sei. Es bestehe Wiederholungsgefahr, da die nächste Abschlagszahlung für Mai, Anfang Juni fällig werde.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Auch der Senat hat in einem Erörterungstermin am 19.06.2009 mit den Verfahrensbeteiligten die Sach- und Rechtslage umfassend besprochen. Im Nachgang dazu wurde den Beteiligten eine Schriftsatzfrist bis zum 24.06.2009 eingeräumt, die alle Beteiligten wahrnahmen.
Zusammengefasst nimmt die Antragsgegnerin zunächst auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug. Ergänzend trägt sie vor, dass das Fehlen der Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses zur Bereinigung der Regelleistungsvolumina zur Annahme eines Systemversagens hinsichtlich des Verfahrens der Bereinigung der MGV führen müsse. Auch das Schiedsamt könne letztlich nicht entscheiden. Die Antragsgegnerin dürfe nicht auf die Durchführung eines faktisch nicht erfolgreich abschließbaren Verfahrens als Voraussetzung der Bereinigung verwiesen werden. Als der Gesetzgeber die Bereinigungsregelung geschaffen habe, habe er nicht davon ausgehen müssen, dass die zeitgerechte Umsetzbarkeit aus den dargestellten Gründen scheitern werde.
Er habe auch nicht davon ausgehen müssen, dass das Bereinigungssubstrat von vornherein von der Gegenseite für nichtig und damit für nicht vorhanden erachtet würde. Letztlich handele die Antragstellerin widersprüchlich, weil sie sich einerseits auf ein formales Bereinigungsverfahren berufe, aber ihr andererseits die Durchführung eines solchen Verfahrens nebensächlich erscheine, weil sie darauf beharre, den 73b-Vertrag für nichtig anzusehen und letztlich eine Bereinigung nicht durchführen wolle. Die Widersprüchlichkeit zeige sich auch daran, dass die Antragstellerin für einen Vertrag nach § 73b SGB V betr. Kinder- und Jugendärzte, der derzeit verhandelt werde, die Abrechnung vornehmen wolle. Der Bereinigungsmodus bereite hier der Antragstellerin offensichtlich keine Probleme.
Die Antragsgegnerin legte ferner in ihrem Beschwerdevortrag und zusätzlich im Termin durch ihren Vorstandsvorsitzenden dar, dass ihr letztlich nur der Weg des streitgegenständlichen Einbehaltes bleibe, weil sie die vorübergehende Doppelfinanzierung der hausärztlichen Leistungen bei späterem Rückzahlungsanspruch nach erfolgter Bereinigung nicht lange schultern könne, ohne sehr bald in Liquiditätsprobleme zu geraten. Das Problem sei nicht auf den Monat April beschränkt; es kumuliere von Monat zu Monat, zumal mit einem zeitnahen Abschluss des Bereinigungsverfahrens nicht zu rechnen sei. Es müsste dann zur Vermeidung einer Insolvenz ein Zusatzbeitrag nach § 242 Abs.1 SGB V erhoben werden. In diesem Fall besäßen die Versicherten ein Sonderkündigungsrecht. Der Verlust von Versicherten und damit von Beiträgen sei im Fall eines späteren Mittelzuflusses nach endgültiger Bereinigungsentscheidung bzw. einer positiven Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr rückgängig zu machen. Die Antragstellerin habe im später widerrufenen Vergleich einen Einbehalt von 20 Mio. EUR akzeptiert.
Sollte in einem Jahr rechtskräftig festgestellt werden, dass eine Bereinigung, die in etwa der Größenordnung des streitgegenständlichen Vertrags entspreche, rechtmäßig sei, könnte die Antragsgegnerin erst dann die bis dahin aufgelaufenen Gelder von der Antragstellerin zurückfordern. Die Realisierung des Rückforderungsbetrages wäre faktisch nicht möglich. Hinzu komme, dass die Konkurrenzkassen ihrer Pflicht nach § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V, einen Hausarztvertrag abzuschließen, bislang nicht nachgekommen seien. Auch die Antragstellerin versuche weiter zu verzögern. Darauf deute hin, dass sie sich mit den Konkurrenzkassen auf einen diesen genehmen Kandidaten für das Amt des
Schiedsamtsvorsitzenden verständigt habe. Der von der Antragstellerin vorgelegte Vorschlag, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des BKK-Landesverbandes zu benennen, deute in diese Richtung.
Mit Schreiben vom 10.06.2009 wird übersandt ein Protokoll betr. die Abstimmung der Kassenverbände über den Vorsitzenden des Landesschiedsamts Ärzte für die Legislaturperiode 2009 - 2012. Daraus geht hervor, dass die Kassenverbände am 10.06.2009 bezüglich ihres Vorschlages zur Besetzung des Vorsitzenden des Landesschiedsamts eine Kampfabstimmung durchgeführt haben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 29.06.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einsteiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Unter Präzisierung des erstinstanzlichen Vortrags wird ergänzend ausgeführt, dass der Einbehalt unter keinem der von der Gegenseite diskutierten rechtlichen Gesichtspunkte -
§ 73b Abs.7, § 75 Abs.1 Satz 3 SGB V, § 138 BGB, §§ 242, 280 Abs.1 Satz 1 BGB, § 86 SGB X - rechtmäßig sei. Im Übrigen gäbe es nichts zu bereinigen. Zum einen sei die Zahl von 2.000.000 Versicherten anzuzweifeln. Die Zahl sei möglicherweise im bis zum
1. Quartal 2009 geltenden Vertrag nach § 140a SGB V eingeschrieben gewesen. Die Antragsgegnerin habe die Versicherten, die sich freiwillig in den Vertrag zur integrierten Versorgung eingeschrieben hätten, einfach "umgeswitcht" in freiwillige Teilnehmer an der hausarztzentrierten Versorgung. Im Grunde gebe es vor Beginn des Quartals 2/09 kaum Versicherte, die sich in die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V eingeschrieben hätten. Die Teilnahme könnte allein durch freiwillige Willenserklärung des Versicherten und nicht durch Satzungsrecht (nach § 19c Abs. 1 Satzung AOK-Bayern) erfolgen. Davon abgesehen sei die vorgelegte Berechnung wenig valide. Denn auch bei Einschreibung eines Teilnehmers in die hausarztzentrierte Versorgung würden, ausweislich des Hausarztvertrages, bestimmte Leistungen weiterhin nicht Bestandteil des Selektivvertrages sein, sondern weiterhin der Sicherstellung der Antragstellerin obliegen. Ausgeklammert blieben nämlich u.a. die diabetologischen Leistungen, das ambulante Operieren, die Psychotherapie sowie sämtliche Leistungen im Bereitschaftsdienst. Ein Teil des Fallwerts entfalle auf diese Leistungen.
Im Übrigen könne eine nachträgliche Bereinigung nicht erfolgen, da aus Gründen des Vertrauensschutzes der Hausärzte das Regelleistungsvolumen vor Quartalsbeginn feststehen müsse. Eine Bereinigung der RLV ohne Bereinigung der MGV sei nicht möglich und umgekehrt. Die Bestimmung des RLV hänge von der Summe der für einen KÄV-Bezirk vereinbarten MGV ab (§ 87b Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB V). Da gem. § 73b Abs. 7 S. 2 SGB V der Behandlungsbedarf nach § 87a Abs. 3 S. 2 SGB V zu bereinigen sei, müsse diese Bereinigung zwangsläufig auf die RLV "durchschlagen". Für die Bereinigung der RLV lägen aber die Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses noch nicht vor. Nach den Verfahrensrichtlinien des Bewertungsausschusses sei eine nachträgliche bzw. rückwirkende Bereinigung der Gesamtvergütung aber nicht zulässig. Im Ergebnis könne es keine rechtmäßige Bereinigung der MGV ohne gleichzeitige RLV-Bereinigung geben; letztere könne derzeit noch nicht und später nicht rückwirkend erfolgen, was wiederum bis dahin einer Bereinigung der MGV entgegenstehe.
Unzutreffend sei die Behauptung, man habe die Besetzung des Schiedsamts blockiert. Die Kassenseite habe sich zuerst auf einen gemeinsamen Besetzungsvorschlag zu einigen, was zum Fälligkeitszeitpunkt noch nicht geschehen sei.
Der Beigeladene beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 29.05.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Der Beschluss des Sozialgerichts München stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar, man müsse zwischen Gesamtvergütung und Abschlagszahlung unterscheiden. Die Abschlagszahlung unterliege nicht dem gesetzlich vorgesehenen Bereinigungsverfahren. Der Hausarztvertrag habe nach dem Willen der Beigeladenen, der HVÄG und der Antragsgegnerin drei Vertragspartner. Diesem Willen der Vertragsparteien komme Vorrang zu.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte des Sozialgerichts München sowie der Verfahrensakte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist auch nach Zahlung des einbehalten Betrags unter dem Vorbehalt der Rückforderung zulässig (§ 86b Abs.2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 945 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Beschwerde der Antragsgegnerin stellt sich zum überwiegenden Teil als unbegründet dar.
1.
Völlig zutreffend hat das Sozialgericht München das Bestehen eines Anordnungsanspruchs hinsichtlich der Auszahlung des einbehaltenen Teils der fälligen Abschlagszahlung auf die Gesamtvergütung bejaht. Nur aufgrund des im Beschwerdeverfahren präzisierten Vortrags der Antragsgegnerin zu der zu besorgenden Liquiditätsgefährdung aufgrund der weiteren Leistungspflicht im Selektivvertragssystem bei verfahrensbedingt verzögertem Freikommen aus des Leistungspflicht nebst späterem Erstattungsanspruch im Kollektivvertragssystem sah sich der Senat aufgrund der im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes vorzunehmenden Interessenabwägung veranlasst, die Entscheidung des Sozialgerichts teilweise abzuändern.
Gemäß § 86b Abs.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist, dass das betroffene Recht, d.h. der materielle Anspruch, glaubhaft gemacht ist (Anordnungsanspruch) und die Regelung so eilbedürftig erscheint, dass bei Nichterlass der einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare, auf andere Weise nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage ist (Anordnungsgrund).
Beide Voraussetzungen stehen nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen sie in einem inneren, unauflöslichen Zusammenhang. Je offensichtlicher das Bestehen des materiellen Rechts, desto geringer sind die Anforderungen an die Eilbedürftigkeit zu stellen. Umgekehrt sind an den Anordnungsanspruch umso höhere Anforderungen zu stellen, je größer der Eingriffscharakter der einstweiligen Anordnung hinsichtlich einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung ist. Erforderlich erscheint daher eine Gesamtabwägung zwischen den Nachteilen für die Antragstellerin, wenn die einstweilige Regelung nicht getroffen wird, und den von der Antragsgegnerin zu vergegenwärtigenden Nachteilen im Falle des Anordnungserlasses, jeweils unter Berücksichtigung der Evidenz des Anordnungsanspruchs. Dem Wesen des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz als vorläufige, das Hauptsacheverfahren nicht vorwegnehmende Regelung entspricht es, die Begründetheitsvoraussetzungen im Rahmen einer summarischen Prüfung zu beurteilen.
2.
Der Antragstellerin steht ein Anordnungsanspruch in Gestalt von Abschnitt 1 Teil E Ziffer 1 der durch das Landesschiedsamt festgesetzten Vereinbarung zwischen der AOK Bayern ( ...) und der KVB über die Vergütung und Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahr 2009 gemäß §§ 82 Abs.2 Satz 1, 87, 87a, 87b, 87c SGB V (Honorargesamtvertrag 2009; - HGV09 -) zur Seite. Danach erfolgen am fünften Bankwerktag des Monats die Abschlagszahlungen der Krankenkasse für den Vormonat unter Berücksichtigung der Versichertenzahlen des jeweils aktuellsten Quartals in Höhe von 30 % auf die vorläufige morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (- MGV -). Die Abschlagszahlung ist daher an die Höhe der Gesamtvergütung gekoppelt (siehe auch Abschnitt 1 Teil E Nr. 1 Satz 2 HGV09).
Die Höhe der gemäß §§ 87a Abs.3 Satz 2, 87c Abs.4 SGB V zu bestimmenden MGV ist im genannten Honorargesamtvertrag 2009 quartalsbezogen festgesetzt. Eventuelle Veränderungen, z.B. durch Veränderungen der Versichertenzahlen einer Kasse, sind erst im Rahmen der Quartalsabschlusszahlung zu berücksichtigen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass aufgrund der gesamtvertraglich festgesetzten Quartalsgesamtvergütung die Höhe der 30 %igen Abschlagszahlung EUR 158.615.400,00 beträgt, von der zum Fälligkeitszeitpunkt nur EUR 118.615.400,00 zur Auszahlung gelangt ist.
Auch vermittelt § 73b Abs.7 SGB V der Antragsgegnerin kein Recht auf vorläufigen Einbehalt oder einseitige Herabsetzung weder des Abschlags noch der Gesamtvergütung.
Die genannte Norm spricht die Verpflichtung der Vertragspartner der Gesamtverträge aus, den Behandlungsbedarf gem. § 87a Abs.3 Satz 2 SGB V entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der an der hausarztzentrierten Versorgung ( - HZV) teilnehmenden Versicherten sowie dem in den Verträgen nach § 73b Abs. 4 SGB V vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung zu bereinigen. Der mit dem Euro-Punktwert bewertete Behandlungsbedarf des § 87a Abs. 3 S. 2 SGB V bildet im Wesentlichen die MGV ab. Die Norm räumt denjenigen Krankenkassen, die Vertragspartner der Verträge nach Absatz 4 sind, ein Recht auf Anrufung des Landesschiedsamts nach § 89 SGB V für den Fall ein, dass eine Einigung über die Verringerung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Abs.3 Satz 2 SGB V nicht zustande kommt.
Die bereinigungsgegenständliche hausarztzentrierte Versorgung stellt eine besondere Form hausärztlicher Versorgung dar (§ 73b Abs.2 S. 1 SGB V). Sie wird aufgrund besonderer Verträge - sog. Selektivverträge - der Krankenkassen mit in der Norm hierzu ermächtigten Vertragspartnern geregelt (§ 73 Abs. 4, Abs. 5 SGB V). Die Teilnahme hieran ist für den Versicherten freiwillig (§ 73b Abs.3 Satz 1 SGB V). Der teilnehmende Versicherte wählt einen Hausarzt und darf Fachärzte mit Ausnahme von Kinderärzten, Augenärzten und Frauenärzten nur auf Überweisung des Hausarztes in Anspruch nehmen (§ 73 Abs.3 Satz 2 SGB V). Soweit die hausärztliche Versorgung als hausarztzentrierte durchgeführt wird, entfällt der kollektivvertraglich eingebettete Gewährleistungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 73b Abs. 4 S. 6 SGB V). Durch die Verknüpfung weiterer Leistungserbringung mit der Genehmigung des gewählten Hausarztes werden Effizienzsteigerungen in Gestalt von wirtschaftlicherer Arzneimittelverordnung und Vermeidung von Leistungsüberschneidungen beabsichtigt.
Durch § 73b Abs.4 Satz 1 SGB V in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung des GKV-OrgWG v. 15.12.2008 (BGBl. I 2426) sind die Krankenkassen verpflichtet worden, allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen bis zum 30.06.2009 Verträge mit Gemeinschaften zu schließen, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten. In Erfüllung dieser gesetzlichen Pflicht hat die Antragsgegnerin am 12.02.2009 einen Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß 73b SGB V abgeschlossen. Diesen Vertrag hat die Antragsgegnerin unstreitig am 12.03.2009 bei der Antragstellerin zur Bereinigung unter Übermittlung der Daten des
§ 73b Abs. 7 S. 4 SGB V angemeldet.
Die Vorgaben des § 73 Abs.7 Satz 2 SGB V sind durch den "Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs.1 Satz 1 SGB V (168. Sitzung) zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfes je Versicherten gemäß § 87a Abs.3 Satz 2 SGB V i.V.m. § 87c Abs.4 SGB V bei Beitritt eines Versicherten zu einem Vertrag gemäß §§ 73b, 73c und 140d SGB V" (gültig bis zum 31.12.2009) konkretisiert worden. Danach ist bei der Bereinigung das hierin beschriebene Verfahren anzuwenden, sofern die Vertragspartner nicht einvernehmlich ein abweichendes Verfahren festlegen. Soweit nichts anderes einvernehmlich vereinbart wird, sind rückwirkend und im laufenden Quartal erfolgende Bereinigungen nicht zulässig (Ziffer 2.). Getroffen werden Vorgaben bezüglich der durch die Krankenkasse vor Beginn des Quartals zur Verfügung zu stellenden Datengrundlage, den zu treffenden Feststellungen hinsichtlich des Umfangs des Selektivvertrags und der Bestimmung der Bereinigung des Behandlungsbedarfs je Versichertem. Die Ermittlung des Behandlungsbedarfs erfolgt nicht als pauschalierter Anteil eines durchschnittlichen Fallwerts, sondern anhand des kollektivvertraglichen und individuellen Leistungsbedarfs des einzelnen Teilnehmers im Jahre 2007, soweit ein Übergang in die HZV erfolgt (Ziff. 3.1, 4, 5.1.1). Dagegen hat der Bewertungsausschuss Verfahrensrichtlinien hinsichtlich der Bereinigung der RLV von Vertragsärzten, die Patienten auch auf selektivvertraglicher Grundlage behandeln, noch nicht erlassen.
Nach Ansicht des Senats ergibt sich damit sowohl aus § 73b Abs.7 S. 2 SGB V als auch aus dem konkretisierenden Beschluss des Bewertungsausschusses eindeutig, dass eine Änderung des nach §§ 87 a Abs. 3 S. 2, 87c Abs. 4 SGB V gesamtvertraglich festgesetzten Behandlungsbedarfs allein durch eine andere gesamtvertragliche Regelung statthaft ist, welche einvernehmlich zu vereinbaren oder im Falle der Nichteinigung durch das
Landesschiedsamt festzusetzen ist.
Diese ausdrücklich zur Bereinigung von HZV-Selektivverträgen geschaffene Norm ist überdies Ausdruck eines die vertragsärztliche Versorgung prägenden Leitprinzips, wonach der Inhalt notwendiger Gesamtverträge erst dann der Änderung unterliegt, wenn ein neuer Vertrag, sei es durch einvernehmliche Vereinbarung, sei es durch Festsetzung des zuständigen Schiedsamts (oder ggf. der Aufsichtsbehörde) wirksam abgeschlossen werden konnte. Bis dahin gilt der Inhalt auch eines gekündigten Gesamtvertrages vorläufig fort (§ 89 Abs.1 Sätze 2 bis 5 SGB V). Auch für die gesamtvertraglich zu vereinbarende Gesamtvergütung gilt, dass nach Ablauf des Bezugszeitraumes nur die Veränderung der Gesamtvergütung
Gegenstand weiterer gesamtvertraglicher Vereinbarungen bzw. der Festsetzung des Schiedsamts ist. Das SGB V verfolgt damit erkennbar und nachdrücklich das Ziel, einen vertragslosen bzw. einen vertragskollidierenden Zustand zu vermeiden, der entsteht, weil sich eine Vertragspartei eines Loslösungs-, Abänderungs- oder Gegenanspruchs rühmt, ohne dass eine objektive und allseitig verbindliche Entscheidung getroffen werden konnte. Der einseitig postulierte Veränderungsanspruch bzw. das Geltendmachen von nicht vertraglich vereinbarten Primär- und Sekundäransprüchen einschließlich vorübergehender Einbehalte soll keine Wirkungen zeigen, bis mittels der gesetzlich geschaffenen Vertragsabänderungs- und Vertragsabschlussmechanismen eine Einigung, ggf. durch
Schiedsamtsentscheid, getroffen ist. Diesem Leitprinzip liegt die gesetzgeberische Absicht zu Grunde, die Funktionsfähigkeit der ambulanten Versorgung in Gestalt des reibungslosen Funktionierens der Erbringung von Leistungen über jedes Interesse eines Vertragspartners an einer sofortigen und einseitigen Durchsetzung eigener Rechtspositionen zu stellen. Denn durch die Heranziehung der im Vertragsrecht gebräuchlichen Möglichkeiten der einseitigen vorläufigen Durchsetzung von Rechtspositionen könnte es zu erheblichen Gefährdungen der Versorgung gesetzlich Versicherter kommen. In Ansehung der Gesamtvergütungszahlungen birgt die einseitige Minderung die Gefahr der Sachleistungsverweigerung und in Folge der Entstehung gesundheitlicher Nachteile für die Versicherten, wenn die Vertragsärzte eine Nichthonorierung ihrer Tätigkeit durch die KÄV befürchten.
In Fortsetzung dieses Prinzips der Fortgeltung des Inhalts notwendiger Verträge bis zu einer vertraglichen Neugestaltung hat der Gesetzgeber auch für die hausarztzentrierte Versorgung in § 73b Abs.7 SGB V ausdrücklich geregelt, dass die nach den Vorgaben durchzuführende Bereinigung der Gesamtvergütung, deren Umsetzung Interpretationsspielräume eröffnete, die nunmehr teilweise durch den Beschluss des Bewertungsausschusses geklärt sind, ebenfalls im Wege der einvernehmlichen Einigung oder ersatzweise durch Schiedsamtsfestsetzung zu erfolgen hat. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Gesetzgeber diese Regelung in Kenntnis des möglichen zeitlichen Verlaufs von Vertragsverhandlungen und der Möglichkeit der Nichteinigung bei anschließender Durchführung einer Schiedsamtsentscheidung getroffen hat. Lange bekannt ist auch, dass die Amtsperiode jedes Schiedsamts zeitlich begrenzt ist und die Neubesetzung ebenfalls Abstimmungen, Einigungen sowie im Versagensfall der In-Gang-Setzung der vorgesehenen Ersatzmechanismen bedarf (§ 89 Abs.3 i.V.m. § 211a SGB V).
Der Senat stützt seine Überzeugung auch auf eine Gegenüberstellung des § 73b Abs.7 SGB V und des § 140d Abs.1 SGB V. Für die Versorgungsform der integrierten Versorgung hat der Gesetzgeber die Bereinigung um die Einführung einer sog. Anschubfinanzierung dergestalt ergänzt, dass ein pauschalierter Anteil der Gesamtvergütung zur Verfügung steht. Dies ist in § 73 b SGB V gerade nicht geschehen. Unerheblich ist, ob der Gesetzgeber im Zuge der eiligen Einführung des § 73 b Abs. 4 Satz 1 SGB V den dadurch ausgelösten Bereinigungsbedarf zutreffend eingeschätzt hat.
Der Senat sieht daher im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruchs keinerlei Raum, von der Unveränderbarkeit des vertraglichen Anspruchs auf die Gesamtvergütung bzw. der daran anknüpfenden Abschlagszahlungen bis zum Abschluss des vorgesehenen Bereinigungsverfahrens abzurücken. Die einseitige Unveränderbarkeit kann auch nicht ernsthaft damit ausgehebelt werden, dass die Abschlagszahlung als etwas bezeichnet wird, was mit der Gesamtvergütungshöhe nichts zu tun habe. Auch die Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben (dolo agit qui petit quod statim redditurus est) würde letztlich die systemtragende Grundentscheidung des Gesetzgebers konterkarieren. Nach den Besonderheiten des Systems der vertragsärztlichen Versorgung entspricht es vielmehr Treu und Glauben, am bisherigen Vertragsinhalt solange festzuhalten, bis eine Vertragsänderung durchgesetzt werden konnte.
Von diesem Grundsatz des Festhaltens am bisherigen Vertragsinhalt bis zur Bestimmung eines neuen Vertragsinhalts wäre nach Ansicht des Senates nur im Falle eines Systemversagens im Hinblick auf die Durchführung des Bereinigungsverfahrens abzuweichen. Ein Systemversagen liegt nach Ansicht des Senates im Fall der Weigerung einer Seite, einer einvernehmlichen Lösung zuzustimmen, nicht vor. Sie ist anzunehmen, wenn eine Partei mit treuwidrigen Mitteln die Durchführung des Verfahrens und das Zustandekommen einer Schiedsamtsentscheidung blockieren würde oder aus sonstigen Gründen der Fortgang des Verfahrens objektiv unmöglich erscheint.
Dies vermag der Senat bislang nicht zu erkennen. Denn erst unter dem Datum des 10.06.2009 haben die Kassenverbände den für eine Besetzung des Schiedsamtsvorsitzenden notwendigen Schritt unternommen und sich gem. § 211a SGB V auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt. Einen Schiedsamtsantrag hat die Antragsgegnerin nicht gestellt. Damit kann sie sich derzeit auf den fehlenden Normerlass durch den Bewertungsausschuss hinsichtlich des Verfahrens der RLV-Bereinigung nicht berufen.
3.
Zudem spricht bei summarischen Prüfung viel dafür, dass die Antragsgegnerin derzeit keinen wirksamen Vertrag gemäß § 73b Abs.4 Satz 1 SGB V abgeschlossen hat, weil der gewählte Selektivvertragspartner nicht als qualifizierte Gemeinschaft im Sinne der Norm anzusehen ist.
Die unter dem Datum des 12.02.2009 unterzeichnete Vereinbarung ist bezeichnet als Vertrag zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73 b SGB V zwischen der AOK Bayern ( ...) und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft eG Köln ( ...) "HÄVG" - einzeln oder gemeinsam auch "Vertragspartner". Dem Rubrum zugesetzt finden sich die Worte: HÄVG in Kooperation mit und ermächtigt durch den Bayer. Hausärzteverband e.V. ( ...) "BHÄV" "Kooperationspartner".
In der Präambel wird ausgeführt, dass sich der BHÄV zur Durchführung des HZV- Vertrags der HÄVG als Managementgesellschaft bediene, die er durch einen Kooperationsvertrag mit dem Abschluss und der Umsetzung des HZV-Vertrages beauftragt habe. Im Folgenden werden dann die Rechte und Pflichten zwischen den Vertragspartnern festgesetzt. Nach § 2 Abs.5 verpflichtet sich der teilnahmewillige Hausarzt durch gesonderte Erklärung zur Teilnahme an der HZV und gegenüber der HÄVG zu einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen hausärztlichen Versorgung. In § 9 Abs.1 verpflichtet sich nur die HÄVG gegenüber der AOK zur Durchführung einer hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V. Diese werde durch die Ermächtigung und Kooperation mit dem BHÄV sichergestellt; Einzelheiten seien in einer dem BHÄV bekannt zu gebenden Kooperationsvereinbarung festgelegt. Die weiteren Absätze der Vorschrift begründen weitere Pflichten nur der HÄVG. Absatz 4 berechtigt die HVÄG, sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen und der geschuldeten Leistungen, insbesondere für die Abrechnung, ihrerseits Dritter zu bedienen. Auch die Vergütungspflicht der AOK besteht (nur) gegenüber der HÄVG (§ 12). Der teilnehmende Hausarzt erwirbt einen Anspruch auf Auszahlung der Vergütung nur gegenüber der HÄVG. Der BHÄV ist ab und an als Kooperationspartner erwähnt, jedoch in den Rechte- und Pflichtenkanon nicht einbezogen (z.B. § 2 Abs. 6). Als Vertragspartner unterzeichnen die Vertretungsberechtigten der Antragsgegnerin und der HÄVG. Der Vorstand des Beigeladenen unterzeichnet den Vertrag nicht als "Vertragspartner", sondern als "Kooperationspartner".
Damit steht fest, dass der Beigeladene, bei dem es sich unzweifelhaft um eine qualifizierte Gemeinschaft handelt, nicht Vertragspartner der AOK geworden ist. Der Beigeladene schuldet nämlich weder die Durchführung der HZV durch die teilnehmenden Ärzte, noch steht er für die korrekte Abrechnung und Honorierung ein. Er erscheint allenfalls in unselbständige Nebenpflichten (Treuepflicht) einbezogen. Auch haftet der Beigeladene ggü. der Antragsgegnerin für die Nichterfüllung der wesentlichen Vertragspflichten der HVÄG nicht.
§ 73 b Abs. 4 S. 1 SGB V räumt allein den dort genannten qualifizierten Gemeinschaften die Kompetenz ein, Verträge über die HZV zu schließen und vorrangig Vertragspartnerstellung zu bekleiden. Die Vertragsabschlussermächtigungen des Satzes 3 stehen unter dem Vorbehalt des Abschlusses eines Vertrags nach Satz 2 (Ausnahme: Kinder- und Jugendlichen-HZV).
Eine Delegation der Vertragspartnerkompetenz durch eine qualifizierte Gemeinschaft auf einen Dritten, den HZV-Vertrag im eigenen Namen zu schließen und zu erfüllen, ist nicht zulässig. Die durch das 5. Buch Sozialgesetzbuch verliehenen Kompetenzen, Partner von Normverträgen bzw. öffentlich-rechtlichen Verträgen unter Einbeziehung Dritter zu sein, beinhalten kein Recht zur Abtretung bzw. Weitergabe der Ermächtigung. Die Verleihung einer Zuständigkeit und Ermächtigung schließt grundsätzlich nicht deren Delegation mit ein. Die Stellung, als Vertragspartner unter Einbeziehung Dritter die ambulante Versorgung sicher zu stellen, setzt das Vertrauen des Gesetzgebers voraus, dass jener die Gewähr besitzt, die übernommenen vertraglichen Pflichten zu erfüllen, was, im Verhältnis zu den teilnehmenden Leistungserbringern, auch die Durchsetzung vertragsgemäßen Verhaltens einschließt. Da die Verträge über Leistungserbringung auch die Zahlung, Entgegennahme und Verteilung von erheblichen Beitragsmitteln der Versicherten umfasst, bedarf es auch insoweit besonderen Vertrauens. Die gesetzlich eingeräumte Vertragspartnerstellung setzt daher voraus, selbst für die Durchsetzung und Erfüllung der übernommenen Pflichten und der eingeräumten Rechte einschließlich der Folgen einer Nichterfüllung einzutreten. Die Zwischenschaltung eines Dritten, der den Ermächtigten von Erfüllungs- und Haftungsrisiken quasi als Risikopuffer abschirmt, ist hiermit unvereinbar.
Der Senat sieht seine Ansicht auch durch § 73 b Abs. 4 Satz 3 Ziffer 4 SGB V bestätigt. Allein hier ist einem Dritten (KÄV) eine Vertragspartnerstellung durch Ermächtigung eines der zuvor genannten Vertragspartner eingeräumt. Die Regelung wäre entbehrlich, wenn ohne weiteres Vertragspartnerkompetenzen durch "Ermächtigung" weitergereicht werden könnten.
Daran ändert die Novellierung des § 295 Abs. 1b SGB V durch Art.15 Nr.13a des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften mit Wirkung vom 18.06.2009 nichts (BT-Drs. 16/13428; vgl. auch Deutscher Bundestagausschuss, A. f. Gesundh., A-Drs. 16 (14) 0570; Drs. 16, 12256). Denn damit wird ab Juni 2009 den Ärzten oder Gemeinschaften, wenn sie denn Verträge nach § 73b SGB V geschlossen haben, die Heranziehung einer Servicegesellschaft zur Erfüllung übernommener Pflichten datenschutzrechtlich erlaubt, was zuvor unzulässig gewesen war.
Der Senat sieht auch nicht, dass dem Beigeladenen aufgrund seiner Rechtsform als eingetragener Verein die Wahrnehmung der Vertragspartnerkompetenz rechtlich verwehrt wäre. Der Begriff der Gemeinschaft i.S.v. § 73 b Abs. 4 S. 1 SGB V erweist sich als rechtsformoffen. Einschränkungen, Gemeinschaft im Sinne der Norm zu sein, können sich allenfalls aus sonstigem Recht, insbesondere dem Zivil- und Gesellschaftsrecht ergeben, was dann zu einer Rechtsformänderung zwingen könnte. Der Senat zweifelt -ohne dass es darauf ankäme- daran, dass die Vertragspartnerstellung den eingetragenen, nicht wirtschaftlichen Verein in einen wirtschaftlichen Verein wandelt. Kein wirtschaftlicher Verein liegt vor, wenn im Rahmen ideeller Zielsetzung eine wirtschaftliche Nebentätigkeit erfolgt (BGH NJW 83, 569 zum ADAC; OLG Hamm, NJW RR 08,350 zu Bundesligavereinen).
Da der Beigeladene nicht Vertragspartner geworden ist, könnte ein HZV-Vertrag, der sich auf die Rechtsgrundlage des § 73 b Abs. S. 1 SGB V zu stützen vermag, nur dann vorliegen, wenn die hausärztliche Vertragsgemeinschaft e.G. ihrerseits die Voraussetzungen, die an eine qualifizierte Gemeinschaft zu stellen sind, erfüllen würde. Dazu müsste es sich bei ihr um eine Gemeinschaft handeln, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirkes der Kassenärztlichen Vereinigung vertritt. Dies ist nicht erkennbar.
Eine eingetragene Genossenschaft kann "Gemeinschaft" i.S.d. § 73 b SGB V sein. Nicht zu entscheiden ist, ob es sich um eine Gemeinschaft von hausärztlichen Leistungserbringern handeln muss (arg. aus Absatz 4 Satz 3 Nr. 2; Satz 1 erst danach eingefügt) und handelt. Nach der vom Beigeladenen vorgelegten Satzung (§3) können Hausärzte Genossenschafter werden.
Im Rahmen summarischer Prüfung ist auch nicht darüber zu entscheiden, ob die desweiteren erforderliche "Vertretung von mindestens der Hälfte der in einem KV-Bezirk hausärztlich teilnehmenden Allgemeinärzte" einen Status der Ärzte in der Gemeinschaft selbst erfordert, der die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Vertretenen in der Gemeinschaft einerseits und die demokratische Legitimation der Gemeinschaft andererseits sichert. Der Normwortlaut verlangt dies nicht ausdrücklich.
Denn auch dann, wenn die Einräumung einer Vertretungsmacht durch die Allgemeinärzte eines KV-Bezirks auch in anderer Weise als durch Mitgliedschaft, Genossenschaft oder Gesellschafterstellung möglich ist, liegt ein solches durch Willenserklärung eingeräumtes Vertretungsmandat der Hälfte der Allgemeinärzte in Ansehung der HVÄG nicht vor. Dieses Mandat ist kraft Mitgliedschaftsstellung und kraft schriftlicher Erklärung dem Beigeladenen und nicht der HVÄG eingeräumt (vgl. das Rundschreiben des Bayer. Hausärzteverbandes vom 18.09.2008, vorgelegt durch Antragstellerin mit Schriftsatz v. 24.06.2009).
Damit könnte die Vertretungsqualifikation der HÄVG nur noch mit einer Delegation des dem Beigeladenen erteilten Vertretungsauftrags auf die Genossenschaft begründet werden. Eine solche mittelbare Vertreterstellung wäre zu diskutieren aufgrund einer untervollmachts-/auftragsähnlichen Erstreckung des Vertretungsmandats. Die Statthaftigkeit einer solchen mittelbaren Vertretungsmandatsbegründung über den Beigeladenen unterliegt aus den gleichen Gründen wie die Übertragung der gesetzlich eingeräumten Vertragspartnerstellung auf einen Dritten erheblichen rechtlichen Zweifeln. Gleiches gilt für eine zu diskutierende Vermittlung der Vertretungsmacht kraft Mitgliedschaftsstellung des Beigeladenen in der Genossenschaft im Sinne einer Einbringung der Vertretungsmacht.
Auch die Beigeladene hat weder schriftsätzlich noch im Termin behauptet, dass die HÄVG selbst qualifizierte Gemeinschaft ist. Sie hat diese als Management- und Servicegesellschaft bezeichnet, der die Vertragspartnerstellung und Vertragsdurchführung durch Ermächtigung des Beigeladenen übertragen worden ist. Der Managementgesellschaft einer Gemeinschaft ist nur eine nachrangige Vertragspartnerkompetenz eingeräumt ("Träger von Einrichtungen": § 73 Abs.4 Satz 3 Ziffer 3 SGB V). Nachrangig ist diese Stellung deshalb, weil ein Vertragsabschluss erst dann rechtlich zulässig ist, wenn ein Vertrag nach Satz 1 abgeschlossen worden ist.
Im Rahmen summarischer Prüfung kann auf die Rechtsfolgen der fehlenden Vertragsabschlusskompetenz der HVÄG für die Bereinigung und die Beziehungen der Vertragsschließenden einschließlich der teilnehmenden Ärzte nicht eingegangen werden, weil letztlich hierfür weitere Ermittlungen erforderlich sind. Ob tatsächlich von der Nichtigkeit des HZV-Vertrags und dem Fehlen eines Bereinigungsgegenstands auszugehen ist oder die nachrangige Abschlusskompetenz die Annahme der Nichtigkeit verhindert oder ob nach den Grundsätzen des faktischen Vertrags abzuwickeln sein wird, muss genauso offen bleiben, wie die Frage, ob ein neuer, wirksamer Vertragsschluss zeitlich rückanknüpfend wirken kann.
4.
Der Senat zweifelt entgegen der Ansicht der Antragstellerin daran, dass eine Bereinigung der Gesamtvergütung für das 2. Quartal 2009 deshalb ausscheidet, weil einerseits eine gleichzeitige Bereinigung der RLV zu erfolgen hat und diese rückwirkend nicht möglich ist und andererseits nicht die behauptete Anzahl von Versicherten wirksam eine Teilnahme zu dem Vertrag nach § 73b Abs.4 Satz 1 SGB V erklärt hat.
Der Senat stimmt der Antragstellerin zu, dass sie das RLV den Vertragsärzten vor Beginn des Quartals durch Verwaltungsakt zuzuweisen hat. Ansonsten kann das System der Regelleistungsvolumina seine verhaltens- und leistungssteuernde Wirkung nicht entfalten
(§ 87b Abs.5 SGB V). Der Arzt bzw. die Arztpraxis soll den Anteil an der Gesamtvergütung im Sinne des in voller Höhe vergütungsfähigen Leistungsvolumens kennen und seine Tätigkeit planen können. Zuzustimmen ist auch darin, dass die Bereinigung des Behandlungsbedarfs der MGV für den gleichen Zeitraum eine Bereinigung des RLV der (teils) selektivvertraglich tätigen Hausärzte erforderlich macht. Der Behandlungsbedarf bestimmt die MGV und diese wiederum die Höhe der RLV (§§ 87 a Abs. 3 S. 2, 87d Abs. 4; 85 b Abs. 3 SGB V).
Die nicht zu bestreitende Notwendigkeit einer Bereinigung der MGV und des RLV für den gleichen Zeitraum bedeutet jedoch nicht, dass eine zeitgleiche Bereinigung zwingend ist und dazu führt, dass die vor Zuweisung verfahrensbedingt noch nicht vollzogene Bereinigung der RLV eine verfahrensbedingt später vollziehbare Bereinigung der MGV verbietet und umgekehrt. Vielmehr wird die Antragstellerin die RLV-Zuweisungsverwaltungsakte mit jeweils einem Änderungsvorbehalt gem. § 32 Abs. 1 2. Alt. SGB X versehen müssen.
Vertrauensschutzgesichtspunkte oder das Erfordernis der Planungssicherheit des betroffenen Arztes werden nicht verletzt. Denn jener Arzt kennt die Zahl der eigenen Patienten, die in die HZV eingeschrieben sind und ihn als Zentrumshausarzt gewählt haben, am Besten. Auf Grund des Vorbehaltes weiß er, dass sich die RLV-Zuweisung um die entsprechende Zahl und den bisherigen Behandlungsbedarf im Kollektivvertragssystem mindern wird, wenngleich die verfahrensmäßige Abwicklung zu Beginn des Quartals noch nicht vollzogen ist.
Zwar gebietet der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 1. Oktober 2008 zur Ermittlung des zu bereinigenden Behandlungsbedarfes je Versicherten eine rechtzeitige Übermittlung der Datengrundlage durch die Krankenkassen vor Quartalsbeginn (3.1.1) und verbietet eine, vorbehaltlich einvernehmlich abweichender Regelung, rückwirkende und im laufenden Quartal erfolgende Bereinigung (Ziffer 2.). Dieses Verbot rückwirkender Bereinigung, das nur das Verhältnis Krankenkasse zur Kassenärztlichen Vereinigung betrifft, steht einer Bereinigung nach verspäteter Meldung entgegen (z.B. Meldung während des Quartals). Die Vorschrift verbietet dagegen eine spätere verwaltungsmäßige Umsetzung der Bereinigung der MGV für solche zurückliegenden Quartale nicht, in denen eine rechtzeitige Meldung erfolgt war.
Soweit aus § 85 b Abs. 3 S. 2 Nr. 1 SGB V geschlossen wird, dass die Höhe des RLV starr an die Höhe der MGV, für die eine Bereinigung verfahrensmäßig noch nicht vollzogen werden konnte, gekoppelt sei und einen Anspruch auf Zuweisung in voller Höhe (einschließlich des zur Bereinigung anstehenden Behandlungsbedarfs) vermittelt und sich daher eine RLV-Bereinigung sowie in Folge eine MGV-Bereinigung verbietet, geht diese Interpretation fehl. Eine solche Auslegung würde letztlich eine Bereinigung dauerhaft unmöglich machen. Bereits aus der "insbesondere"- Verknüpfung geht hervor, dass weitere sachgerechte Parameter, wie z.B. ein auf das Selektivvertragssystem übergegangener Versorgungsbedarf berücksichtigungsfähig sind.
Nach summarischer Prüfung muss es weiteren Ermittlungen vorbehalten bleiben, ob auch die Versicherten, die vor Beginn des 2. Quartals 2009 unter dem mit dem Etikett des
§ 140a SGB V versehenen Vertrag eine Teilnahmeerklärung abgegeben haben, Teilnehmer des ab dem 2. Quartal geltenden Vertrags nach § 73b SGB V sind. Der Senat hält insoweit den Inhalt der abgegebenen Teilnahmeerklärungen für entscheidend. Hier lagen ihm keine Muster der möglicherweise wechselnden Versionen vor.
Derzeit spricht aber einiges hierfür: Wesentlicher Inhalt der Versichertenerklärung ist der geäußerte Wille, an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen zu wollen und sich den hierfür geltenden Beschränkungen zu unterwerfen. Die AOK hatte mit der HÄVG in den Vorjahren einen als "Rahmenvertrag zur hausarztbasierten integrierten Versorgung nach § 140a SGB V" (zuletzt in der Fassung eines 1. Nachtrages vom 29. Juni 2007) betitelten Vertrag (i.f. HBIV-Vertrag) abgeschlossen. § 140d Abs.1 SGB V sah damals eine letztlich bis zum Jahresende Ende 2008 verlängerte Anschubfinanzierung der sog. "Integrierten Versorgung" vor. Die Pflicht zur Rückzahlung nicht zweckentsprechend verbrauchter Mittel wurde bis zum 31. März 2009 aufgeschoben. Regelungsgegenstand des Vertrags zur hausarztbasierten integrierten Versorgung war letztlich eine hausärztliche Versorgung, die mit der in § 73b SGB V geregelten hausarztzentrierten Versorgung völlig identisch war (vgl. § 4 Abs.3 HBIV-Vertrag).
Haben mithin die Versicherten ihren Willen erklärt, sich nach den Regeln der HZV behandeln zu lassen, wäre dagegen zumindest grundsätzlich nichts einzuwenden.
Unerheblich erscheint, dass der bis Ende des 1. Quartals 2009 geltende Hausarztvertrag sich nicht auf § 140a SGB V stützen kann. Denn Verträge zur integrierten Versorgung können nur über eine interdisziplinär-fachübergreifende oder über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung geschlossen werden (§ 140 a Abs.1
Satz 1 SGB V). Der Begriff der interdisziplinär-fachübergreifenden Versorgung setzt eine Kooperation von Haus- und Fachärzten bzw. von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete voraus. Die Kooperationen müssen die Fachgebietsgrenzen des ärztlichen Weiterbildungsrechtes überschreiten. Sie müssen zudem im ambulanten Bereich über die traditionelle Zusammenarbeit durch Überweisung an Ärzte eines anderen Fachgebietes hinausgehen (BSG Urteil vom 6. Februar 2008, B 6 KA 5/07 R, SozR 4-2500 § 140a Nr.2). Regelungssubstrat dieses Vertrages war jedoch allein eine hausarztzentrierte Versorgung, die gerade keine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung darstellt.
Ob ein nichtiger Vertrag die im Glauben auf dessen Wirksamkeit abgegebenen Teilnahmeerklärungen unwirksam werden ließe, kann offen bleiben. Denn ein unter dem Etikett einer unpassenden Rechtsgrundlage abgeschlossener Vertrag ist wirksam, wenn er sich stattdessen auf eine andere tragende Rechtsgrundlage stützen kann. Dies ist in Ansehung der vor der Änderung durch das GKV-OrgWG anwendbaren Fassung des § 73 b SGB V wohl der Fall.
5.
Angesichts der äußerst robusten Verfasstheit des Anordnungsanspruchs der Antragstellerin sind an die Eilbedürftigkeit des Regelungserlasses grundsätzlich nur geringe Anforderungen zu stellen. Hinzu tritt, dass die Schutzfunktion des Bereinigungsverfahrens zu Gunsten der Antragstellerin die Eilbedürftigkeit verstärkt. Demgegenüber hat ein pauschales Interesse der Antragsgegnerin, die für die ambulante Versorgung geschuldete Gegenleistung einstweilen, nämlich bis zum Abschluss des Bereinigungsverfahrens nicht zweifach (bei späterem einfachen Erstattungsanspruch) ausreichen zu müssen, eindeutig zurückzustehen.
Das insoweit überwiegende Interesse der Antragstellerin an der Nichtbeeinträchtigung ihres Gewährleistungsauftrages findet jedoch ein gleichrangiges Komplementärinteresse auf Seiten der Antragstellerin dann, wenn und soweit diese ihren Teil des Sicherstellungsauftrages deshalb nicht mehr erfüllen kann, weil sie auf Grund einer teilweisen Verdopplung von Vergütungspflichten in bedeutsamer Höhe in ihrer Solvenz bedroht wird. Letztlich nimmt eine Krankenkasse monatlich den Krankenversicherungsanteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags der pflichtversicherten Beschäftigten sowie die Beiträge der freiwillig Versicherten ein, um sie, von einer gewissen Reservebildung abgesehen, sofort den Leistungserbringern der verschiedenen Sektoren zur Verfügung zu stellen. Eine vorübergehende zweifache Vergütungsausreichungspflicht birgt die Gefahr der Illiquidität. Diese zwingt zur Erhebung eines Sonderbeitrages nach § 242 SGB V, was wiederum ein Sonderkündigungsrecht der Versicherten auslöst. Erfahrungsgemäß machen gerade die Versicherten mit besserem Risikoprofil zuerst und rasch von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch. Fließt nach erfolgter Bereinigung die kollektivvertraglich nicht behandlungsbedarfsunterlegte Vergütung zurück, verkehrt sich die Liquiditätsknappheit in ihr Gegenteil, so dass der Sonderbeitrag entfallen kann. Dann jedoch könnte die Antragsgegnerin irreparabel geschädigt sein.
Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren schriftlich und durch ihren Vorstandsvorsitzenden im Erörterungstermin nachdrücklich darauf hingewiesen, dass angesichts der unabsehbaren Zeitdauer des Bereinigungsverfahrens die konkrete Gefahr besteht, einen Sonderbeitrag erheben zu müssen. Im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit dieses Verfahrens hat der Senat davon abgesehen, der Antragsgegnerin eine Substanzierung dieses Vortrages aufzugeben.
Das gewichtige Interesse der Antragsgegnerin an der Vermeidung einer Illiquidität einerseits und das Interesse der Antragstellerin am ungeminderten Erhalt der vereinbarten Vergütung bringt der Senat dergestalt zum Ausgleich, dass im Rahmen des Anordnungsgrunds eine Eilbedürftigkeit der Antragstellerin an der Anordnung einer ungeminderten Abschlagszahlung bejaht wird, soweit aller Voraussicht nach der Gesamtvergütungsteil nicht später zurückzuzahlen ist. Die einseitige Unabänderlichkeit der Gesamtvergütung soll die Antragstellerin letztlich davor schützen, dass ihr nicht auch vorübergehend Finanzmittel unberechtigterweise vorenthalten werden, die sie zur Vergütung der durch ihre Mitglieder kollektivvertraglich erbrachten Versorgungsleistungen benötigt. Soweit sie sicher Gesamtvergütungsanteile nicht benötigt, weil der Behandlungsbedarf aus dem Kollektivvertragsystem abgewandert ist, erscheint sie im Rahmen der Eilbedürftigkeit zumindest dann nicht schutzbedürftig, wenn durch die Pflicht zur vorübergehenden Doppelvergütung die konkrete Gefahr der Illiquidität der Antragsgegnerin verursacht wird. Allerdings muss dabei gewährleistet sein, dass der Antragstellerin, was letztlich Ratio der Veränderlichkeit erst nach Abschluss des Bereinigungsverfahrens ist, die bedarfunterlegte Gesamtvergütung sicher verbleibt. Das Risiko, vorübergehend eine zu hohe Summe vorleisten zu müssen, muss bei der Antragsgegnerin verbleiben.
In Bestimmung dieses sicher nicht bedarfsunterlegten Vergütungsanteils kann der Senat das Bereinigungsverfahren nicht vorwegnehmen, da er über die entsprechende Datengrundlage (individueller Behandlungsbedarf des teilnehmenden Versicherten 2007) nicht verfügt. Er kann eine Festlegung nur anhand des durchschnittlichen hausärztlichen Fallwerts treffen, den die Antragsgegnerin unwidersprochen mit 60,00 EUR beziffert hat. Von diesem Fallwert ist ein durchschnittlicher Anteil für diejenigen Leistungen in Abzug zu bringen, die auch in Ansehung der selektivvertraglich behandelten Versicherten weiterhin kollektivvertraglich zu entlohnen sind, weil sie nach dem geschlossenen Hausarztvertrag nicht zum Gegenstand der hausarztzentrierten Versorgung gemacht worden sind. Zu nennen sind hier in erster Linie alle im Bereitschaftsdienst erbrachten Leistungen der Hausärzte. Die Durchführung des Bereitschaftsdienstes findet sich im HZV-Vertrag ausgeklammert, was § 73b Abs.4 Satz 6 SGB V widerspricht.
Der Senat geht daher von einem Fallwert von 60,00 EUR aus, den er für im Kollektivvertragssystem verbleibende Leistungen um pauschal 10,00 EUR mindert. Der verbleibende Fallwert kann nun nicht, wie die Antragsgegnerin dies bei der Berechnung ihres monatlichen Einbehaltes getan hat, gedrittelt werden. Gesamtvertraglich bestimmt sich die monatliche Abschlagszahlung als ein 30%-Anteil der Quartalsgesamtvergütung. Von den verbleibenden 15,00 EUR bringt der Senat einen 50-prozentigen Sicherheitsabschlag in Abzug. Dieser Sicherheitsabschlag trägt der Vermeidung des Risikos eines Entzugs von Vergütungsmasse Rechnung, die für eine bedarfsunterlegte Vergütung kollektivvertraglicher Leistungen benötigt wird. Der verbleibende Fallwertanteil von 7,50 EUR multipliziert mit einer Teilnehmerzahl von 2 Mio. Versicherten ergibt einen zur Vermeidung einer Illiquidität im Rahmen des Anordnungsgrunds auszusprechenden zulässigen Einbehalt von 15.000.000,00 EUR für den Monat April.
Entgegen der Ansicht des Beigeladenen liegt eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache nicht vor. Das Gebot der Nichtvorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes bedeutet nämlich nichts anderes, als dass einstweilig kein Status verliehen werden darf, der durch eine für den Begünstigen negative Hautsacheentscheidung nicht mehr beseitigbar ist (VGH Baden-Württemberg v. 2.08.1990, 5 S 695/90, NVZ 1991, 124 ff.). Wirksamer Rechtsschutz gegen eine Beeinträchtigung des Gebots der nicht einseitigen Veränderbarkeit von Gesamtverträgen bzw. der gesamtvertraglich festgesetzten Vergütung wäre nicht gegeben, würde man eine entsprechende Anordnung als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache ansehen.
Der sozialgerichtliche Beschluss war daher wegen neuer Bewertung der Eilbedürftigkeit abzuändern. Davon abgesehen erscheint auch die Festsetzung von Verzugs- oder Prozesszinsen im Rahmen einer vorläufigen Regelung nicht erforderlich.
Bei der Kostenentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin den die Antragsteilabweisung tragenden Sachvortrag erst in der Beschwerdeinstanz präzisiert hat.
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